Wachstum und Entwicklung Bausteine zur Wachstumstheorie

Dipl.-Math. Eric Meyer Institut für Genossenschaftswesen im Centrum für Angewandte Wirtschaftsforschung Universität Münster Dipl.-Math. Eric Meyer 1

Bausteine zur Wachstumstheorie Angebotsseitige Faktoren • Produktionsfunktion • Technischer Fortschritt • Investitionsverhalten • Humankapitalinvestitionen

Nachfrageseitige Faktoren • Nutzenfunktion • Konsum-/Sparverhalten • Arbeits-/Freizeitentscheidung

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Bausteine zur Wachstumstheorie Angebotsseitige Faktoren • Produktionsfunktion • Technischer Fortschritt • Investitionsverhalten • Humankapitalinvestitionen

Nachfrageseitige Faktoren • Nutzenfunktion • Konsum-/Sparverhalten • Arbeits-/Freizeitentscheidung

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Produktionsfunktionen Charakterisierung durch: • Substitutionselastizität Wie leicht lässt sich ein Produktionsfaktor durch den anderen substituieren bzw. Wie „krumm“ ist die Isoquante? • Skalenelastizität Wie weit liegen die Isoquanten auseinander?

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Substitutionselastizität Messung von Substitution bei einer gegebenen Produktionsfunktion F=F(K,L) durch die Grenzrate der Substitution: L

∂F F dK = − ∂L = − L F ∂ FK dL ∂K

L1 L2 Y1 0

K1

Y2

Y3

K2

K

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Substitutionselastizität Definition: Substitutionselastizität Wie ändert sich das Faktoreinsatzverhältnis bei der Änderung der Grenzrate der Substitution? K relative Änderung von L σ= dK relative Änderung von dL ⎛ K ⎞ ⎛ dK ⎞ ⎛ K ⎞ dK d⎜ ⎟ d⎜ ⎟ d⎜ ⎟ ⋅ L dL ⎠ L dL σ= ⎝ ⎠: ⎝ = ⎝ ⎠ K dK ⎛ dK ⎞ K d⎜ ⎟⋅ L dL ⎝ dL ⎠ L

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Substitutionselastizität Beispiel σ=0 K

L

Æ Linear limitationale Funktionen Dipl.-Math. Eric Meyer 7

Substitutionselastizität Beispiel 0 0; FL > 0 ∂K ∂2Y = FKK < 0; FLL < 0 ∂K 2 FKL > 0 F (0,0) = 0 lim FK = 0 ; lim FL = 0

K →∞

L →∞

lim FK = ∞ ; lim FL = ∞

K →0

(5)

L →0

lim F(K,L ) = ∞ (L>0 fest)

K →∞

lim F(K,L ) = ∞ (K>0 fest)

L →∞

positive Grenzerträge abnehmende Grenzerträge Konvexität ohne Inputs kein Output

Annahme über die Grenzproduktivitäten für „große“ (bzw. sehr kleine) Einsatzmengen an Produktionsfaktoren keine absolute Obergrenze für die Produktion Dipl.-Math. Eric Meyer

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Spezielle Produktionsfunktionen Homogene Produktionsfunktionen Definition: Eine Produktionsfunktion Y = F (K, L) heißt homogen vom Grade λ genau dann, wenn F (α ⋅ K, α ⋅ L) = αλ ⋅ F (K, L) für alle K, L des Definitionsbereiches.

Eigenschaften: dY α ⋅ ist gleich dem Homogenitätsgrad λ. dα Y Mit einer einzigen Isoquante ist die Schar aller Isoquanten bestimmt. Eulersche Formel: λ ⋅ Y = FK ⋅ K + FL ⋅ L . FK (K, L) und FL (K, L) sind homogen vom Grade λ - 1. Die Substitutionselastizität σ ist längs eines Fahrstrahls durch den 1 λ⋅F⋅FKL −(λ−1) . Ursprung konstant und es gilt: = σ FK ⋅FL

(1) Die Skalenelastizität (2) (3) (4) (5)

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Spezielle Produktionsfunktionen Linear-homogene Produktionsfunktionen Definition: Eine Produktionsfunktion Y = F (K, L) heißt linear-homogen ⇔ Df F (α ⋅ K, α ⋅ L) = α ⋅ F (K, L) für alle K, L des Definitionsbereichs d.h. eine Ver-α-fachung aller Produktionsfaktorinputs führt zu einer Ver-α-fachung der Produktion, d.h. die Produktionsfunktion ist homogen vom Grade 1.

Eigenschaften: Y K d.h. die durchschnittliche Arbeitsproduktivität ist nur von = k (1) L L Y Y K abhängig (ebenso spiegelbildlich auch ) : = F ( , 1) = f (k) . K L L K (2) FL (Grenzproduktivität der Arbeit) und FK sind nur von = k abhängig L (3) Y = FK ⋅ K + FL ⋅ L (Spezialfall der Eulerschen Formel ), d.h. bei Entlohnung nach Grenzproduktivitäten Y = i ⋅ K + w ⋅ L Dipl.-Math. Eric Meyer 18

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Spezielle Produktionsfunktionen Linear-homogene Produktionsfunktionen Eigenschaften: (4) Die Grenzproduktivität eines Faktors nimmt (bei Konstanz des jeweils anderen Faktoreinsatzes) mit zunehmendem Einsatz nicht zu: FLL ≤ 0 und FKK ≤ 0 . F ⋅F (5) Die Substitutionselastizität σ = L K ist längs eines UrsprungF⋅FKL fahrstrahls konstant.

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Spezielle Produktionsfunktionen Linear-homogene Produktionsfunktionen

Definition: Eine Produktionsfunktion erfüllt die Inada-Bedingungen, wenn: a) sie linear-homogen ist b) sie die Bedingungen (1) bis (5) auf Folie 16 erfüllt. Für diese Funktionen gilt: Y = y = f (k) ist eine streng monoton L wachsende Funktion der Kapitalintensität der Arbeit mit f' > 0 und f" < 0. (2) k ist eine eindeutige streng monoton wachsende Funktion des Lohn Zins-Verhältnisses (und umgekehrt): w k↑ ⇔ ↑. r

(1) Die Arbeitsproduktivität

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Spezielle Produktionsfunktionen CES-Produktionsfunktionen Produktionsfunktionen mit einer konstanten Substitutionselastizität heißen CES-Funktionen (CES= constant elasticity of substitution). Sie haben die Form: Y = A⋅[ δ ⋅ K-ρ + (1-δ) ⋅ L-ρ ]-1/ρ

Es sind: - A: Skalierung für die Produktionshöhe - 0 < δ < 1: Verteilungsparameter für Lohn- und Gewinneinkommen - ρ: Maß für die Substitutionselastizität σ = 1/(1+ρ)

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Spezielle Produktionsfunktionen CES-Produktionsfunktionen, Beispiele

(

Y = 0.2 ⋅ K − 2 + 0.8 ⋅ L− 2

)

−1 2

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Spezielle Produktionsfunktionen CES-Produktionsfunktionen, Beispiele

(

Y = 0.5 ⋅ K −10 + 0.5 ⋅ L−10

)

−1

10

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Spezielle Produktionsfunktionen CES-Produktionsfunktionen, Beispiele

(

Y = 0.5 ⋅ K 0,5 + 0.5 ⋅ L0,5

)

2

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Spezielle Produktionsfunktionen Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen

Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen sind ein spezieller Typ von CES-Funktionen mit der Substitutionselastizität σ=1:

Y = K1-a ⋅ La neoklassische makroökonomische Produktionsfunktion mit INADA- Bedingungen

CES-Produktionsfunktionen Cobb-DouglasFunktionen σ =1

σ 1

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Spezielle Produktionsfunktionen Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen, Beispiele

Y = K 0.5L0.5

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Spezielle Produktionsfunktionen Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen, Beispiele

Y = K 0.2L0.8

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Spezielle Produktionsfunktionen Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen, Beispiele

Y = K 0.8L0.8

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Spezielle Produktionsfunktionen Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen, Beispiele

Y = K 2L0.5

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Cobb-Douglas-Funktion Warum sind sie so beliebt? Einfach rechnen und zu interpretieren:

(1) Produktionselastizität dY dY Y ⋅ Pr oduktionse lastizität = Y = dK dK K K = (1 − a) ⋅ K −aLa ⋅

K 1−aLa K

= (1 − a)

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Cobb-Douglas-Funktion Warum sind sie so beliebt? Einfach rechnen und zu interpretieren: (2) Einkommensverteilung (historischer Ursprung) Nach Euler gilt: Y = FK K + FLL = rK + wL Also: Sozialprodukt = Kapitaleinkommen + Lohneinkommen (3) Leichtes Rechnen mit Wachstumsraten

Yˆ = (1 − a) ⋅ Kˆ + a ⋅ Lˆ

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Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting Unterstellt man eine Produktionsfunktion der Form Y = A ⋅ K1-a ⋅ La wobei A ein Effizienzparameter ist, so lässt sich das Wachstum einer Volkswirtschaft auf die Beiträge der einzelnen Faktoren aufteilen: Yˆ = Aˆ + (1 − a) ⋅ Kˆ + a ⋅ Lˆ

Das Wachstum des autonomen Effizienzparameters A bezeichnet man als Totale Faktorproduktivität (TFP). Sie ist das nicht durch K und L erklärbare Residual und reflektiert den technischen Fortschritt.

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Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting Beispiel Bundesrepublik 1991-1998 Es gilt dann (s.o.): ga = g Y − α * gN − (1 − α ) * gK g Y = +1,2%

(Wachstum BIP real) gN = −0,5% (Beschäftigungswachstum) gK = +3,6% (Wachstum Kapitalstock in konst. Preisen) (durchschnittliche Lohnquote) α = 0,73 => ga = 1,2% − 0,73 * ( −0,5%) − (1 − 0,73 ) * 3,6% = = 1,2% + 0,365% − 0,972% = 0,593% Interpretation: technischer Fortschritt in Höhe von ca. 0,6% pro Jahr. Aber beachten: Veränderungen der Sektoralstruktur können Ergebnis verzerren => Vorsicht bei gesamtwirtschaftlicher Produktionsfunktion! Dipl.-Math. Eric Meyer 33

Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting

Quelle: OECD (2003)/IfW Kiel (2004):

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Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting

Quelle: IMF (2001)

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Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting

Quelle: IMF (2001)

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Cobb-Douglas-Funktion Growth Accounting

Quelle: IMF (2006)

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Bausteine zur Wachstumstheorie Angebotsseitige Faktoren • Produktionsfunktion • Technischer Fortschritt • Investitionsverhalten • Humankapitalinvestitionen

Nachfrageseitige Faktoren • Nutzenfunktion • Konsum-/Sparverhalten • Arbeits-/Freizeitentscheidung

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Investitionsverhalten

Investitionsannahmen

• Keine eigenständige Investitionsfunktion (Neoklassik)

• Eigenständige Investitionsfunktion (Keynesianismus) • Explizite Formulierung des Investitionsverhaltens

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Investitionsverhalten Eigenständige Investitionsfunktion Investitionen erfolgen, wenn der Barwertüberschuss des Investitionsprojektes positiv ist: D1 Dn Barwertübe rschuss = +K+ >0 (1 + i) (1 + i)n wobei i der Marktzins ist, mit dem diskontiert wird, und Di die Rückflüsse aus dem Projekt sind. Umgekehrt ließe sich auch eine Rendite r des Projektes suchen, bei der 0=

D1 Dn +K+ (1 + r ) (1 + r )n

gilt. Die Investition ist dann lohnend, wenn r > i ist.

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Investitionsverhalten Eigenständige Investitionsfunktion Einflussfaktoren auf die Investitionen sind dann: • der Marktzinssatz i • erwartete Absatzchancen (Zahlungsrückläufe). Keynesianische Wachstumstheorien verwenden Investitionsfunktionen mit • der erwarteten Nachfrage • der erwarteten Profitrate r (wird nicht behandelt) Die Investitionen wirken dabei via Einkommen auf das Sparverhalten. Investitionen sind inhärent destabilisierend.

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Investitionsverhalten Keine eigenständige Investitionsfunktion Die Investitionen werden gleich der Ersparnis angenommen! Zinssatz stimmt die Pläne der Haushalte (Sparer) und Unternehmen (Investoren) aufeinander ab. Ist I > S, dann folgt i↑. Damit S(Y,i) ↑ und I(i,r)↓, bis zum Gleichgewicht. Kurzfristige Ungleichgewichte sind für langfristige Wachstumspfade nicht relevant.

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Bausteine zur Wachstumstheorie Angebotsseitige Faktoren • Produktionsfunktion • Technischer Fortschritt • Investitionsverhalten • Humankapitalinvestitionen

Nachfrageseitige Faktoren • Nutzenfunktion • Konsum-/Sparverhalten • Arbeits-/Freizeitentscheidung

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Technischer Fortschritt Definition: Technischer Fortschritt liegt vor, wenn eine Erweiterung des technisch-organisatorischen Wissens eine Erhöhung des Outputs erlaubt, ohne daß der Einsatz an Produktionsfaktoren erhöht werden müßte. Technischer Fortschritt wirkt so, als würden die Produktionsfaktoren quasi vermehrt, obgleich deren physischer Einsatz unverändert ist. Hieran und an den Wirkungen auf die Faktorentlohnung und den Kapitalkoeffizienten setzen die Klassifikationen an.

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Technischer Fortschritt Hicks-Neutralität Definition: Technischer Fortschritt heißt Hicks-neutral, wenn die Einkommensverteilung nicht verändert wird. D.h. es muss gelten:

FK (0) FK ( t ) = FL (0) FL ( t )

Der technische Fortschritt vermehrt in gleichem maße Kapital und Arbeit. Die Produktionsfunktion lautet: Y = em⋅t ⋅ F (K, L)

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Technischer Fortschritt Hicks-Neutralität Arbeitsvermehrender technischer Fortschritt:

FK (0) FK ( t ) < FL (0) FL ( t ) Kapitalsparender technischer Fortschritt: FK (0) FK ( t ) > FL (0) FL ( t ) (eigentlich kapitalvermehrend)

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Technischer Fortschritt Harrod-Neutralität Definition: Technischer Fortschritt heißt Harrod-neutral, wenn er Zinssatz und Kapitalkoeffizienten nicht verändert. Die Produktionsfunktion lautet: Y = F (K, L ⋅ em⋅t) Y=

Y L

1 Y= k v

K = v = const. Y f ′( k , t 1 ) = f ′( k , t 0 ) = Zinssatz = const.

f ( k, t1 )

f ( k, t 0 )

k∗

k ∗∗

k=

K L

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Technischer Fortschritt Solow-Neutralität Definition: Technischer Fortschritt heißt Solow-neutral, wenn er die Grenzproduktivität der Arbeit und den Arbeitskoeffizienten L/Y nicht verändert. Die Produktionsfunktion lautet: Y = F (K ⋅ em⋅t, L ⋅ em⋅t)

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