Reisebericht Nepal und Thailand vom

Maren von der Heyde Referat Asien/Mittlerer Osten Evangelisches Missionswerk in Deutschland e.V. Reisebericht Nepal und Thailand vom 21.10.-31.10.06 ...
Author: Kora Lehmann
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Maren von der Heyde Referat Asien/Mittlerer Osten Evangelisches Missionswerk in Deutschland e.V.

Reisebericht Nepal und Thailand vom 21.10.-31.10.06 1. WCC Forum SAEPP in Kathmandu/Nepal vom 22.-25. Oktober 2006 South Asian Ecumenical Partnership Program Im Juli 2002 hatte auf Einladung des Asienreferates des ÖRK unter dem Titel „Towards Social and Human Development in South Asia“ eine zweiteilige Konsultation in Colombo/Sri Lanka stattgefunden, zu der Vertreter und Vertreterinnen von fünf südasiatischen Kirchenräten (Indien, Nepal, Bangladesh, Pakistan und Sri Lanka), Mitglieder des ÖRK Zentral-Ausschusses und ökumenische Partner, darunter auch das EMW, eingeladen worden waren. Der Fokus des ersten Teils war HIV/Aids und die mit der Endemie verbundenen komplexen Herausforderungen für alle. Hierzu waren auch Vertreter und Vertreterinnen von NGOs und ExpertInnen eingeladen, um mit den Vertretern der Kirchenräte gemeinsam zu beraten, wie sie den komplexen Herausforderungen begegnen können. Im zweiten Teil ging es um die Entwicklung weiterer gemeinsamer Themen und Anliegen. Das Ziel der Konsultationen war, den fünf südasiatischen Kirchenräten eine Plattform zu bieten, auf der sie gemeinsame Dreijahres-Programme entwickeln würden. Der ÖRK und die ökumenischen Partner, darunter Vertreter von Kirchen, Missions- und Entwicklungsorganisationen, waren eingeladen, die Kirchenräte in einer solchen Fokussierung ihrer Arbeit zu unterstützen. Damit sollte gleichzeitig, dem Gefühl der südasiatischen Kirchen im Rahmen der CCA, aber auch weltweit nicht genügend wahrgenommen zu werden, begegnet werden. Über die Ausgangsfrage hinaus, wie eine ökumenische Agenda gefunden werden kann, die HIV/Aids wahrnimmt und sich den Herausforderungen stellt, wurden drei weitere zentrale Themenschwerpunkte gefunden und benannt, denen sich die Kirchenräte stellen wollten: Fortbildung, Frieden und Versöhnung und interreligiöse Zusammenarbeit. Je ein Kirchenrat wurde beauftragt, die Programme und Initiativen zu einem der Themenschwerpunkte zu entwickeln und die anderen jeweils hinzuzuziehen. Einige Partner, darunter auch EED, BfdW und das EMW sowie ICCO, Norwegian ChurchAid, Christian Aid/UK gaben die Zusage, sich an der Finanzierung der gemeinsamen Arbeit zu beteiligen. Ein Jahr später und nach vielen weiteren Beratungen stand das Budget. Mit dem NCC in Sri Lanka war vereinbart, dass die finanzielle Abwicklung über ihr Büro laufen sollte. Erst im Prozess wurde deutlich, dass die für die Vertrauensbildung unter den Kirchenräten offenbar zunächst gebotene und selbst auferlegte Zurückhaltung in Bezug auf ein Monitoring der Mittel (in Bezug auf Verwendungsnachweise, (Finanz-) Berichte) durch den NCC Sri Lanka, der sich bereit erklärt hatte, die Abwicklung vorzunehmen, ein Fehler war. Möglicherweise ist aber der dadurch für die beteiligten Kirchenräte gewonnene Lernprozess nun umso größer, als eine von den Partnern von Anfang auferlegte Maßgabe hätte bewirken können. Nachdem mit Rev. Vinod Victor/CSI auch ein Koordinator für das Programm gewonnen war, konnte die Arbeit 2004 aufgenommen werden. Vereinbart war, dass die Gelder, die von den 1

ökumenischen Partnern für SAEPP bewilligt waren, weder für die laufenden Programme der Kirchenräte noch für vorhandenes Personal in den Kirchenräten verwendet, sondern ausschließlich für Programme in den genannten Bereichen eingesetzt werden sollen. Das war ambitioniert, insgesamt schwierig zu vermitteln und ist auch nur zögerlich umgesetzt worden. Insbesondere im Bereich der Fortbildung (Capacity Building) und der HIV/Aids Programme wurde das beabsichtigte SAEPP-Profil zunächst nur darin umgesetzt, dass nun auch jeweils Delegierte von den anderen Kirchenräten hinzu geladen waren. Auch das hat aber offenbar deutlich zur Stärkung der kleineren Kirchenräte geführt, die damit - anders als bei der Teilnahme an internationalen Tagungen im Westen - ihre Verankerung in der Region aufzeigen konnten. Für die Koordination selber wurde kein Büro angemietet. Sie geschah weitgehend im Hause bzw. durch die Reisetätigkeit des Koordinators und bedurfte darum auch nur der ersten Büroausstattung. Der durch die mühsamen Klärungsprozesse verursachte späte tatsächliche Beginn der Arbeit und die nur langsame Umsetzung der Programmanforderungen brachte es mit sich, dass zum offiziellen Ende des auf drei Jahre konzipierten Projektes noch Mittel vorhanden waren. Die Umfrage bei den Partnern ergab, dass auch von Seiten größerer Partner wie BfdW und EED einer Verlängerung des Mandats bis Ende 06 nichts im Wege stünde und zur Sicherung des Erreichten möglicherweise auch eine weitere Phase denkbar sei. Um über das bisher Getane Rechenschaft abzugeben und die Zukunft des Programms zu beraten, hat der ÖRK Anfang des Jahres für Oktober zu dem SAEPP-Forum nach Kathmandu eingeladen. Der Ort war gewählt worden, weil der nepalesische Kirchenrat (NCCN) die durch SAEPPProgramme deutlicher sichtbaren internationalen Bezüge in die Region und die zusätzlichen Mittel erfolgreich hatte nutzen können, um sich registrieren zu lassen und zu formieren. Er hat in einer höchst fragilen politischen Lage, die davon bestimmt ist, dass es an vielen Orten (auch in der Hauptstadt) zwei Regierungen gibt und die Verfassung immer wieder nur mühsam gegen die maoistischen Rebellen sowie gegen den König durchgesetzt werden kann, eine wichtige Rolle eingenommen. Die Kontakte seines Generalsekretärs (K. B. Rokaya) zu beiden Seiten und seine Stellung im interreligiösen Forum haben ihm Respekt verschafft und dazu geführt, dass der Generalsekretär des Kirchenrates nach der Krise im April 06, als der König auf vielfältigen Druck von innen und von außen schließlich das Parlament wieder einberufen und die Verfassung wieder in Kraft setzen musste, Mitglied der nationalen Versöhnungskommission geworden ist. Zum ersten Mal in der Geschichte Nepals treten Christen in dieser Weise sichtbar auf und zeigen, dass sie im Interesse der Nepalis versöhnend und damit auch politisch wirken können. Dennoch ist der Kirchenrat höchst instabil. Neben ihm gibt es weitere Organisationen, die den Anspruch erheben, ein nationaler Kirchenrat zu sein, obwohl sie tatsächlich nur eine (weitgehend von außen finanzierte) Kirche repräsentieren. Der Einfluss von westlichen oder auch asiatischen (koreanischen) Missionsgesellschaften und Kirchen, die denominationelle Interessen stärken, aber auch gegen andere durchsetzen wollen, ist enorm und wird von dem Kirchenrat als Gefahr für die Formierung des Glaubens und die soziale und gesellschaftliche Rolle der Christen in Nepal gesehen. Ausgangspunkt und Grundlage der Diskussionen auf dem Forum war eine Evaluierung des SAEPP-Programms, die nach (digitaler) Rücksprache aller im Sommer 2006 beschlossen worden war und in den Wochen seitdem von Leo Bashyam (ehemals Christan Aid) und Dr. Rienzie Pieris (gerade installierter stellvertretender GS der CCA und früherer GS des NCC Sri Lanka sowie Mitarbeiter am International Peace Institute in Uppsala/Schweden) durchgeführt wurde. Dazu gehörten die Besuche bei den Kirchenräten, Gespräche mit TeilnehmerInnen der 2

Programme, mit Mitarbeitern und Mitgliedern der gewählten Gremien und die Einsicht und die ausführliche Diskussion der Finanzberichte. Eine vorläufige schriftliche Fassung des Berichts lag kurz vor Beginn des Forums vor, die abschließende Fassung sollte in diesen Tagen eintreffen. Leider war es den beiden Evaluatoren als ethnischem Inder/britischen Staatsbürger und Srilanghese aufgrund von Visaproblemen nicht möglich, mit diesem kurzen Vorlauf auch den Kirchenrat Pakistans zu besuchen. Der Besuch wird nun nachgeholt. Die Evaluierung der Arbeit in Pakistan musste sich daher zunächst auf Daten stützen, die Leo Bashyam bei einem Besuch vor einem Jahr erheben konnte. Die politische Situation ist in allen Ländern angespannt. Während sich die Situation in Nepal nach den Unruhen im April zur Zeit in einer mühsam aufrecht gehaltenen Schwebe hält, steht Sri Lanka am Rande einer weiteren äußerst harten Phase des seit zwanzig Jahren andauernden Bürgerkrieges. In Bangladesh hat es in den Tagen nach dem Forum wie erwartet während der Wahlen heftige Auseinandersetzungen auf den Straßen gegeben, die zu zahlreichen Toten geführt haben. In Pakistan scheint die Spaltung der Bevölkerung in wenige, die die vom Militär und von den USA massiv getragene Regierung unter Musharraf unterstützen und viele, die eine fundamentalistische islamische Regierung bevorzugen würden, voranzuschreiten. In Indien hat sich durch den Wahlsieg der Kongresspartei vor knapp einem Jahr die Lage in Bezug auf die Christen/Kirchen etwas entspannt, aber die Situation bleibt schwierig, weil die nationalistischen Kräfte und der Anspruch des Hinduismus, die nationale Identität Indiens darzustellen, weiterhin anhält und zu weiteren gewaltförmigen Konflikten führen wird. Das bedeutet für Dalits, Adivasi und auch für Muslime und Christen, dass ihnen zunehmend das Recht abgesprochen wird, Inder zu sein. Das bedeutet unter anderem auch, dass ihnen das Recht anders zu glauben/sein, bleiben oder werden zu wollen in noch schärferer Weise als bisher genommen wird. Die Zahl der Anti-Konversionsgesetzte, die in manchen indischen Staaten schon eine lange Tradition hat, nimmt trotz des Protestes zu. In allen Ländern Südasiens ist davon auszugehen, dass die Lage der Kirchen und insbesondere die der Ökumene verpflichteten Kirchenräte äußerst verletzbar bleibt. Zusammenfassend zeigt die Evaluierung, dass die „kleinen“ Kirchenräte von den SAEPPProgrammen profitiert haben und gestärkt wurden. Die Situation des NCCI als des größten Kirchenrates, von dem zu Beginn angenommen worden war, dass er in bestimmten Programmteilen auch modellhaft wirken könnte, ist dagegen äußerst schwierig. Die akuten Finanzprobleme des NCCI, die aufgrund einer jahrelangen internen Misswirtschaft entstanden waren, deren Ausmaß erst im Laufe der letzten beiden Jahre sichtbar wurde, haben verhindert, dass der NCCI seinem eigentlichen Gewicht gemäß wirken kann. Der Kirchenrat ist weitgehend paralysiert. Die Atmosphäre zwischen dem vor zwei Jahren neu gewählten Generalsekretär Bischof der CNI/ D. K. Sahu, zu dessen Arbeitsbeginn die Misswirtschaft aufgedeckt wurde, den MitarbeiterInnen und den Gremien des NCCI ist offenbar sehr angespannt. Nachdem von dem (indischen/CSI-) Koordinator mehrfach deutlich gemacht werden musste, dass SAEPP-Mittel nicht für andere als die zuvor gemeinsam bewilligten Programme in den vier verschiedenen Themenfeldern verwendet werden dürfen, greifen hier nun zum ersten Mal interne Monitoring-Prozesse. Ohne ordentliche Finanzberichte werden keine weiteren Mittel bewilligt! In Bezug auf die inhaltliche und politische Zusammenarbeit zeigt die Evaluierung, dass das SAEPP-Forum zu einer größeren Zusammenarbeit der Kirchenräte und zu einer stärkeren gegenseitigen Wahrnehmung ihrer unterschiedlichen Kontexte geführt hat. Insofern hat es auch das Bewusstsein für mögliche gemeinsame politische Anliegen, z.B. in Bezug auf die 3

nukleare Abrüstung der Staaten oder eine verstärkte gemeinsame Lobbyarbeit in Bezug auf die Lizenzen für die Produktion retroviraler Medikamente verdeutlicht. Die deutliche Wahrnehmung dessen, dass die Christen in allen fünf Ländern Minderheiten sind, hat die Bedeutung des Dialogs der Religionen für die Kirchenräte, insbesondere angesichts der sich seit 2001 durch die westliche „Einmischung“ in Afghanistan und im Irak noch weiter verschärfenden makropolitischen Lage der Region in den unterschiedlichen nationalen Bezügen (Nepal und Indien Verhältnis zum Hinduismus, Bangladesh und Pakistan zum Islam und Sri Lanka zum Buddhismus) samt der jeweils vorhandenen Gefahren durch die fundamentalistische Tendenzen in den Religionen hervorgehoben. Da noch Finanzmittel vorhanden sind, haben die Partner den Überlegungen zugestimmt, das Programm in seiner ersten Phase noch bis zum Sommer 2007 laufen zu lassen. Darüber hinaus haben sie einer weiteren Phase von zwei Jahren zugestimmt, die davon geprägt sein muss, bestimmte Programme abzuschließen und andere entweder intern oder über andere Mittel nachhaltiger zu gestalten. Wie die Vertreterinnen von BfdW und EED, so hat auch die EMW-Referentin in Aussicht gestellt, dass sie sich um weitere Mittel für die Ausphasierung von weiteren zwei Jahren bemühen wird. 2. Thailand/Chiang Mai vom 25.-31.10.2006 Die politische Lage nach dem Militärcoup vom 19.9.2006 Häufigster Gegenstand der Gespräche in Thailand war natürlich der Militärcoup, der nur einen Monat zuvor (19. September) stattgefunden hatte, durch den der gerade vor eineinhalb Jahren mit großer Mehrheit wieder gewählte Ministerpräsident Thaksin, der sich bei den UN aufhielt, abgesetzt wurde. In den Gesprächen zeigte sich die gesamte Ambivalenz, die die politische Situation schon vorher charakterisierte und dazu geführt hatte, dass sich Regierung und Opposition seit den Wahlen vor eineinhalb Jahren gegenseitig lähmten, weil die Opposition nicht bereit war, ihr Mandat aufzunehmen und die Regierung zu bestätigen. Thaksin wird insbesondere im Norden (der Region, aus der Thaksin selber kommt) und in den östlichen ländlichen Gebieten Thailands sehr verehrt, weil seine Politik populäre Maßnahmen z.B. in Bezug auf das Gesundheitswesen und die Entschuldung von Kleinbauern eingeführt hatte, die der ländlichen Region zugute kamen. Der Protest der Oppositionsparteien richtete sich gegen die sich unter der und durch die Thaksin Regierung offenbarende Spaltung zwischen der vorwiegend ländlichen und der städtischen Bevölkerung und die eskalierende Sicherheitslage im Süden des Landes. Der Hintergrund dafür ist die Politik der harten Hand gegen die muslimischen Aufständischen im Süden des Landes, die seit Jahren um eine Anerkennung ihrer Minderheitenrechte im mehrheitlich buddhistischen Thailand kämpfen. Als dritter Grund wurde/wird die Kommerzialisierung der Regierungsarbeit genannt. Eine nationale Untersuchungskommission muss nun herausfinden, ob der vehemente Korruptionsverdacht gegen Thaksin und seine Geschäftsmethoden wirklich – wie von der Opposition behauptet - erhärtet werden kann oder nur auf den - so wurde es in den politischen Kommentaren bezeichnet - Haßphantasien der Opposition, die auf viele Jahre hin ihren Einfluss schwinden sah, beruht. Im äußerlich freundlichen und auf Harmonie angelegten offiziellen Leben zeigen sich darin die wahren Abgründe einer Gesellschaft. Garant der öffentlichen Ordnung - und damit der infolge des vorhergehenden Coups Anfang der neunziger Jahre erarbeiteten und 1998 verabschiedeten Verfassung, gerade auch im Widerspruch zu ihr - ist für die Mehrheit der Thailänder der König, der in diesem Jahr sein 60. Thronjubiläum feiert. Ein jüngst herausgegebenes Buch, das versucht darzulegen, inwiefern der König der Entwicklung Thailands zur Demokratie geschadet hat (Paul Handley, The King 4

Never Smiles, Yale University Press, 2006), darf im Land selber nicht veröffentlicht werden (vgl. Column Murphey, Near Eastern Economic Review, October 2006, p.31). Auffällig war, dass sich das Militär offenbar der Unterstützung des Königs wie auch der Mehrheit der städtischen Bevölkerung sicher sein konnte. Wie angespannt die Lage tatsächlich war, zeigte sich nur darin, dass die vorhandenen Handy- und Internetnetze am Abend des Coups beinahe zusammenbrachen. Auf den Straßen war es dagegen auffällig still. Die nachträgliche Analyse zeigt, dass die oppositionellen Parteien samt der Peoples Alliance for Democracy (PAD) zwar in Bezug auf die Wahlen keine Mehrheit hinter sich hatte, in Bezug auf die tatsächliche Machtverteilung im Land aber mehr Gewicht hat. Das Militär ist den gesellschaftlichen Eliten nach wie vor in seiner Mehrheit verpflichtet. Trotzdem wird davor gewarnt, das Militär als eine geeinte Kraft anzusehen. Kurz nach den Ereignissen war daher befürchtet worden, dass die von Unterstützern Thaksins getragenen Teile der Armee und der Polizei (Thaksin war ein hoher Polizeioffizier, bevor er erfolgreicher Geschäftsmann wurde) mit den ländlichen Bevölkerungsgruppen gemeinsam einen Gegencoup unternehmen und damit das Land ins Chaos stürzen würden. Das konnte offenbar verhindert werden indem der König - mit einem Tag Verspätung - den General empfing und es sollte für die Folgezeit ausgeschlossen werden, indem die dem Ministerpräsidenten gegenüber verpflichteten Teile der Armee auf strategisch weniger bedeutsame Positionen berufen wurden. Obwohl die Lage ruhig scheint, sind diese Befürchtungen offenbar aber noch immer nicht ausgeräumt. Am Tag vor unserer Abreise waren Gerüchte laut geworden, Thaksin würde aus seinem Londoner Exil zurück nach Thailand kommen wollen und es gäbe einen Truppenteil, der ihm zu Hilfe kommen würde. Die daraufhin alarmierten Truppenteile zum Schutz der Regierung und des Königs wurden dann aber doch noch auf halbem Wege zur Hauptstadt wieder zurückgerufen. Die Kritiker des Coups haben darum auch deutlich gemacht, dass keiner der Vorgänge demokratisch legitimiert war. Die Verfassungskrise hätte mit demokratischen Mitteln gelöst werden können. Zugleich war aber auch sicher, dass Neuwahlen aufgrund der demographischen Verteilung der Stimmen Thaksin aller Wahrscheinlichkeit nur im Amt bestätigt hätten…. 2.1 Besuch bei der McGilvary School of Divinity in Chiang Mai Das SAEPP-Forum war auf die Bitte der EMW-Referentin hin nah an den CCA RT gerückt worden, um die beiden Termine auf einer Reise wahrnehmen zu können. Da zwischendurch aber noch ein weiterer RT in Bangladesh stattfand, blieb Zeit, um die Fakultät zu besuchen, die über das Referat TA Beziehungen zum EMW hat. Die Fakultät, seit dem Sommer vom neuen Präsidenten der Universität zur School of Divinity benannt, gehört zur (christlichen) Payap-Universität in Chiang Mai und steht wie diese in der Tradition US-amerikanischer Missionen. Das EMW unterstützt auf die Bitte der Marburger Mission gemeinsam mit ihr die Entsendung eines Dozenten (Joachim Bachhofer) für Hebräisch und Altes Testament und ein Programm für internationale StudentInnen aus Birma und Vietnam, die an der Fakultät studieren. Trotz der stärker evangelikal ausgerichteten Tradition und Missionen, die sich im Hintergrund befinden und die Schule neben den amerikanischen Kirchen weiterhin über die Entsendung von Dozenten unterstützen, gilt sie im Vergleich zur Ausbildungsstätte in Bangkok in vielen Fragen (Frauen, Exegese) als fortschrittlich. Über die CCT (Church of Christ, die Trägerin der Universität ist) ist sie mit dem mainstream der Kirche verbunden und prägt die Kirche ihrerseits durch die Ausbildung mit. Seit über zwanzig Jahren ist Rev. Yoder, ein US5

Amerikaner, Prinzipal des Colleges. Die Entscheidung über seine Nachfolge angesichts der bevorstehenden Pensionierung im kommenden Jahr wird zeigen, ob (wie von ihm selber favorisiert) erstmals eine thailändische Frau/Dozentin zum Zuge kommen kann/wird. Die Gebäude befinden sich auf dem alten Gelände der Universität und sind in den vergangenen Jahren neu errichtet worden. Das internationale Programm bzw. die vietnamesischen und burmesischen StudentInnen sind offenbar gut in die Studentenschaft integriert. Im Gespräch mit ihnen wurde deutlich, dass sie aus den unterschiedlichsten Bezügen herkommen, zum Teil aus der staatlich kontrollierten bzw. geduldeten Evangelischen Kirche, zu einem größeren Teil aber auch aus unterschiedlich geprägten Hauskirchen. Offenbar scheinen sich aber die Grenzen zwischen den Kirchen in der Gemeinschaft der Studierenden auch wieder zu verwischen, so dass Hoffnung besteht, dass sie nach dem Abschluss, Ende diesen Jahres oder auch im nächsten Jahr, auch in dieser Hinsicht offener auf die jeweils anderen zugehen. Die unterschiedlichen Berufsprofile, die sie entwickelten, zeigen auch, dass Vietnam offenbar tatsächlich - nicht nur im wirtschaftlichen Bereich - zu den sich am schnellsten entwickelnden Gesellschaften in der Region gehört. Das EMW sollte sich auf jeden Fall für die weitere Förderung des Programms einsetzen.

2.2 CCA Round Table Meeting, Chiang Mai Nachdem das EMW bei den letzten beiden Treffen jeweils entweder von Olaf Rehren oder bei der erweiterten Core-Group im letzten Jahr, von ihm zusammen mit dem Direktor vertreten worden war, war es Zeit, dass dieses Mal die Asienreferentin „am Tisch sitzen würde“. Zum Einstieg in die Diskussionen war der Wunsch geäußert worden, von einem Theologen aus der Region einen Einblick in die politischen Zusammenhänge der Region und ihren jeweiligen ökumenischen Respons zu bekommen. Leider erwies sich hierfür die Wahl des früheren Präsidenten des NCC Australia und Mitglied des CCA General und Executive Committees nicht als sehr glücklich, weil seine europäischen und Erste-Welt-Bezüge doch allzu sichtbar wurden. Nachdem aber der Generalsekretär Dr. Prawate Kidh-arn in seinem Tätigkeitsbericht über die drängenden Fragen der asiatischen Kirchen (HIV/Aids, Nordkorea) und die Pläne für das fünfzigjährige Bestehen der CCA berichtet hat, erschöpfte sich der erste Tag weitgehend in den Berichten aus der Arbeit. So spannend die Berichte zum Teil waren, so deutlich zeigte sich am Ende des zweiten Tages, dass es gut gewesen wäre sie vorher zu versenden und die gemeinsame Zeit eher dafür zu nutzen, Fragen und gemeinsame Anliegen, die daraus folgen zu beraten. Die sich wiederholende Rollenverteilung um den Tisch herum zwischen denen, die ihre Berichte abgeben und denen, die sie entgegennehmen und finanziell unterstützen (sollen), hat verhindert, dass das Potential, das in dieser Arbeit liegt, wahrgenommen wird. Der Finanzbericht zeigte, dass sich die CCA trotz der leise ansteigenden Zuwendungen durch Mitgliedskirchen und der geringeren Zuwendungen durch die ökumenischen Partner von insgesamt 82% des Gesamthaushaltes (der Höhepunkt der undesignated funds lag im Jahr 2002 bei 836,343 US$, 2003 sind sie auf 751.000 und 2004/2005 auf 713.849/711.343 US$ gesunken) keine sehr harten Einbrüche zu verzeichnen hat. Es ist deutlich, dass die Zuwendungen für Programme im Vergleich attraktiver sind. Sie machen zurzeit 60% des Gesamteinkommens aus. Die CCA bemüht sich intensiv den Stand zu halten und gleichzeitig zu einem sinnvollen Ausgleich zwischen Projektmitteln und den Mitteln zu kommen, die über die undesignated funds in das Budget und in Programme fließen. Das EMW hat vor vielen 6

Jahren vereinbart, dass es (weil nicht unmittelbar auf Spender bzw. die Kampagnenfähigkeit angewiesen) seine Mittel für Mission und Evangelisation als undesignated fund deklariert, aber davon ausgeht, dass es der Abteilung Faith/Mission/Unity zukommt. Leider ist dies in den Jahren innerhalb der CCA häufig nicht kommuniziert worden, so dass es immer wieder zu der Erwartung kam, es seien vom EMW noch zusätzliche Mittel für FMU zu erwarten. Der neue stellvertretende Generalsekretär (Dr. Rienzi Pereira) hat versprochen, eine Klärung herbeizuführen. Der schlechte Zustand der Gebäude und der Wohn- und Arbeitssituation in Hong Kong und damit das beherrschende Thema der Beratungen der letzten Jahre war durch den Umzug nach Chiang Mai, den die CCA Assembly am selben Ort vor eineinhalb Jahren beschlossen hatte, einen guten Schritt weitergekommen. Der Abschied von Hong Kong und der Umzug nach Chiang Mai ist im Sommer dieses Jahres erfolgt. Mittlerweile haben alle Mitarbeitenden eine Arbeitserlaubnis. Die Partner konnten die neuen Diensträume sehen, die von der (christlichen) Payap-Universität für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren zur Verfügung gestellt werden können. Die CCT hat der CCA wie versprochen ein Grundstück außerhalb Chiang Mais angeboten, das zunächst sehr verlockend aussah. Mittlerweile scheint aber nahe zu liegen, dass der in der Nähe geplante neue internationale Flughafen doch nicht gebaut würde. Damit verliert das Angebot seinen Reiz und zeigt sich doch nicht mehr als so attraktiv und zwingend wie zunächst angenommen. Eine Working Group des CCA Executive Committee hat einen schönen und ehrgeizigen Bauplan für einen Campus mit Büro-, Wohn-, und Gästehäusern entwickelt, der den Partnern zur Beratung vorlag und der in der im Anschluss stattfindenden Sitzung des Executive Committee beschlossen werden sollte. Dabei wurde schon zu Beginn der Beratungen mit Bezug auf einen entsprechenden Brief von BfdW und EED darauf hingewiesen, dass für den Bau nur die aus dem Verkauf der Gebäude verlösten Mittel verwendet und keine neuen Mittel von außen erbeten werden sollen. Im Laufe der Gespräche mit den Mitarbeiterinnen wurde deutlich, dass der Stab ein deutliches Unbehagen gegenüber diesen Plänen hatte. So überwogen bei dem Gespräch die kritischen Stimmen. Anders als in Hong Kong ist der Wohnraum in Chiang Mai erschwinglich. Damit ist es nicht nötig, für die MitarbeiterInnen Häuser zu errichten, die den Bedürfnissen jeweils nur unzureichend entgegenkommen können. Da es in Chiang Mai - unter anderem auch an der Payap-Universität - genügend Gästehäuser gibt, wurde auch davon abgeraten, einen weiteren kostenverschlingenden Gästetrakt zu errichten. Die Frage, die nun vom EC zu lösen sein wird, ist, ob und wie mit den Angeboten der CCT und den aus dem Verkauf der Gebäude und Grundstücke in Hong Kong erzielten Einkünften sinnvoll umzugehen sei. In der letzten Runde der Sitzungen des RT haben die Partner mit dem ÖRK darauf gedrängt, eine kleinere Lösung und eben nicht die Entwicklung eines Campus anzustreben. Stattdessen wurde der Kauf/Bau eines moderaten Bürogebäudes in zentraler Lage empfohlen. Das würde den MitarbeiterInnen erlauben, sich ihre Wohnung den individuellen Bedürfnissen gemäß zu suchen. Ein weiterer kritischer Punkt waren die deutlich erhöhten Abwesenheiten der ReferentInnen, die zum Teil fast die Hälfte der Jahresarbeitszeit auf Reisen sind, um die unterschiedlichen Programme in den Mitgliedskirchen entweder selber zu leiten oder auch nur zu besuchen. Hier zeigt sich, wie schwer es ist, je zwischen der erforderlichen Präsenz bei den Mitgliedskirchen und der damit intendierten Stärkung der Trägerschaft durch sie und der Teamfähigkeit des Stabes selber zu unterscheiden. Der RT hat dem Stab und insbesondere 7

dem Generalsekretär Mut gemacht, klare Richtlinien zu entwickeln, die die Reisetätigkeit einschränken würde. Insgesamt musste auch hier diskutiert werden, welche Programme zum Kerngeschäft der CCA gehören würden und was in die Hand der Mitglieder gegeben werden kann. Wie im EMW macht sich bemerkbar, dass die erhöhte Kommunikation in den letzten Jahren zu einer stark verdichteten Arbeit und zu hohen Erwartungen auf allen Seiten geführt haben, die kaum mehr zu befriedigen sein werden. Gleichzeitig wird an der auch nach außen hin erfolgreichen Arbeit von Organisationen, die aus der Arbeit der CCA herausgelöst wurden, wie z. B. die Asian Human Rights Comission, deutlich, dass die Herauslösung von Arbeitsbereichen auch zur Schwächung des eigenen Profils führt. Der RT hat die Pläne der CCA begrüßt, die Menschenrechtsarbeit wieder stärker an die CCA zu binden und gemeinsame Initiativen mit der Asian Human Rights Commission fortzusetzen. Die zunehmende Fundamentalisierung und Schwächung des Mittleren Ostens und Südasiens wird genauso wie der anhaltende Konflikt um Nordkorea mit großer Sorge beobachtet. Die Entwicklung Chinas auf der politischen und wirtschaftlichen Ebene und des China Christian Council, der zwar Mitglied im ÖRK, aber aufgrund der Mitgliedschaft der PCT/Taiwan nicht Mitglied der CCA ist, wirft Fragen auf. Angesichts dessen wird die Frage der Einheit der Kirchen auf theologischer Ebene und auf politischer Ebene die Überwindung des Neokolonialismus (USA) und des Anspruchs Chinas auf die dominante politische Rolle in der Region auf den Veranstaltungen zum fünfzigsten Bestehen der CCA im kommenden Jahr (Anfang März und Anfang November) im Vordergrund stehen. Insbesondere für das stärker theologisch ausgerichtete Symposium (Affirming our common mission and witness) vom 3.-8. März in Parabat, Indonesien wünscht sich die CCA die Teilnahme eines/einer Theologin aus dem EMW.

23.11.06

Maren von der Heyde

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