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Presseinformation 16.02.2017 Pressemitteilung Berlin 16. Februar 2017 Watched! Surveillance, Art & Photography Überwachung & Fotografie C/O Berlin...
Author: Mathilde Ritter
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Presseinformation 16.02.2017

Pressemitteilung Berlin 16. Februar 2017

Watched! Surveillance, Art & Photography Überwachung & Fotografie

C/O Berlin präsentiert vom 18. Februar bis 23. April 2017 die Ausstellung Watched! Surveillance, Art & Photography. Die Eröffnung findet am Freitag, den 17. Februar 2017 um 19 Uhr im Amerika Haus in der Hardenbergstraße 22-24, 10623 Berlin, statt.

“First of all, I know it’s all people like you. And that’s what’s so scary. Individually you don’t know what you’re doing collectively.” Dave Eggers, The Circle Überwachung total? Videokameras in Banken, Kaufhäusern und an öffentlichen Plätzen, von Algorithmen gesteuerte Werbung und persistente Cookies im Internet, staatliche Vorratsdatenspeicherung und private Cloud-Speicherdienste – im Alltag sind permanente Beobachtung und Data Sharing heute selbstverständlich. Tagtäglich nutzen wir Dienste wie Google Maps, schauen uns Live-Streams an und begeistern uns über Health-Apps und ungeahnte Möglichkeiten der Selbstkontrolle. Wir verfolgen unsere Freunde und wildfremde Menschen auf Facebook, Twitter und Instagram und werden selbst kontinuierlich getrackt. Wir profitieren von den neuen digitalen Techniken und Angeboten und sind dafür bereit, unser Privatleben immer öffentlicher werden zu lassen. Überwachung und Big Data sind längst zu einem großen gesellschaftlichen Thema geworden. Überwachung beschränkt sich heute nicht auf visuelle Kontrolle, dennoch muss das fotografische Moment thematisiert werden, um zu verstehen, wie Überwachung funktioniert. Unsere gesamte Existenz wird aktuell in nie dagewesenem Maße fotografiert und visualisiert. Das wirft neue Fragen nach freiwilliger und unfreiwilliger Sichtbarkeit auf, aber auch fotohistorische Fragen nach dem Beobachten und beobachtet werden. In der Ausstellung Watched! Surveillance, Art & Photography werden die komplexen Zusammenhänge moderner Überwachung daher mit einem besonderen Augenmerk auf die Fotografie und visuelle Medien beleuchtet. Von staatlich und behördlich genutzten Technologien bis hin zu alltäglichen Überwachungspraktiken, die vor allem in den sozialen Medien zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden sind. Die Frage ist: Wie können zeitgenössische Kunst und Medientheorie zu einem besseren Verständnis unserer modernen Überwachungsgesellschaft beitragen? Die Arbeiten von rund 20 internationalen Künstlern in der Berliner Ausstellung zeigen unterschiedliche Kommentare und Reaktionen auf eben diese Frage. Dabei werden sowohl junge aufstrebende künstlerische Positionen wie zum Beispiel von Julian Röder, Viktoria Binschtok oder Esther Hovers mit international anerkannten Positionen von Hito Steyerl, Trevor Paglen, Jill Magid, Hasan Elahi, Paolo Cirio, Adam Broomberg & Oliver Chanarin, James Bridle oder Ai Wei Wei kombiniert, um ein möglichst großes Spektrum der Herangehensweisen aufzuzeigen. Die Künstler bedienen sich Techniken wie Videoüberwachung, Gesichtserkennung, Google Street View, digitaler Selbstvermessung und virtueller Animation. Sie hinterfragen das Bedürfnis nach Sicherheit, das als Argument für eine zunehmende Überwachung dient und dabei oftmals Aspekte wie diskriminierende Kontrolle oder Kriminalisierung außen vor lässt. Der

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Pressemitteilung Berlin 16. Februar 2017

Betrachter ist eingeladen, darüber nachzudenken, wie wir in einer Gesellschaft mit vielfältigen Überwachungsnetzwerken leben können, ohne zu jenen Ungleichheiten beizutragen, die Überwachung schafft. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Hasselblad Foundation, der Valand Academy, der Kunsthal Aarhus und C/O Berlin. Sie wurde kuratiert von Louise Wolthers und Dragana Vujanovic (Hasselblad Foundation), Niclas Östlind (Valand Academy) sowie Ann-Christin Bertrand (C/O Berlin). Sie ist Teil eines von der Hasselblad Foundation initiierten Projekts zu Überwachung, Kunst und Fotografie in Europa nach der Jahrhundertwende. Die begleitende Publikation, erschienen in der Verlagsbuchhandlung Walther König, enthält Kunstwerke von vierzig Künstlern, daneben Aufsätze von zahlreichen Wissenschaftlern und wurde erst im November vom Time Magazine in der Kategorie „Best Photobooks of 2016“ ausgezeichnet. Watched! Surveillance, Art & Photography, 2016, 296 Seiten, 38 Euro. Die Realisierung der Ausstellung in Berlin wird aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds ermöglicht. Im Rahmen ihrer häuserübergreifenden Kooperation präsentieren C/O Berlin und das Museum für Fotografie ab Februar 2017 drei inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausstellungen zum Thema Überwachung und Fotografie mit aktuellen und historischen künstlerischen Positionen.

Bereits seit Juni 2016 widmet sich C/O Berlin zusammen mit der Deutsche Börse Photography Foundation in einer Veranstaltungsreihe mit Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen dem Thema Überwachung. Nächste Termine: Do 30.03.2017 . 20:30 Uhr . Sicher Unsicher mit Dominik Haubrich Do 20.04.2017 . 20:30 Uhr . Seeing Machines mit James Bridle

Kuratorenführungen Mi 22.02., 01.03., 08.03., 29.03., 19.04., jeweils 18:00 Uhr

Access for Data Zugang gegen Daten – Wer bereit ist, sich während seines Ausstellungsbesuchs mit der mobilen Installation „Access for Data“ filmen zu lassen und das Video live ins Netz streamt, erhält einmalig kostenlosen Zugang. Die interaktive Installation wurde von der Berliner Künstlergruppe ÜB3R für die Ausstellung entwickelt und kann am Infotresen bei C/O Berlin angefragt werden. #AccessforData www.UEB3R.de www.facebook.de/ueb3r

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Watched! Surveillance, Art & Photography Überwachung & Fotografie

Ausstellung 18. Februar bis 23. April 2017 Eröffnung 17. Februar 2017 . 19 Uhr Presseführung 16. Februar 2017 . 11 Uhr Öffnungszeiten täglich . 11 bis 20 Uhr Eintritt 10 Euro . ermäßigt 6 Euro Ort C/O Berlin . Amerika Haus Hardenbergstraße 22-24 . 10623 Berlin Veranstalter C/O Berlin Foundation www.co-berlin.org www.facebook.com/coberlinphoto www.instagram.com/coberlin www.twitter.com/coberlin #coberlin Pressekontakt Susanne Kumar-Sinner Telefon 030.284 44 16 41 . [email protected]

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01 Adam Broomberg & Oliver Chanarin, The Painter‘s Wife, 2013, from Spirit is a Bone © Adam Broomberg & Oliver Chanarin 02 Paolo Cirio, Overexposed. 2015, from a series of unauthorized photos of NSA, CIA and FBI officials found on social media © Paolo Cirio 03 + 04 Hito Steyerl, Still from How Not to Be Seen: A Fucking Didactic Educational .Mov File, 2013, HD Video © Hito Steyerl, Courtesy the artist and Andrew Kreps Gallery, New York 05 Meriç Algün Ringborg, Doppelgänger, from Which no one will ever see, 2012 © Meriç Algün Ringborg, Photo: Serkan Tunç, Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Stockholm 06 + 07 Jill Magid, Still from Trust, (Evidence Locker), 2004 © Jill Magid, Courtesy the artist & untithen 08 James Bridle, Still from Seamless Transitions, 2015 © James Bridle, Animation by Picture Plane 09 Ann-Sofie Sidén, Sticky Floors (Lunch to last Call), 2014 © Ann-Sofie Sidén, Courtesy the artist and Galerie Barbara Thumm 10 James Bridle, Homo Sacer, 2014, Installation view FACT Liverpool © James Bridle 11 Trevor Paglen, NSA-Tapped Fiber Optic Cable Landing Site, Marseille, France 2015, © Trevor Paglen 12 Julian Röder, High Performance Camera - MX 15 and Frequency Modulated Continuous Wave Radar, 2013, from Mission and Task 2012-13 © Julian Röder 13 Florian Mehnert, Waldprotokolle 2013, Installation View 2015 © Florian Mehnert 14 Ruben Pater, Drone Survival Guide, 2012 © Ruben Pater Die Bilder dürfen nur im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung, bis einschließlich Ende der Ausstellungslaufzeit kostenfrei verwendet werden. Sie dürfen nicht modifiziert, beschnitten und überdruckt werden. Bitte die korrekten Bildbeschreibungen stets angeben. C/O Berlin, die Künstler sowie die Ausstellung müssen bei einer Veröffentlichung erwähnt werden. Hochauflösende Druckdaten erhalten Sie in der Pressestelle von C/O Berlin. Kontakt Susanne Kumar-Sinner, [email protected], 030.284 44 16 41

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Watched!

18.02.–23.04.2017 Saaltexte in der Ausstellung

Jill Magid Trust (The Evidence Locker), 2004 Performance-Video, bearbeitete Bild- und Tonaufnahmen von Überwachungskameras, 18 min Courtesy of the Artist und Until Then Evidence Locker ist eine Multimedia-Arbeit, die auf einer 31 Tage dauernden Performance in Liverpool beruht und aus Aufnahmen von Überwachungskameras und einer Novelle besteht. Magid bat City Watch, das für die Videoüberwachung der Stadt zuständige Unternehmen, sie an verschiedenen Orten und in verschiedenen Posen zu filmen sowie – wie hier im Video Trust (Evidence Locker) – bei geschlossenen Augen durch die Stadt zu geleiten. Dabei trug sie stets einen knallroten Trenchcoat. Die Anträge, die sie anschließend einreichte, um Zugang zu den Aufnahmen zu erhalten, verfasste sie in Form von Liebesbriefen. Das Projekt verwickelt das nicht öffentliche Überwachungssystem der Stadt in ein intimes Zwiegespräch und verweist auf das hohe Maß an Vertrauen, das Überwachungsmaßnahmen von uns verlangen.

Florian Mehnert Waldprotokolle, 2012 Installation, 22 Kopfhörer, 22 MP3-Player, Courtesy of the Artist Die Natur, speziell der Wald, gilt als Rückzugsort, an dem man sich ungestört aufhalten kann und nicht beobachtet oder belauscht wird. In seiner Arbeit Waldprotokolle hat Florian Mehnert in Wäldern Mikrofone installiert und die Gespräche vorbeikommender Spaziergänger mitgeschnitten. So bleibt kein Ort des unbeobachteten Rückzugs mehr, und die Waldprotokolle werden zum Verweis auf die Gefahr und Absurdität von Überwachung. Indem der Künstler die Protokolle anschließend veröffentlicht, macht er die unsichtbare Bedrohung greifbar und fordert zur Reflexion über die Problematik von Überwachung auf. So veranschaulichen die Abhörprotokolle aus dem Wald die heimliche Bedrohung und dienen letztlich als Metapher dafür, wie sich die Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem immer weiter auflöst: Privatsphäre wird zu einem zunehmend kostbaren, schützenswerten Gut.

Hasan Elahi Prism V2, 2017 Aus der Serie Tracking Transience, Internetbasierte Installation, C-print, Courtesy of the Artist Hasan Elahis Projekt begann 2002, als er in der äußerst angespannten Atmosphäre nach den Anschlägen vom 11. September auf einem Detroiter Flughafen festgenommen wurde, unter dem falschen Verdacht, er besitze einen Lagerraum voller Sprengstoff. Als die US-Behörden monatelang weiter gegen ihn ermittelten, nachdem er längst entlastet war, beschloss der Künstler, die Sache in die eigene Hand zu nehmen und kontinuierlich seine Aufenthaltsorte zu verzeichnen. Zu diesem Zweck verwandelte er sein Handy in ein Trackinggerät, stellte die Seite trackingtransience.net online und fing an, mithilfe von Fotos und Google Maps all seine Bewegungsdaten zusammenzutragen. Aus diesem mittlerweile gewaltigen Archiv sind seitdem mehrere Kunstwerke hervorgegangen, welche die gegenwärtigen Überwachungsmethoden und das heutige Übermaß an Informationsaustausch hinterfragen. Prism reiht abwechselnd sieben farbige Balken und Darstellungen in Schwarz-Weiß aneinander. Bei letzteren handelt es sich um Luftaufnahmen von Dächern der NSA-Zentrale in Fort Meade, Maryland, die elektronische Überwachungsgeräte

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18.02.–23.04.2017 Saaltexte in der Ausstellung

zeigen, welche vom Boden aus nicht zu sehen sind. Jemand beobachtet nun also die Beobachter; die Überwachungsbehörde selbst wird überwacht. Die farbigen Balken wiederum erweisen sich als Ansammlung unzähliger Bilder von Elahis Selbstüberwachung aus Tracking Transience. Durch die Gesamtzahl der Balken ergibt sich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zur US-Flagge: Beide haben insgesamt dreizehn Streifen…

Ai Wei Wei Weiweicam, 2012 Tapete, Courtesy of Ai Wei Wei Studio WeiweiCam ist ein Selbstüberwachungsprojekt des chinesischen Künstlers Ai Wei Wei, das am 3. April 2012, ein Jahr nach seiner Verhaftung durch die chinesischen Behörden am Flughafen Peking, online ging. Als Ai Wei Wei im Juni 2011 nach 81 Tagen aus der Haft entlassen wurde, bekam er die Auflage, Peking nicht zu verlassen. Außerdem wurde er mithilfe von 15 Kameras, die rund um sein Haus angebracht wurden, 24 Stunden am Tag überwacht. Ai Wei Wei installierte daraufhin selbst vier Kameras direkt in seinem Haus: eine in seinem Schlafzimmer, eine im Garten und zwei in seinem Büro. Die Live-Bilder stellte er auf seiner Internetseite der Weltöffentlichkeit zur Verfügung. 46 Stunden später zwangen ihn die Behörden, die Website offline zu nehmen. Während dieser Zeit besuchten mehr als 5,2 Millionen Internetnutzer die Seite.

Paolo Cirio Overexposed, 2015 Online angeeignetes Bild, High Definition Stencils, Courtesy of the Artist und NOME Mit Overexposed zielt Paolo Cirio auf hochrangige Beamte der US-Geheimdienste, die mit den von Edward Snowden enthüllten Programmen massenhafter Überwachung zu tun haben. Durch soziale Medien und Online-Recherchen gelangte Cirio an Porträts dieser Schlüsselfiguren, die er anschließend – als Aufruf zu zivilgesellschaftlicher Transparenz – mittels der HD-StencilsTechnik als Graffiti an öffentliche Wände in mehreren Weltstädten sprühte. Die nicht autorisierten Porträts waren in Berlin, Paris, London und New York zu sehen. Durch die Zurschaustellung der Beamten, die für geheime Massenüberwachung und übertrieben geheime GeheimdienstProgramme verantwortlich sind, formuliert das Kunstwerk eine satirische Kritik am Zeitalter allgegenwärtiger Überwachung und übermäßiger Medienpräsenz des politischen Personals. Dazu bedient es sich neuer Formen der Verbreitung, Aneignung, Kontextualisierung und technischen Reproduktion von Bildern. Hier präsentierte Personen: Keith Alexander, (NSA), James Comey, (FBI), John Brennan (CIA).

James Bridle Homo sacer, 2014 Installation, Hologramm, Courtesy of the Artist und NOME Mit Homo Sacer thematisiert Bridle, was er den ultimativen Arbeiter des 21. Jahrhunderts nennt: das Hologramm, gänzlich virtualisiert, programmiert, unermüdlich und faszinierend. Das Hologramm rezitiert hier Zeilen aus Gesetzestexten Großbritanniens, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, sowie Aussagen von Ministern zur Staatsbürgerschaft und zu deren

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Entzug – einem Akt, der aus einem Bürger einen Homo Sacer macht: einen Verfemten oder eine Person ohne Rechte.

Trevor Paglen NSA-Tapped Fiber Optic Cable Landing Site, Marseille, France 2015 C-print und verschiedene Medien auf Schifffahrtskarte, Courtesy of Collection SVPL Paglen befasst sich mit der Materialität des Internets und der massiven Datenüberwachung, die über dessen Kanäle stattfindet. Auch wenn uns eine Metapher wie „Cloud“ suggeriert, das Internet sei eine allgegenwärtige Entität ohne festen Ort, benötigt es in Wirklichkeit eine echte, physische Infrastruktur. Die hier gezeigte Aufnahme der Südfranzösischen Küste weist auf jene Stelle hin, an der die Unterwasserkabel, die den amerikanischen und den europäischen Kontinent verbinden, das Festland erreichen und von der NSA zu Überwachungszwecken angezapft werden. Eine von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) angefertigte Seekarte für die Seeschifffahrt macht die Verläufe dieser Glasfaserkabel sichtbar, um zu verhindern, dass Schiffe mit ihnen kollidieren. Ergänzt wird diese Arbeit um diverse interne NSA-Dokumente aus den Archiven von Edward Snowden, sowie um Firmendokumente und weitere Fotografien jener Stellen.

Clément Lambelet Collateral Visions, 2016 Installation, verschiedene Medien, Courtesy of the Artist und ECAL, Lausanne Inszenierte Ganzkörperaufnahmen, die mit einem Body-Scanner vom Flughafen gemacht wurden, ein Selbstporträt, hergestellt mit einem Gesichtserkennungsalgorithmus, Videos von Dronenangriffen: Die Serie Collateral Visions des Schweizer Künstlers Clément Lambelet untersucht die Darstellung und Wahrnehmung des Menschen durch digitale Algorithmen und computerbasierte Techniken. Durch Neuinterpretation jener modernen Verfahren menschlicher Beobachtung löst er diese aus ihrem üblichen Verwendungszusammenhang und verwandelt sie in visuelle Anregungen, welche auf sowohl kontemplative als auch konfrontative Weise an die Risiken dieser Kontrolltechnologien verweisen. Ergänzend dazu bedient der Künstler sich zusätzlicher Dokumente, Daten und Bilder in Form eines Atlas, welcher die Prinzipien der Entmenschlichung, auf denen Algorithmen beruhen, und die negativen sozialen Folgen von Kontrollgesellschaften verdeutlicht. Die Publikation Happiness is the only true emotion handelt zudem von Algorithmen zur Gefühlserkennung und deren Versagen. Durch die Aneignung operativer Bilder und Inszenierungen in Überwachungsgeräten, enthüllt Collateral Visions so die Systeme der Entmenschlichung und Angst, die moderne Überwachungsmethoden kennzeichnen.

Julian Röder Mission and Task, 2012 / 2013 Archival Pigment Print, Courtesy of the Artist Grenzen bestehen nicht mehr aus Zäunen, sondern aus Daten und Informationen. In seiner Serie Mission and Task richtet Julian Röder seine Kamera auf Beamte der Europäischen

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Grenz- und Küstenwache (EBCG, bis vor kurzem Frontex genannt), die jene Daten und Informationen sammeln, mit denen Europas Außengrenzen kontrolliert und gesichert werden. Doch der Künstler porträtiert nicht nur diese Beobachter, er dokumentiert auch das Hightech-Equipment und die intelligenten Computersysteme, die die EBCG nutzt, um die Grenzüberwachung zu intensivieren und Flüchtlinge an der Einreise in die Europäischen Union zu hindern. Als Versuch, Bilder für etwas zu finden, das sich der direkten Beobachtung entzieht und beinahe virtuell geworden ist, zeigt Mission and Task Grenzsicherung als ein aus Informationen und Daten bestehendes System der Bildproduktion, das inzwischen an die Stelle physischer Grenzbefestigungen getreten ist.

Viktoria Binschtok World of Details, 2011–2012 C-print, Inkjet Print, MDF, Courtesy of the Artist, Klemm’s und Sammlung Lazimbat/Ehle, Berlin In World of Details macht Viktoria Binschtok einzelne Bilder von Google Street View zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit. Diese anonymen, automatischen Aufnahmen eines bestimmten Ortes in New York sind ihren eigenen, hochauflösenden Farbaufnahmen gegenübergestellt. Die Künstlerin hat eben jene Orte aufgesucht und versucht, durch Überwindung der Distanz und physische Annäherung an die Objekte hinter die Oberfläche der abgebildeten Schauplätze zu gelangen. Das Ergebnis sind zwei Sichtweisen auf ein und denselben Ort: hier das Ergebnis eines systematischen Aufnahmeprozesses, dort der menschliche, künstlerische Kamerablick, der eine ganz andere Art des Dokumentierens intendiert. Auf diese Weise reflektiert World of Details heutige Verwendungs-und Wahrnehmungsweisen von Fotografie im Zeitalter von Internet und Überwachung.

Adam Broomberg & Oliver Chanarin Spirit is a Bone, 2013 104 Glastafeln, verschiedene Medien, Courtesy of the Artists und Lisson Gallery Spirit is a Bone ist eine Porträt-Serie, die auf neuer Technik zur Gesichtserkennung beruht. Das von russischen Software-Ingenieuren für den internationalen Markt im Bereich Sicherheitsdienste und Grenzkontrollen entwickelte System erfasst mit vier verschiedenen Kameras das Gesicht einer Person, ohne dabei auf deren Mitwirkung angewiesen zu sein, und erzeugt eine dreidimensionale digitale Lebendmaske. Anschließend ordneten die Künstler die Porträts entsprechend der Berufe der Porträtierten an – eine Reminiszenz an das Werk August Sanders aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Ruben Pater Drone Survival Guide, 2013 Poster auf Aluminiumpapier, Courtesy of the Artist Drohnen sind ferngesteuerte Fluggeräte, die sowohl zur Überwachung und für gewaltsame Angriffe, als auch für Rettungsmissionen und wissenschaftliche Forschung eingesetzt werden können. Die meisten Drohnen werden heute vom Militär für Aufklärungsflüge und Angriffe genutzt. Ruben Paters Drone Survival Guide ermöglicht es Menschen, vom Boden aus verschiedene

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Arten von Drohnen zu identifizieren. Zugleich zeigt er, wie man sich davor schützen kann, von den Drohnen gesehen zu werden.

Ruben Pater A Study Into 21st Century Drone Acoustics, 2015 Vinyl-LP, gedruckt auf metallisiertem Karton, 12-seitiges Booklet, Courtesy of the Artist Für dieses Projekt haben sich der Designer Ruben Pater (Drone Survival Guide) und der Komponist Gonçalo F. Cardoso (Discrepant) zusammengetan, um die auditiven Aspekte von Drohnen zu thematisieren. Was für Motoren haben Drohnen, und wie klingen sie? Auf Seite A sind Aufnahmen von 17 Drohnentypen zu hören, von kleinen Hobbydrohnen bis zu großen Militärdrohnen – quasi ein modernes Vogelstimmenpotpourri. Auf Seite B findet sich eine Klanglandschaft von Gonçalo F. Cardoso, inspiriert von der missbräuchlichen und zerstörerischen Macht der Drohnentechnologie.

Mishka Henner No Man’s Land, 2011 Archival Pigment Prints Courtesy of the Artist No Man’s Land präsentiert Aufnahmen einzelner Frauen am Rande besiedelter Gebiete in Südeuropa, die ausnahmslos von Google-Street-View-Kameras gemacht wurden. Der Künstler hat diese Schauplätze mittels verschiedener Quellen identifiziert, darunter Online-Foren, in denen Männer nach Prostituierten suchen, aber auch mittels wissenschaftlicher Berichte über Prostitution in Europa. Das Ergebnis dieser Art der Informationsgewinnung durch Online-Recherchen ist eine beunruhigende Reflexion über Überwachung, Voyeurismus und die Landschaft in der heutigen Zeit.

Hito Steyerl How Not to be Seen: A Fucking Didactic Educational .Mov File 2013 Video-Installation, HD-Video, Einzelbildschirm in architektonischem Umfeld, 15:52 min Courtesy of the Artist und Andrew Kreps Gallery, New York Dieses Lehrvideo zeigt in fünf Lektionen, wie man es schafft, in einer Welt voller Bilder und Überwachung nicht gesehen zu werden; die Überschriften lauten: „How to Make Something Invisible for a Camera“ (Wie man etwas für eine Kamera unsichtbar macht), „How to be Invisible in Plain Sight“ (Wie man im direkten Blickfeld unsichtbar wird), „How to Become Invisible by Becoming a Picture“ (Wie man unsichtbar wird, indem man zu einem Bild wird), „How to be Invisible by Disappearing“ (Wie man durch Verschwinden unsichtbar wird) und „How to Become Invisible by Merging into a World Made of Pictures“ (Wie man unsichtbar wird, indem man mit einer Welt aus Bildern verschmilzt). Die Lösungen umfassen die Nachahmung technisch simpler wie auch digitaler Strategien, etwa Tarnung, Verschleierung und Maskierung oder aber Flucht in eine niedrigere Auflösung, um auf dem Bildschirm kleiner als ein Pixel zu erscheinen. Kamera, Berlin: Christoph Manz, Kamera, Los Angeles: Kevan Jenson Zweiter Stab: Leon Kahane

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Regieassistenz: Esme Buden, Alwin Franke, Nachbearbeitung: Christoph Manz, Alwin Franke Maske + Kostümbild: Lea Søvsø . Choreografie + Performance: Arthur Stäldi, Produktion: Kevan Jenson, Kabelhelfer, Los Angeles: Tony Rudenko. Educational Dummy: Hito Steyerl. Im Auftrag von Massimiliano Gioni, Biennale Venedig. Mit Unterstützung der Partner des International Production Fund (IPF) 2013: Outset England, Dermegon Daskalopoulos Foundation for Culture and Development, Outset USA, Outset Netherlands with Promoters Van Abbemuseum, Maurice Marciano Family Foundation. Dank an: Brian Kuan Wood, Meggie Schneider, Laura Poitras, Diana McCarty, Christopher Kulendran Thomas, Anton Vidokle.

Willem Popelier Obscured Classified Document (Situation Room), 2012 C-print, Courtesy of the Artist Als Osama bin Laden getötet wurde, veröffentlichte die US-Regierung keine Bilder dieses Ereignisses. Vielmehr entschied das Weiße Haus, nur wenige andere, sorgfältig ausgewählte Aufnahmen zu zeigen, darunter das heute berühmte Foto aus dem sogenannten Situation Room. Willem Popelier hat den Situation Room abfotografiert und das verpixelte Dokument auf dem Tisch vor der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton herangezoomt. Derart vergrößert füllt das undeutliche Dokument den gesamten Rahmen aus, und wirft damit die Frage danach auf, welche Informationen eigentlich sichtbar gemacht werden und was dem Blick der Öffentlichkeit verborgen bleibt.

Esther Hovers False Positives, 2015–2016 Installation, verschiedene Medien, Courtesy of the Artist Als intelligente Videoüberwachungssysteme gelten Algorithmus-basierte Kameras, die abweichendes Verhalten erkennen können. Längeres Innehalten, sich jäh auflösende Gruppen, eine genau an einer Straßenecke stehenbleibende Frau, ein durch eine langsam gehende Menge rennender Mann – all dies kann im öffentlichen Raum als abweichendes Verhalten eingeordnet werden. In ihrer Arbeit False Positives hinterfragt Esther Hovers, worin Abweichung besteht und was als normal gilt. Die öffentliche Sicherheit ist Gegenstand zunehmender Sorge, nicht nur in Europa. Für das Auge der Kamera ist jede Person ein potentieller Verdächtiger, jede Person ein potentieller Täter. Wird intelligente Überwachungstechnik wirklich dabei helfen, jene Sicherheit zu gewährleisten, die uns wichtig ist?

Meriç Algün Ringborg Which No One Will Ever See, 2012 Installation, verschiedene Medien, Courtesy of the Artist und Galerie Nordenhake Which no one will ever see ist eine Serie von Arbeiten, die dem Leben zweier fiktiver Figuren entsprungen ist: Harry Caul aus Francis Ford Coppolas Film Der Dialog (1974) und des Fotografen Thomas aus Michelangelo Antonionis Blow-Up (1966). In der ausgeklügelten Installation der Künstlerin finden sich Schlüsselobjekte aus beiden Filmen, beispielsweise ein Fotoapparat wie ihn

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Thomas in Blow-Up verwendet oder ein durchsichtiger Regenmantel wie ihn Harry Caul in Der Dialog trägt. Durch Abwandlung der Geschichten, etwa durch das Hinzufügen einer weiblichen Stimme, thematisiert diese Arbeit die Bedeutung von Blickpositionen in Überwachungshandlungen.

Sara-Lena Maierhofer Dear Clark, 2012 Mixed media Courtesy of the Artist Christian Karl – etwas gewöhnlich und wenig eindrucksvoll. Er entwarf schönere und klingendere Namen: Christopher Crowe, Clark Rockefeller. Er erschuf seine eigene Wirklichkeit und man glaubte ihm, mit jedem neuen Namen ließ er sein altes Leben hinter sich als hätte es dieses nie gegeben. Beinahe spurlos. Mit ihrer Arbeit Dear Clark schafft Sara Lena Maierhofer eine visuelle Studie zu der Figur des Hochstaplers. Bestehend aus eigenen und gefundenen Fotografien und Dokumenten, versucht die Künstlerin mithilfe unterschiedlicher Herangehensweisen den Hochstapler als Phänomen zu beschreiben. In sieben Kapiteln werden seine Verhaltensweisen, seine Erscheinung und Entstehung untersucht. Praktisches Forschungsobjekt ist der Hochstapler Clark Rockefeller, geboren als Christian Karl Gerhartsreiter in Bayern. Er lebte 30 Jahre unter verschiedenen Identitäten in den USA, bis er schließlich 2008 vom FBI gefasst wurde. Die Künstlerin folgt seinen Spuren, sucht Menschen und Orte in den USA auf, die Teil seiner unterschiedlichen Leben waren, spioniert ihm nach. Um die Figur des Hochstaplers zu erfassen, muss sie ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen und selbst zum Hochstapler werden. Ein komplexes Spiel der Überwachung, in dem der voyeuristisch geprägte Blick zum künstlerischen Mittel wird und Fakt und Fiktion am Ende kaum mehr auseinanderzuhalten sind.

Ann-Sofi Sidén Sticky Floors (Lunch To Last Call), 2015 9-Kanal-Videoinstallation, Courtesy of the Artist und Galerie Barbara Thumm Sticky Floors (Lunch to Last Call) spielt in einem Pub einer irischen Kleinstadt. Ann-Sofi Sidén hat den im Pub bereits vorhandenen Überwachungskameras weitere hinzugefügt, um ein breites Spektrum von Blickwinkeln abzudecken. Die Aufnahmen liefen von frühmorgens bis spätabends im Innern der definierten Räume des Pubs, die gleichwohl schwer zu überblicken sind. Das Filmmaterial wurde anschließend so bearbeitet, dass eine gewöhnliche und doch verdichtete Geschichte voller cineastischer und kunsthistorischer Anspielungen entstanden ist.

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18.02.–23.04.2017 Filmprogramm zur Ausstellung

Mit beispielloser Geschwindigkeit und Effizienz hat die „Digitale Revolution” Überwachung zu einem globalen Alltagsphänomen gemacht. Überwachung lässt sich nicht länger aus sicherer Distanz betrachten, als Element dystopischer Literatur oder als Wesenszug repressiver Diktaturen, der ausschließlich „Das Leben der Anderen” betrifft. In allen staatlichen Systemen ist die tägliche Entblößung des Privatlebens der Bürger heute Teil der sozialen Wirklichkeit. Regierungen wie Unternehmen sammeln und speichern Informationen über unsere tägliche Kommunikation, und die immer umfassenderen Bedingungen dieses neuen Gesellschaftsvertrags sind eine unausweichliche Realität des 21. Jahrhunderts. Welche unmittelbaren und weitreichenden Folgen hat es, in einer Überwachungskultur zu leben? Und welche Mittel stehen – und standen – Bürgern zur Verfügung, um diesen neuen Gesellschaftsvertrag kritisch zu prüfen und infrage zu stellen? In Zeiten, in denen Regierungen und Unternehmen weltweit ihre Bemühungen verstärken, unsere Kommunikation und Aktivitäten zu verfolgen, schärft diese Auswahl nachdenklicher Dokumentar- und Experimentalfilme das kritische Bewusstsein von den vielfältigen Formen und Mitteln der Überwachung. Eröffnet wird das Programm mit dem Oscar-prämierten Film Citizenfour, der die jüngsten Enthüllungen der NSA-Überwachungsaktivitäten begleitet: vom ersten Kontakt zum Whistleblower Edward Snowden Anfang 2013 bis zu den geheimen Interviews mit ihm und den dadurch ausgelösten weltweiten Erschütterungen. Die Palette der Filmthemen reicht von den Langzeitfolgen geheimdienstlicher Eingriffe in Privatleben und kreative Arbeit zu Zeiten des Sozialismus (Engelbecken, I Love You All) bis zur Überwachung in US-Hochsicherheitsgefängnissen (Prison Images) im Rahmen eines heimlichen Drohnenkriegs in Pakistan (Drone) und sogar in eine fiktionale Zukunft, in der die totale Kontrolle mit der völligen Auslöschung aller Individualität einhergeht (Faceless). Durch die kreative Verwendung von Überwachungsvideos und anderen vorgefundenen Aufnahmen machen die ausgewählten Filme das erschreckende Ausmaß technologiebasierter Kontrolle deutlich. Zugleich zeigen sie Möglichkeiten des kreativen Widerstands auf. Die Filmreihe wird präsentiert vom Verzio International Documentary Human Rights Film Festival (Ungarn) in Verbindung mit der C/O Berlin-Ausstellung Watched! Surveillance, Art & Photography. Verzio ist das einzige Menschenrechte-Filmfestival in Ungarn. Es findet seit 2004 jährlich statt und hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Kraft des kreativen Dokumentarfilms die offene Gesellschaft, demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit und kritisches Denken zu fördern. Wir laden Sie ein, diese Filme kennenzulernen und sie im Rahmen der Ausstellung als Denkanregungen zu nutzen. Oksana Sarkisova Direktorin des Verzio-Filmfestivals und Kuratorin des Filmprogramms Überwachung Eniko Gyuresko Programmkoordinator des Filmprogramms Überwachung

Das Filmprogramm wurde vom Verzio International Human Rights Documentary Film Festival kuratiert und von Open Society Foundations unterstützt.

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18.02.–23.04.2017 Filmprogramm zur Ausstellung

Sa 18.02.2017 . 20:30 Citizenfour USA / DE, 2014, 112 min, OmU . Regie: Laura Poitras Diese fesselnde Chronik dokumentiert die bemerkenswerten, exklusiven Treffen der Regisseurin Laura Poitras und des Journalisten Glenn Greenwald mit dem Whistleblower Edward Snowden in einem Hongkonger Hotelzimmer, wo er ihnen Geheimdokumente übergibt, die massenhafte, willkürliche und illegale Verletzungen der Privatsphäre durch die National Security Agency (NSA) belegen. Die Zuschauer sitzen quasi gemeinsam mit Poitras, Greenwald und Snowden im Hotelzimmer, während diese versuchen, mit dem draußen tobenden Mediengewitter umzugehen, und Entscheidungen treffen müssen, die ihr Leben und das ihrer Nächsten beeinträchtigen werden. Citizenfour ist ein detaillierter Augenzeugenbericht dieser Diskussionen und zeigt zudem die weitreichenden Folgen von Snowdens Enthüllungen. Wie hängen Freiheit und Privatsphäre zusammen? Was bedeutet es für die Demokratie, wenn nationale Regierungen all unsere Daten kontrollieren? Der Film wurde 2015 als bester Dokumentarfilm mit einem Oscar ausgezeichnet.

Do 23.02.2017 . 20:30 Drone NO, 2014, 79 min, OmU . Regie: Tonje Hessen Schei Drone zeichnet den Verlauf und die einzelnen Schritte des heimlichen Drohnenkriegs der CIA in Pakistan nach. Der Film beleuchtet, wie es sich anfühlt, in abgelegenen Regionen Pakistans mit der ständigen Bedrohung durch diese unbemannten und doch machtvollen Fluggeräte zu leben. Aber er beleuchtet auch die Empfindungen der Drohnenpiloten, die ethischen Standpunkte der Drohnenentwickler und die Argumente der Politiker, die den Einsatz von Drohnen vehement rechtfertigen. Er zeigt die Rekrutierung junger Drohnenpiloten auf Computerspielmessen, aber auch Menschen, die gegen die Verletzung von Bürgerrechten aufbegehren. Der Film wirft Fragen über die größte militärische Revolution unserer Zeit auf und vermittelt Einsichten in das Wesen der Drohnenkriegsführung. Ein Blick auf das Verschwinden des empathischen, rechenschaftspflichtigen Menschen in der Kriegsführung des 21. Jahrhunderts.

Do 09.03.2017 . 20:30 Faceless AUT / UK, 2007, 50 min, OmU . Regie: Manu Luksch In einer Gesellschaft mit reformiertem „Real-Time”-Kalender, ohne Vergangenheit noch Zukunft, sind alle gesichtslos. Als eine Frau eines Tages mit einem Gesicht aufwacht, gerät sie in Panik. Nach und nach findet sie immer mehr über die verlorene Kraft und Geschichte des menschlichen Gesichts heraus und macht sich auf die Suche nach dessen Zukunft. Der Film hinterfragt unsere Überwachungskultur, indem er sich authentischer Aufnahmen von aktiven Überwachungskameras (CCTV) in London bedient, der am stärksten überwachten Stadt der Welt. Dabei folgt Faceless den Grundsätzen des Manifesto for CCTV Filmmakers. Dieses Manifest untersagt u. a. den Einsatz zusätzlicher Kameras an Filmschauplätzen. Der UK Data Protection Act sowie EU-Richtlinien geben Individuen ein Recht auf Zugang zu personenbezogenen Daten, die in Datenverarbeitungs-

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systemen gespeichert sind, schützen zugleich aber die Privatsphäre Dritter. Bei CCTV-Aufnahmen werden die Gesichter anderer Menschen unkenntlich gemacht werden, eine „gesichtslose” Welt erschaffend.

Do 16.03.2017 . 20:30 Engelbecken DE, 2014, 80 min, OmU . Regie: Gamma Bak, Steffen Reck Dieser Film, fertiggestellt 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, ist ein eindrucksvolles historisches Dokument, das uns in eine Zeit zurückversetzt, in der die beiden Regisseure Gamma Bak (West-Berlin) und Steffen Reck (Ost-Berlin) eine grenzüberschreitende Beziehung führten. Der Film versammelt privates Archivmaterial, Amateurfilme und Aufnahmen von Aufführungen der avantgardistischen Ost-Berliner Theatergruppe „Zinnober“, deren Gründungsmitglied Steffen Reck war, sowie geheime Polizeiakten über die Protagonisten und deren Freundeskreise. Engelbecken zeigt die gemischten Empfindungen, mit denen man einer bewegten Vergangenheit begegnet, und beleuchtet die Gefühle der Schuld und des Verrats, die dauerhaft an Menschen nagen, die ins Exil getrieben wurden.

Do 23.03.2017 . 20:30 I Love You All DE / FR, 2004, 88 min, OmU . Regie: Eyal Sivan Im Februar 1990, wenige Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer, wird das Ministerium für Staatssicherheit aufgelöst. Es ist das Ende der „Stasi”, des DDR-Geheimdienstes, für den der Protagonist und Erzähler Mr. B. als Offizier gearbeitet hat. Seines Amtes enthoben und seiner Bestimmung beraubt, liefert B. einen detaillierten Bericht jener zwanzig Lebensjahre, in denen er für diese Behörde tätig war. I Love You All ist rund um dieses persönliche Zeugnis konstruiert, unter Verwendung zuvor unveröffentlichter Archivaufnahmen der Stasi, die zeigen, wie weit deren Arm ins Alltagsleben der DDR-Bürger und nicht zuletzt auch ihrer eigenen Mitarbeiter hineinreichte. Ein Film über Überwachung, blindes Vertrauen und schließliche Desillusion. Do 06.04.2017 . 20:30 Prison Images DE / FR, 2000, 60 min, OmU . Regie: Harun Farocki Bilder aus Gefängnissen, Zitate von Robert Bresson und Jean Genet sowie Dokumentarfilme aus der Nazi-Zeit halten Zwiesprache mit Aufnahmen von Überwachungskameras in Hochsicherheitsgefängnissen der USA. Prison Images wirft einen Blick auf neue Kontrolltechnologien: Instrumente der Personenidentifizierung, elektronische Fußfesseln und andere Trackingmöglichkeiten. Das Kino ist von Gefängnissen seit jeher fasziniert, und heutige Gefängnisse sind voller Überwachungskameras. Deren Aufnahmen sind unbearbeitet und monoton; da in ihnen weder Zeit noch Raum verdichtet ist, sind sie besonders geeignet, jenen Zustand der Untätigkeit zu vermitteln, dem Gefangene zur Strafe ausgesetzt sind. Welche Art von Bildern liefern Überwachungskameras und Schulungsvideos für das Wachpersonal? In Farockis Film wird die Justizvollzugsanstalt zu einem anthropologischen Labor, in dem vor dem starren Auge der Kamera das Leben und der Tod geprobt werden.

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C/O Berlin Seit dem Jahr 2000 präsentiert C/O Berlin ein lebendiges, kulturelles Programm internationalen Ranges. Als Ausstellungshaus für Fotografie zeigt C/O Berlin Werke renommierter Künstler, fördert junge Talente und begleitet Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf visuellen Entdeckungsreisen durch unsere Bildkultur. C/O Berlin ist eine private Stiftung und zeichnet sich durch innovatives Kulturmanagement aus. Ein vielseitiges Bildungsangebot, intensive Vermittlungsarbeit vor Ort sowie enge Kooperationen mit Institutionen und Museen weltweit machen C/O Berlin zu einem einzigartigen Zentrum des Austausches. Getragen vom bürgerlichen Engagement des Fotografen Stephan Erfurt, des Designers Marc Naroska und des Architekten Ingo Pott hat sich die spontane Initiative innerhalb von 15 Jahren zu einem erfolgreichen Ausstellungshaus mit hoher öffentlicher Aufmerksamkeit entwickelt. Die gemeinnützige C/O Berlin Foundation erhält keine öffentliche Regelförderung und zahlt für die Nutzung des Amerika Hauses eine ortsübliche Miete an das Land Berlin. Die private Stiftung arbeitet unabhängig von kommerziellen Interessen und finanziert sich neben Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Buchverkäufen insbesondere über Spenden. C/O Berlin zeigt pro Jahr bis zu 20 Einzel- und Gruppenausstellungen von international bedeutenden Fotografen wie Annie Leibovitz, Martin Parr, Nan Goldin, Anton Corbijn, Peter Lindbergh oder Gordon Parks. Künstlergespräche, Vorträge und Führungen vertiefen und erweitern ausgewählte inhaltliche Aspekte und Positionen der Ausstellungen, die in Kooperation mit Museen, Sammlungen, Archiven, Bildagenturen und Galerien weltweit kuratiert und zusammengestellt werden. Talents ist ein internationaler Wettbewerb für junge Gegenwartsfotografie und Kunstkritik. Seit 2006 fördert C/O Berlin mit dieser Reihe angehende Fotografen und Kritiker, die sich an der Schwelle zwischen Ausbildung und Beruf befinden. Nach zehn erfolgreichen Jahren wird das Nachwuchsprogramm Talents neu aufgelegt. Ab 2017 vergibt eine internationale Jury die Auszeichnung Talent of the Year und rückt damit eine ausgewählte künstlerische Position in den Mittelpunkt. Mit einer umfassenden Einzelausstellung und einer Publikation erhalten die Talents eine stärkere Geichtung im Programm von C/O Berlin. Dieses in Europa einzigartige Programm ist für viele junge Künstler kreativer Campus und Ausgangspunkt für Ausstellungen weltweit. Education ergänzt das Programm von C/O Berlin um den wichtigen Teil der visuellen Bildung. Mit den Formaten Junior, Teens und Adults bietet C/O Berlin die Möglichkeit, Fotografie, Film und Design unter professionellen Bedingungen kennen zu lernen und spielerisch eigene Ideen umzusetzen. In mehrtägigen Workshops erwerben Kinder, Jugendliche und Erwachsene nicht nur fachliches Wissen, sondern schärfen ihre visuelle Wahrnehmung und entdecken ihre eigene Kreativität.

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