Weitere Themen zu Schweizer Eisenbahnen. Die RhB, Teil 5 Nostalgie auf schmaler Spur. Best-Nr

Von St. Moritz nach Tirano: Die Berninabahn Die klassische Bernina-Strecke gehört zu den spektakulärsten Schienentransversalen der Alpen, im reinen ...
Author: Gerd Biermann
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Von St. Moritz nach Tirano:

Die Berninabahn Die klassische Bernina-Strecke gehört zu den spektakulärsten Schienentransversalen der Alpen, im reinen Adhäsionsbetrieb überwinden Bernina Express und Co. die Passhöhe von m ehr als 2200 m, um anschließend auf beein druckender Fahrt ins rom antische Puschlav und ins italienische Tirano hinabzusteigen - eine Fahrt voller grandioser Panoramen. Tolle Bild sequenzen zeigen die m arkantesten Punkte der Strecke: M ontebello Kurve, Ospizio Bernina mit Lago Bianco, Alp Grüm, das Kreisviadukt von Brusio und viele mehr. Ausführliche Kapitel beschäftigen mit der G eschichte und den Fahrzeugen der Berninabahn, mit dem W inter betrieb und dem Güterverkehr. Mit vielen Reise- und W andertipps sowie Hinweisen auf lohnende Fotopunkte. 92 Seiten im DIN A4-Form at, rund 1 8 0 Abbildungen, Klam m erheftung, Best.-Nr. 540402 • € 12,50

Weitere Themen zu Schweizer Eisenbahnen

Die RhB, Teil 3

Die RhB, Teil 4

Die RhB, Teil 5

SBB Historie

SBB Gotthardbahn

St. M oritz-S am e dan -Z e rne zScuol-Tarasp / PontresinaSamedan und C hur-A rosa

Landquart-K tosters-D avosRlisur und Vereinastrecke

Nostalgie auf schmaler Spur

Die nostalgischen Fahrzeuge

heute & morgen

B e s t.-N r. 5 4 8 0 4 € 1 2 ,5 0

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B ild 2 : Z u d e n J u b ilä e n „1 0 0 J a h re B a h n e n a m A lb u la p a s s u n d in d e r R u in a u lta “ g e s ta lte te d ie R h B e in e G e 4 /4 "' m it e in e m e n ts p re c h e n d e n W e rb e a n s tric h . H ie r b e fä h rt s ie a m 18. O k to b e r 2 0 0 3 d e n A lb u la -V ia d u k t III ta lw ä rts v o n P re d a na ch B e rg ü n . A b b .: U . J o s s i

Inhalt

Einleitung

4

Fahrplan 2005 - Was gibt es Neues ?

6

Geschichte kurzgefasst

10

Reisebeschreibungen

B ild 1 (T itel): V o r der K ulisse d e s im p o s a n te n P iz R u g n u x (2 7 3 6 m ü .d .M .) s tre b t die s e it J u li 1 9 9 4 in B e trie b s te h e n d e m o d e rn e R h B -L o k d e s T y p s G e 4/4" d e m A lb u la tu n n e l in P re d a e n tg e g e n . A b b .: J . M ü lle r

3 • Die RhB, Te il 1

8 Disentis - llanz

14

® llanz - Reichenau-Tam ins

23

® Landquart - C hur - Thusis

31

• Thusis - Samedan - St. Moritz

42

Bahnerlebnis Bergün - Preda

60

Der Albulatunnel

74

D am pfbetrieb

90

G üterverkehr

96

W ichtigste Transportgüter

102

Autoverladungen Albula und Vereina

108

Bahnjubiläen Albula und Ruinaulta

110

Neuigkeiten Albulabahn

111

RhB-Nostalgiefahrten

112

Reisetipps

113

Impressum

113

Einleitung D er Kanton G raubünden b e e in d ru ckt durch seine weiten Bergtäler, die Stille der grossen Wälder, seine schmucken Dör fer und nicht zuletzt durch die kunstvoll bemalten Häuser mit ihren Blumenfens tern. Die prächtige Bündner Hochgebirgsland schaft mit der nur schwer zugänglichen Bergwelt hat die wirtschaftliche Entwick lung über Jahrhunderte hinweg geprägt. Römische Krieger, christliche Pilgergrup pen, tüchtige Handelsleute, reisesüchtige Adlige, entdeckungshungrige Schriftstel ler und begabte Handwerksgesellen über querten die Alpenpässe und hinterliessen dabei auf ihrem beschwerlichen Weg auch kulturelle Zeugnisse. Eine reiche Auswahl an sehenswerten Baudenkmälern erinnert noch heute an die Vergangenheit mit ih rer wechselvollen Geschichte. So sind u.a. Kirchen aus karo lin gisch er Z eit sowie zahlreiche Burgen und Schlösser erhal ten geblieben. Seit 1803 gehören die 150 Bündner Täler zur Schweizer Eidgenos senschaft, wo heute 26 Kantone in einem unabhängigen Bundesstaat vereinigt sind. Dennoch hat sich Graubünden bis zum heutigen Tag eine gewisse Exklusivität bewahrt. Nicht mal 200 000 Einwohner le ben in dem mit 7106 km2 flächenmässig grössten Kanton der Schweiz. Sie spre chen die drei Landessprachen Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch und teilen ihre Heimat mit Gästen aus aller Welt, die sich in der „Ferienecke der Schweiz“ er holen wollen. Grosse Industriebetriebe sucht man in den dünn besiedelten Berg tälern vergebens. Hingegen findet man zahlreiche stille Ecken mit geschützten Pflanzen und Tieren, die jedermann auf Wanderpfaden erkunden kann. Es gab lange Diskussionen, bis die Eisen bahn die Bündner Täler ab 1888 erobern durfte. Zwar nicht wie gewünscht als leis tungsfähige Transitstrecke, sondern als gem ütliche R egionalbahn schaffte sie damals den berühmten Kurorten über die Tore Chur und Landquart eine erste be queme Verbindung zum Schweizer Mittel land. Nicht nur die würzige Bergluft, die ideale Höhenlage oder das heilbringende Therm alwasser locken die Gäste in die Bündner Bergwelt. Heute erleben Sport begeisterte die wilde Naturlandschaft auch beim Biken oder River-Rafting, beim Snow boarden oder Paragliding. Sie suchen Action und entdecken dabei auch die Al penbahn a ls u m w eltfre un dlich es V er kehrsmittel. Die moderne RhB erfüllt heute ihre viel fältigen Aufgaben sowohl im Reise- als auch im Güterverkehr in optimaler W ei se. Ihr Meterspurnetz mit einer Strecken

B ild 3: D ie R h B b e z e ic h n e t sich g e rn e a ls „d ie k le in e R o te " un d h a t a u ch ih re E llo k G e 4 /4 "1 Nr. 6 5 0 e n ts p re c h e n d b e s c h ritte n la sse n . H ie r b e fö rd e rte sie im O k to b e r 2 0 0 3 e in e n S c h n e llz u g vo n C h u r nach S t. M o ritz (A u fn a h m e n a h e B e ve r). A b b .: U . J o s s i

länge von 397 km weist beeindruckende Zahlen auf: 11 7 Tunnels und Galerien füh ren auf fast 60 km Länge durch die Fel sen und etwa 490 Brücken mit insgesamt 12 000 m S pannw eite schw ingen sich über Schluchten und Flussläufe. Zudem gilt der 19 km lange und 1999 eröffnete Vereinatunnel als momentan weltlängster Meterspur-Durchstich. Die roten RhB-Züge und die benachbar ten Bergbahnen sind in einem vielfältigen Tourismusangebot eingebunden. So rollt der Heidi-Express vom „Zauberberg“ in der Davoser Höhenluft gegen Süden zu den Kastanien im Puschlav und zu den Weintrauben im Veltlin. Der Glacier Ex press als langsamster Schnellzug der Welt

entführt den Gast von der Oberengadiner S eenlandschaft in die berühm te Glet scherwelt im Wallis, wo Zermatt mit Aus flügen zu seinen Viertausendergipfeln lockt. Unvergesslich bleiben auch die Schleifen des Bernina-Express in den Kehrtunnel der Albulaschlucht oder auf dem kreisrun den Viadukt bei Brusio. Und dabei bewäl tigt dieser Erlebniszug ganzjährig Steigun gen bis 70 Promille ohne Zahnradhilfe und verbindet Siedlungen auf 400 m ü.d.M. mit zauberhaften Bergseen auf 2253 m über Meereshöhe, wo die Berggipfel sogar bis auf 4049 m hochreichen. Die Farben Rot und Gelb des öffentlichen Verkehrs ergänzen sich bestens, denn die

Die RhB, Teil 1 * 4

Busse der R eisepost „ve rfe in e rn “ das Schienennetz der RhB bis in die hinters ten Talschaften und Dörfer. Das Eisenbahn-Journal stellt in der vor liegenden Special-Broschüre die techni schen und landschaftlichen Schönheiten am jungen Rhein und am Albulafluss vor. Die Autoren beschreiben die Strecke im Bündner O berland zw ischen D isentis/ Muster, llanz und Reichenau-Tamins so wie die berühmte Albulalinie von Thusis nach Samedan und St. Moritz. Zudem werden die Zufahrten von Landquart und Chur nach Reichenau-Tamins und Thusis porträtiert. W ertvolle Eindrücke und Informationen vermitteln ausführliche Reisebeschreibun

5 • Die RhB, Teil 1

gen, wo abschnittweise aus verschiede nen Zügen berichtet wird. Eine attraktive Präsentation widmet sich dem Güterver kehr, welchem die RhB heute rund 25 Pro zent ihrer Einnahmen verdankt. Die hier nicht berücksichtigten Strecken, Verkehrs themen und Technikbereiche werden in den vier Eisenbahn-Journal-Broschüren über die RhB, Teile 2 bis 5, behandelt. Eine entsprechende Übersichtskarte folgt auf der nächsten Doppelseite. Die anlässlich des Nachdrucks durchge führten A ktualisierungen beschränken sich auf die Einführung (Seiten 2 bis 9) sowie auf die Schlusskapitel G üterver kehr, Neuigkeiten und Reisetipps (Seiten 96 bis 113). Die dazwischen liegenden

Druckbögen blieben nahezu unverändert und dokumentieren die Situation der Jah re 1994/95. Dies gilt auch für die Informa tionen zum Betrieb und Fahrplan sowie zu den Nachbarbahnen. Im Januar 2003 hat die Furka-Oberalp-Bahn (FO) mit der Zermatt-Bahn (BVZ) zur Matterhorn Gott hard Bahn (MGB) fusioniert. Mit Rücksicht auf die einheitliche Berichterstattung wer den deren alte Bezeichnungen auch in den aktualisierten Kapiteln weiter verwen det. Aus dem Heidiland-Bernina-Express ist inzwischen der Heidi-Express geworden, während der Bernina-Express heute zwi schen Chur und Tirano mit neuen Pano ramawagen unterwegs ist. Beat Moser

B ild 4 : D ie E llo k s d e s T y p s G e 6 /6 " m it 1765 kW L e is tu n g sin d au ch in d e r F a h rp la n p e rio d e 2 0 0 4 /2 0 0 5 v o r s c h w e re n R eise- un d G ü te rz ü g e n a u f d e r A lb u la s tre c k e zu b e o b a c h te n (A u fn a h m e in S p in a s). A b b .: U. J o s s i

Fahrplan 2005

Was gibt es Neues? Seit dem Fahrplanwechsel vom 12. Dezember 2004 rollen die Züge in der ganzen Schweiz nach den Vorgaben der ersten Etappe von Bahn 2000. Dieses neue Verkehrskonzept brachte auch in Graubünden einige Neuerungen. So hat die RhB verschiedene Zugumläufe geändert. Neu eingeteilt sind zwischen Landquart und Davos die 3200 kW leistenden Ge 4/4'" Nr. 641 bis 652 zusammen m it Pendelzügen und NiederflurSteuerwagen (NEVA) . Diese Kom positionen lösten die m it den Ge 4/4" geführten, konventionellen Garnituren ab, die nun in durchgehenden Um läufen zw ischen Scuol-Tarasp, Vereinatunnel, Landquart, C hur und Disentis verkehren. Unverändert blieben die Verbindungen zwischen Pontresina und ScuolTarasp, w o weiterhin die von den Ge 4/4" Nr. 611 bis 633 beförderten NEVA-Pendelzüge im Einsatz stehen. Ebenfalls keine Veränderungen gab es bei der Traktion der schweren Albula-Schnellzüge, die auch heute noch vorwiegend von den Elloks der Typen Ge 4/4'" und Ge 4/4" geführt werden. Letztere Maschinen helfen zudem den Ge 6/6" bei der Bewälti gung der beachtlich grossen Güterverkehrsleistungen auf dem ganzen RhB-Stammnetz. Für Eisenbahnfreunde sind die Einsätze der Ge 4/4' Nr. 601 bis 610 von besonderem Interesse: Die ältesten, noch im Fahrplandienst stehenden RhB-Elloks führen auch weiterhin die Pendelzüge zwischen Davos und Filisur, die Lokalverbindungen im oberen Prättigau und die Schlittelzüge Bergün - Preda - Bergün. Neu ist aber ein aus einer Ge 4/4', einem ABZwischenwagen und einem BDt-Steuerwagen form ierter Kurzzug un terwegs, der in den Randstunden morgens und abends wenig frequen tierte Leistungen auf der Arosastrecke übernimmt. Dazwischen wird er im W inter 2004/2005 täglich ausser Samstag mit der Beförderung des Glacier Express Chur - Disentis - Chur (Züge 905 / 910) beschäftigt. Für Begegnungen m it den drei betriebsfähigen Krokodilloks Ge 6/6' Nr. 412, 414 und 415 braucht es viel Glück. Ihre Einsätze in untergeord neten Diensten sind selten geworden. Die berühmten Zugpferde kön nen meist nur noch vor Nostalgie-Sonderzügen (z.B. Alpine Classic Pullman Express) beobachtet werden. Gelegentlich ist im Oberengadin auch der als Reserve in Samedan stationierte Triebwagen ABe 4/4 Nr. 501 (Bau jahr 1939) auf der Strecke zu sehen.

B ild 5: Im S o m m e r 2 0 0 3 e rh ie lte n d ie beiden b e trie b s fä h ig e n R h B -K ro k o d ile b e s o n d e rs viel A u s la u f. E in H ö h e p u n k t b e im A lb u la -B a h n ju b ilä u m w a re n d ie s o n n tä g lic h e n F a h rte n d e s b la u e n K o m fo rtz u g e s m it d e n S a lo n w a g e n a u s de n 1 9 3 0 e r J a h re n . H ie r h a t d ie G e 6 /6 ' Nr. 4 1 2 na ch C h u r s o e b e n B e v e r ve rla s s e n . A b b .: U. J o s s i

Die RhB, Teil 1 • f

) o-Tirano

S tre ck e n n e tz 2005

E isenbahn-Journal S pecial-A usgaben RhB 1. T e il ( N a c h d r u c k 2 0 0 5 ) Landquart-C hur-R eichenau-T amins D isentis/M ust6r- Reichenau-Tamins R eichenau-Tam ins-Filisur-S t.M oritz

7 • Die RhB, Te il 1

1

Geschichte kurzgefasst Die zentrale Lage der Schweiz in Euro pa regte die Ingenieure ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu vielen Alpenbahnprojek ten an. So auch in Graubünden, das be reits 1858 durch die Vereinigten Schwei zerbahnen (VSB) vom Bodensee her in Landquart und Chur eine Schienenzu

fahrt erhalten hatte. Mit der Inbetriebnah me der Gotthardbahn (1882) und der Arl bergbahn (1884) verloren alle Pläne ei ner O s ta lp e n -T ra n s itv e rb in d u n g über Lukmanier, Splügen, Greina oder S. Ber nardino ihre Dringlichkeit. Man wandte sich nun dem Tourismus zu,

der im Luftkurort Davos und im Bäd dorf St. Moritz aufzublühen begann. A l der niederländische Bankier Willem J Holsboer (1834 - 1898) kam mit seii lungenkranken Gattin als Gast nach C vos und gründete dort das internatioi bekannte Kurhaus. Dabei fand er I Geschäftsfreunden und in der Talsch auch die F ina n zu n te rstü tzu n g für i Bahnprojekt zw ischen Landquart, K sters und Davos, das 1887 die Konz sion erhielt. Nach kurzer Bauzeit errei ten die ersten Dampfzüge bereits am Oktober 1889 das Dorf Klosters und 21. Juli 1890 Davos. Seine starke Üt zeugungskraft setzte Holsboer anschli send in die R ealisierung der Scale bahn als Fortsetzung ins Engadin n; St. Moritz und über den Malojapass n;

B ild 7 (o b e n ) : V ie le ta u s e n d A rb e ite r ermög lich te n in h a rte m E in sa tz d e n B au d e r Schie n e n s trä n g e in d e n A lp e n . S o a u c h bei der RI w o sie sich a u f d ie s e m B ild d e m Fotografen e in e m L o re n z u g p rä s e n tie re n . A b b .: S a m m lu n g H o fm a n n B ild 8 : In A n w e s e n h e it d e r B a u le itu n g wird i d e r e rste n K le in -D a m p flo k s fü r d ie M aterial z ü g e in d ie R h e in s c h lu c h t a n g e lie fe rt (bei R' ch e n a u , u m 1900).

Die RhB, Teil 1

Chiavenna (Italien). Sie wurde zwar nie gebaut, H olsboer erzw ang dam it aber eine Bereinigung der zahlreichen, bereits konzessionierten Konkurrenzprojekte in Normal- und Meterspur. 1894 entstand aus der AG Schmalspur bahn Landquart - Davos die Rhätische Bahn (RhB), die drei Jahre später durch Übernahme des Aktienkapitals mehrheit lich in den Besitz des Kantons Graubün den überging. Nun war der Weg für die Realisierung eines M eterspur-Bahnnetzes in den Bündner Tälern endlich frei. Ab 1894 verlegte ein Heer von Arbeitern die S ch ie n e n d e r neuen V erbind un g Landquart - Chur - Reichenau - Thusis, die 1896 in zwei Etappen eröffnet wer den konnte. Auf Rat von Oberingenieur Robert Moser entschied sich die RhB an schliessend zum Bau der Albulabahn und gab im O ktober 1898 die A usbruchar beiten am Sohlstollen des Scheiteltun nels Preda - Spinas in Auftrag. Im glei chen Jahr wurde die Gleisführung durch die Rheinschlucht von Reichenau nach llanz festgelegt. Als Oberbauleiter verpflichtete die RhB den erfahrenen Fachmann Friedrich Hen nings (1838 - 1922), der früher bereits als Sektionsingenieur die Bauarbeiten an der Südrampe der Gotthardbahn beauf sichtigt hatte. Unter seiner Führung ent standen ab 1900 in erstaunlich kurzer Zeit insgesamt 55 grössere Brücken und 39 Tunnels der noch heute technisch ein zigartigen Albulastrecke von Thusis nach Samedan. Grössere Bauverzögerungen tauchten eigentlich nur beim 5865 m lan gen Albulatunnel und beim Rugnux-Kehrtunnel (661 m) wegen schlechter geologi scher Verhältnisse und grösser Wasser einbrüche auf. Die italienische Tunnel baufirma zerbrach an diesen Schwierig keiten, und die RhB beendete die Arbei ten in eigener Regie. Der Durchschlag konnte am 29. Mai 1902 und die durch gehende Streckeneröffnung von Thusis ins Oberengadin am 27. Juni 1903 ge feiert werden. Nach Beilegung der Strei tigkeiten um die Lage des St. Moritzer Bahnhofs traf der erste Zug aus Chur am 10. Juli 1904 im Badekurort ein. Auch Davos suchte sofort den Anschluss an die Albulabahn und ermöglichte den Gleisbau durch die gefährliche Zügenschlucht nach Filisur durch bedeutende Finanzzuschüsse. Diese 19 km lange An schlußstrecke erstellten die Bahnbauer

B ild 9 (o b e n ): G e w a ltig e F e lse n v e rs p e rrte n de n W e g un d m u s s te n m it T u n n e ls d u rc h b o h rt w e rd e n . S o fü h re n 1995 ü b e r 10 % d e r g e s a m te n R h B -S tre c k e n lä n g e d u rc h T u n n e ls o d e r G a le rie n . A u fn a h m e in d e r S c h in s c h lu c h t um 1901. B ild 10: M it F e ld b a h n z ü g e n m u s s te n a b 1900 rund 1 13 0 0 0 m 3 g e e ig n e te s B a u m a te ria l in die w ild e R h e in s c h lu c h t tra n s p o rtie rt w e rd e n . A b b . 8 b is 10: S a m m lu n g H ü rlim a n n

zwischen 1906 und 1909, die Einweihung erfolgte am 1. Juli 1909. Als bedeutend stes Bauwerk gilt hier zweifelsohne der 204 m lange und 88 m hohe W iesener Viadukt, der innerhalb von nur 25 Mona ten errichtet wurde. Im gleichen Jahr konnte die Fortsetzung der Trasse von llanz nach Disentis/Muster in Angriff genommen werden, der Er öffnungszug fuhr hier am 1. August 1912. Der Ferienort Pontresina erhielt 1908 ei ne 6 km lange Zufahrtslinie nach Samedan, während Scuol-Tarasp im Unteren gadin noch bis 1913 auf einen Anschluss ans RhB-Netz warten musste. Zusätzlich konnten in Graubünden noch weitere Meterspurbahnen ihren Betrieb aufnehm en, die privatrechtlich ausser halb der RhB finanziert und betrieben wurden: Auf der ersten Gleichstromstrekke Europas mit 1500 V Spannung ging am 27. Juli 1907 die Bahn Bellinzona Mesocco (BM) in Betrieb. Sie hätte ur sprünglich die Verbindung von der RhB zur G otthardbahn sicherstellen sollen,

der Abschnitt Thusis - S. Bernardino M esocco blieb aber ein u n e rfü llb a re r Traum. Als Stichbahn im w irtschaftlich und to u ris tis c h u n b e d e u te n d e n Val M esolcina (Misox) war der Bahngesell schaft aber kein Geschäftserfolg beschieden. So wurde ihre Trasse 1978 mit Aus nahm e des G ü te rg le is e s C a stio n e Cama abgebrochen. Plangem äss konnte hingegen der Bau der elektrischen Berninabahn von 1906 bis 1910 als 61 km lange Verbindung zwischen Pontresina und Tirano im Veltlin verwirklicht werden. Die Trasse über den 2253 m hohen Berninapass und der anschliessende Abstieg auf 450 Höhen meter erforderten grosse Anstrengungen der Ingenieure und Arbeiter. Trotz ihrer sehenswerten Streckenführung in hoch a lp in e r G e b irg s la n d s c h a ft hatte aber auch diese privat finanzierte Bahn in ih ren ersten 50 Betriebsjahren mit erhebli chen fin a n z ie lle n S c h w ie rig k e ite n zu kämpfen. Ebenfalls als Gleichstrom bahn erstellte

O beringenieur Gustav Bener zwischen 1911 und 1914 die aufwendige Trasse von Chur zum Ferienort Arosa (1739 m ü.d.M.). Sie führt auf 26 km Streckenlän ge über 41 Brücken und durch 22 Tun nels. Als architektonische Sensation galt zur Bauzeit der Langwieser Viadukt, da mals die im posanteste Eisenbeton-Bogenbrücke der Welt. Aus finanziellen G ründen fu sion ie rten 1941 bis 1944 alle drei erwähnten Bünd ner Privatbahnen mit der RhB. Unter ih rer Führung entwickelten sich die Berni na- und die Arosabahn mit ihrem Gleich strom betrieb zu w ichtigen Stützen des überregionalen Verkehrsangebots. Mit viel Glück hatte die RhB rechtzeitig vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs die w ichtigsten Strecken fertigstellen kön nen. Die w irtschaftlich schwierige Z w i schenkriegszeit erlaubte keine grösseren Investitionen mehr, womit die noch nicht verwirklichten Projekte in den Schubla den verschwanden. Dies betraf vor allem die Erweiterungspläne St. M oritz - Ma-

Die R hB. Te il 1 - 1 2

B ild 1 2 : A m 11. J u li 19 12 h a t in P red a e in e T e n d e rlo k G 4 /5 s o e b e n de n A lb u la tu n n e l ve rla s s e n . Im o k G 2 /3lojapass u n d 2 /2 N-r. 3Chiavenna 0 m it m o n tie rte m S c h n e eScuol p flu g a n (Italien), H in te rg ru n d die Z w illin g s g ip fe l (P iz D sch im e ls, 2 7 8 2 m ü .d .M .). n g a d in M m it D ire ktio n , B a u le itu n g u n d G ä s te n im A p ril 19 03 artina - P funds (A n schluss an das ü rlim a n n

R eschenbahnprojekt Ö sterreich) oder Thusis - S. Bernardino - Mesocco, die bis heute nicht realisiert sind. Trotzdem entwickelte sich die RhB zum wichtigsten öffentlichen Verkehrsmittel in Graubünden. Sie entging auch einer dro henden Verstaatlichung, ihr Aktienkapi tal verblieb bei Kanton und Gemeinden (94%) sowie in privater Hand (6%). Die RhB leistet heute sowohl im Reise- als auch im G üterverkehr einen w ichtigen Beitrag zur touristischen Erschliessung aller bedeutender Ferienregionen Graubündens. Obwohl die Splügenbahn bei den AlpTransit-Projekten nicht berück sichtigt wurde, wird die RhB beim Bau des G otthard-Basistunnels als Teil der Transportkette zum Zwischenangriff Sedrun mithelfen. Und nach der Eröffnung des V ereinatunnels w ird die “ Bündner Staatsbahn” garantiert auch den Heraus forderungen im kommenden Jahrtausend gewachsen sein.

1 3 • D ie RhB. Te il 1

Reisebericht Disentis - llanz Die Uhr z e ig t 14.40 Uhr, im B ahnhof D isentis/M uster herrscht reger Betrieb. Der R angierarbeiter w irft mit kräftigen Bewegungen die Gewichte der Handwei chen um, über die hier noch der ganze Zugverkehr rollt. Interessiert verfolgen die Kinder die Fahrten des kleinen D iesel traktors Tm 2/2, der die Personen- und Güterwagen für die Abfahrt bereitstellt. Bis dahin können die Reisenden die zau berhafte Bergkulisse über dem Val Medel betrachten, wo der Lukmanierpass ins Tessin hinüberführt. G elbe Busse der

B ild 1 5 : D ie e in fa c h e G le is a n la g e in D ise n tis kurz na ch d e r E rö ffn u n g d e r R h B -B a h n s tre c k e : L o k G 3 /4 w a rte t a m 31 . A u g u s t 19 12 v o r e in e m L o k a lz u g a u f d ie A b fa h rt. A b b .: S lg . H ü rlim a n n

Die RhB, Te il 1 - 1 4

B ild 14: U n te r d e m im p o s a n te n B e n e d ik tin e rk lo s te r in D is e n tis ü b e rn im m t die R h B v o n d e r F u rk a -O b e ra lp B ahn d ie Z ü g e G la c ie rE xp re s s a u s Z e rm a tt. A b b .: E n g a d in P re s s B ild 16 (g a n z o b e n re c h ts ): E in R e g io n a lz u g na ch C h u r ist a b fa h rb e re it. R e c h ts o b e n d ie L u fts e ilC a is c h a v e d ra (1 8 7 2 m ). A b b .: T h . K ü s tn e r B ild 1 7 (re c h ts M itte): S o e b e n ist d ie G e 4 /4 " N r. 6 1 6 m it d e m G la c ie r-E x p re s s a u s C h u r e in g e tro ffe n un d m a c h t d e r F O -L o k P latz. L in ks T m 2/2, re c h ts “ üb e rs o m m e rt” e in e F O -S c h n e e s c h le u d e r (2 0 .8 .1 9 8 9 ). A b b .: K. F a d e r B ild 18: U m b a u a rb e ite n in D is e n tis fü r d ie E in fü h ru n g d e r F u rk a -O b e ra lp -B a h n . A b b .: S lg . H o fm a n n

1 5 • Die RhB, Teil 1

Reisepost bringen die Gäste von Disentis in rund 150 Minuten über die kurven reiche Bergstrasse ins Bleniotal und wei ter nach Biasca zur Gotthardbahn. Eisenbahnfreunde finden auf der Disentiser Gleisanlage noch Einrichtungen und Gebäude aus der Bauzeit der Bahnen FO und RhB, so die beiden Lokremisen mit der noch b e trieb sfä hige n 13-m -D rehscheibe auf der westlichen Seite und die

alte W agenhalle auf der O stseite des Bahnhofs. Aufmerksamkeit verdient auch das sta ttlic h e A ufnah m e g eb äu de von 1911, das mit seinen Dacherkern und dem hölzernen Bahnsteigdach mit nost algischen H olzbeschriftungen und ge schnitzten Balken a rch itekto n isch an sprechend wirkt und den barocken Herr sch aftshä use rn der h iesigen G egend nachempfunden ist.

Nun machen ein näherkommendes Grol len und kreischende Brem sgeräusche auf die bevorstehende Einfahrt des Glacier-Express aufm erksam. Eine m oder ne Lok HGe 4/4" in leuchtendem Rot taucht aus dem D isentiser Tunnel auf. Rechtzeitig vor der ersten Weiche sind ihre Zahnräder aus der Abt-Zahnstange ausgerastet. Nach und nach rollen die Reisezug- und Panoramawagen auf die Gleisanlage des Bahnhofs. Kaum haben sie angehalten, setzt ein hektisches Trei ben ein: Die FO-Lok wird abgekuppelt, und eine schon bereitstehende RhB-Maschine Ge 4/4" schiebt sich mit einer zu sä tzlich en W agenkom position an den Zug aus Zermatt. Nach einer Bremspro be ruft der Bahnhofsvorstand die Gäste zum Einsteigen auf und erteilt den Ab fahrtsbefehl.

B ild 19 (o b e n lin k s ): D e r G la c ie r-E x p re s s in se in e m erste n B e trie b s ja h r 19 30 a u f de m R u s s e in -V ia d u k t (D is e n tis - S u m v itg -C .). Z u g m it G e 6/6' 41 2 , F O -P la ttfo rm w a g e n und M itro p a -S p e is e w a g e n . A b b .: A rc h iv R hB B ild 2 0 (o b e n re c h ts ): 5 0 J a h re s p ä te r an g le ic h e r S telle: N eu is t die E is e n b a h n b e to n b rü c k e d e r T a ls tra s s e . L o k G e 4 /4 1 in U r s p ru n g s v e rs io n un d F O -W a g e n im alte n A n strich . A b b .: S a m m lu n g P fe iffe r B ild 21: L u m p e g n a -V ia d u k t (D ise n tis - S u m vitg -C .) zur B a u ze it. D ie m e iste n g e m a u e rte n Ü b e rg ä n g e s in d h e u te no ch in B etrie b. A b b .: S a m m lu n g H o fm a n n

Die RhB, Te il 1 * 1 6

Bahnhof Disentis (Schwellenhöhe 1133 m ü.d.M.) Die Gleisanlage liegt im Hang direkt un terhalb des Dorfkerns. Die um fangrei chen G eländeabtragungen erforderten eine hohe Stützm auer mit sechs kunst vollen Rundbögen. Der Eröffnungszug der RhB erreichte den damals viergleisigen Bahnhof am 1. August 1912. An schliessend begannen die Bauarbeiten an der BFD/FO-Zufahrtsstrecke mit dem Ausbruch des 262 m langen Disentiser Tunnels. Glaubt man den in Sedrun auf gefundenen Aufzeichnungen, so soll der e rste D am pfzug m it der fa b rikn e u e n HG 3/4 Nr. 3 am 4. November 1913 von Disentis nach Sedrun gefahren sein. Der Schienenstrang über den Oberalppass bis A nderm att soll im N ovem ber 1915 zusammengeschlossen worden sein. Der offizielle, durchgehende Bahnverkehr der Furka-Oberalp-Bahn (Disentis - Ander-

B ild 2 2 (o b e n ): A m 2 4 .1 0 .1 9 9 1 ro llt d ie K ro ko d illo k G e 6 /6 411 m it le ic h te r L a st u n te rh a lb von D is e n tis ta lw ä rts . E inen b e s o n d e re n F a rb tu p fe r v e rle ih e n d e m B ild d ie U n te rk u n fts w a g e n d e r G le is b a u firm a P a ra c h in i. A b b .: F. P o z z a to B ild 2 3 : N u r k urz s tö rt d e r Z u g 7 3 0 m it e in e r G e 6/6 " a m 2 2 .7 .1 9 8 8 d ie Id ylle d e r a lte n M ü h le b e i C u m p a d ia ls . D iese L o k s w e rd e n v o m P e r s o n a l lie b e v o ll “ die G ro s s e n ” g e n a n n t. A b b .: K. F a d e r 1 7 • Die RhB, Teil 1

matt - Brig) konnte aber erst am 4. Juli 1926 bei einer Fahrzeit von ca. 270 Mi nuten aufgenom m en werden. Der Glacier-Express verkehrte am 20. Juni 1930 erstmals von Zermatt nach St. Moritz. Die beiden Bahnen FO und RhB teilen sich die Gleisanlagen in Disentis, für die Be triebsführung zeichnet hingegen die RhB allein verantwortlich. Der Zug mit seinen 14 Wagen setzt sich

in Bewegung und strebt über eine weite Kurve zwischen den letzten Häusern des Dorfes talwärts. Auf der linken W agen seite verabschiedet sich die m arkante Fassade des B e nediktinerklosters mit seiner sehenswerten Barockkirche und den zwei Türmen. Nun dominiert das mo derne Ferienzentrum D isentiserhof, an dessen Stelle bis 1978 ein Kurhotel mit einer berühmten Radiumquelle interna-

B ild 24: D urch W u h rb a u te n v o r d e n F lu ten g e s c h ü tz t fo lg t d ie G e 6/6 " z w is c h e n T a v a na sa u n d T ru n d e m V o rd e r rhein. B ild 2 6 (re c h te S e ite ): D ie G e 4/4 ' und ih r Zug p a sse n fa rb lic h gut in die S p ä th e rb s t la n d s c h a ft bei C u m p a d ia ls . A b b . 2 4 u n d 26: A . R itz B ild 2 5 : In T ru n p rä s e n tie re n sich d e m R e ise n d e n p rä ch tig e B a u w e rk e w ie d ie P fa rrk irc h e St. M a rtin u n d links d a s frü h e re T a lra th a u s (V e rs a m m lu n g s o rt d e s G ra u e n B u n d e s). H e u te ist in d ie s e m s o rg fä ltig re s ta u rie rte n G e b ä u d e das re g io n a le M u s e u m u n te rg e b ra c h t. A u fn a h m e m it Z u g 755 un d G e 4/4 " 6 2 8 (1 3 .7 .1 9 9 1 ). A b b .: T h . K ü s tn e r

Die RhB, Te il 1 • 18

toppts

tionale Gäste empfing. Direkt hinter dem H otelkom plex erscheint dann links die alte Kirche St. Placi. Dort weist ein mas siver Schutzdamm auf die W intergefah ren hin: Am 9. F ebruar 1984 ze rtrü m merte eine gewaltige Lawine den Bahn viadukt mit seinen vier gemauerten Bo gen. Erst nach einer Bauzeit von neun Monaten mit provisorischem Bahnbetrieb konnten die R hB-Züge über die neue, stü tz e n fre ie E ise n b e to n -V e rb u n d ko n struktion (Länge 69,7 m) verkehren. Mit einem Gefälle von 27%o folgt die Tras se nun dem linken Talhang des Vorder rheins, fast ausschliesslich durch Viaduk te und Futtermauern gestützt. Sie über quert nach zwei Fahrtm inuten das Val Lumpegna auf einem 153m langen Via

1 9 • Die RhB, Teil 1

dukt. Dieses 1910/11 errichtete Lehnen bauwerk umfasst 16 Öffnungen mit je 6 m Weite und einen über 30 m gespannten H auptbogen m it S pargew ölben. Noch mehr Aufmerksamkeit verdient kurze Zeit später der 57 m hohe und 106 m lange Übergang über den schäumenden Russeinbach. In einer Kurve mit einem Radi us von 200 m führen vier kunstvolle Bo gen die Schienen über die Schlucht. Bis her erhalten geblieben ist auch die 1857 gebaute hölzerne Strassenbrücke (50 m), unter deren schützendem Dach die er sten Autos ihren Weg nach Disentis fan den. Seit 1938 dient die 86 m lange Ei senbeton-B ogenbrücke dem Strassenverkehr als Fahrweg. Der Russeinviadukt zeugt von höchster Baukunst: Den Mau

rern dienten sogenannte Aeroplans zum H ochziehen der Baum aterialien. Dazu trugen die Gerüste schmale Schienen, auf denen fahrbare Kabinen mit den Seil winden an die gewünschten Stellen ma növriert werden konnten. Nach 6,5 km erreicht der Zug die erste Kreuzungsstation Sum vitg-C um padials (982 m ü.d.M.). Die Dorfnamen und die Anschriften der Geschäftshäuser weisen den Reisenden auf die rätoromanische S prache hin, die hier in der Surselva (B ündner O berland) gesprochen wird. Alle Bahnhofsgebäude entsprechen üb rigens bis nach Ilanz einem einheitlichen Kantholz-Baustil, der vom historischen Gotthard-Bauernhaus abgeleitet ist und sich so ideal in die Gegend einfügt.

B ild 2 7 : K urz v o r d e r B e trie b s a u fn a h m e b e i d e r D a m p fb a h n F u rk a -B e rg s tre c k e : die re s ta u rie rte Z a h n ra d lo k H G 2 /3 “W e is s h o rn ’’ (B a u ja h r 1906, e x V Z) in lla n z (2 5 .8 .1 9 9 0 ). A b b .: K. F a d e r B ild 2 8 (re c h ts ): Im B ü n d n e r O b e rla n d (D is e n tis - R e ic h e n a u -T .) ü b e rq u e re n die R h B -Z ü g e fü n fm a l de n V o rd e rrh e in . H ie r d ie F a c h w e rk b rü cke o b e rh a lb T a v a n a s a -B re il/B rig e ls . A b b .: E n g a d in P re ss

B au g eschich te D isentis - llanz D ie P ro je k tg ru n d la g e s ta m m te vo n O b e rin g e n ie u r R o b e rt M o s e r (1 8 3 8 - 19 18), fü r d ie Fi n a n z ie ru n g g a r a n tie r te e in fr a n z ö s is c h e s B a nkh aus. D ie V e rm e s s u n g u n d A u s a rb e itu n g d e r B a u p lä n e ü b e rn a h m d ie S o c ie te d e s B a tig n o lle s in P a ris , d ie a n s c h lie s s e n d d ie C o m p a g n ie B rig -F u rk a -D is e n tis (B F D /F O ) m e h rh e itlic h ers te llte . U n te r d e r O b e rb a u le i tu n g v o n In g e n ie u r P e te r S a lu z b e g a n n e n d ie B a u a rb e ite n im M ä rz 19 10 un d ko n n te n in n e r h a lb vo n 2 7 M o n a te n a b g e s c h lo s s e n w e rd e n . V on d e r in s g e s a m t 3 0 km la n g e n T ra s s e lie ge n ru nd 11 km in K u rv e n un d S c h le ife n . D ie B a u ko ste n lage n bei 5 ,5 7 M io sFr.

S trecke D isen tis - llanz B ah n h ö fe D isentis/M . S o m vix-C . R abiu s-S . Trun T a vana sa-B . W alten sburg R ueun llanz

H ö h e ü .d .M .

km

1133m 982 m 928 m 852 m 788 m 744 m 733 m 698 m

72,88 66,25 64,00 60,82 54 ,87 50,07 47 ,96 42,91

A n za h l T u n n els

27°/oo 2 9 ,9 6 8 km 2 /3 3 8 m

A n za h l B rü cke n B a u b eg in n E rö ffn u n g E lektrifikatio n

4 9 / 1283 m 15.03.1910 0 1 .08.1 912 2 2 .05.1 922

S te ig u n g m ax. S tre c k e n lä n g e

W ic h tig s te B au w erke: Lu m p e g n a -L e h n e n via d u kt R usse in -V ia d u k t

153 m 106 m

Die markant am Hang thronende Kirche v e rrä t die Lage des D orfes Sum vitg. Wenig später bricht rechts bei Surrein der unberechenbare Somvixer Rhein aus ei nem Seitental und schiebt bei Hochwas ser grosse Mengen Geröll in den Vorder rhe in . S u rre in te ilt se in e n B a hn h of (928 m) mit Rabius, links am Hang. Auf den nächsten Kilometern wendet sich die Trasse nun dem Talboden zu, und bald machen wertvolle Gebäude und der Glokkenturm der Martinskirche von 1660 mit ihrem grossen Zifferblatt auf die histori sche Bedeutung des Dorfes Trun (852 m) aufmerksam. Hier bestätigten 1424 die Gemeinden der Surselva ihr Freiheits bündnis, diesem “Grauen Bund” verdankt der Kanton Graubünden seinen Namen. Nun w endet sich der G lacier-E xpress dem Vorderrhein zu und folgt ihm bei 16%o Gefälle in respektvoller Distanz. Seine Hochwasser waren gefürchtet, und die Bahnbauer hofften, sie mit Schutz dämmen von den Schienen fernzuhalten. Doch m ehrfach verliess der Fluss das ihm vorgegebene Bett, letztmals im Juli 1987. Dam als unterspülte der Vorder rhein m ehrere K ilom eter Bahndäm m e und benützte den Tiraun-Tunnel als Ab flussröhre. Eine Betriebsunterbrechung vom 27. Juli bis 2. O ktober sow ie ein Schaden von vielen M illionen Franken waren die Folgen dieser N aturkatastro phe. Nach dem bereits erwähnten, 227 m lan gen Tunnel und dem Pleunca-Durchstich (110 m) taucht rechts das grosszügig er weiterte Transform atorenfeld der Kraft w erke Vorderrhein (KVR) auf. Die zur Energieerzeugung w eitläufig gefassten Wassermassen werden mehrfach durch Turbinen geleitet und hier teilweise in ei nem 1988 fertiggestellten Ausgleichsbek-

ken als Reserve zurückgehalten. Sofort nach dem Stausee überquert der Zug erstmals seit dessen Quelle den Vorder rhein (rätoromanisch Rein Anteriur) und benützt dazu eine 89 m lange Schweisseisen-Fachw erkbrücke. Den H albpara belträger montierte, wie zwei weitere bau gleiche Übergänge, die K onstruktions firma Theodor Bell & Cie. aus Kriens/Luzern, die bekanntlich auch die berühmte Klappbrücke über den Steffenbach bei der Furka-Bergstrecke (FO/DFB) erdacht hatte.

Die RhB. Te il 1 • 2 0

Sogar der Glacier-Express findet in Tavanasa (788 m) Z eit zu einem kurzen Halt, um der Busverbindung zum höher gelegenen F erien ort B re il/B rig e ls A n schluss zu vermitteln. Dann aber eilt er w e ite r und b e fä h rt die 1970 e rb au te Stahlbetonbrücke über den Tscharbach. Auch hier m usste der alte achtbogige Viadukt nach Unwetterschäden abgebro chen werden. Nach W altensburg/Vuorz (744 m) schwingt sich eine weitere, seit der B a uze it u n ve rä n d e rte F a ch w e rk brücke (62 m) über das Rheinwasser.

21 • Die RhB, Te il 1

Wie W altensburg verfügt auch der nun folgende Bahnhof Rueun (733 m) über ein A usw eichgleis fü r Zugkreuzungen. Bei W etterglück präsentieren sich links die Brigelserhörner. Erst kurz vor llanz wechselt die Trasse auf einem weiteren 148 t schw eren Fachw erk-B rückenbal ken zum rechten Rheinufer hinüber. Zahlreiche restaurierte Gebäude, Türme und Mauern aus dem M ittelalter verlei hen dem regionalen Hauptort llanz/Glion (698 m) historischen Charme. Weil ihm 1289 die Stadtrechte zuerkannt wur

den, gilt die Siedlung als “erste Stadt am Rhein” . Auf dem Bahnhofsplatz starten die Postbusse u.a. ins Valsertal, nach Vrin im Lugnez, nach Obersaxen und ins Sportferienparadies Flims-Laax. Hier fin det auch das beim Badeort Vals aus den Felsschichten rinnende Valser M ineral wasser seinen Weg teils auf die Bahn, llanz war 1903 bis 1912 Endbahnhof der ursprünglichen Bahnstrecke ab Chur und Reichenau. Erst am 1. August 1912 ging der Eröffnungszug in Richtung Disentis auf die Reise.

B ild 30: E rste F e lse n k ü n d ig e n u n te rh a lb v o n C a s tris c h d a s s p e k ta k u lä re N a tu re rle b n is R h e in s c h lu c h t an . Z u g m it L o k d e r R e ih e G e 4/4 ' (B a u ja h re 19 47 b is 1953), d ie b e im U m b a u 1 9 8 6 /8 7 n e b e n te c h n is c h e n A n p a s s u n g e n a u ch ein m o d e rn e re s A u s s e h e n u n d ihre n ro te n A n s tric h e rhielt.

Reisebericht llanz - Reichenau Der Glacier-Express lässt nun llanz hin ter sich, rechts aus dem Valsertal strömt der Glenner dem Vorderrhein zu und wird vom Schienenstrang auf einer rund 40 m langen Verbundträgerbrücke (Baujahre 1959/60) überquert. Bei seiner Fahrt in Richtung Reichenau rollt der Zug auch an der Station Castrisch (705 m) vorbei, die 1992/93 bei einer umfassenden Sa nierung ein zu sä tzlich e s langes A u s w e ich g le is erh ie lt. Auch auf dem A b schnitt nach Reichenau sind die Bahn hofsg eb ä ud e u nte r dem E influss des Schweizer Heim atstils in Holzbauweise errichtet worden. Allmählich verengt sich nun das Tal, die W iesen weichen bald den ersten Fels partien. Die Hauptstrasse steigt steil den linken Talhang gegen Laax und Flims empor. Jetzt gilt es, die Fotoapparate und Videokameras bereitzuhalten, die Natur wird in wenigen M inuten alle Aufm erk sam keit auf sich ziehen. Schon ragen links in Fahrtrichtung die Felswände bis

2 3 • Die RhB, T e il 1

zu 100 m em por. Z a u b e rh a fte N a tu r schönheiten gibt es dann bereits bei der K re u z u n g s s ta tio n V a le n d a s -S a g o g n (669 m). Nun werden die Felsen immer steiler. Eine schmale Strasse führt rechts zum Dorf Valendas hinauf, während eine eiserne Brücke zur Siedlung Sagogn auf der linken Rheinseite hinüberführt. Wie diese einzigartige Landschaft in die sem “Canon” wohl entstanden ist? Am Ende der Eiszeit vor rund 10 000 Jahren stürzten nach dem Rückzug der G let scher gewaltige Felsmassen ins Rhein tal. Der Vorderrhein bahnte sich in den fo lg e n d e n Ja h rta u se n d e n einen Weg durch das leicht auswaschbare Gestein. Die Niederschläge bearbeiteten laufend diese hellgrauen, durchfurchten Felswän de vo lle r Sand und Kies. Bäume und Buschwerk kämpften gegen die Erosion des h e run te rrinn en de n W assers, ihre Wurzeln versuchten sich im porösen Fels fe stzu kra lle n . Doch die Z eit arbeitete gegen sie, sie stürzten hinunter und wur

den vom Rheinwasser weggespült, zwi schen Steinen zerm alm t und auf G e rö llb ä n k e n a b g e la g e rt. R eg en - und Schmelzwasser grub sogar Höhlen und liess hohe Steinpyramiden entstehen. Über den linken Felsen grenzen W ald gebiete die Schlucht von der ausgedehn ten Flimser Hochebene ab, wo sich die F eriengäste inm itten von W iesen und Berggipfeln tummeln können. Die wilde Rinaulta (rätorom anische Bezeichnung für Rheinschlucht) hingegen teilen sich im Som mer nur die Wassersportler, die W anderer, die E isenbahnfreunde und Bahnreisenden. Da bisher alle Strassenprojekte durch die Schlucht verhindert w erden konnten, b e ste h t noch heute glücklicherweise nur die Bahn als durch gehender Verkehrsweg am Vorderrhein. Die hoch über der Felsenkrone hinweg führende, enge Bergstrasse llanz - Bonaduz via Valendas und Versam ist nur w irklich ganz geübten A utofahrern zu empfehlen.

In mehreren Schleifen durchfliesst heu te der Vorderrhein die Schlucht, einige von ihm geschaffene Halbinseln (Isias) dienen der regelmässig um 10%o abfal lenden Bahntrasse als Untergrund. Sie benutzt vorerst das rechte Flussufer, wo Baumreihen und Sträuchergruppen den Damm vor Unterspülung schützen. Lan ge Wuhrdämme müssen das Hochwas ser zurückhalten, und solides Mauerwerk aus Beton und Stahl soll vor Steinschlag schützen. Gefährliche Rüfenniedergänge zwangen zu w eiteren S chutzm ass n ah m e n; so e n ts ta n d 1 98 2/8 3 beim B a h n h o f V a le n d a s e in e G a le rie von 202 m Länge. Im Hochsommer verdeckt das Laub der Bäume die idealen Fotostellen. Aber auf gepasst, bei zwei baumlosen Abschnit ten kurz vor und nach der Station Versam können prächtige Erinnerungsbilder gelingen. Bessere Chancen bieten sich dem Wanderer auf dem ausgeschilder ten Pfad entlang dem Vorderrhein, dem die Bahn dort direkt vor die Linse fährt. Am 1954 neuerbauten gemauerten Bahn hof Versam-Safien (635 m) inmitten der Schlucht treffen sich die Kanuten und die S c h la u c h b o o tfa h re r; ein id e a le r A u s gangspunkt zum Wellenritt in den Rhein fluten. Die Station liegt abseits des Dor fes, dient dem Ausflugsverkehr sowie als Verbindung ins prächtige Safiental. Eine schmale, durch die RhB beim Bahnbau e rstellte Fahrstrasse führt auf die be wohnte Felsterrasse. Seine Bedeutung beim Viehtransport oder Güterverkehr hat auch dieser Bahnhof inzwischen eingebüsst, doch als Holzverladestelle wird er noch rege benützt. Mit Glück kann man von einem linkssei tigen Wagenfenster aus auch die Stein pyram iden fo tografieren, deren letzter Schutzstein hoch über der Schlucht auf getürmt ist. Eindrücklich, wie die Wasser m assen beim C hrum m w ag (kru m m e r Weg) kurz nach Versam zu einer S-Kur ve gezwungen werden. Darauf lässt sich die Bahn nicht ein, sie benützt zur Durch querung der bewaldeten Felszunge den gleichnamigen Tunnel ( 8 3 m). Der G lacier-E xpress w echselt nun die Rheinseite auf einer weiteren verstärk ten Fachwerkbrücke (Isla Bella, 62 m) mit B ild 31 (lin k s o b e n ): A u s de n W a g e n fe n s te m kö n n e n d ie R e is e n d e n d ie b iz a rre F lu ss- un d F e ls la n d s c h a ft in d e r R h e in s c h lu c h t g u t b e w u n dern. B ild 33 (re c h te S e ite ): W e il k e in e d u rc h g e h e n d e S tra s s e die S c h lu c h t d u rc h z ie h t, kö n n e n die N a tu rs c h ö n h e ite n n u r a u s d e r B ahn, v o m W a n d e rw e g o d e r S c h la u c h b o o t a u s e rle b t w e rd e n . A b b .: A . R itz B ild 32: U n v e rg e s s e n b le ib t a u ch e in e w ild e S c h la u c h b o o tfa h rt d u rc h d ie ro m a n tisch e R h e in s c h lu c h t. W a ru m nich t e in m a l d ie B a h n tra s s e vo m W a s s e r o d e r v o n d e n U fe rp lä tze n a u s b e g u ta c h te n ? A b b . 31 u n d 32: F o to h a u s G e ig e r

Die RhB, Te il 1 • 2 4

Fussgängersteg. Die verwitterten Fels wände zeigen sich nun auf der rechten Wagenseite. Vielleicht gelingt sogar ein Blick auf die in den S om m erm onaten recht zahlreichen Schlauchboote. Nach dem 422 m langen Ransun-Tunnel taucht als überraschend grüne Insel die Kreu zungsstation Trin (609 m) auf. Das Wies-

land wird aber bald vom Rheinw asser bedrängt, nach dem Dabi-Tunnel (299 m) strebt die Bahn dem W ackenauersporn entgegen. Hier bieten sich willkomm ene Gelegen heiten, den Zug aus dem rechten Wagen fenster zusammen mit dem Vorderrhein gem einsam auf Erinnerungsbildern zu

B augeschichte llanz - R eichenau

S trecke llanz - R eichenau

ln d e r s c h le c h t z u g ä n g lic h e n R h e in s c h lu c h t m u sste n b e re its fü r d ie V e rm e s s u n g a u fw e n d ig e H ä n g e b rü c k e n e rric h te t w e rd e n . D ie P lä n e v o n O b e rin g e n ie u r R o b e rt M o s e r w u rd e n u n te r A u fs ic h t vo n F rie d ric h H e n n in g s (d em B a uleite r d e r A lb u la b a h n ) verw irklich t. A b F rü h ja h r 1900 b e gann en d ie E rdarbeiten, da zu liess S e k tio n s in g e n ie u r P e te r S a lu z e in e d a m p f b e trie b e n e D ie n s tb a h n m it 7 5 cm S p u rw e ite b a u e n . D a m it ko n n te n d a s B a u m a te ria l und ü b e r 120 0 0 0 m 3 S te in e fü r den W u h rb a u und d ie T ro c k e n m a u e rn vo n lla n z un d R e ic h e n a u a u s in d ie S c h lu c h t tra n s p o rtie rt w e rd e n . T ro tz S te in s c h la g , Ü b e rs c h w e m m u n g e n u n d a u f w e n d ig e n E n tw ä s s e ru n g s m a s s n a h m e n w u r d e d e r T e rm in p la n e in g e h a lte n . D ie drei F a c h w e rk b rü c k e n ü b e r den V o rd e r rh ein ko n n te n in w e n ig e n M o n a te n e rric h te t un d a b J u n i 1902 b e re its m it d e r B a u b a h n b e fa h re n w e rd e n . D a in z w is c h e n a u c h die T u n n e ls fe rtig w a re n , k o n n te z w ei M o n a te s p ä te r m it de m V e rle g e n d e r G le is e b e g o n n e n w e r de n. D ie E rö ffn u n g s fe ie r fa n d a m 3 0. M ai 1903 s ta tt. D ie B a u k o s te n fü r d ie 1 9 ,3 k m la n g e T ra s s e b e tru g e n 4 ,1 3 7 M io sFr.

B ah n h ö fe

H ö h e ü .d .M .

km

llanz

698 m

C a s tris c h

705 m

42,91 40 ,74

V alend as-S .

669 m

36 ,86

V ersa m -S .

635 m

32 ,73

Trin

608 m

28 .26

R eiche nau -T .

604 m

23 .57

G e fä lle m ax. S tre c k e n lä n g e

14°/«0 1 9 ,339 km

A n z a h l T u n n e ls

3 /8 0 2 m

A n z a h l B rü cke n

1 4 /3 7 5 m

B a u b e g in n

A u g u s t 1900

E rö ffn u n g

0 1 .0 6 .1 9 0 3

E le k trifik a tio n

2 2 .0 5 .1 9 2 2

W ic h tig s te B a u w e rk e : G le n n e r-B rü c k e (1 960)

41 m

C a rre ra b a c h -B rü c k e (1 9 8 1 )

42 m

Isla B e lla -B rü c k e

62 m

F a rs c h -E is e n b rü c k e H in te rrh e in -E is e n b rü c k e

57 m 152 m

verewigen. W er das rostige Schild am Felssporn (rechts) m it seiner Inschrift erkennen kann, vermag die Hochwasser höhe vom 27. S eptem ber 1927 a b zu schätzen. D am als w älzten sich 8,3 m hohe W asserm assen vorbei und über deckten Bahntrasse und Lehnenviadukt vollständig. Nun ist der letzte Halt auf diesem Strekkenstück, Reichenau, nicht mehr weit, in der “Farsch” wechseln die Gleise wieder aufs rechte Ufer hinüber, diesmal über eine Fachw erkbrücke m it e inzigartiger R ah m e n ve rste ifu n g . S o fo rt ist rechts oben der Schienenstrang der Albulabahn erkennbar, der sich dann mit der Ober länder Strecke vereinigt und in Richtung Chur weitergeführt wird. Unmittelbar vor dem Bahnhof Reichenau-Tamins (6 0 4 m) trägt eine 151 m lange Eisenkonstruktion die Schienen über den Hinterrhein, der anschliessend mit dem Vorderrhein zusam m enfliesst. Nun ist der eigentliche Rhein geboren, hier beginnt sein Was ser die lange Reise zum Bodensee, zum Rheinfall und zur Nordsee. Während die Wagengruppe des GlacierExpress in Reichenau den Anschlusszug ab Chur nach St. Moritz abwartet, sollen die S e h e n s w ü rd ig k e ite n d e r S tre cke Landquart - C hur - R eichenau näher beschrieben werden.

Die RhB, Teil 1 • 2 6

B ild 36: D e r B a h n h o f V e rs a m -S a fie n w irk t in m itte n d ie s e r g ro s s a rtig e n L a n d s c h a fts s z e n e rie w ie a u f e in e r M o d e lla n la g e . B lic k g e g e n O s te n a u f C h ru m m w a g u n d Isla B e lla . A b b .: K . F a d e r B ild 3 4 (lin k e S e ite a u ß e n ): V o n B o n a d u z a u s kan n e in e e n g e S tra s s e na ch V e rs a m b e fa h re n w e rd e n . W o s ie ho ch ü b e r die S c h lu c h t e n tla n g fü h rt, b ie te t s ic h ein p rä c h tig e r B lic k h in u n te r zu m V o rd e rrh e in u n d a u f d ie küh n a n g e le g te B a h n tra s s e . A b b .: J. G u tja h r B ild 3 5 (lin k e S e ite in n e n ): W ind, N ie d e rs c h lä g e un d d a s R h e in w a s s e r h a b e n a u s de m w e ic h e n K a lk s te in in v ie le n J a h rta u s e n d e n die b iz a rre n F e lse n g e fo rm t. A b b .: F o to h a u s G e ig e r

B ild 3 7 : S tre c k e n fü h ru n g in d e r R h e in s c h lu c h t m it F o to p u n k te n : A u f h a lb e m W e g w e c h s e lt d e r S c h ie n e n s tra n g bei d e r C h ru m m w a g d ie U fe r se ite , w o m it b e id s e itig in te re s s a n te A u s b lic k e m ö g lic h sin d . D as rä to ro m a n is c h e W o rt “ Isla ” h e is s t Inse l u n d ste h t h ie r fü r d ie w e n ig e n W ie s e n a m ka rg e n F lu ssu fe r. A b b .: B . M o s e r

1 = Chrummwag-Tunnel 2 = Fachwerkbrücke Isla Bella

3 = Ransun-Tunnel 4 = Anschlussgleis Kraftwerk Pintrun

5 = Dabi-Tunnel 6 = Lehnenviadukt Wackenau

B ild 3 8 : In de n S o m m e rn 19 9 2 /9 3 m ie te te d ie R hB die F O -L o k H G e 4/41 Nr. 3 7 an u n d se tzte sie m e is t v o r M in e ra lw a s s e rz ü g e n d e r V a ls e r S t. P e te rs q u e lle a u f d e r S tre c k e lla n z - U n te rv a z - lla n z ein . S c h n a p p s c h u s s v o m 9 .1 0 .1 9 9 2 h in te r T rin . A b b .: T h . K ü s tn e r B ild 3 9 : D ie K u rve b e im W a c k e n a u e r S p o rn z w is c h e n T rin un d R e ich e n a u -T . w ird 1 9 2 2 vo n e in e m e le k tris c h e n P ro b e z u g d u rc h fa h re n . D ie E xp e rte n im F la ch w a g e n h in te r d e r K ro k o d illo k G e 6 /6 v e rfo lg e n g e n a u de n V e rla u f de s F a h rd ra h te s . A b b .: A rc h iv R h B

B ild 40: V o r d e r S te in s c h la g -S c h u tz m a u e r b e i T rin h a t d e r F o to g ra f a m 3 0 .6 .1 9 9 2 den G ü te rz u g 5 7 3 8 v o n lla n z na ch U n te rva z fe s tg e h a lte n . B ild e r m it S ta n g e n lo k s s in d s e lte n g e w o rd e n , w eil die G e 6/6' in z w is c h e n a u s d e m a k tiv e n Z u g v e rk e h r z u rü c k g e z o g e n w u rd e n . A b b .: P. P fe iffe r B ild 4 1 : B lick v o n d e r R u in e W a c k e n a u a u f d ie B a h n tra s s e u n d de n s c h ä u m e n d e n R hein , w o a m 1 5 .7 .1 9 9 3 die F O -L o k H G e 4/4' in fre m d e n D ie n ste n s o e b e n m it e in e m G ü te rz u g n a c h lla n z v o rü b e rz ie h t. A b b .: T . K elle r

B ild 4 2 : W e it a b v o n d e r g le ic h n a m ig e n O rts c h a ft lie g t d e r B a h n h o f V e rs a m -S a fie n . V o n h ie r fä h rt d a s P o s ta u to in s re izvo lle S a fie n ta l. R e is e n d e d o rth in v e rla s s e n am 1 1 .8 .1 9 9 3 ein e n R e g io n a lz u g a u s C h u r m it L o k G e 4/4". A b b .: T h . K ü s tn e r B ild 43: In d e r “ F a rs c h ” fä d e lt die T ra s s e vo n D is e n tis in die A lb u la s tre c k e ein, um d a n n ü b e r die H in te rrh e in b rü c k e d e n B a h n h o f R e ic h e n a u -T a m in s zu e rre ich e n . B ei e in e r W e ic h e n s tö ru n g g e la n g d ie s e r S c h n a p p s c h u s s z w e ie r Z ü g e , d ie g le ic h z e itig v o r d e m E in fa h rts ig n a l w a rte n m u sste n . A b b . T . K e lle r

B ild 4 4 : Im B a h n h o f L a n d q u a rt p rä s e n tie rt s ic h 19 39 z u m 5 0 jä h rig e n B a h n ju b ilä u m ein D a m p f-N o s ta lg ie z u g m it L o k G 3 /4 14, e in e m G e p ä c k w a g e n , den P e rs o n e n w a g e n C 2 0 1 3 , 2 0 1 5 u n d 2 0 1 4 s o w ie e in e m g e d e c k te n G ü te rw a g e n . Im H in te rg ru n d die R h B -H a u p tw e rk s tä tte m it K a m in . A b b .: A rc h iv R hB

Der Reisende von Basel, Zürich oder vom Bodensee trifft in Landquart erstmals auf die Gleise der Rhätischen Bahn. In der eigentlich erst dank der Eisenbahn ent standenen Siedlung begann der Bahn bau in die Täler Graubündens, und noch heute darf das Dorf dank der 1896 - 1903 erbauten RhB-Hauptwerkstätte als tech nisches Zentrum der Meterspurbahn be zeichnet werden. Hier werden auf neu zeitlichen Anlagen die meisten Fahrzeu ge gewartet und repariert. In der archi tektonisch erhaltenswerten, 19ständigen Kreissegmentremise um die Drehschei be in Landquart pflegen die Mitarbeiter u.a. ausgewählte historische Loks. Ausserdem übernimm t die W erkstätte Um bauten und R eparaturarbeiten fü r ve r schiedene andere Privatbahnen beider Spurweiten. Das Eisenbahn-Journal wird an a nd e re r S telle a u sfü h rlich auf die Hauptwerkstätte eingehen. Dort arbeiten heute 180 Personen oder 12% des ge samten RhB-Personals. Dank den ausgezeichneten Verkehrsver bindungen Hessen sich inn erh alb der Jahrzehnte verschiedene wichtige Indu

31 • Die RhB, T e il 1

striebetriebe und Zulieferfirmen im Raum Landquart - Chur nieder. Diese können sich heute sowohl der Autobahn N 13 als auch des zuverlässigen Gütertransport system s der Alpenbahn G raubündens und der SBB bedienen. Unter finanzieller Beteiligung des Bank hauses R othschild aus Paris fand die Gesellschaft der Vereinigten Schweizer bahnen (VSB) 1858 ihren Weg vom Bo densee nach Chur; ab 1859 verkehrten ihre Norm alspur-D am pfzüge auch zw i schen Zürich und dem Kantonshauptort. Eine Weiterführung dieser Bahnstrecken über den Splügenpass Richtung Italien musste vorerst aus wirtschaftlichen Grün den und später nach der Eröffnung der Gotthardbahn (1882) definitiv aufgege ben werden. So blieb es bis heute aus schliesslich der RhB Vorbehalten, die wichtigsten Bündner Ferienorte zu bedie nen. In Landquart betreiben die SBB da zu leistungsfähige Umladeeinrichtungen zwischen Güterwagen der beiden Spur weiten. W ährend die heutige SBB-Strecke auf direktem Weg an ihr Ziel nach Chur führt, wurde die RhB-Trasse 1896 als regiona le Erschliessungsbahn eröffnet. Zur Rei

seberichterstattung dient uns ein Güter zug, der Lasten aus Landquart nach Chur b rin g t. Er fü h rt auch K ühlw agen von Detailhandelsunternehm en, die für das O berengadin bestim m t sind. Nach der A b fa h rt in Landquart w endet sich die Ge 4/4" vorerst links der normalspurigen “Hauptstrecke” den Dörfern Igis (523 m ü.d.M.) und Zizers (531 m) zu. Wie spä ter im Domleschg, so zeugen auch hier verschiedene restaurierte Schlösser und ve rfa lle n e Burgruinen von der h is to ri schen Bedeutung der Region am Ein gang zu den Alpentälern mit ihren wichti gen Passverbindungen. Die 17,68 km lange Bahnstrecke nach Chur weist ein unregelmässiges Höhen profil mit Steigungen und Gefällen von 2 bis 19%o auf. Grüne Wiesen (links) und hohe F elsw ände (re ch ts) prägen die Landschaft. Die Unterwegsbahnhöfe sind zeitweise besetzt, der Zugverkehr über die Kreuzungsstationen läuft hier noch nicht vollautomatisch. Die Dienstgebäu de sind wieder in der regional typischen Holzbauweise errichtet, u.a. im hübschen C ha letstil. Nach Z izers ü berquert der RhB-Zug die SBB-Trasse auf einer Eisen brücke und erreicht anschliessend Un-

tervaz (537 m). W ichtige Grosskunden der RhB haben hier ihre Stützpunkte er richtet: Das Verteilzentrum der Valser St. Petersquelle wird von llanz aus mit vierachsigen Spezialwagen Haik-v täglich mit bis zu 230 000 I Mineralwasser beliefert. Ü ber ein D reischienen-A nschlussgleis verbunden sind auch die Bündner Cementwerke (BCU). Dort werden die be kannten RhB-Zem entwagen (“ M ohren köpfe” genannt) mit dem wichtigen Bau stoff beladen. Der Bahnhof Untervaz gilt h eu te a ls w ic h tig s te s G ü te rz e n tru m . Dank seiner Nähe zur Autobahn hat er in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeu tung gewonnen. Ein spezielles Kapitel informiert Sie ausführlich über diese Ak tivitäten bei der RhB. B ild 4 5 (o b e n ): D ie B a h n h o fs g e b ä u d e d e r e rste n R h B -S tre c k e n w u rd e n im S c h w e iz e r H o lz b a u s til d e r J a h rh u n d e rtw e n d e e rrich te t. V ie le d ie s e r B a u te n erfü lle n ih re n Z w e c k no ch he ute. A b b .: B. F a d e r B ild 4 6 (Wlitte): F rü h e r w a r d e r M itta g s z u g 8 5 3 L a n d q u a rt - C h u r je w e ils m it e in e m R e s e rv e fa h rz e u g b e s p a n n t, a m 5 .3 .1 9 8 0 s o g a r m it e in e r G e 2 /4 (B a u ja h r 1913). B ild 4 7 : Ü b e rfü h ru n g d e r K ro k o d illo k s 40 4 , 4 0 3 un d 4 0 9 v o n L a n d q u a rt na ch C h u r z u m E x tra z u g e in s a tz a m 1 0 .2 .1 9 8 3 . D ie B e rg g ip fe l h e isse n F a lk n is un d V ila n .

Die RhB, Te il 1 * 3 2

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Unser Zug erhält in Untervaz weitere Anh ä n g e la st, d a ru n te r sch w e rb e la d e n e Rundholzwagen nach Italien (via Berni nabahn) und Kieswagen nach Thusis. Recht nah am Rhein, am Fusse des Calandam assivs rollt der Zug nun rasch gegen Chur. Er durchfährt dabei auch die beiden Haltepunkte Trimmis (541 m) und Haldenstein (562 m), die nun direkt an der SBB-Strecke liegen. In Haldenstein kreuzt er einen gefälligen, vierteiligen Be 4/4-Pendelzug und trifft nach 21 Mi nuten reiner Fahrzeit parallel zur SBBTrasse im Bahnhof C hur (5 8 4 m ) ein. Vorbei an den Bahnsteigen rollt er auf die Auszugsgleise. Die m eisten Güterzüge R ic h tu n g E nga d in o d e r ins B ü n d n e r Oberland durchfahren Chur ohne Halt. B ild 4 8 (o b e n ): B e im W e tt re n n e n m it d e r s c h n e lle re n S B B -L o k h a t d ie K ro k o d il lo k d e r R h B k e in e C h a n c e (T re ffe n am 2 8 .3 .1 9 9 4 bei Z iz e rs ). A b b .: F. P o z z a to B ild 49 (M itte ): Z w e i z u s a m m e n g e k u p p e lte B e 4 /4 V o ro rtp e n d e lz ü g e s in d a m 2 1 .6 .1 9 9 2 z w is c h e n H a ld e n s te in u n d C h u r u n te rw e g s . A b b . 46 u n d 4 9 : T. K e lle r B ild 50: D ie D a m p fs c h n e e s c h le u d e r X ro td 6 /6 N r. 9 2 1 4 d e r e h e m a lig e n B e rn in a b a h n w u rd e 1990 an die D a m p fb a h n F u rka B e rg s tre c k e a b g e tre te n . Ü b e rfü h ru n g s fa h rt a m 1 2 .1 1 .1 9 9 0 bei Igis. A b b . 4 7 u n d 50: P. P fe iffe r

3 3 • Die RhB, Teil 1

Bahnhof Chur Die bedeutende Verkehrsentwicklung der SBB in über 130 Jahren ist natürlich auch an den Bahnanlagen in Chur nicht spur los vorbeigezogen. Ursprünglich wollte die RhB vor rund 100 Jahren ihren Bahn hof abseits des Stadtzentrums erstellen, um die Güter in die Bündner Täler be reits in Landquart von der VSB überneh men zu können. Der Bundesrat erzwang aber 1895 den Bau eines gemeinsamen C h u re r B a hn h ofe s, d e r am h eu tige n S ta n d o rt m eh rfach e rw e ite rt w erde n musste. Auch die seit 1896 benützte Aus fahrtschleife via Rossboden in Richtung Reichenau und die dazugehörigen Ran giergleise wurden 1927/28 aufgegeben und durch eine direkte A u sfa hrt nach Felsberg ersetzt. Diese Trasse erhielt 1958 ein zweites Gleis, wo ein Jahr spä ter auf einem Teilstück eine dritte Schie ne eingebaut wurde. So konnten dann die Industrieanlagen der heutigen Ems-Chemie AG bei Domat/Ems direkt mit normalspurigen Güterwagen erreicht werden. In Chur entstanden 1927 auch gemein same U m ladeanlagen, die heute noch vorwiegend für Militär-, Post- und Vieh transporte benützt werden. Während die SBB eine Wagenwerkstätte und eine Lokrem ise betreiben, beschränkt sich die RhB auf den Betrieb eines demnächst zu erneuernden Lokdepots. Bis ins Jahr 2000 wird der Bahnhof Chur ein neues E rscheinungsbild erhalten. Bereits heute dom iniert eine ästhetisch gelun ge n e G la skup pe l den ü be r den Bahnsteigen angeordneten und von rund sieben Buslinien bedienten Terminal der Reisepost. Während neue Postbetriebs gebäude inzwischen bezogen wurden, befindet sich die unterirdische Zufahrt der Arosabahn vo rläu fig noch im P ro je kt stadium. Im Personenbahnhof Chur kann die RhB drei B a hn ste igg le ise und ein offenes Gleis für den Nahverkehr benützen (Glei se 6 bis 9), während den SBB vier Glei se mit Bahnsteig sowie ein Umfahrungs gleis zur Verfügung stehen (Gleise 1 bis 5). Der Arosabahn dienen zwei kurze, of fene Abfahrtsgleise auf dem Bahnhofs platz.

Chur - Reichenau H ektischer Betrieb herrscht jew e ils in Chur nach Ankunft der SBB-Schnellzüge aus Basel, Zürich und St. Gallen. Der Reisendenstrom verteilt sich sofort auf

B ild 51: D e r B a h n h o f C h u r a ls A n s c h lu s s s te lle z w is c h e n S B B , R h B u n d de n B u s s e n d e r R e ise p o s t. L in k s M e te rs p u rg le is e R h B , re chts N o rm a ls p u rg le is e S B B . A b b .: J . M ü lle r

Die RhB, Te il 1 • 3 4

die verschiedenen Bahnsteige zu den A n schlu sszüg en nach St. M oritz und Disentis oder den Regionalzügen nach Thusis. Über die Rolltreppen erreichen die Gäste die oberirdisch bereitstehen den Postbusse, während auf dem Bahn hofsplatz die Arosabahn auf Kundschaft wartet. 25 Minuten später ist es wieder ruhig auf den Bahnsteigen, bis dann die RhB-Reisezüge eintreffen. Dann wieder holt sich das Ganze in der G egenrich tung. Als Reisebericht nach St. Moritz soll das Fahrterlebnis in einem Schnellzug ge schildert werden. Dieser wird später in Reichenau die bereits aus Zermatt - Brig - A nderm att - D isentis eingetroffenen Kurswagen des Glacier-Express (siehe Bericht Disentis - Reichenau) überneh men und ins Oberengadin überführen. Wenn die Abfahrtszeit herangerückt ist und alle Anschlusszüge pünktlich in Chur e in trafe n , dann g ib t der S B B -A b fe rtigungsbeamte auch dem RhB-Schnellzug freie Fahrt. Langsam verlässt die von ei ner 1994 in Betrieb gesetzten Ge 4/4'" gezogene Komposition die umfangreiche Gleisanlage von Chur. Sie lässt die Ge schäfts- und Handelshäuser hinter sich und rollt Minuten später bereits in grüner Landschaft. Bald taucht links das Verteilzentrum der Brauerei Calanda-Haldengut auf, das mit zwei Dreischienen-Anschlussgleisen an die Bahnhofsanlage Felsberg (569 m) an geschlossen ist. Das südliche Strecken gleis der Doppelspur trägt auch die drit te Schiene für die normalspurigen Güter züge. Im Gegensatz zu Felsberg, wo das a lte S ta tio n s g e b ä u d e aus H olz tro tz Gleisum bau überlebt hat, empfängt im w esentlich grösseren Dorf Dom at/Em s (581 m) ein zw eckm ässiger Giebelbau den Reisenden und Berufspendler. Hier verlassen die normalspurigen Schienen das Streckengleis und führen anschlies send auf getrennter, fahrdrahtloser Tras se zum Emser Industriekomplex. Vorerst bedienen beide Spurweiten bei der Bahn hofsausfahrt das zentrale RhB-Schienenlager. Dort werden mit der Krananlage bei gemeinsamem Einkauf oft auch FO-Wagen beladen. Der aufm erksam e Beobachter erkennt bald links in Fahrtrichtung das weitläufi ge Fabrikgelände des international tä ti gen Kunststoffunternehm ens Em s-Che mie AG. Auf seiner Strecke an der Autobahn und dem Rhein entlang trifft der Zug wenig sp äte r im Bahnhof R eichenau-Tam ins (604 m) ein. Dort warten bereits die Wa gen des Glacier-Express aus Zermatt auf dem benachbarten Bahnsteiggleis. Die Lok wird abgekuppelt, und unter Aufsicht des Rangierbeamten rollt sie zur zurück gebliebenen Wagengruppe und schiebt

3 5 • Die RhB, Te il 1

sie an die Spitze des Schnellzugs. In der Regel sind es Reisezugwagen aller drei Glacier-Bahnen (Rhätische Bahn, FurkaOberalp-Bahn und Zermatt-Bahn) in un terschiedlicher Farbkombination. In Reichenau amüsieren sich die Reisen den jeweils über das etwas sonderbare, mit einem Flachdach versehene Aufnah megebäude mit Schindelwänden und ei ner kleinen Gaststätte. Man lasse sich aber vom historischen Äusseren nicht täuschen, innen beherbergt es nämlich die m od erne F e rn s te u e rz e n tra le der Bahnstrecke Felsberg - Cazis ( - Thusis) sowie Trin - Sumvitg ( - Disentis). B au g e sc h ich te L andq uart - C hur - Thusis Ein auf V eranlassung von W. J. H olsbo er g e gründetes K onsortium interessierter G eldgeber w idm ete sich ab 1890 der Finanzierung w ichti g e r E isenba hn- und K raftw e rksba uten . D iese Bank sicherte sich sofort die K onzessionen für die M eterspurbahnen Landquart - C hur und Chur - T h u s is un d le g te g le ic h z e itig e ig e n e P ro jektvorschläge vor. Im Herbst 1894 begannen die B auarbeiten durch sp e z ia lis ie rte ita lien ische und s c h w eize rische U n te rn e h m e n . Die d u rc h P aul S c h u c a n und N iklaus Riggenbach überarbeiteten tunnellosen Projekte w urden unter Führung von O beringe nieur Leonhard A. Laubi innerhalb von 22 M o na ten v e rw irk lic h t. B e re its im S o m m e r 1896 konnten erstm als Züge zw ischen Landquart und Thusis verkehren. Die E rstellungskosten fü r die 41 ,2 km lang e S ch ie n e n v e rb in d u n g betrugen 6,284 Mio sFr.______________________

Reichenau - Thusis Nach einer ergänzenden Brem sprobe zeigt das Abfahrtbefehlssignal freie Fahrt, und der Schnellzug setzt sich wieder in Bewegung; nun sind 14 Wagen am Ha ken der Lok. Auf der Fachw erkbrücke rechts ein Blick auf den 15 m tieferen Zusammenfluss des Vorder- und Hinter rheins. Der 151 m lange Parallelträger des 1895 gebauten Brückenübergangs musste 1959 verstärkt werden. Die Lage des Ortes Tamins erkennt man übrigens an der Turmspitze, die aus dem bewal deten Kirchhügel emporragt.

L a n d q u a rt Igis Z iz e rs U n te rva z H a ld e n ste in C hur

H ö h e ü .d .M . 523 m 523 m 531 m 537 m 562 m 584 m

S te ig u n g m ax. S tre c k e n lä n g e A n z a h l T u n n e ls G ro s s e B rü c k e n B a u b e g in n E rö ffn u n g E le k trifik a tio n

B ild 5 3 (re c h te S e ite o b e n ): H a rm o n ie von T e c h n ik u n d A rc h ite k tu r im B a h n h o f C hur. A b b .: J . M ü lle r B ild 5 4 (re c h te S e ite u n ten ): H in te r d e m in C h u r e in fa h re n d e n V o ro rtp e n d e lz u g a u s L a n d q u a rt e rh e b t sich d ie M o n ta lin k e tte . A b b .: B. M o s e r

S tre ck e C h u r - T husis B a h n h ö fe C hur F e lsb e rg

Strecke Landquart - C hur B a h n h ö fe

B ild 52: D ie n e u e , a rc h ite k to n is c h a u s g e z e ic h n e t g e lu n g e n e G la s ü b e rd a c h u n g d e s B u s b a h n h o fe s d e r R e is e p o s t, d e r ü b e r de n B a h n s te ig e n v o n S B B u n d R h B e rs te llt w u rd e . V o rn e e n t s te h t d e r N e u b a u d e s P o s tb e trie b s g e b ä u d e s . D o m in a n te r p rä s e n tie rt sich im H in te rg ru n d d a s C a la n d a m a s s iv . A b b .: F o to h a u s G e ig e r

km 0,0 0 2,22 3,9 9 5,82 10,96 13,68 19°/oo 1 3 ,682 km ke in e 2 /1 7 4 m H e rb s t 1894 2 9 .0 8 .1 8 9 6 01.08.1921

D o m a t/E m s R eichenau-T. Bonaduz R h ä zü n s R o th e n b ru n n e n R ode ls-R . C azis T h u s is

H ö h e ü .d .M .

km

58 4 m

13,87

569 m 581 m 604 m

17,71 2 0 ,1 5 2 3 ,5 7

659 m 654 m

2 7 ,4 4 28 ,69 32,81 36 ,59 3 8 ,4 9

622 640 658 697

S te ig u n g m a x . S tre c k e n lä n g e A n za h l T u n n e ls G ro s s e B rü c k e n B a u b e g in n E rö ffn u n g E le k trifik a tio n

m m m m

4 1 ,2 6 25%» 2 7 ,3 9 0 km ke in e 4 /3 3 2 m H e rb s t 18 94 0 1 .0 7 .1 8 9 6 01.08.1 921

S e h e n s w e rte A n la g e n :

W ic h tig s te B a u w e rk e :

U m la d e b a h n h o f L a n d q u a rt G ü te rz e n tru m U n te rva z

D re is c h ie n e n g le is C h u r - D o m a t/E m s H in te rrh e in -E is e n b rü c k e 152 m

Die RhB, T e il 1 • 3 6

In der “Farsch” leitet eine W eiche die Z ug kom p osition auf das a nste ige nd e Gleis Richtung Thusis. Während rechts unten langsam der Flusslauf des Vorder rheins verschwindet, windet sich die Tras se in einer weiten Schleife und mit max. 25%o Steigung auf die Ebene von Bonaduz (659 m). Sofort nach der Bahnhofs ausfahrt in Rhäzüns (655 m) markiert auf der linken W agenseite ein p rächtiges Schloss aus dem 18. Jahrhundert den Eingang zum Domleschg. Aufgrund sei ner grossen Anzahl von Schlössern und Burgruinen wird dieser Talabschnitt auch das “Burgenland der Schweiz” genannt. Etwas Glück, und man kann die kleine Gondel der Luftseilbahn nach Feldis er

kennen, die das Tal in luftiger Höhe über quert. Vorbei an der bekannten Rhäzünser Mineralquelle und entlang der Kan tonsstrasse nähert sich die Bahn nun dem H inte rrh ein, dem m an zw ischen R eichenau und R othenbrunnen seine Freiheit lässt. Dort fliesst er wild durch Auen und kann sich zwischen Kiesbän ken “austoben” , bevor seine Fluten zwi schen Dämmen eingezw ängt dem Bo densee zufliessen müssen. Von der Burg Niederjuvalta in den linken Felsen ist nur noch ein Gemäuer in Form eines Drohfingers übriggeblieben. Der Nachwelt er halten bleiben soll hingegen der Bergfried Oberjuvalta direkt über Rothenbrunnen (622 m). Auf die linke Rheinwuhr gebet

tet folgen die Schienen nun dem Fluss lauf bis Rodels-Realta (640 m). Zwischen den Bäumen grüssen vorerst das heute noch bewohnte Schloss Ortenstein und anschliessend zwei weitere Ruinen (Altund Neu-Sins). Links über dem Dorf Ro dels thront Schloss Rietberg, das in der Geschichte G raubündens im 17. Jahr hundert im Zusammenhang mit dem Frei heitshelden Jörg Jenatsch eine wichtige Rolle spielte. Bereits im Mittelalter zogen Handelsleu te auf dem Weg von Chiavenna (Italien) über den Septim er- und Julierpass ge gen Norden durch das fruchtbare Dom leschg. Erste Burgen entstanden bereits im 12. Jahrhundert, wurden dann wäh-

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B ild 5 7 : D e r O rt R e ic h e n a u -T a m in s m it B lic k in R ich tu n g C h u r: H ie r v e re in ig e n s ic h V o rd e rrh e in (vo n lin k s ) u n d H in te rrh e in (von re c h ts ) z u m e ig e n tlic h e n R hein . U m d a s J a h r 19 20 he ru m w ird die V e rz w e ig u n g s w e ic h e d e r T ra s s e n A lb u la un d B ü n d n e r O b e rla n d no ch a u s e in e r W ä rte rb u d e b e d ie n t. L in k s in B ild m itte s ie h t m a n d a s S c h lo s s R e ic h e n a u , im H in te rg ru n d d ie K irc h e vo n D o m a t/E m s . B ild 55 (lin k e S e ite o b e n ): E in G ü te rz u g m it G e 6/6 " N r. 7 0 2 d o n n e rt am 9 .3 .1 9 9 3 ü b e r die H in te rrh e in b rü c k e be i R e ic h e n a u . A b b .: T . K elle r B ild 5 6 (d a ru n te r): E n g a d in e r S c h n e llz u g m it L o k o m o tiv e G e 6/6 " un d W a g e n m a te ria l in a lte m R h B -A n s tric h , v e rs tä rk t m it ro ten W a g e n d e r A ro s a b a h n im S o m m e r 1964. A b b .: P. W ille n B ild 5 8 : D e r B au d e r F a c h w e rk b rü c k e ü b e r den H in te rrh e in be i R e ic h e n a u -T a m in s um 1895. A b b . 5 7 u n d 5 8 : S a m m lu n g H ü rlim a n n

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rend Kriegswirren m ehrheitlich zerstört und später teilweise w ieder aufgebaut. Mit einem Bogen berührt die Bahn nun das Dorf Cazis (658 m) mit seinem alten Dominikanerinnenkloster. Sehr fruchtbar ist hier der Ackerboden, den man dem Hinterrhein (rätoromanisch Rein Poste-

riur) abgetrotzt hat. Am Fusse des Hein zenberges liegt auch Thusis (697 m), ein w ichtiger Verkehrsknoten, als nächster Halteort des Zugs. Hier findet der Hinter rhein seinen Weg aus der engen Fels rinne, die das Domleschg vom Quellge biet im Rheinwald-Hochtal trennt. Heute

dominieren die aufwendigen Bauten der alpinen Autobahn N 13 zum San Bernar dino, ins Misox und nach Bellinzona (Tes sin). Vom Strassenbau nahezu unberührt blieben bisher glücklicherweise die Roffla- und die Viam ala-S chlucht, letztere weltbekannt durch den mehrfach verfilm ten Roman von John Knittel. Abschnitt w eise lässt sich der alte, g efürchtete Handelspfad noch heute bewundern, und die Schlucht wird alljährlich von vielen tausend Schaulustigen besucht. Vor dem Bau der Albulabahn endete die Bahntrasse in Thusis. Der erste Zug aus Chur traf hier am 1. Juli 1896 ein, die Eröffnung der Fortsetzung nach Samedan fand genau sieben Jahre später statt. B ild 5 9 (o b e n ): D ie T a le n g e z w is c h e n R h ä z ü n s un d R o th e n b ru n n e n is t d a s E in g a n g s to r zu m b u rg e n re ic h e n D o m le s c h g . A m 1 0 .8 .1 9 8 7 p a s s ie rt e in Be 4 /4 -V o ro rtz u g de n B a h n h o f R o th e n b ru n n e n . A b b .: K. F a d e r B ild 61 (re c h te S e ite o b e n ): D e r G m P -Z u g 4 5 3 7 w a rte t am 4 .1 .1 9 9 0 im noch nich t u m g e b a u te n B a h n h o f T h u s is a u f d ie W e ite rfa h rt in R ic h tu n g A lb u la . A b b .: J. G u tja h r B ild 62 (re c h te S e ite u n te n ): E in L o kzu g m it G e 4/4 " 62 5 , G e 4 /4 6 1 0 , G e 6/6' 411 und G m 4 /4 24 2 a n lä s s lic h d e s B a h n h o fs fe s te s T h u s is am 5 .6 .1 9 9 3 . A u fn a h m e bei B o n a d u z m it B lick g e g e n d ie S u rs e lv a (B ü n d n e r O b e rla n d ) un d re ch ts z u m F lim s e r S tein. A b b .: T. K elle r B ild 60: H och ü b e r d e m H in te rrh e in th ro n t d a s S ch lo ss R h ä zü n s. A b b .: A rc h iv R hB

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Bahnhof Thusis Früher galt Thusis als betrieblicher Fla schenhals, es fehlten genügend lange Abstell- und Ausweichgleise für die Nah verkehrsverbindungen mit Chur und den reichlichen G üterverkehr. So entstand

hier zwischen 1990 und 1993 eine voll ständig erneuerte Bahnhofsanlage mit Mittelbahnsteig und neuem Aufnahmege bäude in Stahl- und Glasbauweise. An der Rampe beim Güterschuppen beginnt oder endet die Autoverladung von/nach Samedan (Oberengadin). Diese Dienst

leistung wird besonders bei winterlichen S tra s s e n v e rh ä ltn is s e n am J u lie rp a s s sehr geschätzt. Auch hier gibt es stark frequentierte Anschlüsse zu den Bussen der Reisepost nach Splügen, S. Bernar dino, Mesocco und Bellinzona sowie zu mehreren Dörfern der Region.