Niedersachsen

KLIMAPFADSANDE

Das Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer möchte Wege zu mehr Nachhaltigkeit im Umgang des Menschen mit seiner Umwelt aufzeigen. Dazu gehört auch ein Blick in die Geschichte, um daraus für die Zukunft zu lernen. Um interessierte Gäste und Einheimische auf den historischen und zukünftigen Wandel des Klimas sowie die Änderungen des Sturmflutspiegels im norddeutschen Raum aufmerksam zu machen, hat die Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer gemeinsam mit der Gemeinde Sande einen Klimapfad eingerichtet. Was bedeutet der Klimawandel für unsere Küste? Welche Folgen für Mensch und Natur hat der zu erwartende Meeresspiegelanstieg? Wie können wir uns darauf vorbereiten? Die Vergangenheit zeigt, dass die Menschen der hiesigen Küstenregion seit jeher die Fähigkeit bewiesen haben, sich an natur- und kulturbedingte Veränderungen anzupassen. Für die Zukunft ist verstärkt eine Anpassung an klimatische Veränderungen erforderlich. Die zwölf Stationen des Klimapfades präsentieren daher u. a. historische Beispiele dafür, wie sich Menschen in und um Sande mit Klimaänderungen auseinandergesetzt haben und zu welchen Lösungen sie gekommen sind. Sie sollen anregen, die zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels aktiv anzugehen und Antworten zu finden. Sie sind eingeladen, auf dem Sander Klimapfad die schöne und einzigartige Kulturlandschaft der Marschen westlich des Jadebusens aus dem Blickwinkel „Klimawandel“ zu erleben. Bei einer Gesamtstrecke von 24 Kilometern geht das am besten ganz klimaschonend mit dem Fahrrad. Alternativ können Sie

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auch den kurzen Klimapfad wählen, der lediglich zu den Stationen 1 bis 5 führt und bereits nach 6 Kilometern in Altmarienhausen endet. Eine weitere Option ist eine Bootsfahrt, um von der Paddel- und Pedalstation Sande in Altmarienhausen (Station 5) nach Mariensiel (Station 6) zu gelangen. Sollten Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto angereist sein, können Sie sich gerne ein Fahrrad gegen Gebühr ausleihen. Fahrradverleihstationen in Sande sind am Ende dieser Broschüre aufgelistet. In der Mitte dieser Broschüre finden Sie eine Übersichtskarte mit den einzelnen Stationen und dem Routenverlauf des Klimapfades. Darüber hinaus sind in dieser Karte öffentliche Toiletten eingezeichnet. Eine Übersicht über zusätzliche interessante Haltepunkte (Sehenswürdigkeiten und gastronomische Einrichtungen) finden Sie in einer Liste am Ende dieser Broschüre. Zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus knüpft die Nationalpark- und Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer ein Netz von Partnern, die sich in besonderer Weise unserer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft verpflichtet fühlen. Auch Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, die Auskunft geben können über die umgebende Natur und Landschaft, die bewusst umwelt- und klimafreundlich wirtschaften und Produkte aus der Region anbieten, sind eingeladen, Partner zu werden. Da das Partnerprojekt noch am Anfang steht, gibt es im gesamten Biosphärenreservat erst wenige zertifizierte Partnerbetriebe. Deshalb führen wir in dieser Broschüre alle gastronomischen Einrichtungen in unmittelbarer Nähe zum Klimapfad auf. Zu jeder Station gibt es Servicetipps mit Angeboten vor Ort und in der Nähe sowie der Wegbeschreibung zur nächsten Station. Darüber hinaus werden dort die Nummern der zusätzlichen Haltepunkte (im Umfeld) genannt. 3

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Startpunkt am Bahnhof: Die großen Probleme der Küste

Die norddeutsche Küstenregion zählt zu den vom Klimawandel besonders betroffenen Gebieten in Deutschland. Vor allem die Sturmfluten gehören dabei zu den größten Bedrohungen an der Küste. Ihre Intensität und Häufigkeit können insbesondere durch den ansteigenden Meeresspiegel, veränderte Niederschlagswerte und Änderungen der Windverhältnisse beeinflusst werden. Vor den Folgen von Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten schützen Maßnahmen des Küstenschutzes. So wird bei Erhöhungen der Hauptdeiche in Niedersachsen ein Vorsorgemaß für den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg von 50 Zentimetern berücksichtigt. Dieser Wert ergibt sich aus dem bisherigen Trend des Anstiegs des Tidehochwassers (mittleres Hochwasser) und dem Zuschlag von 25 Zentimetern für den Klimawandel. Bauwerke in der Deichlinie (z. B. Schleusengebäude) werden heute schon so bemessen, dass im Regelfall eine spätere Nacherhöhung um bis zu einen Meter erfolgen kann. Forschungsansätze für Anpassungsstrategien reichen vom verstärkten Schutz durch die Hauptdeiche über gestaffelte Schutzsysteme mit mehreren Deichlinien bis hin zum Rückzug aus einzelnen Gebieten. Ein weiteres Problem der Küstenregionen könnte durch zukünftige Änderungen der Niederschlagswerte auftreten. Heftige Starkregenereignisse im Sommer und steigende Niederschläge im Winterhalbjahr können dazu führen, dass das Oberflächenwasser nur unzureichend abfließt und dadurch gelegentlich tiefer liegende Flächen überflutet werden können. Tiefliegende, eingedeichte und landwirtschaftlich genutzte Flächen (Polder) müssen durch Schöpfwerke entwässert werden. D. h. Pumpen fördern das anfallende Niederschlagswasser zu höher liegenden Vorflutern und Speicherpoldern, die wiederum den Abfluss ins Meer ermöglichen. Bei steigenden Wasserständen müsste die Leistung der Schöpfwerke erhöht werden und es müssten mehr Speicherpolder eingesetzt werden. Aus Naturschutzsicht ist ein hoher Grundwasserstand förderlich, aus landwirtschaftlicher Sicht erschwert er die Bewirtschaftung. Hier einen nachhaltigen und guten Kompromiss zu finden, könnte an der Nordseeküste zu den großen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zählen. 4

Sturmflut im Landkreis Friesland 2007

Regen im Landkreis Friesland 2010

Ser vicetipps Angebot vor Ort: Übernachtungsmöglichkeit, Fahrradverleih im Bahnhof (Haltepunkt 1) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 1,3 km Fahren Sie zunächst rechts in die Bahnhofstraße Richtung Ortsmitte. Am Kreisverkehr biegen Sie rechts in Richtung Wilhelmshaven ab. An der nächsten Ampelkreuzung sehen Sie bereits das Pumpenhäuschen und haben Ihr erstes Ziel erreicht. 5

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Station 1: Trockene Sommer und nasse Winter – mediterrane Verhältnisse an der Nordsee?

Ein Trennsystem in der Abwasser-Kanalisation der Gemeinde Sande verhindert, dass sich Schmutzwasser mit Niederschlagswasser aus der Oberflächenentwässerung vermischt. An dieser Station gelangt das Regenwasser in das vor Ihnen liegende Regenrückhaltebecken. Es wird durch die Dämme der beiden Straßen und der Bahnlinie begrenzt. Das Einzugsgebiet des Beckens umfasst die südöstlichen Bereiche von Sande, das zugehörige Industriegebiet sowie die Ortschaft Cäciliengroden. Bis zum Jahr 2050 könnten die winterlichen Niederschläge in Norddeutschland laut dem Norddeutschen Klimabüro im Vergleich zu heute zwischen 1 und 13 Prozent zunehmen. Für die sommerlichen Niederschläge werden Änderungen von -7 bis +9 Prozent prognostiziert. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts geht man von einer leicht ansteigenden jährlichen Niederschlagsgesamtmenge aus, jedoch bei saisonal stärkerer Verteilung. Die folgende Abbildung zeigt, dass aktuelle Klimarechnungen für die Zukunft auf eine Zunahme des Winterniederschlags in unserer Region (Kasten) hinweisen. Diese Zunahme kann – je nach Änderung der Treibhausgaskonzentration – zwischen 9 und 44 Prozent liegen (s. Kartenausschnitt rechts).

Winterniederschlag in der Metropolregion Bremen/Oldenburg heute (1961–1990) und zum Ende des 21. Jahrhunderts (2071–2100)

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Im langjährigen Mittel (hier 1961–1990) liegt die Niederschlagsmenge heute in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar bei insgesamt etwa 180 Millimetern (s. Kartenausschnitt links). Eine weitere Konzentration der Jahresniederschlagsmengen auf die Wintermonate, verbunden mit einem klimabedingten Meeresspiegelanstieg, könnte in der Zukunft zu vermehrten Binnenhochwässern bzw. zu einer höheren Belastung der Kanalisation und der Rückhaltebecken führen. Davon betroffen wären vor allem Siedlungen und Wirtschaftsstandorte. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnte der Sommerniederschlag nach aktuellen Klimarechnungen zwischen 8 und 40 Prozent abnehmen, was Auswirkungen auf die Wasserversorgung in ohnehin trockeneren Zeiten hätte. Es wird angenommen, dass die sommerlichen Niederschläge in Zukunft sehr stark durch Einzelereignisse wie Gewitter und Starkniederschläge geprägt sein werden, die wiederum zu Überschwemmungen führen könnten. Die veränderte Wasserverfügbarkeit würde eine Anpassung des Verhaltens von Bevölkerung, Landwirtschaft und Industrie erfordern.

Ser vicetipps Angebot in der Nähe: Gastronomie (Haltepunkte 2–3) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 2,2 km Fahren Sie zurück zum Kreisverkehr und dann rechts die „Hauptstraße“ entlang. Nach etwa einem Kilometer biegen Sie nach links in die Straße „Am Markt“ ein. Auf der linken Seite werden Sie rechts neben der Grundschule einen Feldweg entdecken, dem Sie bis zum Ende folgen. Dort haben Sie Station 2 erreicht.

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Station 2: Besiedlung vor dem Deichbau

Sie stehen vor einem Hügel, der die umgebende Landschaft um ca. anderthalb Meter überragt. Dieser als Wurt oder Warft bezeichnete Siedlungshügel wurde von Menschenhand über die Jahrhunderte aufgeschüttet. Er zeigt eindrucksvoll, wie sich die Menschen zusammen mit ihrem Vieh gegen die Sturmfluten schützten, bevor die ersten Deiche gebaut wurden. Vor allem die Böden der fruchtbaren Marsch, einem Schwemmland, das sich aus den Ablagerungen des Meeres gebildet hatte, sollten vor dem Zugriff der Nordsee gesichert werden. Alle Wurten sind heute als Bodendenkmal geschützt. Mit dem Bau von Wurten reagierte der Mensch erstmals aktiv gegen den ansteigenden Sturmflutspiegel, nachdem er vorher nur passiv der sich verändernden Küste folgte. Mit dem weiteren Anstieg, der parallel zum allgemeinen Meeresspiegelanstieg verlief, mussten die Wurten regelmäßig erhöht werden. Im Laufe der Zeit erreichten sie vielfach Höhen von über fünf Metern. Der Wurtenbau begann mit Einzelwurten für den jeweiligen Wohnplatz, die nach und nach zu Dorfwurten zusammenwuchsen. Dabei wurden die Häuser ringförmig um einen freien Platz in der Mitte angelegt, wobei der Wirtschaftsteil nach außen zeigte. Nach der Christianisierung wurde der freie Platz in der Mitte bei vielen Wurten von der Kirche besetzt. Diese ursprüngliche runde Form von Wurten ist noch bei einigen Dörfern erhalten, z. B. in Rysum nördlich von Emden, wo es sogar zwei Siedlungsringe gibt, und in Ziallerns im Wangerland nördlich von Jever. Neben diesen Rundwurten gibt es auch Langwurten, wie z. B. Langwarden in Butjadingen, die im Mittelalter wichtige Handelsorte waren und keine Bauernhöfe hatten.

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Schematische Darstellung von geologischer Entwicklung und Besiedlungsgeschichte in den deutschen Nordseemarschen

An der Nordsee gibt es zwei historische Wurtenphasen: vom 1. bis zum 5. Jahrhundert und vom 7. Jahrhundert bis zum Deichbau. Zwischen beiden liegt die Völkerwanderungszeit. Der Deichbau löste denWurtenbau im 11. Jahrhundert ab. Damals wurden zunächst einzelne Wurten mit Ringdeichen umgeben. Dies geschah, um die Ackerflächen und Mähwiesen vor Überflutungen zu schützen und damit das Kulturland zu verbessern. Die Ringdeiche haben teilweise auch mehrere nebeneinander liegende Wurten miteinander verbunden. Nach und nach wurden dann bestehende Deiche zusammengeschlossen, bis im 13. Jahrhundert der „Goldene Ring“ fertig war. Moderne Anwendungen des über 2.000 Jahre alten Wurtenbaus werden heute noch als alternative Schutzkonzepte zum Deichbau genutzt. Ein Beispiel hierfür stellt die Hafen-City in Hamburg dar. Auch der nördlich von Wilhelmshaven gelegene Jade-Weser-Port wurde im Wesentlichen nach diesem Konzept errichtet. Beide wurden so hoch aufgespült, dass Sturmfluten sie nicht mehr erreichen können. Ser vicetipps Angebot in der Nähe: Fahrradverleih/-reparatur (Haltepunkt 4) und Gastronomie (Haltepunkte 5–6) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 900 m Fahren Sie den Feldweg zurück in Richtung Marktplatz. Sobald Sie die Straße „Am Markt“ erreicht haben, biegen Sie links ab und bereits nach wenigen Metern sehen Sie auf der rechten Seite den Marktplatz. 9

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Station 3: Kirchen in Friesland – Zufluchtsorte bei Bedrohung

Bereits seit dem 8. Jahrhundert hatten die Franken damit begonnen, die Friesen zu missionieren. Allerdings hatten die hier wirkenden Missionare wie Willehad und der später von Friesen ermordete Bonifatius nur mäßigen Erfolg, da die ständigen Normannenüberfälle eine Etablierung des Christentums verhinderten. Die Geschichte des Kirchenbaus in Friesland begann frühestens ab dem 10. Jahrhundert. Die ersten Kirchen entstanden in Holzbauweise, den technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit entsprechend. Ab dem 12. Jahrhundert wurden in Friesland die ersten Kirchen aus Stein errichtet. Das Material bestand vor allem aus Granitquadern, eiszeitlichen Findlingen aus den Geestgebieten, die von Steinmetzen in die gewünschte Form gebracht wurden. Daneben verarbeitete man auch Tuffsteine, die aus der Eifel über Holland importiert wurden. Aufgrund der Transportschwierigkeiten entstanden solche Kirchen deshalb zumeist an schiffbaren Prielen. Darüber hinaus wurden auch Backsteine zum Bau der Kirchen verwendet, die vor Ort aus den reichen Tonvorkommen des friesischen Küstengebietes hergestellt werden konnten. Die St. Magnus Kirche in Sande stammt aus dem 14. Jahrhundert.

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St. Magnus Kirche Sande

Wie auch die Ortschaften, wurden die Kirchen auf Wurten errichtet. Ein Beispiel ist die St. Magnus Kirche in Sande. Dadurch konnte sie bei Sturmfluten den Bewohnern aus dem Umland der Wurtensiedlung Zuflucht bieten. Der steigende Sturmflutspiegel bedrohte jedoch auch diese Kirchen. Die großen Sturmfluten des Mittelalters führten vor allem in der Region des westlichen Jadebusens zu Deichbrüchen, die enorme Verluste von Land und ganzen Ortschaften zur Folge hatten. Insbesondere während der 2. Marcellusflut von 1362, der Cosmas und Damianflut von 1509 sowie der Antoniflut von 1511 mussten zahlreiche Kirchspiele ausgedeicht und damit aufgegeben werden, wobei die Kirchen in der Folgezeit verfielen. In der direkten Umgebung von Sande waren unter u. a. Bant, Seediek, Oldebrügge, Ahm und Bordum davon betroffen. Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: St. Magnus Kirche (Haltepunkt 7) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 150 m Überqueren Sie die „Hauptstraße“. Rechter Hand werden Sie bereits den Flutmast auf dem Rathausvorplatz entdecken.

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Station 4: Klimawandel und Sturmfluten

Der Flutmast, vor dem Sie sich nun befinden, zeigt anschaulich die Scheitelhöhen der großen Sturmfluten der letzten 500 Jahre. Im Gegensatz zu den astronomisch gesteuerten Gezeiten sind Sturmfluten auch von meteorologischen Faktoren abhängig. Sie werden von der Stärke und Richtung des Sturms, dem Stand der Gezeiten, den Veränderungen des Meeresspiegels sowie der Wellenhöhe beeinflusst.

Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste 1100–2000 und der Ostsee im Raum Wismar–Rostock 1300–1960

Die Grafik zeigt deutlich, dass das Auftreten der Sturmfluten in der Nordsee in den letzten 1.000 Jahren zyklischen Schwankungen unterworfen war. Eine Zunahme ist jedoch über diesen Zeitraum kaum zu erkennen.

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Die Intensität von Sturmfluten wird als Höhe des Wasserstandes über dem Mittleren Tidehochwasser (MThw) ausgedrückt, wobei das MThw dem Höhenniveau der Küstenlinie entspricht. Bevor die Deichlinie geschlossen war, erreichten die Sturmfluten lediglich Werte von gut einem Meter über dem damaligen MThw, was knapp drei Meter über dem damaligen mittleren Meeresspiegel lag, der wiederum dem Tidemittelwasser entspricht. Meeres- und Sturmflutspiegel stiegen damals parallel an. Mit der Schließung der Deichlinie veränderte sich die Situation jedoch grundlegend. Weite Überflutungsflächen in der Marsch gingen verloren, das Wasser staute sich vor den Deichen und die Sturmfluten liefen entsprechend höher auf. Häufigere Deichbrüche waren die Folge. Prägend für die Entwicklung der ostfriesischen Halbinsel waren vor allem die Sturmfluten des späten Mittelalters wie die 1. und 2. Marcellusflut von 1219 und 1362, die Cosmas und Damianflut von 1509 sowie die Antoniflut von 1511. Diese Fluten führten unter anderem zur Entstehung und Vergrößerung des Jadebusens und dessen Ausweitung in das Schwarze Brack (s. Station 9).

Ser vicetipps Angebot vor Ort: Informationsmöglichkeit im Rathaus Angebot in der Nähe: Gastronomie (Haltepunkte 8–13) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 1,3 km Fahren Sie nach rechts auf der „Hauptstraße“ entlang. Nachdem Sie die Bahnlinie und den Ems-Jade-Kanal überquert haben, finden Sie nach wenigen Metern auf der rechten Seite die Hinweisschilder zum Küsteum (Haltepunkt 14).

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Station 5: Prima Klima im Mittelalter

Eine für die Besiedlung wichtige klimatische Periode der Vergangenheit ist die Mittelalterliche Warmzeit, auch Mittelalterliches Klima- oder Wärmeoptimum genannt. Das war eine Periode relativ günstiger klimatischer Bedingungen, deren Hochphase in Mitteleuropa etwa zwischen 900 und 1200 auftrat. Seit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren gab es immer wieder derartige Wärmephasen, die sich regelmäßig mit kälteren Abschnitten abwechselten.

Abweichung der Jahresmitteltemperatur von der Referenzperiode 1760–1960 in Mitteleuropa 1000 bis 2000 n. Chr.

Die höheren Temperaturen während des Mittelalterlichen Wärmeoptimums ermöglichten eine Ausweitung der Landwirtschaft bei steigender Qualität der Anbauprodukte. Durch die verbesserte Versorgungslage stieg auch die Bevölkerungszahl. Gleichzeitig senkte sich der Meeresspiegel. So entstand neuer fruchtbarer Marschboden, der landwirtschaftlich genutzt wurde und von den jetzt einwandernden Friesen zu ebener Erde besiedelt werden konnte.

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Diese Situation änderte sich allerdings gegen Ende des ersten Jahrtausends. Als Folge der Mittelalterlichen Wärmeperiode stieg der Meeresspiegel wieder an. Die Siedler begannen erstmals Deiche zu bauen, um ihre bisherigen Siedlungsplätze zu erhalten und ihre landwirtschaftlichen Flächen weiter bewirtschaften zu können. Bereits im 13. Jahrhundert wurde eine geschlossene Deichlinie vom Ijsselmeer im Westen bis zur Weser im Osten fertig gestellt, die als „Goldener Ring“ bezeichnet wurde (weitere Informationen dazu finden Sie im Küsteum). Diese geschlossene Deichlinie verbesserte einerseits zunächst die Bedingungen für Landwirtschaft und Siedlungsbau. Andererseits gingen dadurch Überflutungsgebiete verloren, d. h. die neuen Deiche hatten kein Vorland, das die Kraft von Wellen und Sturmfluten abfangen konnte. Der weiter ansteigende Meeresspiegel und die mit Beginn der Kleinen Eiszeit (15. bis 19. Jh.) vermehrt einsetzenden Stürme verursachten somit oftmals Deichbrüche. Diese prägten die nächsten Jahrhunderte. Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: Küstenschutzausstellung im Küsteum (Haltepunkt 14) Angebot vor Ort: Paddel- und Pedalstation Sande (Haltepunkt 15) mit Umsteigemöglichkeit (s. u.) Angebot in der Nähe: Gastronomie (Haltepunkt 16) Hier endet der kurze Klimapfad. Es besteht eine Anbindung an den Bahnhof Sanderbusch. Wenn Sie weiterfahren möchten, dann folgen Sie der Beschreibung. So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 3,6 km Setzen Sie die Fahrradtour entlang des Ems-Jade-Kanals nach Mariensiel fort. An der nächsten Straßenbrücke biegen Sie rechts in die „Umfangstraße“ nach Mariensiel ein und folgen dem Straßenverlauf, bis Sie nach ca. 700 m die alte Sielanlage erreicht haben. Alternativ können Sie an der „Paddel- und Pedalstation“ in ein Kanu umsteigen und den Weg nach Mariensiel auf dem Wasser zurücklegen. Ihr Fahrrad wird zum Ausstiegspunkt an der Mariensieler Schleuse transportiert. Von dort aus fahren Sie die restlichen 600 m zum Siel. Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel.: 04421-987691. 15

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Station 6: Siele – Schnittstellen zwischen Meer und Binnenland

Ein strukturelles Problem des Deichbaus war die Entwässerung des Hinterlandes. Da ein natürlicher Abfluss des Grund- und Oberflächenwassers nicht mehr möglich war, mussten künstliche Durchlässe im Deich geschaffen werden, welche die Entwässerung des Hinterlandes ermöglichten. So entstanden die Siele, verschließbare Durchlassbauwerke im Deich zur Entwässerung eingedeichten Landes. Sie öffnen sich bei hohem Binnenwasserstand und schließen sich durch den Gegendruck bei Flut. Das älteste bisher entdeckte Siel in Deutschland stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde an der Ostseite des Jadebusens bei Stollhamm geborgen. Es bestand aus einem durch den Deich gelegten hohlen Baumstamm mit anschließendem Regulierkasten. Der Ablauf des Wassers wurde mit einer beweglichen Klappe geregelt.

Schematische Darstellung einer Sielanlage

Zahlreiche kleine Entwässerungsgräben transportieren das Wasser zu größeren Wasserläufen, den sogenannten Tiefs, und schließlich zu den Sielen. Bei Niedrigwasser kann das Wasser aus dem Hinterland durch diese Siele ins Meer abfließen. Bei Flut bleiben die Tore geschlossen. Siele mussten bei jedem Deichbau angelegt werden. Auf die Standorte der Siele weisen heute noch vielfach Ortsnamen hin, die mit „siel“ enden (z. B. Ellenserdammersiel oder Mariensiel). Das ursprüngliche Mariensiel wurde 1570 gebaut und entwässerte die Maade direkt in den Jadebusen. Die Sielanlage wurde im Laufe der Zeit mehrfach verändert und schließlich sogar neu gebaut. Die steinerne Sielanlage, die Sie an dieser Station sehen, wurde 1878 angelegt. Die Verlagerung der Deichlinie durch die Wilhelmshavener Hafenerweiterung Anfang des 20. Jahrhunderts führte zu veränderten Strömungsverhältnissen in der Bucht von Mariensiel. Zunehmende Verschlickung und Verlandung sorgten dafür, dass das alte Mariensiel nicht mehr ausreichend entwässerte. Es wurde 1963 geschlossen 16

und seine Bucht abgedeicht. Seitdem erfolgte die Entwässerung über das Maadesiel. Das freigelegte Sielgewölbe der historischen Sielanlage wurde 1984 vom III. Oldenburgischen Deichband instandgesetzt.

Historische Sielanlage Mariensiel Ende der 1950er Jahre

Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: Weitere Informationen über das Mariensiel an der Infotafel „Sehenswertes Sande“ Angebot in der Nähe: Gastronomie (Haltepunkt 17) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 3,6 km Verlassen Sie Mariensiel und überqueren Sie die Hauptstraße („Bunsenstraße“). Folgen Sie der Straße bis zum Parkplatz des JadeWeserAirports und biegen Sie dort links ab. Wenn Sie an der nächsten Möglichkeit rechts fahren, erreichen Sie nach kurzer Zeit den Deich. Dort angekommen, biegen Sie rechts ab und folgen den Wegweisern nach Cäciliengroden, bis Sie das Hinweisschild „Zum Dorfgemeinschaftshaus“ erreichen. Dort überqueren Sie den Deich und haben die Station 7 erreicht.

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Stationen Klimapfad Sande

Verlauf Klimapfad



Rückweg zum Bahnhof

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Gemeinde Sande (Ausschnitt)

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S Startpunkt Bahnhof Sande 7

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Station 7: Die Entstehung des Jadebusens

Die Entstehung der heutigen Jade-Region geht zurück auf die beiden letzten Eiszeiten, die vor ca. 18.000 bzw. 125.000 Jahren endeten. Während der älteren, der Saale-Eiszeit (300.000– 125.000 v. h.), reichten die Gletscher bis an die deutschen Mittelgebirge. Die Eismassen der jüngeren Weichsel-Eiszeit (115.000–18.000 v. h.) erreichten dagegen die ostfriesische Halbinsel nicht mehr. Dennoch ebneten Wind, Wasser und Frosteinwirkung das Gebiet ein und modellierten die Oberfläche in ihre heutige Form mit einzelnen, flachen Geestinseln. Die Entstehung des Jadebusens selbst begann vor ca. 8.000 Jahren, als im Zuge des ansteigenden Meeresspiegels der Ur-Jadebusen ausgewaschen wurde. Fortan wechselten sich Trans- und Regressionen (Vorstöße und Rückzüge des Meeres) ab. Während sich das Meer ausbreitete, vernässte das Hinterland, wodurch sich zunächst Moore bildeten, die dann während des weiteren Anstiegs des Meeresspiegels von Meeressedimenten überlagert wurden. Spätere Rückzüge der Nordsee führten dagegen zur erneuten Aussüßung der betroffenen Bereiche und zur Torfbildung. Aus dem Wechselspiel beider Vorgänge entstand das für die Region typische Marschprofil.

Schematischer Querschnitt von der Geest zur Seemarsch

Bis zum Beginn der großen Überflutungen des Mittelalters war die Region des Jadebusens lediglich von einigen schmalen Entwässerungsrinnen durchzogen. Der erste große mittelalterliche Einbruch erfolgte 1219 während der 1. Marcellusflut. Die 2. Marcellusflut von 1362, auch „Grote Mandränke“

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genannt, die Cosmas und Damianflut von 1509 sowie die Antoniflut von 1511 führten die Bucht schließlich zu ihrer größten Ausdehnung.

Der Jadebusen um 1520 n. Chr.

Erst ab dem 16. Jahrhundert konnte der Jadebusen dank der fortgeschrittenen Technik langfristig erfolgreich wieder eingedeicht werden. Im Jahr 1883 wurden im Reichskriegshafengesetz alle weiteren Eindeichungen im Jadebusen verboten. Dadurch sollte das tiefe Wasser vor Wilhelmshaven erhalten werden, das Anlass zur Gründung des Kriegshafens war und heute für den zivilen Tiefwasserhafen genutzt wird. Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: Salzwiesenlehrpfad Cäciliengroden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (Haltepunkt 18) Angebot vor Ort: Gastronomie (Haltepunkt 19) So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 1,4 km Fahren Sie am Deich entlang bis an das südliche Ortsende von Cäciliengroden. Dort biegen Sie rechts ab in die „Fritz-ErlerStraße“, auf der Sie nun den Ort durchqueren, bevor Sie links in die „Dangaster Straße“ einbiegen. Am Ortsausgang von Cäciliengroden können Sie das Denkmal für die versunkenen Kirchspiele besichtigen. Nach kurzer Fahrt auf der „Dangaster Straße“ haben Sie Station 8 erreicht. 21

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Station 8: Junge Marsch und alte Deichlinien

Seit dem Beginn der Eindeichungen ab dem 11. Jahrhundert verlief die Landgewinnung stets nach demselben Muster. In den Salzwiesen vor der Küste lagerten sich Meeressedimente ab, so dass der Boden nicht mehr regelmäßig vom Meer überflutet wurde und landwirtschaftlich nutzbar war. Um dieses neu gewonnene Land ganz trocken zu legen, wurde dann ein Deich errichtet. Das eingedeichte Marschland wird auf der ostfriesischen Halbinsel als Polder oder Groden bezeichnet. Wegen des Meeresspiegelanstiegs lag das neu gewonnene Land stets höher als das ältere. Bei mehreren Eindeichungen hintereinander entstand so eine Poldertreppe.

Schema einer Poldertreppe

Um das natürliche Anwachsen des Vorlandes zu unterstützen oder zu beschleunigen, werden Buhnen und Lahnungen gebaut. Buhnen sind senkrecht zum Ufer in ein Gewässer vorgebaute Uferschutzwerke. Sie können z. B. aus Busch (Strauchwerk oder Reisig), Holz oder Stein sein. Lahnungen sind buhnenartige Dämme aus Busch oder Stein, die zwischen zwei Pfahlreihen fest eingepackt und verschnürt sind. Im Vorland selber wurde die weitere Aufhöhung durch Gräben (Grüppen) gefördert, in denen sich Schlick ablagerte, der früher regelmäßig ausgehoben und verteilt wurde. Sie können an dieser Station insgesamt drei alte Deichlinien erkennen. Im 19. Jahrhundert wurde der heutige Seedeich errichtet, der östlich liegt. Der Deich, auf dem die Straße zu dieser Station verläuft, wurde 1732 errichtet. Durch ihn wurde der ca. 500 Meter breite Jeversche Groden gewonnen. Der dritte Deich, der noch weiter im Westen liegt, wurde 1643 errichtet und diente dem Schutz des Salzengrodens. Am westlichen Jadebusen sind bis zu fünf alte Deichlinien hintereinander anzutreffen.

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Ablauf der Bedeichung am Jadebusen (Ausschnitt)

Heute besitzen die Marschen ebenso wie die vorgelagerten Watten und Salzwiesen des westlichen Jadebusens eine besondere nationale und internationale Bedeutung als Brut- und Rastgebiete für Vögel. Der Jadebusen gehört zum Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ und ist, wie die angrenzenden „Marschen am Jadebusen“, als europäisches Vogelschutzgebiet Teil des ganz Europa umspannenden Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. Ser vicetipps So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 3,6 km Fahren Sie nun weiter die „Dangaster Straße“ entlang, bis rechts die „Südstraße“ abzweigt. Folgen Sie der Beschilderung nach Neustadtgödens. Dort begegnen Sie mehreren alten Deichen. Die nächste Station befindet sich gleich links nach der Autobahnbrücke.

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Station 9: Das Schwarze Brack – Politik als Element der Landschaftsgeschichte

Diese Station liegt auf einem Deich aus dem Jahr 1525, direkt am Nordende des sogenannten Schwarzen Bracks. Das Schwarze Brack ist eine ehemalige Meeresbucht. In diesem Bereich des westlichen Jadebusens vermischten sich salziges Meerwasser und süßes Binnenwasser zu dunklem Brackwasser. Seine Farbe erhielt das Wasser durch den hohen organischen Anteil des Süßwassers aus den Moorgebieten, die früher den gesamten Bereich des heutigen Jadebusens bedeckten. Der Einbruch des Schwarzen Bracks wurde während der „Groten Mandränke“ von 1362 (2. Marcellusflut) verzeichnet. Diese Sturmflut drang weit in den Jadebusen ein und schuf das Brack als neue westliche Bucht. Es reichte damals bis an den Geestrand und lag nahe der Orte Altgödens, Horsten, Zetel, Steinhausen und Jeringhave. Das westliche Ende des Schwarzen Bracks lag damit ca. zehn Kilometer weiter im Binnenland als die derzeitige Küstenlinie. Die ersten Eindeichungsmaßnahmen am Brack begannen bereits wenige Jahre später, blieben jedoch zunächst auf die Randbereiche beschränkt. So entstand 1525 der Sander Altendeich, auf dem heute die Straße von Sanderahm nach Neustadtgödens verläuft. Es wurden schrittweise weitere Deiche gebaut, so dass das Schwarze Brack bereits 1578 wieder von einer geschlossenen Deichlinie umgeben war. Sie verlief teilweise auf oldenburgischem und teilweise auf ostfriesischem Gebiet.

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Das Schwarze Brack und die politischen Verhältnisse um 1600

Im 16. Jahrhundert grenzten drei Landesherrschaften an den Meereseinbruch. Im Norden befand sich die Herrschaft Jever, im Westen Ostfriesland und im Süden die Grafschaft Oldenburg. Nach dem Tod der letzten Herrscherin von Jever im Jahr 1575 fiel die Herrschaft Jever an die Oldenburger. Diese ließen, trotz Protesten von ostfriesischer Seite, das Schwarze Brack 1615 in einer großen Anstrengung mit dem Ellenser Damm abdeichen. Dadurch erhielten die Oldenburger Grafen einen Festlandanschluss zu ihrem neu erworbenen Landesteil und mussten nicht mehr über ostfriesisches Territorium. Ser vicetipps So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 1 km Folgen Sie dem Straßenverlauf bis Sie linker Hand die Oberahmer Peldemühle in Neustadtgödens erreichen.

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Station 10: Von der Windmühle zum modernen 10

Windrad – die Nutzung der Windenergie im Lauf der Jahrhunderte

Die Oberahmer Peldemühle in Neustadtgödens wurde 1764 erbaut und war bis 1966 in Betrieb. Sie besitzt zwei Mahlgänge und einen Schälgang, den so genannten Peldegang. Die Mühlensteine der Oberahmer Peldemühle werden mit Windkraft angetrieben. Diese zweistöckige Galerieholländermühle hat eine Windrose und Segelflügel. Galerieholländer sind höher gebaute Holländerwindmühlen, deren Flügel über eine umlaufende Galerie erreicht werden können. Holländermühlen werden auch Kappenwindmühlen genannt, da sich nur deren Kappe im Wind dreht und der Unterbau feststeht. An dieser Mühlenkappe ist die Windrose angebracht. Sie sorgt dafür, dass sich die Mühlenkappe samt Flügeln selbstständig an die neue Windrichtung anpasst.

Die Oberahmer Peldemühle 1885

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Heutzutage wird durch Wind gewonnene Energie in Strom umgewandelt. Sicher sind Ihnen die zahlreichenWindkraftanlagen aufgefallen. In der Region Sande stehen zumeist mittelgroße Anlagen mit einer Gesamthöhe von ca. 75 Metern. Die Nennleistung dieser Anlagen beträgt jeweils ca. 750 Kilowatt. Dies entspricht rechnerisch dem Jahresstromverbrauch von etwa 400 Haushalten. Um einen Ort wie Sande zu versorgen, wären elf derartige Anlagen notwendig. In Kürze werden einige dieser Windkrafträder durch neue Anlagen ersetzt, welche die dreifache Energiemenge produzieren und bis zu ca. 180 Meter hoch sein können. Windkraft macht mit 39 Prozent (Stand 2010) bundesweit einen großen Anteil an der Zusammensetzung der Erneuerbaren Energien aus. Sieben Prozent des insgesamt in Deutschland erzeugten Stroms stammen bereits aus Windenergie. Diese wird insbesondere in den Küstenregionen gewonnen, da die durchschnittliche Windgeschwindigkeit an der Küste mit ca. 20 Kilometern pro Stunde deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegt. Allein die Windenergieanlagen im Landkreis Friesland haben eine installierte Leistung von 170 Megawatt, was immerhin ein Drittel des jährlichen Gesamtenergieverbrauchs des Landkreises darstellt. Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: Besichtigungsmöglichkeit der Peldemühle, weitere Informationen über die Mühle an der Infotafel „Sehenswertes Sande“ So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 300 m Fahren Sie weiter in Richtung Neustadtgödens auf der „Sanderahmer Straße“, bis Sie links auf den Wasserlauf, das Neustädter Tief, treffen. Dort befindet sich der alte Hafen, die nächste Station.

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Station 11: Der alte Handelsort Neustadtgödens 11 Der alte Handelsort Neustadtgödens wurde 1544 gegründet. Er entwickelte sich durch seine günstige Lage an einem Siel schnell zu einem bedeutenden Hafen, der Handelsbeziehungen bis nach Hamburg und Amsterdam besaß. Den ehemaligen Sielhafen des Ortes sehen Sie an dieser Station. Bedingt durch regionale Gegebenheiten wie flache Wattbereiche und geringes Transportaufkommen wurden damals relativ kleine Schiffe genutzt. Diese als Tjalken bezeichneten Boote waren bis zu zwanzig Meter lang und vier Meter breit.

Tjalk Immanuel unter Segeln

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Die Stellung des ehemals ostfriesischen Ortes als Handelshafen wurde bereits 1615 durch den Bau des Ellenser Damms bedroht (s. Station 9). In einem Vergleich beim Reichskammergericht in Speyer wurde der ostfriesischen Seite gestattet, kostenlos die Sielanlagen zu nutzen. Da Neustadtgödens im Dreißigjährigen Krieg von Zerstörung verschont wurde, erlangte der Hafenort eine enorme Bedeutung für Ostfriesland. Besonders die Leinenweberei, die vor allem von mennonitischen Glaubensflüchtlingen betrieben wurde, sorgte für einen regen Aufschwung. Mit der Regierungsübernahme der Preußen im Jahre 1744 verlor Neustadtgödens seine herausragende Stellung auf der ostfriesischen Halbinsel. Die heutige Wegeverbindung zwischen Neustadtgödens und Sanderahm, die Sie bereits passiert haben, ist der Sander Altendeich. Das war der erste Deich, der bereits 1525 nach dem Einbruch des Schwarzen Bracks errichtet wurde. Im weiteren Verlauf zieht sich die Deichlinie unter dem Namen „Am Deich“ bzw. „Horster Straße“ mitten durch das heutige Neustadtgödens hindurch. Bis in die 1950er Jahre konnte das Gebiet südlich der „Horster Straße“ wegen seiner tiefen Lage nicht bebaut werden, so dass Neustadtgödens bis zu dieser Zeit in seinen ursprünglichen Grenzen erhalten blieb.

Ser vicetipps So geht es weiter: Entfernung zur nächsten Station: 300 m Biegen Sie direkt neben dem alten Hafen links in den Feldweg ein, der am Neustädter Tief entlang führt. Folgen Sie ihm, bis Sie auf der linken Seite das Haus des Heimatvereins erreicht haben. Die nächste Infotafel befindet sich direkt an der Mühle.

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Station 12: Entwässerung früher und heute 12 Die Wedelfelder Wasserschöpfmühle wurde 1844 in Betrieb genommen und entwässerte mit weiteren Wasserschöpfmühlen den Bereich des ehemaligen Schwarzen Bracks. Erst 1962 kam der Betrieb der Wedelfelder Wasserschöpfmühle zum Erliegen. Bereits 1924 wurde das elektrisch betriebene Schöpfwerk in Petershörn nahe Dangast fertig gestellt, welches heute fast das gesamte Gebiet westlich des Jadebusens entwässert. Mit fünf weiteren Unterschöpfwerken übernimmt es die Entwässerung des gesamten Einzugsbereichs der Sielacht Bockhorn-Friedeburg, immerhin ein Gebiet von 33.100 Hektar. Es besitzt vier Pumpen, die zusammen 1.720 Kilowatt leisten. Vergleichen Sie diesen Energiebedarf mit der Leistung der neuen Windkraftanlagen an Station 10. 1981 konnte die Wedelfelder Wasserschöpfmühle erstmals wieder zu Demonstrationszwecken in Betrieb genommen werden. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt, um auch heute noch gelegentlich den Prozess der damaligen Entwässerung aufzeigen zu können. Sie ist die einzige noch voll funktionsfähige Wasserschöpfmühle auf der ostfriesischen Halbinsel.

Wedelfelder Wasserschöpfmühle 2010

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Die Wedelfelder Wasserschöpfmühle diente der Entwässerung des nordwestlichen Schwarzen Bracks. Die 1.600 Hektar Land des Schwarzen Bracks wurden aus politischen Gründen eingedeicht, obwohl sie eigentlich noch nicht deichreif waren. Das Gebiet lag wesentlich tiefer als die umgebenden Regionen und musste dadurch künstlich entwässert werden. Analog zu einer Kornmühle bezeichnete man diesen Vorgang als das Land „trocken mahlen“. Damit sollte eine Versumpfung des Landes verhindert und das Binnenland landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Erst nach 50 Jahren permanenter Entwässerung konnte hier Grünlandnutzung erfolgen. Ackerbau ist bis heute nicht möglich. Ser vicetipps Sehenswertes vor Ort: Besichtigungsmöglichkeit der Wedelfelder Wasserschöpfmühle Sehenswertes in der Nähe: Historischer Ortskern Neustadtgödens, zahlreiche Gotteshäuser in Neustadtgödens, Museum im Landrichterhaus (kostenlos – Haltepunkt 20) Wenn Sie noch ein wenig Zeit haben, dann empfiehlt sich auch ein Besuch des Wasserschlosses Gödens (Entfernung vom alten Hafen ca. 2,6 km). Angebot in der Nähe: Fahrradreparatur (Haltepunkt 21) und Gastronomie (Haltepunkte 22–23) So geht es auf direktem Weg zurück zum Bahnhof Sande: Entfernung zum Bahnhof Sande: 4,5 km Um zum Bahnhof Sande zurückzukehren, fahren Sie den Weg „An der Wassermühle“ zurück in Richtung Neustadtgödens. Biegen Sie an der ersten Möglichkeit links ab. Fahren Sie am Ende des Weges rechts in den „Timpweg“. Halten Sie sich an der nächsten Gabelung rechts und fahren Sie auf die „Sanderahmer Straße“. Kurz vor dem Alten Hafen fahren Sie links in die „Kirchstraße“ und biegen an deren Ende rechts in die „Brückstraße“ ein. Fahren Sie nun geradeaus am Landrichterhaus vorbei bis zum Ortsende. Biegen Sie an der Bundesstraße rechts in Richtung Sande ab. Fahren Sie einige Kilometer geradeaus, bis Sie einen Kreisverkehr erreichen. Dort nehmen Sie die zweite Ausfahrt und fahren rechts in die „Weserstraße“. Folgen Sie dem Straßenverlauf bis zur Bahnhofstraße. Links sehen Sie dann bereits den Bahnhof. 31

Station

Haltepunkt

Name

Start

Haltepunkt 1

Nordseehostel

Station 1

Haltepunkt 2

Landhaus Tapken

Station 2

Haltepunkt 3

Zur Scharfen Ecke

Haltepunkt 4 Haltepunkt 5

Fahrrad Boeljes Stadtbäckerei Siemens

Station 3

Haltepunkt 6

Küstenbäcker

Station 4

Haltepunkt 7 Haltepunkt 8

St. Magnus Kirche FRF Pavillon

Haltepunkt 9

Eiscafé Venezia

Haltepunkt 10 Haltepunkt 11 Haltepunkt 12

Griechisches Restaurant Athen Hotel Auerhahn Mediterranes Restaurant Pella

Haltepunkt 13

Griechisches Restaurant Ellas

Haltepunkt 14

Küsteum

Haltepunkt 15

Paddel- und Pedalstation

Haltepunkt 16

Marienstübchen

Station 6

Haltepunkt 17

Air-Line Bistro

Station 7

Haltepunkt 18 Haltepunkt 19

Salzwiesenlehrpfad Cäciliengroden Zur Grodendiele

Station 12

Haltepunkt 20 Haltepunkt 21 Haltepunkt 22 Haltepunkt 23

Museum im Landrichterhaus Schnarre Fahrräder Zur Waage Neustädter Stübchen

Station 5

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Leistung



Hostel/Fahrradverleih

Kontaktdaten

Fahrradverleih/-reparatur Bäckerei/Café

Bahnhofstraße 15 (26452 Sande), Tel.: 0160-1777236 Bahnhofstraße 46 (26452 Sande), Tel.: 04422-95860 Hauptstraße 6 (26452 Sande), Tel.: 04422-1473 Hauptstraße 32 (26452 Sande), Tel.: 04422-1394 Hauptstraße 42 (26452 Sande), Tel.: 04422-507810

Bäckerei/Café

Hauptstraße 45 (26452 Sande), Tel.: 04422-4411

Kirche Restaurant Eisdiele Restaurant Hotel/Restaurant Restaurant

Hauptstraße 72 (26452 Sande), Tel.: 04422-642 Hauptstraße 81 (26452 Sande), Tel.: 04422-9981899 Hauptstraße 88 (26452 Sande), Tel.: 04422-999087 Hauptstraße 92 (26452 Sande), Tel.: 04422-2121 Hauptstraße 105 (26452 Sande), Tel.: 04422-8990 Hauptstraße 114 (26452 Sande), Tel.: 04422-997861 Hauptstraße 116 (26452 Sande), Tel.: 04422-998058

Hotel/Restaurant Gaststätte

Restaurant Museum Fahrrad- und Bootsverleih Café Restaurant

Alt-Marienhausen 2 (26452 Sande), Tel.: 04422-958835 Alt-Marienhausen (26452 Sande), Tel.: 0172-2801719 Alt-Marienhausen 2 (26452 Sande), Tel.: 04422-3186 Flugplatz Mariensiel (26452 Sande), Tel.: 04421-202972

Nationalpark-Erlebnispfad Cäciliengroden (26452 Sande) Gaststätte Hermann-Schulz-Straße 31 (26452 Sande), Tel.: 04422-1359 Museum und Infopunkt Brückstraße 19 (26452 Sande), Tel.: 04422-4199 Fahrradreparatur Brückstraße 28 (26452 Sande), Tel.: 04422-1397 Gaststätte Horster Straße 7 (26452 Sande), Tel.: 04422-1491 Café Brückstraße 33 (26452 Sande), Tel.: 04422-5337 33

Impressum Herausgeber: Nationalpark- und Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer Virchowstr. 1 26382 Wilhelmshaven Telefon: 04421-911-0 Fax: 04421-911-280 Email: [email protected] www.nationalpark-wattenmeer.de Text: Andreas Asam; Nationalpark- und Biosphärenreservatsverwaltung Redaktion: Stephan Horschitz; Nationalpark- und Biosphärenreservatsverwaltung Fachliche Beratung: Prof. Dr. Karl-Ernst Behre Gestaltung: Isa Fischer und Reno Lottmann Abbildungen (alphabetisch, Seitenzahlen in Klammern): Behre, Karl-Ernst 2008: Landschaftsgeschichte Norddeutschlands (9, 20–23); Ev.-luth. Kirchengemeinde Sande (11); Glaser, Rüdiger 2001: Klimageschichte Mitteleuropas (12); Glaser, Rüdiger 2008: Klimageschichte Mitteleuropas (14); Grafik Schmidt/Hallmann (16); Norddeutsches Klimabüro 2011 (6); Städte-Verlag Fellbach 2009 (18–19); Tenge, Oskar 1898: Der Jeversche Deichband (25). Fotos (alphabetisch, Seitenzahlen in Klammern): Arnold, Hilke (30); Bartels, Gert (Titel); Deutsches Sielhafenmuseum Carolinensiel (28); Heimatverein Gödens-Sande (26); Meinen, Klaus-Dieter (5); Sinning, Ralf (5); III. Oldenburgischer Deichband (17). Förderer: Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.

Gedruckt auf 100% Recyclingpapier 1. Auflage 2011 (5.000 Stück) 34

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Ein Gemeinschaftsprojekt von: Gemeinde Sande Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer