Protokoll der Exkursion in die HTL Hollabrunn vom

Protokoll der Exkursion in die HTL Hollabrunn vom 10.6.2011 In der HTL Hollabrunn wurde ein wahrscheinlich österreichweit einzigartiges Schulungszentr...
Author: Lukas Gerber
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Protokoll der Exkursion in die HTL Hollabrunn vom 10.6.2011 In der HTL Hollabrunn wurde ein wahrscheinlich österreichweit einzigartiges Schulungszentrum für Photovoltaik, Solarenergie, Biomasseheizungen und Wärmepumpen aufgegebaut. Mittlerweile durchlaufen alle SchülerInnen der HTL dieses Schulungszentrum. Es verläßt also keinE SchülerIn mehr die HTL, der/die nicht grundlegend über Solarenergie Bescheid weiß! In Kooperation mit der Wirtschaftskammer und dem Bundesverband für Photovoltaik werden laufend dreitägige Photovoltaik-Kurse für alle Elektriker (Module: PV-Grundschulung; EDV, Blitschschutz, Anlagendimensionierung; Datenkommunikation) in Österreich angeboten, die fast zu 100% ausgelastet sind. Außerdem wird auch eine Zusatzausbildung zum Solarteur (derzeit noch kein eigenes Berufsbild) für Elektriker und Installateure angeboten. Das für die LEADER Region Weinviertel-Manhartsberg erstellte Energiekonzept hat ein Dachflächenpotenzial für etwa 30.000 Photovoltaikanlagen á 5 kW ermittelt. A) Photovoltaik Peter Spannbruckner, der als Werkstättenlehrer den Bereich Photovoltaik seit Ende der achtziger Jahre aufgebaut hat, führt durch die Anlage: 1) Im Schaugarten gibt es verschiedene netzgekoppelte Solargeneratoren, die verschiedene Anwendungsfälle simulieren sollen: 2)  Montageart: o Aufgeständerte Anlagen für Flachdächer o Aufgeständerte Freianlagen o Indachmontage o Aufdachmontage o Mittels Tracker zweiachsig nachgeführte Anlagen, die etwa 30% Mehrertrag bringen können (Endmontage voraussichtlich im Herbst) o Module zum Sonnenschutz über Fenster montiert: Sanyo-Hit-Double-Module erzeugen gleichzeitig auf der Vorder- und Rückseite Solarstrom. Die Rückseite der Module nimmt Umgebungslicht auf, das von umliegenden Oberflächen reflektiert wird. Diese zusätzliche Lichtmenge wird mit dem durch die Vorderseite aufgenommenen Licht vereint. o Car-Port mit Photovoltaikmodulen für Stromladestation für Elektrofahrzeuge  Blitzschutz: o Anlagen auf Dächern ohne Blitzschutz

o

Anlagen auf Dächern mit Blitzschutz, der erforderliche Mindestabstand des Generators zur Blitzschutzleitung wird eingehalten. o Anlagen auf Dächern mit Blitzschutz, der erforderliche Mindestabstand des Generators zur Blitzschutzleitung wird nicht eingehalten (dadurch sind zusätzliche Überspannungsableitungsmaßnahmen erforderlich, die etwa 1500.- € Mehrkosten verursachen.  Modulart: o Mono- und polykristalline o Dünnschichtmodule Die Aufgabe der SchülerInnen besteht nun in der Ausführung verschiedener Verschaltungsvarianten. 2) Außerdem werden auch die verschiedensten Modul- und Dächervarianten für einen Inselbetrieb demonstriert. Hier werden die Vielfalt an Dächern, Montagestystemen und Modularten vorgestellt: Dachziegel, Welleternit, Blechdach, Flachdach, Prefadach, Vilas Dachschindel. 3) Schulungsraum für Inselbetrieb: Hier befinden sich die restlichen Anlagenkomponenten für den Inselbetrieb wie Freischalter, Wechselrichter, Solarladegerät und Solarakku sowie verschiedene Verbraucher. Für das modulartig aufgebaute Spezialsystem, das es den SchülerInnen ermöglicht, verschiedenste Komponenten einfach auszutauschen und zu verwenden, hat die HTL den Meilenstein-Preis erhalten. Die SchülerInnen müssen zuerst eine Anlage im Inselbetrieb richtig auslegen und dann praktisch den Beweis durch den Einsatz und die richtige Verschaltung der passenden Komponenten antreten, dass die ausgelegte Anlage auch wirklich funktioniert. 4) Schulungsraum für netzgekoppelte Anlagen: Hier sind alle erforderlichen Komponenten für den Netzbetrieb vorhanden, angefangen vom Wechselrichter bis zum Zählerschrank. Es sind die verschiedensten Wechselrichter vorhanden: einphasige, mehrphasige und Drehstromwechselrichter. Die Wechselrichter sollten für eine lange Lebensdauer möglichst dort aufgestellt werden, wo es konstante Temperaturen gibt (z.B. Garage, jedenfalls nicht im unbeheizten Dachraum). Sie sind für einen Einsatzbereich von etwa -25°C bis 50° C ausgelegt. Die Aufgabe der SchülerInnen besteht wiederum darin, den Strom von den Modulen im Schaugarten richtig nach den entsprechenden Anforderungen (Blitzschutz, Überschussoder Volleinspeisung) einzuspeisen. Natürlich sind auch die verschiedensten Meßgeräte vorhanden und für jeden Arbeitsplatz steht ein PC zur Anlagendimensionierung zur Verfügung. Bei der Diskussion zum Brandschutz wurde festgestellt, dass bei ordnungsgemäßer Installation im Brandfall kein Problem entstehen sollte, da über den Freischalter oder den Wechselrichter, jederzeit die Anlage ausgeschalten werden kann. Allerdings werden derzeit auch diesbezüglich verschiedene Normen weiterentwickelt.

B) Solarthermie: Peter Loy hat als Werstättenlehrer diesen Teil des Schulungszentrums aufgebaut. Er ist Elektro- und Regelungstechniker, hat als Umweltgemeinderat gearbeitet und war auch bei der Errichtung der Nahwärme in Hollabrunn und der Windkraftanlage maßgeblich involviert. In der HTL gibt es auch etliche thermische Kollektoren und auch die nötigen andern Systemkomponenten für die Warmwasserbereitung und die teilsolare Raumheizung samt umfangreicher Messvorrichtungen. Das Hauptanliegen von Peter Loy ist die effiziente Nutzung von Solarenergie. Voraussetzung dafür ist auch das Vorhandensein eines Niedertemperatur-Wärmeabgabesystems (Fußbodenheizung, Wandheizung, groß dimensionierte Radiatoren). C) Windkraftnutzung: Das für die Leaderregion Weinviertel-Manhartsberg erstellte Energiekonzept zeigt ein großes Windkraftpotenzial in der Region auf. Mit 52 Anlagen könnte der gesamte Strombedarf aller Haushalte in der Region gedeckt werden. Die Gemeinden mit dem größten technisch-rechtlichen Potenzial sind: Wullersdorf, Guntersdorf, Hollabrunn, Pernersdorf und Hadres.

Bild siehe Seite 86 auf http://www.leader.co.at/fileadmin/user_upload/Themen/Energieregion/Endbericht_Region ales_Energiekonzept_Dezember_2010-Teil2von2.pdf.

1) Input DI Franz Angerer, Leiter der Geschäftsstelle für Energiewirtschaft der NÖ Landesregierung DI Angerer zeigt den steigenden Energieverbrauch der letzten Jahrzehnte auf, das jährliche Stromwachstum alleine beträgt etwa 2%, mit 300% ist insgesamt am stärksten die Menge des Diesels gestiegen. Die von ExpertInnen erstellte Studie Energiezukunft NÖ geht auch von einem Wachstum von etwa 30-40% bei den Erneuerbaren Energieträgern die nächsten 10 Jahre aus. Die Zahlen führen aber deutlich vor Augen, dass eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs nötig ist, um den Anteil der erneuerbaren Energieträger zu erhöhen. Das ist besonders im Strombereich wichtig, da der Stromverbrauch weiter steigen wird, weil er Bestandteil von Effizienztechnologien ist, die in Zukunft forciert werden (z.B. Komfortlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung). Zwar hat Bayern mit 5% Phovoltaikstrom einen hohen Photovoltaikanteil (10% PV-Strom wäre problemlos netzverträglich), bei uns ist der Anteil aber erst etwa 0,5%. Die wirklich einzige Möglichkeit den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung maßgeblich zu erhöhen und damit die NÖ-Landesziele zu erreichen, ist also die Windkraft. Um den Windstrom von begünstigten Lagen (z.B. Offshore-Windparks in der Nordsee) zu beziehen, fehlen derzeit die notwendigen Leitungsnetze, daher ist die regionale Produktion unumgänglich. 2) Input Bgm. Richard Hogl Zeigt auf, wie schwierig die Umsetzung in einer Gemeinde ist, wo gezielt eine Gegnerschaft zur Windenergie aufgebaut worden ist, die auch nach einer positiven Gemeindebefragung weiterhin besteht. Er hält den Standpunkt, gegen Atomenergie zu sein und gleichzeitig gegen Windkraftanlagen, für unehrlich. Ihm geht als Bürgermeister eine eindeutig positive Haltung sowohl der Bevölkerung und der Politik zu den erneuerbaren Energien ab und hält diese unabdingbar notwendig für eine Umsetzung von Energieprojekten in der Gemeinde. 3) Input Martin Steininger, Geschäftsführer Windkraft Simonsfeld Windkraft Simonsfeld hat ganz klein mit 2 Windrädern angefangen, verfügt aber mittlerweile über 55 Windkraftanlagen in Österreich, die etwa 250 Millionen kWh erzeugen, und beschäftigt etwa 40 Personen. Da die Rahmenbedingungen in Österreich in der letzten Zeit nicht so günstig waren, hat Windkraft Simonsfeld auch einen 1,2 MW großen Photovoltaikpark in Tschechien errichtet und ein Projekt mit 28 Windkraftanlagen in Rumänien. Windkraft Simonsfeld hat insgesamt 250 Personen, die sich an der Gesellschaft beteiligt haben, die Jahresabschlüsse sind öffentlich für alle zugänglich, so daß jedeR nachverfolgen kann, was mit dem Kapital geschieht. Die Beteiligungsmöglichkeit besteht natürlich für alle BürgerInnen auch bei neuen Projekten. Die Technologie hat sich bei Windkraftanlagen in den letzten Jahren sehr stark entwickelt. Haben die ersten 2 Windkraftanlagen im Simonsfeld noch etwa 1 Million kWh erzeugt,

kann man mit heutigen Windrädern 8-9 Millionen kWh produzieren. Um möglichst viel Strom erzeugen ist die Nabenhöhe heute mit Beton- oder Stahlmasten zwischen 100 und 140 m. Die Höhe, die viele von der Zahl her erschreckt, ist in der Praxis aber kein Problem, wie die Erfahrungen an den umgesetzten Standorten zeigen. Denn die tatsächliche Höhe lässt sich schwer einschätzen. Windkraftanlagen sind problemlos rückbaubar, die Erträge für den Altstahl machen die Abbaukosten mehr als wett, für den Abbau von Betonmasten müssen Investitionskosten von etwa 180.000.- € gerechnet werden. Der Abbau von Windkraftanlagen, die eine Nutzungsdauer von 20 Jahren haben, ist aber in den Verträgen mit den Grundstücksbesitzern genau geregelt. Verschiedene Studien zeigen auf, dass mittlerweile die Windkraft den Strom um etwa 0,5 bis 1% billiger macht. Wirtschaftlich ist ein Windkraftprojekt aufgrund der hohen Netzanschlusskosten ab einer Anzahl von ungefähr 5-6 Windkraftanlagen. Wenn ein Konsens mit der Gemeinde vorhanden ist, ist die Umsetzung eines Windkraftprojekts eine unaufgeregte Sache. Die Gemeindebefragung in Unterstinkenbrunn zeigt (fast 93% Zustimmung zum Windpark), dass dann die Zustimmung der Bevölkerung gut zu erreichen ist. Bevor man mit einem Projekt in die Öffentlichkeit geht, bedarf es einer Vereinbarung mit der Gemeinde und die Identifizierung konkreter Standorte. Ohne Standorte zu kennen, lässt sich ein Vorhaben nicht sinnvoll darstellen, weil niemand abschätzen kann, wie er betroffen ist. Wenn die Gemeinde für ein Projekt einen Partner sucht, soll der Partner genau auf seine Seriosität hin und seine regionale Verankerung überprüft werden. Windstandorte im Bezirk verfügen nicht über einen so hohen Ertrag wie im Osten von Österreich (Poysdorf hat etwa 5-10% weniger als in Parndorf und in Wullersdorf werden es noch einmal etwa 5% weniger sein). Für die Umsetzung von Projekten sind aus Sicht der Windkraft Simonsfeld folgende Punkte wichtig: o o

Einbindung der Bevölkerung (rasche Entscheidung für eine Abstimmung) Kompakter Verfahrensablauf o Üblicher Ablauf:  Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung  Flächenwidmung  Umweltverträglichkeitsprüfung  Bau der Windkraftanlage o Vielseitige Arbeitsmethoden bei öffentlichen Präsentationen (Projekthomepage, Videoclips, Fotomontagen, ...)

Für alle, die sich näher mit Windkraft im Zuge eines Projektes befassen wollen, ist eine Exkursion zu bestehenden Anlagen empfehlenswert um sich einen konkreten Eindruck zu verschaffen (z.B. Lärm, Höhe, Wirkung in der Landschaft, ...). Diskussion zur Windkraft: Einwand: Die Gemeinde hat nichts davon außer Ärger. Entgegnung: etwa 6000.- € pro Standort (Standortgebühren hängen vom wirtschaftlichen Potenzial des Projekts ab) -> ein Windpark bringt also der Gemeinde in etwa so viel wie ein großes Unternehmen. In vielen Gemeinden ist die Projektumsetzung kein Problem.

Für das Protokoll verantwortlich: Mag. Peter Haftner, Umweltberatung Weinviertel