RECHT UND WETTBEWERB AGB IM B2B-BEREICH

Berlin, 16. März 2012 Herausgeber: RECHT UND WETTBEWERB Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. AGB IM B2B-BEREICH Am Weidend...
Author: Ilse Schmitt
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Berlin, 16. März 2012 Herausgeber:

RECHT UND WETTBEWERB

Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.

AGB IM B2B-BEREICH

Am Weidendamm 1A 10117 Berlin Telefon 030 590099-581 Telefax 030 590099-481 www.bga.de [email protected] Autoren: Dr. Helena Melnikov Recht und Wettbewerb [email protected]

1. Einleitung 1.1. BGA 1.2. Zielsetzung 2. Problem 2.1. Frage 1 2.2. Frage 2 2.3. Frage 3 2.4. Frage 4 2.5. Frage 5 2.6. Frage 6 2.7. Frage 7 3. Fazit 3.1. Gefälle zwischen KMU und Großkonzernen 4. Lösungsvorschlag 4.1. Schutz beider Vertragspartner 5. Schlusswort 5.1. Gesprächsbedarf

1. Einleitung 1.1. BGA Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) ist die Spitzenorganisation des Groß- und Außenhandels. Er vertritt die Interessen von 120.000 Handels- und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland. Der BGA steht für 1,2 Millionen Beschäftigte in Deutschland und einen, durch die Unternehmen erwirtschaften, Jahresumsatz von 1,3 Billionen Euro. Vor diesem Hintergrund begrüßt und unterstützt er das Ziel der Justizministerinnen und Justizminister das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Verträge zwischen Unternehmen zu überprüfen und die Fragen des Bundesministeriums für Justiz, wie die Unternehmen das geltende AGB-Recht zwischen Unternehmen beurteilen.

1.2. Zielsetzung Die Justizministerinnen und Justizminister haben das Ziel, das Recht der AGB für Verträge zwischen Unternehmen zu überprüfen. Diesem Ziel dient der Fragebogen des Bundesministeriums für Justiz, welcher prüfen soll, wie die Unternehmen das geltende AGB-Recht zwischen Unternehmen beurteilen.

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AGB IM B2B-BEREICH 2. Problem 2.1. Frage 1 Welche Arten von Verträgen schließen ihre Mitgliedsunternehmen hauptsächlich im Rahmen ihres unternehmerischen Kerngeschäfts mit anderen Unternehmen? Es werden meist Kaufverträge geschlossen. Unsere Mitglieder bilden jedoch nahezu jede Spanne der Lieferantenkette ab, deshalb gehören dazu auch Lieferverträge, Werkverträge und Darlehensverträge.

2.2. Frage 2 In welchem Umfang werden diese unternehmenstypischen Verträge individuell ausgehandelt oder werden dafür Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet? Bei unternehmenstypischen Verträgen wird überwiegend auf Formularverträge und auf AGB zurückgegriffen. Einzelne und/oder zusätzliche Verträge werden aber auch individuell ausgehandelt. 2.3. Frage 3 Wenn für diese unternehmenstypischen Verträge ihrer Mitgliedsunternehmen mit anderen Unternehmen Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet werden, wessen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dies; überwiegend die ihrer Mitgliedsunternehmen oder die der anderen Vertragsparteien? Meist verwenden beide AGB, die sich dann insoweit aufheben, als sie sich widersprechen. Die Kollisionsfälle werden unterschiedlich gelöst, teilweise erfolgt eine Verständigung über die Einbeziehung bestimmter AGB von beiden Seiten oder es erfolgt eine Verständigung über den Ausschluss der beiderseitigen AGB. Bei den Vertragsverhandlungen setzen sich jedoch grundsätzlich die AGB desjenigen durch, der - bei dem jeweiligen Geschäft - die stärkere Verhandlungsposition hat. So finden in den Vertragsbeziehungen zu den Herstellern/Lieferanten mehrheitlich deren Verkaufsbedingungen Anwendung. Individualvereinbarungen kommen - in beide Richtungen - vor, sind jedoch eher Ausnahme. 2.4. Frage 4 Sind Sie der Auffassung, dass Individualvereinbarungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen auf der Grundlage des geltenden AGB-Rechts rechtssicher abgegrenzt werden können? Wenn nein, was sind nach ihrer Auffassung die Gründe für die bestehende Rechtsunsicherheit? Die Abgrenzung ist schwierig, denn die Grenze zwischen „verhandeln“ und „aushandeln“ ist vom Einzelfall abhängig. Problematisch ist insbesondere die den Verwender für den Tatbestand des „Aushandelns“ i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB treffende Darleguns- und Beweislast. Aus dieser Beweislast ergibt sich in der Praxis eine Dokumentationspflicht, die im Geschäftsalltag nur schwerlich zu erfüllen ist. Das führt dazu, dass anschließend kaum festzustellen ist, ob eine Regelung vorformuliert war oder individuell ausgehandelt wurde. Seite 2 von 5

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AGB IM B2B-BEREICH Bestimmte Abweichungen von Regelvorstellungen kommen auch bei Massengeschäften der Großhändler vor. Es erscheint dabei nachvollziehbar, dass sich die Änderungsbereitschaft des Vertragspartners hinsichtlich der AGB in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes niederschlagen muss. Jedoch steht das wieder in Frage, wenn schon bei bereits einmaliger nochmaliger Verwendung einer entsprechenden Regelung die Auslegung als Individualabrede wieder in Frage steht. 2.5. Frage 5 Könnten nach Ihrer Auffassung Individualvereinbarungen und AGB rechtsicherer oder zweckmäßiger abgegrenzt werden? Wenn ja, wie könnte dies geregelt werden? Die Industrie müsste verpflichtet werden, Ihre AGB nicht mit anderen Klauseln zu vermengen. So werden daraus in der Praxis Individualverträge, die der Vertragsfreiheit unterfallen. Ein Ausweg könnte darin bestehen, es bei B2B-Verträgen ins Ermessen der Parteien zu stellen, ob sie die Vereinbarung dem AGB-Recht unterwerfen oder nicht. Auch dabei stellt sich jedoch wieder die Frage, wie dies gestaltet werden soll, damit der "stärkere" Partner dieses nicht ausnutzt. Die gerichtliche Überprüfung ist dazu das wirksamste Mittel. Es ist sehr fraglich, wie dieser Schutz auf gesetzlichem Wege ausgestaltet werden könnte. Selbst bei einer Bestimmung, dass die „Nichtanwendungsabrede“ ausdrücklich und vor allem außerhalb des übrigen Formularvertrages vereinbart werden muss, erscheint ein gleichartiger Schutz des schwächeren Vertragspartners zweifelhaft. Möglich erscheint eine gesetzliches Beispiel oder eine Definition für das Vorliegen einer ausgehandelten Geschäftsbedingung. 2.6. Frage 6 Sind Sie der Auffassung, dass die geltenden Vorschriften über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder ihre Auslegung durch die Rechtsprechung zu Rechtsunsicherheit für die Verträge zwischen ihren Mitgliedsunternehmen und anderen Unternehmen führt? Wenn ja, a) welche Vorschriften des AGB-Rechts sind nach ihrer Auffassung für diese unternehmenstypischen Verträge ihrer Mitgliedsunternehmen nicht ausreichend rechtssicher oder nicht zweckmäßig formuliert, b) welche Art von Verträgen oder welche Art von Vertragsklauseln ihrer Mitgliedsunternehmen sind davon betroffen, können sie beispielhaft einige Vertragsklauseln nennen, die ihre Mitgliedsunternehmen für notwendig erachten, aber nicht vereinbaren können, weil sie nach geltendem AGB-Recht unwirksam sind, c) haben die Gerichte schon über die Wirksamkeit dieser oder ähnlicher Vertragsklauseln entschieden? Die Vorschriften über die Inhaltskontrolle bewerten wir überwiegend als positiv, da die Inhaltskontrolle den schwächeren Vertragspartner schützt und die wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken auch im B2B-Bereich verankert. Durch die gem. § 310 Abs. 1 BGB nur sinngemäße Anwendung der Klauselverbote auf Unternehmerverträge und die Berücksichtigung der Handelsgepflogenheiten bei der Auslegung lassen sich Besonderheiten im gewerblichen Verkehr hinreichend berücksichtigen. Seite 3 von 5

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AGB IM B2B-BEREICH Eine pauschale Nichtanwendbarkeit auf Unternehmerverträge birgt hingegen die Gefahr, dass sich die schwächere Partei stets schutzlos dem Regelungsregime des "Stärkeren" unterwerfen muss. 2.7. Frage 7 Sind Sie der Auffassung, dass die geltenden Vorschriften über die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verträge zwischen Unternehmen geändert werden sollten? Wenn ja, a) welche Vorschriften sollten geändert werden, b) aus welchen Gründen halten sie die vorgeschlagenen Änderungen für erforderlich oder zweckmäßig? Eine Änderung der Vorschriften über die Inhaltskontrolle erscheint sinnvoll, wenn sie auf eine Konkretisierung hinausläuft. Die Unternehmen sollten danach besser beurteilen können, inwieweit die von Ihnen verfassten AGB den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und sich nicht auf die Entwicklung diesbezüglicher Grundsätze durch die Rechtsprechung angewiesen fühlen.

3. Fazit 3.1. Gefälle zwischen KMU und Großkonzernen Das Argument, dass bei Geschäften im B2B-Bereich „auf Augenhöhe“ verhandelt würde und deshalb der Schutzgedanke der AGB keine Anwendung finden dürfe, greift nicht durch. Auch bei einem Geschäft zwischen Unternehmen gibt es meist einen (wirtschaftlich) schwächeren Vertragspartner, mit einer wirtschaftlich schlechteren Verhandlungsposition. Dieser schwächere Vertragspartner verdient ebenfalls Schutz. Eine klare gesetzliche Regelung für Verträge im B2B-Bereich erscheint zwar wünschenswert, doch darf diese nicht automatisch von Vertragspartnern „auf Augenhöhe“ ausgehen, da gerade im Bereich der Wirtschaft das Recht des wirtschaftlich Stärkeren zählt. Der Schutz der KMU als häufig dem wirtschaftlich schwächeren Vertragspartner sollte unbedingt seinen Niederschlag in den entsprechenden gesetzlichen Regelungen finden.

4. Lösungsvorschlag 4.1. Schutz beider Vertragspartner Die geschilderten Probleme zeigen, dass es auch im B2B-Bereich meist einen schwächeren Vertragspartner gibt, der wirtschaftlich darauf angewiesen ist, die AGB des stärkeren Vertragspartners zu akzeptieren. Das Argument der Rechtsunsicherheit erscheint indes nicht nachvollziehbar, wenn es von Großkonzernen vorgetragen wird, um den Gesetzgeber dazu zu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, die eine gerichtliche Überprüfung der AGB im B2B-Bereich in Zukunft erschweren. Eine Rechtsunsicherheit besteht in diesem Fall nicht, da gerade bei der Formulierung der AGB gemäß § 307 II Nr. 1 BGB die wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken berücksichtigt werden müssen. Diese finden sich im BGB, dessen Studie der Rechtsunsicherheit gewiss abhilft.

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AGB IM B2B-BEREICH Denkbar wäre eine Konkretisierung der derzeitigen gesetzlichen Regelungen, ohne die Anwendbarkeit für den B2B-Bereich einzuschränken, da gerade die KMU auf die gerichtliche Überprüfung der AGB angewiesen sind In diesem Zusammenhang erscheint eine Regelung möglich, die vorschreibt, dass alle getroffenen Vereinbarungen, gleichlautend für beide Vertragspartner gelten müssen.

5. Schlusswort 5.1. Gesprächsbedarf Der BGA begrüßt das Ziel der Justizministerinnen und Justizminister das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Verträge zwischen Unternehmen zu überprüfen. In diesem Zusammenhang begrüßt der BGA auch das Engagement des Bundesministeriums für Justiz, zu prüfen, wie die Unternehmen das geltende AGB-Recht zwischen Unternehmen beurteilen. Allerdings haben wir große Bedenken hinsichtlich des Schutzcharakters einer zukünftigen Regelung und bieten gegenüber dem Gesetzgeber, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technik, dem Bundesministerium für Justiz und den damit befassten Referaten ausdrücklich unsere Unterstützung bei der Lösung der geschilderten Probleme an. Der BGA ist jederzeit bereit, die Arbeit der beteiligten Personen als Sprachrohr der Wirtschaft und konstruktiver Partner zu begleiten. Wir würden die Problematik auch sehr gern in einem persönlichen Gespräch erläutern und würden uns freuen, wenn Sie uns die Möglichkeit dazu geben würden. Für Rückfragen und Anregungen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung. Wir freuen uns jederzeit, von Ihnen zu hören.

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