Menschen in multiplen sozialen und psychischen Problemlagen-Was kann Soziale Arbeit mit niedrigschwelligen Angeboten leisten?

Hochschule: Alice-Salomon-Hochschule Studiengang: Soziale Arbeit Antrag: Projektmodul Abgabetermin: 15.11.2013 Zeitraum: SS 2014-WS 2015/2016...
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Hochschule:

Alice-Salomon-Hochschule

Studiengang:

Soziale Arbeit

Antrag:

Projektmodul

Abgabetermin:

15.11.2013

Zeitraum:

SS 2014-WS 2015/2016

Thema:

Menschen in multiplen sozialen und psychischen Problemlagen-Was kann Soziale Arbeit mit niedrigschwelligen Angeboten leisten?

Hauptamtliche DozentInnen:

Prof. Dr. Susanne Gerull Dipl. Soz. Wiss./ Soz. päd. Rebekka Streck M.A. Klinischer Sozialarbeiter Rolf Glemser und weitere ReferentInnen je nach zu bearbeitenden Schwerpunkten

Studentische Projektplanung:

Lucienne Paul Doreen Weißhaar Nicole Parthier Claudia Loedorf

Inhaltliche Darstellung Eine Frau mittleren Alters, war in grauen und blauen Müllsäcken eingehüllt und bei Ansprache versteckte sie sich sofort in einer Hecke. Sie hauste in der Hecke mehrere Wochen bei kühlen Außentemperaturen um die 10 Grad. Die wohnungslose Frau ernährte sich scheinbar von Fisch und Joghurt, denn in ihrem Umkreis lagen leere Fischdosen und Joghurtbecher. Diese Gegebenheit ereignete sich mitten in Berlin. Solche und ähnliche Situationen erleben wir in unserem Alltag häufig. Wir sehen Menschen, die nicht von selbst Beratung und Hilfestellung in Anspruch nehmen können. Das macht uns manchmal ratlos oder hilflos. Wir wollen der Ratlosigkeit oder Hilflosigkeit begegnen, in dem wir uns mit dem Thema „Menschen in multiplen sozialen und psychischen Problemlagen“ mit wissenschaftlichen Theorien und niedrigschwelligen Angeboten aus der Praxis beschäftigen. Wir wollen uns mit Zielgruppen auseinandersetzen die auf niedrigschwellige Angebote angewiesen sind wie z.B. Wohnungslose, Prostituierte, Drogenabhängige mit seelischer Beeinträchtigung usw. In dem Projektmodul wollen wir auch herausfinden: Gibt es Angebote für Menschen in multiplen sozialen und psychischen Problemlagen? Sind diese Angebote ausreichend und auch lebensweltorientiert? Bestehen Handlungsfelder für Menschen mit multiplen sozialen und psychischen Problemlagen die nicht erfasst oder nicht bearbeitet werden? Den Ansatz der Niedrigschwelligkeit wollen wir gemeinsam mit den DozentInnen und mit den Studierenden sowohl theoretisch als auch praxisnah erkunden und diskutieren. Da es bisher wenig Publikationen zu dem Thema „Niedrigschwelligkeit“ gibt und die Besonderheiten dieser Sozialen Arbeit in Methodenhandbüchern oft nicht einmal Erwähnung finden, möchten wir uns auch in der Praxis auf die Suche begeben, nach Konzeptionen und Handlungspraxen, Chancen und Grenzen. Die Klinische Sozialarbeit, die ein Kernbereich in der niedrigschwelligen Arbeit ist und auch darin verortet ist, wird im Projektmodul inhaltlich bearbeitet werden. Wie genau wir uns die Grundlagen erarbeiten und die Praxis erkunden, eigene Projekte anstoßen und unsere Arbeit dokumentieren, werden wir gemeinsam mit den DozentInnen und StudentInnen planen.

Zielsetzungen Die teilnehmenden StudentInnen sollen dazu befähigt werden, die Multidimensionalität von Problemlagen der KlientInnen wahrzunehmen und diese nicht nur aus einem Blickwinkel (bsp. Suchterkrankung) zu betrachten. Zudem wird sich dieses Seminar mit der Frage nach der Bedeutung von „Niedrigschwelligkeit“ beschäftigen. Ist es eine Haltung, eine Methode, Form der Kontaktaufnahme oder ein Prinzip Sozialer Arbeit? „Niedrigschwelligkeit“ meint z.B. aufsuchende Soziale Arbeit, Sozialraumnähe und freie Zugänglichkeit der Angebote. Aber definiert es auch eine professionelle Haltung? Eine spezifische Methodik? Oder einen besonderen Blick auf und im Umgang mit den NutzerInnen Soziale Arbeit? Dabei soll sich auch der Frage zugewandt werden, ob Soziale Arbeit auch zu niedrigschwellig sein kann. Es soll sich auf die Suche nach den theoretischen, konzeptionellen sowie methodischen Spezifika der niedrigschwelligen Sozialen Arbeit begeben werden. Eine zentrale Frage wird auch sein, welche methodischen Herausforderungen die niedrigschwellige Soziale Arbeit mit sich bringt. Hierzu beschäftigen wir uns mit Praxen des

Erstkontaktes, der schwierigen Regulation von Nähe und Distanz zu den KlientInnen und dem Setzen von Grenzen gerade in offenen Settings. Praxisbesuche, Beobachtungen und Befragungen können wir gemeinsam und in Kleingruppen in unterschiedlichen Arbeitsbereichen durführen. Im Projektseminar werden mit den Studierenden Kompetenzen für Soziale Arbeit erschlossen sowie ein tiefgreifendes Verstehen Sozialer Arbeit gefördert. Zudem ist eine Studienreise geplant. a. Im Hinblick auf Gendermainstreaming Bei der Gestaltung ihrer Leistungen und Angebote ist Soziale Arbeit aufgefordert, die unterschiedlichen Lebenslagen von Männern und Frauen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung zu fördern. Inwiefern unterscheide sich der Alltag zum Beispiel einer/ eines Wohnungslosen bezogen auf das jeweilige Geschlecht? Alle Versorgungssegmente sind in der Pflicht, die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen wie Männern zu analysieren, aus den Ergebnissen fachgerechte Konsequenzen zu ziehen und durch die Entwicklung geschlechtsspezifischer Konzepte in die Praxis umzusetzen. Im Studienprojekt wird diese Thematik daher als Querschnittsaufgabe verstanden und in allen Themenbereichen aufgegriffen. b. Unter Berücksichtigung der Interkulturellen Sensibilisierung Dies gilt in gleicher Weise für die Reflexion weiterer Diversity-Phänomene. Den Studierenden soll ein fundiertes Wissen über Vorgehensweisen psycho-sozialer Intervention und Hilfe bei psychosozialen Belastungen vermittelt werden - jedoch verbunden mit Kenntnissen über Kontexte und Bedingungen, unter denen belastende Lebensereignisse auftreten. Gerade das Arbeit mit Menschen mit multiplen Problemlagen erfordern auch ein Wissen um die jeweilige für den Arbeitskontext relevanten Werte, Ziele und Prioritäten, die einerseits mit zu Grunde gelegten Prämissen wie menschenrechtlichen Aspekten, andererseits aber auch kulturspezifischen Vorstellungen von einem gelingenden Leben in Bezug zu setzen sind. Die StudentInnen sollen daher Faktoren wie Klasse, Ethnizität, Behinderung, Geschlecht, und Alter auffinden und hinterfragen lernen, um weder kulturelle Differenzen festzuschreiben noch zu negieren, sondern auf die in der Praxis vorherrschenden Vielfalt angemessen reagieren zu können.

Inhaltsverteilung auf die Semester 4. Semester: Theoretische Wissensgrundlagen im Bereich der niedrigschwelligen Sozialarbeit zu erschließen Einstieg psychosoziale Arbeit; verschiedene Settings in der psychosozialen Arbeit, diverse psychosoziale Ansätze, spezifische Einzelfallarbeit Vorbereitung auf das Praxissemester 5. Semester: Praxissemester  Begleitung der Erfahrungen in den jeweiligen Praxisstellen Erfahrungsaustausch  Besuche in den einzelnen Praxisstellen der Studierenden

6. Semester: Psychosoziale Beratung, Störungsbilder, Diagnostik, Klassifizierungen, Doppeldiagnosen Überblick über das Thema vertiefen sowie die jeweilige klassische und aktuelle Literatur kontrovers diskutieren Begleitung der Bachelorarbeit der Studierenden 7. Semester: Bisherige Erkenntnisse und Reflexionen zusammenführen Abschluss der Bachelorarbeit Perspektiven für die weitere Berufswegeplanung entwickeln

Praxisfelder für das Projektpraktikum Die DozentInnen verfügen über aufgrund ihrer langjährigen Beschäftigung mit dem gesamten Themenbereich und der Vernetzung im Feld – auch über Gremien wie z.B. den Arbeitskreis Wohnungsnot – über sehr gute Kontakte zu Berliner Einrichtungen Sozialer Arbeit. Zu den Praktikumsplätzen kann daher direkt aus erster Hand ein Zugang vermittelt werden und ein großes Spektrum an Praxisplätzen erschlossen werden. Träger und Einrichtungen (Beispiele): Versorgung wohnungsloser Menschen Pad e.V. Wohn- und Selbsthilfeprojekt „Edgar-Carlo Bettermann“ Naumburger Ring 19 12627 Berlin

Wohnungslosentagesstätte „Warmer Otto“ Wittstocker Straße 7 10553 Berlin Klik-Kontaktladen f. junge Menschen auf der Straße Torstraße 205 10115 Berlin Die Teupe GEBEWO – Soziale Dienste Teupitzer Straße 39 12059 Berlin

Versorgung suchtmittelerkrankter Menschen Fixpunkt e.V. Reichenberger Straße 131 10999 Berlin Gangway e.V. - Hauptgeschäftsstelle Schumannstraße 5 10117 Berlin Drogentherapie Zentrum Frankfurter Allee 40 10247 Berlin Stiftung Sozialpädagogisches Institut „Walter Mayer“ Suchtberatung Friedrichshain Finowstr. 39 10247 Berlin Drogennotdienst Berlin Ansbacherstr.11 10787 Berlin Versorgung psychisch erkrankter Menschen PROWO e.V. therapeutische Wohnform (Doppeldiagnosen) Hobrechtstraße 55 12047 Berlin VIA Verbund für Integrative Angebote Berlin gGmbH (BEW, TWG) Straßburger Straße 5 10405 Berlin Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen gemeinnützige GmbH Psychiatrisches Tageszentrum Kreuzberg Waldemarstraße 33 A10999 Berlin Ev. Krankenhaus KEH Herzbergstraße 79 10365 Berlin

Genderorientierte Versorgung Frauentreff Olga Kurfürstenstraße 40 10785 Berlin Frau Sucht Zukunft Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen e.V. Dircksenstraße 47 10178 Berlin-Mitte Subway – Hilfe für Jungs e.V. Nollendorfstraße 31 10777 Berlin Schöneberg GEBEWO - Notübernachtung für Frauen Tieckstraße 17 10115 Berlin.

Literaturliste BAG Streetwork/ Mobile Jugendarbeit 2007: Fachliche Standards. Gelnhausen. http://www.bundesarbeitsgemeinschaft-streetwork-mobile-jugendarbeit.de/bagmaterial/bagstandards2007.pdf (20.03.2013) Boettner, Johannes 2009: Sozialraumanalyse - soziale Räume vermessen, erkunden, verstehen. In: Michel-Schwartze, Brigitta (Hg.): Methodenbuch Soziale Arbeit. Basiswissen für die Praxis. 2. überarbeitete u. erweiterte Auflage. Wiesbaden, S. 259–291 Dagmar Kumbier, Friedemann Schulze von Thun 1. April 2006:Interkulturelle Kommunikation: Methoden, Modelle, Beispiele. Gahleitner, Silke Birgitta; Hahn, Gernot & Glemser, Rolf 2013:Psychosoziale Diagnostik. Klinische Sozialarbeit: Beiträge zur psychosozialen Praxis und Forschung 5. Köln: Psychiatrie Verlag Geißler-Piltz, B., Mühlum, A. & Pauls, H. 2005: Klinische Sozialarbeit. München: Reinhardt Gerull, Susanne 2013: Hausbesuche in der Sozialen Arbeit: Traditioneller Ansatz – zu wenig reflektiert? In: Widersprüche, Nr. 1/2013, S. 51-62 Hauser, S. & Endres, M. 2002: Therapeutische Implikationen der Bindungstheorie. In M. Endres & S. Hauser (Hrsg.), Bindungstheorie in der Psychotherapie (S. 159-176). München: Ernst-Reinhardt.

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