NEWSLETTER ZUM NEWSLETTER ZUM BANKRECHT INHALTSVERZEICHNIS

bankRECHT NEWSLETTER ZUM BANKRECHT 3-2012 INHALTSVERZEICHNIS 1. Unzulässige Klauseln in Fremdwährungskreditverträgen OGH vom 30.05.2012, 8 Ob 49/12g...
Author: Otto Lorentz
4 downloads 1 Views 648KB Size
bankRECHT NEWSLETTER ZUM BANKRECHT

3-2012

INHALTSVERZEICHNIS 1. Unzulässige Klauseln in Fremdwährungskreditverträgen OGH vom 30.05.2012, 8 Ob 49/12g

2

2. Analoge Anwendung des § 25c KSchG auf „Kreditnehmer“ OGH vom 30.05.2012, 7 Ob 115/11d

2

3. Anlageberatung – Second-Hand-Lebensversicherung - Prospekt OGH vom 24.05.2012, 1 Ob 77/12y

4

4. Kein Pfandrecht der Bank an Ansprüchen der Komplementär-GmbH für Forderungen gegenüber der GmbH & Co KG OGH vom 10.07.2012, 4 Ob 183/11g

4

5. Zur Frage der Verwendung von Spenden im Zuge einer Spendenaktion, wenn der Zweck der Spendenaktion unmöglich wird OGH vom 24.05.2012, 6 Ob 78/12g

6

6. Zur Abgrenzung der Eigenschaft eines geschäftsführenden GmbH- Gesellschafters als Verbraucher oder als Unternehmer OGH vom 24.04.2012, 2 Ob 169/11h

7

7. Erfüllungsanspruch und Schadenersatz für Gewinnzusagen und Schadenersatz bei Veranlagung in CMI-Kapitallebensversicherungen BGH vom 11.07.2012, IV. ZR 151/11

8

bankRECHT 1.

Unzulässige Klauseln in Fremdwährungskreditverträgen OGH vom 30.05.2012, 8 Ob 49/12g LEITSATZ: Die UniCredit Bank Austria AG wurde im Rahmen eines Verbandsprozesses schuldig erkannt, die Verwendung der Ziffern 47, 48 und 75 ihrer AGB zu unterlassen.

Wie bereits im Newsletter 2/2012 berichtet, hat das Handelsgericht Wien die UniCredit Bank Austria AG schuldig erkannt, die Verwendung der nachstehend angeführten Klauseln in Fremdwährungskreditverträgen zu unterlassen: 1. (Z 47 der AGB) Das Kreditinstitut kann vom Kunden für alle Ansprüche aus der mit ihm bestehenden Geschäftsverbindung die Bestellung angemessener Sicherheiten innerhalb angemessener Frist verlangen, und zwar auch dann, wenn die Ansprüche bedingt, befristet oder noch nicht fällig sind. 2. (Z 48 der AGB) (1) Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung der Ansprüche gegen den Kunden rechtfertigen, ist das Kreditinstitut berechtigt, die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten innerhalb angemessener Frist zu verlangen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden nachteilig verändert haben oder zu verändern drohen oder die vorhandenen Sicherheiten sich wertmäßig verschlechtert haben oder zu verschlechtern drohen. (2) Dies gilt auch, wenn bei Entstehen der Ansprüche die Bestellung von Sicherheiten nicht verlangt wurde. 3. (Z 75 der AGB) Das Kreditinstitut ist auch berechtigt, einen in fremder Währung aushaftenden Schuldsaldo unter Anzeige an den Kunden in inländische Währung umzuwandeln, wenn sich durch die Kursentwicklung der fremden Währung das Kreditrisiko erhöht und das Kreditinstitut innerhalb angemessener Frist keine ausreichende Sicherstellung erlangt. Die Entscheidung des Handelsgerichtes Wien wurde vom OLG Wien als Berufungsgericht bestätigt. Die von der UniCredit Bank Austria AG dagegen erhobene ordentliche Revision wurde zwar für zulässig, nicht jedoch für berechtigt erklärt, womit der Oberste Gerichtshof die Unzulässigkeit dieser Klauseln bestätigt hat. Im Übrigen führt das Höchstgericht aus, dass die Klausel Z 47 nach dem Gesamteindruck einem verständigen Verbraucher bei kundenfeindlichster Auslegung den Eindruck vermittelt, der Bank stehe es frei, jederzeit nach eigenem Ermessen Sicherheiten (Pfandrechte) zu verlangen. Sie verschafft damit ein unklares Bild

über die Rechte des Kunden und die Tragweite der Regelung. Aus diesem Grund erachtet das Höchstgericht die beanstandete Klausel bei Anwendung des gebotenen strengen Beurteilungsmaßstabs als intransparent und daher unwirksam. Z 48 hingegen vermittelt nach Ansicht des OGH den Eindruck, der Bank stehe es nach ihrer eigenen Einschätzung einer Risikoerhöhung frei, Sicherheiten nachzuverlangen. Worin konkret eine nachteilige Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden bzw eine wertmäßige Verschlechterung der vorhandenen Sicherheiten bestehen muss, ist für den Verbraucher nicht nachvollziehbar. Ebenso bleibt unklar, auf welcher Grundlage die Entscheidung erfolgt und in welchem Ausmaß eine Änderung eintreten muss. Schließlich ist auch der Umfang der Verstärkung der Sicherheiten sowie die Dauer der „angemessenen Frist“ unklar, sodass die Klausel dem Transparenzgebot nicht entspricht. Auch die Klausel Z 75 wird vom Obersten Gerichtshof als intransparent qualifiziert, da das Recht der Bank auf vorzeitige Konvertierung eines Fremdwährungskredites, sofern sie bei Erhöhung des Kreditrisikos durch die Kursentwicklung nicht innerhalb angemessener Frist ausreichende Sicherstellung erlangt, äußerst unklar ist. Ein vorzeitiges Umwandlungsrecht kann nicht bei jeder Risikoerhöhung zustehen, vielmehr muss es sachlich gerechtfertigt sein und daher auf eine Gefährdung der Rechtsstellung der Bank Bedacht nehmen. Unklar ist wiederum, was unter „ausreichende Sicherstellung“ und „in angemessener Frist“ gemeint ist.

2.

Analoge Anwendung des § 25c KSchG auf „Kreditnehmer“ OGH vom 30.05.2012, 7 Ob 115/11d LEITSATZ: Die Bestimmung des § 25c KSchG ist analog auch dann anzuwenden, wenn lediglich diejenige Person, die erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will, den Kreditvertrag mit der Bank abschließt, während der nicht kreditwürdige materielle Hauptschuldner aus dem Kreditverhältnis „draußen bleibt“. Auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 25c KSchG bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten der Bank gegenüber dem Kunden.

SACHVERHALT: Die N-GmbH, deren Gesellschafter der Beklagte und sein Sohn jeweils zur Hälfte waren, unterhielt bei der klagenden Bank ein Betriebsmittelkonto, welches schließlich einen Sollsaldo von € 27.000 aufwies. Für dieses Konto hafteten weder der Beklagte noch sein Sohn 2

bankRECHT persönlich. Der Sohn des Beklagten wollte mit einer weiteren Gesellschaft (V-GmbH) ein Bauprojekt verwirklichen und bemühte sich daher bei der klagenden Bank um eine Finanzierung. Diese teilte mit, dass das offene Betriebskonto der N-GmbH der Finanzierung im Wege stehe. Aus diesem Grund wurde zwischen der klagenden Bank, dem Beklagten und seinem Sohn vereinbart, dass der Beklagte ein weiteres Kreditkonto eröffnet und von diesem Konto das Betriebskonto der N-GmbH abgedeckt wird. Der Beklagte verpfändet sein Wertpapierdepot zur Besicherung dieses Kredites. Schließlich erteilte die klagende Bank der V-GmbH eine befristete Finanzierungszusage über € 2,4 Mio. Dabei wurden neben anderen Sicherheiten als Auszahlungsvoraussetzung auch das Vorliegen der Baubewilligung und diverse weitere Auflagen gefordert. Zur Finanzierung der Vorlaufkosten zahlte die klagende Bank € 150.000 an die V-GmbH aus. Nach der Feststellung, dass das Projekt € 400.000 mehr kosten würde, als von der Kreditnehmerin veranschlagt, teilte die klagende Bank der V-GmbH mit, dass der Kredit nicht gewährt werden könne, worauf auch der ausbezahlte Betrag von € 150.000 rückbezahlt wurde. Mit der gegenständlichen Klage begehrte die klagende Bank vom Beklagten die Bezahlung des auf dem neu eröffneten Konto aushaftenden Saldos von € 33.284,65 und führte begründend aus, dass nicht vereinbart gewesen sei, dass der Beklagte die Haftung für das Betriebskonto nur vorübergehend oder „pro forma“ übernehme und seien die beiden Geschäftsfälle nicht junktiniert worden. Der Beklagte beantragt die Klagsabweisung und führte aus, dass er nicht persönlich für die nunmehr eingeklagte Forderung hätte haften sollen, da die für die Projektfinanzierung anfallende Kreditvermittlungsprovision dem neu eröffneten Konto gutgeschrieben und dieses dadurch abgedeckt hätte werden sollen. Der Beklagte sei durch Vortäuschung falscher Tatsachen dazu veranlasst worden, mit der Klägerin einen Kontoführungsvertrag mit einem Überziehungsrahmen abzuschließen. ENTSCHEIDUNG: Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der von den Parteien abgeschlossene Kontoeröffnungsvertrag nicht unter den vom Beklagten behaupteten Bedingungen gestanden sei (dass sich die klagende Bank verpflichtet hätte, der V-GmbH eine Finanzierung zu gewähren und den aushaftenden Kontobetrag aus Provisionen abzudecken). Die klagende Bank habe auch keine Aufklärungspflichten verletzt. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die Rechtssache sei hinsichtlich der Einhaltung der Warn- und Aufklärungspflicht durch die klagende Bank noch nicht spruchreif. Der gegen diesen Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs der klagenden Bank ist nach Ansicht des OGH zulässig, aber nicht berechtigt. Vorerst stellt der OGH dar, dass § 25c KSchG analog

auch dann anzuwenden ist, wenn lediglich diejenige Person, die erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will, den Kreditvertrag mit der Bank abschließt, während der nicht kreditwürdige materielle Hauptschuldner aus dem Kreditverhältnis „draußen bleibt“. Demnach ist der Begriff der Interzession durch den wirtschaftlichen Zweck gekennzeichnet, sodass es keinen Unterschied macht, ob die Übernahme der Verpflichtung in der im Gesetz angeführten typischen Form eines Schuldbeitritts als Mitschuldner, Bürge oder Garant oder aber in einer diesen Formen wirtschaftlich gleichwertigen Form geschieht. Wenn sich jemand erkennbar nur als Interzedent zur Verfügung stellen will, kann sich also schon aus den Grundsätzen der Erklärungs- und Vertragsauslegung ergeben, dass nur eine Interzession zustande kommt. Schließlich lässt der OGH jedoch offen, ob bei der vorliegenden Konstellation § 25c KSchG (analog) anzuwenden ist, da nach den Feststellungen dem Beklagten ohnehin klar war, dass er das Konto wird abdecken müssen, sodass er das Risiko des Einstehenmüssens für eine (materiell) fremde Schuld umfassend kannte. § 25c KSchG ist auch dann nicht analog anwendbar, wenn für Gläubiger und Dritten im Zeitpunkt des Schuldbeitritts offenkundig ist, dass ein Regressanspruch gegenüber dem Hauptschuldner (N-GmbH) zwar faktisch besteht, in Wahrheit wegen dessen Vermögenslosigkeit nicht durchsetzbar sein wird und damit auch für den Interzedenten offenkundig ist, dass er die Schuld auch materiell selbst tragen muss. Jedoch auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 25c KSchG bestehen Beratungs- und Warnpflichten der Bank. Nach den Feststellungen wurde zwar über die Abwicklung des Kredites „durch das Projekt“ geredet, aber nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass die Finanzierung noch nicht gesichert sei. Die Bank hätte darauf hinweisen müssen, dass die Finanzierung nicht gesichert sei, auch wenn das Konto der N-GmbH gedeckt werde, dass also der Beklagte riskierte zu zahlen, ohne das angestrebte Ziel (Finanzierung der V-GmbH) zu erreichen. Zu der Frage des konkreten Gesprächsinhaltes, zur voraussichtlichen Höhe der Rückführung, zur Wahrscheinlichkeit der Abdeckung „durch die Projektfinanzierung“ und zum diesbezüglichen Kenntnisstand des Beklagten fehlen noch Feststellungen, sodass eine Verfahrensergänzung erforderlich ist. ANMERKUNG: Aufgrund dieser Entscheidung und der Judikate 10 Ob 34/06g und 3 Ob 111/08g ist nunmehr jedenfalls klargestellt, dass der Begriff der Interzession durch den wirtschaftlichen Zweck gekennzeichnet ist und der formellen Einstufung keine Bedeutung zukommt, sodass auch der formelle Kreditnehmer Interzedent sein kann, wenn er erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will. Daraus ergibt sich jedoch auch, dass dann auch entsprechende Aufklärungspflichten im Sinne der §§ 25c und 25d KSchG gegenüber den formellen Kreditnehmer bestehen können, bei deren Verletzung die im KSchG geregelten Rechtsfolgen eintreten können. 3

bankRECHT 3.

Anlageberatung – Second-Hand-Lebensversicherung – Prospekt OGH vom 24.05.2012, 1 Ob 77/12y LEITSATZ: Es besteht eine generelle Verpflichtung einer Bank, im Rahmen eines Beratungsgespräches mangels eigener Kenntnis über ein angefragtes Produkt weitere Informationen einzuholen oder über die (bloß theoretische) Möglichkeit der Insolvenz einer Emittentin oder Garantin aufzuklären.

SACHVERHALT: Die Klägerin – sie hatte bereits Veranlagungserfahrung - hat privat von der Möglichkeit der Veranlagung in Second-Hand-Lebensversicherungen Kenntnis erlangt und sich einen diesbezüglichen Prospekt verschafft. Sie wandte sich an die Erstbeklagte (Bank) und ersuchte um eine Bewertung, ob sie in das Produkt laut diesem Prospekt investieren solle. Die Mitarbeiter der Erstbeklagten legten gegenüber der Klägerin offen, dass sie selbst nicht mehr an Informationen hätten, als im Prospekt enthalten war, über keine Informationen zur Bonität des Versicherers verfügten und den Rückversicherer gar nicht kannten. Die Klägerin entschloss sich zu diesem Investment. Offenbar wurde der Lebensversicherer in der Folge insolvent. ENTSCHEIDUNG: Mit der Behauptung, die Mitarbeiter der Erstbeklagten hätten ihr auch anbieten müssen, weitere Informationen über das Produkt, die Bonität des Versicherers und die Bonität des Rückversicherers einzuholen, begehrte sie von der beklagten Bank Schadenersatz. Die Klägerin ist in beiden Unterinstanzen unterlegen. Der OGH hat die außerordentliche Revision nicht zugelassen. Nach der nur kurzen Begründung des OGH waren für die Klägerin auf der Grundlage der Informationen aus dem Prospekt keine Fragen mehr offen. Eine generelle Verpflichtung der Bank, mangels eigener Kenntnis weitere Informationen über das angefragte Produkt und die Bonität des Lebensversicherers sowie des Rückversicherers einzuholen, besteht nicht. Weiters verneint der OGH eine allgemeine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über die theoretische Möglichkeit der Insolvenz einer Emittentin oder einer Garantin, es sei denn, für den Eintritt einer Insolvenz würden im Erwerbszeitpunkt (offenbar gemeint: Zeitpunkt der Beratung!) bereits konkrete Anhaltspunkte vorliegen.

ANMERKUNG: Manchmal ist es im Umgang mit Kunden eben besser, weniger zu sagen und vor allem auch fehlendes Wissen ehrlich einzugestehen.

4.

Kein Pfandrecht der Bank an Ansprüchen der Komplementär-GmbH für Forderungen gegenüber der GmbH & Co KG OGH vom 10.07.2012, 4 Ob 183/11g LEITSATZ: Ein an allen pfändbaren Ansprüchen des Kunden gegenüber dem Kreditinstitut bestehendes Pfandrecht zugunsten des Kreditinstituts, welches die Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Kunden aus der Geschäftsverbindung sichert, umfasst bei einer Geschäftsbeziehung zu einer GmbH & Co KG nicht auch die gesetzlichen Ansprüche der Bank aus der unbeschränkten und unmittelbaren Haftung der GmbH als Komplementärin.

SACHVERHALT: Eine GmbH & Co KG schloss mit der beklagten Bank einen Kontokorrentkreditvertrag ab, welcher von der Komplementär-GmbH der KG unterfertigt wurde. Die Komplementär-GmbH selbst unterhielt bei der beklagten Bank ein Wertpapierdepot. Den mit der beklagten Bank geschlossenen Verträgen lagen jeweils die AGB der beklagten Bank zugrunde, welche unter anderem folgenden Inhalt aufwiesen: Z 47 (1) Der Kunde räumt dem Kreditinstitut ein Pfandrecht an Sachen und Rechten jeder Art ein, die in die Innehabung des Kreditinstituts gelangen. (2) Das Pfandrecht besteht insbesondere auch an allen pfändbaren Ansprüchen des Kunden gegenüber dem Kreditinstitut, zB aus Guthaben. Unterliegen dem Pfand recht des Kreditinstituts Wertpapiere, so erstreckt sich das Pfandrecht auch auf die zu diesen Wertpapieren gehörenden Zins- und Gewinnanteilscheine. Z 48 (1) Das Pfandrecht sichert die Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Kunden aus der Geschäftsverbindung, auch wenn die Ansprüche bedingt, befristet oder noch nicht fällig sind. Das Pfandrecht an Guthaben/Werten aus Gemeinschaftskonten/- depots sichert alle Ansprüche, die dem Kreditinstitut gegen alle Konto-/ Depotinhaber aus der Geschäftsverbindung gemeinsam zustehen. 4

bankRECHT Z 56 Das Kreditinstitut kann ihm obliegende Leistungen an den Kunden wegen aus der Geschäftsverbindung entstandener Ansprüche zurückbehalten, auch wenn sie nicht auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen. Die Z 48 und 49 gelten entsprechend. Z 57 (1) Das Kreditinstitut ist berechtigt, zwischen sämtlichen Ansprüchen des Kunden, soweit sie pfändbar sind, und sämtlichen Verbindlichkeiten des Kunden ihm gegenüber aufzurechnen Sowohl über die GmbH & Co KG (kurz KG) als auch über die GmbH wurde in weiterer Folge der Konkurs eröffnet. Auf dem Konto der KG haftete ein Debetsaldo von ca € 1 Mio aus. Die beklagte Bank verkaufte daraufhin die Wertpapiere der GmbH und buchte den Erlös von € 53.061,61 auf das Konto der KG zur Aufrechnung um. Der Insolvenzverwalter der GmbH verkaufte daraufhin die Forderung der GmbH auf Herausgabe des Verwertungserlöses der Wertpapiere an die Klägerin. Die Klägerin begehrte mit der gegenständlichen Klage von der beklagten Partei die Zahlung von € 53.061,51. Sie brachte vor, dass die von der beklagten Bank erklärte Aufrechnung unzulässig sei. Die Geschäftsverbindung zwischen der beklagten Bank und der KG sei von der zwischen der beklagten Bank und der KG bestehenden Geschäftsbeziehung zu trennen. Das Pfandrecht der beklagten Partei besichere nur Forderungen aus der Geschäftsverbindung zwischen ihr und der GmbH, wobei (gesetzliche) Forderungen gegen die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG nicht umfasst seien. Die beklagte Bank beantragte die Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, ihr Direktanspruch gegen die GmbH ergebe sich aus deren unmittelbarer Haftung für die aushaftenden Kreditschulden der KG. Im Übrigen bestritt die beklagte Partei die Aktivlegitimation der Klägerin und behauptete das Vorliegen einer gewillkürten Prozessstandschaft. ENTSCHEIDUNG: Das Erstgericht wies die Klage unter Hinweis auf Z 47 und Z 48 AGB ab, wonach das Pfandrecht der beklagten Bank an allen pfändbaren Ansprüchen des Kunden gegenüber dem Kreditinstitut bestehe und dessen Ansprüche gegen den Kunden aus der Geschäftsbeziehung sichere. Aufgrund der unmittelbaren, primären, unbeschränkten und persönlichen Haftung des Komplementärs für die Gesellschaftsschulden der KG sei die Aufrechnung der Beklagten wirksam gewesen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Die Klage sei schon aufgrund mangelnder Aktivlegitimation der Klägerin abzuweisen, zumal einziger Vereinbarungszweck des zwischen der Klägerin

und dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Kaufvertrags die Übertragung des Prozessführungsrechts ohne gleichzeitiger Übertragung der materiellen Berechtigung an der Forderung gewesen sei, wodurch eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliege. Die gegen diese Berufungsentscheidung erhobene außerordentliche Revision der Klägerin erklärte der OGH für zulässig und berechtigt. Das Höchstgericht bestätigt die Aktivlegitimation der Klägerin mit der Begründung, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine unzulässige gewillkürte Prozessstandschaft, sondern um eine zulässige Inkassozession handle. In der Sache selbst führte der OGH aus, dass der allgemeine Grundsatz der Haftung der GmbH als Komplementärgesellschaft der KG für deren Schulden allein nicht ausreicht, um die Kreditschuld, die im Rahmen der Geschäftsverbindung zwischen KG und beklagter Bank entstand, als Anspruch der Bank „aus der Geschäftsverbindung“ mit der GmbH zu qualifizieren. Diese Haftung der GmbH gründet sich, so der OGH, eben nicht auf einen Vertrag mit der Bank (etwa durch vertragliche Übernahme einer Haftung als Mitschuldner oder Bürge), sondern vielmehr auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 128 UGB iVm 161 Abs 2 UGB. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen der Z 48 Abs 1 AGB und Z 56 AGB („Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Kunden aus der Geschäftsverbindung“) sind jedoch gesetzliche Ansprüche nicht umfasst. Der Beklagten steht somit weder ein Pfandrecht noch ein Zurückbehaltungsrecht zu Lasten der GmbH zu. Eine andere Beurteilung könnte nach Meinung des Höchstgerichts nur dann (im gegenständlichen Rechtsstreit jedoch nicht behaupteten) Fall zum Tragen kommen, dass das Darlehen in Wahrheit dem Interesse der Komplementär-GmbH bzw deren Gesellschafter gedient hätte. Abschließend erklärte der OGH auch die von der beklagten Bank erklärte Aufrechnung ihrer aus den §§ 128 und 161 UGB resultierenden Forderung gegen die Komplementär-GmbH gegen deren Forderung auf Auszahlung des Erlöses des Wertpapierdepots für unzulässig, da sich vor Konkurseröffnung der GmbH keine aufrechenbaren Forderungen gegenübergestanden wären. Die Forderung der GmbH gegen die beklagte Bank war laut OGH erst nach Auflösung des Wertpapierdepots und Eingang des Verwertungserlöses entstanden, zumal der Anspruch der GmbH auf Herausgabe der Wertpapiere nicht als bedingter Anspruch auf Geldleistungen im Sinne von § 19 Abs 2 IO beurteilt werden kann. Eine Aufrechnung nach Konkurseröffnung war daher mangels Gleichartigkeit der Forderungen ausgeschlossen. Der Revision der Klägerin war somit Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern. ANMERKUNG: Als Praxistipp ist daher zu folgern, dass bei Geschäftsverbindungen mit einer KG und dem Komplementär die Besicherung der Aktiva des Komplementärs gesondert vereinbart werden muss. 5

bankRECHT Der OGH hatte einen vergleichbaren Sachverhalt noch nicht zu beurteilen, der deutsche BGH hat in einer Entscheidung aus 2006 ein Pfandrecht der Bank bejaht, wobei in den AGB ausdrücklich auch gesetzliche Ansprüche und Ansprüche gegen Dritte mitumfasst waren. Aus der Entscheidung des BGH, XI. ZR 383/06 könnte bei Beurteilung einer vergleichbaren Rechtslage auch für Österreich abgeleitet werden, dass gesetzliche Ansprüche gegen den Komplementär dann auch Ansprüche gegen die KG sichern, wenn gesetzliche Ansprüche“ ausdrücklich in den AGB mitumfasst sind. Eine entsprechende Überprüfung bzw allfällige Ergänzung der geltenden AGB erscheint daher sinnvoll.

5.

Zur Frage der Verwendung von Spenden im Zuge einer Spendenaktion, wenn der Zweck der Spendenaktion unmöglich wird OGH vom 24.05.2012, 6 Ob 78/12g LEITSATZ: Bei einem offenen (Vollrechts-) Treuhandkonto ist ausschließlich der Treuhänder gegenüber der Bank berechtigt und verpflichtet, während die Bank mit dem Treugeber in keiner das Konto betreffenden Vertragsbeziehung steht. OGH vom 24.05.2012, 6 Ob 78/12g

SACHVERHALT: Der Einschreiter eröffnete als Treuhänder bei einer Bank das Anderkonto „Hilfsaktion A“, das er auch verwaltete. Auf dieses Anderkonto wurde von verschiedenen Personen, die Zeitungsaufrufen gefolgt waren, für ein fünfeinhalb Jahre altes Mädchen gespendet. Mit den gesammelten Spenden sollte ein Fest organisiert werden. Zu diesem Fest kam es aufgrund des Gesundheitszustandes des Mädchens nicht mehr. Das Mädchen verstarb wenige Zeit später. Die Eltern der Verstorbenen erhoben Ansprüche auf die Spenden, der Treuhänder vertrat die Auffassung, es sei nicht Wille der Spender gewesen, dass das Geld den Eltern zukommen solle. ENTSCHEIDUNG: Das Erstgericht sperrte daher über Anregung der Eltern der Verstorbenen das Anderkonto mit der Begründung, es sei derzeit nicht geklärt, ob die Spenden in den Nachlass fallen, weshalb die Gefahr bestünde, dass dieses Vermögen dem Nachlass entzogen wird.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss ersatzlos auf und ließ den Revisionsrekurs zu. Es vertrat die Auffassung, der Einschreiter sei Treuhänder der Spender, die gespendeten Gelder seien jedoch nicht in das Eigentum oder in die Verfügungsmacht der Verstorbenen übergegangen, und sohin auch nicht zum Nachlassvermögen zu zählen. Aufgrund dessen sei eine Sperre unzulässig. Der OGH führt zunächst aus, dass der Revisionsrekurs der Eltern der Verstorbenen mangels Erbantrittserklärung und sohin mangels Beteiligtenstellung unzulässig ist. Weiters kam der OGH zu dem Ergebnis, dass der Einschreiter als Treuhänder und Verwalter des Kontos nicht Empfänger des sich aus Spenden zusammensetzenden Guthabens auf dem von ihm eröffneten Konto ist. Im gegenständlichen Fall kann aber mangels eines geeigneten Besitzübereignungsaktes auch nicht von einer Geldschenkung der Spender an die aus der Sammlung begünstigte Verstorbene gesprochen werden. Der Einschreiter ist nach Ansicht des OGH uneigennütziger Treuhänder des Guthabens, welches er widmungsgemäß zu verwenden hat. Bei einem offenen Treuhandkonto wird der Bank gegenüber offengelegt, dass der Treugeber (gemeint offensichtlich der Treuhänder) als Kontoinhaber zwar formell Rechtsinhaber ist und als solcher allein verfügen kann, es sich aber wirtschaftlich betrachtet um fremdes Vermögen handelt, das der Treuhänder nur gemäß der Treuhandabrede verwenden darf. Bei einem derartigen offenen (Vollrechts-) Treuhandkonto ist ausschließlich der Treuhänder gegenüber der Bank berechtigt. Die Bank steht mit dem Treugeber in keinerlei Vertragsbeziehung. Am Rande führt der OGH aus, dass das Guthaben nur dann in die Verlassenschaft nach der Verstorbenen aufgenommen werden könne, wenn diese noch zu Lebzeiten zumindest (Mit-) Besitzerin des Kontos gewesen wäre. Im gegenständlichen Fall kann eine derartige Besitzübereignung aber nicht nachgewiesen werden. ANMERKUNG: Vollkommen offen bleibt die Frage, was mit den Spenden zu geschehen hat, wenn der ursprüngliche Zweck unmöglich wird. Denkbar wäre, dass der Treuhänder nunmehr selbständig über das Geld verfügen und es einem bestimmten Zweck zuwenden könnte. Denkbar wäre jedoch auch, dass die Gelder an die Spender zurückzuzahlen sind. In diesem Fall stellt sich jedoch die Frage, was mit anonymen Einzahlungen zB durch Bareinzahlung zu geschehen hat.

6

bankRECHT 6.

Zur Abgrenzung der Eigenschaft eines geschäftsführenden GmbH- Gesellschafters als Verbraucher oder als Unternehmer OGH vom 24.04.2012, 2 Ob 169/11h LEITSATZ: Der OGH hält es für die Unternehmerqualifikation eines (im vorliegenden Fall geschäftsführenden) GmbH-Gesellschafters für erforderlich, dass dieser die Mehrheit der Geschäftsanteile oder zumindest 50% hievon hält. Eine geringere Beteiligung (ohne vereinbarte Sperrminorität) verschafft dem Gesellschafter keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung. Die Unterfertigung eines Bürgschaftsvertrages durch den GmbH-Gesellschafter im Zusammenhang mit einem der Gesellschaft gewährten Kredit stellt daher bei einer Anteilsquote von 32,5 % mangels beherrschender Einflussmöglichkeit für den (geschäftsführenden) Gesellschafter ein Verbraucher-geschäft dar.

SACHVERHALT: Der Beklagte war Gesellschafter der F****B****Gesellschaft, an welcher er zwischen 2006 und 2010 zwischen 60% und 65% der Gesellschaftsanteile hielt; zudem war er alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer. Die F****B****Gesellschaft hielt 10 % der Anteile an der R****S****GmbH. Weiterer Gesellschafter der R****S****GmbH war auch der Beklagte mit einer Quote von 22,5% und waren er und ein Mitgesellschafter jeweils selbstständig vertretungsbefugt. Der Beklagte verfügte sohin (durchgerechnet) über einen Anteil von 32,5% an der R****S****GmbH. Die klagende Bank gewährte der R****S****GmbH im Jahr 2006 zum Zwecke der Verwirklichung des Projektes „Hypus“, bei welchem auch die F****B****Gesellschaft beteiligt war, einen Einmalkredit in Höhe von € 300.000,00. Der Kreditvertrag wurde unter anderem vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der R****S****GmbH sowie in der Eigenschaft als Bürgen unterfertigt. Im Bürgschaftsvertrag wurde unter anderem der Verzicht des Bürgen auf die Geltendmachung von nach Gesetz gegebenen Einreden sowie, soweit zulässig, auf die Einrede der Aufrechnung mit Gegenforderungen vorgesehen (Einredeausschluss).

eingeräumte Sperrminorität) verschafft dem Gesellschafter typischerweise keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung. Für das Vorliegen einer Unternehmerstellung ist nach § 1 Abs 2 KSchG eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich. Ob dafür die Geschäftsführer-Stellung erforderlich ist, ließ der OGH jedoch im vorliegenden Fall dahingestellt. Diese Grundsätze führen im vorliegenden Fall dazu, den Beklagten als Verbraucher im Sinne des KSchG zu qualifizieren. Der Beklagte erreicht weder mit seiner (durchgerechneten) Anteilsquote von 32,5% an der R****S****GmbH noch mit seinen gesellschaftsvertraglichen Einflussmöglichkeiten einen beherrschenden Einfluss in der kreditnehmenden Gesellschaft (R****S****GmbH). Auf den gegenständlichen Bürgschaftsvertrag sind daher die Normen des KSchG anzuwenden und ist daher unter anderem der Einredeausschluss gemäß Punkt 8. des Bürgschaftsvertrages unwirksam. Da das Berufungsgericht aufgrund seiner Rechtsansicht, wonach dem Beklagten Unternehmerstellung zukomme, auf das Berufungsvorbringen des Beklagten nicht eingegangen ist, war die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. ANMERKUNG: Der OGH hat mit dieser Entscheidung nunmehr als Richtgrenze festgelegt, dass eine Gesellschaftsbeteiligung von zumindest 50% notwendig ist, um grundsätzlich eine Unternehmerstellung zu begründen. Wie die Vorjudikatur jedoch zeigt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen, ob durch die tatsächlichen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Geschäftsführung ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgt werden kann. So etwa hat der OGH in der Entscheidung 1 Ob 99/10f einen geschäftsführenden Mitgesellschafter mit einem Anteil von 25 % als Unternehmer qualifiziert, da seine Frau die weiteren 75% aus steuerlichen Gründen gehalten hat und somit er faktisch alleine unternehmerisch tätig wurde. Die Fragen, inwiefern eine Geschäftsführer-Stellung oder auch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität Einfluss auf die wirtschaftliche Verfügungsberechtigung eines (Mit-)Gesellschafters hat, sind noch nicht abschließend geklärt.

Trotz Fälligstellung des Kredites im Dezember 2009 wurden weder Zahlungen von der R****S****GmbH noch vom beklagten Bürgen geleistet. Die klagende Bank begehrte daher vom Beklagten aufgrund seiner Bürgschaftsverpflichtung die Zahlung des offenen Kreditsaldos. Die Kreditvaluta sei zum größten Teil an die F****B****Gesellschaft geflossen. Da die F****B****Gesellschaft auch einen Anteil von 10% an der R****S****GmbH halte, habe der Beklagte letztlich über 32,5% Anteile der R****S****GmbH verfügt. Mangels Verbrauchereigenschaft kämen weder die Bestimmungen der Interzession nach den §§ 25c und 25d KSchG noch 7

bankRECHT 7.

Erfüllungsanspruch und Schadenersatz für Gewinnzusagen bei Veranlagung in CMI-Kapitallebensversicherungen BGH vom 11.07.2012, IV. ZR 151/11 LEITSATZ: CMI-Lebensversicherungen gelten als Kapitalanlagen. CMI haftet dem Anleger für Aufklärungspflichtverletzungen ihrer Vermittler. Sollten regelmäßige Auszahlungen garantiert worden sein, steht dem Anleger ein Erfüllungsanspruch zu, ohne dass Anteile hiedurch reduziert werden. Bei unzutreffendem Gewinn- bzw Renditeversprechungen steht dem Anleger auch ein Schadenersatzanspruch für sämtliche mit der fehlerhaften Anlage verbundenen Schäden zu.

SACHVERHALT: Der Kläger hatte in das Produkt der britischen Lebensversicherungsanstalt Clerical Medical Investment Group Ltd. (in der Folge: CMI) investiert. Der Kläger investierte in das Produkt „Wealthmaster Noble“, bei welchem mit einer Einmalzahlung Anteile an einem Pool mit garantiertem Wertzuwachs erworben werden. CMI als Beklagte garantierte den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann. Das den verschiedenen Pools der Beklagten zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von dieser als Teil ihres Lebensversicherungsfonds am Aktienmarkt investiert. Einen Teil der erzielten Rendite überführt sie in Rückstellungen („smoothing“) und gibt nur den verbleibenden Teil an den Anleger in Form des „garantierten Wertzuwachses“ bzw durch weitere Fälligkeitsboni weiter. An den gebildeten Reserven können die Anleger allerdings am Ende der Vertragslaufzeit ebenfalls durch Fälligkeitsboni beteiligt werden. Im Streitfall wurde die Lebensversicherung im Rahmen des Anlagemodells „Europlan“ gekauft, wobei Teil dieses Modelles die Kreditfinanzierung der erforderlichen Einmalzahlung war, die ebenfalls über einen Untervermittler vermittelt wurde. Der Kläger zahlte für zwei Versicherungspolizzen „Wealthmaster Noble“ im Jänner und Juli 2002 jeweils € 100.000,00 ein und trat seine Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen als Sicherheit an die Kreditgeberin ab. Die Kreditzinsen sollten durch regelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden. Die Versicherungen sahen vierteljährlich „regelmäßige Auszahlungen“ vor. Zu den Auszahlungen findet sich den Polizzenbedingungen insbesondere:

3.1.

Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers werden einige oder alle dem Vertrag zugeteilte Einheiten/ Anteile von CMI eingelöst und unter nachstehenden Bedingungen ein Betrag in Höhe des Rücknahmewertes der eingelösten Einheiten/ Anteile gezahlt:

3.1.1.

CMI behält sich das Recht vor, das Auszahlungsgesuch zu verweigern (…), wenn die Anteile nach dieser Einlösung geringer wären als das von CMI dem Versicherungsnehmer mitgeteilte Minimum.

3.1.2.

Der Rücknahmepreis, auf den in diesem Abschnitt Bezug genommen wird, ist der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers, es sei denn, es wurden regelmäßige Auszahlungen erbeten. In diesem Fall ist es der Rückzahlungspreis am Bewertungstermin unmittelbar vor dem vom Versicherungsnehmer gewählten Auszahlungsdatum; (…)

3.1.5.

Werden alle einem Vertrag zugeteilten Einheiten/ Anteile eingelöst, wird der Vertrag ebenfalls aufgehoben.

Die Beklagte nahm zunächst regelmäßig Auszahlungen vor und reduzierte zur Deckung dieser Auszahlungen die Anzahl der dem Kläger zugewiesenen Anteile, sodass der Vertragswert sank. Sie übermittelte dem Kläger jährlich Kontoauszüge. Im März 2005 beantragte der Kläger, die regelmäßigen Auszahlungen auszusetzen. Der Kläger behauptet nunmehr, er sei vom Untervermittler mit dem Versprechen einer Rendite von mindestens 8,5%, die insbesondere die Kreditzinsen gedeckt hätte, veranlasst worden, die Versicherung zu kaufen. Er sei ferner nicht über das Glättungsverfahren und die poolübergreifende Reservenbildung aufgeklärt worden. Die Beklagte CMI hätte sich die Pflichtverletzung des Untervermittlers zuzurechnen. Der Kläger verlangte die Rückerstattung sämtlicher Aufwendungen (Vermittlergebühr, Fremdkapitalzinsen, Aufwendungen für Investmentfonds, Steuerberater etc.) abzüglich Ausschüttung und die Freistellung von sämtlichen Kreditverbindlichkeiten aus dem Titel des Schadenersatzes (Vertrauensschaden) sowie die Feststellung, dass die Beklagte zu den regelmäßigen Auszahlungen verpflichtet sei. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und behauptete, eine Zurechnung der Vermittler könne nicht erfolgen und bestritt auch eine Kenntnis über die Fremdfinanzierung. Die Beklagte wendete zudem Verjährung ein.

8

bankRECHT ENTSCHEIDUNG: Das Erstgericht wies die Klage ab, das OLG Stuttgart als Berufungsgericht hat über Berufung des Klägers festgestellt, dass die Beklagte zur Erfüllung des Auszahlungsplanes (sohin auch der garantierten Rendite von 8,5%) verpflichtet sei und die Klage im Übrigen zurückgewiesen. Der BGH beurteilte beide geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich als zu Recht bestehend, verwies das Verfahren jedoch zu ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen an das OLG zurück. Im Übrigen führte der BGH aus: Der Kläger hat einen Anspruch auf die im Versicherungsschein vorgesehenen quartalsmäßigen Auszahlungen ohne Einschränkung der Leistungspflicht laut den zuvor zitierten Polizzenbedingungen. Die Leistungspflicht steht nicht unter Vorbehalt einer ausreichenden Deckung der Anteile. Der BGH schloss aus dem objektiven Erklärungsgehalt des Versicherungsscheines, dass der Kläger Anspruch auf Anzahlung in jenem Ausmaß hat, wie dieses konkret im Versicherungsantrag dargestellt wurde. Die Auszahlungen sind hinsichtlich Betrag und Auszahlungsdatum dort nicht an weitere Voraussetzung geknüpft. Vielmehr seien die Zahlungen in garantierte Zahlungen und der Höhe nach ungewisse Zusatzzahlungen geteilt. Die Angabe von festen Zahlbeträgen ohne an dieser Stelle vorgenommene Einschränkungen lässt die genannten Zahlungen als garantierte Versicherungsleistung erscheinen. Nachdem die Beklagte ihre Lebensversicherung „Wealthmaster Noble“ unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem im Rahmen eines sogenannten Strukturvertriebes über rechtlich selbstständige Vermittler bzw Untervermittler vertrieben hat, haftet sie auch für Aussagen dieser Vermittler bzw Subvermittler (Erfüllungsgehilfen). Der Verkauf der kapitalbildenden Lebensversicherungen stellt sich nach dem BGH als Anlagegeschäft dar, weshalb die mit der Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risken explizit im Rahmen der Aufklärungspflicht besprochen hätten werden müssen. Durch die Zugrundelegung einer Durchschnittsrendite von 8,5% haben die eingesetzten Vermittler insbesondere durch die Ausgabe entsprechender standardisierter Prospekte und Musterberechnungen ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Renditeerwartung gegeben. Werden über eine zu erwartende Wertentwicklung Aussagen gemacht, müssen diese ein realistisches Bild vermitteln. Zudem wurde festgehalten, dass der Kläger nicht auf das Glättungsvorhaben („smoothing“) hingewiesen wurde, welches unter anderem dazu führte, dass die versprochenen Renditen in Folge der poolübergreifenden Rücklagenbildung nicht zu erzielen waren. Auch über die poolübergreifende Reservenbildung wurde der Kläger nicht hinreichend aufgeklärt.

Zusammengefasst ist dem Kläger sohin durch den Abschluss der Lebensversicherungserträge ein Schaden entstanden. Die Verträge sind für den Kläger trotz bestehender Fondsansprüche nachteilig, da sie ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigen (Kreditverbindlichkeiten, enttäuschte Gewinnerwartung etc.). Bei zutreffender Information hätte der Kläger erkennen können, dass der versprochene langfristige Gewinn, der niedrige Kreditzins und hohe Renditenvoraussetzung nicht erzielt bzw beibehalten werden kann. Auch dem Verjährungseinwand der Beklagten hat der BGH nicht stattgegeben. Da ergänzend unterinstanzliche Feststellungen über die konkreten Aufklärungs-pflichtverletzungen sowie gegebenenfalls über den Feststellungsanspruch einzuholen waren, hat der BGH trotz grundsätzlich bindender Rechtsansicht das Verfahren formell an die zuständigen Oberlandesgerichte zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen. ANMERKUNG: Durch diese wegweisende Entscheidung wurden einige bindende Feststellungen getroffen. Der BGH stellte zunächst fest, dass sich CMI die Äußerungen ihrer Vermittler zurechnen lassen muss. Der BGH hat auch festgestellt, dass es sich bei den Produkten um Kapitalanlagen handelt. Soweit die Polizzen regelmäßige Auszahlungen vorsahen, müssen diese Auszahlungen – ohne dass hierfür Poolanteile verkauft werden – erfüllt werden (Feststellung des Erfüllungsanspruches). Neben diesen Erfüllungsansprüchen ist die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, insbesondere auch der Anspruch auf Freistellung von den bei der Bank bestehenden Kreditverbindlichkeiten, zulässig. Infolge der verschiedensten vertriebenen Hebelmodelle (Europlan, Euro-Pool Serie 2000EINS, etc.) muss die Bindungswirkung des Urteiles jedoch auf den Einzelfall bezogen betrachtet werden. Sämtliche Finanzierungspläne sollten daher dahingehend überprüft werden, ob die streitgegenständlichen Bedingungen (garantierte Auszahlungen, Musterberechnungen) diesen auch tatsächlich zugrunde gelegt wurden. Auch steht den Vertriebsmitarbeitern noch der Einwand offen, die in Musterberechnungen und Erklärungen standardisiert enthaltenen Renditeversprechen seien mündlich entsprechend der Aufklärungspflicht eingeschränkt worden. Letztlich wird der Verjährungseinwand jeweils einzeln zu prüfen sein. Klagenfurt am Wörthersee, am 03.09.2012 Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: AHP Angerer Hochfellner Pontasch Rechtsanwälte, Neuer Platz 5/III, 9020 Klagenfurt am Wörthersee Unsere Beiträge wurden sorgfältig bearbeitet, können jedoch die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Wir übernehmen daher keine Haftung für die Richtigkeit. 9