Neuropsychologie der Funktionellen Systeme & Aneignungssyndrome

Neuropsychologie der Funktionellen Systeme & Aneignungssyndrome Dr. Lucien NICOLAY CUnLux-Dok. 1999/2000; Ppp 2007 Neuropsychologie - untersucht als...
Author: Alwin Weber
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Neuropsychologie der Funktionellen Systeme & Aneignungssyndrome Dr. Lucien NICOLAY CUnLux-Dok. 1999/2000; Ppp 2007

Neuropsychologie - untersucht als wissenschaftliche Disziplin die Zusammenhänge von Hirnfunktionen und Verhalten i.w.S., d.h. die hirnphysiologische sowie neurologische zusammen mit der psychologischen Seite des Verhaltens.

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Hirnwachstum • Das Wachstum des Gehirns läuft in kritischen Perioden ab u. wird von der sozialen Umwelt beeinflusst. • Das kindliche Gehirn entwickelt sich in Etappen u. wird hierarchisch organisiert. • Genetische Systeme, die die Gehirnentwicklung programmieren, werden durch das postnatale Milieu aktiviert u. beinflusst. • Die soziale Umwelt verändert sich im Laufe der Etappen kindlicher Entwicklung u. führt zu einer Reorganisation der Hirnstrukturen. 3

Hirnreifung Genetisch determinierte prä- u. postnatale Hirnreifung betr. GROBSTRUKTUR des ZNS. Erfahrungserwartende Hirnreifung: Beeinflussung genetisch gesteuerter Reifungsprozesse in bestimmten Strukturen während bestimmter Zeitspannen (sensible Perioden) durch Lernerfahrungen Erfahrungsabhängige Hirnreifung: Bestimmte Strukturen des ZNS enstehen erst während Lernerfahrungen; auch Veränderungen aufgrund von neuen Lernerfahrungen sind möglich.

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Von der Neurobiologie zur Neuropsychologie des Verhaltens HARDWARE (Neurobiol. Reifung/ZNSGrobstruktur) => KOMPETENZEN (neuronale Netzwerke; sozioaffektiv-kognitive Strukturen, Autopoiesis & Autoregulation) => PERFORMANZEN (konkrete senso-motorische Aktivitäten; operative & affektive Interaktion; Mediatoren/Informationsverarbeitung bis Abgabeprozesse) => Verhaltensmuster 5

Grundhypothese • Keine menschliche Leistung (Wahrnehmen, Denken, Lernen, Erleben, …) ist ohne entsprechende Vorgänge im Gehirn vorstellbar. • Empirische Belege: * Hirnorganik verändert Funktionen (Splitbrain, Altersabbau, Drogenkonsum, Epilepsie, Psychopharmaka) * Psychische Funktionen verändern Hirnorganik ( Deprivationsforschung, Endorphine) 6

Aufbau des Gehirns Siehe: http://wikipedia.org/wiki/Gehirn (ab 20. August 2007)

Lässt sich in Funktionsniveaus beschreiben, die sich im Laufe der Evolution überlagert haben. Mit steigendem Niveau steigt auch die Komplexität. Das Zentralnervensystem besteht aus Gehirn und Rückenmark. 7

Die wichtigsten Regionen des Gehirns bauen von unten nach oben aufeinander auf: Hirnstamm, Brücke, Mittelhirn, Kleinhirn, Zwischenhirn, Balken, limbisches System, Großhirn mit Großhirnrinde. Diese wird unterteilt in vier Lappen: Frontal- (Stirn-), Parietal- (Scheitel-), Temporal- (Schläfen-) und Okzipital- (Hinterhaupt-) lappen. (siehe Dokumentation B) 8

Gehirn und Funktion Früher: divergente Annahmen: Lokalisationismus (Ort entspricht Funktion) und Antilokalisationismus/Holismus (Gehirn ist immer als Ganzes an Funktionen beteiligt)

Seit Lurija & Wygotskij: Interaktionismus, d.h. Das Gehirn arbeitet zwar ganzheitlich, verfügt aber auch über hochspezialisierte Areale, die als Knotenpunkte ein reibungsloses Funktionieren bei der Bewältigung einer Aufgabe gewährleisten resp. denen dabei eine Schlüsselfunktion zukommt. Es geht also um adäquates Verschalten und Funktionieren der Module/Teile im Gesamtzusammenhang.

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Funktionelle Systeme 1. Höhere psychische Prozesse laufen beim Menschen auf der Basis komplexer funktioneller Systeme ab, an deren Aufbau verchiedene (spezialisierte) Hirnbereiche beteiligt sind. Wird eine Aufgabe an den Orgnaismus gestellt, schließen sich die Subsysteme zu einem funktionellen System zusammen. 10

Während Aufgabenstellung u. Ziel gleich bleiben, können Teilglieder innerhalb eines funkt. Systems (FS) wechseln, d.h. der Weg kann auf unterschiedliche Weise bewältigt werden. Wenn eine Teilleistung gestört ist u. nicht durch einen andere ersetzt werden kann, misslingt die momentane Anpassung an die Aufgabe, die dem Organismus gestellt wurde. Alle Teilglieder sind polyvalent. Sie sind prinzipiell an mehreren FSen beteiligt und 11 in sie integriert.

2. FSe sind dabei nicht an spezifische zerebrale Areale gebunden u. in diesem Sinne auch nicht in eng umschriebenen Gehirnregionen streng lokalisierbar. Von der Beschaffenheit und der Entwicklung der FS her leitet sich das Organisationsprinzip der dynamischen Lokalisation her. FSe sind demnach nicht statisch und konstant, sondern zu Veränderungen fähig u. damit auch entwicklungs- u. lernfähig. 12

Klassische Hauptmethode Aus welchen Subsystemen setzen sich FSe zusammen und wie hängen sie mit anderen zusammen? Methodik des umgekehrten Wegs: (« Rekonstruktion »): Untersuchung von durch Zerstörung bedingten Veränderungen psychischer Prozesse, um Rückschlüsse über den normalen Aufbau zu ziehen. N.B. Heute: Bildgebende Verfahren! 13

Aufgliederung von Lurijas zentraler Verarbeitungstheorie Ursprünglich 3 Einheiten, deren Funktionen an jeder Tätigkeit beteiligt sind; später durch Jantzen (1990) ergänzt um 4. Einheit. 1. Einheit zur Regulation von Tonus, Aktivierung u. Bewusstheit 2. Einheit zur Aufnahme, Speicherung u. Verarbeitung von Informationen 3. Einheit zur Programmierung, Steuerung u. Kontrolle psychischer Tätigkeiten 14

Drei allgemeine Gesetze Diese Einheiten sind nach allgemeinen Grundsätzen organisiert: (1) Die an den Einheiten beteiligten kortikalen Zonen sind hierarchisch aufgebaut. (2) Mit zunehmender Hierarchie nimmt die Spezifität der Zonen ab und (3) die Funktionslateralisierung bzgl. der beiden Hemisphären zu. 15

1. Einheit: Formatio Retikularis Die FR ist durch aufsteigende Bahnen mit dem Kortex verbunden und reguliert das Aktivierungsniveau des Organsiomus mit (Vigilanz!). Aktivierungsquellen sind dabei: Stoffwechsel- und Hormonprozesse, Signale aus der Umwelt sowie Pläne u. Programme des Einzelnen.

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2. Einheit: Hinterer Neokortex Der hintere Teil des Neokortex umfasst die Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen. Die Zusammenarbeit dieser hierarchisch organisierten Rindenfelder gewährleistet ihre Aufgabenbewältigung. Die primären Projektionsfelder (modale kortikalen Felder) der somatosensorischen Hirnrinde weisen eine enge modale Spezifität auf (spezialisiert auf akustische, optische, Farboder Bewegungs-Reize usw.) 17

Die sekundären kortikalen Felder (Projektions-Assoziationsfeld) verknüpfen die aus den primären Rindenfeldern eintreffenden sinnesspezifischen Reize assoziativ zu Mustern; so werden Reize als Ganzes erkannt u. verarbeitet und zwar als visueller, akustischer oder allgemein sensorischer Reiz. Bei dieser Erkenntnistätigkeit spielt aber nicht nur eine Sinnesart eine Rolle; erst durch das Zusammenspiel aller entsteht ein « vielschichtiges Ereignis ». 18

In den tertiären Zonen (Endanalysatoren) überlappen sich die kortikalen Endstücke der verschiedenen Analysatoren (= Informationsverarbei-tungssystem der Großhirnrinde, das eintreffende Reize analysiert). Die Endanalysatoren (43% der Hirnmasse!) sind sehr verletzlich u. kleine Störungen können sie außer Funktion setzen. Ihre Areale befinden sich an der Grenze von Hinterhaupt-, Scheitel- u. Schläfenregion. Sie sind als integrative Funktion ungeheuer wichtig für menschliche Tätigkeit. 19

Neben der (1) integrativen Funktion spielen diese tertiären Zonen ebenfalls eine wichtige Rolle bei (2) der Umsetzung von konkreter Wahrnehmung in abstraktes Denken (Übergang von konkreten zu symbolischen Prozessen!) sowie (3) von und beim Behalten organisierter Erfahrung (Speicherung von Information). N.B. Wahrnehmung als äußerst komplexer Vorgang ist in enger Verbindung mit Bewegung zu betrachten u. läuft nicht nur in einer Einheit oder auf einem Niveau ab, sondern ist als ein aktiver auf allen Stufen gleichzeitig ablaufender Prozess anzusehen. 20

3. Einheit: Vorderer Neokortex Diese « efferent-motorische » Einheit ist durch die Zentralfurche (rolandische F.) von den andern Gebieten abgegrenzt und nimmt ein Viertel der Gesamthemisphärenmasse ein.

Sie umfasst das motorische Projektionsfeld als primäre Zone (f. motor. Impulse), das Broca-Areal als sekundärer Zone (f. gespeicherte Bewegungsmuster, planung, -antrieb; motor. Sprachzentrum) und das vordere Stirnhirn als tertiäre Zone ( f. Entstehung v. Programmen u. Absichten, Kontrolle/Steuerung komplexer V.weisen). Ihre Abschnitte entwickeln sich ontogenetisch vergleichsweise spät und stehen mit allen anderen Hauptzonen des Kortex in Wechselwirkung, verfügen aber auch über gut entwickelte Nervenbündel, die in aufund absteigenden Fasern mit der FR verbunden sind. 21

4. Einheit: Limbisches System & Kleinhirnhemisphären Diese Einheit dient der emotionalen und motivationalen Regulation, die « regulatorische Einheit für spezifische Aktivierung und Koordination von Planung, Information, Aktivation u. Körperregulation sowie der subjektiven Befindlichkeit» (n. Jantzen). Kognitive, emotionale u. motivationale Prozesse sind bei fast jeder psychischen Tätigkeit untrennbar miteinander verbunden. 22

Das LS liegt gürtelförmig (L. = Saum) um den Hirnstamm u. hat engen Kontakt zu FR, Hirnstamm u. Neokortex. Das LS erhält seine Infos parallel zu diesen Hirnregionen u. wirkt modulierend auf deren Verarbeitungsprozesse ein. Die Amygdala/ Mandelkerne des LS haben eine zentrale Bedeutung für die Entstehung der Emotionen (alle Ereignisse aus der Umwelt werden hier emotional bewertet, z.B. gefährlich-ungefährlich?) 23

Der Hippokampus des LS spielt eine Hauptrolle bei Lern- u. Gedächtnisleistungen u der Hypothalamus dient der Regulation vegetativer Funktionen u. ist eingebunden in das sog. Stress-System. Das LS ist demnach für spezifische Gedächtnisausfälle ebenso verantwortlich wie für dramatische emotionale Verhaltensänderungen. Seine Nervenkerne, deren Funktion darin besteht, sowohl hormonelle als auch neurale Aspekte der Erregung zu steuern, sind für Emotionalität 24 u. Motivation unverzichtbar.

Emotion u. Motivation wirken quasi als selektive Filter, die hemmende oder aktivierende Funktionen für kognitives Lernen haben!

Das LS kann funktionell als stufenweises Vermittlungssystem von Bedürfnissen u. Umweltgegebenheiten angesehen werden. Es ist verantwortlich für die emotional-motivationale Gerichtetheit u. beeinflusst so künftige Tätigkeiten, wesentliche Aspekte von Plänen u. Absichten durch seine Verbindungen zum vordren Kortex mit. 25

Funktionelle Teilsysteme des LS (1) Emotionale phasische, kurzfristige Aktivation über Amygdala-Komplex (Mandelkerne => Verhaltensinitiierung oder V.-hemmung) (2) Tonische längerfristige motivationale Aktivation über System der Basalganglien, das ein « Aktivations-Set » für das jeweils dominierende Motiv bereithält. (zur Programmierung eines « Modells des Künftigen » nach Jantzen) (3) Vermittlungssystem zwischen tonischer u. phasischer Regulation; betr.Neuigkeitsverarbeitung, reguliert über Hippokampus; Vermittlung zwischen Systemen 1 und 2 sowie Bereitstellung von Handlungsalternativen. 26

Funktionelles System der Kleinhirnhemisphären (KH) Nicht nur wichtig für Planung, Koordination u. Feinabstimmung von Bewegungen (Diadochokinesie), sondern wichtige Rolle bei kognitiven Funktionen u. bei Lernvorgängen, bes. beim impliziten Lernen u. damit für das prozedurale Gedächtnis (gut trainierte, automazisierte Bewegungsabläufe werden im KH gespeichert (koord. Gesichtsmuskul. beim Sprechen, Körperkoordin. b. Schifahren, Standardtanzen, Finger b. Klavierspielen … Das KH ist der « Ort » assoziativen Lernens (konditionierung des Lidschlussreflexes) >>>

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Der Lobus anterior des KHs dient eher Bewegungskoordination, während Vermis Einfluss auf Affekt u. Verhalten hat. Die linke H. des KH, verbunden mit rechter Großhirnhemisphäre, spielt Rolle beim visuellräumlichen Denken; die rechte H. des KH, verbunden mit linker GHH, ist wichtig für Sprachfunktionen. Dyslexie korreliert häufig mit Beeinträchtgung der rechten KHH, aber auch bestimmte Wortfindngsstörungen. (Also nicht nur Sprechen als Koordination der Sprechmuskulatur!) Beiden KHH wird zudem eine Rolle bei Exekutivfunktionen zugeschrieben. Problem: Überprüfung bei solch einer Komplexität!28

Die 5 neurolologisch-funktionellen Systeme der Sensomotorik 1. Einfache myostatische Regelungen ZNS: Rückenmark (gleiches Segment) Funkt.: Eigenreflexe, Streckrefelxe, z.B. Stehen, einfache motor. Automatismen Rezeptoren f. Afferenz: Muskel- u Sehnenspindeln Bewusstheitsgrad: ubw Reaktionen 29

2. Komplexe myostatische Regelungen ZNS: Rückenmark (mehrere Segmente) Funkt.: Fremdreflexe, z.B. Beugereflexe, isoliert zweckbezogene Einzelbewegungen wie Abwehr, Wischbewegungen Rezeptoren f. Afferenz: Muskel- u. Hautrezeptoren Bewusstheitsgrad: zunehm. Bw 30

3. Statisch-vestibuläres System ZNS: Rautenhirn u. Rückenmark Funkt.: Gleichgewichts- u. Tonusregulation Rezeptoren f. Afferenz: Gleichgewichtsrezeptoren sowie Muskelu. Hautrezeptoren Bewusstheitsgrad: zunehm. Bw

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4. Extrapyramidales System ZNS: Hirnstamm plus subkortikale Zentren i. End-, Zwischen- u. Mittelhirn Funkt.: Affektive Bewegungen, erlernte Bewegungen, « unwillkürliche Feinmotorik » Rezeptoren f. Afferenz: indirekt alle Sinnesorgane Bewusstheitsgrad: weiter zunehm. Bw 32

5. Pyramidales motorisches System ZNS: Großhirnrinde Funkt.: freie neu entwickelte Bewegungsformen Rezeptoren f. Afferenz: indirekt alle Sinnesorgane Bewusstheitsgrad: bewusste willkürliche Intentionen

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Teilleistungen innerhalb funktioneller Systeme Teilleistungsschwächen/-störungen nach GRAICHEN (1979): Leistungsminderungen einzelner Faktoren oder Glieder innerhalb eines funktionellen Systems, das zur Bewältigung einer komplexen Anpassungsaufgabe erforderlich ist. N.B. Eine Funktionsstörung zeigt sich in verschiedenen Funktionellen Systemen. 34

Beispiel « Nachsprechen » Primäres Hörzentrum (Heschlsche QuerWindung) => sensorisches Sprachzentrum (Wernicke-Areal) => via Fasciculus arcuatus (Bogenbündel, verbindet Rezeptions- mit Produktionszentren) => motorisches Sprachzentrum (Broca-Areal) => motorisches Rindenfeld (Mund/Zungenbereich « Humunkulus ») 35

Beispiel « Aussprechen eines geschriebenen Wortes » Primäres Sehfeld (Hinterhauptlappen) => Gyrus angularis « Lesezentrum » => sensorisches Sprachzentrum => Fasciculus arcuatus => motorisches Sprachzentrum => motorisches Rindenfeld

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Häufige Teilleistungs- oder Integrationsschwächen Im taktil-kinästhetisch-vestibulären System: Muskeltonus, Halte-,Stell-, & Gleichgewichtsreaktionen, Körperschema, taktile Diskrimination- & taktile Abwehr Im auditiven System: Schalllokalistation, Diskrimination, Lautanalyse& -synthese, auditive Kontrolle, Kodierung & Dekodierung, Figur-Grund-Wahrnehmung, auditiv-visuelle Koordination 37

Im visuellen System: Diskrimination, räumliche-perzeptive Funktionen, räumlich-konstruktive Funktionen, visuell-kognitive Funktionen, Figur-GreundWahrnehmung Lateralisation: Bilateralintegration, Kreuzen der Körpermittellinie, Händigkeit Speicherfunktion: auditives u. visuelles Sequenzgedächtnis, Arbeitsspeicher, Langzeitspeicherung, Abrufprozesse (Wiedererkennen), Einspeicherung (intermediate memory) Feinmotorische Steuerung: artilkulatorische Regulation, graphomotorische Regulation, okulomotorische Regulation 38

Programm- & Handlungssteuerung, Praxie Aufmerksamkeitssteuerung: Oberprogramme des Verhaltens, Aktivierungsniveau, Orientierungsreaktion, aufsteigendes Retikularsystem, Standardanweisungen für situationsspezifische Aufmerksamkeitssteuerung Automatisierung Wichtig:

Abgrenzung von Verhaltensstörungen u.ä.

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Programmsteuerung vs. Programmgestaltung? P.-Steuerung (Kompetenz?): innersprachlich gefasste Denk- u. Handlungspläne, zur Planung u. Regulation eines umfassenden Ausführungsprogrammes (betr. Sprache u. nonverbale Handlungsabläufe) P.-gestaltung (Performanz?): Komplexe Fähigkeit, bestimmtes Handlungsprogramm aufzubauen, daran festzuhalten u. es gegen einwirkende Reize abzuschirmen, unter Beteiligung aller Modalitäten u. Dimensionen (inter-/supra-modal & serial) 40

Simultane & sukzessive Syntheseleistungen Auf sensomotorischer Ebene: SIMULTANE Verarb: visuelles Muster-erkennen, Stereognosie, räuml. Hören, Nachahmen beidhändiger Gesten, … SUKZESSIVE Verarb.: Bewegungssehen, Rhythmushören, Gelenksensibilität f. Bew., dynamische Organsiation v. Bewegungen Auf mnestischer Ebene: Ordnen u. Behalten v. Gedächtnisspuren in SIMULTANER (z.B. Figurengedächtnis) oder SUKZESSIVER (z.B. Rhythmusklopfen) Art & Weise

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Auf (höchster Informationsverarb.ebene), der intellektuellen u. konzeptuellen Ebene: SIMULTANES SYNTHETISIEREN: Grammatikverstehen, Arithmetik, u.a. Tätigkeiten, die das Anordnen v. Elementen i. einem gleichzeitig überschaubaren System erfordern u. damit eine quasi-räumliche Operation darstellen. SUKZESSIVES SYNTHETISIEREN: Entfalten der fließend gesprochenen Sprache (entspr. Dynamik verbalen Denkens) bei der aus einzelnen Wörtern ein ganzer Satz geformt werden soll. 42

Visuelle Teilleistungsschwächen Zentral-visuelle Wahrn./Perzept.stör. wegen: • Stör. des visuellen Kurzzeitgedächtnisses • Stör. der Stereognosie (Li-ReDiskrimination, vis.-räuml. Integration) • Stör. des visuellen Sequenzgedächtnisses • Stör. der Figur-Grund-Wahrnehmung • Stör. der Wahrnehmungskonstanz • Stör. der visuomotorischen Koordination 43

Auditiv-verbale TLSn Ursächlich: Hypothet. zentrale Schäden & oder grob fehlerhaftes Lernangebot auf frühen Entw.stufen (während sensibler Phasen); beides beeinflusst den morphologischen u. funktionalen Aufbau des ZNS ⇒ Strukturellen TLS, betr. Aufnahme-AnalyseSpeicherung oder aber ProgrammierungRegulation-Ausführung von Aktivitäten ⇒ Funktionalen TLS 44

STRUKTURELLE TLSn (a) der Aufnahme, Analyse & Speicherung Folge: Diskriminations- & Klassifikationsschwächen, weil beim Vergleich Gehörtes-Gespeichertes nicht zwischen richtig u. falsch unterschieden werden kann. Störungs-Niveaus: • Intramodale Aufnahme • Intermodale Kodierung • Simultane Stabilisierung u. supramodale Integration 45

A. Intramodale Aufnahmestör. des auditiven Lernens, d.h. • trotz Normalgehör Probleme bei Interpretation von Geräuschen u. Lauten • der Schall-Lokalisation • der Aufmerksamkeitsspanne (verkürzt) • der auditiven Aufmerksamkeit (= ebenfalls funktionale TLS)

• Reizintensitätsbeurteilung (Amplitude), ! Diese Störung des auditiven Lernens ist extrem bei Autismus 46

Intramod. Aufn.stör des auditivverbalen Verständnisses Verbale Dys-/Agnosie, d.h. Geräusche werden interpretiert, Wörter oder Sprachlaute nicht.

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Intramod. Aufn.stör. der phonematischen Analyse Partielle Lautagnosie/spezifische Lautdygnosie möglich Die Sprachklänge werden zwar gehört, können aber schlecht in ihren phonematischen Klanggestalten unterschieden werden Folge: Verlangsamung der Spracherfassung mit auditiven Verwechslungen; keine Selbstkorrektur übers Gehör; LRS ! Differenzialdiagnose « Stammeln »! 48

Intramod. Aufn.stör. des auditiven Ultrakurzzeitspeichers Mit vermindertem zeitlichen Auflösungsvermögen, für die sich im Klangspektrum überlappenden, raschen Phonemfolgen

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Auf bestimmte Bereiche beschränkte intramodale Aufnahmestörungen • • • • •

des Erkennens auditiver Sequenzen der auditiven Ergänzung der syntaktischen Analyse der semantischen Analyse der exakten Diskrimination / auditiven Segmentation • der Differenzierung semantischer Bedeutungsmerkmale

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Stör. des Erkennens auditiver Sequenzen Laute, Wortfolgen / Wörter in Reihenfolge inrichtiger Reihenfolge hören => unklare Bedeutung Folgen: Verdrehungen von Lauten, Austauschung v. Vorsilben, Silben, Vertauschung v. Wortteilen ! Differenzialdiagnose « Erfassung » oder « aktive Verwendung »; = Produkt.stör.? ! 51

Stör. der auditiven Ergänzung Fehlende Verzerrungsresistenz, d.h. fehlende Laute, Wortteile oder Wörter können nicht aufgrund inhaltlicher Aspekte ergänzt werden. Folgen: Schnell sprechende, kauende oder mit verdecktem Mund sprechende Menschen werden nicht verstanden.

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Stör. der syntaktischen Analyse Subjekt-Prädikat-Objekt-Beziehung/Regel wird nicht berücksichtigt. Folgen: Verwechslungen von Subjekt u. Objekt o.ä.

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Stör. der semantischen Analyse Folgen: Stör. Der exakten Diskrimination / auditiven Segmentation der aneinandergereihten Wörter im Satz oder der Beziehung zwischen Wortkomponenten u. Gesamtwort. Bsp.: Blumentopf-erde vs. Blumento-Pferde

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Stör. der Differenzierung semantischer Bedeutungsmerkmale Störung des Symolisierungsprozesses oder der Transformation Bsp.: Tiger - Löwe; Gabel - Messer

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B. Intermodale Kodierungsstörung d.h. intramodale Informationen können nicht zu Inormatonsverarbeitungsblöcken zusammengeschlossen werden, d.h. Störung • der multi-modalen oder – dimensionalen (sensomotor.) Verankerung • bei der Verknüpfung linguistischer Ebenen

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Stör. der multidimensionalen Verankerung Folgen: Entfremdung des Wortsinns. So ist etwa eine intramodale auditive Analyse möglich, jedoch kein Zusammenschluss und damit keine mehrdimensionale Rückmeldung, z.B. gleichzeitig auditive Wahrnehmung plus motorischkinästhetische Steuerung beachten.

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Stör. der Verknüpfung linguistischer Ebenen Folgen: Störung • der Fähigkeit, einzelne Sprachelemente zu stabilen Sequenzen zu verbinden z.B. aus Einzellauten ein Wort zu bilden oder das Herstellen von Verbindungen zwischen Artikel u. Substantiv • der Verknüpfung der syntaktischen Ebene mit der semantischen (Dysgrammatismus) • /Fehlen der Verbindung von Begriff u. gemachter Erfahrung 58

C. Simultane Stabilisierungs- & supramodale Integrationsstörung d.h. zwei / mehrere intramodale KodeSysteme können nicht glecihezeitig aufgenommen u. abgerufen werden, z.B. Größe von Gefäßen u. Mengen in Piagets Umfüllversuchen. Hier Störung: • der simultanen Analyse • der simultanen Produktion bzw. Simultanregelung verschiedener Modalitäten 59

Stör. der simultanen Analyse Folge: zwei auditive Informationen können nicht gleichzeitig aufgenommen werden,z.B. Gespräch u. Geräusch eines näherkommenden Autos (Stör- vs. Nutzschall-Problem; Figur-Grund-Diskriminat.) N.B. Simultanagnosien u. die Minderung der Kapazität zur Simultanbeachtung mehrerer Merkmalsdimensionen ist eigentlich eine Aufmerksamkeitsstörung, wahrscheinlich infolge einer Thalamusschwäche. 60

Stör. der simultanen Produktion bzw. Simultanregelung … … verschiedener Modalitäten. Folge: Gleichzeitiges Sprechen u. Klatschen oder Vorlesen u. gleichzeitiges Sinnverständnis des Gelesenen sind nicht möglich.

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STRUKTURELLE TLSn der (b) Programmierung, Regulation & Ausführung von Aktivitäten Im auditiv-sprachlichen Bereich: • Störung des Entwurfs eines Sprachzieles (Notwendig: Antizipation der sprachlichen Vorstellung) • Störung des Sprachentwurfs, hier: verschiedene Kodierungsebenen semantisch, morpholo.-syntaktisch, artikulomotorisch, zeitlich, praxisch u. flüssig. 62

Stör. der semantischen Kodierung Vokabularspez. Stör. / Wortfindungsstör., zumeist zusätzlich Formulierungsschwä. theoret. bei intaktem Nachsprechen u. erhaltenem Verständnis. (Vermeid.taktik: Nichtsprechen, Gemik)

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Stör. der morphologischen & syntaktischen Kodierung Folge: Schwierigkeiten beim Aufbau des Sprachentwurfs nach den Regeln der Wort- u. Satzlehre.

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Stör. der artikulomotorischen Kodierung Folge: bei überleichter Auslösbarkeit der motorischen Produktion Versprechen, Wortverdrehungen, Silben/ Lautvertauschungen, sog. ESPA-Fehler

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Stör. der Zeitteilung Folgen:

Schwierigkeiten bei der Festlegung der Reihenfolge der Wörter; Satzunterbrechungen, Wortwiederholungen

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Störung der Übermittlung der gedanklich konzipierten Information im Bewegungsmuster bei korrektem Sprachentwurf = Sprechdyspraxie (s. weiter) ! Efferenzkopie erstellt? Effiziente Reafferenz?

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Stör. der Sprachflüssigkeit Folgen: Unterbrechungsvorgänge, Nichteinhalten von Sprechpausen; evt. Schwierigkeiten bei komplexen Konsonantenverbindungen !Differenzialdiagnostik: Stottern, Poltern, Dysdiadochokinesie, Dysarthrie! 68

FUNKTIONALE TLSn bei audit.verbaler Verarbeitung Reize aus Umwelt können nicht als wichtig unwichtig oder intensiv - schwach empfunden werden Folgen: Reizüberflutung, Ablenkbarkeit, Abschweifen, programmfremde Nebenaktivitäten, mangelnde Konzentration mit Stör. der Oberprogrammsteuerung; Stör. der Reizintensitätswirkung in Erzeugung v. Orientierungsreaktionen. Reize aus Umwelt werden nur ungenügned mit Repertoire an Bekanntem verglichen, d.h. mangelnde Habituierung bei wiederkehrenden 69 Erlebnissen, Stereotypien usw.

Behaltens-/Speicherstörungen Stör. unmittelbaren Behaltens (Hörgedächtnisspanne) wegen: (1) zu wenig Einheiten, (2) Filterschwäche gegenüber programmfremden Intrusionen, (3) Anfälligkeit gegen Perseverationen (ungenügende Lösung nach Verarbeitung) Folge: Leistungsdefizit des KZG (Kurzzeitspeichers), d.h. (1) Satzanfang am Ende eines Satzes nicht mehr im Ged.; (2) Inhalte werden von prorammfremden Eindrücken oder eigenen Aktivitäten herausgeworfen (Ablenkbark., Schweifendes ruheloses Denken) (3) Elemente vorausgegangener Tätigkeiten mengen sich unter die momentane Verarbeitung 70

Störung der Langzeitspeicherung Als funktionale TLS: Die in KZG aufgnommene intramodale Einheit muss in den multimodalen langzeitspeicher überführt werden durch einen Stabilisierungsprozess wie • Bewusst-willkürliche (innere) Wiederholungen (rehearsals) • Oft wiederholte Darbietung (von außen) • Emotional-affektive Valenz 71

Sprachproduktion als System; Kodierungsstufen • • • • • • • • • • • •

Bewusstwerdung eines Bedürfnisses Kreieren u. Modellieren der Botschaft Aufrufen der Wortkerne (semantische Kodierung) Aktivieren des logisch-grammat. (Satz-)Rahmens zur Verknüpfung der Wortkerne (syntakt. Kodierung) Festlegung von Betonung u. Satzmelodie (Intonation) Linearisierung u. morphologische Verkettung (morphosyntakt. Verkettung) Überführen in Klangvorstellung u. In das Lautsystem (phonolog. Kodierung) Überführung in die Sprechbewegungsvorstellung u. das bewegungsteuernde System (sprechmotor.Kodierung) Koordination v. Atmung, Stimme u Artikulation (Sprechmotorik) Kontrolle ggfs Korrektur von Wortwahl u. morphosyntakt. Gestaltung (kognit. Rückkopplung) Kontrolle ggfs Korrektur von Sprech- u. Stimmklang (sensomotor. Rückkoppl.) Kontrolle des kommunik. Effektes (pragmat. Rückkopplung)

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Hörverstehen als System • Phoneme u. Phonemkombinationen identifizieren u. unterscheiden • Morpheme erkennen • Wörter als solche identifizieren • Wörter behalten • Bedeutung (1. Ordn.) von Wörtern erkennen • Satzteile behalten • Syntaktische Regeln anwenden • Bedeutung von Wörtern i. verbalen Kontext erkennen (2. Ordn.) • Bedeut.modifik. von Sätzen durch Betonung verstehen • Details behalten • Details im Zusammenhang verstehen • Zentrale Gedanken erkennen • Schlüsse ziehen • Evt. Intention des Sprechers nachvollziehen (Metaeb.)

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INTERHEMISPHÄRISCHE audit.-verbale TLSn (bei Re.hä.) LINKE HEMISPHÄRE:

RECHTE HEMISPHÄRE:

Linguist. Infoverarbeit. Auf allen Kodierungsebenen! siehe vorher) Verstehen komplexer syntakt. Strukturen Erkennen v. abstrakten Substantiven

Erfassen nichtsprachl. akustischen Strukturen Identifizieren v. Intonation, Melodietypen & gedächtnis Zugriff auf Wortbedeutung über ganzheitl. Auffassung des Lautbildes, der/des visuellen Wortgestalt/bildes

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Analytisches, logisches Denken = linear, einander folgend

Intellekt als sprachlich mediatisiertes Denken Bearbeiten von Klängen isolierter Laute, Tierstimmen, Lachen, Niesen Wortzerlegung in einzelne Laute beim Diktat u. ihre Zusammensetzung zu Einheiten beim Erstlesen

Zugriff auf bestimmte Teile des Wortschatzes über visuelle Vorstellungsbilder (z.B. leicht visualisierbare Subst. u. Adjekt.) Erfassen figuraler Sachverhalte auf nichtsprachl., intuitive, ganzheitl. Weise Sprachfreies Ausdrucksverständnis, Synthet.-ganzheitl. Denken Räumlich-perspektivisches u. bildhaftes Vorstellungsvermögen 75

Involvierte Teilsysteme beim Erkennen u. Benennen von Bildern Objekt-Wiedererkennungssystem => semantisches System => phonologisches Output-Lexikon => Phonem-Speicher => …

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Involvierte Teilsysteme beim Wiedererkennen, Verstehen u. Wiederholen von gesprochenen Wörtern • • • • • •

Auditives/Phonemat. Analysesystem Auditives Input-Lexikon Semantisches System Phonologisches Output-Lexikon Phonem-Speicher Anschl. motorische Planung u. artikulat. Umsetzung 77

Involvierte Teilsysteme beim Lesen Direkter Weg: Visuell-graphemat. Analyse-System => visuell-graphemat. Input-Lexikon => semantisches System (Verstehen!) => phonologisches Output-Lexikon => PhonemSpeicher => (Artikulation) Indirekter Weg: Visuell-graphemat. AnalyseSystem => Graphem-Phonem-Konversion => Phonem-Speicher oder: Vis.-graphemat. Analyse-System => visuellgraphemat. Input-Lexikon => phonologisches Output-Lexikon => Phonem-Speicher => (Artik.) 78

Exkurs: Intelligenz & Gedächtnis Zwei Betrachtungsweisen: (1) Der Umfang des Repertoires an Kenntnissen/Fertigkeiten, die das Individuum in der Auseinandersetzung u. in den Anregungen durch die dingliche u. soziale Welt bereits erworben hat? (2) Angeborenes Set von Basis-Prozessen zum Erwerb von Kenntnissen/Fertigkeiten, konstitutionell abhängig von der hirnorganischen Integrität, über die Altersstufen relativ gleichbleibend im Sinne von LERNFÄHIGKEIT ? >>> 79

« Lernfähigkeits-Set » • Ausgewogene Aktivierungsprozesse • Geschwindigkeit der Festigung von Gedächtnismustern (Anzahl nötiger Wiederholungen) • Automatisierung • Sichere Verfügbarkeit im selektiven Abruf der vorhandenen Gedächtnismuster • Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, einmal in der simultanen Aufmerksamkeit für verschiedene Prozessqualitäten u. Inhalte, dann in der dauer der willkürlichen, fokussierten Aufmerksamkeit 80

Exkurs: Gedächtnis Zeitabhängige Prozesse: Ultrakurzzeit- (sensorisches), Kurzzeit-, Langzeit-Gedächtnis und Intermediate Memory (Abruf, Arbeitsspeicher) Einpeicherung (n. Wahrnehmung) vs. Abruf (f. Produktion) 81

Inhaltsabhängige Prozesse (modalitäts-/ materialspezifisch): Auditiv-sprachlich, visuell-figürlich, taktilkinästhetisch-körperschematisch, rhythmisch-zeitlich, motorisch * Früh entwickelt: Prozedural, semantisch, nicht absichtsvoll, ereignisbestimmt, Wiedererkennen, Referenzgedächtnis * Spät entwickelt: Deklarativ, episodisch, bewusst-willkürlichabsichtlich, merkmalsbestimmt, Repräsentanz, Arbeitsgedächtnis 82

Prozedural vs. Deklarativ (sematisch + episodisch) Implizites Habitgedächtnis Gewusst, wie Gewohnheiten, Prozeduren Handlungsabläufe Zum Lernen Wiederholungen notwendig Der bewussten Erinnerung nur schwer zugänglich Früh entwickelt

Explizites Wissensgedächtnis Gewusst, was Fakten, Episoden, Daten Verbal eindeutig Definierbares Schlagartiges Lernen bei einem Durchgang Der bewussten Erinnerung zugänglich Spät entwickelt 83

Deklarativ-semantisch vs. Deklarativ-episodisch Allgemeine Kenntnisse Generelle Zusammenhänge Wissen über die Welt Wissen über Sprache (Semantik, Grammatik) Konzeptuell organisiert Früh entwickelt

Individuumspezifisches Wissen Bezogen auf eigene Erfahrungen Autobiografisch

Nach Ort u. Zeit organisiert Spät entwickelt 84

Funktion des Langzeitgedächtnisses beim Schreiben (1) und Lesen (2) (1) Semantisches Lexikon ⇒ Phonematisches Lexikon => ⇒ Orthografisches Lexikon (2) Orthografisches Lexikon ⇒ Phonematisches Lexikon => ⇒ Semantisches Lexikon 85

Funktion des Arbeitsgedächtnisses beim Schreiben (1) und Lesen (2) (1) (LZG/Phonematisches Lexikon) ⇒ Motorische Planung der Artikulation => ⇒ Zerlegen der Phoneme => PhonemGraphem-Konversion => motorische Planung des Schreibens => (SCHREIBEN) (2)(LESEN) => visuelle Analyse der Buchstaben => Graphem-PhonemKonversion => Verbinden der Phoneme (phonematisches Lexikon/LZG) >>

…>>> Feinmotorische Regulation (Artikulation, einschl. Phonation, Atmung, Prosodie sowie Graphomotorik, Okulomotorik), Sequenzielle Regulation (Segmentierung, Zeitteilung, Sequenzgedächtnis, Automatisierung), Pausen & Unterbrechungen, Start & Stopp-Regeln, Temporegulation, Halte-, Stell- & Gleichgewichtsreaktionen, Muskeltonus, Arbeitsgedächtrnis, Motivation, sozioemotionale & organismische Bedingungen 88

Störungen des Schriftspracherwerbs (LRS) Untergruppen/Syndrome: Dyseidetiker – Dysphonetiker – Dysphoneidetiker (Mischform) Dyseidetische/Oberflächen-LRS: Ganze Wörter können nicht als visuelle Gestalten aufgefasst u. nicht mit auditiven Gestalten assoziiert werden Dysphonetische/Phonologische LRS: Keine Wortanalyse, keine Anwendung der Phonem-Graphem-Regeln 89

Dual-Route-Theory (Castels/Coltheart, 1983) Direkte Route: Wortbilder werden als Ganzes aufgenommen u. das semantische System assoziiert sofort Bedeutung dazu. Indirekte Route: * Über Graphem-Phonem-Korrespondenz zum LESEN * Über Phonem-Graphem-Korrespondenz zum SCHREIBEN, aber ohne Bedeutungserfassung! N.B.: Beide = essenziell wichtig für Lesen u. Schreiben!!!! 90

Funktion. System zur Dyspraxie Praxie: ziegerichtete Bewegungssteuerung: Vernetzung von Gedächtnis, Sprache, Aufmerksamkeit, Automatisierung / Sequenzen, Motivation, Halte-, Stell-, GleichgewichtsReaktionen, vestibuläre Wahrnehmung, kinästhetische Wahrnehmung, taktile Wahrnehmung, Körperschema, räumliche Orientierung. Entwicklungsweg von Propriozeption => Kinästhesie => Praxie => zur Entw. von Körperbild/-schema & Raumlage/Raumbeziehung (Richtung. und Orientier, i. Raum) => Selbstentwicklung & Entw. schulischer Fertigkeiten 91

Klassifikation « (Entwicklungs-) Dyspraxien », Apraxie Ideomotorische (Organisation: Auswahl u. Sequenz. Anordn) vs. Ideatorische (Gebrauch v. Gegnständen in sinnvoller Abfolge); ideokinetische/räumliche, motorische vs. kinästhetische A-/Dyspraxien Betr. Körperteile: Gesichts-, buccofaziale, verbale, okuläre, manuelle (Hand-), Gliedmaßen- Dys-/A-Praxie Betr. Fähigkeiten: Ankleide-, artikulatorische, Gang-, konstruktive Dys-/A-Praxie: links- & rechtshemisphärisch 92

Häufige « Aufbausyndrome » • Nonverbale Lernschwäche • Dyspraxie des Sprechens • Mangelnde sprachl. Automatisierung im Verbund mit einer Störung des auditiven Kurzzeitgedächtnisses (Entw.dysphasie) • Dysregulation der Aufmerksamkeits-, Programm- und Handlungssteuerung • Mentale Repräsentationsschwäche P.S. bei disjunktiven Gruppen! In der Praxis öfters Überlappung! 93

Nonverbale Lernschwäche (NVLS) STÄRKEN:

SCHWÄCHEN:

Auditive Wahrn.kapazität Sehr gutes Routinerepertoire für Gehörtes u. Schreiben Einfache repetitive Fähigkeiten Gute selektive & DauerAufmerksamkeit bei einfachen sich wiederholenden insbes. verbalen Leistungen

Taktile Wahrnehmung Visuelle Wahrn. bez. Einzelheiten u. Beziehungen Visuell-räuml. Organis. Koordination motor. Abläufe Neue Stimuli oder Konfigurationen werden schlecht gehandhabt Aufmerksamk. f. taktile, visuelle Inputs u. komplexes nonverbales Material Wenig handgreifliches Entdeckungsverhalten (Benennung reicht ihnen)

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« Mechanisch-verbales Übungsgedächtnis » Hervorragende Leistungen insbes. Bei phonemat. Unterscheid., Segmentation, aber ganz allgem. f. Sprachliches; hohe verbale Assoziationsfähigkeit, enorm gutes u. dauerndes Sprechen Nach anfängl. Schwierigkeiten mit visuomot. Aspekt des Schreibens, sehr gute(s) Schreiben u. Orthografie; Hervorragendes Gedächtnis für Gehörtes/Gelesenes

Takt. u. visuel. Gedächtnis; rel. schlecht auch f. komplexes bedeutungshaltiges u. /oder neues verbales Material Defizit. Konzept-/Strategiebildung, Problemlösung, Milde sprechmot. Defizite Druckschriftschreiben schwierig, aber verbund. Schreiben sehr gut; Gutes Lesen aber defizitäres Inhaltsverständnis des Gelesenen insbes. bei neuem Inhalt Defizite im mechan.Rechn; Schwierigkeiten im Erfassen 95 mathemat. Konzepte

Sprechdyspraxie Stärken:

Schwächen:

Symbolfunktion Vorsprachl. Schemata u. Begriffsbildung Simultane Wahrnehmung

Bewegungsplanung Taktil-kinästhetische Kontrolle (Mund) Sukzessive Wahrnehmung/ Rhytmus Diadochokinesie 96

Dysphasie Stärken:

Schwächen:

Kognitive Verarbeitung Konstruktive Fähigkeiten Visuelle Merkfähigkeit (schriftl. Rechenoperationen)

Automatisierung von Wortklangbildern u. Sprachstrukturen Auditives Kurzzeitgedächtnis Auditive Gestaltauffassung Lesen u. Rechtschreiben 97

Dysregulation der Aufmerksamkeits-, Programm- u. Handlungsteuerung Stärken:

Schwächen:

Visuell-perzeptive & Visuell-kognitive Funktionen Merkfähigkeit Symbolfunktion

Situationsangemessene Regulation der ZNSAktivierung Emotion. Erregbarkeit Figur-Grund-Wahrn. Visuell-konstrukt. Funkt. (Hyperaktivität) 98

Mentale Repräsentationsschwäche Stärken

Schwächen:

Visuell-perzeptive u. vis.-konstruktive F. Figur-Grund-Wahrn. Handlungsorientierte Anpassungsleistungen (prakt. Begabung; enaktive, ikonische Repräsent.)

Intermodale Integration Visuell-kognitive Funktionen Symbolfunktion (mentale Repräsent. auf Symbolebene) (Perspektivübernahme/ Intellektueller Egozentrismus) 99

Literaturempfehlung Als Grundlage für Seminar:

Nicolay, L. (Neuaufl. 1999-2003). Neue Chancen für entwicklungsbeeinträchtigte /alle Kinder (5 Bände; Nr. 907-911). Série: Sciences-éducationculture. SNE-Editions. (Hier ausführliche weitere Literaturangaben!) Syndicat National des Enseignants 11-13, rue des Ardennes L-1133 Luxbg. Best. per Fax: 26845051 oder Tel.: 48111854 (5 Bände: 45.-€ für Lehramt u. Studenten) MERCI VILLMOLS 100