Was wurde bisher getan?

13.04.2017 Vertikalverträge – Handlungsbedarf bei Importbeschränkungen ? ROGER ZÄCH, Dr. iur., Professor em. der Universität Zürich Was wurde bisher...
Author: Matthias Siegel
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13.04.2017

Vertikalverträge – Handlungsbedarf bei Importbeschränkungen ? ROGER ZÄCH, Dr. iur., Professor em. der Universität Zürich

Was wurde bisher getan? • Die Revision des Kartellgesetzes scheiterte 2014 im Parlament • Die Parlamentarische Initiative Altherr vom 29.9.2014 will gewisse Importbeschränkungen, die durch einseitiges Verhalten von Privaten verursacht werden, unterbinden, und zwar durch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von Art. 7 KG. Die Umsetzung dieser Initiative wird von der WAK-S zurzeit verschleppt (siehe Medienmitteilung vom 11.1.2017). • Was nun? • Jetzt braucht es die Pa. Iv. Altherr oder/und die Fair-PreisInitiative • Zur Verstärkung des bereits geltenden Art. 7 KG.

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Was will die Fair-Preis-Initiative? • • • • • •

Grundsätzlich: Diskriminierungsfreie Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Ausland, also Einkauf im Ausland zu dort praktizierten Preisen - nach John Stuart Mill eine liberale Selbstverständlichkeit! Hauptmittel: Neu sollen auch relativ marktmächtige Unternehmen von der Missbrauchskontrolle des bereits geltenden Art. 7 KG erfasst werden Einschränkung von Reimporten zum Zweck des Weiterverkaufs (ohne Bearbeitung) – Konzession an gewisse Unternehmen in der Schweiz Diskriminierungsfreier Online-Einkauf durch eine neue UWG-Bestimmung (Geoblocking) Insbesondere gleich lange Spiesse wie die im Ausland produzierenden Konkurrenten Die Initiative will gewisse Produktionskosten der (noch) in der Schweiz produzierenden Betriebe senken

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Was will die Fair-Preis-Initiative nicht bzw. wozu führt sie nicht? • Es wird keine staatliche Preisregulierung geben. • Es wird niemand verpflichtet, Nachfrager in der Schweiz zu ausländischen Preisen zu beliefern. • Die Initiative verspricht nicht, die Hochpreisinsel zu beseitigen. Sie verspricht nur • eine Senkung von Produktionskosten und dadurch eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der (noch) in der Schweiz produzierenden Unternehmen • eine bessere Sicherung von Arbeitsplätzen

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Wer steht hinter der Fair-Preis-Initiative? • Arbeitgeber- bzw. KMU-Verbände: Swissmechanic, GastroSuisse, hotelleriesuisse, Wirteverband Basel-Stadt • Travailsuisse • Betroffene Unternehmen, z.B. Payot SA • Konsumentenschutz-Organisationen (SKS, FRC, acsi) • Politikerinnen und Politiker der SVP, SP, FDP, CVP, Grünen, GLP und BDP aus allen Landesteilen der Schweiz

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Auswirkungen der Initiative - allgemein • Konkurrenzfähigere KMU in der Schweiz • Sicherung von Arbeitsplätzen und des Lohnniveaus • Faire Preise, das heisst, Wettbewerbspreise, das heisst nicht staatlich festgesetzte Preise; höhere Kaufkraft für Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz • Rückgang des Einkaufstourismus?

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Antwort auf Kritik (1) Die vorgeschlagenen Massnahmen werden  entgegen der Kritik  wirksam sein. Empirischer Beweis: Als der Bundesrat 1995 den Direkteinkauf von Autos in der EU/ EWR ermöglichte, sanken die Autopreise innert kürzester Zeit auf in etwa das EU-Niveau (vgl. RPW 2000/ 2, 202 ff., insbesondere Rz 30, Volkswagen Vertriebssystem).

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Antwort auf Kritik (2) Es würden  entgegen der Kritik  zur Implementierung des neuen Rechts nur wenige Leitentscheidungen der Weko und wenige endgültige Urteile von Zivilgerichten benötigt. Denn vor allem international tätige Unternehmen werden schon aus Gründen der Compliance neues Recht beachten.

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Antwort auf Kritik (3) Es besteht  entgegen der Kritik  keine Gefahr eines Regulierungsfehlers. Denn es geht um die Unterbindung jahrzehntealter und jahrzehntelang bekannter Fälle missbräuchlicher Preisdiskriminierungen (Art. 7 Abs. 2 Bst. b KG) zu Lasten von Unternehmen, die noch in der Schweiz produzieren.

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Antwort auf Kritik (4) Es wird  entgegen der Befürchtungen der Weko  nicht erwartet, dass die Weko die Hochpreisinsel Schweiz zum Verschwinden bringt. Erwartet wird nur, dass bei Vorliegen der tatbestandsmässigen Voraussetzungen des geltenden Art. 7 Abs. 1 KG Preisdiskriminierungen zu Lasten von Unternehmen, die noch in der Schweiz produzieren, unterbunden werden.

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Antwort auf Kritik (5) Nach Art. 7 KG behinderte Unternehmen müssen  entgegen anderslautender Behauptungen  nicht im Ausland "klagen". Denn zur Beurteilung von Preisdiskriminierungen sind zuständig  die Weko (Art. 2 Abs. 2 KG)  die Zivilgerichte in der Schweiz (IPRG, LugÜ; das muss an der Universität von Max Gutzwiller, dem Altmeister des IPR, wohl nicht weiter ausgeführt werden.)

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Antwort auf Kritik (6) Die Anwendung von Art. 7 KG auf "relativ marktmächtige Unter= nehmen" ist  entgegen von Befürchtungen des Sekretariats der Weko  nicht schwieriger, sondern grundsätzlich einfacher als die Anwendung auf "markbeherrschende Unternehmen". In beiden Fällen geht es um Kontinua. Daher wird es - wie meistens - klare positive, klare negative sowie neutrale Kandidaten, das sind die schwierigen Grenzfälle, geben (vgl. Kramer, Juristische Methodenlehre, 3. A., Bern/München/Wien 2010, S. 60 ).

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Antwort auf Kritik (7) Erlauben Sie, mit folgender (provokativer) Überlegung zu schliessen: Die Anwendung der Bestimmungen der Art. 5 und Art. 7 KG ist im Grunde genommen widersprüchlich: - Wenn mehrere Unternehmen Wettbewerbsabreden treffen, um Einkäufe im Ausland zu unterbinden, wird das in der Regel gestützt auf Art. 5 KG untersagt. - Wenn dagegen ein Unternehmen allein Einkäufe im Ausland unterbindet, wird das in der Regel nicht untersagt. Art. 5 und Art. 7 KG haben den Zweck, den Wettbewerb zu fördern (Art. 1 KG). Daher darf – von Bagatellfällen abgesehen – nach Art. 7 KG nicht erlaubt sein, was nach Art. 5 KG verboten ist (vgl. EuGH, Slg. 1973, 243-246, Erw. 25, Continental Can-Urteil). IDé Institut Droit et Economie - Forum für Kartellrecht - forum droit de la concurrence

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