Sven-Markus Knauf, Sie werden noch an mich denken

Sven-Markus Knauf, Sie werden noch an mich denken Sven-Markus Knauf · Sie werden noch an mich denken! Mann und Vater – fröhliche Lebensbeichte © KLA...
Author: Cathrin Lenz
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Sven-Markus Knauf, Sie werden noch an mich denken

Sven-Markus Knauf · Sie werden noch an mich denken! Mann und Vater – fröhliche Lebensbeichte © KLATSCHMOHN Verlag Bentwisch/Rostock Illustration: Susanne Knauf Lektorat: Annika Schulze Herstellung: KLATSCHMOHN Verlag, Druck + Werbung GmbH & Co. KG ISBN 978-3-933574-99-2 1. Auflage 2008 Printed in Germany

Sven-Markus Knauf

Sie werden noch an mich denken! Mann und Vater – fröhliche Lebensbeichte

KLATSCHMOHN Verlag

Für alle, die meine Texte gern lesen

Inhalt 8

Vorwort

11 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45

Wie Mann’s nimmt Hier sind sie auch nicht! Das Parfum Geschundene Leiber Gefühllose Sensibelchen Mein Teddy Bleu- und Fliederbären Strahlemann Rosa-Handy-Abende Lenin und der Biiep Weibliche Intuition Auftragskiller Mädchen putzen, Jungs waschen sich

49 50 53 56 59 62 65 68

Familie muss kein Schicksal sein Erstes Haustier Der Pfecker Neulich beim Elternabend Du bist die Blume Fliederdiebe, liederliche Verliebt Unser Mittelfritz

71 74 77 80

My home is my Sandburg Papa, die machen mich krank Spulen zum Pulen Wer läuft, läuft auch davon

83 84 87 90 93 96 99 102 105 108 111 114 117

Muss Mann durch Brot und Buddha Der Geist der Treppe Wer den Schaden hat, ... Oh nee, ne?! Immer. Wenn’s. Zählt?! Machen wir’s kurz! Nichts ist so beständig wie ein Provisorium Kaffeekochende Zimmersafes Klappgriffrollenkofferklappgriff Weiter spielen Lächeln! Man sieht sich immer zweimal

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Unter anderen Sportwagen und große Klappe Qualen nach Zahlen Ankunft am Urlaubsort Negativ, positiv, relativ Jung in Stockholm Frieden in der Olfregion

140 143 146 149 152

Bremskeile Wenn Autos laufen Surimi Der Schwibbogen Kraulen verboten!

155 156 159 162 165 169 172 175 178 181 184

Unser MV Unser MV: Meer und Verstand Das Meer: Große Wellen aus kleinen Wellen Darßer Spargel Grünz-Air Dosenbirnenhälftenglück Neptun, vorher Code eingeben! Holzfällersteaks Kommando Bernstein Liebeserklärung

Vorwort Na bitte! An einem nicht mehr ganz frühen Abend im Februar 2005 rief mich Dr. Ulrich Vetter an, der seinerzeitige Redaktionsleiter der Norddeutschen Neuesten Nachrichten, des Rostocker Ablegers der Schweriner Volkszeitung. Er stellte sich mit warmer Stimme vor und machte sich zu meinem Entdecker, indem er nur den einen Satz sagte: »Ich will Ihre Kolumnen!« Das kam mir entgegen, denn mit dem Wunsch, gedruckt zu werden, hatte ich ihm Texte zum Lesen gegeben – unbekannterweise und als Blindbewerbung! Dieser Anruf gab dem literarisch völlig unbeschriebenen Blatt, das ich war, gewaltigen Schub, war der Beginn einer zartgliedrigen Kolumnenkette und – nicht zuletzt – Keim auch dieses Buches! Wozu diese Fron (= dem Lehnsherrn zu leistende Arbeit; d. Red.)? Natürlich hat sie mit den Taschengelderhöhungen zu tun, die ich den lieben Menschen gelegentlich gewähren möchte, die meinen Haushalt tei-

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len. Außerdem: Andere machen abends Musik, nachdem ich aber an der Trompete gescheitert bin, setze ich mich nun eben hin und schreibe noch ein bisschen. Ist schließlich auch eine Art, Überdruck in die Welt zu posaunen. Man liest so viel Schlechtes, da kann man auch mal was Gutes schreiben. Und wenn ich anschließend mit anderen zusammen darüber lachen kann, ist mein größtes Ziel erreicht. Mein Leben ist deshalb jetzt kein anderes. Wird der Fotograf auf seiner ständigen Suche nach dem Motiv und der Schriftsteller auf der Suche nach der Geschichte manchenteils zum beinahe außenstehenden Beobachter seines eigenen Daseins und vom eigenen Umfeld gefürchtet, weil die Leute Sorge haben, sich irgendwo unliebsam portraitiert zu finden, so erlebe und erfahre ich bis heute zuerst und merke erst danach, dass das ja jetzt, siehma’ an, womöglich gerade Kolumnenstoff war. Mein Glück ist, dass ich themenoffen schreiben darf, würde ich auf den ewigen Kampf der Geschlechter oder sonst ein noch so facettenreiches Einzelthema festgelegt: Die Kette würde reißen. So aber besteht vorläufig keine Gefahr … Rostock, Weihnachten 2007, Sven-Markus Knauf

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Wie Mann’s nimmt

Hier sind sie auch nicht! Männer fühlen manchmal um die Ecke! So war ich dieser Tage ganz zufrieden, als es mich enttäuschte, dass ich meine Schuhspanner im Kühlschrank nicht fand. Das muss ich erklären, nicht? Also. Mein Stichwort ist »Multitasking«. Das ist neudeutsch, heißt, dass ein Gerät mehrere Funktionen auf einmal ausführen kann (bezogen auf den Menschen also in etwa, dass er mehrerlei gleichzeitig tun kann). Und seit irgendeiner sicher amerikanischen Untersuchung von vor vielleicht zwei Jahren wird Mann bei jeder unpassenden Gelegenheit von Frau darauf aufmerksam gemacht, dass Frauen das ja besser könnten. Nun weiß ich schon nicht, was daran toll sein soll, denn natürlich macht, wer mehreres macht, nichts davon richtig, ob Mann oder Frau. Noch bedrohlicher wird's aber, wenn die Standarderklärung kommt: Das liegt an den Kindern. Wegen der Kinder müsse frau oft mehrere Dinge gleichzeitig tun:

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zuhören, Milch aufwärmen, Schuhe zubinden und das Telefon abnehmen. Pfui! Wenn ich mich meinem Kind widme, widme ich mich ihm voll; Milch und Telefon müssen da eben hintanstehen. Nun fügte es sich, dass ich festtags meine Festschuhe abgelegt hatte, weil sie sich wieder als zu feste Schuhe erwiesen hatten, und nach den Schuhspannern suchte. In der ganzen Wohnung. In der Nähe der Küche nahm mich die Beste von allen wahr und bat mich, wo ich einmal da war, den Sekt mitzubringen. Widerstrebend, weil körperlich von Schuhspannung erfüllt, bog ich ab, öffnete wenige Schritte weiter den Kühlschrank, betrachtete interessiert sein Innenleben, schüttelte vermutlich kaum merklich den Kopf – und schloss ihn matt wieder. Denn da waren sie auch nicht. Die Schuhspanner. Die Schuhspanner?? Da war es wieder! Ja, ich musste vielleicht auch etwas lachen, vor allem aber durfte ich mir mit der Genugtuung eines präzise arbeitenden Räderwerks eingestehen: Was ich mache, mache ich richtig! Ich war nicht zerstreut, ich hatte unbewusst konsequent meine Mission fortgesetzt, hier: Schuhspanner suchen. Der als Auftrag zum Sektholen getarnte Multitaskingbefehl hatte nur kurz gestört. Ich fand schade, dass die Spanner im Kühlschrank, wohin mich eine diffuse Macht abge-

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lenkt hatte, nicht zu finden waren. Ich funktionierte! Erst Schuhe, dann Sekt. Multitasking kann ich nicht und kann nichts Schlechtes dabei finden!

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Das Parfum »Wünsch‘ Dir was!« Die Beste von allen trug gleichsam ein virtuelles Feengewand, machte ein zwischen sagen- und märchenhaft changierendes Gesicht dazu und versetzte mich unter Hinweis auf das bevorstehende Osterfest in eine Traumwelt. Ein Wunsch frei! Nun bin ich der Meinung, wenn nichts dazwischen kommt, ist jeder selbst seines Glückes Schmied, und da ich mir ungern fahrlässige Versäumnisse vorwerfen lasse, bin ich für’s Protokoll gewöhnlich wunschlos glücklich, wie man so schön sagt. Aber das ist unromantisch und ziemt sich nicht gegenüber einer Fee. Umso weniger, wenn man anhand bestimmter Zwischentöne herauszuhören meint, dass die Fee, würde man umgekehrt ihr einen freien Wunsch anbieten, wünschen würde, man wünsche sich ein Parfum. Sie verstehen, was ich meine? Das alles war mehr ein Fake, um mich drauf zu bringen, dass mein Aro-

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ma sich etwas verflüchtigt habe. Sicher, die Natur war diesbezüglich ein dufter Kumpel, wenn ich es nur vermeide, ausgesprochen ungut zu riechen, bedarf ich eigentlich keiner leicht flüchtigen Hilfsmittel, will ich mich aus dem Haus trauen. Die Fee wollte aber jetzt nicht Natur, sie wollte Märchenwald. Oder Sommerregen. Oder Cool Water. Jedenfalls einen Tipp. Ich sollte nach Ostern wieder noch besser riechen und ihr einige Hinweise geben, wie sie mir dazu verhelfen könnte. Nur leider mag ich keine Parfumgeschäfte. Ich mag keine zu breit lächelnden Heidi Klums in den Fenstern, weil ich dann immer an ihre Stimme denken muss und an Germany’s next Top-Popel. Ich mag keine vor lauter Kleister und Rouge und Lidschatten und Wasnichtnochalles geradezu maskierten Verkäuferinnen. Schon gar nicht in Einheitslook Kosmetikerinnenkittelschürze. Ich mag diesen Duftbrei nicht, bei Geräuschen würde man von Kakophonie sprechen, ein wegen der klanglichen Ähnlichkeit zu einem bösen Wort sehr einprägsames Wort für einen unschönen Effekt. Bei zuvielen Gerüchen könnte man das gleiche Wort folglich, jetzt wirklich mit »ck« hinter dem »a«, fast wieder verwenden, aber darauf wollen wir hier verzichten. Jedenfalls fühle ich mich da schnell unwohl und kann mir

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so viele Gerüche auch gar nicht merken. Ich sprühe, wie beim Wein platt nach dem Etikett gehend, irgendwas nicht ganz so Teures auf meine Handgelenke, von denen ich leider nur zwei habe, und auf die ausgelegten Papierstreifen, auf denen das Zeug aber immer völlig anders riecht als auf mir selbst, und sehe zu, dass ich Land gewinne, ehe ich schnüfflertypische Symptome bekomme. Da hat auch die Fee nicht geholfen. Sie wird wieder selbst sehen müssen, was sie meint, was an mir gut riecht. Ich machte mir den Spaß, mir zu erlauben, das Lokal zu verlassen, sobald ich ein, zwei Wässerchen gefunden hätte, die mir jetzt gerade aus der Seele sprechen, schließlich soll das Duftzeugs ja laut Werbung auch gleich noch die Persönlichkeit wiedergeben. Ich fand die Fläschchen. Auf dem ersten stand »Go!«, auf dem zweiten sogar »Jump!« Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.

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Geschundene Leiber Heute schreibe ich Ihnen aus der heimischen Dusche. Keine Sorge, keine Phantasien: Von den fehlenden Schuhen abgesehen bin ich vollständig bekleidet, und es läuft auch kein Wasser. Lediglich den Vorhang habe ich aus Gewohnheit zugezogen, wie ich gerade bemerke, und jetzt mühe ich mich um eine behagliche Schreibposition. Zusammen hängt das folgendermaßen: In meinem Haushalt leben u. a. drei Menschen weiblichen Geschlechts, und wenn ich auch kein Freund der unnötigen Betonung von Unterschieden zwischen Mann und Frau bin, so wird man doch Folgendes mal offen aussprechen dürfen: Es kommt einer Kunst gleich, bei uns einen Platz im Bad zu ergattern. Am vergangenen Wochenende gipfelte das. Ich hatte, ein Bedürfnis anmeldend, mit zunehmendem Nachdruck verlangt, eine der Damen möge ihre Blockade des Badezimmers aufheben. Die Antwort

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kam flötend: »Ich blockiere das Bad nicht. Ich bin nur drin, und es kann mal `ne Weile niemand andres rein!« Das Gesicht dazu konnte ich wegen der sorgsam verschlossenen Badtür nicht sehen, so blieb offen, ob es ein freundliches, ein neutral ignorantes oder noch ein anderes Flöten war. Ich vermute ein »Pech gehabt, Alter«-Flöten, die beiden Damen, die nicht flöteten, prusteten dazu, und seitdem habe ich mit allen dreien etwas auszumachen. Deshalb schreibe ich Ihnen heute aus dem Bad. Ich gehe davon aus, dass die Mädels keine Vorstellung haben, was ich hier so lange mache und dass sie draußen die Fäustchen in der Tasche ballen. Alle drei. Und so soll es sein. Ich sehe mich um. Und erfasse: Unser Bad ist gar kein Bad, es ist ein Wertstoffbehälter. Auf den Rändern fast aller Sanitärobjekte stehen gedrängt Kunststoffkleinkanister, die Reste zähflüssiger Wundermittel in allen Pastelltönen dieser Welt enthalten. Duschpeeling micro pearls, Fusspeeling lime fresh (ja, Fuss mit falschem Doppel-S), Duschgel orange, Easy-Kraftkur Antihaarbruch, absolut repair RepairMaske für geschädigtes Haar (ja, absolut, obwohl ja wohl englisch gemeint, ohne »e« am Ende), Vitamin E facial wash, tifi haircare, Junior Shampoo, Pflegeshampoo, head and shoulders, head and shoulders

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lemongrass, Bath bubbles, Wellness-Shampoo Melisse/Orange … Mehr ging nicht in die Handfläche, in die ich mit einem fettigen Augenbrauenschrift meine Notizen schrieb. Ich gebe zu, dass ein Duschbad und das schlichte »Pflegeshampoo« von mir sind. Ich frage nicht, wie eng die falschen Packungsaufschriften zum deutschen Pisa-Ergebnis in Beziehung stehen. Ich deute nur an, dass ich zu den Salben, Cremes und Lotionen unter dem Waschbecken gar nicht mehr vorgedrungen bin. Aber so viel muss raus: Wenn die Mädels nur die Hälfte von dem ganzen Zeug wirklich benutzen, brauchen sie die viele Zeit im Bad einfach. Und anschließend eine Nacken-bis-HackenHeilmaske für den chemiegeschundenen Leib.

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