Tier Mensch Vergleich

Tier – Mensch – Vergleich … ein aphoristischer Zugang PD Dr. Dr. Renate Huber Guten Morgen, liebes SchwarzwaldSchwarzwald-Team! Team! Viel Spaß beim...
Author: Maria Holtzer
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Tier – Mensch – Vergleich … ein aphoristischer Zugang PD Dr. Dr. Renate Huber

Guten Morgen, liebes SchwarzwaldSchwarzwald-Team! Team!

Viel Spaß beim vagabund vagabundieren abundierenden ierenden Philosophieren! Philosophieren! 1

Elemente 1. Sketch zum Thema „Tierethik“ als Vorbereitung 2. Philo-Kino zum Sketch 3. Lied zum Sketch von Rainer Remp 4. Skript zur Sommer-Akademie 5. Reflexionsbericht: Ertrag der philosophischen Reflexion 6. Erlebnisbericht: kontemplative philosophische Lebensform 7. Lieder von Rainer Remp & sonstige kuriose Nebenprodukte 8. Bildergalerie

Programm 1. zwei-wöchige peripatetische Schule im Schwarzwald ♣ Vorbereitung des Tages-Aphorismus (9 bis 12 Uhr) ♣ Philosophieren beim Wandern (14 bis 17.30 Uhr) ♣ Präsentation & Reflexion (20 bis 22 Uhr und länger) 2. Lehrformat ♣ problem-orientiert ♣ forschungs-orientiert ♣ aphoristisch „Gedankenschnipsel-Philosophie“ 3. Lernziel ♣ vertieftes Problembewusstsein entwickeln ♣ ungewöhnliche Denkwege erkunden ♣ vagabundierendes Philosophieren ausprobieren

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spezielle Gäste Fridolinus, der Rabe, er ist im Schwarzwald unser Stargast …

Meine Bitte an denkgeübte Philosophen: Seien Sie keine voreingenommenen Speziesisten! Trauen Sie mir einfach mal alles zu, was Sie auch können!

… und was sagen die Weltraum-Zwillinge Mr. Spy 1 und Mr. Spy 2 dazu? Mr. Spy 1 und Mr. Spy 2 vertreten grundsätzlich immer konträre Auffassungen … Mr. Spy 1

Mr. Spy 2

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Spielregeln Gruppe wird eingeteilt in zwei Basis-Teams mit je drei Personen Basis-Team 1: Oliver, Christian, Christoph Basis-Team 2: Jens, Chris, Victoria täglich wird in jedem Basis-Team ein Team-Sprecher bestimmt, der Team-Sprecher repräsentiert dann das Basis-Team Möglichkeiten für Flex-Teams durch Partner-Tausch, festgelegt für den jeweiligen Tag jeden Tag gibt es einen Tages-Aphorismus, er wird zu Beginn in einem Impuls-Referat von RH vorgestellt jeder Aphorismus steckt den thematischen Rahmen ab, es gibt zu jedem Aphorismus indoor- & outdoor-Aufgaben-Angebote jedes Flex-Team wählt aus dem Aufgaben-Angebot aus, es müssen nicht alle Aufgaben-Angebote bearbeitet werden, aber mindestens eine indoor-Aufgabe und eine outdoor-Aufgabe jedes Flex-Team bearbeitet die gewählten Aufgaben-Angebote indoor-Aufgaben im Seminarraum abarbeiten outdoor-Aufgaben für die Wanderung vorbereiten Aufgaben-Joker ausdenken, formulieren & bearbeiten aber zuvor: bitte Rücksprache mit RH

Spick-Zettel!

jedes Flex-Team bearbeitet die outdoor-Aufgaben beim vagabundierenden Philosophieren Ertrag sammeln & ordnen, kurze Vorbereitung der Präsentation

Notiz-Zettel!

Präsentation der Ergebnisse durch die jeweiligen Team-Sprecher, anschließende Diskussion Reflexion ungelöster Fragen (was … & warum …)

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Aphorismen-Farbenspiel 1 zur Beschreibung des Tages-Aphorismus metatheoretische Bemerkungen

arbeitstechnische Bemerkungen

2 Methoden-Vorschlag

F?: Was wollen wir fragen?

♣ Argumentationen F?, DO, PC, B! ♣ fiktive Streitgespräche Tiere Menschen Außerirdische

Mr. Spy … der Alien …

Philo … der Mensch … Fridolinus … der Rabe …

3 Aufgaben-Angebote Aufgaben-Angebot Aph x.y Aufgaben-Angebot Aph x.y Indoor-Aufgabe Nr. y zu Aph x

Outdoor-Aufgabe Nr. y zu Aph x

Aufgaben-Joker Aph x.y Joker Nr. y zu Aph x 5

Lexikon Metzler; Philosophie Lexikon. Begriffe & Definitionen Absicht Anthropismus Anthropozentrisch Begriff Einfall Erkenntnis Gefühl Pragmatik Sein-Sollen-Differenz Semantik Syntax Tod Trost

Analogie, Analogieschluß Anthropomorphismus Bedeuten, natürliches / nicht-natürliches Beweggrund Einsicht Gedanke Glaube Reliabilität Selbstbewußtsein Speziesismus Syllogismus, praktischer Transzendenz Wissen

Video-clips Raben-clips: 1. Raben – unterschätzte Genies 2. Sequential tool use by crow 3. Problem Solving by a clever Crow 4. Intelligenter Rabe 5. Kolkrabe – verschiedene Flugrufe 6. Amazing Raven intelligence test

Leierschwanz-clip: 1. Der Leierschwanz

Eichhörnchen-clip: 1. Amazing Squirel Fights off Crows

Tier-clips: 1. Von Affen und Menschen 1 – 10 2. Lustige Welt der Tiere (2) Der Marula-Baum

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Literatur Bekoff M. 2008; Das Gefühlsleben der Tiere Bekoff M. / Pierce J. 2011; Vom Mitgefühl der Tiere. Verliebte Eisbären, gerechte Wölfe und trauernde Elefanten Brandt R. 2009; Können Tiere denken? Gould J.L. / Gould C.G. 1997; Bewusstsein bei Tieren. Ursprünge von Denken, Lernen und Sprechen Griffin D. 1985; Wie Tiere denken Hauser M.D. 2001; Wilde Intelligenz. Was Tiere wirklich denken Ingensiep H.W. / Barantzke H. 2008; Das Tier Könneker C. 2007 (Hrsg.); Wer erklärt den Menschen? Hirnforscher, Psychologen und Philosophen im Dialog Lüke U. 2006; Das Säugetier von Gottes Gnaden Metzinger Th. 2009; Der Ego-Tunnel Perler D. / Wild M. (Hrsg.) 2005; Der Geist der Tiere Rizzolatti G. / Sinigaglia C. 2008; Empathie und Spiegelneurone. Die biologische Basis des Mitgefühls Sturma D. 2005; Philosophie des Geistes Voland E. 2007; Die Natur des Menschen. Grundkurs Soziobiologie Wild M. 2008; Tierphilosophie de Waal F. 1997; Der gute Affe. Der Ursprung von Recht & Unrecht bei Menschen und anderen Tieren de Waal F. 2006; Der Affe in uns. Warum wir sind, wie wir sind de Waal F. 2008; Primaten und Philosophen. Wie die Evolution die Moral hervorbrachte

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Inhalt 1. Woche Aph 1

Aph 2 Aph 3 Aph 4 Aph 5

Anthropologie, Speziesismus & Anthropomorphismus? … – der alte Blick auf uns selbst –

09 – 16

Probleme lösen? – no problem! … – das empirische Wissen in der Tierwelt –

17 – 24

Tier-Logik? … – das logische Wissen in der Tierwelt –

25 – 32

Tier-Kommunikation? … – der Informationsaustausch in der Tierwelt –

33 – 40

Trau, schau, wem!? … – die Glaubwürdigkeit in der Tierwelt –

41 – 48

2. Woche Aph 6

Aph 7 Aph 8 Aph 9 Aph 10

Tier-Bewusstsein, Verhaltensleser & Gedankenleser? … – das soziale Wissen in der Tierwelt –

49 – 56

Tier-Moral? … – das moralische Wissen in der Tierwelt –

57 – 64

Bewusstsein von Leid & Tod? … – trösten, trauern & beerdigen in der Tierwelt –

65 – 72

Religiöse Tiere? … – das religiöse Wissen in der Tierwelt –

73 – 80

Anthropologie, Speziesismus & Anthropomorphismus? … – der neue Blick auf uns selbst –

81 – 88

Aufgaben-Angebot „Tiere sind auch nur Menschen“

Lachen Sie über den „Tier-Clip 2“! 8

Montag, den 08. Aug.

Aph 1 Anthropologie, Speziesismus & Anthropomorphismus? … – der alte Blick auf uns selbst – 1 der Wissenserwerb beginnt mit klugen Fragen … Kant: „Was ist der Mensch?“ Wonach fragen wir hier eigentlich? ♣ Wie ist die Frage zu verstehen? Abgrenzung verschiedener Fragen Wer ist ein Mensch? Begriffsumfang Was ist ein Mensch? Begriffsinhalt Was ist der Mensch? Erste-Person-Perspektive Dritte-Person-Perspektive deskriptiv vs. präskriptiv?

Wie könnte der Mensch sein? Möglichkeitswesen Wie sollte der Mensch sein? philosophische Norm theologische Norm

Wer oder was wären wir denn gerne?

♣ Ist der Mensch ein Forschungsgegenstand wie andere Forschungsgegenstände auch – oder nicht? … aber im vorwissenschaftlichen Bereich, im Bereich der Grundüberzeugungen, durch die allererst abgesteckt wird, wie ein Problemfeld zu sehen ist … sind Analogien auch heute unverzichtbar. Nicht zufällig werden in den Wissenschaften … neue Sichtweisen so gut wie immer durch Analogien vermittelt, weil sie es ermöglichen, eine Struktur eines Bereiches auf einen anderen, fremden, noch unstrukturierten Gegenstandsbereich zu übertragen. (Poser 2001)

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2 Kernfrage I: Ist Anthropologie überhaupt möglich?

Aufgaben-Angebot Aph 1.1 Entwickeln Sie DenkOptionen nach der Argumentationsstruktur: F?, DO, PC, B! Diskutieren Sie die verschiedenen DenkOptionen!

F?: Ist der Mensch eigentlich ein Forschungsgegenstand?

… Wir selbst sind es, die selbst nach uns selbst fragen. (Thies 2009) Denk-Option 1 Der Mensch ist kein Forschungsgegenstand, weil … … Selbstbezüglichkeit? Selbstbegegnung? Denk-Option 2 Der Mensch ist ein Forschungsgegenstand, weil … … Tiere als Forschungsgegenstände? phylogenetische Perspektive? Denk-Option 3

Kontinuität vs. ontologischer Sprung? epistemischer Sprung?

Der Mensch ist ein Forschungsgegenstand, weil … … Kinder als Forschungsgegenstände? ontogenetische Perspektive? Denk-Option 4 Der Mensch ist kein Forschungsgegenstand, weil … … Selbst-Gesetzgebung? normative Perspektive

Was ist die Bestimmung des Menschen? Gibt es Menschen zum Aussuchen? 10

Aufgaben-Angebot Aph 1.2 Bestimmen Sie die Begriffe „Anthropomorphismus“ & „Analogie / Analogieschluß“ gemäß Metzler-Lexikon! Problematisieren Sie den Begriff „Anthropomorphismus“ hinsichtlich seiner drei Begriffsvarianten! – Tiere? Gott?

3 Begriffsbestimmungen: Begriffe „Anthropomorphismus“, „Analogie“, „Anthropismus“ & „Anthropozentrismus“

1. Begriffsvariante:

2. Begriffsvariante: Um tierliches / göttliches Verhalten zu deuten sind Begriffe erforderlich. Die Entwicklung der Begriffsstruktur orientiert sich aber am Handeln des Menschen. Menschliches Handeln wird bestimmt durch Absichten & Einsichten. Eine Übertragung auf das tierliche / göttliche Verhalten ist daher anthropomorph. Beispiel: Begriff „trösten“

Für Beschreibungen von Sachverhalten sind Begriffe erforderlich. Die Begriffsstruktur ist eine kulturelle Leistung des Menschen und daher zwangsläufig anthropomorph. Beispiel: 3. Begriffsvariante: Begriff „Kraft“

Der Analogieschluss vom menschlichen Geist auf einen tierlichen / göttlichen Geist ist in besonderer Weise anthropomorph. Beispiel: Begriff „Empathie“

Analysieren Sie die anthropozentrische Position … Position

Kritik

Weltbild? Stellung des Menschen?

Weltbild? Stellung des Menschen?

Klären Sie die Begriffe „Anthropozentrisch“ & „Anthropismus“!

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4 Kernfrage II: Welcher Vergleichsgegenstand ist adäquat? Angenommen, Sie vertreten die These, dass der Mensch tatsächlich ein Forschungsgegenstand ist …

Aufgaben-Angebot Aph 1.3

… es gibt verschiedene Denk-Optionen für mögliche Vergleichsgegenstände

mögliche Denk-Optionen … DO 1 DO 2 DO 3 DO 4 DO 5

Gott Vernunft-Wesen Zahl & Maschine Tier mit ZQ …?

Überlegen Sie, durch welche Analogiebildung der Mensch zum Forschungsgegenstand werden könnte! – Kriterien für die Wahl? Entwickeln Sie die Argumente von Philo 1 & Philo 2!

Philo 1 … ich argumentiere für DO 3 & 4 …

Philo 2 … ich argumentiere für DO 1 & 2 …

Philo 1 … der Mensch ist ein Naturwesen … … sein Bewusstsein ist Teil der Natur …

Philo 2 … der Mensch ist ein Kulturwesen, er ist vernunft-fähig & moral-fähig … … sein Handeln wird von seinem Bewusstsein bestimmt … Philo 1 … der Mensch steht in einer evolutionären Kontinuität mit der Tierwelt und zwar auch hinsichtlich seiner kognitiven Fähigkeiten, folglich auch mit seinen Bewusstseinsformen … 12

5 Kernfrage III: Vergleichspunkt Tier-Bewusstsein? Angenommen, Sie vertreten im Folgenden die DO 4 …

Mensch

Tier mit ZQ = kognitive Fähigkeiten

„Was ist das Tier?“ ♣ Wie ist die Frage zu verstehen? Übertragung der vorherigen Fragen auf die Tierwelt Wer ist ein Tier? Begriffsumfang Was ist ein Tier? Begriffsinhalt Was ist das Tier? Erste-Person-Perspektive Dritte-Person-Perspektive Wie könnte das Tier sein? Möglichkeitswesen Wie sollte das Tier sein? philosophische Norm theologische Norm

F?: Ist die Tierwelt ein geeigneter Vergleichsgegenstand?

Aufgaben-Angebot Aph 1.4 Überlegen Sie, ob in der Tierwelt alle relevanten Vergleichspunkte für einen Vergleich zu finden sind! – Bewusstseinsformen? Problematisieren Sie den Sachverhalt, dass möglicherweise nicht alle Vergleichspunkte in der Tierwelt vorkommen! – Sprache? Werte? Ich-Bewusstsein? Reflexions-Bewusstsein? Transzendenz-Bewusstsein? 13

6 Abgrenzung: Mensch-Tier abendländische Tradition es geht im Folgenden um … … Sprache … Wissen … Moral

Titelfrage: Können Tiere denken?

… kein Tier weiß, was eine Ursache ist, kein Tier kann sich wundern … Mit unserem Thema stehen wir in einem „Streit der Fakultäten“, hier einem Streit zwischen Philosophie und Biologie … Wir haben ein zweifaches Interesse an der Klärung der Titelfrage, ein theoretisches und ein praktisches. Das theoretische bezieht sich auf die Frage, ob es ein harte Zäsur zwischen Menschen und Tieren gibt und wo genau sie verläuft … Hier also gilt es, den Wert der Erkenntnis ohne Verwicklung in Interessen zu verteidigen, es sei denn, in das Interesse der interessenlosen Erkenntnis. Es ist trivial, daß Tiere an dieser Erkenntnis nicht teilhaben, denn wenn sie auch in unseren Seminaren und Vorlesungen erscheinen, nehmen sie … an den Erörterungen und am Vortrag keinen Anteil und können allenfalls einen Sitzschein erwerben. Das praktische Interesse bezieht sich auf das tätige Verhältnis des Menschen zu Tieren, sei es im täglichen Umgang des einzelnen oder von Gruppen, sei es in der staatlichen Gesetzgebung … Es soll die Position verteidigt werden, daß Tiere vermutlich nicht denken können, hier also eine Kluft zwischen Mensch und Tier besteht … Dort legt sich ein gradueller geringer Unterschied nahe, hier eine absolute Zäsur. (Brandt 2009)

Philo 2 … Tiere können nicht denken …

Aufgaben-Angebot Aph 1.5 Analysieren Sie den Text! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Vermutung? Polemik? Allaussagen? Kritik?

Fridolinus … Menschen können nur ganz schlecht denken …

Fridolinus befürchtet: Alles, was keine Syntax hat, wird gegessen!

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7 Abgrenzung: Tier-Mensch Kognitive Ethologie … der ultimative Unterschied zwischen Mensch & Tier ist die Fähigkeit zum Suizid? Mr. Spy 2 … nur der Mensch ist fähig, Suizid zu begehen …

Mr. Spy 1 … sogar Ratten können suizidal veranlagt sein …

Mr. Spy 2 … nur der Mensch verfügt über eine Sprache, daher kann nur er über sein Leben nachdenken und folglich an seinem Schicksal verzweifeln … Mr. Spy 1 … suizidale Neigungen sind Emotionen, daher ist keine Sprache erforderlich und folglich können auch Ratten verzweifeln … Mr. Spy 2 … Wie soll eine Ratte überhaupt Suizid begehen? … Woran lassen sich suizidale Neigungen erkennen? … nur Menschen können sich mit einer Pistole erschießen oder mit einem Strick erhängen, Ratten können dies nicht … Mr. Spy 1 … die suizidale Neigung von Ratten manifestiert sich in einer suizidalen Hinwendung zu Katzen … … diese Ratten können mit Haloperidol therapiert werden … … können suizidal veranlagte Ratten … erfolgreich mit Psychopharmaka behandelt werden. Nach der Gabe von Haloperidol … verringert sich ihre Zuneigung zu Katzen drastisch. (Bekoff 2008)

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Aufgaben-Angebot Aph 1.6 Führen Sie das fiktive Streitgespräch zwischen Mr. Spy 1 und Mr. Spy 2 fort! Bedenken Sie das Sprachargument von Mr. Spy 2! – sprach-basiertes vs. verhaltens-basiertes Konzept? Berücksichtigen Sie insbesondere das Erwartungsproblem und das Deutungsproblem! Bedenken Sie das epistemische Argument von Mr. Spy 2! – Erkennen suizidaler Neigungen? alternative Deutungen des tierlichen Verhaltens? Überlegen Sie, wie überzeugend das Argument von der erfolgreichen Behandlung von Mr. Spy 1 ist! – Analogieschluss: Mensch – Tier?

8 … der vergessene Aspekt zum Thema … zur Möglichkeit der Anthropologie

Aufgaben-Joker Aph 1.7 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

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Dienstag, den 09. Aug.

Aph 2 Probleme lösen? – no problem! … – das empirische Wissen in der Tierwelt – 1 Kenntnisnahme des empirischen Befundes: sequentieller Werkzeuggebrauch Rabe Fridolinus darf ein Futterstück aus dem Kasten holen

Problemlösung kleiner Stock von der Schnur lösen mit dem kleinen Stock den langen Stock herausholen mit dem langen Stock das Futterstück rausholen

Aufgaben-Angebot Aph 2.1 Schauen Sie sich die clips „Rabe 1“ (von 16.40 bis 19.00), „Rabe 2“ & „Rabe 3“ an! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Werkzeugherstellung? Werkzeuggebrauch? Beachten Sie, wie die Raben die Lösungen zu den gestellten Problemsituationen finden! – Fehler? Ausprobieren? Anzahl der Fehlversuche? 17

2 Bestimmung des Deutungshorizonts um Problemlösestrategien zu entwickeln, ist erforderlich … … ein bestimmtes kognitives Vermögen

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Wahrnehmung? Gedächtnis? Wünsche? Willen? Absichten? Ziele? Überzeugungen? Erwartungen? Enttäuschungen? Einfälle? Einsichten? Fähigkeit zum Probehandeln? – Sprache? Bilder? feinmotorische Fähigkeiten? – Füße? Schnabel? Einsatz von Werkzeugen? – dass …? Herstellung von Werkzeugen? – dass …? Vorstellungen über das fertige Artefakt? Vorstellungen über die richtige Reihenfolge? … … ein bestimmtes empirisches Wissen

Wissen über Materialien? – Stöcke? Schnüre? Stäbe? Ursache-Wirkungs-Beziehungen? Zweck-Mittel-Beziehungen? Einsatz von Werkzeugen? – welche & wie? … F?: Kann der Rabe auch ohne die Aufgaben-Angebot Aph 2.2 Fähigkeit zur Einsicht die Probleme lösen? Überlegen Sie, welche

kognitiven Vermögen und welches empirische Wissen der Rabe vermutlich haben muss, damit er erfolgreich ist! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denk-Optionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich!

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3 Begriffsbestimmungen: Begriff „Wissen, wie …“ traditionelle Begriffsabgrenzung Wie der Philosoph Gilbert Ryle … feststellte, ist die Unterscheidung zwischen wissen, wie und wissen, dass von entscheidender Bedeutung … (Hauser 2001)

♣ praktische Erkenntnis „Wissen, wie …“ erwartungs- & verhaltensrelevant zeigt sich auf der Verhaltensebene ♣ theoretische Erkenntnis „Wissen, dass …“ sprach-basiert liegt auf der Bewusstseins-Ebene

Klären Sie die Begriffe „Absicht“, „Einsicht“ „Einfall“ & „Beweggrund“!

Aufgaben-Angebot Aph 2.3 Bestimmen Sie den Begriff „Syllogismus, praktischer“ gemäß Metzler-Lexikon!

Analysieren Sie … theoretischer Schluss

praktischer Schluss

Zweck des Schlusses Struktur des Schlusses Merkmale der Prämissen Merkmale der Konklusion

Zweck des Schlusses Struktur des Schlusses Merkmale der Prämissen Merkmale der Konklusion

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4 logische Analyse: praktischer Syllogismus P1: P2:

F will den Zweck Z erreichen F ist überzeugt, dass unter den Umständen S der Zweck Z am besten auf die Weise H erreicht wird

C:

Also handelt F auf die Weise H

Prinzip der Zweckrationalität: Eine rationale Person handelt zielstrebig und nutzt dabei in optimaler Weise das ihr verfügbare Wissen über geeignete Mittel, um ihre Ziele zu erreichen.

Ein p. S. ist allerdings nur dann wirksam, wenn der Handelnde ihn zum Handlungsgrund wählt und entsprechend handeln will. (Metzler)

Mr. Spy 1 … auch der Rabe ist zur Zweckrationalität fähig, weil …

Mr. Spy 2 … nur der Mensch ist zur Zweckrationalität fähig, weil …

Aufgaben-Angebot Aph 2.4

Mr. Spy 2

Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Mr. Spy 1 und Mr. Spy 2! Formulieren Sie ein sprach-basiertes vs. ein verhaltens-basiertes Konzept!

… nur der Mensch verfügt über eine Sprache, daher kann nur er Gründe bewusst benennen und danach handeln …

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5 neuronaler Befund I: Theorie der kanonischen Neuronen 1. Jahrzehntelang dominierte die Vorstellung, die motorischen Bereiche der Großhirnrinde seien einzig für ausführende Aufgaben bestimmt und praktisch ohne jede Bedeutung für die Wahrnehmung oder gar die Kognition … Wenn das Gehirn erst den Fluß der Informationen aus der Außenwelt zu sortieren und ihn mit mentalen Repräsentationen zu integrieren vermag, die mehr oder weniger autonom in seinem Inneren erzeugt werden, sollten sich die mit der Bewegung verbundenen Probleme in der Mechanik ihrer Ausführung von selbst lösen, nach dem klassischen Schema: Wahrnehmung → Kognition → Bewegung … 2. Man hat insbesondere herausgefunden, daß es in einigen Bereichen Neurone gibt, die sich nicht bei einfachen Bewegungen aktivieren, sondern bei zielgerichteten motorischen Akten … und selektiv auf die Form und Größe der Objekte reagieren, sowohl wenn wir mit diesen interagieren als auch wenn wir sie lediglich beobachten … In diesen Akten, insofern sie Akte und nicht bloße Bewegungen sind, gewinnt unsere Erfahrung von der uns umgebenden Welt Gestalt und nehmen die Dinge für uns unmittelbare Bedeutung an. Die starre Abgrenzung zwischen perzeptiven, kognitiven und motorischen Prozessen entpuppt sich am Ende als weitgehend künstlich: Nicht nur scheint die Wahrnehmung in die Dynamik der Handlung verwickelt und stärker artikuliert zu sein, als man bisher gedacht hat; vielmehr ist das agierende Gehirn auch und vor allem ein verstehendes Gehirn. Es handelt sich … um ein pragmatisches, vorbegriffliches und vorsprachliches Verstehen, das deshalb aber nicht minder bedeutsam ist, da sich viele unserer so gefeierten kognitiven Fähigkeiten darauf stützen. (Rizzolatti / Sinigaglia 2008)

Aufgaben-Angebot Aph 2.5 Beschreiben Sie kurz das klassische Erklärungsmodell motorischer Akte! Formulieren Sie die wichtigsten neuen Einsichten des Erklärungsmodells motorischer Akte von Rizzolatti! Überlegen Sie, welche Konsequenzen dies für eine adäquate Theorie der Zweckrationalität haben könnte! – Rolle der Sprache? Rolle des Verhaltens? 21

6 neuronaler Befund II: kanonische Neuronen & „Aha-Erlebnis“ bei Affen F5 enthält … motorische Repräsentationen der Hand … Die Mehrheit ihrer Neurone kodiert … motorische Akte, also Bewegungen, die durch ein bestimmtes Ziel koordiniert sind. Viele Neurone von F5 aktivieren sich nämlich, wenn der Affe einen motorischen Akt ausführt … Es ist … unzureichend, die Aktivität dieser Neurone durch bloße Bewegungen zu definieren … Daher die Idee, das Areal F5 enthalte so etwas wie ein Wörterbuch motorischer Akte, dessen Wörter von Neuronengruppen repräsentiert werden. (Rizzolatti / Sinigaglia 2008) Eines der faszinierendsten Merkmale dieser sogenannten kanonischen Neuronen besteht darin, dass sie auch auf die visuelle Wahrnehmung von Gegenständen in unserer Umgebung reagieren. Unser Gehirn registriert nicht einfach einen Stuhl, eine Teetasse, einen Apfel. Es stellt den gesehenen Gegenstand auch sofort als Was-ich-damit-tun-könnte dar – als ein Angebot zum Handeln, als eine Menge von möglichen Verhaltensweisen … (Metzinger 2009)

Einsicht in Problemlösungen?

zwei Phasen: 1. Phase: rumprobieren, ohne Einsicht 2. Phase: „Aha-Erlebnis“, mit Einsicht „so geht es!“

Aha, so geht es! … Vergleichbare Situationen können wir für Versuchstiere nachstellen. Die Tiere müssen … irgendeine Aufgabe bewältigen … Der Zeitpunkt eines solchen Aha-Erlebnisses lässt sich eindeutig am veränderten Verhalten des Tieres ablesen. Plötzlich folgt es einem bestimmten Lösungsschema. Und genau in diesem Moment beobachten wir einen kurzzeitigen Dopaminausstoß – in Gehirnarealen, die der strategischen Planung dienen. (Scheich, in: Könneker 2007)

empirischer Befund: es gibt einen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen Auffinden der Lösungsstrategie (LS) und Dopaminausstoß (DA) modus ponens

modus tollens

LS → DA LS

LS → DA ¬DA

DA

¬LS 22

Klären Sie die Begriffe „Einfall“ & „Einsicht“!

Analysieren Sie … VerhaltensEbene

neuronale Ebene

BewusstseinsEbene

zielstrebiges Verhalten

kurzzeitiger Dopaminausstoß

? F?: Ist es plausibel, dass der Affe keine Einfälle & Einsichten hat?

Aufgaben-Angebot Aph 2.6 Überlegen Sie, welche Konsequenzen es hat, wenn mögliche Ziele bereits im Wörterbuch der Akte neuronal kodiert sind! – Einfälle? Einsichten? Analysieren Sie das Verhalten der Raben hinsichtlich der zwei Phasen-Theorie! – Aha-Erlebnis? Intuition? Überlegen Sie, ob der Dopaminausstoß zu verstehen ist, wenn das Verhalten vollständig genetisch bestimmt wäre! – Rolle der Sprache? Bewusstsein?

7 … der vergessene Aspekt zum Thema … empirisch gestützte Rationalitätsformen

Aufgaben-Joker Aph 2.7 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

23

8 Tier-Bewusstsein: Einsicht in Problemlösungsstrategien? verschiedene Bewusstseinsformen … Wach-Bewusstsein? Aufmerksamkeits-Bewusstsein? phänomenales Bewusstsein? intentionales Bewusstsein? Reflexions-Bewusstsein?

Mr. Spy 1 … Raben, Affen & Menschen können komplexe Probleme lösen. Deshalb behaupte ich, dass sie alle Reflexions-Bewusstsein haben …

Fridolinus … auch wir Raben verfügen über ReflexionsBewusstsein, weil …

Philo 2 … nur der Mensch hat eine Sprache und kann daher denken. Deshalb behaupte ich, dass Tiere kein ReflexionsBewusstsein haben …

Aufgaben-Angebot Aph 2.8 Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Philo 2, Mr. Spy 1 & Fridolinus!

Fridolinus … nur wenn Menschen die Aufgabe in clip „Rabe 3“ bereits beim ersten Versuch ohne Reflexions-Bewusstsein lösen können, dann dürfen sie uns Rabenvögeln diese Bewusstseinsform absprechen … Mr. Spy 1 … Wie ist das eigentlich mit Menschenkindern – in welchem Alter lösen sie derartige Aufgaben? … Wie ist der Zusammenhang von Sprache & Bewusstseinsformen? 24

Mittwoch, den 10. Aug.

Aph 3 Tier-Logik? … – das logische Wissen in der Tierwelt – 1 Kenntnisnahme des empirischen Befundes: logisches Schließen ein Barsch … … zeigt ausgeprägtes Territorialverhalten … kämpft mit anderen Fischen um ein Revier mit Weibchen … bevorzugt schwächere Artgenossen der Fisch beobachtet die Fische A bis F, darf dann wählen, mit wem er schwimmen will: B oder E

A F

B Fisch

E

C D

empirischer Befund für den Fisch … Beobachtung 1: A ist stärker als B Beobachtung 2: B ist stärker als C Beobachtung 3: C ist stärker als D Beobachtung 4: D ist stärker als E Beobachtung 5: E ist stärker als F

der Fisch sieht zu keiner Zeit B & E zusammen schwimmen!

empirischer Befund ist uneinheitlich Fische B, E sind teils schwächer, teils stärker der Fisch wählt E anstatt B als Schwimmgenosse empirisches Wissen oder logischer Schluss? 25

ein Hund namens Rico … … kennt über 200 Spielsachen namentlich Hält man dem Rico einen ihm unbekannten Gegenstand hin und sagt: „Das ist eine Schlange“, so kann der kluge Kerl das Wort ganz augenscheinlich mit dem Gegenstand in Verbindung bringen. Legt man die Schlange danach zwischen bereits bekannte Spielzeuge, schnappt sich Rico zielsicher das Stoffreptil … Rico vollbringt auch ein noch kniffligeres Kunststück: Wirft seine Herrin ihm ein unbekanntes Spielzeug in eine Sammlung und bittet Rico um die Giraffe, dann läuft Rico los und holt die Giraffe – obwohl er das Wort vorher noch nie gehört hatte. Der Hund … kann also durch hoch abstrahiertes Ausschlussverfahren zu dem Schluss gelangen, dass „Giraffe“ der Name für den Gegenstand sein muss, den er bislang noch nicht kannte … Zudem besitzt Rico ein enormes Erinnerungsvermögen: Selbst vier Wochen nach dem Erlernen neuer Begriffe konnte er sich noch korrekt an die Worte erinnern – selbst wenn er in der Zwischenzeit die Gegenstände nicht zu Gesicht bekommen hatte. (Spiegel 10.06.04)

Aufgaben-Angebot Aph 3.1 Überlegen Sie, ob tatsächlich bei dem Fisch ein logischer Schluss vorliegen muss, oder ob und wie das Verhalten auch ohne Tier-Logik erklärbar ist! Überlegen Sie, wie eine alternative Erklärung für das Verhalten des Fisches empirisch getestet werden könnte! Analysieren Sie das Verhalten von Rico! Überlegen Sie, ob das Verhalten von Rico auch ohne Tier-Logik erklärbar ist! 26

2 Bestimmung des Deutungshorizonts um basale logische Schlüsse ziehen zu können, ist erforderlich … Wahrnehmung? Gedächtnis? Spieltrieb? Überzeugungen? eigener Name? Fähigkeit zu Zuordnungen? Gegenstand – Wort? intuitives Verständnis dafür, was der Mensch meint? Sprache? Fremdsprache? Einfälle? Einsichten? Fähigkeiten zu logischen Schlüssen? Verständnis von „nicht“? …

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Hunde-Syllogismus A∨B∨C… ¬B ∧ ¬C … A

Viele Jahre lang dachte man, nichtmenschliche Lebewesen seien nicht in der Lage, diese [logischen] Regeln zu verstehen. Zum Teil waren die Schwierigkeiten technischer Natur: Niemand hatte herausgefunden, wie man Lebewesen ohne Sprache auf Logik basierende Fragen stellen sollte. Ein anderes Problem jedoch war konzeptioneller Natur: Nur wenige Forscher erwarteten überhaupt, daß Tiere zu logischem Denken imstande sind … Das Entscheidende ist, daß Logik keine Sprache erfordert: anscheinend brauchen wir die Sprache nur, um über Logik zu diskutieren … (Gould / Gould 1997)

Aufgaben-Angebot Aph 3.2 Überlegen Sie, welche kognitiven Vermögen der Hund vermutlich haben muss, damit er die Aufgabe bewältigen kann! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denk-Optionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich!

F?: Verfügt der Hund über logische Fähigkeiten?

27

3 Begriffsbestimmungen: Begriff: „Wissen“ Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Philosophen von Wissen sprechen?

Begriffe sind adäquat oder nicht! Bedingungen sind theoriegeladen!

1. Option

2. Option

traditioneller Begriff …

naturalistischer Begriff …

… Wissen sind wahre, begründete Überzeugungen

… Wissen sind art-spezifische, zuverlässige Überzeugungen

Wissen bezieht sich auf Sprache

Wissen bezieht sich auf Erwartungen & Verhalten

Wissen liegt genau dann vor, wenn gilt … notwendige & hinreichende Bedingungen S* sei das epistemische Subjekt, Q* sei der Erkenntnisinhalt

traditionelle Begriffsbestimmung Bedingungen

Theoriegeladenheit

Spielarten von Theorien

Sprachbedingung

Sprachtheorie

Begriffe (adäquat) Aussagen (S ist P)

Überzeugungsbedingung

Bewusstseinstheorie subjektiv

Evidenztheorie

Wahrheitsbedingung

Wahrheitstheorie objektiv

Kohärenztheorie Korrespondenztheorie

Begründungsbedingung

Rechtfertigungstheorie

„gute Gründe“ aporetisches Verfahren

28

naturalistische Begriffsbestimmung Bedingungen

Theoriegeladenheit

Spielarten von Theorien

Verhaltensbedingung

Informationstheorie

epistemisches Subjekt als signalverarbeitendes System, Informationen sind erwartungs& verhaltensrelevant kausal wirksam

Überzeugungsbedingung

Bewusstseinstheorie

Bewusstsein des epistemischen Subjekts kanonische Neuronen Handlungs-Kognitions-Modell

Zuverlässigkeits- Reliabilitätsbedingung theorie

Tauglichkeit der Spezies: Zweck-Mittel-Relationen Überlebenserfolg: adäquat oder irrelevant Evolutionstheorie

nicht notwendige Zusatzbedingung für Wissen Sprach- & Begründungsbedingung das epistemische Subjekt S* kann selbst den Erkenntnisinhalt Q* sprachlich formulieren & begründen Ich nehme an, daß der Gegenstand der Erkenntnistheorie nicht unser Begriff des Wissens ist, sondern das Wissen selbst. Ich nehme an, daß Wissen als ein natürliches Phänomen betrachtet werden sollte und daß es genauso untersucht werden sollte, wie wir andere natürliche Phänomene untersuchen … Was ich hier im Sinn habe, ist ein großer Teil der Arbeit in der kognitiven Ethologie … Wissen erklärt die Möglichkeit von erfolgreichem Verhalten Aufgaben-Angebot Aph 3.3 in einer Umwelt, und dieses erfolgreiche Verhalten erklärt Bestimmen Sie die Begriffe die Tauglichkeit der Spezies. „Erkenntnis“ & „Reliabilität“ (Kornblith, in: Grundmann 2001) gemäß Metzler-Lexikon! Das Entscheidende ist, daß Wissen keine Sprache erfordert: anscheinend brauchen wir die Sprache nur, um über Wissen zu diskutieren … (Gould / Gould 1997, leicht abgeändert, vgl. S. 27) 29

Aufgaben-Angebot Aph 3.4 Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Philo 1 und Philo 2!

4 Kontroverse: Naturalismus vs. Anti-Naturalismus

Philo 1 … die natürlichen Wissensformen der Tierwelt sollten in einen naturalistischen Wissensbegriff integriert werden, weil …

Philo 2 … der traditionelle Wissensbegriff sollte beibehalten werden, weil … Philo 1 … mit einem erweiterten Wissensbegriff lassen sich auch vor-sprachliche Wissensformen erfassen … Philo 2 … die Begriffsbestimmung ist eine normative Aufgabe. Wir sollten den Begriff „Wissen“ nicht inflationär gebrauchen, so dass sogar ein Thermometer über Wissen verfügt … Philo 1 … die Integration vor-sprachlicher Wissensformen ermöglicht die Berücksichtigung des intuitiven Wissens, das auch für den Menschen erwartungs- & verhaltensrelevant ist … Philo 2 … wir sollten nur dann von Wissen sprechen, wenn das epistemische Subjekt S* selbst den Erkenntnisinhalt Q* durch zutreffende Gründe belegen kann … Philo 1 … Diese Bedingungen sind Ideale, denen nur ein ideales epistemisches Subjekt genügen könnte. Folglich gibt es gar kein Wissen … 30

5 Rationalitäts-Prinzipien RP: Wissenslogik eines epistemischen Subjekts Welche Bedingungen müssen gelten, damit ein epistemisches Subjekt S* rational ist?

S* ist rational, wenn C aus der Schlussregel gefolgert wird, nicht aus der Erfahrung!

RP des empirischen Wissens P1: P2:

S* weiß, dass A = B (A, B Gegenstände) S* weiß, dass A ist F (F Eigenschaft)

C:

S* weiß, dass B ist F

RP hinsichtlich der Konsequenzen P1: P2:

S* weiß, dass p → q S* weiß, dass p

C:

S* weiß, dass q

F?: Verfügen einige Tiere über verhaltensrelevante Rationalitätsprinzipien?

RP der Selbstreflexion P1:

S* weiß, dass p

C:

S* weiß, dass S* weiß, dass p

RP der kognitiven Kooperation P1:

S* weiß, dass S** weiß, dass p

C:

S* weiß, dass p

Aufgaben-Angebot Aph 3.5

RP der logischen Allwissenheit P1:

Sei L ein Gesetz der formalen Logik

C:

S* weiß, dass L

Wählen Sie den naturalistischen Begriff „Wissen“ und überlegen Sie, über welche RP möglicherweise einige Tiere verfügen! Überlegen Sie, ob und wie Sie dies herausfinden können! – epistemische Grenzen? 31

6 Tier-Bewusstsein: Können Tiere denken? Philo 2 … Tiere können nicht denken, weil …

… mit „Denken“ ist eine uns nur vom Menschen mit Sicherheit bekannte mentale Fähigkeit, Urteile zu bilden, gemeint … Den Tieren fehlen vor allem zwei Voraussetzungen des Urteilens und Denkens: Sie verfügen über keine geeigneten Begriffe, und sie kennen keine gemeinsame Öffentlichkeit, die durch das Zeigen geschaffen und im Urteil vertieft wird. (Brandt 2009)

Aufgaben-Angebot Aph 3.6 Helfen Sie dem Raben Fridolinus bei seiner Verteidigungsrede gegen Philo 2 hinsichtlich der angeblich fehlenden Voraussetzungen bei Tieren! Überlegen Sie, ob Philo 2 möglicherweise den empirischen Befund nicht hinreichend kennt! Überlegen Sie, ob Philo 2 gut argumentiert! – Problem der Allaussagen? Folgerung von Nicht-Wissen auf Nicht-Sein?

Fridolinus … Menschen können nur ganz schlecht denken, weil …

7 … der vergessene Aspekt zum Thema … logisch gestützte Rationalitätsformen

Aufgaben-Joker Aph 3.7 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

32

Donnerstag, den 11. Aug.

Aph 4 Tier-Kommunikation? … – der Informationsaustausch in der Tierwelt – sozial lebende Tiere verfügen über mehrere Signalsysteme zur Kommunikation ♣ Körpersprache ♣ Duftsprache ♣ taktile Sprache ♣ Lautsprache ♣ art-übergreifende Kommunikation ♣ „Fremdsprachen“ 1 Kenntnisnahme des empirischen Befundes I: tierliche Lautsprache Grüne Meerkatzen ♣ verschiedene Feindkategorien verfügen über mehrere Alarmrufe 1. Alarmruf: Adler & Habicht 2. Alarmruf: Leopard 3. Alarmruf: Schlangen ♣ verschiedene Ruferkategorien 1. erfahrene Tiere: werden stets ernst genommen 2. unerfahrene Tiere: machen häufig Fehler, werden noch nicht besonders ernst genommen ♣ verschiedene Sozialkategorien 1. Soziallaut: Aufruf zum Ortswechsel Meerkatzen sind Altweltaffen … Aufgrund ihrer geringen Größe und den von ihnen besiedelten Habitaten werden sie von einer ganzen Skala von Räubern massiv bedroht … von Kampfadlern und Kronenadlern ebenso … wie von Leoparden, Geparden, Schakalen, Pavianen, Menschen, Schwarzen Mambas, Grünen Mambas und Pythons. Die armen Meerkatzen scheinen so gut wie keine Chancen zu haben, diesem gewaltigen Druck zu widerstehen … 33

Bei den meisten durch Räuber gefährdeten Organismen gibt es einen Allzweck-Alarmruf … In Anbetracht der verschiedenen Jagdtechniken ihrer Feinde aber wäre ein solcher Allzweck-Alarmruf für Meerkatzen eine Katastrophe. Offenbar in Reaktion auf diese Variabilität haben Meerkatzen ganz unterschiedliche Fluchtreaktionen und dazu passend für jeden ihrer Hauptgegner einen anderen Alarmruf entwickelt … Seyfarth, Cheney und Marler zeichneten zunächst Alarmrufe von ihnen bekannten Einzeltieren in ganz bestimmten Situationen auf. Dann spielten sie von dieser akustischen Lautbibliothek verschiedene Lautfolgen über Lautsprecher ab, die sie … versteckt hatten und filmten die Reaktionen der Meerkatzen. Die Tiere reagierten auf diese Laute, als sei tatsächlich ein Räuber gesichtet worden. (Hauser 2001)

Raben ♣ mindestens 250 verschiedene Ruflaute ♣ verschiedene Feindkategorien verfügen über mehrere Warnrufe 1. Warnruf: Habicht 2. Warnruf: Katze 3. Warnruf: Mensch ♣ adressatenabhängige Kommunikation 1. öffentlich-extern: Kommunikation mit allen Nachbarn 2. familie-intern: Kommunikation nur mit Familienmitgliedern

Aufgaben-Angebot Aph 4.1 Analysieren Sie den Text über die Meerkatzen! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Alarmrufe? Reaktion auf den Ruf? Ruferabhängigkeit? Schauen Sie sich aufmerksam die clips „Rabe 1“ (von 29.40 bis 31.00) & „Rabe 5“ an! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Warnrufe? Anzahl der Rufe? Adressatenabhängigkeit? Schauen Sie sich den clip „Leierschwanz“ an! – Fähigkeit zur Nachahmung von art-fremden Lauten? Beispiel für art-übergreifende Kommunikation? 34

2 Bestimmung des Deutungshorizonts für ein Kommunikationssystem von Raben & Meerkatzen, ist erforderlich …

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Wahrnehmung? Gedächtnis? Wünsche? Willen? Absichten? Ziele? Überzeugungen? Erwartungen? Enttäuschungen? empirisches Wissen über Gefahren? soziales Wissen über andere Individuen? soziales Wissen über Verwandtschaftsverhältnisse? Sprache ? – Pragmatik? Semantik? Syntax? …

Analysieren Sie … Raben

Klären Sie die Begriffe „Pragmatik“, „Semantik“ & „Syntax“!

Meerkatzen

kognitive Vermögen empirisches & soziales Wissen

F?: Verfügen Tiere über semantische Fähigkeiten?

Aufgaben-Angebot Aph 4.2 Überlegen Sie, welche kognitiven Vermögen und welches empirische Wissen die Tiere vermutlich haben müssen, damit sie erfolgreich kommunizieren können! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denk-Optionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich! 35

3 evolutionsbiologische Theorie: der Bedeutungsbezug der Ruflaute Das war ein revolutionärer Anspruch. Er warf die vorherrschende Meinung zur Kommunikation unter Tieren über den Haufen und plädierte für den Standpunkt, dass zumindest einige tierische Signale sowohl emotionale Inhalte als auch Bezugsinformationen übermitteln. Außerdem hieß dies, dass Menschen mit anderen Tieren ein entscheidendes Merkmal von Sprache gemeinsam haben: die vorsätzliche Äußerung von Lautfolgen, Klären Sie den die einen Bedeutungsbezug haben. (Hauser 2001) Begriff „Bedeuten“!

Aufgaben-Angebot Aph 4.3 Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Philo 1 und Philo 2!

Philo 2 … nur Menschen haben Absichten und verwenden daher Begriffe mit Bedeutungsbezug, weil …

Philo 1 … bereits in der Biologie ist der Begriff „Bedeutung“ erforderlich, weil … Philo 2 … Tierlaute sind angeboren. Die Bedeutungszuschreibung ist keine biologische Kategorie, sondern eine kulturelle Leistung … Philo 1 … evolutionsbiologisch gesehen ist der Einsatz verschiedener Warnrufe die Reaktion schwacher Tiere auf einen großen Bedrohungsdruck … … neurobiologisch gesehen ist das Limbische System das Bedeutungszentrum … … soziobiologisch gesehen beinhaltet der flexible Einsatz von Tierlauten bereits einen Bedeutungsbezug … 36

4 Kenntnisnahme des empirischen Befundes II: menschliche Lautsprache Klären Sie den Begriff „Begriff“!

1. Klar scheint, daß eine Kategorisierung zwar für die menschliche Sprache notwendig ist, die Sprache aber keineswegs für eine Kategorisierung …

2. Wenn man Alex fragt, welches Merkmal zwei Objekte gemeinsam haben oder worin sie verschieden sind, kann er die relevanten Parameter zuverlässig benennen – Form, Farbe oder Material – oder darauf hinweisen, daß sich die beiden nicht unterscheiden. Außerdem kommt der Papagei mit neuen Objekten genauso gut zurecht wie mit vertrauten, was beweist, daß er wirklich die Begriffe und die logischen Zusammenhänge versteht. (Gould / Gould 1997) Zeigt seine Besitzerin Alex zwei Dreiecke aus Holz, eines blau, das andere grün, Alex hat die Fähigkeit … antwortet er auf ihre Frage: … eine Fremd„Was ist verschieden?“ – „Farbe“. sprache zu erlernen Auf die Frage: „Was ist gleich?“ – … Begriffe zu verstehen „Form“. Auf die Frage: „Welcher Stoff?“ – „Holz“. Ersetzt die Biologin das grüne Holzdreieck durch eines aus blauem Plastik und fragt wieder: „Was ist jetzt verschieden?“, antwortet Alex: „Stoff“. (Geo 12.09.10) 3. Alex kann Objekte … richtig benennen … Er verlangt auch von sich aus nach bestimmten Dingen und spielt mit ihnen, wenn der Versuchsleiter sie ihm gibt. Bekommt er ein anderes Ding als das, was er erbeten hat, so protestiert er mit einem lauten „No“. (Griffin 1985)

Aufgaben-Angebot Aph 4.4 Analysieren Sie den Text über Alex & Sarah (S. 38)! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Fragen? Begriffe? logische Konstanten? Denken Sie nochmals über Philo 2 aus Aufgabe 3.6 nach! 37

Sarah ♣ Verwendung von speziellen Computern ♣ Tastatur: jede Taste steht für ein Symbol ♣ wenn eine Taste gedrückt wird, dann erscheint das Symbol auf dem Bildschirm ♣ Verwendung von Plastikformen auf Magnettafel ♣ Lernprogramm 1. Stufe: Erlernen der Ein – Wort – Sprache Zuordnung: Wort – Objekt 2. Stufe: Erlernen der Zwei – Wort – Sprache Verknüpfung von zwei Worten 3. Stufe: Erlernen einiger Mehr – Wort – Sätze mit logischen Konstanten (wenn …, dann …; … nicht …) Nachdem man der Schimpansin Sarah beigebracht hatte, eine auf Plastikformen beruhende Sprache zu verwenden, lernte sie, Konditionalsätze zu interpretieren. (Gould / Gould 1997) 1. Satz: „Wenn Sarah den Apfel nimmt, dann wird Mary Sarah Schokolade geben“.

2. Satz: „Wenn Sarah die Banane nimmt, dann wird Mary Sarah keine Schokolade geben“. 38

5 Forschungsbericht: Kommunikationssysteme der Erdbewohner Nehmen Sie an, dass Mr. Spy 2 heute aus dienstlichen Gründen verhindert war, an der Erforschung der Tier-Kommunikation teilzunehmen! Nehmen Sie weiter an, dass Mr. Spy 1 seinem Weltraum-Zwilling berichtet

Aufgaben-Angebot Aph 4.5 Schreiben Sie einen fiktiven Forschungsbericht (Ergebnisse & Fragen)!

… zahlreiche Erdbewohner verfügen über verschiedene Signalsysteme … … einige Erdbewohner versuchen sogar, die Signalsysteme anderer Spezies zu entschlüsseln … … Hunde sind perfekt in der Duftsprache, Menschen hingegen sind hierin ziemlich unfähig … … ich frage mich, ob die Duftsprache der Hunde sogar als Duftschrift verstanden werden muss … … es ist noch unklar, ob Schimpansen Informationen weitererzählen, wie dies Menschen tun … … Schimpansen sind eher unfähig, die Sprache der Menschen zu erlernen, umgekehrt gilt dies aber auch …

6 … der vergessene Aspekt zum Thema … semantische & syntaktische Aspekte der Tier-Kommunikation

Aufgaben-Joker Aph 4.6 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

39

7 Heideggers These: sprach-vermittelte Konstitution der Welt Der Stein ist weltlos, das Tier weltarm, der Mensch weltbildend … Die Welt, verstanden als Summe unserer Praktiken, stellt einen zentralen Knoten in Heideggers Philosophie dar … Er vertritt die These, dass die Welt nur sprachlich erschlossen ist, d.h. unser Zugang zur Welt und alles, was in der Welt überhaupt auftauchen kann, ist durch die Sprache konstituiert und strukturiert. Unser sprachlich geprägtes Verständnis von Dingen ist konstitutiv dafür, was diese Dinge sind, d.h., es legt fest, wie wir Dinge wahrnehmen, Philo 2 erfahren und erkennen, worauf wir uns … Tiere haben letztlich überhaupt beziehen können. Kein keine Sprache Ding sei, wo das Wort gebricht. (Wild 2008) und daher keine Welt, weil …

Aufgaben-Angebot Aph 4.7 Helfen Sie dem Raben Fridolinus bei seiner Verteidigungsrede gegen Philo 2 hinsichtlich des heideggerschen Weltbegriffs!

Fridolinus … Tiere haben zwar keine menschliche Sprache, aber dennoch eine Welt, weil …

Fridolinus … Menschen sind zuallererst biologische Lebewesen wie die Tiere. Sie müssen sich in überlebensdienlicher Weise verhalten und daraus entsteht ein Verständnis von allen Dingen. Philo 2 … der Begriff „Welt“ umfasst die gesamte kulturelle Entwicklung der Menschheit. Diese geschichtliche Perspektive ist uns nur durch Sprache & Schrift gegeben. Der Tierwelt fehlt ein Geschichtsbewusstsein. 40

Freitag, den 12. Aug.

Aph 5 Trau, schau, wem!? … – die Glaubwürdigkeit in der Tierwelt – 1 Kenntnisnahme des empirischen Befundes: Einschätzung der Glaubwürdigkeit Honigbienen verfügen über mehrere Signalsysteme zur Kommunikation ♣ erstes Signalsystem: Pheromone ♣ zweites Signalsystem: „Schwänzeltanz“ kodiert Informationen über die Nahrungsquelle Richtung Entfernung Qualität Tanzbereitschaft der Bienen ist abhängig von Angebot & Nachfrage ♣ Entscheidung im Spektrum des Angebots relative Qualität der Nahrung Knappheit des Gesamtangebots Größe des Blumenfeldes Entfernung korreliert mit der Tageszeit ♣ Entscheidung bei der Nachfrage Bedarf an Nektar, Wasser, Pollen Die Honigbiene liefert eine besonders faszinierende Fallstudie, denn die hochgradig soziale Organisation … ließ mehrere komplizierte Interaktions- und Kommunikationssysteme entstehen, und mit diesen scheinen die beeindruckendsten kognitiven Fähigkeiten einherzugehen, die sich bei Insekten jemals entwickelt haben … Eine echte Sprache bedient sich willkürlicher Regeln als Verständigungseinheiten, ist semantisch aufgebaut und kann dazu benutzt werden, zeitlich oder räumlich entfernte Objekte zu bezeichnen. Man stelle sich das Erstaunen der selbstzufriedenen Linguisten vor, als Karl von Frisch im Jahre 1946 bekannt gab, daß Honigbienen ein abstraktes Kommunikationssystem benutzen … 41

Anders als die menschliche Sprache erfolgt die Bienensprache in Form eines „Tanzes“, bei dem eine zurückkehrende Trachtbiene sich in Form einer Acht bewegt. Am Kreuzungsbereich der beiden kreisförmigen Bewegungen erfolgt der sogenannte „Schwänzeltanz“ … Die Vorstellung, ein Insekt könne eine abstrakte Sprache besitzen, stieß zunächst auf beträchtlichen Widerstand … Offensichtlich vertraten die Forscher einen „Alles-oder-Nichts“-Standpunkt: Entweder besitzen Bienen eine abstrakte Sprache oder sie verwenden Geruchsreize wie nahezu alle anderen … Insekten. Derartige Schlußfolgerungen ziehen sich durch sämtliche Diskussionen über kognitives Verhalten bei Tieren: Während Menschen mannigfaltige Lösungen für ein Problem haben können, können „niedrigere“ Lebewesen von Glück reden, wenn sie wenigstens eine Methode haben, um mit einer bestimmten Aufgabe fertig zu werden. (Gould / Gould 1997)

Glaubwürdigkeit von Informationen Boot auf einem See, mit einer ergiebigen Nahrungsquelle einige Honigbienen werden auf dem Boot ausgesetzt zurückgekehrte Honigbienen beginnen den „Schwänzeltanz“ andere Honigbienen ignorieren den „Schwänzeltanz“ Kontrolle durch vergleichbare Nahrungsquelle an Land Wie bewerten Tiere den Wahrheitsgehalt räumlicher Informationen? … Der … entscheidende Aspekt an Goulds Arbeit aber ist die Tatsache, dass Bienen … die Glaubwürdigkeit einer Information überprüfen können, indem sie das, was ihnen mitgeteilt wird, mit dem vergleichen, was sie wissen. Sie verfügen über ein mentales Instrumentarium für gesunde Skepsis. Wenn das zutrifft, sollten wir imstande sein, aus zuverlässigen Tieren unzuverlässige zu machen. (Hauser 2001)

Aufgaben-Angebot Aph 5.1 Analysieren Sie die beiden Texte über die Bienen! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – zwei Signalsysteme? Unterschied? Suchen Sie nach Deutungen für das Verhalten der Bienen, die den „Schwänzeltanz“ ignorieren! Beschreiben Sie das Erwartungsproblem der Forscher hinsichtlich der kognitiven Fähigkeiten von Bienen! 42

Grüne Meerkatzen ♣ verschiedene Feindkategorien: 1. Alarmruf: Adler & Habicht 2. Alarmruf: Leopard 3. Alarmruf: Schlangen 4. Alarmruf: andere Meerkatzengruppe knurren: schwache Bedrohung keckern: starke Bedrohung ♣ verschiedene Ruferkategorien 1. erfahrene Tiere: werden stets ernst genommen 2. unerfahrene Tiere: machen häufig Fehler ♣ Einschätzung der Glaubwürdigkeit in Abhängigkeit von der jeweiligen Meerkatze und ihrem „Vorstrafenregister“ 1. ehrliche Tiere: geben keinen „falschen Alarm“, gelten als glaubwürdig 2. unehrliche Tiere: täuschen durch „falschen Alarm“, verlieren ihre Glaubwürdigkeit … die Grünen Meerkatzen müssen in der Lage sein, sich untereinander allein an der Stimme individuell zu erkennen und zu lernen, wessen Botschaften als nicht verläßlich einzustufen ist. (Gould / Gould 1997) … Meerkatzen … haben für den Fall einer Bedrohung durch eine benachbarte Gruppe der eigenen Art zwei verschiedene Laute zur Verfügung – eine Art Knurren und ein Keckern … Die Verhaltensforscher Dorothy Cheney und Robert Seyfarth haben diese Rufe von … ihnen bekannten Tiere aufgezeichnet und mit diesen Bändern ein Play-backExperiment unternommen, um herauszufinden, ob man einem Tier seine Glaubwürdigkeit teilweise nehmen kann. Dem Versuchstier wurde wiederholt eine Aufnahme vom Knurren der Meerkatze Jane vorgespielt, so lange, bis es … gelangweilt war … „Langweilig“ ist in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit „unglaubwürdig“, denn wann auch immer Jane knurrte, nie war eine andere Gruppe in Sicht, es gab keine Konkurrenten, keine Bedrohung. Im Anschluss daran wurde Janes Keckern eingespielt … Wenn Jane nun angesichts der Bedrohung durch eine Nachbargruppe „Wolf“ ruft, ist es in der Tat gleichgültig, ob sie das mit einem Knurren oder einem Keckern tut, denn glauben wird ihr ohnehin niemand … Spielt man … nun jedoch Sues Gekecker ein, dann reagieren die Versuchstiere. (Hauser 2001)

43

Schimpansen ♣ Futterkonkurrenz zwischen einem rang-hohen & einem rang-niederen Tier ♣ Schimpansen lieben Bananen sehr, Salat weniger ♣ Forscher deponiert Banane & Salat an verschiedenen Orten, sichtbar für das rang-niedere Tier, unsichtbar für das rang-hohe Tier Wir werden Beweise für geistige Verarbeitungsprozesse finden, die so raffiniert sind, daß sie die Individuen wenigstens einiger Arten in die Lage versetzen, sich gegenseitig absichtlich austricksen und manipulieren zu können. (Gould / Gould 1997) … legt der Versuchsleiter nun an einen Platz im Terrain eine wohl schmeckende Banane und an einen anderen ein langweiliges Blatt Salat. Darauf begibt sich der rangniedere Anführer in gerader Linie zu dem Salatblatt, über das sich der dominantere Artgenosse denn auch prompt hermacht. In diesem Moment aber flitzt das untergeordnete Tier zu seiner Banane und frisst sie in Ruhe auf … Das untergeordnete Tier muss sich … genauer mit den Aktionen seines Verfolgers auseinander setzen. Es muss wahrnehmen, wann dieser unaufmerksam ist und woandershin blickt … Und wenn es die Wahl hat zwischen Salat und Banane, muss es sein spontanes Verlangen nach der Banane zunächst zügeln und den Verfolger zuerst zum Salat führen. Das sieht ganz nach einem Beweis dafür aus, dass der untergeordnete Schimpanse sich sowohl seiner eigenen Vorstellungen und Aufgaben-Angebot Aph 5.2 Wünsche gewärtig ist als auch derjenigen, die sein Analysieren Sie die beiden Texte Verfolger in der jeweiligen über Meerkatzen & Schimpansen! Lage haben wird. Er muss sich darüber im Klaren Formulieren Sie die Grundidee sein, dass der Verfolger des Play-back-Experiments bei um seine Kenntnis der Meerkatzen! – Sparsamer Einsatz Lage des Futters weiß … von Betrug durch die Tiere? In Anbetracht dieses Menschen-inszenierter Betrug? Wissens und seiner Suchen Sie nach Deutungen für eigenen Vorliebe für das Verhalten des rang-niederen Bananen muss ihm klar sein, dass es den Verfolger Tieres! Wissen, was der andere weiß? zuerst zum Salat führen Vergleichen Sie dies mit dem RP muss. (Hauser 2001) der kognitiven Kooperation (S. 31)! –

Gemeinsamkeiten & Unterschiede? 44

2 Bestimmung des Deutungshorizonts um Glaubwürdigkeit einzuschätzen, ist erforderlich …

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Wahrnehmung? Gedächtnis? Unterscheidung von Individuen? Überzeugungen? Erwartungen? Wünsche? Willen? Enttäuschungen? Absichten? Ziele? Einsichten? empirisches Wissen über Sachverhalte? soziales Wissen über andere Individuen? Fähigkeiten zum Betrug? – Sprache? Bilder? Wissen, wie …? Wissen, dass …? …

Klären Sie die Begriffe „Absicht“ & „Einsicht“!

Analysieren Sie … Honigbienen

Meerkatzen

kognitive Vermögen empirisches & soziales Wissen

Aufgaben-Angebot Aph 5.3

Schimpansen

F?: Können Tiere die Glaubwürdigkeit anderer Tiere tatsächlich einschätzen?

Überlegen Sie, inwieweit Tiere vermutlich die Glaubwürdigkeit anderer Tiere einschätzen können! Vergleichen Sie die kognitiven Vermögen der drei Tierarten! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denk-Optionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich! 45

„X1 glaubt, dass …“ bedeutet:

3 Begriffsbestimmungen: Begriffe „Glaubwürdigkeit“

X1 glaubt, dass unter den Umständen Y, wahrscheinlich Z der Fall ist „X2 ist glaubwürdig …“ bedeutet:

Aufgaben-Angebot Aph 5.4

X1 vertraut X2, dass unter den Umständen Y, wahrscheinlich Z der Fall ist

Klären Sie den begrifflichen Unterschied von „Glauben“ & „Wissen“ gemäß Metzler-Lexikon! Prüfen Sie, ob die Begriffe „betrügen“, „irren“, „lügen“, „vertrauen“ & „täuschen“ philosophische Begriffe sind! Bringen Sie diese Begriffe in Verbindung mit den Bedingungen für den traditionellen Wissensbegriff! (S. 28)

spezielle Fälle von Glaubwürdigkeit …

F?: Worin unterscheidet sich die Glaubwürdigkeitsfrage bei Tieren & Menschen?

Familie, Freunde Geschäftsleben Gerichtsprozess Wissenschaft Politik Aufgaben-Angebot Aph 5.5 Religion

Arbeiten Sie Gemeinsamkeiten & Unterschiede in den Voraussetzungen der Glaubwürdigkeit bei Menschen heraus! – Erfahrungen: direkt? empirisch vermittelt? logisch vermittelt? medien-vermittelt? Vergleichen Sie die Spezialfälle bei Menschen mit den Beispielen aus der Tierwelt! 46

4 evolutionsbiologische Theorie: der evolutionäre Vorteil der Glaubwürdigkeit … die evolutionären Grundmechanismen sind Selbsterhaltung & Generhaltung … … zwei wichtige Überlebensstrategien sind Konkurrenz & Kooperation … … Kooperation hat Vorteile (Arbeitsteilung …) & Nachteile (Täuschung & Betrug …) … … Täuschung & Betrug bedroht den Erfolg der Kooperation … … Problemdruck führt zur Entwicklung kognitiver Fähigkeiten … … bessere Entlarvung von Täuschung & Betrug … Aufgaben-Angebot … Zunahme der betrügerischen Raffinesse … Aph 5.6

Damit in tierischen Lebensgemeinschaften von Betrug die Rede sein kann, müssten Tiere imstande sein, die Ursachen und Konsequenzen ihrer betrügerischen Aktionen selbst zu durchschauen. (Hauser 2001)

Skizzieren Sie eine evolutionsbiologische Theorie zum Zusammenhang von Täuschung, Betrug & kognitiven Fähigkeiten!

5 … der vergessene Aspekt zum Thema … Zuverlässigkeits-Aspekte der Tier-Kommunikation

Aufgaben-Joker Aph 5.7 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

47

6 Tier-Bewusstsein: bewusster Betrug bei sozial lebenden Tieren? Philo 1 … Tiere, die betrügen, wissen nicht nur wie, sondern einige wissen auch, dass …

Philo 2 … Tiere, die betrügen, wissen nur wie, aber nicht dass …

Aufgaben-Angebot Aph 5.8 Philo 1 … Betrug und folglich auch Vertrauen & Glaubwürdigkeit sind Grundphänomene der Natur …

Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Philo 1 und Philo 2! Philo 2

… nur der Mensch verfügt über eine Sprache, daher kann nur er darüber nachdenken, dass er andere Menschen betrügen bzw. von anderen Menschen betrogen werden kann … Philo 1 … Wie ist es zu verstehen, dass Tiere Betrug eher sparsam einsetzen und zwar nur dann, wenn es tatsächlich klug ist? … Philo 2 … nur der Mensch verfügt über ein Ich-Bewusstsein, das zwingend erforderlich ist, um tatsächlich ein Verständnis von Betrug zu haben … Philo 1 … komplex entwickelte Tiere haben ein derart differenziertes Verhaltensspektrum, dass wir ihnen ein gewisses Verständnis für Betrug nicht absprechen können … 48

Montag, den 15. Aug.

Aph 6 Tier-Bewusstsein, Verhaltensleser & Gedankenleser? … – das soziale Wissen in der Tierwelt – 1 Frage nach dem Tier-Bewusstsein: Anthropomorphisierung der Fragen verschiedene Bewusstseinsformen … Wach-Bewusstsein? Aufmerksamkeits-Bewusstsein? phänomenales Bewusstsein? intentionales Bewusstsein? Körper-Bewusstsein? Ich-Bewusstsein? Reflexions-Bewusstsein? notwendige Bedingungen für eine „theory of mind“ (ToM) …

Aufgaben-Angebot Aph 6.1 Formulieren Sie die drei notwendigen Bedingungen! – Zusammenhang mit ToM? Überlegen Sie, ob die Bedingungen art-spezifisch formuliert sind! – Sinneswahrnehmung? Aufmerksamkeitslenkung?

♣ Ich-Bewusstsein Spiegel-Test ♣ Verknüpfung von „Sehen“ & „Wissen“ ♣ Aufmerksamkeit lenken durch Zeige-Strategien … „Theorie des Geistes“ … Dieser … Ausdruck meint die Fähigkeit, den Geisteszustand anderer zu erkennen … Die Perspektive eines anderen einzunehmen revolutioniert die Art und Weise, wie sich der eine Geist in bezug auf den anderen verhält. (de Waal 2006) Ein Großteil der Debatte unter Philosophen und Tierverhaltensforscher über die Einzigartigkeit des Menschen dreht sich um die Frage, ob ein nichtmenschliches Tier in der Lage ist, etwas wie eine richtige Theorie des Geistes … zu entwickeln. (Ober / Macedo, in: de Waal 2008) 49

2 Tier-Bewusstsein: das Methodenproblem Philo 1 … ich argumentiere für eine bottom-upAnalyse des TierBewusstseins …

Philo 2 … ich argumentiere für eine top-downAnalyse des TierBewusstseins …

Aufgaben-Angebot Aph 6.2 Philo 1 empirischer Befund: flexibles tierliches Verhalten

Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Philo 1, Philo 2 und Fridolinus!

Deutungsdruck Hypothese: tierliches Wissen um mentale Zustände von Artgenossen Schluss: Existenz eines tierlichen Bewusstseins

Fridolinus … beide Methoden überschreiten die Erkenntnisgrenzen der Menschen, weil …

Philo 2 Existenz des menschlichen Bewusstseins menschliches Wissen um mentale Zustände anderer Menschen manifestiert sich in bestimmten Verhaltensweisen Suche nach analogen Verhalten bei Tieren Schluss: Existenz eines tierlichen Bewusstseins

50

3 Kenntnisnahme des empirischen Befundes I: flexible Verhaltensleser zahlreiche Tierarten sind zumindest flexible Verhaltensleser … (α α) art-eigene Kooperation im Rudel jagender Löwen

Kooperation erfordert … Absprachen! flexibles Verhaltenslesen!

♣ Jagd im Rudel erhöht die Erfolgschancen ♣ es herrscht Arbeitsteilung ♣ Tiere am Rand kreisen die Beutetiere ein ♣ einige Tiere lenken die Aufmerksamkeit der Beutetiere auf sich ♣ einige Tiere lauern im Hinterhalt

(β β) art-fremde Kooperation von Honiganzeiger & Honigdachs ♣ Honiganzeiger ernährt sich von Bienenlarven & Bienenwachs ♣ Nester der Honigbienen häufig in Baumhöhlen eingeschlossen, Honiganzeiger hat daher keine Möglichkeit, Nester aufzubrechen ♣ Honigdachs ernährt sich vom Honig Die Lösung dieses Problems ist der Honigdachs, ein kräftiges Säugetier, das Baumhöhlen aufzubrechen vermag und sich vom Honig in den Nestern ernährt … führt der Honiganzeiger den Honigdachs zu den Bienenvölkern. Wenn der Vogel zuerst ein Nest und dann einen Honigdachs entdeckt hat, beginnt er, durch eine laute Darbietung die Aufmerksamkeit des Dachses auf sich zu lenken. Anschließend zeigt er einen kurzen Schauflug und beginnt erneut zu rufen. Nimmt der Dachs die Verfolgung auf, setzt sich dieses Verhaltensmuster fort, bis der Dachs zum Bienenstock geführt ist, der bis zu zwei Kilometer entfernt liegen kann. Dort setzt sich der Honiganzeiger still auf einen Ast, und der Dachs geht seiner Arbeit nach. Hat der Dachs sich den Honig einverleibt, kommt sein Spurensucher und Führer, um die Larven und das Wachs zu verzehren. (Gould / Gould 1997) 51

(γγ) Raubtier & Beutetier: Verhalten von Regenpfeifern ♣ Brutplatz auf offenem Gelände ♣ verfügen über mehrere Strategien, Nesträuber zu „verleiten“ ♣ Verhalten bei Gefahr durch Nesträuber: zunächst: unauffälliges Entfernen vom Nest 1. Strategie: stößt Rufe aus, lässt Räuber herankommen, bewegt sich immer weiter vom Nest weg 2. Strategie: gibt vor, am neuen Ort zu brüten, lässt Räuber herankommen, fliegt weg, 3. Strategie: läuft geduckt durch das Gras, stößt nagetierartige Rufe aus (imitiert Mäuse) 4. Strategie: täuscht lahmen Flügel vor ♣ Spezialstrategien bei grasenden Rindern … die Familie der Regenpfeifer, hat im Verlauf der Evolution eine … Methode entwickelt, eine Technik, die extrem durchtrieben, zielgerichtet und verlogen wirkt. Verhaltensforscher bezeichnen dieses Verhalten als Verleiten … Ristaus Arbeiten zeigen, dass das Verhalten des Regenpfeifers mehr reflektiert als das Ausführen einer einfachen Regel. Die Gestaltung des Verhaltensmusters ist flexibel, auf bestimmte kritische Merkmale des Eindringlings … abgestimmt. (Hauser 2001) Die bekannteste Strategie des Regenpfeifers ist das Flügellahmstellen; dabei handelt es sich in Wirklichkeit um eine ganze Skala von Verhaltensweisen, die eine Verletzung vortäuschen und von leichter Behinderung bis zu nahezu völliger Hilflosigkeit reichen können. Einer oder beide Flügel … werden hierbei in abnormaler Haltung ausgestreckt, was eine Verletzung suggeriert; der Vogel versucht scheinbar panikartig auf einem willkürlichen Zickzackkurs zu fliehen. Bei der extremsten Variante dieser Verhaltensweise flattert der Vogel mit einem Flügel … überschlägt sich hilflos, rappelt sich wieder auf, rennt ein Stückchen weg, versucht offenbar erneut abzuheben, stürzt wieder zu Boden, weil ihm sein „nutzloser“ Flügel keinen Auftrieb mehr verleiht, und so weiter … Unnötig zu erwähnen, daß sich der Regenpfeifer jedesmal, wenn er zwischen den „Flugversuchen“ ein kurzes Stück rennt, vom Nest wegbewegt … Die … Keilschwanzregenpfeifer lernen, daß grasende Rinder das Verleiten nicht beachten und auch nicht an Nestern interessiert sind; also zeigen die Vögel statt dessen ein Warnverhalten, das dazu dient, diese schwerfälligen Tiere davon abzuhalten, auf ihre Nester zu treten … Die fein abgestufte und flexible Natur dieses Verhaltens deutet nachdrücklich darauf hin, daß diese Vögel ein gewisses Verständnis für die Feinheiten haben, die zum Erreichen ihres Zieles führen. (Gould / Gould 1997) 52

Aufgaben-Angebot Aph 6.3 Analysieren Sie die Texte über art-eigene & art-fremde Kooperation! – Organisation der Kooperation? Planung? gegenseitige Abstimmung? Verständnis? Analysieren Sie den Text über den Regenpfeifer! – Vielfalt der Strategien? Adressatenabhängigkeit? Suchen Sie nach Deutungen für das Verhalten des Regenpfeifers! – Einsicht? Problemlösestrategien? vgl. mit Rabe Fridolinus aus Aph 2 (S. 17)? 4 Bestimmung des Deutungshorizonts für ein erfolgreiches Verhaltenslesen ist erforderlich … Für die Deutung des empirischen Wahrnehmung? Befundes sind Begriffe erforderlich! Gedächtnis? Begriffe sind immer theoriegeladen! Wünsche? Willen? Theorien bleiben stets unterbestimmt Absichten? Ziele? durch den empirischen Befund! Überzeugungen? Erwartungen? soziales Wissen über art-fremde Individuen? … Sind seine Verhaltensmuster zielgerichtet, von einem Bewusstsein für die eigenen Ansichten ebenso gelenkt wie von den Vorstellungen und Wünschen der anderen Mitspieler? (Hauser 2001)

F?: Ist der Regenpfeifer nur ein Verhaltensleser oder bereits ein Gedankenleser?

Aufgaben-Angebot Aph 6.4 Überlegen Sie, welche kognitiven Vermögen der Reigenpfeifer vermutlich haben muss, damit er erfolgreich ist! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denk-Optionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich! 53

5 Kenntnisnahme des empirischen Befundes II: Gedankenleser … sind einige Tier möglicherweise sogar Gedankenleser …

Klären Sie den Begriff „Gedanke“! Wild 2008, S. 22 / 23 … verfügen einige Tiere über eine ToM?

1. Exp. Eine Schimpansin namens Sarah wählte aus einem Spektrum von Bildern das eines Schlüssels, wenn sie eine Person sah, die mit einer verschlossenen Tür kämpfte, oder das Bild einer Person, die auf einen Stuhl kletterte, wenn sie sah, wie ein Mann immer wieder hochsprang, um an eine Banane zu kommen. Daraus zog man den Schluß, daß Sarah die Intentionen anderer erkannte. (de Waal 2006)

2. Exp.

Verknüpfung von „Sehen“ & „Wissen“

♣ Schimpansen betteln um verstecktes Futter ♣ Wahl zwischen zwei hilfsbereiten Personen 1. Person: trägt Mundbinde 2. Person: trägt Augenbinde Befund: Schimpansen machen keinen Unterschied 3. Exp.

♣ rang-hoher & rang-niederer Schimpanse 1. Futter x sehen beide Tiere gemeinsam 2. Futter y sieht nur das rang-niedere Tiere Befund: rang-niederes Tier verzichtet auf Futter x, verzehrt Futter y Er [de Waal] weist uns entschieden auf den krassen Anthropozentrismus hin, der darin besteht zu verlangen, dass Menschenaffen im Versuch in der Lage sein sollen, eine Theorie des menschlichen Geistes zu entwickeln. (Ober / Macedo, in: de Waal 2008)

Aufgaben-Angebot Aph 6.5 1. Teil Analysieren Sie die drei Experimente! – Erfolg? im 1. Exp.? im 3. Exp.? Überlegen Sie, warum die Tiere im 2. Exp. versagen! 54

4. Exp.

Aufmerksamkeit lenken durch Zeige-Strategien

Eine … Untersuchung sollte klären, ob Schimpansen bewußt anderen Dinge zeigen können … Einige Wissenschaftler konzentrieren sich auf das Zeigen mit der Hand oder mit dem Finger, wie wir es tun … Nikkie … war daran gewöhnt, daß ich ihm ein paar wilde Beeren über den Wassergraben zuwarf. Als ich eines Tages Daten aufnahm, hatte ich die Beeren völlig vergessen, die hinter mir an einer Reihe hoher Büsche wuchsen. Nikkie jedoch nicht. Er setzte sich genau mir gegenüber hin, starrte mich … an, und als ich dann auf ihn aufmerksam geworden war, schwenkte er abrupt Kopf und Augen von mir weg, um einen Punkt über meiner linken Schulter zu fixieren. Dann starrte er wieder mich an und wiederholte das Ganze. Für einen Affen bin ich vielleicht schwer von Begriff, aber beim zweiten Mal folgte ich seinem Blick und sah die Beeren. Nikkie hatte mir ohne einen einzigen Ton oder eine einzige Handgeste gezeigt, was er wollte. Offensichtlich ist solches „Zeigen“ gegenstandslos, wenn man nicht weiß, daß ein anderer das nicht sieht, was man selbst sieht, was bedeutet, der Betreffende muß sich darüber im klaren sein, daß nicht alle über dieselben Informationen verfügen. (de Waal 2006)

Aufgaben-Angebot Aph 6.5 2. Teil

… das Fehlen von Beweisen ist kein Beweis für das Fehlen!

Analysieren Sie, welche ZeigeStrategien Tiere gebrauchen! – Handzeichen? Augenbewegungen? Kopfhaltung? Denken Sie über den Grund fehlender Beweise nach! – Fragen? Methoden? Deutungen?

ToM meint die Fähigkeit, den mentalen Zustand anderer zu erkennen … Einige schlossen aus misslungenen Vorführungen, dass Menschenaffen ToM fehle … Doch negative Ergebnisse entziehen sich der Interpretation … Ein Experiment kann aus Gründen fehlschlagen, die überhaupt nichts mit der in Frage stehenden Fähigkeit zu tun haben müssen. Vergleicht man Menschenaffen und Kinder, ist ein Problem beispielsweise, dass der Leiter des Experiments grundsätzlich ein Mensch ist, so dass Affen immer mit einer Artenschranke konfrontiert sind. (de Waal 2008)

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6 Forschungsfragen: „theory of mind“ bei Schimpansen? Nehmen Sie an, dass Mr. Spy 2 annimmt, dass Schimpansen nicht über eine „theory of mind“ verfügen! Nehmen Sie weiter an, dass Mr. Spy 1 seinen Weltraum-Zwilling vom Gegenteil überzeugen will

… zahlreiche Tiere verfügen über die Fähigkeit, komplexes Verhalten zu lesen … … einige Tiere haben möglicherweise eine art-spezifische ToM … … Schimpansen haben sicherlich eine adäquate „Theorie des Affen-Geistes … … Schimpansen haben vermutlich eine „Extra-Theorie“ für Menschen …* … Menschen haben keine adäquate „Theorie des Tier-Geistes … * der empirische Befund ist für die Tiere nicht Aufgaben-Angebot Aph 6.6 eindeutig, weil Menschen manchmal auch Dinge wissen, die sie nicht gesehen haben … Ergänzen & problemati-

sieren Sie diesen Bericht!

7 … der vergessene Aspekt zum Thema … Bewusstseinsformen bei Tieren

Aufgaben-Joker Aph 6.7 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

56

Dienstag, den 16. Aug.

Aph 7 Tier-Moral? … – das moralische Wissen in der Tierwelt – 1 Frage nach der Tier-Moral: Anthropomorphisierung der Fragen Frans de Waal Legen Tiere Verhaltensweisen an den Tag, die der Güte wie auch den Regeln und Vorschriften des moralischen Verhaltens von Menschen entsprechen? Und falls ja, was bringt sie dazu, sich so zu verhalten? Merken sie, welche Auswirkungen ihr Tun und Lassen auf andere hat? Diese und ähnliche Fragen ordnen das Buch dem zunehmend wichtigen Bereich der kognitiven Ethologie zu: es betrachtet Tiere als wissende, wollende und berechnende Wesen. (de Waal 1997)

Marc Bekoff Frans de Waal … argumentiert … dass sich die menschliche Moral mit dem tierischen Sozialverhalten in einem Kontinuum befindet, er aber nicht sicher ist, ob Tiere moralische Wesen sind. Er berücksichtigt dabei jedoch das soziale Spielverhalten nicht … Ich habe mich lange für das Spielverhalten interessiert … Spielen Tiere fair? Verhandeln sie über die Absprachen zum Spiel (im Gegensatz zum Kämpfen und Paaren) und erfordern diese Absprachen Kooperation, Vergebung, Entschuldigung und es einzugestehen, wenn sie etwas Unrechtes getan haben? Erfordern Sie das Vertrauen anderen gegenüber? Sind Tiere ehrlich? Wenn eines die Abmachung bricht, betrachten sie das dann als falsch? Hat es Konsequenzen, wenn ein Tier etwas Falsches tut? Wenn Tiere zeigen, dass sie es nicht mögen, zu kurz zu kommen oder übers Ohr gehauen zu werden, bedeutet das, Tiere haben einen Gerechtigkeitssinn, einen Sinn für Richtig oder Falsch, Gut oder Böse – anders gefragt: Bedeutet das, Tiere sind moralische Wesen? (Bekoff 2008)

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Aufgaben-Angebot Aph 7.1 Analysieren Sie die beiden Texte! Erwartungsproblem! – Möglichkeit moralischer Tiere? Tiere als Möglichkeitswesen? Deutungsproblem von de Waal und der Lösungsvorschlag von Bekoff! – Spielverhalten? Überlegen Sie, warum die Beobachtung des Spielverhaltens das Deutungsproblem lösen könnte! – Spiel frei von evolutionären Zwängen?

2 Kenntnisnahme des empirischen Befundes I: reziproker Altruismus Vampirfledermäuse ♣ Überlebenskonzept: von anderen Lebewesen Blut „schnorren“ ♣ entwickeln sozialer Beziehungen mit gegenseitiger Fellpflege ♣ hungernde Artgenossen werden mitversorgt ♣ Betrüger & Geizhälse werden bestraft … Trivers … beobachtete auch, dass Fledermäuse Betrug bestrafen und dem Betteln nach Blut nicht nachkommen, wenn die Bittsteller in der Vergangenheit noch nie Blut gespendet haben. (Hauser 2001)

Affen ♣ Maßnahmen zum Erhalt der Gruppen art-eigener Mitglieder ♣ Sozialisierung art-fremder Mitglieder rang-niedere Tiere versöhnen rang-hohe Tiere schlichten, übernehmen „Polizeiaufgaben“ Förderung der Versöhnungsbereitschaft Abwesenheit der „Polizei“ führt zur „Gesetzlosigkeit“ 1. Der größte Schritt in der Evolution der menschlichen Moralität bestand darin, statt interpersonaler Beziehungen das große Ganze in 58

den Brennpunkt zu rücken. Bei Menschenaffen können wir die Anfänge davon beobachten … So bringen etwa weibliche Tiere nach einem Streit die daran beteiligten Männer wieder zusammen, um eine Versöhnung einzuleiten, und hochrangige Männer beenden auf unparteiische Weise einen Kampf zwischen anderen, um den Frieden in der Gruppe zu wahren … Solche Männer lösen Kämpfe zwischen anderen auf, manchmal stellen sie sich zwischen die Konfliktpartner, bis der Streit abkühlt … Eine neuere Studie zur sozialen Kontrolle bei Makaken hat gezeigt, dass die gesamte Gruppe davon profitiert. Bei zeitweiliger Abwesenheit der üblichen Protagonisten der sozialen Kontrolle erleben die übrigen Gruppenmitglieder, dass das Netz ihrer sozialen Kontakte sich verschlechtert und die Gelegenheiten zum reziproken Austausch schwinden. (de Waal 2008) 2. De Waals erste Untersuchungen zum Friedenserhalt unter Primaten trat eine Welle an Einzelbeobachtungen zur Versöhnung unter Primaten los. So wissen wir beispielsweise, dass fast alle Primaten sich auf irgendeiner Ebene versöhnen, dass sie es, wenn, dann sofort tun, dass manche Arten geübter darin sind als andere und dass Partner mit einer engen Beziehung zueinander eine intensivere Versöhnung praktizieren als Arten, deren einzelne Mitglieder einander eher gleichgültig sind. Wir wissen auch, dass Rhesusaffen sich längst nicht so häufig versöhnen wie Bärenmakaken, dass man jedoch junge Rhesusaffen dazu bringen kann, dies in höherem Maße zu tun, wenn man sie in der Gesellschaft von Bärenmakaken aufzieht. Mithin scheint jede Primatenart zwar mit einer gewissen Prädisposition zur Versöhnung auf die Welt zu kommen, diese in ihrer Ausprägung jedoch nicht fixiert zu sein. (Hauser 2001)

Aufgaben-Angebot Aph 7.2 Analysieren Sie den Text über die Fledermäuse! Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – Gedächtnis? Identifizieren von Individuen? Erkennen einer Notlage? Helfen? Bestrafen? Analysieren Sie das Konfliktmanagement der Affen im 1. Teil der Beschreibung! – Konfliktmanagement der Menschen im Vergleich? Analysieren Sie die Sozialisierung der Affen im 2. Teil der Beschreibung! – Sozialisierung der Menschen im Vergleich? 59

3 Bestimmung des Deutungshorizonts Schimpansen bilanzieren ihre sozialen Transaktionen. Man weiß, wer abgibt und wem man deshalb selbst abgeben sollte. Und wenn mal ein Schimpanse der Versuchung des Vertrauensbruchs erliegt, folgt die Strafe auf dem Fuß. Soziobiologen sprechen in diesem Zusammenhang von „moralischer Aggression“. Diese entsteht nicht, wie Aggression sonst, aus der Frustration von persönlichen Verhaltenszielen, sondern erst nach einer langen Interaktionsgeschichte mit asymmetrischer und deshalb als unmoralisch empfundener Geben-Nehmen-Bilanz. Hier liegt der Ursprung von Rechtsnormen und Strafe … (Voland 2007)

für „moralische Aggression“ ist erforderlich …

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Unterscheidung von Individuen? Überzeugungen? Erwartungen? Wünsche? Willen? Enttäuschungen? Frustrationen? Absichten? Einsichten? Ziele? Bilanzierungen? soziales Wissen über andere Individuen? Bewertung des Verhaltens? …

Aufgaben-Angebot Aph 7.3

F?: Durchschauen Tiere die „moralische Aggression“?

Überlegen Sie, inwieweit Schimpansen vermutlich „moralische Aggression“ verstehen können! – Verstehen der Konsequenzen? Analysieren Sie strittige Punkte nach Klären Sie der Methode der Denk-Optionen! den Begriff Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich! „Sein-SollenDenken Sie darüber nach, ob Affen Differenz“! ebenfalls Möglichkeitswesen sind! – Sozialisation? … bei Tieren? … bei Menschen?

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4 Kenntnisnahme des empirischen Befundes II: Sinn für Fairness & Gerechtigkeit Panbanisha, Bonobo Klären Sie den Begriff „Gefühl“!

1. Die Absichten und Gefühle anderer zu verstehen, könnte den Bonobos dabei helfen, Beziehungen reibungslos zu gestalten, anderen im Notfall zu helfen … zu intensivieren. Die Fähigkeit zur Konfliktlösung hängt beispielsweise davon ab, frühzeitig zu bemerken, was einen anderen stört, und zu wissen, wie man Frustrationen vorbeugt … Könnte es sein, daß der Bonobo kognitiv darauf spezialisiert ist, Gefühle zu lesen und den Standpunkt anderer einzunehmen? … ist der Bonobo der einfühlsamste Menschenaffe? (de Waal 1998) 2. Panbanisha bekam bessere Nahrung, beispielsweise Rosinen und eine Extraportion Milch. Als Sue ihr diese Leckerbissen brachte, bekamen das die anderen Bonobos mit und probten den Aufstand. Offensichtlich wollten sie dasselbe haben. Panbanisha bemerkte dies und schien besorgt, auch wenn die Umstände für sie günstig waren. Sie bat um Saft, aber als sie ihn bekam, nahm sie ihn nicht an, sondern gestikulierte mit dem Arm in Richtung ihrer Freunde und rief sie … Damit sich ein umfassender Gerechtigkeitssinn entwickeln kann, ist nichts anderes nötig, als daß negative Reaktionen anderer antizipiert werden … 3. Aus bescheidenen Anfängen erwachsen hehre Prinzipien. Das fängt mit dem Groll an, wenn man weniger bekommt; daraus entwickelt sich die Sorge, wie andere reagieren werden, wenn man mehr bekommt; und es endet damit, daß Ungerechtigkeit generell für schlecht erklärt wird. So entsteht der Gerechtigkeitssinn. (de Waal 2006)

Aufgaben-Angebot Aph 7.4 Denken Sie über den Zusammenhang von Konfliktmanagement und Perspektivenübernahme nach! – Gefühle lesen? Gedanken lesen? Analysieren Sie den Text über Panbanisha! – Verhalten der Benachteiligten? Verhalten der Bevorzugten? Antizipation negativer Reaktionen? Entwickeln Sie ein drei-stufiges Modell zum Gerechtigkeitssinn! 61

5 Kenntnisnahme des empirischen Befundes III: Spielverhalten bei Tieren 1. Was tun Hunde, wenn sie spielen wollen? Wie stellen sie sicher, dass es sich um ein Spiel handelt und dass alle Hunde um sie herum das auch verstehen? … Eine Handlung zur Spielaufforderung, die ich über Jahre studiert habe, nennt sich „die Spielverbeugung“ … Diese Verbeugung kommt oftmals unmittelbar vor oder unmittelbar nach einer Handlung zum Einsatz, die missinterpretiert werden und ein laufendes Sozialspiel unterbrechen könnte … 2. Tiere zeigen während des Spiels Fairness und reagieren negativ auf unfaires Verhalten. In diesem Kontext hat „Fairness“ mit den spezifischen sozialen Erwartungen eines Individuums zu tun und nicht mit einem universell definierten Standard von Richtig oder Falsch … Es könnte sich herausstellen, dass Spiel eine einzigartige Verhaltenskategorie darstellt … Es kann kein Spiel stattfinden, wenn die Beteiligten entscheiden, nicht … teilzunehmen. Die zur Fortsetzung eines Spiels nötige … Fairness unterscheidet es von anderen Formen des kooperativen Verhaltens … Tiere lieben es zu spielen, denn Spiel ist Spaß und Spaß ist eine sich selbst belohnende Handlung ... 3. Die Verbeugung ist nicht das einzige Merkmal, das während des Sozialspiels eingesetzt wird. Zwei weitere Merkmale sind der Rollentausch und die Selbstbehinderung … Ein dominanter Wolf wird sich während eines Kampfes niemals auf den Rücken rollen, aber während eines Spiels wird er dies schon tun. In manchen Fällen kommen Rollentausch und Selbstbehinderung gleichzeitig vor – ein dominanter Wolf rollt sich beim Spiel mit einem rangniederen Wolf auf den Rücken und hemmt gleichzeitig die Kraft seines Bisses …

Aufgaben-Angebot Aph 7.5 Analysieren Sie den Text von Bekoff! – mehrere Spielregeln? Vergleichen Sie „Spiel“ und „Ernstfall“! – Unterschiede? Denken Sie über die Deutung nach! – anthropomorph? adäquat?

4. Sozialspiel ist auf Vertrauen, Kooperation, Freundlichkeit, Fairness, Vergebung und Demut angewiesen und lehrt diese auch … Es ist plausibel zu argumentieren, dass heranwachsende Individuen während des Sozialspiels in einer Situation, die sicher, erfreulich und unbedrohlich ist, die Grundregeln lernen, welche Verhaltensmuster … akzeptabel sind … (Bekoff 2008) 62

6 Kontroverse: Naturalismus & Anti-Naturalismus Lebewesen mit einem amoralischen Verhalten: Reptilien: Krokodil Lebewesen mit einem moral-analogen Verhalten: naturwüchsig, eingebautes „Mitgefühl“ Raben, Hund Lebewesen mit einem basal-moral-fähigen Verhalten: naturwüchsig, eingebautes „Rechtssystem“, „Polizei“ Mechanismus: Verschiebung der Kosten-Nutzen-Relation Primaten Lebewesen mit einem elaboriert-moral-fähigen Verhalten: sprachlich formuliertes Rechtssystem (StGB) Mechanismus: Verschiebung der Kosten-Nutzen-Relation Menschen Lebewesen mit Ethik-Idealen / Moral-Utopien / Spiel: Nächstenliebe, Feindesliebe, universell gültige Menschenrechte

Aufgaben-Angebot Aph 7.6 Denken Sie über das naturalistische Modell nach! Überlegen Sie, ob Tiere im Spiel möglicherweise Verständnis einer Sein-Sollen-Differenz zeigen! Reflektieren Sie die Rolle des Sozialspiels bei Tieren & Menschen! 63

7 Tier-Bewusstsein: moralische Gedanken? Ob wohl ein außerirdischer Betrachter in der Lage wäre, zu erkennen, daß Menschen über moralische Probleme nachgrübeln? Und falls ja, was hinderte ihn daran, bei Menschenaffen zu demselben Schluß zu gelangen? (de Waal 1997)

Nehmen Sie an, dass sich Mr. Spy 1 Gedanken darüber macht, ob sich Menschen & Tiere Gedanken über moralische Probleme machen!

Aufgaben-Angebot Aph 7.7 Formulieren Sie die Gedanken, die sich Mr. Spy 1 macht!

… sowohl Menschen als auch Tiere zeigen mitunter ein moralisches Verhalten … … sie ergreifen gezielte Maßnahmen, um moralisches Verhalten zu befördern …* … beim Spielen könnte sich moralisches Verhalten besonders deutlich zeigen …

* „schlichten“ & „bestrafen“, vielleicht „helfen“ & „trösten“? (muss ich morgen noch genauer prüfen!) verweisen auf Erwartungen, Gedanken & ein gewisses Verständnis einer moralischen Sein-Sollen Differenz …

8 … der vergessene Aspekt zum Thema Moralitätsformen bei Tieren

Aufgaben-Joker Aph 7.8 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

64

Mittwoch, den 17. Aug.

Aph 8 Bewusstsein von Leid & Tod? … – trösten, trauern & beerdigen in der Tierwelt – 1 Kenntnisnahme des empirischen Befundes I: emotionale Bindungen bei Tieren Bandbreite tierlichen Verhaltens

Ausnützen von Schwächen

Gleichgültigkeit Ignorieren

Rücksichtnahme Fürsorge

♣ helfende Delfine bei Lebensgefahr Von Delphinen heißt es, sie hätten Gefährten gerettet, indem sie die Schnüre von Harpunen durchbissen oder sie aus den Netzen zerrten, in denen sie sich verfangen hatten. Wale drängen sich gelegentlich zwischen das Boot eines Jägers und einen verletzten Artgenossen oder bringen das Boot zum Kentern. Ihre Neigung, Opfer eines Angriffs zu verteidigen, ist sogar derart vorhersagbar, daß Walfänger diese Tatsache ausnutzen. (de Waal 1997)

♣ tröstende Hunde bei Leid Als Zahn-Waxler Familien besuchte, um herauszufinden, wie Kinder auf Familienangehörige reagieren, die man angewiesen hatte, Trauer (Schluchzen), Schmerzen (Weinen) oder Leid (Stöhnen) vorzutäuschen, fand sie heraus, dass Kinder … andere trösten … Ein ungeplantes Nebenergebnis dieser Untersuchung war jedoch, dass die Haustiere der Familien genauso wegen der „Leiden“ der Angehörigen besorgt schienen wie die Kinder. Sie suchten deren Nähe oder legten ihnen den Kopf in den Schoß. (de Waal 2008)

65

Spiegelneuronen bei Affen & Menschen… … daß das Verstehen der emotionalen Zustände anderer von einem Spiegelmechanismus abhängt, der die sensorische Erfahrung direkt emotional zu kodieren vermag. (Rizzolatti / Sinigaglia 2008)

Aufgaben-Angebot Aph 8.1

F?: Haben Tiere kein Mitgefühl?

Deuten Sie die Stimmung der Bonobos! –Zuneigung? emotionale Bindung? Mitgefühl? Überlegen Sie, ob der Analogieschluss Mensch-Affe bezüglich der neuronalen Ebene angemessen ist oder nicht!

2 Kenntnisnahme des empirischen Befundes II: ungewöhnliches Verhalten beim Tod eines Artgenossen ♣ Elstern Elstern sind Rabenvögel und sehr intelligent. Eine Elster war offensichtlich von einem Auto erfasst worden und lag tot am Straßenrand. Vier weitere Elstern standen um sie herum. Eine näherte sich dem Leichnam, pickte sanft mit dem Schnabel an ihm … und trat zurück. Eine weitere Elster tat es ihr nach. Als nächstes flog eine der Elstern auf, kam mit einigen Gräsern im Schnabel zurück und legte diese neben den Leichnam. Eine andere Elster tat dasselbe. Dann standen alle vier Elstern für einige Sekunden still, bevor eine nach der anderen davonflog. (Bekoff 2008)

66

♣ Eichhörnchen

♣ Paviane

Aufgaben-Angebot Aph 8.2

(1. Teil)

Analysieren Sie den Text über die Elstern! Suchen Sie nach Deutungen für das Verhalten der Elstern! – Berührung? „Beerdigungsritual“? unnatürlicher Tod? Schauen Sie sich aufmerksam den clip „Eichhörnchen“ an! Suchen Sie nach Deutungen für das Verhalten des Eichhörnchens! – Verteidigung des toten Artgenossen? Analysieren Sie den Text über die Paviane! Suchen Sie nach Deutungen für das Verhalten der Paviane! – Wut über den unnatürlichen Tod? Rache?

In Saudi-Arabien überfuhr … ein Autofahrer einen Pavian und tötete ihn dadurch. Danach lag die Pavian-Truppe drei Tage lang am Straßenrand auf der Lauer, bis derselbe Fahrer wieder auftauchte. Als der Fahrer an der Truppe vorbeifuhr, stieß einer von ihnen einen Schrei aus, woraufhin alle Paviane Steine warfen und die Windschutzscheibe des Autos zerstörten. (Bekoff 2008)

♣ trauernde Schimpansen

67

Aufgaben-Angebot Aph 8.2

(2. Teil)

Analysieren Sie das Bild, das kurze Zeit nach dem Tod eines Artgenossen aufgenommen wurde! Deuten Sie die Stimmung der Schimpansen! – Chillen? Trauern? Nachdenken über den Tod? Trösten? Überlegen Sie, ob der Analogieschluss Mensch-Affe bezüglich der körpersprachlichen Verhaltens-Ebene angemessen ist oder nicht!

♣ „Beerdigungsritual“ bei Elefanten 1. In Elephant Memories beschreibt Cynthia Moss die Reaktion von Elefanten im Amboseli-Nationalpark, als die Kugel eines Wilderers sich in die Lunge des jungen Weibchens Tina bohrte … Teresia und Trista waren verzweifelt. Sie knieten nieder und versuchten, sie hochzuheben. Einmal gelang es ihnen, sie in eine sitzende Position aufzurichten, aber ihr Körper fiel wieder zusammen. Ihre Familie tat alles, um sie mit Rüsseln und Füßen hochzuheben … 2. Schließlich streuten die anderen Erde über den Kadaver und brachen in den … Büschen Zweige los, die sie auf Tinas Leiche breiteten. Bis Einbruch der Nacht hatten sie ihn nahezu vollständig bedeckt. Als die Herde am nächsten Morgen weiterzog, Aufgaben-Angebot Aph 8.3 ging Teresia als letzte. Sie sah den anderen Analysieren Sie die Bemühungen nach, wobei sie ihrer der Elefantinnen im 1. Teil der Tochter den Rücken Beschreibung! zukehrte, langte hinter Überlegen Sie, was besonders sich und berührte einige Male mit dem bemerkenswert ist! – Soforthilfe? Fuß den Kadaver, ehe Analysieren Sie die Bemühungen sie sich widerstrebend der Elefantinnen im 2. Teil der auf den Weg machte. Beschreibung! (de Waal 1997)

Überlegen Sie, was besonders bemerkenswert ist! – „Beerdigungsritual“? Berührung?

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3 Bestimmung des Deutungshorizonts um Trauer auszudrücken, ist erforderlich …

Für die Deutung des empirischen Befundes sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind immer theoriegeladen! Theorien bleiben stets unterbestimmt durch den empirischen Befund!

Wahrnehmung? Gedächtnis? Unterscheidung von Individuen? Erwartungen? Wünsche, Willen? Enttäuschungen? Absichten? Ziele? Einsichten? Mitgefühl? Emotionale Bindung? Fähigkeiten zur Trauer? – Sprache, Bilder? Fähigkeiten zum Trösten? Wissen über empirische Sachverhalte? Wissen über eine Sein-Sollen-Differenz? …

Analysieren Sie … Raben- Schimvögel pansen kognitive Vermögen empirisches & soziales Wissen

Klären Sie die Begriffe „Gefühl“, „Tod“ & „Trost“!

Elefanten F?: Haben Tiere kein TodesBewusstsein?

Aufgaben-Angebot Aph 8.4 Überlegen Sie, inwieweit Tiere vermutlich den Verlust eines Artgenossen wirklich begreifen können! Analysieren Sie strittige Punkte nach der Methode der Denkoptionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich! 69

4 evolutionsbiologische Theorie: Bedrohung, Trauer & Trost Trauer selbst ist so etwas wie ein Mysterium, denn im evolutionären Sinn scheint es keinen anwendbaren Nutzen für sie zu geben. Sie scheint die Reproduktionsfähigkeit eines Individuums nicht zu steigern … Wie auch immer der Nutzen aussieht, Trauer ist der Preis der Bindung … (Bekoff 2008)

Lebewesen mit der Fähigkeit zur Wahrnehmung für lebensbedrohliche Gefahren Überlebensstrategien Lebewesen mit einem Wissen um tote Artgenossen führt zu bestimmten emotionalen Äußerungen: Trauer, Rache Vögel, Säugetiere Lebewesen mit basalen rituellen Verhaltensweisen beim Tod von Artgenossen „Beerdigungsrituale“ Elefanten, Raben Lebewesen mit ausgeprägten rituellen Verhaltensweisen führt zu sprachlich formulierter Trauer & Trost Menschen

Aufgaben-Angebot Aph 8.5 Denken Sie über das naturalistische Modell nach! Überlegen Sie, ob Tiere in der Trauer möglicherweise Verständnis der Sein-SollenDifferenz zeigen! – biologische Grundlage der Religion?

Lebewesen mit institutionalisierten Einrichtungen Trauer, Trost & Beerdigung Religion

70

5 … der vergessene Aspekt zum Thema … Gefühlsformen bei Tieren

Aufgaben-Joker Aph 8.6 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

6 Tier-Bewusstsein: tierliche Emotionen & Gefühle?

Marc Hauser Ich vermute, dass Tieren … Moralempfinden und ein Sinn für Moral abgehen. Ihnen fehlt die Möglichkeit, Mitgefühl, Mitleid, Scham, Schuld und Loyalität zu entwickeln. Und die Ursache für dieses emotionale Manko in ihrem Leben besteht meiner Ansicht nach darin, dass ihnen ein fundamentales mentales Werkzeug fehlt: ein Bewusstsein für das eigene Ich. Es gibt zwar den einen oder anderen Hinweis darauf, dass Tiere über ein gewisse Selbstwahrnehmung verfügen, ihren Körper als den eigenen erkennen und von dem anderer unterscheiden können, doch es gibt keine Indizien dafür, dass sie sich wirklich ihrer eigene Überzeugungen und Wünsche bewusst sind und dessen, wie sich diese von denen ihrer Zeitgenossen unterscheiden; künftige Arbeiten könnten freilich zeigen, dass meine Ahnung völlig daneben liegt. Ohne eine gewisse Selbsterkenntnis wären die mitgefühlähnlichen Reaktionen … unmöglich. Mitgefühl setzt nicht nur einen Sinn für das eigene Ich voraus, sondern dieser muss obendrein die Möglichkeit einschließen zu fühlen, wie es wäre, jemand anderer zu sein. Mitgefühl verlangt eine emotionale Fusion zwischen dem Ich und dem anderen. Falls meine Behauptungen über die Selbsterkenntnis und ein Bewusstsein für das eigene Ich bei Tieren zutreffen, müsste Tieren auch ein tieferes Verständnis vom Tode abgehen. Um den Tod voll – das heißt als System von Vorstellungen und Überzeugungen – erfassen zu 71

können, ist es nicht damit getan, auf tote Dinge in besonderer Weise zu reagieren, sondern das betreffende Individuum muss über einen Sinn für das eigene Ich verfügen. Ohne ein tieferes Verständnis vom Tod aber können Tiere keinerlei moralische Empörung empfinden … (Hauser 2001)

Philo 2 … ich finde die Position von Hauser überzeugend … Fridolinus … ich finde die Position von Bekoff überzeugend …

Aufgaben-Angebot Aph 8.7 Helfen Sie dem Raben Fridolinus bei seiner Verteidigungsrede gegen Philo 2!

Marc Bekoff Emotionen & Gefühle bei Tieren Existenz? Zweck? Entwicklung?

Einige bezweifeln noch immer, dass tierische Emotionen überhaupt existieren, und viele, die glauben, dass sie existieren, neigen zu der Ansicht, tierische Emotionen müssten unbedeutender sein als menschliche … Die wissenschaftliche Forschung in evolutionärer Biologie, kognitiver Ethologie und in den sozialen Neurowissenschaften unterstützt die Ansicht, dass zahlreiche unterschiedliche Arten ein reiches und tief empfundenes Gefühlsleben haben. Emotionen haben sich bei zahlreichen Spezies als Adaptionen entwickelt. Sie dienen als sozialer Kitt, der Tiere miteinander verbindet … Charles Darwin anerkannte Theorie zur evolutionären Kontinuität … weist nachdrücklich auf die Präsenz von Gefühlen, Empathie und moralischen Verhaltens bei Tieren hin. (Bekoff 2008)

72

Donnerstag, den 18. Aug.

Aph 9 Religiöse Tiere? … – das religiöse Wissen in der Tierwelt – 1 Mensch als homo religiosus … notwendige & hinreichende Bedingungen … ♣ Ich-Bewusstsein ♣ Selbst-Bewusstsein ♣ Reflexions-Bewusstsein ♣ Transzendenz-Bewusstsein

ein Theologe schreibt …

Aufgaben-Angebot Aph 9.1 Überlegen Sie, ob und wie wir etwas wissen können über diese Bewusstseinsformen bei Tieren!

Das Kulturschaffen und in seiner zentralen Mitte die Religiosität ist das Spielbein, mit dem der bipede Mensch aus dem Tierreich heraustritt, ohne das Standbein seiner naturalen Bedingtheit aus eben diesem herauszusetzen. Neben diversen anderen Kriterien ist es gerade die Religiosität, die den Menschen als Menschen im Unterschied zu den tierischen Verwandten kenntlich macht. Die Identitätskarte des naturhaften Wesens Homo trägt in der Rubrik unveränderliches Kennzeichen den kulturhaften Eintrag religiosus … Der Mensch ist von da an Mensch, wo zum Ichbewusstsein (Selbstbezug) eine Art Transzendenzbewusstsein (z.B. in der Konkretion eines Gottes- oder Götterbezugs oder in dessen Leugnung) hinzutritt. (Lüke 2006)

drei Philosophen schreiben … 1. Die Religion ist das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit. (Schleiermacher) 2. Soll das Gefühl die Grundbestimmung des Wesens des Menschen ausmachen, so ist er dem Tiere gleichgesetzt, denn das Eigene des Tieres ist es, das, was seine Bestimmung ist, in dem Gefühl zu haben und dem Gefühl gemäß zu leben. Gründet sich die Religion im 73

Menschen nur auf ein Gefühl, so hat solches richtig keine weitere Bestimmung, als das Gefühl seiner Abhängigkeit zu sein, und so wäre der Hund der beste Christ, denn er trägt dies am stärksten in sich, und lebt vornehmlich in diesem Gefühl. Auch Erlösungsgefühle hat der Hund, wenn seinem Hunger durch einen Knochen Befriedigung wird. Der Geist hat aber viel mehr in der Religion seine Befreiung und das Gefühl seiner göttlichen Freiheit; nur der freie Geist hat Religion ... Die Religion befreit den Menschen von der Last seiner selbst; sie befreit ihn aber auch von dem Wahn, in Gott ein ihm fremdes Wesen sich gegenüber zu haben. Sich durch Gott bestimmen zu lassen, ist eben so viel, als sich durch sein eigenes, nicht zufälliges, sondern notwendiges Wesen zu bestimmen. (Hegel) 3. Man kann sich ein Tier zornig, furchtsam, traurig, freudig, erschrocken vorstellen? Aber hoffend? Und warum nicht? Der Hund glaubt, sein Herr sei an der Tür. (Wittgenstein)

Aufgaben-Angebot Aph 9.2 1. Teil Analysieren Sie die Aussage des Theologen! – Metapher des bipeden Menschen? Ich-Bewusstsein? Transzendenz-Bewusstsein? Analysieren Sie die Aussagen der drei Philosophen! – Bestimmung der Religion? Abhängigkeit? Erlösung? Hoffnung? Glauben? Aufgaben-Angebot Aph 9.2

Der erste namentlich bekannte Hund der europäischen Kulturgeschichte dürfte Argos sein, der Hund des Odysseus … Homers Odyssee erzählt, wie Odysseus nach zwanzig Jahren Krieg und Irrfahrt in seine Heimat Ithaka zurückkehrt. Anonym und als Bettler verkleidet nähern sich Odysseus und ein Begleiter dem Palast … Der Hund erkennt als Erster den Heimkehrer wieder. Er wedelt mit dem Schwanz, ist aber zu schwach, sich Odysseus zu nähern. Das Tier stirbt nach dem Wiedersehen … (Wild 2008)

2. Teil

Überlegen Sie, ob die Fähigkeit zur Religion überhaupt als Abgrenzungskriterium taugt! – Bewusstseinsformen: Ich-B.? Selbst-B.? Klären Sie den Begriff „SelbstReflexions-B.? Transzendenz-B.? Bewusstsein“! Vergleichen Sie die erhoffte Wiederkehr des Herrn! – Odysseus? Christus?

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2 Kenntnisnahme des empirischen Befundes I: Ich-Bewusstsein bei Tieren? Nachweis des Ich-Bewusstseins? ♣ Farbklecks-Spiegel-Test? visuelle Selbst-Identifikation? Eigenschaften & Funktionen des Spiegels? art-spezifisches Verhalten bei Farbklecksen? art-spezifisches Verhalten bei Blickkontakt? ♣ Urin-Schnüffel-Test? olfaktorische Selbst-Identifikation?

Hunde bestehen den Spiegel-Test nicht!

In der Tat leben viele Tiere in einer völlig anderen sensorischen Welt als der Mensch … Vor einigen Jahren führte ich eine Studie durch, um herauszufinden, was mein Hund Jethro über sich selbst weiß. Besonders interessierte mich: Konnte er seinen Urin von dem anderer Hunde unterscheiden? Ich beschloss, den „gelben Schnee“ von Jethro und anderen Hunden fünf Winter hintereinander von einem Ort an einen anderen zu bringen. Ich schaufelte ihn mit meinen behandschuhten Händen auf und legte ihn woanders ab … Ich maß Jethros Interesse an der Zeit, die er am „gelben Schnee“ schnupperte und ob er schnupperte und dann darüber pinkelte oder „markierte“ oder nicht. Er schnüffelte und markierte bei dem Urin von anderen Hunden mehr und noch mehr bei dem Philo 1 von anderen Rüden als dem von Der Hund verfügt Hündinnen, auch wenn die Proben über ein Ichbewegt worden waren. Jethro wusste Bewusstsein eindeutig, welches sein und welches der Urin von anderen war. (Bekoff 2008)

Philo 2 Der Hund hat kein IchBewusstsein

Aufgaben-Angebot Aph 9.3 Suchen Sie nach pro & contra – Argumenten für die IchBewusstseins-These bei Hunden! – Selbst-Identifikation? IchBewusstsein? Selbst-Bewusstsein? 75

3 Kenntnisnahme des empirischen Befundes II: Transzendenz-Bewusstsein bei Tieren? Nachweis des Transzendenz-Bewusstseins?

Das Gefühl religiöser Ergebung ist ein in hohem Grade kompliziertes, indem es aus Liebe, vollständiger Unterordnung unter ein erhabenes und mysteriöses höheres Etwas, einem starken Gefühl der Abhängigkeit, der Furcht, Verehrung, Dankbarkeit, Hoffnung in Bezug auf die Zukunft und vielleicht noch anderen Elementen besteht. Kein Wesen hätte eine so komplizierte Gemütserregung an sich erfahren können, bis nicht seine intellektuellen und moralischen Fähigkeiten zum mindesten auf einen mäßig hohen Standpunkt entwickelt wären. Nichtsdestoweniger sehen wir eine Art Annäherung an diesen Geisteszustand in der innigen Liebe eines Hundes zu seinem Herrn, welche mit völliger Unterordnung, etwas Furcht und vielleicht noch anderen Gefühlen vergesellschaftet ist. Das Benehmen eines Hundes, wenn er nach einer Abwesenheit zu seinem Herrn zurückkehrt … ist sehr weit von dem verschieden, was diese Tiere gegen Ihresgleichen äußern. (Darwin)

Analysieren Sie … erkenntnistheoretisch

ontologisch existenzphilosophisch

1. Bewusstseinsunabhängigkeit 2. Differenz: Innenwelt – Außenwelt Scholastik Jaspers

Aufgaben-Angebot Aph 9.4

Aufgaben-Angebot Aph 9.4 1. Teil Bestimmen Sie den Begriff „Transzendenz“ gemäß Metzler-Lexikon! Überlegen Sie, ob der Mensch tatsächlich ein Transzendenz-Bewusstsein hat! – Kritik?

2. Teil

Analysieren Sie den Text von Darwin! Beschreiben Sie, wie Darwin das Gefühl religiöser Erhebung versteht! – Mensch? Hund? Vergleichen Sie die Beschreibung Darwins mit dem philosophischen Begriff „Transzendenz“! 76

4 Bestimmung des Deutungshorizonts charakterisieren Sie die religiöse Einstellung

Für die Deutung sind Begriffe erforderlich! Begriffe sind stets theoriegeladen!

… erforderliche Elemente

Anerkennung einer höheren Macht? Gefühl der absoluten Abhängigkeit? rituelle Unterwerfung? Hoffnung auf Wiederkehr? Erwartungen? – Versorgung? Zuwendung? Verständnis für Belohnungen & Bestrafungen? Fähigkeit zu Vorstellungen? – Sprache, Bilder? …

Ist jenseits des Deutungshorizontes bereits das Jenseits?

Analysieren Sie … Mensch

Hund

VerhaltensEbene kognitive Ebene

F?: Ist der Hund religiös?

Aufgaben-Angebot Aph 9.5 Überlegen Sie, welche Zuschreibungen Sie sinngemäß auf das Verhältnis von Hund & Mensch übertragen können! Analysieren Sie jeden Punkt nach der Methode der Denkoptionen! Ergänzen Sie die Liste, falls erforderlich!

77

5 „Bibel“ für Tiere Was darf das Tier hoffen? Diese klassische religionsphilosophische Frage lässt Ausführungen zur Einbeziehung der Tiere in ein jenseitiges Heil erwarten. In der Tat wurde auch die Transzendenzfähigkeit des Tieres in der Geschichte der Metaphysik und der christlichen Theologie ernsthaft behandelt, wenngleich die Antworten … meist negativ ausfielen. Dass der aufrecht gehende Mensch das einzige philosophische und gottgläubige Tier sei, hatte schon Diogenes von Apollonia entschieden, da dem Tier der himmelwärts gerichtete Blick fehlte. Der in der griechischen Philosophie aus der irdisch gebeugten Tiergestalt gezogene und von der christlichen Theologie übernommene Schluss lautete daher: Wenn dem Tier schon morphologisch jeglicher Sinn fürs Göttliche fehlt, dann muss sich Gott auch nicht um das individuelle Tier kümmern. So bleibt dem Tier nur die Hoffnung auf ein Diesseits von Eden – aber welche? Nach der neuzeitlichen Wende … kann sich eine Hoffnung der Tiere, sofern Geistanalyse und Sprachphilosophie es zulassen, nur auf den Menschen richten. (Ingensiep / Barantzke 2008)

Übertragen Sie …

Existenzfrage Essenzfrage

Mensch

Tier

? allmächtig? allwissend? allgütig?

! allmächtig? allwissend? allgütig?

Theodizeefrage Wiederkehr des „Herrn“ Heilsplan Jenseits?

F?: Welches „Gottesbild“ könnte sich ein Tier machen?

Diesseits?

Aufgaben-Angebot Aph 9.6 Analysieren Sie den Text von Ingensiep / Barantzke! – Was würde Fridolinus dazu sagen? Übertragen Sie die Gott – Mensch – Beziehung analog auf die Mensch – Tier – Beziehung! – Mensch aus der Perspektive eines Hundes? Entwerfen Sie eine kurze Bibel für Hunde und beantworten Sie die Hundefrage: „Was darf ich hoffen?“! 78

6 Tier-Bewusstsein: Vorstellungen von paradiesischen Zuständen bei Tieren? F?: Komme ich ins Paradies?

Aufgaben-Angebot Aph 9.7 Entwerfen Sie eine kurze Paradiesbeschreibung für eine Affen-Community! – biologische, psychische & soziale Verhältnisse? Gehen Sie in den nächsten Zoo und legen Sie den Entwurf einem Affen zur Überlegen Sie, mit welchen Begutachtung vor! – Argumenten Affen jegliche Änderungswünsche? Vorstellung von einem Paradies abgesprochen werden kann!

7 … der vergessene Aspekt zum Thema … Formen der Religiosität bei Tieren

Aufgaben-Joker Aph 9.8 Falls Sie einen wichtigen Aspekt zum Thema vermissen und den Sie gerne bearbeiten möchten, dann formulieren und erörtern Sie ihn bitte hier! (bitte unbedingt erst Rücksprache mit RH nehmen)

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8 Abgrenzung: Tier-Mensch Kognitive Ethologie … der ultimative Unterschied zwischen Mensch & Tier ist die Fähigkeit zur Religion?

Mr. Spy 1 … auch Hunde sind religiös …

Mr. Spy 2 … nur der Mensch ist zur Religiosität fähig …

Aufgaben-Angebot Aph 9.9

Mr. Spy 1

Verfassen Sie ein fiktives Streitgespräch zwischen Mr. Spy 1 und Mr. Spy 2!

… wenn unter Religiosität die ultimative Bindung an ein geliebtes Wesen zu verstehen ist, dann ist der Hund ein zutiefst religiöses Wesen … … wenn wir das hingebungsvolle Verhalten des Hundes beschreiben wollen, dann benötigen wir den Begriff „religiös“ … Mr. Spy 2 … nur der Mensch verfügt über eine Sprache, daher kann nur er über sein Leben & seinen Tod nachdenken und folglich an ein transzendentes Wesen glauben … Mr. Spy 1 … wenn unter Religiosität die Erkenntnis eines transzendentes Wesens zu verstehen ist, dann sind weder Menschen noch Tiere religiös … Mr. Spy 2 … nur der Mensch kann sich in der „Verantwortung vor Gott“ sehen und sich durch seinen „freien Willen“ an die Gebote Gottes binden …

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Freitag, den 19. Aug.

Aph 10 Anthropologie, Speziesismus & Anthropomorphismus? … – der neue Blick auf uns selbst – 1 Kernfrage I: Woher wissen wir, dass Menschen keine Zombies sind? Analogieargument ♣ ich selbst bin kein Zombie, weil ich einen unmittelbaren Zugang zu meinem Erleben habe ♣ andere Menschen sind keine Zombies, wegen Analogieargument: Analogieschluss von sich auf andere

Aufgaben-Angebot Aph 10.1 PargetterProblem F?: Ist der Analogieschluss überhaupt zulässig?

Fridolinus

Bestimmen Sie den Begriff „Analogie, Analogieschluß“ gemäß Metzler-Lexikon! Aufgaben-Angebot Aph 10.2 Überlegen Sie, welche Argumente gegen Fridolinus hilfreich sein könnten! – gemeinsame Sprache? gemeinsame Abstammung? neuronale Ähnlichkeiten?

… das Analogieargument ist problematisch, weil sie von einem einzigen Fall (sich selbst) auf den allgemeinen Fall (alle Menschen) schließen … … die sprachliche Zuschreibung mentaler Zustände macht bereits von der Analogie Gebrauch, setzt sie also voraus …

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2 Kernfrage II: Woher wissen wir, dass Tiere (welche?) keine Zombies sind? Analogieargument ♣ einige Tiere sind keine Zombies, wegen Analogieargument: Analogieschluss von Menschen auf Tiere

Aufgaben-Angebot Aph 10.3

F?: Ist die Erweiterung des Analogieschlusses zulässig?

Bestimmen Sie den Begriff „Speziesismus“ gemäß MetzlerLexikon! Nutzen Sie Ihr AufmerksamkeitsBewusstsein und betrachten Sie den gesamten clip „Rabe 1“! – Vielfalt der kognitiven Fähigkeiten der Raben? Aufgaben-Angebot Aph 10.4

Fridolinus … Menschen können nur ganz schlecht denken …

Fridolinus

Denken Sie darüber nach, ob und wie Sie die Erweiterung des Analogieschlusses auf die Tierwelt verteidigen könnten! – Analogie des Verhaltens? gemeinsame Abstammung? neuronale Ähnlichkeiten? Überlegen Sie, ob Sie gegen die Erweiterung des Analogieschlusses auf die Tierwelt argumentieren könnten, ohne den Analogieschluss auf andere Menschen zu gefährden!

… Menschen messen stets mit verschiedenen Maßstäben! Sie haben einen Maßstab für Menschen, einen anderen für die Tierwelt und dann noch einen ganz anderen für Gott! Wir Tiere kommen immer besonders schlecht weg! …

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