Polizeiliche Kriminalstatistik 2007

Polizeiliche Kriminalstatistik 2007 Prof. Dr. Wolfgang Heinz Prof. Dr. Wolfgang Heinz Lehrstuhl für Kriminologie und Strafrecht Universität Konstanz...
Author: Daniel Krüger
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Polizeiliche Kriminalstatistik 2007

Prof. Dr. Wolfgang Heinz

Prof. Dr. Wolfgang Heinz Lehrstuhl für Kriminologie und Strafrecht Universität Konstanz · Fachbereich Rechtswissenschaft Rechts -, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftliche Sektion Universitätsstraße 10 · Fach D 119 D 78457 KONSTANZ Telefon: (0)7531/88-2958/-2674 · Telefax: (0)7531/88-4540 eMail: [email protected] Web: http://www.uni-konstanz.de/rtf/heinz

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I. Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2007 wurden am 22.5.2008 in der Bundespressekonferenz vorgestellt. Hervorgehoben wurde vor allem der Anstieg der Gewaltkriminalität Jugendlicher: „Im Bereich der Gewaltkriminalität Jugendlicher ist mit einem Plus von 4,9 % ein verstärkter Anstieg zu verzeichnen. Besonders auffällig ist mit 6,3 % der Anstieg bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung. Auch die Gewaltkriminalität weiblicher Jugendlicher hat im Jahresvergleich um 4,9 % zugenommen.“1 Bundesinnenminister Dr. Schäuble betonte: „Auch wenn die Zahlen sicher zum Teil einer erhöhten Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung zuzuschreiben sind, sehe ich diese Entwicklung mit großer Sorge.“ In der Berichterstattung der Medien wurde diese Aussage aufgegriffen und zumeist zugespitzt auf „Gewaltkriminalität von Jugendlichen steigt“ 2, „immer mehr Jugendgewalt in Deutschland“3 , „Zahl der jugendlichen Gewalttäter steigt“ 4 , “weniger Straftaten, doch mehr Jugendgewalt“5 . Inzwischen liegen sowohl die zusammenfassende Broschüre des Innenministeriums zur PKS6 als auch der gedruckte wie der von der Internetseite des BKA herunterladbare Jahresbericht7 vor. Dies gibt Anlass zu prüfen, wie sich die Ergebnisse der PKS 2007 in das bisherige Bild polizeilich registrierter Kriminalität einordnen und bewerten lassen. II. Hinsichtlich der Zahl der polizeilich registrierten Fälle zeigen sich folgende Befunde: 1. Die Häufigkeitszahl (HZ)8 der Straftaten ist im dritten Jahr in Folge leicht rückläufig; gegenüber 1995 bedeutet dies einen Rückgang von 6% (vgl. Schaubild 1). Die größten Steigerungsraten wurden in den 1970er und 1980er Jahren verzeichnet. 2. Das Bild der registrierten Kriminalität wird zu 70% von den Eigentums- und Vermögensdelikten (Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung und Unterschlagung) bestimmt (vgl. Schaubild 2). Dementsprechend beruht auch die im langfristigen Trend zu beobachtende

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http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2008/05/PKS__2007.html. Die in der Pressemitteilung genannten Raten wurden auf der Basis der absoluten Zahlen ermittelt. Wären (richtiger Weise) demografische Veränderungen berücksichtigt und die auf jeweils 100.000 der deutschen Wohnbevölkerung bezogenen Tatverdächtigenbelastungszahlen für Deutsche berechnet worden, hätte sich sogar ein doppelt so hoher Anstieg ergeben: 10,4% bei Gewaltkriminalität Jugendlicher, 11,8% bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung männlicher Jugendlicher und 10,6% bei der Gewaltkriminalität weiblicher Jugendlicher. http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/582/176052/ http://www.bild.de/BILD/news/vermischtes/2008/05/21/kriminalstatistik/immer-mehr-jugendgewalt-indeutschland.html http://www.stern.de/politik/deutschland/:Kriminalstatistik-Zahl-Gewaltt%E4ter/621182.html http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/0/0,3672,7243808,00.html http://www.bmi.bund.de/Internet/Content/Common/Anlagen/Broschueren/2008/Polizeiliche__Kriminalstatistik__2007__de,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Polizeiliche_Kriminalstatistik _2007_de.pdf http://www.bka.de/ → Berichte und Statistik en → Kriminalstatistik . Zahl der polizeilich registrierten Fälle (ohne Straftaten im Straßenverkehr und ohne Staatsschutzdelikte) pro 100.000 der Wohnbevölkerung. Die HZ ist überschätzt, weil die Bezugsgröße – Wohnbevölkerung – unterschätzt ist. In ihr sind nicht enthalten die nicht meldepflichtigen Personen, z.B. Touristen, Durchreisende, Berufspendler, sowie die zwar meldepflichtigen, aber nicht gemeldeten Personen, z.B. Illegale. Dieser Fehler ist nicht sanierbar.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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Zunahme polizeilich registrierter Kriminalität nicht auf der Gewaltkriminalität, sondern auf der Eigentums- und Vermögenskriminalität, überwiegend im Diebstahlsbereich. 3. Auf Gewaltkriminalität 9 entfielen im Jahr 2007 insgesamt 3,5 % aller polizeilich erfassten Fälle. Diese registrierte Gewaltkriminalität setzte sich zu mehr als zwei Dritteln (71,1 %) aus Fällen gefährlicher und schwerer Körperverletzung und zu einem Viertel (24,3 %) aus Raub und räuberischer Erpressung zusammen. 4. Hinsichtlich der Entwicklung der Gewaltkriminalität ergibt sich ein differenziertes Bild (vgl. Schaubild 3). Im bundesdeutschen Durchschnitt wurden in den letzten Jahren zunehmend mehr Gewaltdelikte registriert; deren Anteil an der Gesamtkriminalität von 2,6% in den 1960er Jahren auf die bereits erwähnten 3,5% angestiegen ist. In ihrem Bericht für die Frühjahrssitzung der Innenministerkonferenz wies die Bund-Länder-AG „Entwicklung der Gewaltkriminalität junger Menschen mit einem Schwerpunkt auf städtischen Ballungsräumen“ indes zutreffend darauf hin, dass es in den Ländern, Regionen und Städten unterschiedliche Entwicklungen gab, teilweise wurden nicht unerhebliche Rückgänge gemessen. 10 Von „der“ Entwicklung der Gewaltkriminalität könne deshalb nur im Hinblick auf den Bundesdurchschnitt gesprochen werden. „Der Blick in die Länder und in die Metropolen, Ballungsräume und Städte macht deutlich, dass es keine einheitliche Entwicklung gibt.“ 11 5. Aber auch hinsichtlich des bundesdeutschen Durchschnitts bedarf die These, Gewaltkriminalität habe zugenommen, der Differenzierung (vgl. Schaubild 4): - Die schwersten Formen der Gewaltkriminalität, nämlich vorsätzliche Tötungsdelikte (einschließlich Körperverletzung mit tödlichem Ausgang), sind - gemessen in HZ – im Wesentlichen rückläufig, von der Sonderentwicklung in der ersten Hälfte der 1990er Jahre12 abgesehen. Die HZ liegen derzeit unter dem Niveau der 1970er und 1980er Jahre. - Raub und räuberische Erpressung sind ebenfalls, nach deutlichen Anstiegen, seit Mitte der 1990er Jahre rückläufig. - Bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre waren auch die HZ für Vergewaltigung rückläufig; der seitdem erfolgte Anstieg dürfte weniger auf häufigerem Vorkommen als vielmehr auf gesetzlichen Änderungen beruhen.13 Inzwischen gehen die HZ zurück.

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13

In der PKS werden seit 1983 folgende Straftaten bzw. -gruppen zum Oberbegriff "Gewaltkriminalität" zusammengefasst (Stand nach Inkrafttreten des 6. StrRG von 1998): Mord (§ 211 StGB), Totschlag und Tötung auf Verlangen (§§ 212, 213, 216 StGB), Vergewaltigung und sexuelle Nötigung (§ 177 Abs. 2, 3 und 4, 178 StGB), Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§§ 249-252, 255, 316a StGB), Körperverletzung mit Todesfolge (§§ 227, 231 StGB), gefährliche und schwere Körperverletzung (§§ 224, 226, 231 StGB), erpresserischer Menschenraub (§ 239a StGB), Geiselnahme (§ 239b StGB), Angriff auf den Luftverkehr (§ 316c StGB). http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/imk2007/beschluesse/imk_186_bericht_top_04.pdf, S. 9 ff. aaO. Anm. 10, S. 25. Der damalige Anstieg beruhte auf den von der Zentralen Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität nach 1991 erfassten Fällen von Mord und Totschlag – Grenzzwischenfälle und ungeklärte Tötungsdelikte in Gefängnissen der DDR -, deren Tatzeiten zwischen 1951 und 1989 lagen. Durch das 33. StÄG von 1997 wurden sexuelle Nötigung und Vergewaltigung zu einem einheitlichen Verbrechenstatbestand zusammengefasst, Regelbeispiele für besonders schwere Fälle geschaffen, die Beschränkung auf den außerehelichen Bereich entfiel. Durch das 6. StrRG von 1998 wurden die bisherigen Regelbeispiele in Qualifikationstatbestände umgewandelt. Seit 1998 werden diese tatbestandlichen Erweiterungen in der PKS unter der bisherigen Schlüsselzahl nachgewiesen. Vermutlich haben ferner die durch das Gewaltschutzgesetz von 2002 geschaffenen Möglichkeiten dazu geführt, dass vermehrt Straftaten im familiären Bereich angezeigt werden.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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- Zugenommen hat dagegen die Zahl polizeilich registrierter Körperverletzungen – und zwar sowohl der „gefährlichen und schweren Körperverletzung“ wie der vorsätzlichen leichten Körperverletzung (§ 223 StGB), die nicht zur Gewaltkriminalität im Sinne der PKS gerechnet wird. 6. Seit 1993 werden stetig weniger Diebstahlsdelikte registriert (vgl. Schaubild 5). Augenfällig ist vor allem der Rückgang von Diebstahl unter erschwerenden Umständen, insbesondere von Kfz-Diebstahl und Wohnungseinbruchdiebstahl. Hier dürften vor allem verbesserte Sicherungsmaßnahmen gegriffen haben. Im Unterschied zur Entwicklung der Diebstahlsdelikte haben Betrugsdelikte deutlich zugenommen. Dies geht - neben der Leistungserschleichung – vor allem auf Waren- und Warenkreditbetrug zurück. Hier dürfte die wachsende Verbreitung von Internethandel und Internetauktionen einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. 2007 gingen erstmals auch bei Betrug insgesamt die Häufigkeitszahlen wieder zurück; allerdings mit unterschiedlichen Entwicklungen bei einzelnen Erscheinungsformen. 7. Die Schwere der registrierten Fälle lässt sich - abgesehen vom Straftatbestand lediglich für Teilbereiche und auch dort nur annähernd feststellen. Bei vollendeten Eigentums- und Vermögensdelikten wird der Schaden (i.S. des Geldwertes des erlangten Gutes, aber ohne die durch die Tatbegehung selbst – z.B. Einbruchsschaden – verursachten materiellen Schäden und ohne die immateriellen und psychischen Schäden)14 erhoben, ferner wird bei allen Delikten erfasst, ob mit einer Schusswaffe gedroht oder geschossen worden ist. - Danach werden durch die polizeilich registrierte Wirtschaftskriminalität, die ein weit höheres Dunkelfeld haben dürfte als die gewöhnliche Eigentumskriminalität, höhere Schäden verursacht als durch die gesamte sonstige Eigentums- und Vermögenskriminalität. Auf Wirtschaftskriminalität entfielen 2007 2,3 % jener Delikte, bei denen die Polizei eine Schadenserfassung durchführt; durch Wirtschaftskriminalität wurden aber 51,3 % aller registrierten Schäden (ohne Folgeschäden) verursacht (vgl. Schaubild 6). - Der PKS zufolge ist seit Jahren die Häufigkeitszahl von Schusswaffenverwendung (gedroht/geschossen) insgesamt deutlich rückläufig (vgl. Schaubild 7). III. Die Struktur der Altersgruppen der Tatverdächtigen blieb seit Einführung der sog. echten Tatverdächtigenzählung 1983 weitgehend unverändert (vgl. Schaubild 8). Mit dem Anstieg der Fallzahlen nahmen auch, überdies verstärkt durch eine seit einigen Jahren in der Tendenz steigende Aufklärungsrate, die Tatverdächtigenzahlen zu (vgl. Schaubild 9). Unter den polizeilich registrierten Tatverdächtigen weisen junge Menschen, insbesondere junge Männer (im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil) die höchste Kriminalitätsbelastung auf. Wie hoch die Belastung ist, lässt sich freilich für die einzelnen Altersgruppen nicht exakt bestimmen. Infolge der Unterschätzung der Wohnbevölkerung15 ist die die auf 100.000 der Wohnbevölkerung bezogene Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) überschätzt. Relativ genau lässt sich deshalb nur die Belastung der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit bestimmen.

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Gefährdungen und Schäden, die durch Gewaltkriminalität bzw. durch Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verursacht werden, dürften weitaus gravierender sein. Sie lassen sich freilich aufgrund der gegenwärtigen statistischen Angaben kaum abschätzen und auch nicht ansatzweise bestimmen. Vgl. oben Anm. 8.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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Für diese Gruppe der deutschen Tatverdächtigen gilt, dass derzeit der Belastungsgipfel zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr liegt (vgl. Schaubild 10). Danach geht die Belastung wieder zurück, und zwar sowohl im Hellfeld als auch im Dunkelfeld. Diese Höherbelastung ist keine Besonderheit der Gegenwart. Junge Menschen weisen zu allen Zeiten eine deutlich höhere Belastung mit registrierter Kriminalität auf als Erwachsene (vgl. Schaubild 11). Im Unterschied zu den Vollerwachsenen zeigt sich eine deutliche Zunahme der Belastung junger Menschen mit registrierter Kriminalität, insbesondere seit Ende der 1980er Jahre (vgl. Schaubild 12). Die TVBZ der Vollerwachsenen sind im Wesentlichen unverändert geblieben. Seit 2001 gehen die TVBZ der Jugendlichen leicht zurück, 2006 blieben die TVBZ nahezu konstant, 2007 kam es wieder zu einem Anstieg. Seit 2004 weisen auch die TVBZ der Heranwachsenden und Jungerwachsenen eine leicht rückläufige Tendenz auf. Die Anstiege setzen sich in abgeschwächter Form fort bis in der Altersgruppe der 20- bis unter 30Jährigen (vgl. Schaubild 13). Danach verlaufen die Kurven seit Jahren weitgehend parallel. IV. Die TVBZ haben bei deutschen jungen Menschen beiderlei Geschlechts zugenommen. Entgegen einer vielfach geäußerten These hat – gemessen an TVBZ – die Belastung der jungen Männer deutlich stärker zugenommen als die ihrer weiblichen Altersgenossen. Dies gilt sowohl für Straftaten insgesamt (vgl. Schaubild 14) als auch für Gewaltkriminalität, namentlich für gefährliche und schwere Körperverletzung (vgl. Schaubild 15). Zwischen 1985 und 2007 sind die TVBZ der männlichen Jugendlichen um das 3,7fache stärker gestiegen als bei den Mädchen, bei den männlichen Heranwachsenden betrug die Zuwachsrate sogar das 7,8fache (vgl. Auszug aus dem Datenblatt zu Schaubild 15, letzte Spalte). V. Bei den von Jugendlichen typischerweise verübten Delikten handelt es sich überwiegend um leichtere Delikte, vor allem aus dem Bereich der Eigentums- und Vermögensdelikte, namentlich des Ladendiebstahls (vgl. Schaubild 16). Je jünger die Tatverdächtigen sind, umso höher ist der Anteil der leichten Delikte. Die Zunahme polizeilich registrierter Delikte junger Menschen ging einher mit Veränderungen der Deliktstruktur (vgl. Schaubild 17). Zugenommen haben vor allem Rauschgiftdelikte und Gewaltkriminalität. Seit Ende der 1980er Jahre haben sowohl die absoluten Zahlen der wegen Gewaltkriminalität polizeilich registrierten Jugendlichen, Heranwachsenden und Jungerwachsenen als auch die relativen, auf 100.000 der altersgleichen Wohnbevölkerung bezogenen Zahlen (TVBZ) deutlich zugenommen (vgl. Schaubild 18 zur gef./schw. KV). Die differenzierte Analyse zeigt, dass diese Zunahme schon seit einigen Jahren ausschließlich auf der Entwicklung bei Körperverletzungsdelikten beruht. Denn seit 1993 gehen die TVBZ für die deutschen Tatverdächtigen (Jugendliche und Heranwachsende insgesamt) bei Mord/Totschlag, seit 1997 auch bei Raub, räuberischer Erpressung zurück, und zwar fast kontinuierlich (vgl. Schaubild 19). 2007 sind freilich erstmals wieder auch bei diesen beiden Deliktsgruppen Anstiege zu beobachten. Über 80 % der Gewaltkriminalität entfallen dementsprechend bei 14- bis unter 21-Jährigen auf gefährliche/schwere Körperverletzung (vgl. Schaubild 20). Ob und in welchem Umfang dieser Anstieg „real“ ist, ist derzeit nicht abschließend zu klären. Die Bund-Länder-AG „Entwicklung der Gewaltkriminalität junger Menschen mit einem Schwerpunkt auf städtischen Ballungsräumen“ hat zutreffend darauf hingewiesen,  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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dass die kriminologische Forschung nicht von einer Steigerung ausgeht, sondern von einer Verschiebung der Zahlen vom Dunkelfeld ins Hellfeld, sogar verbunden mit einem leichten Rückgang. 16 Als „Fazit“ wird festgehalten: „Es sind derzeit keine gesicherten Aussagen zu den Fragen möglich, ob die Jugendgewaltkriminalität in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg zeigt oder nicht …“.17 Sämtliche Befunde der Dunkelfeldforschung seit den 1990er Jahren zeigen einen Rückgang oder zumindest eine Konstanz sowohl der von Jugendlichen zugegebenen Gewaltdelikte als auch der von den Jugendlichen berichteten erfahrenen Gewalt (Viktimisierungserlebnisse). 18 Allerdings sind die derzeit veröffentlichten Untersuchungsergebnisse beschränkt auf Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe. Ob und inwieweit die bei diesen Altersstufen gewonnenen Befunde übertragbar sind auf höhere Altersjahrgänge ist mangels entsprechender repräsentativer Dunkelfeldforschung für Deutschland derzeit ungewiss; insoweit bleibt es weiterhin bei „Kriminalpolitik im Blindflug“. VI. Ausgelöst durch den brutalen Überfall von zwei nichtdeutschen jungen Männern auf einen deutschen Rentner in einer Münchner U-Bahn-Station Ende 2007 wurde die Gewaltkriminalität von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu einem der zentralen Wahlkampfthemen in der hessischen Landtagswahl. In der „Wiesbadener Erklärung“ der CDU vom Jan. 2008 wurde festgehalten: „Heute werden bis zu 43 Prozent der Gewaltdelikte von unter 21-Jährigen verübt, fast die Hälfe von diesen Tätern ist nichtdeutscher Herkunft.“19 Der erste Teil dieser Aussage ist dann richtig, wenn sie dahingehend umformuliert wird, dass von den wegen Gewaltkriminalität registrierten Tatverdächtigen 43% unter 21 Jahre alt sind. 20 Denn die Täteranteile dürften sich zu Lasten der Erwachsenen verschieben, könnte auch Gewaltkriminalität berücksichtigt werden, die typischerweise im Dunkelfeld bleibt. Bestimmte Formen der Gewalt – in der Familie, in geschlossenen Institutionen (z.B. Heime, Strafvollzugsanstalten) oder in bestimmten Milieus (z.B. Rotlichtmilieu) – werden eher von Erwachsenen verübt; diese Formen der Gewalt dürften aber ein weitaus höheres Dunkelfeld haben als die Körperverletzungskriminalität junger Menschen. Der zweite Teil dieser Aussage bezüglich des Anteils von Nichtdeutschen an den Tatverdächtigen der Gewaltkriminalität ist dagegen selbst nach Daten der PKS falsch. Mit Ausnahme des erpresserischen Menschenraubs und der Geiselnahme – bei kleinen absoluten Zahlen – ist der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen unter 21 Jahren bei keinem der zur Gewaltkriminalität zählenden Delikte höher als 30% (vgl. Tabelle 1). Die Zuwächse sowohl der Gesamtkriminalität, der Gewaltkriminalität, insbesondere der Körperverletzungskriminalität, gehen in weitaus stärkerem Maße auf junge Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit zurückgehen als auf nichtdeutsche Tatverdächtige (vgl. Schaubilder 21 und 22). Die demografischen Veränderungen erklären diese Öffnung der Schere der absoluten Zahlen in diesem Ausmaß jedenfalls nicht.

16 17 18

19 20

Anm. 10, S. 27. Anm. 10, S. 54. Vgl. die Nachweise bei Heinz, Bei der Gewaltkriminalität junger Menschen helfen nur härtere Strafen! Fakten und Mythen in der gegenwärtigen Jugendkriminalpolitik, NKP 2008, S. 52 (Schaubilder unter http://www.uni-konstanz.de/rtf/kik/Heinz_Fakten_Mythen_Jugendkriminalpolitik.pdf). Wiesbadener Erklärung der CDU vom 05.01.2008, S. 6. 2007: 44,5%, davon 5,2% Kinder, 21,9% Jugendliche, 17,4% Heranwachsende.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

Polizeiliche Kriminalstatistik 2007_Text_SB.doc Tabelle 1:

Tatverd. insg. % Ndte. b. u. 14 % Ndte. 14 b.u. 18 % Ndte. 18 b.u. 21 % Ndte. 21 b.u. 25 % Ndte. 25 und älter % Ndte. unter 21 insg. % Ndte.

Datenquellen:

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Wegen Delikten der Gewaltkriminalität registrierte Tatverdächtige nach Altersgruppen und Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen (in % der Tatverdächtigen der jeweiligen Deliktsgruppe). Deutschland 2007 Gewaltkri minalität (berechnet – Mehrfachzählung)

vorsätzl. Tötungsdelikte (Mord, Totschlag, Töt. auf Verl.)

Verge waltigung, sexuelle Nötigung

Raub, räuber. Erpressung, § 316a StGB.

Körperverl. mit Todes folge

Gefährl. + schwere Körperverl.

Erpress. Menschen raub

Geiselnahme

218.675

2.890

6.456

36.254

155

172.685

126

107

24,1

28,3

30,1

27,7

13,5

23,0

42,1

33,6

11.403

13

93

1.908

1

9.386

2

0

25,8

23,1

36,6

33,3

0,0

24,2

50,0

0,0

49.333

220

776

10.816

14

37.495

12

0

23,2

27,3

30,7

28,3

7,1

21,6

66,7

0,0

38.444

364

715

7.400

23

29.920

13

9

19,8

26,1

24,2

25,1

13,0

18,3

30,8

33,3

31.485

360

755

5.306

24

24.999

27

14

21,0

30,0

30,6

23,6

12,5

20,0

33,3

28,6

88.010

1.933

4.117

10.824

93

70.885

72

84

27,4

28,5

30,7

30,0

15,1

26,7

43,1

34,5

99.180

597

1.584

20.124

38

76.801

27

9

22,2

26,5

28,1

27,6

10,5

20,6

48,1

33,3

Bundeskriminalamt (Hrsg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 2007, Tab. 20, 40.

Inzwischen ist freilich die übliche Gegenüberstellung von Deutschen und Nichtdeutschen fragwürdig geworden. Denn durch Migrationsprozesse (z.B. Aussiedler mit deutschem Pass) und durch das im Jahr 2000 geänderte Einbürgerungsrecht ist die Gruppe der Migranten mit deutschem Pass deutlich größer geworden. Derzeit sind in Deutschland knapp 9% Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet. Im Mikrozensus 2005 wurden 18,6% Personen mit Migrationshintergrund festgestellt. Der Migrationshintergrund wird für die PKS noch nicht erhoben. Derzeit wird die Aufnahme eines derartigen Erhebungsmerkmals geprüft. Die im Bericht der Bund-Länder-AG „Gewaltkriminalität“21 mitgeteilten Ergebnisse von ersten Sonderauswertungen sind nicht sehr belastbar. Es handelt sich um Sonderauswertungen an hoch selegierten Gruppen ferner wird keine einheitliche Definition verwendet. Die Ergebnisse der Schülerbefragungen sind derzeit ebenfalls inkonsistent.22 VII. Wie belastbar sind die Ergebnisse der PKS? Die Bundesregierung hat in ihrem Ersten Periodischen Sicherheitsbericht 2001 ausgeführt: „Die Annahme, die ‚Kriminalitätswirklichkeit' habe sich ebenso oder zumindest ähnlich wie die ‚registrierte‘ Kriminalität entwickelt, ist eine Schlussfolgerung, die auf der (stillschweigenden, aber zumeist unzutreffenden) Annahme beruht, sämtliche neben der Kriminalitätsentwicklung maßgebenden

21 22

Vgl. oben Anm. 10. Vgl. oben Anm. 18, S. 54.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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Einflussgrößen auf ‚registrierte‘ Kriminalität seien im Vergleichszeitraum konstant geblieben.“ 23 Ohne Dunkelfeldforschung bleibt letztlich unbekannt, was die Zahlen besagen – mehr Delikte oder mehr Anzeigen. Deshalb wurde 2002 von BMI und BMJ eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer Konzeption für eine periodisch durchzuführende „Bevölkerungsumfrage zu Kriminalitätserfahrungen und Sicherheitsempfinden“ eingesetzt, deren Abschlussbericht im September 2002 vorgelegt wurde.24 Die Bundesregierung hat diesen Bericht noch nicht veröffentlicht und die Vorschläge – primär aus Gründen der Konsolidierung des Bundeshaushalts und auch der Frage einer Kostenbeteiligung der Länder – noch nicht umgesetzt. Die Daten der PKS halten die Ergebnisse polizeilicher Ermittlungstätigkeit fest. Die geringe Verurteiltenrate – im Schnitt werden nur 25% der wegen Körperverletzung ermittelten jungen Tatverdächtigen auch wegen dieses Delikts verurteilt (vgl. Schaubild 23) – gab lange Zeit dem Vorwurf Nahrung, die Polizei arbeite für den „Papierkorb der Justiz“ 25. Seit dem Berichtsjahr 2004 werden die Verfahrensdaten der Staatsanwaltschaftsstatistik (StAStatistik) nach Sachgebieten kategorisiert. Die danach mögliche Analyse der Verfahrenserledigung bei vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten stützt indes nicht die Annahme, die niedrige Verurteiltenrate beruhe auf Opportunitätseinstellungen. Wie Tabelle 226 zeigt, wird im Bundesdurchschnitt jedes zweite Ermittlungsverfahren (51,4%) wegen Körperverletzungsdelikten mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 II StPO) eingestellt – mehr als im Schnitt der sonstigen Ermittlungsverfahren. Auf Opportunitätseinstellungen (ohne Einstellungen gem. § 154c StPO) entfielen 18,3% der Erledigungen. Tabelle 2:

Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen bekannte Tatverdächtige – Deutschland 2006 Ermittlungsverfahren gegen bekannte Tatverdächtige 2006

Erledigung durch

Ermittlungsverfahren ohne Vergehen und Straßenverkehr und ohne vorsätzliche Körperverletzungsdelikte N

%

Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzungsdelikte N

%

Anklage i.w.S.1)

522.599

17,4

97.673

23,4

Strafbefehlsantrag

365.424

12,2

29.196

7,0

Einstellungen unter Auflagen2)

164.514

5,5

16378

3,9

Einstellungen ohne Auflagen i.e.S.3)

626.466

20,9

59880

14,3

Einstellungen mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 II StPO)4)

1.318.798

44,0

214578

51,4

Summe

2.997.801

100

417.705

100

23 24

25

26

Bundesministerium des Innern; Bundesministerium der Justiz [Hrsg.]: Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, 1, 12. Heinz, Wolfgang: Abschlussbericht der Arbeitsgruppe des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums der Justiz „Regelmäßige Durchführung von Opferbefragungen“, unveröff. Mskr. (Stand: Sept. 2002). Der Bundeshauptvorstand der DPolG hat in einer 1997 verabschiedeten Resolution kritisiert, die zum Teil sehr aufwändigen Ermittlungsarbeiten würden angesichts der hohen Quoten von Einstellungen aus Opportunitätsgründen nur für den "Papierkorb der Justiz" geleistet. Die StA-Statistik enthält keine Angaben zu Alter und Geschlecht der Beschuldigten. Die Daten können deshalb nicht nach Jugendlichen usw. getrennt aufbereitet werden.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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2) 3) 4)

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Anklagen i.w.S.: Anklagen vor dem Amtsgericht oder Landgericht, Antrag auf Eröffnung eines Sicherungsverfahrens, Antrag auf Durchführung eines objektiven Verfahrens, Antrag auf sofortige Hauptverhandlung [bzw. auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren - § 417 StPO], Antrag auf vereinfachtes Jugendverfahren. Einstellungen unter Auflagen: § 153a I StPO, § 45 Abs. 3 JGG, § 37 Abs. 1 BtMG bzw. § 38 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 1 BtMG. Einstellungen ohne Auflagen i.e.S.: §§ 153 Abs. 1, 153b Abs. 1 StPO einschl. § 29 Abs. 5 BtMG, § 45 Abs.1 und 2 JGG, § 31a BtMG. Auch wegen Schuldunfähigkeit.

Datenquellen:

Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Staatsanwaltschaftsstatistik 2007 (und unveröff. Ergebnisse der Sachgebiete 20 und 21)

Zwischen den Ländern bestehen erhebliche Unterschiede (vgl. Schaubild 24). 2006 kamen auf 100 durch Anklage oder Strafbefehlsantrag erledigte Ermittlungsverfahren gegen bekannte Tatverdächtige im Sachgebiet „vorsätzliche Körperverletzung“ insgesamt 169 Einstellungen gem. § 170 II StPO. Die Unterschiede zwischen den Ländern reichten von 100 : 100 bis zu 100 : 241. Durch die Einstellungen gem. § 170 II StPO wird zwar nicht die Tat als solche in Zweifel gezogen, wohl aber die hinreichend sichere Feststellung der Tätereigenschaft. Der Forderung nach „konsequenter und schneller Reaktion des Staates“, insbesondere bei Gewaltkriminalität junger Menschen fehlt danach in weiten Bereichen die erforderliche rechtsstaatliche Grundlage. Hieran wird zunächst zu arbeiten sein. VIII. Die PKS 2007 zeigt hinsichtlich der Fallzahlen keine wesentlichen Veränderungen gegenüber den Vorjahren. Der leichte Rückgang der Häufigkeitszahl der polizeilich registrierten Fälle setzt sich fort. Während Eigentums- und Vermögenskriminalität im Schnitt weiter zurückgeht, gibt es bei Gewaltkriminalität leichte Anstiege, die auf der Zunahme der Körperverletzungsdelikte beruhen. Die Schusswaffenverwendung geht weiter zurück. Seit 2003 waren die TVBZ deutscher Jugendlicher rückläufig. 2007 gab es erstmals wieder einen Anstiege. Weiterhin rückläufig sind dagegen die TVBZ der Heranwachsenden, im Wesentlichen unverändert jene der Jungerwachsenen. Die Belastung von Mädchen und Frauen hat ebenfalls zugenommen, die Zuwächse – gemessen an TVBZ – sind bei den männlichen Altersgenossen deutlich größer. Seit Jahren steigen die TVBZ der wegen Körperverletzungsdelikten registrierten Jugendlichen und Herawerden. Die TVBZ bei Raub, räuberische Erpressung sowie bei vorsätzlichen Tötungsdelikten waren dagegen rückläufig. 2007 kam es indes vor allem bei Jugendlichen, aber auch – abgeschwächt – bei Heranwachsenden auch bei diesen Deliktsgruppen zu Anstiegen. Mangels repräsentativer, kontinuierlicher Dunkelfeldforschung bei diesen Altersgruppen ist unbekannt, ob diese Anstiege „real“ sind oder ob – und in welchem Umfang – sie auf gestiegener Anzeigebereitschaft beruhen. Dunkelfeldergebnisse bei SchülerInnen der 9. Jahrgangsstufe haben in den letzten Jahren Rückgänge oder zumindest Konstanz der selbstberichteten Delinquenz im Gewaltbereich ergeben. Die Übertragbarkeit dieser – regional beschränkten – Ergebnisse auf andere Altersgruppen ist unklar. Inwieweit nichtdeutsche Staatsangehörige höher belastet sind als Deutsche, lässt sich für das Hellfeld zwar abschätzen, eine Vergleichbarkeit der Gruppen unter dem Gesichtspunkte der sozialen Lage lässt sich freilich nicht herstellen. Die Daten der PKS erlauben aber immerhin die Feststellung, dass die Zuwächse an registrierter Jugendkriminalität vor allem auf jungen Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit zurückgeht. Die Staatsangehörigkeit war freilich noch nie ein guter Indikator, sie ist es immer weniger.  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

W. Heinz

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Zunehmend mehr rückt deshalb die Frage der Integration in den Vordergrund, die durch die Variable „Migrationshintergrund“ zu erfassen versucht wird. Über die Belastung von Personen mit Migrationshintergrund enthält die PKS 2007 keine Angaben. Die Sonderauswertungen einzelner Landeskriminalämter beruhen auf Analysen hoch selegierter Gruppen und haben offenbar verschiedene Definitionen von Migrationshintergrund verwendet. Die Daten der PKS sind eines von mehreren Messinstrumenten. Der Vergleich mit Ergebnissen der Dunkelfeldforschung zeigt, dass Umfang, Struktur und Entwicklung der registrierten Taten und Tatverdächtigen in hohem Maße vom Anzeigeverhalten abhängig ist. Ohne repräsentative, kontinuierliche Dunkelfeldforschung werden wir weiterhin nicht wissen, ob und inwieweit die Daten der PKS die „Kriminalitätswirklichkeit“ widerspiegeln. Die Daten der PKS geben das polizeiliche Arbeitsergebnis und damit die Verdachtssituation wieder. Die Daten der Staatsanwaltschaftsstatistik 2006 zeigen, dass dieser Verdacht von der Staatsanwaltschaft überwiegend nicht als zur Anklageerhebung hinreichend angesehen wird. Dies mindert zwar weniger die Feststellungen hinsichtlich der Tat als solcher, aber begründet doch Zweifel hinsichtlich der Feststellungen zur Tätereigenschaft. Forderungen nach „konsequenter und schneller Reaktion des Staates“, insbesondere bei Gewaltkriminalität junger Menschen, fehlt deshalb bei diesen Ermittlungsergebnissen vielfach die erforderliche rechtsstaatliche Grundlage.

 Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

Polizeiliche Kriminalstatistik 2007_Text_SB.doc

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Polizeiliche Kriminalstatistik 2007

Schaubilder Verzeichnis der Schaubilder Schaubild 1:

Entwicklung der Häufigkeitszahl polizeilich registrierter Fälle, 1963 .. 2007. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland ..................................................................13

Schaubild 2:

Struktur der polizeilich registrierten Straftaten (Verbrechen und Vergehen, ohne Staatsschutz- und ohne Verkehrsdelikte). Deutschland, 2007...............................................................................................14

Schaubild 3:

Entwicklung der Häufigkeitszahl polizeilich registrierter Gewaltkriminalität 1963 .. 2007. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland .................15

Schaubild 4:

Entwicklung der Häufigkeitszahl polizeilich registrierter Gewaltkriminalität 1985 .. 2007 (Index 1985 = 100). Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland................................................................................................ 16

Schaubild 5:

Entwicklung der Häufigkeitszahl polizeilich registrierter Eigentumsund Vermögenskriminalität, 1985 .. 2007 (Index 1985=100). Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland................................................................................................ 17

Schaubild 6:

Wirtschaftskriminalität im Vergleich mit anderen Eigentums- und Vermögensdelikten. Anteil der Fälle und Anteil der Schadenssummen. Deutschland 2007................................................................................................ 18

Schaubild 7:

Verwendung von Schusswaffen – gedroht oder geschossen (Häufigkeitszahlen, pro 100.000 der Wohnbevölkerung). Alte Länder mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland ........................................................................................................19

Schaubild 8:

Alterszusammensetzung der polizeilich registrierten Tatverdächtigen. Deutschland, 2007...............................................................................................20

Schaubild 9:

Polizeilich registrierte Tatverdächtige nach Altersgruppen (absolute Zahlen), 1963 – 2007. Alte Länder mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland ..................................................................21

Schaubild 10: Tatverdächtigenbelastungszahlen für Deutsche nach Alter und Geschlecht. Deutschland, 2007..........................................................................22 Schaubild 11: Wegen Verbrechen und Vergehen* Verurteilte nach Altersgruppen. Verurteiltenbelastungszahl (Verurteilte pro 100.000 Einwohner). Deutsches Reich; Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, seit 1995 mit Gesamtberlin**...............................................................................................24 Schaubild 12: Deutsche Tatverdächtige (pro 100.000) nach Altersgruppen 1984 .. 2006. Verbrechen und Vergehen insgesamt (ohne Vergehen im Straßenverkehr). Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, ab 1991 mit Gesamtberlin ....................................................................................................... 25  Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

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Schaubild 13: Tatverdächtigenbelastungszahlen für Deutsche nach Alter. Deutschland 1988 .. 2007 (ausgewählte Jahre). Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland................................................................................................ 26 Schaubild 14: Deutsche tatverdächtige Jugendliche und Heranwachsende nach Altersgruppen und Geschlecht (pro 100.000) 1984 .. 2007. Verbrechen und Vergehen insgesamt (ohne Vergehen im Straßenverkehr). Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, ab 1991 mit Gesamtberlin ......................27 Schaubild 15: Deutsche tatverdächtige Jugendliche und Heranwachsende nach Altersgruppen und Geschlecht (pro 100.000) – gefährliche und schwere Körperverletzung sowie Körperverletzung mit Todesfolge, 1984 .. 2007. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, ab 1991 mit Gesamtberlin ....................................................................................................... 28 Schaubild 16: Relatives Gewicht der leichten Delinquenz nach Altersgruppen und Geschlecht. Deutschland, 2007 ...........................................................................29 Schaubild 17: Deliktstruktur von polizeilich registrierten Jugendlichen und Heranwachsenden, 1987, 1997, 2007. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland .................30 Schaubild 18: Deutsche Tatverdächtige (pro 100.000) nach Altersgruppen 1984 .. 2007. Gefährliche und schwere Körperverletzung sowie Körperverletzung mit Todesfolge. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, ab 1991 mit Gesamtberlin.................................................................31 Schaubild 19: Deutsche tatverdächtige Jugendliche und Heranwachsende (pro 100.000) 1984 .. 2007 – Gewaltkriminalität sowie vorsätzliche einfache Körperverletzung. Index 1987 = 100 Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland .................32 Schaubild 20: Deutsche tatverdächtige Jugendliche und Heranwachsende (pro 100.000) 1987 .. 2007 – Gewaltkriminalität sowie vorsätzliche einfache Körperverletzung. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland....................................................33 Schaubild 21: Polizeilich registrierte Jugendliche und Heranwachsende nach Staatsangehörigkeit (deutsch / nicht-deutsch). Verbrechen und Vergehen insgesamt (ohne Vergehen im Straßenverkehr). Deutschland 1993 .. 2007....................................................................................34 Schaubild 22: Polizeilich registrierte Jugendliche und Heranwachsende nach Staatsangehörigkeit (deutsch / nicht-deutsch). Gefährliche und schwere Körperverletzung (§§ 224, 226, 231 StGB) (SZ 2220). Deutschland 1993 .. 2007....................................................................................35 Schaubild 23: Erledigte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wg. vorsätzlicher Körperverletzungsdelikte (Sachgebiet 21)*, nach Ländern, 2006 .....................................................................................................36

 Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

Polizeiliche Kriminalstatistik 2007_Text_SB.doc Schaubild 1:

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Entwicklung der Häufigkeitszahl polizeilich registrierter Fälle, 1963 .. 2007. Früheres Bundesgebiet mit Westberlin, 1991 und 1992 mit Gesamtberlin, seit 1993 Deutschland

Straftaten (ohne Verkehr) insgesamt, darin

8000

sonstige

sonstige Straftaten

BtM-Delinquenz Sachbeschädigung Diebstahl, Unterschlagung

6000

BtM

Betrug

Sachbeschädigung

Gewaltkriminalität

Diebstahl, Unterschlagung

4000

2000

Betrug

K onstanzer Inventar K riminalitätsentwicklung

\

Gewaltkriminalität 0 1963

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

\ 2007

PKS ab 1963 ohne Straftaten im Straßenverkehr u.ohne Staatsschutzdelikte. 1971 Änderungen d.Erfassung 1990 Sonderentwicklung in Berlin-West. 1992: durch Erfassungsfehler überhöht. Gebiet: BRD alt; ab 1991 mit Berlin-Ost, ab 1993 mit neuen Ländern. HZ bezogen auf je 100.000 der Wohnbevölkerung

Auszüge aus dem Datenblatt zu Schaubild 1: Absolute Zahlen

1965

Fälle insgesamt

1975

1.789.319 2.919.390

BtMG (Rauschgiftdelikte) (SZ 7300) Sachbeschädigung (SZ 6740) Diebstahl, Unterschlagung (SZ ****, 5300) Betrug (SZ 5100) Gewaltkriminalität (SZ 8920)

1.003

29.805

107.236

213.746

1.076.646 1.942.587

1985

1995

4.215.451 6.668.717 60.941

158.477

342.309

607.909

2.677.018 3.916.046

2005

2007

6.391.715 6.284.661 276.740

248.355

718.405

795.799

2.830.981 2.666.042

177.343

209.841

372.196

623.182

949.921

912.899

45.889

80.699

102.967

170.170

212.832

217.923

Häufigkeitszahlen (pro 100.000 der Wohnbevölkerung) Fälle insgesamt BtMG (Rauschgiftdelikte) (SZ 7300) Sachbeschädigung (SZ 6740) Diebstahl, Unterschlagung (SZ ****, 5300) Betrug (SZ 5100) Gewaltkriminalität (SZ 8920)

3.030,7

4.721,5

6.908,8

8.178,6

7.747,5

7.634,9

1,7

48,2

99,9

194,4

335,4

301,7

181,6

345,7

561,0

745,5

870,8

966,8

1.823,6

3.141,7

4.387,5

4.802,7

3.431,5

3.238,8

300,4

339,4

610,0

764,3

1.151,4

1.109,0

77,7

130,5

168,8

208,7

258,0

264,7

Legende: SZ Schlüsselzahl der PKS Gesamthäufigkeitszahl bzw. Häufigkeitszahl: Zahl der polizeilich bekannt gewordenen Fälle insgesamt oder innerhalb einzelner Deliktsarten, errechnet auf je100 000 Einwohner HZ = (erfasste Fälle x 100.000) / Wohnbevölkerung

Datenquelle:

Bundeskriminalamt (Hrsg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 1963 .. 2007.

 Prof. Dr. Wolfgang Heinz, Universität Konstanz

W. Heinz

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Schaubild 2:

Struktur der polizeilich registrierten Straftaten (Verbrechen und Vergehen, ohne Staatsschutz- und ohne Verkehrsdelikte). Deutschland, 2007

PKS 2007: Deliktstruktur Vermögensund Fälschungsdelikte 18,0%

20,7%

Sonstige Straftatbestände nach StGB

gg. strafrechtliche 7,1% Nebengesetze