Lange Zeit sah es so aus, als ob die

T r end s | H i nte r g r Ü N D E | Inn o vat i o nen M ai 2010 Gefährliche Turbulenzen Menschheitsprobleme Trügerische Preiswende Konservativ un...
Author: Moritz Adler
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T r end s | H i nte r g r Ü N D E | Inn o vat i o nen

M ai 2010

Gefährliche Turbulenzen

Menschheitsprobleme

Trügerische Preiswende

Konservativ und trendy

Industrie & Märkte | Noch haben die G7-Staaten in der Luftfahrt die Nase vorn, aber die BRIC-Länder holen auf. Seite 5

Chemie | Klima, Ressourcen, Überbevölkerung:

Finanzen & Börse | Die Kunden freut’s: Bei Kfz-

Viele Herausforderungen können nur mit Chemie-Innovationen gelöst werden. Seite 8/9

Tarifen gibt es wohl wieder hohe Rabatte. Inter­ view mit Nürnberger-Chef W. Rupp. Seite 11

Standort | Bayern ist im Jahrzehnt des Wandels ein Vorreiter. Special ab Seite 21

Von Elwine Happ-Frank

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ange Zeit sah es so aus, als ob die Finanzkrise ausgestanden wäre und die Wirtschaft wieder in ru­ higeren Bahnen verläuft. Doch uner­ wartet schnell – und weit gravierender als angenommen – sind die Probleme um Griechenland hochgekocht. Einige Beobachter sprechen schon von einer zweiten Finanzkrise. Während die EU und der IWF mit vereinten Kräften die Verschuldung der Hellenen wohl in den Griff bekommen, stellt sich die Frage: Welche EU-Länder sind noch betroffen? Ist die europäische Wäh­ rung und damit der gesamte Wirt­ schaftsraum gefährdet? Daran zeigt sich: So stabile Verhält­ nisse wie vor der Krise werden nicht wiederkehren. Die Volatilität wird von nun an ein ständiger Begleiter der Wirtschaft. Ursachen für die größere Unsicherheit sind die Globalisierung, der Abbau von Marktregulierungen so­ wie das gestiegene Tempo der Kom­ munikation. Dadurch ist die Wirtschaft weltweit stark vernetzt und reagiert rasch auf Störfaktoren rund um den Globus. Prognosen über die zukünftige Ent­ wicklung sind deshalb äußerst schwie­ rig. Die Managementberatung McKin­ sey hält einen robusten Aufschwung für genauso wahrscheinlich wie eine Periode starker Schwankungen mit kri­ senhaften Zuspitzungen. Die Experten geben deshalb für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft bis 2020 keine Punktprognose, sondern einen Korri­ dor an. Allerdings ist der Unterschied zwischen dem oberen und unteren Rand gewaltig: Er macht über die Jahre addiert 2 Bil. Euro aus – das ist das Bruttoinlandsprodukt eines ganzen Jahres. Künftige Risiken globalen Ausma­ ßes könnten erneut vom Finanzmarkt ausgehen – und eine strengere Regu­ lierung lässt weiter auf sich warten. Die Eigenkapitalbasis vieler Banken ist trotz der staatlichen Stützungsmaß­ nahmen geschwächt. Immer noch schlummern viele toxische Wertpapie­ re und ein hoher Abschreibungsbedarf auf Kredite in den Bilanzen. Dazu kommen durch die Krise neu entstan­ dene Probleme, zum Beispiel durch den Wertverfall von Gewerbeimmobi­

Die neue Welt der Unsicherheit Wirtschaft | Die Auf und Abs nehmen zu

tur. In den USA nimmt die Langzeitar­ beitslosigkeit zu, gleichzeitig gibt es weniger soziale Absicherung als in Eu­ ropa. Das könnte die Binnennachfrage belasten und die Erholung der USWirtschaft verzögern. Die Riesen-Expansionsprogramme, die China in der Krise angeschoben hat, könnten auslaufen, bevor ein selbsttragender Aufschwung eingesetzt hat. Gleichzeitig wird der Exportdruck Chinas in vielen Ländern mit Argusau­ gen betrachtet. Manche Regierung könnte geneigt sein, ihre einheimische Industrie und Arbeitsplätze zu schüt­ zen. Doch ein protektionistischer Wett­ lauf würde nur auf kurze Sicht einige Gewinner hervorbringen, langfristig würden die Wachstumsperspektiven aller Länder leiden.

32 Krisen in der Nachkriegszeit

lien – oder von Staatsanleihen. Ban­ ken halten die Papiere von 30 Natio­ nen im Wert von 1,9 Bil. Euro in den Büchern. Zweifel an der Bonität von Staaten – selbst von kleinen – könnten zu Abschreibungen führen, die weiter am Eigenkapital der Finanzinstitute knabbern.

Die Wahl zwischen Pest und Cholera Auch wenn das Problem Griechen­ land momentan entschärft ist, ist grundsätzlich die Gefahr eines Staats­ bankrotts mit den Folgen einer Ket­ tenreaktion nicht gebannt. Im Visier stehen Irland, Portugal, Spanien und Italien. Dabei bleiben eigentlich nur zwei gleich schlechte Alternativen:

Entweder die EU-Staaten kommen den Problemkindern zu Hilfe und schmälern damit den Druck auf die Mitgliedsländer, die Haushalte zu sa­ nieren, oder sie riskieren die Pleite ei­ nes Staates der Europäischen Union. In jedem Fall wird das Vertrauen in den Euro belastet. Das macht sich schon bemerkbar. Der Euro ist gegenüber dem Dollar unter Druck geraten. Euro/DollarKurse von 1,50 sind momentan weit entfernt. Aber auch eine Rückkehr auf dieses Niveau ist vor dem Hinter­ grund der hohen Verschuldung der USA denkbar. Das würde aber die Ex­ portchancen der deutschen Unter­ nehmen in den US-Dollar-Raum und in asiatische Länder erschweren, de­

ren Währungen an den Dollar gekop­ pelt sind. Um den hohen Euro-Kursen vor der Krise zu entkommen, haben viele deutsche Firmen in Asien Pro­ duktionsanlagen gebaut. Ob dieser Weg angesichts der neueren Entwick­ lungen richtig war, wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist eines gewiss: Große Schwankungen bei den führenden Währungen beeinträchtigen die Pla­ nungen der Unternehmen und belas­ ten die Konjunktur. Es gibt noch viele weitere Faktoren, die sich in Zukunft negativ auswirken könnten. Die Realwirtschaft befindet sich nach wie vor in einem fragilen Zu­ stand. Sollte der Ölpeis auf über 100 US-Dollar pro Barrel steigen, dann wäre das ein Dämpfer für die Konjunk­

Trotz aller Unsicherheit gibt es auch einige Konstanten, die unabhängig von den Auf und Abs in der Wirtschaft die zukünftige Entwicklung prägen. Stabile Faktoren sind die zunehmende Alterung der Bevölkerung, die End­ lichkeit der Ressourcen sowie die ge­ radezu explodierende Zunahme der Bedeutung von Technologie und Wis­ sen.Von diesen Trends profitieren eini­ ge Branchen besonders. Dazu gehören beispielsweise der große Bereich Ver­ kehr mit dem Hoffnungsträger Elek­ troauto, die Internet- und Computer­ technologie mit neuen Anwendungen für Industrie- und Privatkunden oder auch die Sicherheitsbranche, die von der allgemeinen Verunsicherung so­ wie der Furcht vor Terroranschlägen einen Nutzen erzielt. Die großen Zukunftsthemen be­ stimmen die langfristige Entwicklung, auch wenn sie vorübergehend durch Konjunktureinbrüche in den Hinter­ grund gedrängt werden – und das wird früher oder später der Fall sein. Seit dem zweiten Weltkrieg treten Krisen in immer kürzeren Abständen auf: Insge­ samt 32 solche Ereignisse hat McKin­ sey in einer Langzeitanalyse gezählt. Bei den jüngsten Problemen war der Staat ein wichtiger Rettungsanker. Al­ lerdings ist es angesichts der hohen Verschuldung schwer vorstellbar, dass die Industrienationen nochmals so hohe Hilfen und Garantien mobilisie­ ren können.

I n h a lt Wirtschaftspolitik Russland Während der Finanzkrise schoss die Inflation wieder hoch – ein altes Problem.

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Meinung Fachchinesisch Unverständliche Steuererklärungen etc. sind eine Entmündigung der Bürger. 

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Aktuelles Thema Marken in Gefahr Die Plattformen von Daimler/ Renault-Nissan könnten das Image verwässern. 4

Industrie & Märkte Ein Ass wird gesucht Start des Wettbewerbs für die Prämierung der besten Ausbildungsinitiativen. 

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Finanzen & Börse Auf Nulldiät Die LBBW muss sich einer harten Abmagerungskur unterziehen – zu hart?

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Energie & effizienz Bezahlbar und sicher 2050 könnte Ökostrom ganz Europa versorgen – auch dank innovativer Solartechnik. ab 18

IT & INnovation Für und mit dem Kunden Bei der neuen SoftwareGeneration hat Datev die Nutzer von Anfang an einbezogen. 31



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52. Jahrgang · B7388 E 3,00 · 3,30 (Österr.) · CHF 4,50

Das Reich der Mitte als neuer Mittelpunkt China | Internationale Unternehmen stellen sich darauf ein – und werden Weltfirmen

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BM hat es vorgemacht. Das ur­ amerikanische Unternehmen hat einen seiner wichtigsten Ge­ schäftsbereiche, nämlich die Beschaf­ fung, nach China verlegt. Angefangen haben die Chinesen mit billigen Teilen für Spielzeuge oder Sportschuhe; mitt­ lerweile stellen sie Hightech-Kompo­ nenten für Computer- und Telekom­ geräte her. Darin zeigt sich ein Trend ganz klar: China ist eine starke Wirt­ schaftsnation geworden. Das Reich der Mitte wird nicht mehr nur als Reservoir für billige Arbeitskräf­ te, als Basis für die Auslagerung von Produktionskapazitäten oder als Ab­ satzmarkt mit Millionen neuer Konsu­ menten angesehen, sondern hat sich unter den fortgeschrittenen Wirt­ schaftsnationen etabliert. Einige Glo­ bal Player richten ihre Strategie danach

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aus: Sie entwickeln ihre Strukturen wei­ ter und schaffen echte Weltfirmen. Die Realitäten in China haben sich im vergangenen Jahrzehnt gewaltig ge­ wandelt. Der Übergang von einer über­ wiegend agrarisch zu einer städtisch geprägten Bevölkerung ist weit fortge­ schritten. Millionen von Menschen sind der Armut entkommen, und mög­ licherweise werden es in den nächsten Jahren noch weit mehr. Die jährlichen Einzelhandelsumsätze stiegen seit 1990 um das 15-Fache auf jetzt 1,6 Bil. US-Dollar. Das ist aber nur ein Drittel dessen, was in den USA ausgegeben wird. Mittlerweile ist das Angebot für chi­ nesische Konsumenten so reichhaltig, dass es selbst die entwickelsten Märkte in Japan, Europa und in den USA über­ trifft, stellt Edward Tse, Chairman for Greater China der Consulting-Firma Booz, in seinem Buch „The China Stra­ tegy“, fest. Zum Beispiel bei Geträn­ ken: In jedem beliebigen Geschäft in Shanghai sind westliche Angebote wie Coke, Pepsi oder Schweppes zu finden. Es gibt bekannte japanische oder tai­ wanesische sowie Hongkong-Marken.

Neben den chinesischen Nachahmer­ produkten beliebter ausländischer Ge­ schmacksrichtungen stehen in den Re­ galen auch die lokalen Tees, Kaffees und Fruchtsäfte. Der chinesische Verbrauchermarkt ist überaus schwer einzuschätzen. Markenloyaltität gibt es noch kaum. Auch sind die Unterschiede zwischen den Regionen in dem Riesenland enorm. Ein Großteil der Aktivitäten der multinationalen Firmen konzentrieren sich auf die „großen Drei“ im Süden des Landes: die Regionen um Shanghai, um Hongkong und um Pe­ king sowie seinen Nachbar Tianjin. Hier wird die Hälfte des chinesischen Bruttosozialprodukts erzeugt. Gleich­ zeitig verspricht aber das riesige Hin­ terland die größeren Wachstums­ chancen mit einer höheren Urbani­ sierungsrate, neuen Transport- und Kommunikationsverbindungen und vielen Städten mit mehr als einer Mil­ lion Einwohnern. Dabei wachsen die einheimischen Firmen in China langsam zu einer ernsthaften Konkurrenz für ausländi­ sche Unternehmen heran. Sie haben

längst die Phase der Nachahmer- und Niedrigpreis-Produktionen hinter sich gelassen. Sie haben ihre Lektion ge­ lernt, auch wenn sie noch einige Schwächen haben, zum Beispiel bei den Management-Methoden.

Einstieg in die Luftfahrtbranche Auf diese Weise haben sich chinesi­ sche Firmen in vielen Branchen – zum Beispiel in der Autoindustrie – eine gute Ausgangsposition geschaffen. Der nächste Schritt ist der Einstieg in die Luftfahrtindustrie. Damit wollen die Chinesen langfristig Boeing und Airbus Paroli bieten. Auf den ersten Blick scheint das Engagement in einer technisch komplexen und kapitalin­ tensiven Branche für ein Ex-Schwel­ lenland etwas gewagt. Doch bei der Eroberung von Hightech-Märkten ge­ hen die Chinesen nach einem erprob­ ten Muster vor. Erst stellen sie Kompo­ nenten her, die sie zu einem niedrigen Preis verkaufen, um Marktanteile zu gewinnen, dann expandieren sie durch Akquisitionen. Dadurch erreichen sie Zugang zu Know-how, bis sie schließ­ lich das ganze Produkt herstellen kön­

nen. Auf diese Weise werden sie auch die Luftfahrtbranche erobern, ist sich der China-Experte Tse sicher. Der ent­ stehende chinesische Luftfahrtmarkt ist attraktiv. Bis 2025 wird ein Bedarf von 3 000 Passagier- und Frachtflug­ zeugen im Volumen von 290 Mrd. USDollar erwartet. Diese kapitalistischen Strategien sollten nicht zu der Annahme führen, dass sich der chinesische Staat gewan­ delt habe. Die Kommunistische Partei Chinas wird auch in Zukunft einen au­ toritären Führungsstil bewahren. Da­ bei fährt die Regierung je nach Bran­ che eine unterschiedliche Strategie. Hersteller von Konsumprodukten ha­ ben beispielsweise relativ viel Freihei­ ten, was die Eigentümerstrukturen und was die Produkte betrifft – ganz im Gegenteil zur Telekomindustrie. Dabei können die Maßnahmen der Re­ gierung gelegentlich überraschend sein. So hat sie zum Beispiel Coca-Cola – ein Unternehmen der relativ weit li­ beralisierten Konsumbranche – 2008 die Übernahme von Huiyuan Juice, dem größten chinesischen Getränke­ hersteller, untersagt.  hp

WeltFirma Global Player sind auf dem Sprung, sich zu echten Weltfirmen zu entwickeln. Der Grund: China hat sich in den letzten Jahren als bedeutende Wirtschaftsnation etabliert. Internationale Unternehmen müssen deshalb in Zukunft ihre Aktivitäten in China in ihre globalen Wertschöpfungsketten integrieren – und nicht nur eine regionale Dependance unterhalten. Sie müssen Forschungs- und Produktentwicklungs-Abteilungen sowie Marketingplattformen schaffen, die die lokalen Erfordernisse dieses Riesenreiches mit ihren globalen Marken kombinieren.

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Mai 2010

Wirtschaftspolitik

Kommentar Griechische Fragen In der griechischen Tragödie nimmt das Schicksal unausweichlich seinen Lauf. Es gibt keine Hoffnung für die zum Untergang Verdammten. Wird die griechische Schuldenkrise von heute zur Tragödie im antiken Sinn? Oder liegt Premierminister Papandreou mit seinem etwas hoffnungsfroheren literarischen Vorbild besser? Aber auch die Odyssee erzählt von einer schier unendlichen, wenn auch am Ende glücklichen Irrfahrt. Tatsächlich stehen wir erst am Anfang einer auf jeden Fall unendlich schwierigen Aufgabe. Es genügt ja nicht, den Griechen mit einem Milliarden-Paket unter die Arme zu greifen. (Das wäre angesichts der zu erwartenden Zinsen kein gar so schlechtes Geschäft.) Die Frage ist, ob es den Griechen gelingen wird, eines Tages wieder so weit auf die Beine zu kommen, dass sie im Euro-Verbund mithalten können. Auf lange Zeit noch werden sie eine bedrohliche Belastung für dieses sonst ja erfolgreiche Währungsunternehmen bleiben. Und da es anderen nicht viel besser geht als den Griechen, wird eine Frage, die man bisher als zurückgewandt abtun konnte, zu einer Zukunftsfrage: Wären wir nicht besser beraten, wenn wir die Eurozone kleiner, aber feiner gehalten hätten? Da dies nicht nur eine Frage der ­Finanz-, sondern mehr noch der Europa-Politik ist, werden wir so schnell keine Antwort finden. Der politisch gangbare Weg heißt vorerst: EU und IWF werden zu strengen Kontrolleuren der griechischen Finanzpolitik. Allerdings lassen sich die stolzen Griechen kaum von ihrem Premierminister zu Sparsamkeit und Disziplin bewegen. Der (berechtigte) Verdacht, Papandreou werde von Brüssel und Washington ferngesteuert, wird sie erst recht auf die Straßen treiben. Das Ganze wäre ein interessanter Job für einen Herkules.  rb

Deutsche Exportquote ist nicht zu hoch Interview | Die anderen EU-Länder müssen wettbewerbsfähiger werden, meint Prof. Roland Döhrn vom RWI

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as prognostizierte Wachstum der Wirtschaft für Deutsch­ land ist mager. Doch selbst da­ rüber hängt das Damoklesschwert schwerwiegender Risiken. Gleichzeitig ist einer der wenigen Hoffnungsträger, der Export, in die Kritik der EU und des IWF geraten. Das Interview mit Prof. Roland Döhrn, Sprecher des RWI bei der Erstellung der Gemeinschafts­ dia­gnose der wirtschaftswissenschaft­ lichen Forschungsinstitute, führte ­WiKu-Mitarbeiter Dieter W. Heumann. WirtschaftsKurier: Die Forschungs­ institute rechnen für 2010 mit ­einem Wirtschaftswachstum von 1,5 % und für 2011 mit 1,4 %. Das sind eigentlich recht bescheidene Raten, aber sie scheinen angesichts des vorgeschlagenen Sparkurses, der bald auslaufenden Stimulie­ rungsmaßnahmen und anderer Un­wägbarkeiten, insbesondere im Bankenbereich, doch sehr risiko­ behaftet zu sein. Prof. Roland Döhrn: Wir haben, insbe­ sondere für das kommende Jahr, bereits eine ganze Anzahl von Spar­ maßnahmen in die Prognose einge­ stellt und haben auch das Auslaufen der Stimulierungsmaßnahmen bei uns und den Handelspartnern be­ rücksichtigt. Gemessen an der Tiefe des wirtschaftlichen Absturzes im vergangenen Jahr ist unsere Pro­ gnose sehr moderat. Es dürfte bis 2013 dauern, bis wir wieder ein ­Produktionsniveau wie vor der Krise erreicht haben werden. Trotz aller Vorsicht beinhaltet die Prognose derzeit noch eine hohe Anzahl von Risiken – sei es bei den Banken, sei es das Griechenland-Problem, das noch keineswegs ausgestanden ist. Ein gewichtiges Problem stellt die wahrscheinlich gleichgerichtete Po­ litik in vielen Ländern dar, weil alle sparen müssen – viele Länder sogar noch intensiver als die Bundesre­ publik.

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WiKu: Zum Wachstumsträger hat sich hierzulande wieder der Export auf­ geschwungen. Die Institute pro­ gnostizieren für 2010 ein Wachstum der Ausfuhren von rund 9 % und im nächsten Jahr von 6,3 %. Aufgrund seines hohen Leistungsbilanzüber­ schusses gerät der ehemalige Ex­ portweltmeister Deutschland aber zunehmend von seinen europäi­ schen Partnern – aber auch vom IWF – unter Beschuss. Die anderen Europäer sehen vor allem ihre eige­ nen Exporte in die Enge getrieben. Sie fordern Deutschland auf, sich mehr auf seine Binnenkonjunktur zu konzentrieren. Sehen das die ­Institute anders? Döhrn: Auch beim Export haben wir eine sehr moderate Entwicklung unterstellt. Die hohe Rate 2010 re­ sultiert wesentlich aus dem statisti­ schen Überhang. In früheren guten Jahren sind die Ausfuhren zweistel­ lig gewachsen. Mit Blick auf das Leistungsbilanzproblem muss zu­ nächst gesagt werden, dass es wahr­ scheinlich sogar kontraproduktiv wäre, wenn alle Länder eine ausge­ glichene Leistungsbilanz aufwiesen. Länder mit alternder Bevölkerung haben eher ein Leistungsbilanz­ überschuss: Es wird mehr Kapital für Vorsorgezwecke angelegt. Junge, aufstrebende Länder haben dage­ gen eher Leistungsbilanzdefizite. Das Problem in Europa ist aber durch die unterschiedliche Wettbe­ werbsfähigkeit der Länder vergrö­ ßert worden. Hier sollte die Ent­ wicklung schon in Richtung eines Abbaus der großen Salden gehen. WiKu: Und wie kann man diese wettbe­ werbsbedingten Defizite verringern? Döhrn: Dass Deutschland auf Dauer seinen Überschuss verringern muss, das ist unstrittig. Der Vorschlag der Partner lautet, Deutschland solle sich mehr auf seine Binnenkonjunk­ tur konzentrieren, die Löhne müss­ ten kräftiger steigen. Das ist ein

„Made in Germany“ – ein Siegel, das weltweit für Qualität steht. Doch Deutschlands hoher Leistungsbilanzüberschuss ist vielen Ländern ein Dorn im Auge.  Foto: Fotolia

Spiel mit ungewissem Ausgang. Werden beispielsweise die Löhne hierzulande stärker erhöht, dann dürften die Unternehmen auch stär­ ker rationalisieren, um ihre Wett­ bewerbsfähigkeit zu erhalten, so­ dass die Lohnsumme keineswegs zwangsläufig steigt und damit un­ gewiss ist, ob die Binnennachfrage stimuliert wird. Eine Erhöhung staatlicher Löhne oder Steuersen­ kungen – die ja auch vorgeschlagen werden – verbieten sich, weil so der

Staatshaushalt noch tiefer in die ro­ ten Zahlen rutschen würde, was in den nächsten Jahren zu noch stär­ keren Sparanstrengungen führen und die Binnennachfrage dämpfen würde. Staatlichen Möglichkeiten, eine Nachfragesteuerung zu betrei­ ben, sind in Deutschland und an­ derswo enge Grenzen gesetzt. WiKu: Welche Möglichkeiten bleiben, um den deutschen Leistungsbilanz­ überschuss abzubauen? Döhrn: Man muss das Problem klar

benennen: Deutsche Unternehmen sind nicht – wie oft behauptet – zu wettbewerbsfähig, sondern die in anderen Ländern offensichtlich nicht wettbewerbsfähig genug. Da­ mit liegt ein wesentlicher Schlüssel zum Abbau dieser Ungleichgewich­ te in den Ländern, in denen die Un­ ternehmen die Wettbewerbsfähig­ keit wiederherstellen müssen. Ge­ fragt sind hier zum Beispiel eine höhere Produktivität und niedrigere Lohnsteigerungen, womit die Defi­ zite dieser Länder nachhaltig abge­ baut würden. WiKu: Seit Jahren verläuft die Binnen­ konjunktur in Deutschland unbe­ friedigend – insbesondere die pri­ vate Nachfrage, die fast 60 % zum Bruttoinlandsprodukt beisteuert. Die Institute gehen davon aus, dass die Lohneinkommen 2011 nur ge­ ringfügig um 0,9 % ansteigen wer­ den. Die Sozialabgaben werden 2011 voraussichtlich um 0,5 % stei­ gen und eine zunehmende Zahl von Krankenkassen dürfte Zusatzbei­ träge erheben. Sind Sie sicher, dass sich das nicht negativ auf den Kon­ sum auswirken wird? Döhrn: Wir wundern uns Monat für Monat, wie wenig die Rezession den deutschen Arbeitsmarkt nach unten gezogen hat. Wesentliche Gründe dafür sind unter anderem die Zu­ rückhaltung bei Lohnerhöhungen in der Vergangenheit und die Flexibi­ lisierung der Tarifverträge. So wurde zum Beispiel Mehrarbeit geleistet, die zum Teil zu Gutschriften auf Ar­ beitskonten führte, die in der Rezes­ sion wieder abgebaut wurden. Es hat also große Änderungen im Bereich der Tarifverträge gegeben, die über die Einkommen jetzt konjunkturell stabilisierend wirken und Deutsch­ land vergleichsweise gut durch die Rezession kommen ließen. Das muss fairerweise berücksichtigt werden, wenn über den privaten Konsum diskutiert wird.

Der Kampf gegen die Inflation zeigt Erfolge

– Bundesweite Verbreitung –

Pflichtblatt der Börse München Herausgeber: WIKU Verlagsgesellschaft mbH Redaktion: Parkring 4, 85748 Garching bei München Zentrale: (0 89) 63 89 81-0 Telefax: (0 89) 63 89 81-20 ([email protected]) Chefredakteurin: Elwine Happ-Frank, hp (verantwortl.) ([email protected]) Redakteure: Daniel G. Medhin, dgm ([email protected]) Constanze Meindl, cm (Schlussredaktion) ([email protected]) Philipp Tröbinger, pht ([email protected]) Mitarbeiter der Redaktion: Rainer Bonhorst, rb (Ausland) Dr. Rainer Burkhardt, bur (Innovationen) Dieter Heumann, heu (Wirtschaftspolitik) Paul Kellenbenz, kb (Köln/Bonn) Hannsjörg Lawrenz, law (Ruhrgebiet und Westfalen) Ulrich Pfaffenberger (Corporate Publishing) Dr. Hans-Dieter Radecke, hdr (IT) Dr. Charlotte Schmitz, cs (Frankfurt) Gerhard Weisse, wei (Berlin) Klaus G. Wertel, kw (Baden-Württemberg) Anzeigenleitung: Alexandra Nohe ([email protected]) Telefon: (0 89) 63 89 81-54 Sitz des Verlages: Curt-Frenzel-Str. 2, 86167 Augsburg Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Andres Santiago Ein Unternehmen der Mediengruppe Pressedruck, Augsburg www.mediengruppe-pd.com Namentlich gekennzeichnete Gastbeiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Rezensionsexemplare besteht kein Anspruch auf Rücksendung. Die mit (x) oder p. r. gekenn­ zeichneten Artikel erscheinen im Auftrag der ­betreffenden Firmen. Anzeigen gemäß Preisliste Nr. 28 Erscheinungsweise: 11x pro Jahr. In jedem Quartal liegt dem WirtschaftsKurier ein „WK-Journal“ bei. Bezugs­ zeit jährlich. Bezugspreis 30 Euro (inkl. MwSt. und Inlands-Zustellgebühr). Bankverbindung: Dresdner Bank AG Augsburg (BLZ 720 800 01) Konto-Nr. 0110040300 Druck: Presse-Druck- und Verlags-GmbH Medienzentrum Augsburg 86167 Augsburg, Curt-Frenzel-Straße 2

WirtschaftsKurier

Russland | Wirtschaftswachstum von 5 % prognostiziert Von Prof. Carl H. Tretner*

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ussland befindet sich nach Mei­ nung der Weltbank in einer Phase der robusten Erholung. Die Weltbank hat das von ihr Mitte 2009 vorausgesagte Wachstum um 1,5 % für 2010 sukzessive angehoben und im März dieses Jahres sogar auf gut 5 % veranschlagt. Damit würde es höher ausfallen als das weltweite Wirt­ schaftswachstum. Es sind die rasche Erholung des Ölpreises und die positi­ veren Aussichten für wichtige Kunden Russlands wie zum Beispiel Deutsch­ land und Italien sowie die asiatischen Staaten, die das beschleunigte Wachs­ tum bewirken. Damit zeigt die Wirtschaft in Russ­ land wieder den Aufwärtstrend, den die Wirtschaftskrise jäh abgebremst hatte. Mit dem Jahr 2000 hatte für die rus­ sische Wirtschaft eine Periode starken Wachstums begonnen. Die Arbeitslo­ sigkeit ging von 10,4 % auf 6 % zurück, Auslandsschulden konnten vorzeitig zurückgezahlt und hohe Devisenreser­ ven gebildet werden. Die Hyperinfla­ tion von über 80 % im Jahr 1998, die durch die russische Finanzkrise von 1997/98 verursacht worden war, war in den folgenden Jahren auf eine Rate von 9 % gesenkt worden. Die Wirtschaftskrise stoppte diese Entwicklung und löste einen beträcht­ lichen Rückgang der Energieexporte und umfangreiche Kapitalabflüsse aus. Das Bruttoinlandsprodukt fiel 2009 um 8 %, die Industrieproduktion um fast 11 % und die Anlageinvestitionen bra­ chen ein. Doch mit den rasch eingelei­ teten Maßnahmen einer antizyklischen Geld- und Finanzpolitik konzentrierte sich die Regierung auf die Sanierung

des Bankensektors und die Unterstüt­ zung strategisch wichtiger Industrien wie Rüstung, Landwirtschaft, Bauwe­ sen und Exportwirtschaft, aber auch mittelständischer Betriebe. Ihr Kon­ junkturpaket übertraf in seiner Grö­ ßenordnung und der Schnelligkeit sei­ ner Umsetzung die Stimulierungsmaß­ nahmen der meisten Industriestaaten. Diesem Umstand dürfte zu verdan­ ken sein, dass die Arbeitslosigkeit im Krisenjahr 2009 nicht so stark anstieg wie zum Beispiel in den USA, Spanien oder Frankreich. Die Finanzierung der antizyklischen Politik erfolgte mithilfe der in einem Fonds gesammelten ­Einnahmen aus der Besteuerung von ­Öl- und Gasexporten. Die Problematik hoher Staatsverschuldung und Haus­ haltsdefizite – wie in den Ländern der Europäischen Währungsunion – gibt es für Russland nicht. Ein Schwerpunkt der russischen Wirtschaftspolitik wird die Sicherung des Bankensystems bleiben. Aber ebenso wichtig ist die Sorge um die ­Inflation, die infolge der Krise wieder anstieg und 2008 mit 14,1 % einen Re­ kordstand unter den Industriestaaten erreichte. 2009 ging sie auf 11,7 % zu­ rück und für 2010 werden vom IWF 7 % prognostiziert – immer noch ein ver­ gleichsweise hoher Wert. Offensichtlich glaubt die Regierung, die sozialen Aus­ wirkungen durch die Indexierung von Renten und Löhnen neutralisieren zu können. Sie ignoriert jedoch die nega­ tiven Auswirkungen auf die Produk­ti­ vität der Volkswirtschaft, die aus der Verzerrung der relativen Preise und der Fehlleitung von Kapital, zum Beispiel in Immobilien, herrühren. Ursache der Inflation sind die Inter­ ventionen der Zentralbank, die die De­

visenerlöse der russischen Wirtschaft aufkauft und damit eine ständige Aus­ weitung der Geldmenge verursacht. Eine Aufwertung des Rubels, die den inflationären Prozess hätte stoppen können, wurde mit dem Hinweis abge­ lehnt, dass dadurch die Exporte des verarbeitenden Gewerbes behindert würden. Die Forcierung der Exporte sollte aber angesichts der ständig stei­ genden Handelsüberschüsse aus ge­ samtwirtschaftlicher Sicht kein aktuel­ les Ziel der russischen Wirtschaftspoli­ tik sein, wie das Beispiel China zeigt. Der Zeitpunkt zur Bekämpfung der Inflation ist günstig, denn der beträcht­ liche Abfluss von internationalem Ka­ pital, der durch den Einsatz der offiziel­ len Devisenreserven finanziert wurde, hat die Regierung schließlich gezwun­ gen, von ihrer Politik des quasi festen Wechselkurses für den Rubel abzuge­

hen. Nach Meinung von Finanzminis­ ter Alexej Kudrin dürfte sich der Wech­ selkurs gemäß den fundamentalen Da­ ten der russischen Wirtschaft zurzeit in einem Gleichgewicht befinden. Diese Situation sollte die Regierung nutzen, um den Kurs des Rubels in grö­ ßerem Maße von den Marktkräften be­ stimmen zu lassen. Damit würden in der Zukunft spekulative Kapitalzuflüs­ se blockiert werden. Auch würden die steigenden Erlöse aus den Ölexporten nicht erneut zu einer Aufblähung der Geldmenge und einer Verstärkung der Inflation beitragen. IWF und Weltbank empfehlen deshalb auch, auf mehr ­Flexibilität bei den Wechselkursen hin­ zuarbeiten und eine auf Stabilität ge­ richtete Geld- und Finanzpolitik umzu­ setzen. Doch noch streiten sich das Fi­ nanzministerium und das Wirtschafts­ ministerium, ob einer Aufwertung des

Infl ation In Russl and im Sinkflug 84,4

36,5 * Prognose · Quelle: 2000 bis 2007 Zentralbank der Russischen Förderation, 2008 bis 2010 IWF.

20,8 18,6

15,1 14,1 12,0

11,7

11,9

10,9

11,7

Rubels besser mit der Zinspolitik, Inter­ ventionen am Devisenmarkt, durch Auf­stockung von Reservefonds oder der Ausgabenpolitik beizukommen sei. Der IWF kritisiert, dass die Struktur­ reformen in Russland nicht vorankom­ men, und verweist unter anderem auf den öffentlichen Dienst und die staat­ liche Verwaltung. Hier scheinen die Er­ wartungen des Auslands übertrieben zu sein. Der Ansatz der Reformen war zu weit gespannt. Den spezifischen ­Bedingungen Russlands wurde nicht genügend Rechnung getragen und vor allem wird der Zeitbedarf für die Um­ setzung von Reformen unterschätzt. Sozialpolitische Reformen, die von IWF und Weltbank angemahnt werden, sind nicht dringlich, vor allem nicht für das Rentensystem. In weitaus größe­ rem Maß als in den westeuropäischen Industriestaaten sichert in Russland der Familienverband die Altersversor­ gung. Auch darf nicht übersehen wer­ den, dass wegen der niedrigen Renten viele Menschen nach Erreichen des Rentenalters (Männer 60, Frauen 55) in Teilzeitjobs weiterbeschäftigt sind. Außerdem wird die niedrige Lebens­ erwartung in Russland (2007: Männer 62, Frauen 74) nach Schätzungen der UN in naher Zukunft nur unwesentlich steigen. Eine allmähliche Angleichung des Renteneintrittsalters von Frauen an das der Männer wäre zum gegenwär­ tigen Zeitpunkt eine ausreichende Kor­ rektur des Systems.

9,0 7,0*

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

*Prof. Carl H. Tretner war unter anderem für die Weltbank und die GTZ in Sibirien und Südrussland tätig und arbeitete als Berater am Finanzministerium der Russischen Förderation in Moskau

Mai 2010

MEINUNG

WirtschaftsKurier



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Entmündigung per Fachchinesisch Kleingedrucktes | Warum sind Lizenzvereinbarungen, Versicherungsscheine oder AGBs so unverständlich? Von Dr. Hans-Dieter Radecke

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ls Martin Luther daranging, der herrschenden kirchlichen Ordnung eine Frischzellenkur zu verpassen, hatte er neben anderen ­Gesichtspunkten vor allem eines im Sinn: die Würde des einzelnen „Christenmenschen“ wiederherzustellen (die anderer Menschen war ihm weniger wichtig). Von entscheidender Bedeutung war ihm dabei, dass die einfachen Menschen verstehen mussten, was die angeblich um ihr Seelenheil besorgten Kirchenoberen ihnen verkündeten und von ihnen verlangten. So übersetzte er zunächst das Neue und anschließend das Alte Testament in ein Deutsch, das jeder Durchschnittsbürger jener Zeit verstehen konnte. Als er schließlich im Jahr 1526 auch eine Gottesdienstordnung in deutscher Sprache herausgab, hatte Luther die Gläubigen aus einem Volk von ­unwissenden Nachbetern zu wissenden, mündigen und daher verantwortlichen Kirchenmitgliedern gemacht. Einer Kirche, der es um die absolute Macht geht, kann dies jedoch nicht gefallen haben, denn wer Bescheid weiß, kann sich wehren. Die Folgen sind Geschichte. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei – oder doch nicht? Keine Frage, ­unsere Analphabeten-Rate ist verschwindend gering. Doch zwischen dem korrekten Aneinanderreihen von Buchstaben und dem Erfassen des Inhalts besteht ein großer Unterschied. Daher kann man Sprache sehr leicht benutzen, um Menschen vom Wissen auszuschließen: Wer als Laie einmal eine philosophische Vorlesung über Martin Hei­degger gehört hat, weiß, wovon die Rede ist. Unter den um­ sitzenden Eingeweihten wird er sich komplett entmündigt vorkommen.

Wer versteht schon seine Steuererklärung? Warum fällt es uns aber im täglichen Leben kaum noch auf, dass es genau das ist, was uns widerfährt? Dass wir in einem Ausmaß entmündigt sind, die dem am Anfang des 16. Jahrhunderts in nichts nachsteht? Zwar geht es dabei nicht mehr um unser Seelenheil, aber dennoch um sehr viel. Wer versteht seine Steuererklärung? Wer versteht die Lizenzvereinbarungen auf der Elster-Software, die er sich zwecks elektronischer Steuererklärung aus dem Internet herunterlädt? Wer versteht die „Rechtsbehelfsbelehrungen“? Wer versteht die Kaufverträge, die AGBs, das Kleingedruckte aller Art, das von Jahr zu Jahr mehr und unverständlicher wird? Wer versteht seinen zigseitigen Versicherungsschein? Wer versteht juristische Ausführungen in Gesetzbüchern? Wer versteht die Verordnungen, die ihm im Stakkato um die Ohren fliegen? Wer diese Fragen stellt, erlebt im Obrigkeitsstaat Deutschland fast immer dasselbe: ein Grinsen mit Schulterzucken. So sei das eben. Das Leben sei kompliziert, da könne man nicht alles verstehen. Gegenfrage: Warum ist das Leben eigentlich kompliziert? Weil Gott Vater in seinem unerforschlichen Ratschluss verkündet hat, 55 000 Seiten Steuerrecht seien eindeutig zu wenig? Nein, das Leben ist kompliziert, weil die, die es steuern, in eigenen Welten leben und in ihrem Kontrollwahn durch etwaige Einsprüche der Betroffenen gestört werden könnten. Ein abgeschlossener Zirkel ist es geworden, der die Komplexität des Lebens reguliert. Der einzelne Mensch, um den es Luther ging, kommt in diesem Räderwerk nur

noch als kollektive Masse vor, die reguliert werden muss. Wie denkt man über jemanden, der Regeln aufstellt, die derjenige, für den sie gelten, nicht verstehen kann? Wie über jemanden, der permanent mäandernde, undurchsichtige, unverständ-

lich formulierte Verordnungen erlässt, die der Betroffene bei Strafandrohung einhalten muss und deren Einhaltung ihn auch noch Gebühren kostet? Wie über jemanden, der die Betroffenen zwingt, sich für teures Geld Fachsprachen-Übersetzer in Form von Steuer-

beratern und Rechtsanwälten zu leisten? Richtig, genau das, was Sie jetzt denken, denkt man über so jemanden – dann, wenn es sich um einen Privatmann handelt. Sind es aber Behörden oder andere Großorganisationen, stehen wir Deutschen stramm. Da kann

man nichts machen, da ist es wohl irgendwie zu unsrem Besten. Nein, zu unsrem Besten ist es, wenn wir als mündige Bürger behandelt werden, wenn wir verstehen, was von uns verlangt wird, kurz: wenn die, die etwas von uns verlangen, sich dazu be-

quemen, unsere Sprache zu sprechen. Beschämend ist es, wie wenig Stimmen sich gegen einen Zustand er­ heben, der einer institutionalisierten Entmündigung gleichkommt. Wo niemand nach Veränderung ruft, wird auch kein Martin Luther erscheinen.

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Mai 2010

Aktuelles Thema

WirtschaftsKurier

Marken in Gefahr Daimler / Renault-Nissan | Gemeinsame Plattformen könnten zu einer Verwässerung des Images führen

Das neue Dreier-Bündnis von Daimler, Renault und Nissan steht vor einer schweren Aufgabe. Kann der Spagat zwischen den notwendigen Effizienzsteigerungen auf der einen Seite und dem Erhalt der Markenidentität auf der anderen Seite gelingen? Markenzeichen: Daimler, Renault, Nissan; Grafik: WiKu

Von Klaus G. Wertel

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uch in ihrem künftigen DreierBündnis wollen Daimler, Re­ nault und Nissan die Identität ihrer verschiedenen Automarken wahren. „Wir werden auf gemeinsamen Architekturen jeweils unterschiedliche und markentypische Produkte entstehen lassen“, versicherte der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, bei der Unterzeichnung des Vertrags über die deutsch-französischjapanische Auto-Allianz am 7. April 2010 in Brüssel. „Die Marken-Identitäten bleiben unberührt“, beteuerte auch Carlos Ghosn, Vorstandsvorsitzender der Re­ nault S. A. und zugleich Chef der ­neuen Renault-Nissan B. V. Zetsche wie Ghosn sprachen damit eine der mit der Allianz verbundenen Hauptsorgen an: Die Einsparungen von jährlich insgesamt rund 4 Mrd. Euro, die sich die Partner durch die gemeinsame Nutzung von Plattformen sowie den Austausch von Motoren und anderen Komponenten erhoffen, könnten durch den Verlust von Markenprofilen, Qualitätsansprüchen und Kundenbindung teuer bezahlt werden. Kann der Spagat zwischen notwendigen Effizienzsteigerungen auf der einen Seite und dem Erhalt von MarkenIdentitäten – und damit der Wettbewerbsfähigkeit – auf der anderen Seite gelingen? So gut begründet die Ziele und ein großer Teil der für die kommenden Jahre vereinbarten konkreten Kooperationsschritte auch sind – Zweifel bleiben. Am meisten zu verlieren hätte in der Dreier-Allianz wohl Daim-

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ler: Auch nur der Anschein einer Qualitätsminderung könnte den Anspruch der Premium-Marke beschädigen. Auch hinsichtlich der Arbeitsplätze und Standorte könnten die Deutschen das Nachsehen haben: Eine Allianz, deren Hauptziel die Kostensenkung ist, wird an der Verlagerung von Produktionswerken in Drittländer, wo Renault und Nissan schon gut aufgestellt sind, kaum vorbeikommen. Die Renault-Mitarbeiter dürfen sicher sein, dass der französische Staat und die Gewerkschaften einen personellen Aderlass in Frankreich verhindern werden. In Deutschland gibt es keinen vergleichbar starken Einfluss auf Unternehmensentscheidungen – betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten werden hierzulande sogar von den Gewerkschaften in der Regel akzeptiert. So hat auch der Vorsitzende des Daimler-Gesamtbetriebsrats, Erich Klemm, die Allianz mit Renault-Nissan in einer ersten Stellungnahme durchaus wohlwollend als „Chance zur Beschäftigungssicherung“ kommentiert – allerdings auch die „Forderung nach Vereinbarungen und Produktzusagen auf Werksebene“ erhoben.

Gemeinsame Plattform für Smart, Twingo und Co. Ein Eckpfeiler der vereinbarten Kooperation ist die Entwicklung einer gemeinsamen Plattform für Klein- und Kleinstwagen: So sollen von 2013 an die nächsten Generationen des Smart, des Renault Twingo und von den Nissan-Modellen dieser Liga Micra und Pico auf gemeinsamen Architekturen

gebaut und mit weitgehend identischen Komponenten – einschließlich Motoren, Getrieben und Achsen – bestückt werden. Die europäischen Standorte für Smart und Twingo sind auch schon identifiziert: Zweisitzer sollen im lothringischen Hambach montiert werden, wo seit Herbst 1997 der Smart for two entsteht. Viersitzer, darunter auch ein viersitziger Smart, werden im slowe­ nischen Renault-Werk Novo Mesto gebaut. Renault hat – als Zugeständnis an Daimler – die Übernahme des als Smart-Alleinstellungsmerkmal geltenden Heckmotors für sämtliche Fahrzeuge auf der gemeinsamen Kleinwagen-Plattform akzeptiert, obwohl sich die Franzosen schon vor fast 40 Jahren von der eigenen Heckmotor-Ära verabschiedet haben. Auch Elektro-Ver­ sionen von Smart, Twingo und Co. ­wollen Daimler, Renault und Nissan gemeinsam entwickeln. Ohne einen Kooperationspartner hätte Daimler kaum verantwortbar in eine Neuauflage des bald 13 Jahre ­al­ten Kleinstautos investieren können: In den ersten zehn Jahren hat die Smart-Produktion nämlich Verluste in Höhe von einigen Milliarden Euro gebracht – Daimler weigert sich, genaue Zahlen zu kommunizieren. Auch in den Jahren seit 2008 ist der Beitrag zum Konzerngewinn mutmaßlich sehr bescheiden geblieben. Die ursprünglich erhofften Verkaufszahlen von jährlich 200 000 Smart wurden zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd erreicht. Im ersten Quartal 2010 wurden beispielsweise nur noch rund 22 000 der Zweisitzer produziert – nochmals

21 % weniger als vor Jahresfrist. Ein viersitziger Smart for four, den Daimler von 2004 an auf der Basis des ­Mitsubishi Colt in einem niederlän­ dischen Mitsubishi-Werk montieren ließ, wurde bereits 2006 wegen Erfolglosigkeit wieder vom Markt genommen, ebenso ein zweisitziger Smart Roadster.

Renault-Motoren für Mercedes A- und B-Klasse Hinsichtlich der Markenidentität heik­ ler als eine gemeinsame KleinwagenPlattform erscheint das Vorhaben, Benzin- und Dieselmotoren aus dem Regal von Renault-Nissan in die für 2011/12 geplante nächste Generation der Mercedes-Kompaktmodelle der ­A- und B-Klasse einzubauen. Auf der jüngsten Daimler-Hauptversammlung versuchte Zetsche, entsprechende Sorgen zu zerstreuen: Die von RenaultNissan bezogenen Motoren würden „an die Mercedes-Benz-typischen Anforderungen und Charakteristika angepasst“. Wie dies geschehen soll und ob damit auch erhöhte Anforderungen an die Laufleistung gemeint sind, weiß bei Daimler bislang niemand zu sagen – nur so viel verlautete: dass die Antriebe „auch wie ein Mercedes-Motor klingen“ sollten. Bei der Neuentwicklung von Motoren wollen Daimler, Renault und Nissan künftig eng kooperieren. Ziel sei, so beschreibt es der Daimler-Chef, ein „gemeinsames technisches Konzept unter klarer Wahrung der jeweiligen Marken- und Produktidentitäten“. Die Entwicklungskosten wollen die drei Allianz-Partner auch bei Elektroan-

trieben und anderen Fahrzeugkomponenten teilen. Erhebliche Einsparungs­ potenziale sieht das Trio schließlich im gemeinsamen Einkauf „nicht markenrelevanter Teile“ bei Zulieferern. Ein Wagnis geht Daimler mit dem Vorhaben ein, „Einstiegsmodelle“ leichter Transporter mit Renault-Antrieben zu bestücken – oder gar komplett von Renault fertigen zu lassen. Bislang wirbt Daimler etwa für den Sprinter mit dem Slogan „Der Mercedes unter den Transportern“. Jetzt ist vereinbart, den unterhalb des Sprinter angesiedelten Vito auch mit RenaultAggregaten anzubieten und einen noch leichteren Transporter komplett auf Renault-Basis im Werk der Franzosen in Maubeuge fertigen zu lassen – das einzig „Markentypische“ wäre dann mutmaßlich der Mercedes-Stern auf der Frontverkleidung.

BMW und PSA kooperieren geräuscharm Französisch-deutsche Unternehmenskooperationen und -fusionen genießen – zumindest in Deutschland – keinen guten Ruf. Die Liste der gescheiterten oder schwierigen Verbindungen ist lang: Sie reicht vom Niedergang der deutschen Heimelektronik-Unternehmen Saba, Dual und anderer Elektrofirmen unter dem Dach von ThomsonBrandt über die Schrumpfkur von SEL als Teil des Alcatel-Konzerns bis hin zur Energie Baden-Württemberg AG, deren Minderheitsaktionär, das Staatsunternehmen EDF, das im Markt stehende deutsche Beteiligungsunternehmen gern als „Tochter“ bezeichnet und von Paris aus fernzusteuern versucht.

Aber es geht auch anders. Die eher lose Zusammenarbeit zwischen BMW und der PSA-Gruppe hat sich seit ihrem Start im Jahr 2002 inzwischen zu einer gut funktionierenden Entwicklungs-, Produktions- und Einkaufs-Zweckgemeinschaft entwickelt. So produziert PSA seit 2006 gemeinsam mit BMW entwickelte Vier-Zylinder-Motoren, die beispielsweise im BMW Mini, aber auch in einer Reihe von Peugeot- und Citroën-Modellen verbaut werden (Citroën ist seit dem Jahr 1976 Teil des PSA-Konzerns). Schon 1,3 Mio. dieser Gemeinschaftsmotoren wurden hergestellt – erst im Februar dieses Jahres haben sich BMW und PSA auf eine „Vertiefung“ der ­Zusammenarbeit verständigt – einschließlich der Option der Neu­ entwick­lung gemeinsamer FahrzeugPlattformen. Ein Schlüssel für diese bislang bemerkenswert geräuscharme, aber effiziente Entwicklung der Kooperation BMW/PSA war und ist vermutlich, dass beide Seiten von Anfang an unter der Auflage ihrer Hauptanteilseigner standen, auf keinen Fall die Selbstständigkeit des eigenen Unternehmens infrage zu stellen – oder infrage stellen zu lassen. Sowohl die Familie Peugeot, die rund ein Drittel der PSAAktien hält, als auch die Familie Quandt, die knapp die Hälfte der BMW-Anteile besitzt, haben den Unternehmensleitungen beider Häuser ins Stammbuch geschrieben, dass BMW und Peugeot/Citroën zwar kooperieren sollen, aber auf keinen Fall zu einem Unternehmensverbund zusammengeführt werden dürfen.

Schwierige Schwiegermutter

Wenig Glück mit den Partnern

Renault | De facto hat der französische Staat das Sagen

Daimler | Lange Liste von erfolglosen Kooperationen und Beteiligungen

apitalseitig ist die République française an der 1996 privatisierten Renault S. A. nur zu 15,01 % beteiligt. Doch faktisch hat der französische Staat bestimmenden Einfluss auf die Geschicke des Automobilkonzerns: Wesentliche Standort- und Beteiligungsfragen werden noch immer „im Einvernehmen“ mit dem ­Pariser Industrieministerium oder gar dem Élysée-Palast getroffen. In der vereinbarten Kooperation der Daimler AG und der Allianz Renault-Nissan könnte der französische Staat auf dem Schwiegermutter-Sitz gelegentlich zur Belastung werden. Schon die erste Ansage des franzö­ sischen Industrieministers Christian Estrosi zu dem am 7. April 2010 in Brüssel von Daimler-Chef Dieter Zetsche und dessen Renault-Kollegen Carlos Ghosn unterzeichneten Kooperationsvertrag war unmissverständlich: „Wir billigen diese Partnerschaft umso mehr, als unser Verwaltungsratsmitglied die staatliche Industriestra­ tegie verteidigen wird.“ Und der seit 2005 die Renault S. A. und das Gemeinschaftsunternehmen Renault-Nissan führende gebürtige Libanese Ghosn beeilte sich, seinem staatlichen An-

teilseigner zu versichern: „Natürlich stärkt diese Partnerschaft auch die Beschäftigung in Frankreich.“ Wie konkret die von Minister Estrosi erwähnte „staatliche Industriestrategie“ gemeint ist, musste Renault-Chef Ghosn erst wieder Anfang 2010 erfahren: Eine von der Unternehmensleitung bereits beschlossene Verlagerung der Produktion der nächsten Genera­ tion des Kleinwagens Clio von einem Werk bei Paris in die Türkei musste nach einer öffentlich verkündeten Rüge von Staatspräsident Nicolas Sarkozy wieder rückgängig gemacht werden. Der Clio bleibt französisch. Auch in der Vergangenheit entschieden immer wieder „nationale Interessen“ über strategische Weichenstellungen: So scheiterte 1993 ein Zusammengehen von Renault mit dem schwedischen Autokonzern Volvo an der Forderung der französischen Seite nach der „industriellen Führung“. Immerhin: Sechs Jahre später, 1999, gelang es dem Ghosn-Vorgänger Louis Schweitzer, die Allianz mit dem japanischen Nissan-Konzern einzufädeln. Für die Zustimmung des französischen Staates war damals mit entscheidend, dass Renault an dem – ungleich größeren –

Nissan-Konzern mit 44,33 % fast den dreifachen Anteil erwerben konnte als umgekehrt Nissan an Renault mit nur 15 %. Die Zusammenarbeit funktioniert nun schon elf Jahre lang effizient und reibungsarm. Überlegungen – et­ wa zur Zusammenlegung von Produktionen in Drittländern – wurden freilich immer wieder durch frühzeitige Interventionen aus Paris gestoppt.  kw

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bwohl Daimler-Benz selbst in schwierigen Zeiten – 1926 unter Federführung der Deutschen Bank – aus einer Fusion der Konkurrenten Daimler-Motoren-Gesellschaft und der Benz & Co. entstanden ist, hatte das deutsche Vorzeigeunternehmen bislang nicht immer Glück mit eigenen Kooperationsprojekten im Automobilsektor.

Carlos Ghosn (l.), Chef von Renault-Nissan, und Dieter Zetsche, Chef der Daimler AG, bei der Vertragsunterzeichnung für die Dreier-Allianz.

In deutlicher Erinnerung ist noch die „Hochzeit im Himmel“, wie der damalige Daimler-Chef Jürgen Schrempp den Zusammenschluss der DaimlerBenz AG mit Chrysler Corp. zur neuen DaimlerChrysler AG feierte. Doch der „Fusion unter Gleichen“ war kein nachhaltiger Erfolg beschieden. 2007 zog Dieter Zetsche, der zum Jahreswechsel 2005/06 zum Nachfolger von Schrempp gewählt worden war, die Reißleine. Seither heißt das Unternehmen nur noch Daimler AG. Schon zwei Jahre zuvor, im November 2005, hatte Zetsche das von seinem Vorgänger Schrempp im Jahr 2000 eingegangene Engagement bei der Mitsubishi Motor Corporation Ltd. beendet. Keines der damals im Zuge des Plans für eine „Welt AG“ verfolgten Ziele konnte erreicht werden: Weder gelang die gemeinsame Erschließung vor allem asiatischer Märkte noch kam es zu einem nennenswerten Austausch von Komponenten und gemeinsamen Einkäufen bei Zulieferern. Keine Fortune hatte auch das Joint Venture Daimler Hero Commercial Vehicles Ltd. Die Zusammenarbeit, deren Ziel es war, den riesigen Nutzfahrzeugmarkt Indiens gemeinsam mit der in-

dischen Hero Group zu erschließen, hielt gerade einmal ein Jahr – von April 2008 bis April 2009. Der Mangel an langem Atem, den Daimler-Beteiligungen teilweise kennzeichnen, zeigte sich schon vor Jahrzehnten: zum Beispiel bei der zuerst mit großem Aufwand technisch sanierten und dann – unmittelbar vor Ein­ treten der Markterfolge – an VW verkauften Auto Union GmbH. 1958 hatte Daimler den damals fünftgrößten deutschen Personenwagen-Hersteller erworben. Daimler modernisierte zunächst die unter der Marke DKW verkauften Zweitakt-Fahrzeuge, entwickelte parallel einen hocheffizienten Mitteldruck-Viertakt-Motor zur Serien­ reife – und bereitete damit den Übergang von DKW auf die reaktivierte Marke Audi vor. Anfang 1965 verkaufte Daimler 50,3 % der Auto Union an die Volkswagenwerk AG, Ende 1966 die übrigen 49,7 %. Der 1965 auf den Markt gebrachte neue Viertakt-Audi wurde ein großer Erfolg – und Audi später zu dem, was diese Marke noch heute ist: eine Perle des VW-Konzerns und – neben BMW – Daimlers schärfster Konkurrent auf dem Markt der PremiumPersonenwagen. kw

Industrie & Märkte

Mai 2010

WirtschaftsKurier

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Innovationsoffensive

Mut

„Reimporte“

Weltmarktführer

52 neue Produkte in 52 Wochen: Der SensorikSpezialist Sick hat das Krisenjahr intensiv für Forschung und Entwicklung genutzt. Seite 6

Chemie | Nur so groß wie eine Wandfliese:

Chemie | Zuhause ein Ladenhüter, im Ausland

Evonik macht mit Hightech-Batteriezellen den Weg frei für die Fahrzeuge der Zukunft. Seite 8

ein Renner: Nano-Produkte von NTC hatten es hierzulande nicht immer einfach.  Seite 9

Global Player aus Landsberg: Die Rational AG ist führend bei der thermischen Speisezubereitung in Profiküchen. Seite 10

Am Himmel wird es ganz schön eng Luftfahrtindustrie | Deutschland erwächst ernsthafte Konkurrenz aus Brasilien, Russland, Indien und China VON BERT RÖGE

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ie Luftfahrtindustrie sieht sich einem mehrfachen Paradigmenwechsel gegenüber. Etwas später als die Autobranche – dafür aber mit verstärkter Vehemenz – vollzieht sich derzeit der Wandel bei den Zulieferern: Sie werden zu Systemlieferanten, weil ihre Branche die Globalisierung im ­Eilflug vollzieht. Hintergrund: War in der Vergangenheit die Luftfahrtindus­ trie eine Domäne der G7-Staaten und ­einiger nahestehender Länder wie Schweden und der Niederlande, so hat sich die Lage in jüngster Zeit dramatisch verändert. Dies war auch Thema bei der Präsentation der Branchen­ bilanz 2009 des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Allen voran die vier BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China treiben mit großer Kraft den Aufbau ihrer nationalen Aerospace-Aktivitäten voran. Russland war schon immer stark im Flugzeugbau und in der Raumfahrt, arbeitet inzwischen zusehends unter dem Aspekt der globalen Exportfähigkeit. Brasilien hat dank Embraer in der zivilen Luftfahrt Fuß gefasst, sich zur Nummer drei neben Airbus und Boeing entwickelt und

Noch haben die etablierten Luftfahrtmächte die Nase vorne, doch der Vorsprung könnte schon bald dahin sein.Foto: Fotolia

strebt nach Höherem. Indien fokussiert im Augenblick vor allem auf die Raumfahrt. China sucht sein Heil derzeit noch über Joint-Ventures und als verlängerte Werkbank, lässt aber keine Zweifel daran, künftig auf Augenhöhe mitspielen zu wollen. Die bisher führenden Kräfte wollen den Herausforderern das Feld nicht kampflos überlassen. Schon Anfang Februar hatte die deutsche Luftfahrtindustrie auf der Singapore Airshow 2010 mit massiver Präsenz geglänzt. Der Markt, der sich in den aufstrebenden Ländern Asiens derzeit aufbaut, ist zu groß, um ihn zu vernachlässigen. Der Hauptgeschäftsführer des BDLI, Dietmar Schrick, versandte in Singapur

denn auch deutliche Signale: „Das Wirtschaftswachstum der asiatischen Staaten und der langfristige Bedarf an effizienten Lufttransportkapazitäten ist für die deutsche Luftfahrtindustrie eine besondere Herausforderung. Wir wollen langfristige Partnerschaften in Asien schließen, um künftig gemeinsam die außergewöhnlichen Chancen nutzen können.“ Deutsche Unternehmen müssten sich jetzt verstärkt in Asien engagieren, um am weltweiten Wettbewerb erfolgreich teilnehmen zu können. Man rechne in den kommenden 20 Jahren mit einem globalen Bedarf von fast 24 000 neuen Flugzeugen in der Größenordnung über 100 Sitze – ein Drittel

davon allein in Asien. In mehreren Ländern der Region stehen überdies umfassende Flottenerneuerungen an. Zu den Trends, denen sich die Industrie stellen muss, gehört aus Sicht von Branchenkennern vor allem eine erhöhte Schnelligkeit der Produkt- und Prozessentwicklung und kürzere Produktzyklen. Derzeit bedarf es von der Planung bis zur Serienfertigung eines neuen Verkehrsflugzeugs eines Zeitraums von sechs bis 16 Jahren – und das bei einer Nutzungsdauer von maximal 25 Jahren. „Wir werden also in stärkerem Zeitwettbewerb über die gesamte Wertschöpfungskette – einschließlich Forschung und Entwicklung – stehen“, sagte Horst Schmidt-Bischoffs-

hausen, früher Leiter der zentralen Forschung und Entwicklung EADS, bei der voestalpine Synergieplattform 2009. Und er machte noch auf eine weitere Entwicklung aufmerksam, von der sich zurzeit die ganze Branche angetrieben sieht: strengere Auflagen für Umweltschutz und Energieeffizienz. „Hier ist die Diskussion ja schon voll im Gang, was CO2-Vermeidung, Green Technologies/Green Production, neue Antriebssysteme, alternative Treibstoffe, Recycling und ähnliches betrifft. In diesem Bereich gibt es ja auch schon konkrete Ziele der Luftfahrtindustrie auf euro­ päischer Ebene bis 2020, was die Reduktion von Schadstoffausstoß, Lärm und so weiter betrifft, und dies bei deutlich steigendem Verkehrswachstum“, sagte Schmidt-Bischoffshausen. Die diesjährige Internationale Luftfahrt Ausstellung (ILA) Anfang Juni in Berlin wird zahlreiche Fingerzeige geben, wie weit deutsche Unternehmen auf diesem Weg sind – und wie weit die internationale Konkurrenz. Was die Zahlen angeht, kann sich der fliegende Maschinenbau durchaus sehen lassen. Während rundum Krise herrscht, steht hier Wachstum in der Bilanz: Der Branchenumsatz wuchs 2009 um 4 % auf ein Rekordvolumen von 23,6 (22,7) Mrd. Euro.

Manager des Monats

Foto: Bayer

Werner Wenning, Bayer AG Wohl jeder Firmenchef träumt davon, seinem Nachfolger nicht nur ein gesundes Unternehmen zu hinterlassen, sondern eines, das deutlich seine Handschrift erkennen lässt. Dieses Ziel erreichen jedoch nur wenige. Einer, der das von sich behaupten kann, ist Bayer-Chef Werner Wenning. In seiner Amtszeit hat der Manager das Gesicht des Konzerns so verändert wie keiner vor ihm. Konsequent krempelte er das Chemie- zum Pharmaunternehmen um, stieß Teile ab und kaufte neue hinzu. Wenning hört zwar erst im Oktober 2010 auf, leitete aber im April seine letzte Hauptversammlung, wo er mit viel Beifall bedacht wurde.  dgm

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Industrie & Märkte

WirtschaftsKurier

Weg von der Abhängigkeit vom Automobil Freudenberg | Der Mischkonzern startet ehrgeiziges Restrukturierungsprogramm und will neue Geschäftsfelder erobern Er bestätigte, dass derzeit Gespräche über eine mögliche Beteiligung an der Surtec GmbH, einem auf Oberflächentechnologien spezialisierten Unternehmen, geführt werden. Im Jahr 2009 hatte die Freudenberg-Tochter Helix Medical Europe KG eine 50 %-Beteiligung an dem irischen Medizintechnik-Gerätehersteller VistaMed Ltd. erworben.

VON KLAUS G. WERTEL

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ie Freundenberg & Co. KG hat sich für die Zukunft so einiges vorgenommen und auch im vergangenen Geschäftsjahr so manche Dinge auf den Weg gebracht: 183 Mio. Euro hat das Unternehmen allein 2009 in den Umbau der Strukturen und Abläufe der gesamten Gruppe investiert. Außerdem will das noch immer zu 40 % vom Automobil abhängige Familienunternehmen durch den Einsatz neuer Technologien weitere Geschäftsfelder für sich erschließen. Die wichtigsten Zielbranchen sind dabei neue Energietechniken, die Medizintechnik, der Flugzeugbau sowie die Ölund Gasindustrie. Eines der Haupt­ ziele dieses ehrgeizigen Restrukturierungsprogramms ist es, künftig noch flexibler auf Schwankungen der Auftragsvolumina und im Bestellverhalten der Kunden reagieren zu können. Als Beispiel nannte der Sprecher der Unternehmensleitung Peter Bettermann auf der Bilanzpresskonferenz das Vorheizen von Werkzeugen, was einen rascheren Wechsel in der Herstellung verschiedener Produkte ermögliche. Als mittel- und langfristige Restrukturierungsaufgabe sieht Bettermann jedoch die Notwendigkeit eines Rückzugs aus nicht mehr ausreichend ­wirtschaftlich herstellbaren, einfachen ­Volumenprodukten – zugunsten der Konzentration auf technologisch anspruchsvolle Produkte. „Wir werden aus Teilen des Massengeschäfts aussteigen – Freudenberg wird mehr und mehr zum Spezialisten für hochwer­ tige Problemlösungen für unsere Kunden“, so beschrieb Bettermann diese Umbaustrategie. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung, aber auch für die beabsichtigte Erschließung weiterer Branchen für Freudenberg-Produkte dürfe es „kein Nachlassen im Umfang und Tempo der Entwicklungsarbeit“ geben, beton­

Mehr Standorte in Asien und Südamerika

Der Schwerpunkt von Freudenberg verlagert sich immer mehr ins Ausland. Links das Headoffice in Shanghai. Oben: Das Unternehmen hat 2009 fast 170 Mio. Euro in die Forschung investiert. Fotos: Freudenberg

te Bettermann. Gemeinsam mit dem für die Forschungs- und Entwicklungs­ arbeit verantwortlichen Unternehmensleitungsmitglied Jörg Sost erläuterte er die Schwerpunkte des aktuellen Innovationsprogramms. Im Bereich der Energietechnik entwickelt Freudenberg – unter anderem – Komponenten für eine neue Generation von Lithium-Ionen-Akkus, wie sie künftig in Elektroautos und Hybridfahrzeugen eingesetzt werden sollen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Arbeit an der BrennstoffzellenTechnik. Für den Einsatz von Windkraftanlagen auf See („Offshore“) hat Freudenberg Dichtungs- und Schmierungssysteme zur Serienreife entwickelt, die den besonders harten Anforderungen in diesem Anwendungsbereich dauerhaft gewachsen sind. Insbesondere für medizintechnische Anwendungen arbeitet Freudenberg an „dehnbarer Elektronik“ – gemeint

sind damit bruchsichere flexible Leiter- und Komponentensysteme für Dia­gnose- und Therapiegeräte, die etwa in Kleidungsstücken eingearbeitet werden können. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt gilt dem Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und Recycling-Materialien für die Herstellung von neuen Produkten – etwa im Bereich von Dämmstoffen und Verbrauchsmaterial. 169 Mio. Euro gab Freudenberg im schwierigen Jahr 2009 für Forschung und Entwicklung aus, 12 % weniger als im bisherigen Rekordjahr 2008.

Kompetenzerweiterung durch Unternehmenszukäufe Als „zweiten Weg der Kompetenz­ erweiterung“ werde Freudenberg auch künftig die Beteiligung an oder die Übernahme von „technologisch in­ teressanten Unternehmen“ beschreiten, versicherte der Freudenberg-Chef.

Im Zuge der Restrukturierung ist bei dem Unternehmen bereits vieles auf den Prüftstand gekommen. Zehn Werke wurden im Vorjahr geschlossen – fünf in den USA, jeweils eines in ­Spanien, Italien, Frankreich, Polen und Tschechien. Für 2010 sind jedoch ­keine weiteren Werksschließungen geplant. Die Straffung der Struktur der Produktions­standorte und deren bessere Vernetzung werde dazu führen, dass Freudenberg künftig auch bei geringeren Auslastungsgraden als bisher rentabel arbeiten könne, ist Bettermann überzeugt. Die Verschiebung der Weltmärkte zugunsten Asiens und Südamerikas spiegelt sich in den Veränderungen der Strukturen der in 55 Staaten der Erde tätigen Freudenberg-Gruppe wider: Der Ausdünnung der Standorte in Europa und Nordamerika stehen Erweiterungen und Neugründungen – insbesondere in China, Indien und Brasilien – gegenüber. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ging 2009 um 4,9 % auf 32 142 Mitarbeiter zurück. Angesichts der im ersten Quartal 2010 um rund 25 % gestiegenen Umsätze und einer „weit überproportionalen“ Ergebnisverbesserung äußerte Bettermann die Hoffnung auf eine deutliche Erholung im Gesamtjahr 2010. Im Vorjahr waren die Umsätze um 16,8 % auf 4,2 Mrd. Euro gesunken und der Konzerngewinn verwandelte sich in einen Verlust von 250 (176) Mio. Euro.

Der Löwe setzt zum Sprung an

Jede Woche ein neues Produkt

Peugeot | Geschäft mit Firmenkunden soll angekurbelt werden

Sick | Sensorik-Spezialist startet trotz Krise Innovationsoffensive

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öwenmännchen ziehen so lange als Nomaden durch die Savanne bis sie kräftig genug sind, um ein Revier zu erobern. Sein Territorium schon abgesteckt, aber nach dem Rekordjahr 2009 – in dem man 138 000 Fahrzeuge absetzen konnte – trotzdem auf Expansionskurs ist die Peugeot Deutschland GmbH. Der Importeur mit dem König der Tiere im Emblem will der Konkurrenz 2010 gleich auf mehreren Feldern die Zähne zeigen. Ein Schwerpunkt ist dabei der B2B-Bereich.

Ein strategisch wichtiges Marktsegment Für die Betreuung seiner Flotten- und Nutzfahrzeugkunden hat die Gesellschaft deswegen die internationale Marke „Peugeot Professional“ kreiert. Bisher firmierte dieser Geschäftsbereich unter der Bezeichnung „Peugeot Fleet“ – trotzdem ist das Ganze mehr als nur eine einfache Namensänderung. Die Geschäftskunden des französischen Autobauers profitieren dadurch schon jetzt von einem deutlich erweiterten Angebot, das diverse innovative Aspekte umfasst. Dieses Marktsegment ist für Peugeot von großer strategischer Bedeutung. „Geschäftskunden sind wichtige Multiplikatoren nach außen. Schließlich hängt an jedem Geschäftswagen mindestens noch ein Privat-Pkw, an jedem Nutzfahrzeug mindestens ein gewerblicher Pkw“, erklärte Stefan Moldaner, Direktor Vertrieb Businesskunden, Nutzfahrzeuge (Nfz) und Gebrauchtwagen bei Peugeot Deutschland, bei der Präsentation der neuen Marschrichtung in der firmeneigenen ManagementAkademie in Saarbrücken. Ein Herz-

stück der Neuausrichtung sind die sogenannten Professional Centers. Diese vor allem in Ballungsgebieten angesiedelten Niederlassungen für Großkunden bieten einen umfassenderen Service als die normalen Standorte. So verfügen sie zum Beispiel über verlängerte Öffnungszeiten – inklusive Samstagsservice – und ein diversifiziertes Spektrum an Leih-, Ersatz- und Testfahrzeugen. Außerdem steht dort für jeden Kunden ein Arbeitsplatz mit Internet-Zugang bereit, damit potenzielle Wartezeiten effizient genutzt werden können. Im Moment gibt es 80 solcher Stationen. Bis Jahresende sollen es 100 sein. Mit 50 Neueinstellungen im Verkauf und intensiven Mitarbeiterschulungen will man außerdem in Zukunft eine noch bessere Beratung bieten. Darüber hinaus sollen Flottenexperten mit präzisen Bedarfsanalysen dafür sorgen, dass der Fuhrpark der Kunden in ökonomischer und ökologischer Hinsicht effizient aufgestellt ist. Um ihnen im Bedarfsfall an jedem Punkt in Europa schnell und unbürokratisch ein Ersatzauto – auch für längere Zeiträume – bereitstellen zu können, will Peugeot die eigene Autovermietung bis 2010 auf 150 Standorte ausweiten. Für eine flächendeckende Versorgung der Kunden sorgt ein engmaschiges Netz von rund 800 Händlerund Service-Betrieben. Ab 2011 sollen zudem ein neues Flottenüberwachungssystem eingeführt werden, das die Fuhrparkleiter über wichtige Zustands-, Verbrauchs-, und Wartungsdaten informieren soll, und ein Beratungsservice zur Verringerung von CO2-Emissonen. Mit Hilfe dieses Pakets will Peugeot seinen

Marktanteil bei Businesskunden im Pkw-Sektor in Deutschland auf 2,5 % hieven. „Bei den Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht rechnen wir mit einer Steigerung um 15 % im Vergleich zum Vorjahr. Volumenträger werden hier der Partner und Boxer sein. Als Marktanteil peilen wir die 5 %-Marke an“, sagte Moldaner. Dadurch hofft der Importeur im Nutzfahrzeugbereich erneut überproportional wachsen zu können. Denn 2009 stieg der Marktanteil bei den vier NfzModellen Bipper, Partner, Expert und Boxer auf 4,5 (3,8) %. „Allein der Boxer konnte über 50 % zulegen“, erläutert Moldaner begeistert.

150 Elektroautos noch in diesem Jahr Aber nicht nur im Nutzfahrzeug- und Firmenkundenbereich will das Unternehmen in diesem Jahr angreifen, sondern auch echtes Neuland betreten. So kommt zum Beispiel im Frühjahr mit dem RCZ das erste Sportcoupé des französischen Autobauers auf den deutschen Markt und im Oktober bietet Peugeot mit dem iON als erster europäischer Hersteller ein Elektroauto an. Das Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Batterie hat eine Reichweite von 130 Kilometern und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde. Bei Peugeot hofft man in diesem Jahr 150 Elektroautos vor allem bei Geschäftskunden absetzen zu können Bis 2015 soll das Volumen dann auf 50 000 Einheiten steigen. Für 2011 hat man dann schon das nächste vielversprechende Ziel im Visier: die Einführung des Diesel-Hybrid Peugeot 3008.  dgm

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rotz massiver Umsatz- und Gewinneinbrüche hat der Sensorik-Spezialist Sick AG das Krisenjahr 2009 für eine „InnovationsMarathon“ genannte Produktoffensive genutzt: „Wir haben unseren Kunden jede Woche ein neues Produkt vorgestellt – 52 Innovationen in 52 Wochen“, berichtete der Sick-Vorstandsvorsitzende, Robert Bauer, auf der Bilanzpressekonferenz des Familienunternehmens in Stuttgart. Als Beispiele für die auch 2010 fortgesetzte Offensive präsentierte Bauer neue und verbesserte Systeme der optischen Produktions-, Anlagen- und Gebäudeüberwachung, die durch eine „aktive Bildverarbeitung“ in der Lage sind, mit automatischen Impulsen Prozesse zu steuern oder anzuhalten, Alarm auszulösen und Sicherheitseinrichtungen zu aktivieren. Neue Komponenten, Systeme und Software entwickelte Sick auch im Bereich der Gasmesstechnik, bei LaserMessanlagen und der Steuerung von Transport- und Verteilsystemen – etwa für die Steuerung der GepäckverteilAnlagen auf Flughäfen. Ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen sei für Sick die „Beratung, Betreuung und Begleitung“ der Kunden bei der Planung, Installation oder Modernisierung von Anlagen, so Bauer. Mit der ständigen Erneuerung und Verbesserung der Produkte sowie Verfahren könne sich Sick auch „in gewissem Umfang“ gegen den Ideenraub und die Konkurrenz durch Nachahmerprodukte wehren, beschreibt Bauer einen „erwünschten Nebeneffekt“ des eigenen Innovations-Feuerwerks: „Unsere Firma besteht vor allem aus den kreativen Mitarbeiter-Köpfen – Pa-

tente schützen uns nur wenig.“ Mit der Verbreiterung der technologischen Basis wachse auch die Bandbreite der Branchen, in denen Sick-Produkte zum Einsatz kommen, betonte der Vorstandsvorsitzende des im südbadischen Waldkirch beheimateten Unternehmens. Zu dessen Kundenkreis zählen inzwischen neben den klassischen Industrie- und Logistikbranchen – Automobil, Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, Speditionen, Verpackung und Verteiler – auch Unternehmen der Rohstoffgewinnung und der Energieerzeugung. So wird beispielsweise die Herstellung flüssiger Kraftstoffe aus Erdgasvorkommen des Persischen Golfs unter Einsatz von Sick-Gasanalysatoren erprobt. Auch die von Sick ent-

Eines von vielen neuen Sick-Produkten: ein Überwachungssystem für Gebäude. Foto: Sick

wickelten Wasseranalyse-Systeme erfreuen sich wachsender Nachfrage. In den verschiedenen Anwendungen der Solartechnik sieht Bauer ebenfalls ein Wachstumsfeld für Sick-Komponenten und -Systeme. Als einen Schlüssel zum Erfolg nennt Sick-Chef Bauer, „dass Kundennähe bei uns nicht nur im Prospekt steht“. Das 1946 als Ingenieurbüro gegründete Unternehmen hat sich in den vergangen Jahrzehnten ein Entwicklungs-, Produktions- und Service-Netzwerk aus mehr als 50 Tochtergesellschaften, Beteiligungen und Vertriebsbüros aufgebaut. Dass Sick auch im Krisenjahr 2009 ungebremst in neue Ideen und Produkte investieren konnte, ist nach Überzeugung des Vorstandsvorsitzenden dem besonderen Charakter eines Familienunternehmens zu verdanken: „Unser Krisenmanagement war zu keinem Zeitpunkt von kurzfristigen Profitabilitäts-Gesichtspunkten, sondern ausschließlich von der langfristigen Sicherung des Unternehmens und seiner Zukunftsaussichten geprägt“, betonte Bauer. Dass die Auftragseingänge im ersten Quartal 2010 schon wieder das Niveau von 2008 erreicht haben und das Unternehmen „mit Volllast läuft“, bestätigt nach Überzeugung von Bauer, „dass dieser Kraftakt nicht vergebens war“. Auch für Unternehmenszukäufe – „zur Erweiterung unserer Kompetenzen“ – sieht Bauer die Sick AG gut gerüstet: „Wir wären in der Lage, uns an einer Marktbereinigung aktiv zu beteiligen.“ Für das Gesamtjahr 2010 erwartet er eine deutliche Erholung beim Umsatz, der 2009 um 19 % auf 597 Mio. Euro gesunken ist. kw

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Industrie & Märkte

WirtschaftsKurier



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Neue Wege im Exportgeschäft Absicherung | In der Krise hilft der Staat und der Rückgriff auf bewährte Methoden VON NORBERT HOFMANN

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ückschlag oder Aufschwung? Wieder einmal hängt das Wohl und Wehe der deutschen Wirtschaft zu einem Gutteil vom Export ab. Immerhin standen die Ausfuhren in den vergangenen Jahren für knapp die Hälfte des realen Wirtschaftswachstums. Sie haben 2009 mit einem Minus von rund 15 % aber auch besonders stark gelitten. Doch ausgerechnet vor der erhofften Erholung drohen nun Aufträge verloren zu gehen, weil den Unternehmen die Bankkredite für ihre Vorleistungen fehlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) durchgeführte Umfrage bei 4 000 Exportfirmen. Allen voran 39 % des Exportgroßhandels, aber auch rund ein Drittel der Maschinenbauunternehmen und ein Fünftel der Firmen im Fahrzeugbau klagen über verschlechterte Kreditkonditionen. Weil die Banken die Abnehmerländer deutlich riskanter einstufen als vor der Krise, so die DIHK-Analyse, verlangen sie höhere Zinsen und mehr Sicherheiten. Zudem drohen den Unternehmen Kreditprobleme, weil sich infolge der Krise ihre Ratings zu verschlechtern drohen. Wer Finanzierungen sucht, muss deshalb selbst Überzeugungsarbeit leisten. „Wichtiger denn je ist es heute, frühzeitig für

Transparenz zu sorgen“, rät Heinz Jürgen Westphal, Leiter Handel bei der Haspa Hamburger Sparkasse. Dazu gehöre ein Überblick über den bisherigen Verlauf der Exportgeschäfte ebenso wie die Vorlage möglichst konkreter Pläne zur zukünftigen Entwicklung. Vor allem aber lohnt es sich jetzt, die zusätzlich von der öffentlichen Hand geschaffenen Hilfestellungen zu nutzen. So können Firmen über Exportgarantien des Bundes ihre Käufer- und Länderrisiken derzeit weit umfangreicher als früher absichern. Entsprechende Anträge, für deren ­Bearbeitung im Auftrag des Bundes die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und die Euler Hermes Kreditversicherung zuständig sind, müssen sich nicht mehr nur auf Exporte in Entwicklungs- und Schwellenländer beziehen.

Neue Zeiten – neue Regeln Denn im Konjunkturpaket II ist geregelt, dass zumindest bis Ende 2010 auch Ausfuhren in EU- und OECD-Länder durch die staatlichen Hermes-Garantien gedeckt werden können. Der Bedarf ist da. „In Zeiten steigender Insolvenzzahlen und höherer wirtschaft­licher Risiken sind auch zusätzliche Lösungen zur Absicherung von Außenhandels­ transaktionen gefragt“, bestätigt Ralph Lerch, Leiter Exportfinanzierung bei der Commerzbank.

Vor der Krise hatten die Risiken in den etablierten Industrieländern noch als marktfähig gegolten. Nach dem globalen Konjunktureinbruch aber zogen sich private Versicherer nahezu vollständig zurück. Die öffentliche Hand hat deshalb auch ihre AusfuhrPauschal-Gewährleistungen (APGs) auf die EU- und OECD-Länder ausgeweitet. Unternehmen können dabei ihre Risiken aus kurzfristigen Forderungen gegenüber mehreren Bestellern und in unterschiedlichen Ländern durch staatliche Deckungen pauschal garantieren lassen. Das spart eine Menge Aufwand, weil nicht für jedes einzelne Geschäft eine staatliche Absicherung beantragt werden muss. „Gerade die Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistungen stoßen aufgrund ihrer einfachen Gestaltung auf großes Interesse bei den deutschen Exporteuren“, sagt Andreas Klasen, Partner und Experte für Handels- und Exportfinanzierung bei PwC. Er betont allerdings, dass diese Deckungen in den etablierten Industrieländern tatsächlich nur da greifen, wo es der Markt nicht regeln kann. „Exporteure können dies insbesondere dadurch verdeutlichen, dass eine private Kreditversi-

cherung das Risiko in den betreffenden Ländern nicht übernehmen will“, erklärt Klasen. Wo immer sie aber zum Tragen kommt, können Exporteure bei der staatlichen Kreditgarantie jetzt sogar mit besonders günstigen Bedingungen rechnen. Denn zumindest bis Ende dieses Jahres wurde die Selbstbeteiligung bei Lieferantenkrediten von 15 % auf 5 % reduziert. Die Maßnahme, so Commerzbank-Experte Lerch, „ist in der Exportwirtschaft auf äußerst positive Resonanz gestoßen, auch weil sich viele Aufträge nur unter diesen Voraussetzungen überhaupt erst realisieren lassen“. Unternehmen wie Banken signalisieren bereits reges Interesse an ­einer Verlängerung der Regelung über 2010 hinaus. Mindestens ebenso wichtig wie die Sicherheit ist für ein erfolgreiches Exportgeschäft der zeitnahe Eingang der Rechnungsbeträge. Auch die Forfaitierung, bei der Forderungen oder Akkreditive aus Exporten regresslos an eine Bank verkauft werden, ist deshalb heute wieder stärker gefragt. Das Kredit­ institut übernimmt damit das volle Ausfallrisiko, gleichzeitig verkürzt das Unterneh-

men dadurch seine Bilanz bei einem dann günstigeren Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital. „Das schont die Kreditlinien und der Firmenkasse fließt kurzfristig Liquidität zu“, erklärt Westphal von der Haspa. Auch eine weitere Möglichkeit zur Senkung des Ausfallrisikos, nämlich die Ver­einbarung eines Dokumentenakkre­ditivs, stößt heute wieder auf breiteres Interesse.

Vom aus- zum inländischen Risiko Dabei übernimmt die Bank des ausländischen Importeurs dessen Zahlungsverpflichtung für die Warenlieferung aus Deutschland, sobald die bezüglich der Lieferung und Rechnungsstellung vereinbarten Dokumente vorliegen. „Das ursprüngliche Importeursrisiko wird also in ein Bankrisiko umgewandelt“, sagt Patricia von Unruh, Leiterin Global Transaction Banking für die Region Süd bei der Deutschen Bank. Nicht zuletzt infolge der gewachsenen globalen Unsicherheiten erlebt dieses Absicherungsinstrument derzeit eine kleine Renaissance, und das nicht nur bei Handelsgeschäften mit Abnehmern in Schwellenländern, sondern auch in Europa. Noch mehr Sicherheit bei einem entsprechenden Aufpreis bietet die Bestätigung des Akkreditivs durch eine Bank in Deutschland, die dadurch die Zahlungsverpflichtung des ausländischen Instituts übernimmt. „Damit wird das ausländi-

sche zu einem inländischen Risiko“, erläutert von Unruh. Mehr denn je müssen die deutschen Unternehmen ihren Handelspartnern jenseits der Grenzen heute aber auch bei langfristigen Finanzierungen helfen. Vor allem wenn es um Aufträge für größere Anlagen und Maschinen geht, kann die Heimatbank des deutschen Exporteurs zu diesem Zweck einen ­Bestellerkredit für den ausländischen Abnehmer arrangieren. Dieser sichert sich so eine Finanzierung für den Einkauf, ohne auf die Kreditlinie seiner einheimischen Bank angewiesen zu sein. „Für den Exporteur wiederum ist der Bestellerkredit ein eminent wich­tiges Instrument für das Verkaufs­ gespräch und er wird gerade heute noch weit mehr nachgefragt als vor der ­Krise“, weiß Lerch. Das deutsche Unternehmen kann zudem seinen Auftrag zu Barzah­ lungsbedingungen abwickeln, da es nach erfolgter Lieferung oder Leistung aus dem Kredit bezahlt wird. „Mittelund langfristige Bestellerfinanzierungen sind gerade im aktuell schwie­ rigen Marktumfeld häufig die beste Möglichkeit, Exporte in Schwellen­ länder zu finanzieren“, ist von Unruh überzeugt. Den Banken wiederum fällt die Vergabe solcher Kredite umso leichter, als für diese ebenfalls Hermes-Deckungen bereitgestellt werden können.

Deutsche Unternehmen würden gerne wieder mehr Warencontainer verschiffen, doch die Kredite für Vorleistungen sind teuer geworden – das bremst auch den Export. F.: Fotolia

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8  Chemie

Mai 2010

Industrie & Märkte

WirtschaftsKurier

Lösungen für Menschheitsprobleme Chemie | Globale Herausforderungen bieten enormes Wachstumspotenzial Aber nicht nur langfristig, sondern auf kurze Sicht scheinen für die Branche nach dem Tal der Tränen wieder rosigere Zeiten anzubrechen. Im ersten Quartal 2010 hat der Aufschwung nämlich auch Deutschlands viertgrößten Industriezweig erfasst. Die Auslastung hat zwar noch nicht das Normalniveau erreicht, ist aber wieder gestiegen. Auch die Umsätze haben sich im ersten Quartal weiter erholt. Ein ebenfalls positiver Indikator für die Erholung ist, dass die Unternehmen die Kurzarbeit erneut zurückgefahren haben. Insgesamt geht der VCI für 2010 von einem Umsatzzuwachs von rund 6 % aus.

VON DANIEL G. MEDHIN

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n manchen Gegenden der Iberischen Halbinsel könnte es in naher Zukunft so aussehen wie in der Wüste Sahara: 31 % der Fläche sind akut von Versteppung bedroht. In Hongkong erreichte der Smog 2009 an ­jedem achten Tag lebensbedrohliche Werte. Bis 2050 könnten 9,1 Mrd. Menschen auf der Erde leben und sich in einigen Regionen wegen der schon jetzt knappen Nahrungsmittel- und Wasserreserven bekriegen. Verharrt die Nachfrage nach Hightech-Roh­ stoffen auf dem derzeitigen Level, könnten 2030 in der Halbleiterindustrie die Lichter ausgehen. Vier Szenarien, die für vier globale Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stehen: Klima­erwärmung, Umweltverschmutzung, Überbevölkerung und Ressourcenknappheit. Aber was hat das mit Chemie zu tun? Mehr, als so mancher denkt, denn viele technische Lösungen für derartige Probleme sind ohne diese Industrie nicht realisierbar. Die Branche liefert schon heute zahlreiche entscheidende Komponenten. Ein geradezu klassisches Beispiel ist Silizium. Das Halbmetall ist ein wichtiger Bestandteil von Solarzellen, muss aber einen aufwendigen chemischen Reinigungsprozess durchlaufen, bevor es verwendet werden kann. „Solarzellen, Windräder und Elektroautos können nur mit der Chemie und ihren Industriekunden hergestellt werden. Solche Produkte entstehen – für den Konsumenten nicht erkennbar – durch die Beiträge vieler Glieder einer Wertschöpfungskette, die untereinander vernetzt sind“, sagt Utz Tillmann. Vor diesem Hintergrund ist dem Hauptgeschäftsführer des Chemieverbands VCI um die Zukunft der Branche nicht bang: „Die langfristigen Perspektiven für unseren Industriezweig sind gut. Die Welt braucht mehr denn je Innovationen der Chemie.“ Ähnlich sieht das auch A. T. Kearney. Die Unternehmensberatung hat in einer Studie mehrere Wachstumsfelder benannt, die schon jetzt ein enormes Potenzial für die deutschen Chemieunternehmen bieten. Einen großen Stellenwert messen die Experten der Umwelttechnologie bei, der sich in der Energieeffizienz, den mobilen Energiespeichern, den erneuerbaren

Gewisse Unsicherheiten bleiben bestehen

Früher stellte man sich das klassische Chemie-Unternehmen so vor: Aus Hochöfen pustet Dreck in die Luft. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Energien und im Recycling in den vergangenen Jahren ein fast unbegrenztes Betätigungsfeld eröffnet hat. Bereits heute sind in diesem technologischen Querschnittsgebiet zweistellige Wachstumsraten keine Utopie. Großes Poten­ zial sieht die Untersuchung zudem in der weißen Biotechnologie, bei der mithilfe von Mikroorganismen organische Grund- und Feinchemikalien produziert werden. Sie können dazu genutzt werden, den Ressourceneinsatz in Produktionsprozessen umweltverträglicher und effizienter zu gestalten. Die Consulting-Firma rechnet damit, dass mittelfristig ein Fünftel des Branchenumsatzes direkt oder indirekt durch dieses Verfahren generiert wird.

Weitere Wachstumstreiber sehen die Berater in der Nanotechnologie, in der mikroskopische Strukturen eingesetzt werden, und in der Polytronik, deren polymere Bauteile auch als intelligenter Kunststoff bezeichnet und die auch im Solarbereich verwendet werden.

Investitionen in neue Geschäftsfelder Dass viele deutsche Unternehmen die sich bietenden Chancen schon längst erkannt haben, geht auch aus einer aktuellen Umfrage hervor, die der VCI bei einem repräsentativen Querschnitt seiner Mitglieder durchgeführt hat. So sind beispielsweise 90 % der befragten Firmen schon jetzt im Bereich Ener-

gie- und Ressourceneffizienz tätig und 54 % wollen ihr Engagement weiter ausbauen. Auch alternative Energien sind kein Neuland mehr: 85 % der interviewten Unternehmen forschen, entwickeln und produzieren bereits in diesem Segment und 34 % planen eine Ausweitung ihrer Bemühungen. So steigt zum Beispiel der Spezialchemie-Konzern Lanxess in diesem Jahr in das neue Geschäftsfeld der Wasseraufbereitung ein. 30 Mio. Euro investiert der Konzern in eine Produk­ tionsanlage in Bitterfeld. Mithilfe der Membrantechnologie sollen dort unter anderem unerwünschte Stoffe wie Pestizide aus dem Wasser herausgefiltert werden – vor allem wegen der immer

F.: Fotolia

knapper werdenden Wasserressourcen ein vielversprechender Markt. Auch der weltgrößte Chemiekonzern BASF will in diesem Jahr wieder einen großen Teil seiner F & E-Ausgaben in Höhe von 1,38 Mrd. Euro in die Zukunftstechnologien fließen lassen. Hierzu hat der Riese aus Ludwigshafen einige Wachstumscluster definiert: die weiße Biotechnologie, die Nanotechnologie, das Energiemanagement und die Rohstoffknappheit. Auch andere Konzerne sind aktiv: So produziert die Süd-Chemie Lithium-Eisen-Phosphat, um Batterien für Großanwendungen wie Elektroautos sicher zu machen, und Wacker Chemie polykristallines Silizium für Solarzellen.

Zuversichtlich stimmen auch die aktuellen Quartalszahlen einiger Unternehmen. Bei BASF hat sich der Umsatz gegenüber dem Vorquartal um 26 % auf 15,5 Mrd. Euro erhöht. Nahezu alle Bereiche verbuchten deutlich bessere Ergebnisse. Der Konzern konn­te fast an die sehr gute Entwicklung vor der Krise anschließen. „Das ist der lebhaften Nachfrage aus fast allen Kundenindustrien, vor allem aber aus der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie, zu verdanken“, sagte der BASF-Vorstandsvorsitzende Jürgen Hambrecht bei der Präsentation der Zahlen in Mannheim. Massive Zuwächse verzeichnete der Chemieriese besonders in Nordamerika und Asien. Erfreuliches konnte auch die Wacker Chemie dank der hohen Nachfrage ­berichten. So wuchs der Umsatz des Münchner Chemie-Unternehmens von Januar bis März um 22 % auf 1,067 Mrd. Euro. Sowohl der Bereich Chemie als auch das Halbleitergeschäft haben deutlich zugelegt. Auch die Erlöse in der Chemiesparte von Merck können sich in diesem Frühjahr wieder sehen lassen: Sie stiegen um 34 % auf 585 Mio. Euro. Alles in allem bewerten die Konzerne die Aussichten für 2010 positiv – wenn auch gewisse Unsicherheiten bleiben. Insbesondere die sich teil­ weise sogar verstärkende Finanz- und Schuldenkrise, das Auslaufen der staatlichen Konjunkturprogramme, die volatilen Rohstoffmärkte, Überkapazi­ täten sowie wachsende geopolitische Spannungen könnten die Aussichten wieder trüben.

Elektroautos aus dem Reagenzglas

Silizium ist ein gefragtes Gut

Evonik | Essener Konzern entwickelt Produkte für die Mobilität der Zukunft

Wacker Chemie | Burghausen profitiert von der Photovoltaikbranche

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laskolben mit farbigen, kräftig brodelnden Flüssigkeiten im Labor – das ist eine klassische Vorstellung von Chemie. Tatsächlich hat die Industrie heute noch viel mehr zu bieten. So schlägt die traditionsreiche Branche immer neue Brücken zu anderen Industriezweigen und liefert innovative Lösungen. Dabei steckt ihr Spitzen-Know-how oft in Details, die eher unscheinbar wirken. Chemie und Autoindustrie zum Beispiel sind klassische Partner: Lacke und Hochleistungsöle etwa sind Produkte aus der Chemie. Jetzt aber bahnt sich eine ganz neue Partnerschaft der beiden Branchen an – denn ohne Chemie wird es keine Elektroautos geben. Die Forschung an diesem Antrieb der Zukunft läuft auf Hochtouren. Das Ziel ist ehrgeizig: Autos, die während der Fahrt keine Abgase erzeugen. Langfristig sollen alternative Energiequellen die fossilen Brennstoffe für Automotoren ersetzen. Alles hängt dabei an der Batterie. Elektroautos benötigen leistungsfähige, sichere Batterien mit langer Lebensdauer. Eine Herausforderung. Die Lösung liefert die Chemie. Der Essener Industriekonzern Evonik Industries zum Beispiel gibt mit ­seinem Chemiegeschäft Antworten auf ökonomische Megatrends und erschließt dadurch wachstumsstarke Zukunftsmärkte. Größtes Kompetenzfeld

des Unternehmens ist die Spezialchemie. Eine besondere Erfolgsstory der Forschung in diesem Geschäftsfeld hat Evonik in der Lithium-Ionen-Batterietechnik geschrieben. Dem Konzern ist die Entwicklung einer ganz besonderen Komponente gelungen – eines keramischen Separators, der das Herzstück für die Zellen in großformatigen Lithium-Ionen-Batterien bildet. Separatoren trennen die elektrischen Komponenten, sie separieren

Unter klimatisch stabilen Bedingungen produziert die Evonik-Tochter Li-Tec Energiespeicher.F.: Li-Tec Battery

die Plus- und Minuspole der Batteriezelle, um einen Kurzschluss zu vermeiden. Der Separator von Evonik besteht aus einem Material, aus dem sonst Kaffeetassen gefertigt werden – Keramik. Im Gegensatz zu Separatoren aus Kunststoff hält der neuartige Separator

mit Keramik Temperaturen von rund 700 Grad Celsius aus. Das Bauteil macht den Weg frei für Elektrofahrzeuge der Zukunft, denn es ermöglicht – im Zusammenspiel mit weiteren Komponenten – Batterien mit bislang ungekannter Leistungsfähigkeit. Dabei sind die Hightech-Batteriezellen nicht größer als eine Wandfliese. In Kamenz bei Dresden entwickelt Evonik Industries aus Ideen für die Mobilität der Zukunft greifbare Produkte. Die Evonik Litarion GmbH liefert den Kern für die Speichertechnik: Elektroden-Material und den Separator – und damit wichtige Beiträge der Chemie, um das Thema sichere Batterieenergie voranzutreiben. 2008 stieg Daimler ein: Die Evonik Industries AG und die Daimler AG bündelten Forschung, Entwicklung und Produktion auf dem Gebiet der Lithium-IonenBatterietechnik: die Li-Tec Battery GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen von Evonik und Daimler, fertigt ebenfalls in Kamenz aus Elektroden und dem Separator von Evonik Batteriezellen. Die Deutsche Accumotive GmbH soll aus diesen Zellen dann ab 2011 fertige Batterien für den Antrieb von Elektroautos bauen. Im Jahr darauf sollen die Akkus dann in Serienmodellen von Mercedes-Benz Cars zu finden sein – und der ElektroSmart über die Straßen flitzen.

B

urghausen ist ein hübsches Städtchen im Süden Bayerns, direkt an der Grenze zu Österreich. Man sollte sich den Standort gut merken, denn hier wird ein elementarer Baustein in großen Mengen produziert, ohne den in der Solar- und Halbleiterindustrie nichts mehr geht: polykristallines Silizium. Durch die Erweiterung der Herstellungsanlagen trägt Wacker Chemie dem weltweit zunehmenden Bedarf an dem Halbmetall Rechnung. Der global operierende Chemiekonzern investiert insgesamt rund 500 Mio. Euro in den Ausbau und schafft damit 200 zusätzliche Arbeitsplätze an der Burghausener Produktionsstätte. Durch die neuen Anlagen avanciert das Münchner Unternehmen zum Branchenschwergewicht in der Produktion von polykristallinem Reinstsilizium für die Solarindustrie sowie den Halbleitermarkt und belegt im weltweiten Ranking nach dem US-Hersteller Hemlock Platz zwei. Mit der Aufstockung des Polysiliziumgeschäfts ist die Weltmarktführerschaft des 1914 gegründeten Chemiekonzerns in greifbare Nähe gerückt. Die Herstellung von reinem Silizium macht heute schon rund ein Viertel des Wacker-Umsatzes aus und der Trend nach oben ist ungebrochen. Während man in Deutschland über eine Reduzierung der Solarförderung diskutiert, bauen

andere große Wirtschaftsnationen wie die USA, China oder Indien ihre Kapazitäten aus. Die Nachfrage nach Silizium bleibt trotz Wirtschaftskrise ungebremst und der Markt für Photovoltaikmodule wird weiterwachsen. Rund 80 % des produzierten Siliziums in den WackerWerken im deutsch-österreichischen Grenzgebiet gehen an die Hersteller von Solarmodulen.

Differenzierte Entwicklungen Das Polysiliziumsegment im WackerKonzern entwickelt sich – unter an­ derem vor dem Hintergrund einer 35 %igen Umsatzsteigerung auf 1,12 Mrd. Euro 2009 – zu einer tragenden Säule des Gesamtunternehmens. „Der Bereich Wacker Polysilicon bleibt auch weiterhin ein wesentlicher Motor für profitables Wachstum“, erklärte Rudolf Staudigl, Vorstandsvorsitzender von Wacker Chemie. Doch nicht in allen der insgesamt fünf Geschäftsbereiche konnte der Chemiekonzern mit weltweit 26 Produk­ tionsstandorten und über 15 000 Mitarbeitern im vergangenen Jahr punkten. So musste die Wacker-Tochter Siltronic als einer der größten Hersteller hochreiner Siliziumwafer für die Halbleiterindustrie und Lieferant führender Chiphersteller einen Umsatzrückgang von 53 % auf 638 Mio. Euro hinnehmen. Grund dafür war vor allem die schwa-

che Nachfrage des Halbleitermarkts, aber auch der anhaltende Preisdruck bei Waferscheiben aller Größen belastete den Sektor. Wacker Silicones zählt zu den größten Herstellern von Siliconprodukten, ist aber 2009 mit einem verringerten Umsatz von 12 % auch – wie Siltronic – unter dem Niveau des Vorjahres geblieben. Ähnliche Entwicklungen gab es bei Wacker Polymers, führender Zulieferer und Produzent von Dispersionspulvern für die Bauindustrie. Die Hauptursache für die um 14 % auf 744 Mio. Euro gefallenen Umsatzerlöse sieht die Konzernleitung in einer niedrigen Absatzmenge. Der Bereich Wacker Fine Chemicals hingegen schloss das Geschäftsjahr 2009 gut ab, der Umsatz erhöhte sich um 7 % auf 105 Mio. Euro. Zurückzuführen ist diese positive Entwicklung vor allem auf das Geschäft mit Kaugummi-Rohmasse. Insgesamt betrachtet sank der Konzernumsatz 2009 – auch aufgrund niedrigerer Preise – um 14 % auf 3,72 Mrd. Euro. Noch deutlicher ist allerdings der Ertrag um rund 40 % auf 607 Mio. Euro zurückgegangen. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehmen wieder mit Zuwächsen bei Umsatz und Gewinn. „Wacker hat das schwierigste Geschäftsjahr 2009 mit einer soliden operativen Leistung abgeschlossen und ist wieder auf Wachstumskurs“, kommentiert Staudigl die Entwicklung.  pht

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Erfolg durch Spezialisierung Mittelstand | Delo und Vinnolit gehören in ihrem Segment zur absoluten Weltspitze VON DANIEL G. MEDHIN

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on der Delo GmbH dürften die meisten noch nie etwas gehört haben. Schulterzucken wird auch der Name Vinnolit in aller Regel hervorrufen. Derweil haben viele Menschen rund um den Globus täglich auf die eine oder andere Weise mit den beiden Unternehmen zu tun. In jedem zweiten Mobiltelefon sorgen zum Beispiel Klebstoffe von Delo dafür, dass sich das Gerät während eines Telefonats nicht in seine Bestandteile auflöst. Und wer eine Kreditkarte oder ein Auto besitzt, hat gute Chancen, dass sich darin PVC-Spezialitäten von Vinnolit befinden, die in diesem Bereich weltweit Marktführer ist. Beim Stichwort „Chemie“ fallen einem zunächst große Namen wie BASF, Wacker & Co. ein. Milliardenschwere Konzerne, die mit den Global Playern aus der Automobilbranche und dem Maschinenbau in einem Atemzug genannt werden, wenn es darum geht, die deutsche Wirtschaft anhand von erfolgreichen Beispielen darzustellen. Leicht gerät dabei in den Hintergrund, dass der nach Umsatz gemessen viertgrößte Industriezweig dieses Landes zu über 90 % aus kleinen und mittelständischen Betrieben besteht, die auch große wirtschaftliche Bedeutung haben: So tragen sie mehr als jeden dritten Euro zum Gesamtumsatz der Branche bei, stellen mehr als 24 000 Produkte her und bieten jeden dritten Arbeitsplatz. Unter diesen rund 2 000 Firmen befinden sich – ähnlich wie im Maschi-

Klebstoffe und PVC-Spezialitäten: Die Produktpalette der Hidden Champions Delo und Vinnolit ist vielfältig.

nenbau – auch einige „Hidden Champions“, die vor allem eines gemeinsam haben: dass sie durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung ihre Spezialisierung immer weiter vorantreiben. Bei der Delo Industrie Klebstoffe zum Beispiel, die im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 30 Mio. Euro erwirtschaftete und 230 Mitarbeiter beschäftigt, werden pro Jahr 10 %

des Ertrags in die Entwicklung neuer Produkte gesteckt – deutlich mehr als der Branchendurchschnitt. Das ermöglicht dem inhabergeführten Mittelständler aus Windach bei Landsberg, dessen Hightech-Produkte unter anderem in der Automobilzuliefer-Industrie und der Mikroelektronik eingesetzt werden, auch Stoffe für besondere Kundenbedürfnisse in ganz kleinen



Mengen zu fertigen. Dabei ist es für das Unternehmen wichtig, stets die neuesten Entwicklungen im Blick zu haben und die Anforderungen der Kunden immer gleich zu antizipieren. In den kommenden Jahren sieht man zum Beispiel großes Potenzial für lichthärtende Klebstoffe bei flexiblen Displays, der Photovoltaik und im Mikroelektronikbereich. „Durch eine

Fotos: Delo/Vinnolit

sekundenschnelle Aushärtung unterstützen sie den Prozessablauf in der Produktion unserer Kunden und helfen ihnen, wettbewerbsfähig zu bleiben“, erklärt Wolf-Dietrich Herold, der das Unternehmen seit 1997 gemeinsam mit seiner Frau Sabine leitet. Eine ähnliche Strategie verfolgt auch die Vinnolit GmbH. Das Unternehmen aus Ismaning bei München,

das 2009 647 Mio. Euro umsetzte und 1 500 Mitarbeiter beschäftigt, steckt pro Jahr etwa 8 Mio. Euro in die Weiterentwicklung neuer und maßgeschneiderter Produkte – und das mit Erfolg. Die Hälfte des Absatzes, den die Firma im vergangenen Jahr mit PVC-Spezialitäten für die Pastenverarbeitung erzielte – die unter anderem zur Herstellung flexibler Produkte wie Fußböden verwendet werden – stammt von Erzeugnissen, die man in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat. Auch 2010 sind wieder Investitionen von 20 Mio. Euro geplant. Eine wichtige Rolle spielt auch das Ausland, das bei Delo im vergangenen Geschäftsjahr 57 % zum Umsatz beitrug. Allein in den USA verzeichnete man einen Zuwachs von 56 %. Auch bei Vinnolit liegt die Exportquote bei über 50 %. Der Großteil davon geht in die EU, aber auch nach Russland, USA und Asien. Beide Firmen sehen gerade in ihrer mittleren Größe einen der entscheidenden Wettbewerbsvorteile. „Als mittelständisches Unternehmen mit flachen Hierarchien können wir schnell und flexibel auf Marktanforderungen reagieren“, sagt Oliver Mieden, Environmental Affairs & Corporate Communications Manager bei Vinnolit. Dies hat vor allem auch Einfluss da­ rauf, dass die Mitarbeiter sehr viel ­Gestaltungsspielraum haben und ihr Potenzial optimal entfalten können. „Das trägt zur Motivation und zum Engagement jedes Einzelnen und letztendlich auch zur Profitabilität unseres Unternehmens bei“, erklärt Delo-Geschäftsführer Herold.

Lösung für das Batterieproblem

Deutsche Nano in Down Under

Süd-Chemie | Neues Phosphat könnte die Elektromobilität voranbringen

Nano Tech Coatings | Im Ausland mehr gefragt als in der Heimat

Foto: Gaia Dieses Auto enthält eine Lithium-Ionen-Batterie vom Akku-Spezialisten Gaia, die mit einem neu entwickelten Stoff der Süd-Chemie „angetrieben“ wird.

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eldungen über explodierende Mobiltelefone sind glücklicherweise äußerst selten. Trotzdem ist es nicht ratsam, die Geräte allzu großer Hitze auszusetzen. Der Grund: In den Lithium-Ionen-Akkus, mit denen heute mobile Endgeräte standardmäßig ausgerüstet sind, wird Lithium-Cobalt-Oxid als Kathodenmaterial verwendet – und das reagiert sehr sensibel auf hohe Temperaturen. „Der Schaden, der durch ein explodierendes Mobiltelefon angerichtet wird, hält sich meist noch in Grenzen. Ganz anders sieht die Sache bei einem Elektroauto aus, dessen Batterie mehrere Hundert Mal größer ist“, sagt Thorsten Bauer, der den Geschäfts­bereich Energie und Umwelt bei der Süd-Chemie leitet. In diesem Zweig des Münchner Konzerns werden neben Katalysatoren auch eine sichere Alternative zum gefährlicheren Lithium-Cobalt-Oxid produziert: Lithium-Eisen-Phosphat. Die Süd-Chemie, die im Jahr 2009 ­einen Umsatz von 1,072 (1,190) Mrd. Euro erwirtschaftete, beschäftigt sich seit rund zehn Jahren mit dieser ­Thematik und konnte 2005 mit dem Erwerb des Unternehmens Phostech einen Meilenstein auf dem Weg zur Lösung dieses Problems feiern: Die kanadische Firma hat nämlich die Exklusiv-

lizenzen zu den Basispatenten für Lithium-Eisen-Phosphat. Dieses Ka­tho­­­ denmaterial zeichnet sich im Vergleich zu Lithium-Cobalt-Oxid durch gleich mehrere Vorzüge aus. Einer macht es aber besonders interessant: Es ist wesentlich temperaturunempfindlicher und kann ohne Risiko in größeren Batterien eingesetzt werden. Durch diese positive Eigenschaft ergibt sich ein weites Feld an Einsatzmöglichkeiten, „wie zum Beispiel im Elektrofahrzeug- und Hybrid-Bereich oder als Speicher für

Strom aus Solarzellen“, so Bauer. Bislang hat das Münchner Unternehmen in die Erforschung und Entwicklung des Phosphats einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Ein Einsatz, der schon Früchte trägt, denn das Material kann bereits in Serie gefertigt werden. An den beiden Standorten Moosburg bei Freising und St. Bruno in Kanada können inzwischen über 900 Tonnen pro Jahr hergestellt werden. Die SüdChemie konnte außerdem wichtige ­Kooperationspartner gewinnen. So hat das bayerische Unternehmen gemeinsam mit einem Batteriehersteller und einem Zulieferer eine Starterbatterie mit Lithium-Ionen-Technologie ent­ wickelt, die ein deutscher Automobilhersteller seit Kurzem in seine Modelle einbaut. Die Bayern sehen in ihrem Produkt ein enormes Marktpotenzial. Allein in China rechnet man mit sehr guten ­Absatzchancen. Denn die Regierung in Peking will unbedingt die Umwelt­ belastungen in den chinesischen Millionen-Metropolen reduzieren und forciert durch staatliche Fördermaßnahmen massiv den Einsatz alternativer Antriebe. In den Ausbau der Elektromobilität sollen dort in den nächsten drei Jahren rund eine Milliarde Euro fließen – ein Kuchen, von dem auch die Süd-Chemie profitieren will. dgm

Deutschland holt auf Die Batterien sind der Schlüssel für die Einführung der Elektromobilität. Während China in diesem Bereich angeblich die Nase vorn hat, haben deutsche Unternehmen mittlerweile die Herausforderung angenommen. Die Süd-Chemie hat für Litium-Ionen-Batterien ein neues Phosphat entwickelt. Der Vorteil: Das Material ist wesentlich sicherer. Evonik berichtet über einen neuartigen, sehr hitzebeständigen Separator, der die Leistungsfähigkeit erhöhen soll. Auch der FreudenbergKonzern hat inzwischen einen neuen Separator im Angebot, der auf Vliesstoffen basiert und die Zuverlässigkeit der Akkus verbessert.

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is sich neue Produkte durch­ setzen, müssen sie viele Hürden nehmen und manchmal sind Markteintrittsbarrieren im eigenen Land besonders hoch: Diese Erfahrung macht auch die Nano Tech Coatings GmbH (NTC) aus Tholey bei Saarbrücken. Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen entwickelt, produziert und vermarktet Beschichtungsstoffe auf Basis der chemischen Nanotechnologie. Die Firma gehört zu den Innovationsführern in diesem Bereich. Ihre Spezialität ist die selbst entwickelte FuscoTechnologie. Der Grundgedanke dabei ist, dass die Chemie der Beschichtung sich an der Chemie des zu beschichtenden Untergrunds orientiert. Dadurch kommt es nach dem Aushärten zu einer Art Verschmelzung. „Es zeigte sich, dass deutsche Unternehmen technologischen Neuerungen gegenüber nicht wirklich aufgeschlossen sind. Die erste Frage bei der Präsentation von neuen Produkten lautet sehr oft: Wer hat es denn schon? Denn kaum einer möchte der Erste sein. Man scheut auch mögliche Probleme bei der Einführung neuer Technologien“, erklärt NTC-Geschäftsführer Georg Wagner. Um die Produkte erfolgreich im Markt zu platzieren, blieb der NTC somit keine andere Wahl, als zunächst ins Ausland zu gehen. Den Anfang machten Geschäfte in Asien. In enger Zusammenarbeit mit einem renommierten japanischen Handelshaus gelang der Markteintritt in Japan und China. Taiwan und Korea sollen als Nächstes in Angriff genommen werden. NTC produziert darüber hinaus korrosionsschützende Schichten für Metalle. Diese können auch über zusätzliche Easy-to-clean-Eigenschaften verfügen. Das heißt, dass die Oberflächen mit sehr geringem Aufwand leicht zu rei-

nigen sind. Einsatzgebiete hierfür sind zum Beispiel auf Lamellen von Wärmetauschern in der Klimatechnik, die zu Energieeinsparungen von ca. 30 % führen. Weiterhin werden spezielle Schichten auf Gehäusen von Turboladern sowie in der Luft- und Raumfahrt und dem Fassadenbau eingesetzt. Seit Kurzem gibt es auch Technologielösungen für mineralische Untergründe, hier insbesondere für Beton. NTC-­ Beschichtungen zeichnen sich durch besonders gute Haftung, hervorragenden Korrosionsschutz, Umweltfreundlichkeit und Materialeffizienz aus.

Produkt setzte sich gegen etablierte Fabrikate durch Ende vergangenen Jahres schaffte das Unternehmen den Sprung nach Aus­ tralien und Neuseeland. Innerhalb kurzer Zeit wurde ein Vertriebspartner gefunden, der die neueste NTC-Entwicklung – eine Betonbeschichtung – auf den Markt bringt. Diese wird dort insbesondere zum Schutz von Brückenkonstruktionen und Tunnelwän-

den eingesetzt. Das Produkt setzte sich innerhalb kurzer Zeit gegen eta­blierte Fabrikate von namhaften Unternehmen durch. Statt traditionell mit vier verschiedenen Schichten kommt die Lösung der saarländischen Firma mit lediglich einer einzigen Schicht aus. Nach entsprechenden Prüfungen bei renommierten Prüfinstituten konnte der Markteintritt beginnen. Ausgehend von diesem Erfolg beginnt NTC auch in Deutschland und Europa Fuß zu fassen. Erste Anwendungen sind Tunnelwände in der Schweiz. Neben den sehr guten Schutz­ eigenschaften und der exzellenten Reinigungsfähigkeit der Beschichtung gibt es noch einen großen Vorteil: Die neuen Beschichtungen lassen sich auch bei Temperaturen nahe dem Nullpunkt und bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit problemlos verarbeiten. Das Konzept der hohen Material- und Energieeffi­ zienz der NTC wurde 2004 mit dem Deutschen Materialeffizienzpreis 2004 des Bundesministeriums für Wirtschaft belohnt.

Deutsche Nanotechnologie hat es in der Heimat nicht leicht, wird aber im Ausland, wie etwa in Australien, hochgeschätzt.  Foto: Fotolia

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Mai 2010

Industrie & Märkte

WirtschaftsKurier

Allzweckwaffen für Köche WiKu-Serie Familienunternehmen | Die Rational AG – ein Porträt von philipp tröbinger

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ie bayerische Küche ist allein schon wegen des Münchner Oktoberfestes international bekannt und wird aufgrund ihrer Bodenständigkeit sehr geschätzt. Dass aber auch Großküchentechnik aus dem Freistaat rund um den Globus hohe Anerkennung genießt, ist außer Branchenkennern nur wenigen bekannt. Im oberbayerischen Landsberg am Lech sitzt mit der Rational-Gruppe der weltweite Markt- und Technologieführer für die thermische Speisenzubereitung in Profiküchen. Das „Unternehmen der Köche“, wie sich Rational bezeichnet, ist mit 54 % klarer Weltmarktführer in diesem Segment. Die Ursprünge des „kulinarischen Global Players“ gehen auf das Jahr 1973 zurück. Bis zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1998 führte der Firmengründer Siegfried Meister die Ratio­ nal-Gruppe. Seither agiert der studierte Elektroingenieur als Aufsichtsratsvorsitzender. Meister ist Mehrheitsak­tio­

Familien Unternehmen

DAXplus Family 30-Index när der Rational AG, der Anteilsbesitz des Unternehmensgründers sowie der Großaktionäre liegt bei 71,58 %. Meister baute den Landsberger Standort ab Mitte der 70er-Jahre zum Zentrum seines global operierenden Unternehmens auf. Die Expertise der Großküchentechnik wurde somit in Oberbayern gebündelt. Ab den 90erJahren wurden weltweit Vertriebsgesellschaften gegründet. Seit dem Jahr 2000 sind die Küchenprofis aus Landsberg im Prime Standard der Deutschen

Börse gelistet. Dabei ist Rational neben dem MDax auch im neu eingeführten DAXplus Family-Index (siehe Kasten) vertreten. „Wir sehen die Aufnahme unseres Unternehmens in den DAXplus Family-Index als ein besonderes Qualitätsmerkmal. Gerade in diesen ­familiennahen Unternehmen steht das Prinzip der Nachhaltigkeit bei allen Entscheidungen schon immer im ­Vordergrund“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende Günter Blaschke die Erfassung in dem neuen Index. Mit zahlreichen Auszeichnungen ausgestattet, agiert das Familienunternehmen seit seiner Gründung erfolgreich am Markt und setzte dabei neue Akzente. Die patentierte Rational-Erfindung des Combi-Dämpfers im Jahr 1976 veränderte die Groß- und Gewerbeküchenlandschaft maßgeblich. Weltweit sind gegenwärtig über 400 000 Combi-Dämpfer im Einsatz – umgerechnet bedeutet dies, dass praktisch jedes zweite installierte Gerät dieser Art aus dem Hause Rational stammt. Die absoluten „Stars“ in der Rational-Produktpalette sind das SelfCooking Center und das VarioCooking Center. Beide Küchengeräte werden vom Unternehmen als „wettbewerbsüber­ legene Produkte“ bezeichnet, die auf einer ausgeklügelten Gartechnologie beruhen. Die Kochstationen erlauben es, aufwendige Routinearbeiten, wie zum Beispiel das Überwachen von Garprozessen oder die Durchführung von Qualitätskontrollen, an die intelligente Technik zu delegieren, um somit mehr Zeit für andere Tätigkeiten in der Küche zu gewinnen. Die beiden HightechCenter bieten eine Entlastung in vielen Arbeitsabläufen und dienen als unkomplizierte „Allzweckwaffe“ für Profiköche. Interessant erscheint, dass in diesem Marktsegment keine Sättigung in Sicht ist. Für den Einsatz der Rational-Technologie in den weltweit rund 2,5 Mio. Profiküchen bedeutet dieser Umstand ein unglaubliches Weltmarktpotenzial von 95 % für das SelfCooking

Die „Stars“ in der Rational-Produktpalette: das VarioCooking Center (oben) und das SelfCooking Center (unten). Fotos: Rational

Center beziehungsweise 100 % für das VarioCooking Center. Trotz intensiver Marktbearbeitung der Oberbayern sind erst 25 % der entsprechenden Küchen auf die Technologie der Combi-Dämpfer umgestiegen. Der oberbayerische KüchentechnikSpezialist beschäftigt global knapp 1 000 Mitarbeiter – davon arbeiten etwa 600 Angestellte in Deutschland. Rational hat sich in seiner 30-jährigen Geschichte zum Branchenprimus hochgearbeitet. Mittlerweile werden täglich 100 Mio. Essen auf allen Kontinenten mit Rational-Geräten zubereitet. Der Erfolg des global agierenden Marktführers liegt in der regelmäßigen Innova­ tionsgenerierung beziehungsweise in der Weiterentwicklung der Produkte. Doch selbst die Landsberger Erfolgsstory wurde von der Wirtschaftskrise nicht verschont, wobei sich der Jahresumsatz 2009 um – zumindest im Vergleich mit anderen Branchen – moderate 8 % auf 314 Mio. Euro reduzierte. Trotz des leichten Umsatzrückgangs steckte Rational die turbulenten Zeiten gut weg. Blaschke wertete die ausgeprägte Internationalität des RationalGeschäfts als Stabilitätsfaktor und entscheidenden Vorteil. „Alle Kernziele, die wir uns für 2009 vorgenommen ­haben, konnten wir so nicht nur erreichen, sondern teilweise übertreffen. Rational steht deswegen heute besser da als zu Beginn des Jahres 2009. Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in dem 2009 erzielten Jahresüberschuss von 67,3 Mio. Euro wider, der um 9 % über dem Vorjahreswert liegt und trotz Krise einen neuen Rekord in der Geschichte von Rational darstellt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende das vergangene Geschäftsjahr. Nach dem „Anpassungsjahr 2009“, so Blaschke, werde das Unternehmen wieder gezielt in wachstumsstarke Märkte und Innovationen investieren, um weiterhin die Produktführerschaft auf dem Markt behaupten zu können. Das Unternehmen blickt mit vorsichtigem Op-

Günter Blaschke, Vorstandsvorsitzender der Rational AG.

timismus auf das laufende Geschäftsjahr und erwartet bis zum Jahresende ein leichtes Wachstum. Zuversicht schöpfen die Oberbayern unter anderem aus den Effizienzgewinnen durch den Einsatz der Rational-Produkte, die vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise auf mehr Interesse stoßen könnten. Denn personal- und energiesparende Kochstationen dürften besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als attraktive Investition gelten.

Daxplus family-Inde x Anfang des Jahres startete die Deutsche Börse den DAXplus Family 30-Index. Das neue Marktba­ rometer bildet die Entwicklung von börsennotierten Familienunternehmen ab und enthält deutsche und internationale Unternehmen aus dem Prime Standard. Bei der Einführung erklärte die Deutsche Börse, dass der neue Index nach Berechnungen aus der Vergangenheit besser abgeschnitten hätte als der Dax. Das bewahrheitet sich: Seit Jahresanfang bis Ende April 2010 ist die Wert­entwicklung des Family 30-Index im Vergleich zum Dax höher ausgefallen. hp

Ein Ass wird gesucht

Ein Auge auf die Kunden

Ausbildung | Wettbewerb zur Prämierung der besten Initiativen ist gestartet

SAF-Studie | Mittelstand vernachlässigt Kreditmanagement

Von Elwine Happ-Frank

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ir haben versucht, praktische Lösungen zu finden, damit unsere Azubis Buchführung lernen“, erklärte Kathrin Schmieder, Ausbildungsleiterin bei der Internetshopping-Plattform Yatego. Die Aufgabenstellung: Die Auszubildenden sollten einen MittagessenService für alle Mitarbeiter organisieren. Dabei waren die Jugendlichen für die gesamte Abwicklung von der Aufnahme der Bestellungen bis zur Abrechnung über spezielle Konten verantwortlich. Auf diese Weise lernten sie Buchhaltung in der Praxis, denn das Unternehmen hat keine Verkaufsabteilung. Das überzeugte die Jury des Ausbildungs-Ass: Im vergangenen Jahr gewann Yatego den ersten Preis in der Kategorie „Industrie, Handel, Dienstleistungen“. Weitere Kategorien des Wettbewerbs sind „Handwerk“ sowie „außer-, über-

betriebliche oder schulische Ausbildungsinitiativen“. Der Preis, der unter der Schirmherrschaft von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle steht, wird mittlerweile zum 14. Mal vergeben. In dieser Zeit haben sich die Rahmenbedingungen stark gewandelt. Während vor wenigen Jahren Ausbildungsplätze noch Mangelware waren, beginnt sich das Blatt nun zu wenden. Immer mehr Unternehmen finden keine Bewerber. Gleichzeitig nehmen die Klagen über die schulische Vorbildung der Kandidaten zu. In dieser Situation sind die Betriebe besonders gefordert. Bei der Prämierung des Internetkaufhauses Yatego hat beispielsweise eine besondere Rolle gespielt, dass ein Drittel der Azubis Umschüler sind oder ihre Ausbildung nachholen. Noch ein weiteres außerordentliches Engagement hat die Jury prämiert. Im vergangenen Jahr erhielt das Restaurant „Pfeffermühle“ in Ecken­hagen eine Sonderauszeich-

nung dafür, dass der Betrieb gehörlosen Auszubildenden besondere Chancen einräumt. Gestiftet haben den Preis, der mit insgesamt 15 000 Euro dotiert ist, die Inter Versicherungen in Mannheim. Weitere Partner sind die Wirtschaftsjunioren (WJD), die Junioren des Handwerks sowie der WirtschaftsKurier. Damit soll das Engagement von Unternehmen und Initiativen gewürdigt werden, deren besonderes Augenmerk auf der Qualität von Ausbildungs­ini­tiativen liegt. Gleichzeitig soll der Wert der dualen Ausbildung verdeutlicht werden.

Die Kriterien Gesucht sind Unternehmen, die … in Sachen Ausbildung außer­ gewöhnlich engagiert sind, ■■ ... ihre Auszubildenden über­ durchschnittlich fördern, ■■ ... neue oder kreative Wege gehen, ■■ ... auch Jugendlichen eine Chance geben, die eine besondere ­Förderung brauchen. ■■ ...

Drei Kategorien ■■ Handwerk, ■■ Industrie,

Handel und Dienst­ leistungen, ■■ außer-, überbetriebliche oder schulische Ausbildungsinitiativen. Preisgelder je Kategorie Preis: 2 500 Euro ■■ 2. Preis: 1 500 Euro ■■ 3. Preis: 1 000 Euro ■■ 1.

❯ www.ausbildungsass.de

Neues Spiel, neues Glück: Jetzt startet wieder die Prämierung des Ausbildungs-Ass. 2009 zählte die St. Ursula-Schule zu den Gewinnern. Foto: WJD

Einsendeschluss ist der 31. 7. 2010

A

ls regionaler Mittelständler sind wir viel näher dran an den Kunden als die Auskunfteien, selbst als unsere regionale Bank“, ist Ulrich Dorfner, Chef der Eisen Schmidt GmbH, stolz. Das war nicht immer so. Bei seinem Amtsantritt im Jahr 2002 musste der Großhändler uneinbringbare Forderungen über rund 140 000 Euro ausbuchen. Für einen solchen Fall gab es eine Kreditversicherung – die Prämie kostete rund 90 000 Euro. Der Eigenanteil des Haustechnik-Lieferanten belief sich auf 20 % – insgesamt machte der Schaden also 118 000 Euro aus. Dann wollte die Versicherung aufgrund der hohen Ausfälle auch noch die Prämie erhöhen – für Dorfner der Anlass, den Vertrag nicht zu verlängern. Damals entschied sich die Geschäftsführung, das Kreditmanagement outzusourcen. Das war keine einfache Entscheidung in einem Tra­ ditionsunternehmen, in dem noch die Denke vorherrschte, dass man keinem Kunden den Hahn zudrehen sollte. Denn dadurch würde dieser vielleicht endgültig in die Insolvenz getrieben werden und Eisen Schmidt sein Geld erst recht nicht bekommen. Eine solche Einstellung kann aber das Unternehmen selbst gefährden. Bei dem Großhändler war es damals fast so weit gewesen: Bei Dorfners Amtsantritt war Liquidität ein schwieriges Thema, die Banken hatten kurzfristig eine bereits zugesagte Finanzierung für eine Übernahme gestrichen. „Ein unzureichend durchgeführtes Kreditmanagement ist einer der Hauptgründe für die Insolvenz von Unternehmen“, weiß Nicole Neumerkel, Business Consultant Risk Manage-

ment beim SAF Unternehmensverbund. Die Telekom-Tochter ist ein Spezialist für Forderungsmanagement, Inkasso und Bonitätsprüfung. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise gewinnt dieses Thema an Bedeutung. Nach einer Untersuchung, die der SAF in Auftrag gegeben hat, hat sich der Anteil der Unternehmen, die Kreditmanagement als „eher wichtig“ oder „sehr wichtig“ ansehen, innerhalb der vergangenen sechs Monate signifikant erhöht, er stieg um 10 % auf jetzt 60 % der Befragten. Obwohl das Kreditmanagement seit einigen Jahren in Deutschland einen Professionalisierungsprozess durchläuft, überwacht nur knapp die Hälfte der Unternehmen kontinuierlich die Bonität ihrer Kunden. Besonders der Mittelstand vernachlässigt das Thema. Dabei lohnt es sich, den Kreditbereich zu optimieren. Denn nicht nur Zahlungsausfälle verringern den Betriebsgewinn, auch Verzögerungen wirken sich negativ aus. Ein Unternehmen,

das 1,2 Mio. Euro Umsatz macht und bis zum Zahlungseingang 60 Tage verstreichen lässt, verzichtet gegenüber einer Firma mit nur 45 Tagen auf eine freie Liquidität von 50 000 Euro. Damit könnten die Verbindlichkeiten gesenkt, die Eigenkapitalquote erhöht und die Finanzierungskosten gesenkt – kurz: die Wettbewerbsposition verbessert werden. Bei Eisen Schmidt tragen die Be­ mühungen um eine Verbesserung des ­Kreditmanagements Früchte: Das Zahlungsziel ist mittlerweile auf unter 30 Tage gesunken, während die durchschnittliche Zahlungsdauer in der Sanitärheizungsbranche bei 40 bis 60 Tagen liegt. Der Wertberichtigungsbedarf ist von 120 000 Euro auf 20 000 Euro gesunken. Das ist eine gute Ausgangslage für die kommenden schwierigen Monate. Angesichts der wirtschaftlichen Lage erwartet Dorfner durchaus weitere Insolvenzen. Doch durch ein professionelles Ausfallmanagement ist das Unternehmen nun dafür gut gerüstet.

Der Kreditmanager als STr atege Ist in Ihrem Unternehmen die Bedeutung des Kreditmanagements durch die Wirtschaftskrise gestiegen? Diese Frage stellte der SAF Unternehmensverbund im Rahmen einer Studie 295 Fach- und Führungskräften. Grundsätzlich wandeln sich die Anforderungen an den Kreditmanager: Er muss größeres strategisches Geschäftsverständnis mitbringen und in der Lage sein, sowohl die Branche und den Markt als auch die Philosophie des Unternehmens in seine Entscheidungen einzubeziehen.

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in %

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stimme voll und ganz zu stimme eher zu stimme eher nicht zu stimme nicht zu Quelle: SAF / WirtschaftsKurier

Finanzen & Börse

Mai 2010

WirtschaftsKurier

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Wenn sonst keiner hilft

Abspeck-Kur

Ohren auf

Am Puls der Zeit

Förderbanken | Die Institute stehen mit ihrer Erfahrung – und den nötigen liquiden Mitteln – dem Mittelstand zur Seite. Seite 12 / 13

Die LBBW hat von der Europäischen Union ein straffes Sparprogramm auferlegt bekommen – vielleicht zu straff? Seite 14

Genobanken | Der FinanzVerbund agiert in Deutschland ziemlich erfolgreich – das soll nun auch Brüssel wissen. Seite 15

Die HanseMerkur Versicherungsgruppe setzt verstärkt auf Innovationen als Wachstumstreiber. Seite 16

Trügerische Preiswende bei Kfz-Tarifen Interview | Beim Kampf um den Kunden werden wohl wieder hohe Rabatte gewährt, meint Werner Rupp, Chef der Nürnberger Versicherungsgruppe

Der Business-Tower gibt die Richtung vor: steil nach oben. In diesem Jahr will die Nürnberger im Bereich Lebensversicherung doppelt so stark wachsen wie der Markt.  Fotos: Nürnberger

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ie Nürnberger Versicherungsgruppe legt viel Wert auf Tradition. Die Gesellschaft, die im vergangenen Jahr ihren 125. Geburtstag feierte, sponsert den Pferdesport und Oldtimer-Rennen. Geschäftlich folgt die Nürnberger nicht dem umstrittenen Branchentrend im Lebensversicherungsgeschäft: Der Anteil der Einmalgeschäfte ist relativ gering. Mit dem Vorstandsvorsitzenden der Nürnberger Versicherungsgruppe, Werner Rupp, sprach WiKu-Chef­ redakteurin Elwine Happ-Frank. WirtschaftsKurier: Im ersten Quartal 2010 hat die Nürnberger Versiche­ rungsgruppe sehr gut abgeschnit­ ten. Wie lautet Ihre Prognose für das Gesamtjahr? Dr. Werner Rupp: Ich bin vorsichtig optimistisch – in vielerlei Hinsicht. Die Finanzmärkte entwickeln sich wieder moderat positiv. Wir werden meines Erachtens nach der Bankenkrise keine Staatenkrise bekommen. Das wird sich in höheren Kapital­ anlageergebnissen niederschlagen. Bei der Schadenentwicklung rechne ich – aus heutiger Sicht – mit einem sehr guten Verlauf. Belastende Faktoren sind die steigende Arbeits­ losigkeit sowie die Tatsache, dass die Kfz-Versicherung wegen der Vor­ zieh­effekte aufgrund der Abwrack-

prämie weiter unter Druck steht. Unterm Strich gehe ich von einem Beitragswachstum von 1 % aus. Insgesamt dürften also die Erträge steigen und die Aufwendungen sinken. WiKu: Was heißt das für die Aktio­ näre? Rupp: Wir werden voraussichtlich wieder eine zufriedenstellende Dividende nicht unter dem Vorjahres­ niveau ausschütten können. 2009 waren es 2,30 Euro. Damit lag die Divendenrendite bei 4,3 %, was bei der heutigen Marktsituation eine attraktive Verzinsung ist. Unser Ziel ist es, in den nächsten drei Geschäftsjahren eine Dividendenrendite mit einer Fünf vor dem Komma darzustellen. WiKu: In der Lebensversicherungs­ branche geht das Geschäft gegen laufenden Beitrag immer weiter zurück, die Kunden wollen sich nicht binden ... Rupp: ... aber nicht bei uns! 2009 sind die Leben-Beiträge um 5 % auf 2,33 Mrd. Euro gestiegen. 90 % davon stammen aus Verträgen mit laufender Zahlung, nur 10 % sind Einmalprämien. In diesem Jahr erwarten wir ein doppelt so starkes Wachstum wie der Markt. Im ersten Quartal haben wir ein Beitragsplus von 5 % erzielt, das ist eine gute Basis. Wir sind ein Spezialist für die klassische

Altersversorgung. Dabei spielt die Riester- und Rürup-Rente eine große Rolle. Darüber hinaus sind wir ein starker Player in der Berufs­un­fähigkeitsversicherung. Wir sind in dieser Sparte die Nummer zwei in Deutschland mit einem Marktanteil von fast 10 %. WiKu: Auch bei Ihnen sind die Ein­ malbeiträge 2009 gegenüber dem Vorjahr gestiegen, auch wenn das Volumen im Vergleich zur Branche gering ist. Die BaFin will diese Art von Geschäften nun unter die Lupe nehmen ... Rupp: Einmalprämien grundsätzlich als schlecht darzustellen – wie derzeit oft zu lesen ist – ist der völlig falsche Ansatz. Ein Großteil der ­Einmalbeiträge geht in sofort be­ ginnende Rentenversicherungen. Das ist das typische Geschäft eines ­Lebensversicherers. Zweitens: Die ­Gesellschaften, die früh mit dem Vertrieb von Riester-Versicherungen begonnen und einen entsprechend großen Bestand haben, erhalten eine hohe Summe an staatlichen Zulagen. Bei uns haben sich die Riester-Zulagen vom Staat in Form von Einmalprämien im vergangenen Jahr verdoppelt und machen damit etwa 50 Mio. Euro aus. Drittens das Thema betriebliche Altersvorsorge: Es gibt trotz Wirtschaftskrise so manche mittelständische Firma, die über ausreichend Liquidität verfügt und ihre Pensionsverpflichtungen auslagert, um ihre Bilanz zu ent­ lasten. Allein daraus haben wir 2009 einen hohen zweistelligen Millionenbetrag bei unserem Pensions­ geschäft eingenommen. WiKu: Welche Art von Einmalgeschäf­ ten sehen Sie als problematisch an? Rupp: Bei Einmalprämien, die nur wenige Monate „geparkt“ werden, habe ich Bedenken. Wir sind Versicherer und keine Banken. Die Zinsen, die bei solchen Produkten angeboten werden, werden zum Teil aus den höherverzinslichen Kapitalanlagen der langjährigen Versicherten finanziert, die über viele, viele Jahre diese Kapitalanlagen aufgebaut haben. Dieses Zinsarbitrage-Geschäft machen wir nicht. WiKu: Sie rechnen in der Autover­ sicherung mit einer Trendwende bei den Preisen und haben Ihre ­Tarife leicht angehoben. Wird die Kfz-Versicherung dadurch wieder pro­fi­tabel? Rupp: In diesem Jahr droht noch einmal ein beinharter Wettbewerb. Wir befinden uns im Jahr eins nach der Abwrackprämie. Die Neuwagen­ zulassungen werden in Deutschland um rund 1 Mio. abnehmen. Manche Wettbewerber haben angekündigt, die Preise bis zu 15 % zu erhöhen. Aber ob dann am Ende des Tages beim Kampf um den Kunden nicht wieder hohe Rabatte gegeben werden, wird sich erst noch herausstellen. Bei fast allen Anbietern liegt die Schaden-/Kostenquote über 100 %, bei uns waren es im vergangenen Jahr 106 % Mit der Beitragsanpassung wollen wir wieder in die Nähe von 100 % kommen. WiKu: Ein wichtiger Vertriebsweg für Ihre Kfz-Policen sind Autohäuser, bei einigen ist die Nürnberger Ei­ gentümer. Hat die Krise Ihre Strate­ gie in diesem Bereich verändert? Rupp: Der Kauf von Autohäusern hat in der Aufbauphase dieses Geschäftsfelds eine wichtige Rolle gespielt. Heute ist das kein Bestandteil unserer Strategie mehr. Wir haben nur noch zwei Autohäuser im Bestand, davon befindet sich eines in der Verkaufsphase. Wir haben mitt-

lerweile vertragliche Vereinbarungen mit ca. 5 000 Autohandelsbetrieben. In diesem Bereich beschäftigen wir rund 1 000 angestellte Vermittler – und könnten noch viel mehr beschäftigen; doch gut ausgebildete Mitarbeiter zu entwickeln ist eine anspruchsvolle, lang andauernde Aufgabe. Wir werden in diesem Jahr etwa 100 zusätzliche Vermittler in diesem Geschäftszweig zubauen. Strategisches Ziel bleibt die Kundenansprache über die Autoversicherung in Handelshäusern – mit der Absicht, Cross-Selling für weitere Produkte aus anderen Sparten zu erreichen. WiKu: In der Krankenversicherung planen Sie in diesem Jahr ein Wachstum um 10 %. Wie wollen Sie das erreichen? Rupp: Zwei Dinge schieben hier das Geschäft an: Zum einen die Tatsache, dass die Beiträge der privaten Krankenversicherung seit dem 1. Januar im Rahmen des Bürgerent­ lastungsgesetzes von der Steuer ­absetzbar sind. Zum anderen über­ legen viele freiwillig gesetzlich ­Ver­sicherte, die in Zukunft einen ­Zusatzbeitrag zahlen müssen, einen Wechsel zu einem privaten Anbieter. Auch der Markt für Zusatzver­

Werner Rupp, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Versicherungsgruppe.

sicherungen wächst gewaltig. Da geht es nicht nur um AuslandsreiseKrankenversicherungen mit einem relativ niedrigen Beitrag, sondern um eine ordentliche Absicherung in vielen Gesundheitsbereichen. Hier gibt es noch ein sehr breites Betä­ tigungsfeld. WiKu: Sie haben eine Tochtergesell­ schaft in Österreich. Wollen Sie Ihre Auslandsaktivitäten darüber hinaus ausbauen? Rupp: Sollten wir einen solchen Schritt

erwägen, würden wir uns Richtung Osteuropa bewegen. Tschechien und Polen halten wir für interes­ sante Märkte. Aber mehr als einige grundsätzliche Überlegungen zu diesem Thema gibt es derzeit noch nicht. WiKu: Manche Beobachter gehen da­ von aus, dass eine neue Konsolidie­ rungswelle in der Assekuranz be­ vorsteht. Wie schätzen Sie das ein? Rupp: Ich denke nicht, dass es eine neue Runde geben wird. Das ist eher das Wunschdenken der Großen der Branche, die sich als „sicheren Hafen“ vor neuen gesetzlichen Anforderungen, wie zum Beispiel Solvency II, anpreisen. WiKu: Sieht die Nürnberger in der Stand-alone-Aufstellung weiterhin ihre Zukunft? Rupp: Vorbehaltlos ja. Wir haben einen stabilen Aktionärskreis, dessen Vertrauen wir mit einer attraktiven Dividendenpolitik honorieren. Wir können mit unserem unabhängigen Geschäftsmodell auf die Heraus­ forderungen des Marktes eingehen und auch selbst Trends im Markt setzen. Wir sind also optimal auf­ gestellt und das erlaubt es uns, besser zu sein als der Branchendurchschnitt.

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Damit machbar wird, was denkbar ist. Eine gute Idee, aber zu wenig Kapital – das ist häufig eine Hürde für kleine und mittelständische Unternehmen. Deshalb fördern wir von der LfA Förderbank Bayern Ideen, die Zukunft haben. Als Spezialkreditinstitut des Freistaates Bayern haben wir in den letzten fünf Jahren dem Mittelstand über 55.000 Darlehen und Risikoübernahmen zugesagt. Sprechen Sie mit uns, wenn Ihre Gedanken Gestalt annehmen. Rufen Sie uns unter der Nummer 0800 / 21 24 24 0 (kostenfrei) an. Wir beraten Sie gerne.

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04.05.2010 17:14:08 Uhr

12  FÖRDERBANKEN

Mai 2010

Finanzen & Börse

WirtschaftsKurier

Das Geld ist da – nur kaum jemand weiß es Förderinstitute | Der neue Kreditmediator soll verhindern, dass zukunftsträchtige Projekte an der Finanzierung scheitern von dieter w. heumann

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ie Kredite der Förderbanken waren in der Krise für viele Unternehmen eine enorme Hilfe – und sind es auch jetzt im Aufschwung. Doch nach wie vor wissen viele Firmen zu wenig über deren Angebote. Die Hoffnungen richten sich nun auf den neuen „Kreditmediator“, den die Bundesregierung Anfang März 2010 angesichts der Klagen über die knausrige Kreditvergabe der Privatinstitute eingesetzt hat. Hans-Joachim Metternich kennt als langjähriger Chef der Investitionsund Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) die Materie aus dem Effeff. Seiner Beobachtung nach ist es „oft Zufall, ob ein Unternehmen die öffent­ lichen Förderprogramme nutzt. Viele wissen nichts davon“, so der in der Bankenmetropole eingesetzte Vermittler. Seine 16 Jahre Förderbankerfahrung hätten ihm gezeigt, dass Projekte abgelehnt wurden, obwohl sie mit einem Förderprogramm hätten aufgefangen werden können. In seiner neuen Funktion geht es Metternich darum, dies künftig zu verhindern. Wenn ein Unternehmer von seiner Bank eine Kreditabsage bekommen hat, erhalte er nun durch das zu beantragende Mediationsverfahren eine faire Chance. Dabei helfen ihm Kammern sowie Förder- und Bürgschaftsbanken vor Ort, erklärte der Mediator seine Aufgabe. In der Finanzmarktkrise haben Bund und Länder die Position der Förderbanken gestärkt: Sie sind heute in der Lage, eine öffentliche Kreditabsicherung bis zu 90 % zur Verfügung zu stellen. Mit am Mediationstisch sitzen auch die Ban-

ker, die letztlich die Entscheidung zu treffen haben. Nach Metternich können sich Gewerbebetriebe und ­gewerblich Selbstständige melden, ­deren Absage durch die Bank nicht länger als drei Monate zurückliegt. Zudem müsse der Kredit mehr als 25 000 Euro betragen. Laut dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB), Karl-Heinz Boos, werden von den Förderinstituten unter anderem Programme für Investitionen, Betriebsmittelfinanzierung, Forschung und Entwicklung sowie Globaldarlehen für Hausbanken angeboten. Aufgrund der günstigeren Konditionen sind diese Mittel gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hochinteressant. Nach Jörg Baston, Mitglied der Geschäftsleitung der MP Marketing Partner Consulting in Wiesbaden, schätzen aktuelle Marktstudien das Nachfragepotenzial an Fördermitteln auf mindestens 40 % der KMU. Das Interesse richtet sich aber auch auf die Konjunkturprogramme der Bundesregierung: Nach der tiefen wirtschaftlichen Rezession im vergangenen Jahr reißt der Konjunkturhimmel über Deutschland auf. Seit Wochen verbessert sich der Geschäftsklimaindex des Münchner ifo Instituts. Die Hannover Messe – auch als wichtiger Konjunkturindikator bewährt – hat die verbesserten Erwartungen der an der diesjährigen Frühjahrsprognose beteiligten wissenschaftlichen Forschungsinstitute bestätigt. Dennoch ist die Freude über den zaghaften Konjunkturfrühling zurückhaltend: Zu sehr steckt den Wirtschaftssubjekten und Konjunkturbeobachtern noch die verheerende wirt-

Baden-Württemberg hat den Rohstoff, der in der Krise am wertvollsten ist: Ideen. Mit freundlicher Unterstützung der

Die Förderbanken haben ein großes Repertoire an Fördermöglichkeiten – vom Mikrokredit bis zur Großinvestition. Doch noch immer wissen viele Unternehmen darüber nicht Bescheid. Foto: Fotolia

schaftliche Rezession und die Finanzkrise in den Knochen. Wenn auch ­bisher die Angst vor einer Kreditklemme – zumindest im Allgemeinen – unbegründet war und sich die Kredit­ hürde in den letzten vier monatlichen Umfragen des ifo Instituts kontinuierlich gesenkt hat, so sind die Banken doch bei der Kreditvergabe durch die vorangegangene Rezession sensibilisiert: Die Anforderungen an die Kreditnehmer sind gestiegen. Die verschärften Eigenkapitalanforderungen machen den Kreditinstituten zu schaffen und zwingen einige zur Rückführung ihres Kreditgeschäfts. Deshalb geht trotz leicht verbesserter konjunktureller Situation im Land den Förderinstituten die Arbeit nicht aus. Im Gegenteil: Es gibt genügend Unternehmen, deren Auftragslage sich wieder verbessert, denen es aber nicht gelingt, sich am Markt mit ausreichendem Kapital zu versorgen. Schließlich müssen die Unternehmen in der Lage sein, ihre Aufträge abzuarbeiten, die

Lager aufzufüllen und Investitionen zu tätigen. Es gilt also, die Vorfinanzierung von Aufträgen sicherzustellen und so an der wirtschaftlichen Be­ lebung zu partizipieren. Die Neube­ wertung der Risiken durch die Kreditinstitute gefährdet häufig aber auch bestehende Kredite. Um jenen Unternehmen unter die Arme zu greifen, die gerade von der jüngsten Wirtschaftskrise besonders getroffen wurden und mit gutem Know-how und einer zukunftsgerichteten Produktpalette durchaus im Wettbewerb punkten könnten, stehen die Förderinstitute des Bundes und der Länder bereit. 2008 hat die Bundesregierung den Wirtschaftsfonds Deutschland kreiert, der aus zwei Teilen besteht. 2009 wurde das Konjunkturpaket II von der Bundesregierung auf den Weg gebracht. Insgesamt beläuft sich das Volumen des staatlichen Maßnahmenbündels auf über 115 Mrd. Euro. Davon werden 75 Mrd. Euro in Form von

Bürgschaften gewährt, 40 Mrd. Euro stehen als Kredithilfen zur Verfügung.

Damit ist der Rahmen staatlicher Kredite und Bürgschaften merklich aufgestockt worden. Beantragt werden die Förderungen – wie bei staatlichen Maßnahmen üblich – über die Hausbank, die die Bürgschaftsanträge an den sogenannten Bürgschaftsausschuss weiterleitet und die Kredit­ anträge der KfW übermittelt. Die Auszahlung der Gelder erfolgt dann über die Hausbank. Die Geburt des Wirtschaftsfonds Deutschland wurde seinerzeit zwar mit riesigem Medienrummel gefeiert, aber bis Ende Februar 2010 waren erst gut 10 Mrd. Euro bei der KfW abgerufen. Die Zurückhaltung dürfte vor allem mit dem konjunkturellen Rückfall zu Beginn des Jahres und den Investitionsverzögerungen zu erklären sein. Trotz aller Hilfsangebote – die Unternehmen befinden sich nach wie vor in einer schwierigen Situation. Bei der Bewältigung werden die Förderbanken weiterhin eine wichtige Rolle spielen. VÖB-Hauptgeschäftsführer Boos vermutet, „dass sich das deutsche ­Modell der Förderbanken insgesamt zu einem Exportschlager entwickeln könnte, wenn andere EU-Länder als Konsequenz aus der Krise über den Aufbau ähnlicher Strukturen, die sich außerhalb des Bankenmarkts bewegen, nachdenken“.

Ärger um die BAnkenabgabe Auch unter den Förderbanken ist die Bankenabgabe ein Thema. Das betrifft aber nicht die größte Förderbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), für die das hauseigene KfW-Gesetz gilt, sondern vielmehr die ­regionalen Förderbanken. Denn sie unterliegen wie „normale“ Finanzinstitute den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG). Christian Brand, Präsident des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB) und Chef der L-Bank, zeigte sich empört: „Wir haben ein Subsidiaritätsprinzip in der Förderung. Danach tritt der Bund dann ein, wenn die Möglichkeiten auf ­Landesebene erschöpft sind.“ Nach Brand ist es ­allein ordnungspolitisch notwendig, dass die regionalen Landesförderbanken ebenso wie die KfW von der Bankenabgabe freigestellt werden.

Damit bezog er sich auf Überlegungen der Bundesregierung, alle nach dem KWG als Kreditinstitute geltenden Banken der Abgabe zu unterwerfen. Damit bliebe die Kreditanstalt für Wiederaufbau – anders als die regio­nalen Förderbanken – davon ausgenommen. Brand zweifelt, ob der Bundesrat einem entsprechenden Gesetz zur Bankenabgabe zustimmen wird. Um dem Konflikt mit den Ländern aus dem Wege zugehen, vermuten Insider, dass die regionalen Förderbanken letztlich doch von der Abgabe ausgenommen werden könnten. Immerhin nehmen Förderinstitute der Länder wie etwa die L-Bank in Baden-Württemberg oder die NRW.Bank in Nordrhein-Westfalen vergleichbare öffentliche Aufgaben wahr. heu

Für Fahrradkuriere und Schneiderinnen

In schwierigen Zeiten muss man sich auf seine Stärken besinnen. Das sind in Baden-Württemberg vor allem Er findergeist und Tatkraft. Hier sprudeln die Ideen. Kein Wunder, dass die Region im Innovationsindex der EU auf Platz 1 liegt. Die Förderprogramme der L-Bank tragen dazu bei, dass aus diesen guten Ideen gute Geschäfte werden. Mehr unter www.l-bank.de

Mikrokredite | Damit eine Geschäftsidee Wirklichkeit wird von Sigrid Stoss

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ava Tuncer importiert gemeinsam mit ihrem Ehemann Natursteine aus der Türkei. Die Nachfrage ist groß, solche Steinplatten werden für die Verkleidung von Fassaden und Böden verwendet. Zwei Jahre lang versuchte die 32-jährige Geschäftsfrau Geld zu bekommen für ihre Idee – ohne Erfolg. „Die Banken machten die Tür zu“, erzählt die Jungunternehmerin. Starten konnte das Ehepaar schließlich mit einem Mikrodarlehen der NRW.Bank über 25 000 Euro. Mit den Konditionen ist Tuncer zufrieden: 6 % Zinsen, lange Laufzeiten und ein tilgungsfreies Jahr lassen Gründern in der Phase des Aufbaus genügend Luft. Rund 400 Kredite mit einem Volumen von knapp 6 Mio. Euro hat die NRW.Bank bisher an Gründer und Unternehmen in der Startphase vergeben. Der Fonds mit 8 Mio. Euro wird vom Land und aus EU-Mitteln finanziert. „Die Pilotphase ist Ende 2010 abgeschlossen, dann wird über eine Aufstockung entschieden“, erklärt ein Sprecher der Bank. Obwohl der Bankensektor in Deutschland hoch entwickelt ist, haben Gründer und Kleinstunternehmen mit kleinvolumigem Finanzierungsbedarf häufig Schwierigkeiten, Mittel von

einer Geschäftsbank zu erhalten. Der Grund: Sie verfügen nicht über die banküblichen Sicherheiten und haben noch keine Bankenhistorie aufgebaut. Die Geschäftsbanken scheuen aber nicht nur die Risiken, die kleinen Beträge sind für sie auch in der Regel kaum rentabel. Denn ein Mikrodarlehen fängt bei 1 000 Euro an und kann höchstens 25 000 Euro betragen. Aber selbst kleine Beträge reichen meist schon aus, um den Aufbau einer tragfähigen Existenz zu ermöglichen – das zeigt die Erfahrung.

Für Solo-Selbstständige oft die einzige Möglichkeit „Pro Mikrokredit werden 1,5 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert“, erklärt dazu Falk Zientz, Mikrofinanz­ experte der Bochumer GLS Bank, die ebenfalls solche Projekte finanziert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Januar einen Mikrokreditfonds über 100 Mio. Euro aufgelegt, der von der GLS Bank verwaltet wird. Damit sollen Kleinstdarlehen in Deutschland einen Quantensprung erleben: 15 000 derartige Darlehen sollen bis 2015 über sogenannte Mikrofinanzierer vergeben werden. Bisher sind 13 solche Kreditver­ mittler beim Deutschen Mikrofinanz-

Institut (DMI) akkreditiert. Bis Ende des Jahres sollen es 50 Anbieter sein. Diese Anlaufstellen für Kreditinteressierte können die vorwiegend bei den ­Wirtschaftskammern angesie­ delten Startercenter sein, mit denen die NRW.Bank kooperiert. Aber auch Stadtteilläden und Beratungszentren für Arbeitslose übernehmen diese Aufgabe. Denn viele Bezieher solcher Darlehen gründen aus der Arbeitslosigkeit heraus oder kommen direkt von den Hochschulen. In der Regel sind diese Kleinstunternehmen regional tätige Dienstleiter wie beispielsweise Fahrradkuriere, Schneidereien, Friseur­ salons oder andere kleinere Läden. Für diese Solo-Selbstständigen sind die Hürden oft hoch, eine Bank auf­ zusuchen. Um neue Kreditvermittler außerhalb der Bankschalter zu gewinnen, musste deren Arbeit rentabler werden, erkannte Oliver Förster, der beim DMI für die Akkreditierung der Mikrofinanzierer zuständig ist. Deshalb wurden die Provisionen für diese Dienstleister erhöht. „Nur so trägt sich unsere Arbeit, bisher war Herzblut unsere Motivation“, sagt dazu Ralf Stolarski vom Baden-Württembergischen Mikrofinanzierer Monex. Monex wird aus Mitteln der EU, vom Baden-Württember-

gischen Wirtschaftsministerium und der Förderbank L-Bank unterstützt. Für die Vermittlung eines Kredits erhält Stolarski 800 Euro, andererseits haftet Monex für Ausfälle bis zu 20 % des Kreditportfolios. Denn gerade weil die banküblichen Sicherheiten fehlen, müssen sich die Kreditberater ihre Kunden genau anschauen. In der Regel werden die ­Mikrodarlehen über Bürgschaften aus dem sozialen Umfeld des Antragstellers abgesichert. Dagegen verzichtet die NRW.Bank ganz auf Sicherheiten und setzt auf die Tragfähigkeit des Geschäftskonzepts und eine obligato­ rische Beratung. Auch bei Monex soll Beratung der Kreditnehmer künftig ein größeres Gewicht haben. Dazu sucht der Mikrofinanzierer landesweit Kooperationspartner und wurde in Ulm bereits mit der Industrie- und Handelskammer fündig. Roland Raff, Grundsatzreferent der L-Bank in Stuttgart, sieht die Entwicklung indessen auch mit gemischten Gefühlen. Seiner Ansicht nach ist ein stärkeres Engagement der Geschäftsbanken wünschenswert: „Möglichst viele Kleinstkredite sollten über die Hausbanken vermittelt werden“, betont Raff: „Nur so haben diese Unternehmen eine Chance, ihre Kredithistorie aufzubauen und in den Folgejahren weitere Kredite zu erhalten.“

Mai 2010

Finanzen & Börse

WirtschaftsKurier

Wohnen mit Zukunft | Neues Förderprogramm für die energetische Sanierung hat viele Vorteile

Liquidität | Gemeinsame Suche nach Lösungen

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Schlagkräftige Truppe für gezielte Lösungen Als wertvolle Hilfe in der Krise – aber auch danach – hat sich zudem die seit 1996 tätige Task Force der LfA erwiesen. Die siebenköpfige „schlagkräftige Truppe“ steht mittelständischen Betrieben zur Seite, wenn es jetzt darum geht, die Voraussetzungen zu

schaffen, um den finanziellen Rahmen sicherzustellen, der benötigt wird, Unternehmen an der wirtschaftlichen Belebung teilhaben zu lassen. Die Experten der LfA-Task Force suchen gemeinsam mit den Mittelständlern ganz gezielt nach Lösungen, für die angespannte Liquiditätslage, so Schneider. Das können beispielsweise spezielle Fördermittel – wie der LfA-Akutkredit – oder Möglichkeiten, die Eigenkapitalausstattung zu verbessern, sein. Die LfA-Task Force versteht sich als neutrale Anlaufstelle, sie analysiert die aktuelle Situation und ihre Ursachen, prüft hinsichtlich öffentlicher Fördermöglichkeiten, erörtert geeignete Maßnahmen sowie das weitere Vorgehen und sie stellt bayerischen Unternehmen aller Branchen ihren Rat kompetent, schnell und kostenfrei zur Verfügung. Die Task Force versucht zudem festgefahrene Gespräche mit der Hausbank wieder in Gang zu bringen. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot, denn die Task Force unterliegt dem Bankgeheimnis. Wert legt sie allerdings darauf, dass sie den Gang zu freiberuflichen Unternehmensberatern oder Beratungsgesellschaften nicht ersetzen kann und will. 2009 hat die LfA-Task Force 1 090 Beratungen durchgeführt, nach 560 im Vorjahr. heu

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Drei auf einen Streich

Task Force hilft Firmen in Not nfang 2009 wurde – in Zusammenarbeit von LfA Förderbank Bayern und der dortigen Staatsregierung – der Bayerische Mittelstandsschirm aufgespannt, um die Kreditversorgung der Unternehmen im Freistaat trotz Wirtschafts- und Finanzkrise in Gang zu halten. Nach Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender der LfA Förderbank, sichert der Schutzschirm bayerischen Unternehmen auch dann den Zugang zu Krediten, wenn sie nur geringe bankmäßige Sicherheiten vorweisen können. Die Förderbank entlastet die Hausbanken der Firmen mit Bürgschaften und Haftungsfreistellungen bis zu 80 % und bis zu einer Höchstgrenze von 10 Mio. Euro. Bisher wurden Kreditrisiken in Höhe von rund 255 Mio. Euro durch die LfA übernommen. Über 2 400 Unternehmen haben sich bisher unter den Schutzschirm gestellt. Dabei handelt es sich zu 95 % um kleine und mittlere Betriebe.

Förderbanken 

von dieter w. heumann

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rei Fliegen mit einer Klappe schlägt, wer seine Immobilie zukunftsgerichtet saniert und modernisiert: Er spart Betriebskosten, erhöht den Wert seiner Immobilie und tut Gutes für die Umwelt indem er den Klimaschutz fördert. Diese Gründe, aber auch die Resonanz der sich zunehmend sensibilisierenden Bevölkerung haben das Land Baden-Württemberg, zusammen mit der landeseigenen Förderbank L-Bank, dazu bewogen, Anfang April des Jahres das Förderprogramm „Wohnen mit Zukunft: Erneuerbare Energien“ neu aufzulegen. „Wir wollen auch in diesem Jahr Hauseigentümer bei der ­Umsetzung des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes mit Zinsverbilligungen unterstützen“, erklärten Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner und

Manfred Schmitz-Kaiser, Mitglied des Vorstands der Stuttgarter L-Bank. 2009 entwickelte sich das Programm der Förderbank nach eigenen Aussagen „sehr positiv“: Das Darlehensvolumen lag im vergangenen Jahr bei 49,8 Mio. Euro, gegenüber 30,3 Mio. Euro 2008. Die Anzahl der geförderten Wohneinheiten erhöhte sich gleichzeitig um über 70 % auf 2 870.

Fast 6 000 Tonnen CO2 gespart Schmitz-Kaiser verweist auf Untersuchungen des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung und stellt fest, dass „mithilfe der 2009 von der L-Bank geförderten Maßnahmen der jährliche CO2-Ausstoß um 78 % oder etwa 5 812 Tonnen reduziert werden konnte“. Um eine vergleichbare Einsparung über einen Zeitraum von zehn Jahren zu erreichen, so Schmitz-Kaiser, „müsste man 581 200

Quadratkilometer zusätzlichen Wald anpflanzen – eine Fläche, so groß wie die Insel Mainau“. Im Programm „Wohnen mit Zukunft: Erneuerbare Energien“, das aus Haushaltsmitteln des Landes finanziert wird, fördert die L-Bank den Einbau heiztechnischer Anlagen in selbst genutzten Bestands­ immobilien und Neubauten, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Darunter fallen beispielsweise solarthermische Anlagen, Wärmepumpen oder Holzvergaser-Zentralheizungen. Die Förderung erfolgt über die Zinsverbilligung eines langfristigen L-Bank-Darlehens. Die Darlehen können bis zu 100 % der förderfähigen Kosten betragen. Der Mindestdarlehensbetrag beläuft sich auf 10 000 Euro. Der Höchstbetrag je Wohneinheit beträgt 50 000 Euro, be-

ziehungsweise 100 000 Euro je Wohngebäude. Die Höhe richtet sich nach den Kosten für die Heizung selbst sowie aller Maßnahmen, die zur Wärmeverteilung oder Brennstofflagerung notwendig sind. Die Darlehen haben eine Laufzeit von 10 oder 30 Jahren mit einem beziehungsweise zwei tilgungsfreien Jahren und werden über die Hausbank des Unternehmens zur Verfügung gestellt. Möglich ist die Kombina­ tion mit anderen Programmen von Bund und Land, wie beispielsweise mit Darlehen aus dem KfW-Programm „Energieeffizient Bauen“ und Zuschüssen aus dem BafaMarktanreizprogramm für Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt. Allerdings sind die förderfähigen Kosten dann um den Zuschussbetrag zu reduzieren.

Verschmolzen und verschlankt WIBank | Hessens neues Förderinstitut von dr. charlotte schmitz

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essens neue Förderbank kann über mangelnde Aufträge nicht klagen: Nach der Verschmelzung der Investitionsbank Hessen mit der LTH-Bank für Infrastruktur hat die neue Wirtschafts- und Infrastrukturbank – kurz WIBank – an Neugeschäft zugelegt. Sie beschäftigt mehr Mitarbeiter als die zwei Vorgängerbanken, und die hessischen Ministerien sorgen dafür, dass ihr die Arbeit nicht ausgeht: Sie geben weitere Förderbereiche ab, um sich zu verschlanken. „Von Bankgeschäften versteht eine Bank mehr als ein Ministerium“, sagte Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch bei der ersten Bilanzpressekonferenz der WIBank in Frankfurt. Die neue Bank bedient ein Konglomerat von Kunden: vom Bauern, der ein paar Hundert Euro benötigt, bis hin zum Krankenhaus, das eine halbe Milliarde in einen Neubau investiert. Allein im landwirtschaftlichen Bereich betreut die Bank mehr als 40 000 Kunden, meist mit geringem Förderbedarf. Das Geschäft der Bank ruht jedoch auf drei großen Säulen: der Förderung von Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern oder Verkehrsmitteln, der Wirtschaftsförderung und der Förderung des Wohnungsbaus.

Bündelung bringt viele Vorteile Insbesondere die Förderung der Infrastruktur profitierte 2009 vom hessischen Sonderinvestitionsprogramm. Die Gründungs- und Wachstumsfinanzierung für kleine und mittlere Unternehmen wurde 2009 nur „zurückhaltend“ nachgefragt, wie Herbert Hirschler, Sprecher der Geschäftsleitung der WIBank, berichtete. Erst ab September sei hier ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen gewesen. Auch in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sei Interesse an Neuinvestitionen zu bemerken. Die Förderung des Wohnungs­

baus werde nachgefragt, um Maßnahmen zur Energieeinsparung an Wohnhäusern zu finanzieren. Die Bündelung aller Fördermöglichkeiten eines Bundeslands bei einer einzigen Bank hat Vorteile: Es werden Mittel der EU und anderer Geldgeber angezapft, diese jedoch nicht als Zuschüsse, sondern als „revolvierende Fonds“ vergeben. Das heißt, der Empfänger muss die Darlehen zurückzahlen, allerdings zu sehr günstigen Zinssätzen. Die Bank erhält das Kapital also zurück, um es wieder zu investieren. Daher benötigt die Bank nur sehr geringes Eigenkapital. Sie refinanziert sich über Mittel beispielsweise der Europäischen Investitionsbank, der Entwicklungsbank des Europarats oder der KfW. Die hessisch-thüringische Landesbank Helaba haftet für das Ausfallrisiko der Mittel der WIBank, sie liefert auch Serviceleistungen, ansonsten operieren die beiden Institute jedoch sauber voneinander getrennt. HansDieter Brenner, Vorstandsvorsitzender der Helaba und dort zuständiger Referent für die WIBank, sieht zwar „erhebliche Potenziale für Emissionen“ der WIBank, doch sei dieser Weg bisher nicht beschritten worden. 2009 betrug die Bilanzsumme der neuen Förderbank 9,6 Mrd. Euro, davon entfallen 2,5 Mrd. auf das Neugeschäft. Ein bedeutender Anteil entfiel auf das hessische Sonderinvestitionsprogramm in Höhe von 1,8 Mrd. Euro. Davon wurden 2009 1 Mrd. Euro aus­ gezahlt, im laufenden Jahr werden die restlichen 800 Mio. vergeben. Hessen hat mit der WIBank eine zentrale Ansprechstelle für Förderungen verschiedenster Art geschaffen. Neben ihren Filialen bietet die Bank in jedem hessischen Landkreis beziehungsweise jeder kreisfreien Stadt einmal im ­Monat Beratungstage an, organisiert von den lokalen Industrie- und Handelskammern. Darüber hinaus besteht eine Telefon-Hotline.

Wir fördern Ihr Unternehmen. Die NRW.BANK fördert kleine und mittlere Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten, Darlehen zum Ausgleich mangelnder Sicherheiten und zur Stärkung des Eigenkapitals sowie mit Eigenkapital-Finanzierungen. Fragen Sie Ihre Hausbank – oder direkt uns: Tel. 0211 91741-4800 (Rheinland) oder 0251 91741-4800 (Westfalen-Lippe). www.nrwbank.de

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Mai 2010

Finanzen & Börse

WirtschaftsKurier

Ein Institut auf Nulldiät

Kommentar Wer bremst die EU-Kommission?

LBBW | Nach EU-Vorgaben muss die Bilanzsumme um 40 % schrumpfen von klaus g. wertel

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nter dem Druck der EU-Kommission wird sich die Lan­ desbank Baden-Württemberg (LBBW) in den kommenden Jahren weitgehend auf die Geschäfte einer Regionalbank zurückbilden. Bis 2013 soll die Bilanzsumme der bislang größten der sieben deutschen Landesbanken um 40 % auf rund 250 Mrd. Euro schrumpfen. Das Netz der Auslandsniederlassungen wird stark ausgedünnt. Und: Die LBBW wird sich von fast der Hälfte ihrer Beteiligungen trennen – darunter auch den stets rentier­ lichen Anteilen an der Landesbausparkasse Baden-Württemberg und der SV Sparkassen-Versicherung. Die Zahl der Mitarbeiter soll um 2 500 auf rund 11 000 sinken. Der Vorstandsvorsitzende der LBBW, Hans-Jörg Vetter, legte auf der Bilanzpressekonferenz in ­Stuttgart ein umfassendes „Restrukturierungsprogramm“ vor und sprach von „schmerzhaften Einschnitten“. Die EU-Kommission hatte im Dezember 2009 die Genehmigung einer von den Trägern der LBBW beschlossenen finanziellen Stützung der Landesbank mit zahlreichen Auflagen verknüpft.

Traumrenditen müssen stabilen Erträgen weichen Vor Jahresfrist hatten das Land BadenWürttemberg (40,5 % LBBW-Anteil), die südwestdeutschen Sparkassen (ebenfalls 40,5 %) sowie die Stadt Stuttgart (19 %) die durch die Finanzmarktkrise tief in die Verlustzone geratene LBBW mit einer Kapitalerhöhung um 5 Mrd. Euro stabilisiert. Außerdem wurden risikobehaftete, derzeit nicht handelbare Wertpapiere der LBBW im Wert von 12,7 Mrd. Euro unter einen vom Land Baden-Württemberg garantierten „Schutzschirm“ gestellt. Die EU-Kommission wertete diese Maßnahmen als „genehmigungspflichtige Beihilfen“ – und verordnete der LBBW eine umfassende, bis 2013 zu erfüllende Schrumpfkur. Das Ergebnis der jetzt eingeleiteten Restrukturierung werde eine „deutlich kleinere und effizientere Bank sein, die

Der Umfang des der LBBW durch Wertpapiergeschäfte endgültig entstandenen Schadens ist deutlich geringer: „350 Mio. Euro tatsächliche Verluste wurden ausgebucht“, so Vetter. Bei einem Großteil der Bestände bestehe noch die Chance einer Werterholung.

Rückzug aus Immobiliengeschäft Weitgehend zurückziehen will sich die LBBW auch aus eigenen Projekt- und Immobiliengeschäften. Projektfinanzierungen werde die Bank künftig nur noch „in Zusammenhang mit Kundengeschäften“ und auf dem Feld der erneuerbaren Energien übernehmen, so Vetter. Und die Zahl der Länder, in

­ enen sich die Bank an Immobilien­ d finanzierungen beteiligt, will der ­LBBW-Chef „von 19 auf drei“ reduzieren: Nur noch in Deutschland sowie bei „ausgewählten Aktivitäten“ in den USA und Großbritannien werde die LBBW im Immobiliengeschäft neue Verpflichtungen eingehen. Von den in den anderen 16 Ländern bestehenden Verpflichtungen und Beständen werde sich die Bank „geordnet trennen“. Auch der Forderung der EU-Kommission nach einem Abbau der ausländischen Niederlassungen, Repräsentanzen und Beteiligungen kommt die LBBW nach. 2010 werden voraussichtlich allein in Europa acht Stand­

Wertpapierbestand sinkt weiter

orte des weltweit bislang 26 Einrichtungen zählenden Netzwerks geschlossen: In Mailand, Budapest, Amsterdam, Warschau, Prag und Madrid hat der Abbau bereits begonnen – Paris und Barcelona sollen folgen. In New York hat sich die LBBW von einem Broker-Haus getrennt. Die bislang in den von diesem Kahlschlag betroffenen Ländern begleiteten Kunden werde die LBBW „auch künftig – jetzt aus Deutschland heraus – betreuen“, ist Vetter bemüht, den Verlust dieser Stützpunkte zu relativieren. Immerhin: In Asien und Amerika wolle die LBBW auch künftig ihre Kunden und die der Sparkassen direkt vor Ort betreuen – in den eigenen Repräsentanzen und in den teilweise von der LBBW federführend betreuten German Centres.

Alles muss raus

Rund die Hälfte der von der EU-Kommission verlangten 40 %igen Senkung der Bilanzsumme (2009: 412 Mrd. Euro) wird die LBBW durch den gänzlichen Abbau des sogenannten Kreditersatzgeschäfts leisten können. Das Bestandsvolumen dieser Wertpapiergeschäfte ohne Kundenbezug konnte die Bank bereits 2009 von 93 Mrd. Euro auf 74 Mrd. Euro reduzieren. Für 2010 kündigte Vetter eine weitere Abschmelzung um „mindestens 10 Mrd. Euro“ an. Auf einen Eigenhandel mit Wertpapieren werde die Bank künftig ganz verzichten – lediglich im Umfang des absehbaren Kundenbedarfs sollen Wertpapiere beschafft und gehalten werden. Das in der Amtszeit des früheren Vorstandsvorsitzenden Siegfried Jaschinski – er wurde im Sommer 2009 durch Hans-Jörg Vetter abgelöst – stark ausgeweitete Kreditersatzgeschäft gilt als Hauptursache für die erheblichen Verluste, die der LBBW im Zuge der ­Finanzmarktkrise entstanden sind. Hatte die Bank noch 2007 einen Jahresüberschuss von 327 Mio. Euro erwirtschaftet, so bescherten die dramatischen Buchverluste der im Eigenhandel erworbenen Wertpapierbestände der LBBW 2008 einen Jahresfehlbetrag von 2,1 Mrd. Euro. 2009 gelang es der Bank immerhin, den Jahresverlust auf knapp 1,5 Mrd. Euro zu reduzieren.

Branchenkonsolidierung ist auf lange Sicht kein Thema. Jetzt ist die LBBW erst einmal mit sich selbst beschäftigt. Im Bild der imposante Hauptsitz in Stuttgart.Foto: LBBW

Erfüllen will die LBBW schließlich auch die EU-Auflage, sich von Beteiligungen im Wert von 4,5 Mrd. Euro zu trennen – was wertmäßig etwa der Hälfte aller LBBW-Beteiligungen entspricht. Zu den wahrscheinlichen Verkaufsobjekten zählt beispielsweise der 15 %-Anteil, den die LBBW an der ­DekaBank, der Fondsgesellschaft der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe, hält. Vetter geht davon aus, dass die Sparkassen der LBBW diesen Anteil abkaufen werden. Ähnliche Hoffnungen hegt die LBBW wohl hinsichtlich ihrer Anteile an der Landesbausparkasse Baden-Württemberg und an der SV-Sparkassen-Versicherung. Für 2010 hofft LBBW-Chef Vetter auf eine „weitere Verbesserung“. Eine Prognose abzugeben, wann die LBBW wieder in der Gewinnzone sein wird, hielte Vetter allerdings „derzeit noch nicht für seriös“. Für eine Übernahme anderer Landesbanken durch die LBBW – bis vor Jahresfrist immer wieder diskutiert – sieht Vetter auf lange Zeit keinerlei Spielraum: „Mit der Übernahme der Sachsen-LB und Landesbank Rheinland-Pfalz haben wir unseren Beitrag zur Konsolidierung der Landesbanken geleistet – jetzt haben wir erst einmal genügend eigene Aufgaben zu erledigen.“

Noch stottert der neue Motor

Mehr Regulierung hilft wenig

HSH Nordbank | Entwarnung erst einmal nicht in Sicht

BBBank | Vorstandschef Wolfgang Müller fordert europäische Ratingagentur

von petra schlitt

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sich auf Geschäfte mit Privat- und Unternehmenskunden sowie mit den Sparkassen in den regionalen Kernmärkten fokussiert“, so beschrieb Vetter die künftige Struktur der LBBW. Als „Kernmärkte“ seien vor allem BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen zu verstehen, wo die LBBW auch die Funktion der SparkassenZentralbank erfülle. Mit mehr als 1 Mio. Privat- und Geschäftskunden sei die LBBW „gut aufgestellt für eine solide, bodenständige Art des Bankgeschäfts“. Damit ließen sich zwar „keine Traumrenditen erzielen“. Die Finanzmarktkrise habe aber erneut gelehrt, dass „solide Kundenbeziehungen mit sta­ bilen Erträgen die verlässlichste Geschäftsgrundlage für Banken“ seien.

Bemerkenswert an der von der ­EU-Kommission erzwungenen Schrumpfkur der Landesbank Baden-Württemberg ist, dass niemand diesem teilweise völlig unsinnigen Diktat widerspricht. Die EU-Kommission missbraucht das BeihilfeGenehmigungsverfahren in Zusammenhang mit der von den Trägern der LBBW finanzierten Stärkung der Eigenkapitalbasis dieser Bank dazu, um – einmal mehr – das in Brüssel nie verstandene deutsche Sparkassenlager zu schwächen. Dabei bewirkt es das Gegenteil einer Stärkung des europäischen Bankenwettbewerbs, wenn jetzt die LBBW gezwungen wird, den größten Teil ihres europäischen Netzwerks an Stützpunkten der Kundenbetreuung aufzugeben. Gerade für mittelständische Unternehmen waren die ­LBBW-Betreuer vor Ort bislang wich­tige Ratgeber und Begleiter – insbesondere bei den ersten Schritten auf Auslandsmärkten. Deutsche und internationale Großbanken haben an den Sorgen dieser Kundschaft kein großes Interesse. Und die Erfahrungen, die ausländische Unternehmen mit der lokalen Bankenstruktur machen, sind in vielen Ländern nicht gerade vertrauensbildend. Vor allem aber: Mit der ­finanziellen Schieflage, in die die LBBW auf dem Holzweg des „Kredit­ ersatzgeschäfts“ geraten ist, hat dieser Teil der realen Kundenbetreuung nichts zu tun. Auch die Vorgabe der EU-Kommis­ sion an die LBBW, rund die Hälfte der Beteiligungswerte zu veräußern, wird in der Wirkung eher zu einer Schwächung dieser Bank führen. So haben insbesondere die jetzt zur Disposition stehenden Anteile der LBBW an der Landesbausparkasse und an der SV-Sparkassen-Versicherung stets einen positiven Ergebnisbeitrag geleistet. Die Politik auf Landes-, Bundesund Europa-Ebene wäre gut beraten, den immer massiver werdenden Einflussnahmen der EU-Bürokratie auf die deutschen Wirtschaftsstrukturen Einhalt zu gebieten.  kw

irk Jens Nonnenmacher will die HSH Nordbank bis 2012 völlig neu aufstellen. 2010 wird nochmals im Zeichen der Restrukturierung stehen. Durch riskante Geschäfte ist die Bank tief in die roten Zahlen gerutscht. Nur durch Milliardenhilfen der Hauptaktionäre Hamburg und Schleswig-Holstein konnte das Institut vor dem Untergang gerettet werden. Nun soll die HSH zu alten Tugenden zurückkehren. Ehrgeiziger Fahrplan des HSH-Chefs: ein Gewinn vor Steuern und Kosten der staatlichen Risikoabschirmung von einer halben Milliarde Euro 2011 – und das mit Blick auf die Verluste der vergangenen Jahre. Nonnenmacher vergleicht die HSH Nordbank gern mit einem Auto, das bei scheinbar unverändertem Aufbau mit einem neuen Motor, verstärkten Bremsen und einem Airbag ausgestattet und aus dessen Kofferraum überflüssiger Ballast geräumt wurde. Der Kofferraum ist leer. Die Bank wurde von riskanten Altlasten befreit, die am 1. Dezember 2009 in eine ei­ genständige Organisationseinheit (Restructuring Unit) ausgelagert wurden, die vom Kernbereich der Bank getrennt ist. Herausgenommen wurde das Credit Investment Portfolio und Kredit­ engagements aus verschiedenen Geschäftsfeldern der Bank wie beispielsweise das US-Immobiliengeschäft. Die riskanten Geschäfte – unterteilt nach risikoärmerem Kreditgeschäft,

Problemfällen und Kapitalmarktportfolios – sollen bis 2012 „signifikant“ abgebaut werden. Noch sind es 17 Mrd. Euro, nach einer Reduzierung um 4 Mrd. Euro. Die Kernbank will Nonnenmacher auf die auch in der Vergangenheit starken Sektorspezialgeschäfte Schifffahrt, Luftfahrt und das Energiegeschäft konzentrieren und die traditionell starke Position in der Region Norddeutschland – vor allem im Firmenkunden­ geschäft, der Immobilienfinanzierung, dem Kernbereich Sparkassen und Private Banking – ausbauen. Dabei wird das HSH-Auto eine kleinere Plattform haben. Die Bilanzsumme wird auf gut 100 Mrd. Euro schrumpfen.

Schiffsfinanzierungen sind noch ein Bremsklotz Wie stark der HSH-Motor sein wird, hängt vor allem von der Entwicklung des wichtigen Geschäftsfeld Schifffahrt ab. Nonnenmacher rechnet ab 2012 mit einem wieder deutlichen ­Aufwärtstrend. Für 2010 kalkuliert er nochmals einen „signifikanten Vorsorgebedarf“ ein, der allerdings niedriger ausfallen soll als 2009. Das Engagement in der Schiffsfinanzierung wird deutlich zurückgefahren. Für notleidende Schiffskredite wurden im vergangenen Jahr 1,24 Mrd. Euro zurückgestellt, 4 % des Schiffskreditvolumens von 30 Mrd. Euro, und 58 % der gesam­ ten Risikovorsorge im Kreditgeschäft, die auf 2,8 Mrd. Euro verdoppelt ­wurde. In den „Kofferraum“ Restructuring Unit wanderten 8 Mrd Euro. In

der Kernbank verbleiben 22 Mrd. Euro. Die Beteiligung an der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd wurde deutlich abgeschrieben, sagte Nonnenmacher, ohne Zahlen zu nennen. Auch auf Druck der Stadt hatte die Bank dem Schifffahrtsunternehmen 100 Mio. Euro Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Die Risiken bleiben groß. Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zählt die HSH zu den Landesbanken, in denen immer noch systemische Risiken schlummern. Er schließt sogar weiteren Kapitalbedarf nicht aus, den die Länder allerdings nicht stemmen könnten. Noch läuft der Umbau. Eine wesentliche operative Verbesserung hat sich noch nicht eingestellt. Der Abbau der 2009er-Verluste von 2,8 Mrd. Euro auf 679 Mio. Euro erklärt sich wesentlich aus anderen Faktoren – einem positiven Steuereffekt von mehr als 400 Mio. Euro und beträchtlichen Wertauf­ holungen im Wertpapierportfolio und hohen Auflösungen von Rückstellungen. Allein die Abwicklung der so­ genannten Omega-Transaktionen, die 2008 noch eine halbe Milliarde Euro Abschreibungen bescherten, dürfte über 300 Mio. Euro gebracht haben. Entwarnung gibt Nonnenmacher nicht. Er schwört auf ein weiteres hartes Jahr ein und verweist mit Blick auf Steinbrück darauf, dass die Bank den Steuerzahler bislang nichts gekostet hat. Auch wenn der Motor ruckelt – ab 2011 soll die HSH-Karosse wieder verlässlich laufen.

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ür die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur hat sich der Vorstandsvorsitzende der BBBank eG, Wolfgang Müller, ausgesprochen. Die drei bislang einzigen, allesamt in den USA beheimateten Ratingagenturen – Standard & Poor‘s, Moody‘s und Fitch – hätten mit „nicht zu rechtfertigenden Noten“ für fragwürdige Finanzmarktprodukte erheblich zu den Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten beigetragen, begründete Müller in einem Gespräch mit dem WirtschaftsKurier die Forderung nach einer „europäischen Alternative.“ Im Lichte der Erfahrungen der jüngsten Finanzmarktkrise sei es auch dringend geboten, die Ratingagenturen einer unabhängigen Kontrolle zu unterwerfen – dies gelte für die bestehenden, wie für mögliche neue Agenturen. Für verzichtbar hält der Chef der zu den größten deutschen Genossenschaftsbanken zählenden BBBank die Ratingagenturen nicht. Allerdings brauche es „für einen funktionierenden Wettbewerb Alternativen und weitere Anbieter.“ Seinen Vorschlag, auf europäischer Ebene eine international tätige Ratingagentur als Gegenmodell zu den drei US-Agenturen zu schaffen, begründete Müller so: „Europa hat einen großen Teil der Lasten der – von den USA ausgehenden – Finanzmarktkrise getragen. So wäre es nur legitim, wenn Europa eine eigene Rating­agentur einrichten würde.“ Dass eine solche Einrichtung erfolgreich am Markt wäre, steht für Müller außer Zweifel: „Gerade

aufgrund der Erfahrungen mit den bestehenden Agenturen würde eine riesige Nachfrage entstehen.“ Die Kontrolle der bislang praktisch von niemandem überwachten Ratingagenturen sollte nach Meinung „ähnlich wie bei den Wirtschaftsprüfern geregelt werden.“ Dass die Dienstleistungen der Ratingagenturen von denen bezahlt werden, deren Produkte ein Rating bekommen sollen, sei eine „nicht zu vermeidende Problematik.“ Die Erfahrungen mit der Wirtschaftsprüfer-Branche belegten aber, dass „Kontrolle und Selbstkontrolle“ trotz möglicher Zielkonflikte – zwischen objektiver Bewertung und drohender Auftragsverluste – funktionieren könne.

Der Schock ist noch nicht verarbeitet Hat die Branche, hat die Politik auf nationaler und internationaler Ebene die gebotenen Konsequenzen aus den Lehren der Fehlentwicklungen und Verwerfungen auf den Finanzmärkten gezogen? Der BBBank-Chef meint: „Nein, wir haben die Krise noch lange nicht überwunden – und auch noch nicht hinreichend verarbeitet.“ Nur die Dichte der Regulierung weiter zu erhöhen, hielt Müller für „zu kurz gedacht und gesprungen.“ Schon in den vergangenen 30 Jahren habe sich „der Umfang der Vorschriften und Auflagen vervielfacht.“ Der Bankensektor gehöre zu den „am meisten regulierten Märkten.“ Die Krisen der jüngeren und jüngsten Geschichte seien trotzdem nicht rechtzeitig erkannt und auch

nicht ausreichend energisch bekämpft worden. An den ambitionierten Entwicklungsplänen des BBBank-Vorstands hat sich durch die noch andauernde Branchenkrise nichts geändert: „Wir werden mittelfristig in jeder deutschen Landeshauptstadt vertreten sein“, bekräftigt Müller das Ziel einer bundesweiten Präsenz. Allein seit Herbst 2007 habe die BBBank 14 neue Filialen eröffnet und in Regionen ohne Filialen den „mobilen Service“ der BBBank-Mitarbeiter ausgebaut. Wachstumschancen im Wege des Zusammenschlusses mit anderen Genossenschaftsbanken sieht Wolfgang Müller nicht mehr. Der Hauptgrund: die Unvereinbarkeit der Profile und Geschäftsmodelle. Insbesondere das im Genossenschaftsbanken-Lager übliche Regionalprinzip stehe einem Beitritt zur BBBank, die bundesweit operieren wolle, im Wege. Aber auch die von der BBBank konsequent durchgehaltene Konzentration auf das Privatkundengeschäft passe nicht zu dem Geschäftsmodell der anderen Genossenschaftsbanken, die zumeist auch gewerbliche Kunden betreuten. Wie reagieren die anderen Genossenschaftsbanken auf die Konkurrenz der BBBank? „Wir sind bei den Volksund Raiffeisenbanken nicht sonderlich beliebt“, beschreibt Wolfgang Müller das Klima im eigenen Lager. Aber, so ist der BBBank-Chef überzeugt, „wenn es uns nicht gäbe, wäre das Geschäft für die anderen Genossenschaftsbanken auch nicht einfacher.“  kw

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Finanzen & Börse

WirtschaftsKurier

Genobanken

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Auf nach Brüssel FinanzVerbund | Der BVR stellt wichtige Weichen für die Zukunft internationalen Kapitalmärkte zu vernetzt seien, um die Folgen strauchelnder systemrelevanter Institute allein durch Einzelregelungen eindämmen zu können. Gerade weltweit tätigen Banken biete sich die Möglichkeit, einer nationalen Sonderabgabe auszuweichen, indem Geschäftsaktivitäten ins Ausland verlagert würden. Gleiches gelte für Niederlassungen ausländischer Banken in Deutschland. Sollte an der grundsätzlichen Entscheidung einer Sonderabgabe festgehalten werden, müsse das Vorhaben einer nationalen Bankenabgabe zu einer internationalen Finanzabgabe fortentwickelt werden, zumal nach Fröhlich auch Wettbewerbsverzerrungen zwischen den unterschiedlichen Instituten und internationalen Finanzplätzen drohen.

Wettbewerb für den „besten Berater“ ausgerufen

Der Hauptsitz des BVR am Potsdamer Platz in Berlin.

von dieter w. heumann

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ine Meldung sorgte Mitte April für Aufsehen: Der ehemalige Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Unternehmen und Industrie Günter Verheugen wird dem Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) künftig in allen europäischen Angelegenheiten als Berater zur Verfügung stehen. Verheugen kann dieses Amt übernehmen, da er während seiner Brüsseler Zeit nicht mit Fragen der Finanzwirtschaft befasst war. Damit ist Uwe Fröhlich, Präsident des BVR, ein wichtiger Schachzug gelungen, war doch in Brüssel das Verständnis für die Genossenschaftsbanken bisher kaum vorhanden, was sich unter anderem eklatant an der Kritik am dreisäuligen deutschen Bankensystem zeigte. Fröhlich hierzu: „Angesichts der anstehenden wichtigen Beratungen der EU-Kommission zur Bankenregulierung im Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäft möchten wir noch deutlicher den genossenschaftli-

chen FinanzVerbund und sein erfolgreiches Geschäftsmodell in Brüssel zu Gehör bringen.“ Fröhlich liegt aber auch das Thema Bankenabgabe besonders am Herzen, denn die soll auch die Genossenschaftsbanken betreffen. Hatte man sich auf dem BVR-Frühlingsfest Mitte April in Berlin – wo Steffen Kampeter, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und zuständig für den geplanten Fonds, als Gastredner geladen war – neue Aufschlüsse zur ungeliebten Thematik erwartet, sah man sich enttäuscht: Kampeter erwies sich als höflicher Gast und mied an diesem Abend die umstrittene Materie – trotz Ermunterungen Fröhlichs. Doch zuvor und an anderem Ort hatte der Staatssekretär bereits deutlich gemacht, dass es zwar richtig sei, dass „Genossenschaftsbanken und Sparkassen keine wesentlichen Verursacher der Finanzkrise sind“, dennoch seien die Regionalinstitute „auch Nutznießer der staatlichen Bankenrettung“. Aus diesem Grund sei bei ihnen eine „angemessene Beteiligung an der Ban-

zweigleisig zum private banking Das Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden – das Private Banking – ist auch auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken verstärkt in den Fokus gerückt. Noch liegt deren Anteil im Private Banking erheblich unter ihrem Marktanteil beim gesamten Geschäft mit Privatkunden. Sollte eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zutreffen, so haben die Genossen auch allen Grund zu verstärkten Aktivitäten: Nach BCG werden die Anleger wieder risikofreudiger und die Privatkunden dürften in den kommenden Jahren in Deutschland stark umworben werden – vor allem von den Großbanken. Nach der Studie droht Genossenschaftsbanken und Sparkassen dagegen die Abwanderung von Kunden. Nach BCG liegt noch ein Volumen von 60 Mrd. Euro bis 80 Mrd. Euro in klassischen Sparprodukten, das 2010 und 2011 in Anlageprodukte mit höherer Renditeerwartungen fließen wird. Die Genossenschaftsbanken fahren in ihrem Bemühen um vermögende Kunden zweigleisig: Größere In-

stitute, wie etwa die Berliner Volksbank, sprechen mit eigenen Private-Banking-Auftritten die vermögende Kundschaft an. Daneben sind die beiden Zentralbanken des genossenschaftlichen Verbundes – die Frankfurter DZ Bank und die Düsseldorfer WGZ Bank – dabei, flächendeckend in Deutschland Private-Banking-Zentren zu planen. Dort sollen die bereits seit vielen Jahren hierzulande, aber auch in Luxemburg und in der Schweiz, gewonnenen Erfahrungen und Kräfte auf dem Gebiet des Private Bankings gebündelt werden. Die Zentren haben vor allem die Aufgabe, mittleren und kleinen Volksund Raiffeisenbanken – für die der kostspielige Aufbau eigener Aktivitäten in dem zukunftsträchtigen Geschäft nicht in Frage kommt– , unter die Arme zu greifen und das PrivateBanking-Potenzial dieser Institute zu heben. Über das gesamte Bundesgebiet hinweg wollen DZ Bank und WGZ Bank – zunächst in Frankfurt am Main und Düsseldorf – mit der Bündelung der Private Banking Aktivitäten starten. heu

Foto: BVR

Neben dem Bankenfonds stand ein weiteres Thema, das den Genossen unter den Nägeln brennt, auf der Agenda der BVR-Tagung: der Verbraucherschutz. Vorstandsmitglied Dr. Andreas Martin erklärte an die anwesende Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner gewandt: „Verbraucherschutz muss für die Kundinnen und Kunden, aber auch für die Banken praktikabel sein.“ Nur unbürokratische Lösungen liegen nach Martin auch im Interesse der Verbraucher – wobei der BVRMann auch das derzeitige Protokollunwesen bei den Wertpapiergeschäften gemeint haben dürfte. Produkttrans-

parenz und Verbraucherschutz wollen die Genossen in Zukunft aber in jedem Fall noch konkreter in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. Martin gab den in Berlin anwesenden Genossenschaftsbankern die Richtung vor: „Unser Ziel ist es, die Bankengruppe mit der höchsten Mitglieder- und Kundenzufriedenheit zu sein.“ Der BVR rief in diesem Zusammenhang auf der Bankwirtschaftlichen Tagung einen Beratungswettbewerb ins Leben. In diesem Rahmen sind bis zum 30. September 2010 alle Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland aufgerufen, ihre besten Kundenberater ins Rennen zu schicken. Das Ziel der Initiative: eine gute Beratungsqualität und gleichzeitig eine hohe Kundenzufriedenheit. Das hohe Sicherheitsbedürfnis und die lange Zeit anhaltende Unsicherheit unter den Bankkunden kam den örtlich und regional tätigen und von den weltweiten Risiken weitgehend verschonten Genossenschaftsbanken 2009 zugute. Vertrauen war gefragt und dies trieb die verunsicherten Anleger in die Institute des FinanzVerbunds. Kein Wunder, dass nach einer aktuellen Umfrage des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) zum Vertrauen der Bankkunden zu ihrer Hausbank die Genossenschaftsbanken am besten abschnitten. Die Entwicklung der Kundeneinlagen der Genossenschaftsbanken bestätigt die Untersuchung. Die gesamten Einlagen stiegen 2009 kräftig, so dass die Genossenschaftsbanken ihren Marktanteil in diesem Segment um fast ei-

nen Prozentpunkt auf knapp 16 % ausbauen konnten. Ein weiterer Zugewinn von Marktanteilen wäre durch eine Fusion der beiden Zentralbanken des Verbundes, DZ Bank und WGZ Bank, sicherlich leichter möglich – dies scheint aber immer noch Zukunftsmusik zu sein. Jedoch geht es auf zunehmend mehr Geschäftsgebieten teils gemeinsam, teils gleichgerichtet in die Zukunft. So baut Thomas Ullrich – von der WGZ Bank kommend, vorübergehend im Vorstand beider Zentralbanken und seit Anfang April Vorstandsmitglied bei der DZ Bank – derzeit an einer gemeinsamen IT-Plattform für die Abwicklung des Wertpapiergeschäfts. Das sei das zweitgrößte IT-Projekt in Deutschland, schwärmte Ullrich. Zudem wird unter anderem in Frankfurt ein Kundenservice für Volks- und Raiffeisenbanken von den genossenschaftlichen Zentralbanken gemeinsam betrieben. Und nun gibt es auch bei der DZ Bank einen Allfinanzrat, in dem Vertreter der Spitzeninstitute, des BVR und der Primärinstitute die Produktstrategien des Sektors beraten und im Team Impulse geben. Nach mehreren spektakulär gescheiterten Versuchen einer Fusion beider genossenschaftlicher Spitzeninstitute in der Vergangenheit geht es nun auf Samtpfoten leise, aber effektiver auf dem Weg der Bündelung der Kräfte des Sektors voran, wobei eines der wichtigsten Ziele heißt: eine Zentralbank für den gesamten Verbund. Es wächst eben doch langsam zusammen, was zusammen gehört.

kenabgabe sachgerecht und vernünftig.“ Die Interessenverbände befürchten, dass dies die Kreditvergabe an die Wirtschaft beeinträchtigen könnte – insbesondere an den für Deutschland immens wichtigen Mittelstand, der kreditpolitisch insbesondere von den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen betreut wird. Die beiden Finanzgruppen haben sich als streng regional tätige Geldinstitute in der Finanzkrise als Stabilisatoren des dreigliedrigen deutschen Bankensystems erwiesen. Dagegen weist die Säule der global agierenden Kreditinstitute (Privat- und Großbanken) tiefe Risse auf. Zudem können die dezentralen Verbünde aus Genossenschaftsbanken und Sparkassen auf eigene Sicherungssysteme verweisen, die seit dem Zweiten Weltkrieg stets in der Lage waren, Schieflagen der eigenen Institute ohne Hilfe von außen zu lösen.

Keine Schlupflöcher für internationale Banken Nun geht es um die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage. Sie muss nach Auffassung des BVR so gestaltet werden, dass die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland in keiner Weise eingeschränkt wird. Nach Fröhlich dürfen Förderkredite nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen, die Bildung von Eigenkapital nicht erschwert und die leistungsfähigen Institutssicherungen von Genossenschaftsbanken und Sparkassen nicht gefährdet werden. Außerdem bestehen die Genossen darauf, dass die Politik eine verursachergemäße Abgabe sicherstellen müsse, und dass ihr unterliegende Institute auch dann ihre Abgabe entrichten müssen, wenn sie auf Jahre Verluste erwarten lassen. Staatsbanken dürfen von der Abgabe nicht ausgenommen werden, so der BVR-Präsident. Ferner gab Fröhlich auf der 66. Bankwirtschaftlichen Tagung des BVR Ende April in Berlin zu bedenken, dass ein „rein nationales Vorgehen Deutschlands oder einiger weniger europäischer Staaten bei der Bankenabgabe regional tätige Institute benachteiligen würde und zudem nicht geeignet sei, die Finanzmärkte zu stabilisieren“. Die Insolvenz von Lehman Brothers und der anschließende Tsunami auf den Finanzmärkten hätten gezeigt, dass die

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Mai 2010

Finanzen & Börse

WirtschaftsKurier

Cleverness statt Größe

Stühlerücken bei der MünchenerHyp

HanseMerkur | Wachstum durch Innovationen von petra schlitt

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llen Krisen zum Trotz: HanseMerkur will weiter auf Wachstumskurs bleiben. „Nach der Finanzkrise haben wir uns gefragt, ob wir 2009 weiter wachsen“, blickte der Vorstandsvorsitzende der HanseMerkur Versicherungsgruppe, Fritz Horst Melsheimer, zurück auf die Ausgangssituation Ende 2008 – und: „Wir haben damals an Wachstum geglaubt und unsere Hausaufgaben gemacht“. Wie aus dem Glauben an den Aufwärtstrend positive Geschäftszahlen wurden, dokumentierte Melsheimer bei der Vorlage der Geschäftszahlen. Die HanseMerkur Versicherungsgruppe wuchs abermals deutlich. Die Beitragseinnahmen kletterten spartenübergreifend um 7,4 % auf 962,2 Mio. Euro. Vor allem im Kerngeschäft private Krankenversicherung (PKV) legte der Konzern mit einem Plus von 9,2 % auf 700 Mio. Euro deutlich zu. Damit die Zahlen so erfreulich bleiben, muss der Versicherer aber am Puls der Zeit bleiben. Mit zwei Innovationen sollen die Positionen in den wichtigen Geschäftsfeldern Krankenversicherung und Reiseversicherung gestärkt werden. Mitte des Jahres soll der „ReiseMeister“ gestartet werden. Kunden der HanseMerkur können wichtige Dokumente wie Reisepass, aber auch Blutbilder, Informationen über Arzneien und ähnliches in das Portal einstellen. Falls im Ausland Dokumente verloren gehen oder ärztliche Hilfe notwenig ist, können die Daten via Internet abgerufen werden.

Die Vorstandsriege der HanseMerkur Versicherungsgruppe (v.l.): Dr. Andreas Gent, Holger Ehses, Vorstands­ vorsitzender Fritz H. Melsheimer, Eberhard R. Sautter und Peter Ludwig.  Foto: HanseMerkur

Bei den Versicherungen will HanseMerkur bei der seit 20 Jahren geförderten Naturheilkunde neue Wege gehen. Gemeinsam mit dem Hamburger Universitäts-Krankenhaus Eppendorf wurde das HanseMerkur Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin errichtet. Neben Forschung und Lehre umfasst es auch Versorgungseinheiten. Die generierten Mittel sollen in Forschung und Lehre investiert werden. Solche und ähnliche Innovationen sollen 2010 der Wachstumstreiber sein.

Interessante Objekte für Zukäufe sieht Melsheimer derzeit nicht. Im Fokus soll das Kostenmanagement stehen. So sollen die Klippen des immer wettbewerbsintensiveren Neugeschäfts umschifft werden. Auch für 2010 planen die Hamburger – trotz Verschuldungskrise – wieder Wachstum. Melsheimer hat die Milliarde im Blick. Konkret geplant ist eine Steigerung der Beiträge um 9 % auf 1,049 Mrd Euro. Verabschiedet haben sich die Hamburger von ihren Plänen des Ausbaus

des Geschäftsfelds Altersvorsorge. Erst Ende 2008 war ein eigenes Vorstandsressort Betriebliche Altersvorsorge geschaffen und mit einem Experten auf diesem Feld, Hans Melchiors, besetzt worden. Ein Jahr später wurde das Vorstandsressort wieder gestrichen. Um Rürup, Riester und Direktversicherungen kümmert sich nun wieder – wie zuvor – der für Kooperationen, Rechnungswesen und Reise-Direktionsvertrieb zuständige Vorstand Andreas Gent.

Hans Melchiors hat das Haus Ende 2009 verlassen, was erst Wochen später bekannt wurde. Melsheimer räumte ein, dass bei der Konzeption einige Fehler gemacht wurden. Die Wettbewerbsintensität sei bei der betrieblichen Altersvorsorge „sehr hoch“. Es hätte in großem Umfang in Systeme investiert werden müssen. „Geld ist da nicht zu verdienen“, sagte Melsheimer, „zumindest für uns nicht“. Geld konnten die Hamburger an anderer Stelle verdienen: In der Krankenvollversicherung stiegen die Beiträge um 9,2 % auf 699,5 Mio Euro. Absolut rangiert die HanseMerkur mit einem Marktanteil von 2 % zwar immer noch auf den hinteren Rängen, bei der Zahl der gewonnenen Kunden haben sich die Hamburger aber auf Rang drei vorgeschoben. Für Melsheimer ein Beleg, dass nicht Größe entscheidend ist, sondern „Cleverness“. Auch bei den Zusatzversicherungen für gesetzlich Krankenversicherte konnte das Institute die führende Position in der Privaten Krankenversicherung behaupten. Hier wurden 55 675 Neukunden gewonnen. Bei Spezialversicherungen sorgte die Zusammenarbeit mit dem Optiker Fielmann für positive Zahlen. 15 000 bis 20 000 Neukunden pro Woche registriert der Versicherer nach wie vor. Der Bestand liegt mittlerweile bei 4,1 Mio. Verhaltener war das Wachstum bei der Reiseversicherung, wo die HanseMerkur mit einem Marktanteil von 21 % die Nummer 2 ist – mit einem Beitragswachstum von 1,1 % auf 101,2 Mio. Euro.

Die MünchenerHyp – Immobilienfinanzierer im genossenschaftlichen FinanzVerbund – hat einen Generationswechsel an der Spitze vollzogen: Dr. Louis Hagen, promovierter Jurist und zuvor Geschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp), ist neuer Vorstandssprecher des Instituts. Hagen ist Nachfolger von Erich Rödel, der in den Aufsichtsrat bestellt wurde. Einen Generationswechsel gab es auch an der Spitze des Aufsichtsrats der MünchenerHyp: Prof. Willibald Folz, der seit drei Jahrzehnten die Geschicke der Bank mitbestimmt hat – zunächst in der Leitung, seit 1990 im Aufsichtsgremium –, beendet seine Tätigkeit. Ihm folgt Konrad Irtel nach, der dem Aufsichtsrat seit 2006 angehört. Irtel ist Vorstandssprecher der VR Bank Rosenheim-Chiemsee und Mitglied im Verbandsrat des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Hagen trat bereits im Juli 2009 in den Vorstand der MünchenerHyp ein. Nach dem Jura-Studium war der gelernte Bankkaufmann zunächst in einer Münchner Anwaltskanzlei tätig und arbeitete dann in verschiedenen Führungspositionen bei der HypoVereinsbank. Von 2001 bis Mitte vergangenen Jahres leitete er als Hauptgeschäftsführer den vdp – eine gute Voraussetzung für seine neue Tätigkeit. Denn die Refinanzierung über Pfandbriefe sind ein wichtiges Instrument für eine Hypothekenbank, die – in Kooperation mit den genossenschaftlichen Primärbanken – Kredite für Privatkunden anbietet und selbst Gewerbeimmobilien finanziert. heu/hp

Zukunftsmarkt Osteuropa

Die Letzten werden die Ersten sein

WestImmo | 2011 wieder höhere Gewinne möglich

vdp | Laut Präsident Rasche ist der Pfandbrief ein Krisengewinner

von Dr. Charlotte Schmitz

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ie Westdeutsche ImmobilienBank AG (WestImmo) führt es auf ihre konservativen Strategie zurück, dass sie bisher relativ unbeschadet durch die Krise gekommen ist. Sie konnte ihr Neugeschäft ausweiten. Eine gestiegene Risikovorsorge belastet allerdings die Bilanz. „Auch für das laufende Jahr werden wir eine Risikovorsorge in gleicher Höhe wie 2009 bilden“, sagte Vorstandsvorsitzender Peter Knopp bei der Jahrespressekonferenz in Frankfurt. „Wir ­sehen die Krise noch lange nicht als bewältigt an.“ Doch sind Aufwärtstendenzen zu spüren: Während 2009 das Neugeschäft erst im April anlief, sind in ­diesem Jahr schon im Februar neue ­Finanzierungen möglich gewesen. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres lagen die operativen Erträge bereits über denen des ersten Quartals im Vorjahr. Für 2010 erwartet Knopp eine „Seitwärtsbewegung“ des Geschäfts, erst 2011 seien wieder höhere Gewinne möglich. Die WestImmo, eine Tochter der WestLB, fuhr 2009 ein Ergebnis vor Steuern von knapp 75 Mio. Euro ein, 38 % weniger als im Jahr 2008, vor der Krise. Der Rückgang ist vor allem auf die gestiegene Risikovorsorge zurückzuführen, die jetzt bei 66 Mio. Euro liegt. Das Neugeschäft lag 2009 bei 6,2 Mrd. Euro, deutlich über dem schwachen Jahr 2008.

Der Druck auf den Euro bleibt Risiko „Wir könnten uns forcierter ins Neugeschäft wagen, wenn die Finanzmärkte eingeschwungen wären“, erklärte Knopp. Doch noch sei die Krise nicht ausgestanden. Als Beispiel für unvorhersehbare Risiken nannte er einen etwaigen Druck auf den Euro, ausgelöst etwa durch die Probleme in Griechenland. „Wir müssen Reserven bilden.“ Zur konservativen Strategie der WestImmo gehört eine Fokussierung auf den gewerblichen Immobilienmarkt. Das Geschäft mit Privatkunden

Das Hauptgebäude der WestImmo in Mainz. Fotos: WestImmo

wurde Anfang 2009 eingestellt. Die bestehenden Verträge laufen weiter. Eigentlich war geplant, das Segment der Privatkunden zu verkaufen. Doch die WestImmo fand eine elegantere Lösung: die WestLB-Abwicklungsanstalt. „Hier kann auch nicht-strategisches Geschäft eingebracht werden“, erläuterte Vorstandsvorsitzender Knopp. Das sei beim Privatkundensegment der WestImmo eindeutig der Fall. Der Vorteil: „Die Kunden merken nichts, sie bleiben bei uns“, sagte Knopp. Lediglich das Neugeschäft mit Privatkunden ist eingestellt. Die WestImmo steht vor einer ungewissen Zukunft wegen des geplanten Verkaufs ihrer

Mutter, der WestLB. Aussagen zu et­ waigen Investoren oder zum Verkauf machte der WestImmo-Vorstand nicht. Das Portfolio der WestImmo ist regio­ nal stark gestreut – eine weitere Absicherung. Europa, neben Deutschland vor allem Osteuropa und hier insbesondere Polen, wird als Zukunftsmarkt gesehen. Aber auch die USA und Asien, vor allem Japan, sind wichtige Standbeine. Die WestImmo wird ihre Standorte weltweit beibehalten. „Wir haben uns auf keinem der Märkte zurückgezogen“, betonte Vorstand Claus-Jürgen Cohausz. „Nur so sind wir ein geeigneter Partner für unsere Kunden, global operierende Immobilieninvestoren.“ Einer der wichtigsten Kreditgeber der WestImmo bleiben die Sparkassen. Die Darlehenszusagen mit Sparkassen stiegen 2009 um 20 % auf 250 Mio. Euro. „Wir haben den Stallgeruch, wir wollen mit den Sparkassen zusammen­ arbeiten“, betonte Knopp. Die WestImmo hat Ende März ihren ersten Hypothekenpfandbrief des Jahres emittiert. Er lag bei einer halben Milliarde Euro. „Für uns ist es wichtig, dass der Pfandbriefmarkt funktioniert“, hob Peter Knopp hervor. Angestrebt ist eine Emission von Pfandbriefen in Höhe von 3 Mrd. Euro in diesem Jahr.

„Wir könnten uns forcierter ins Neugeschäft wagen, wenn die Finanzmärkte eingeschwungen wären.“  WestImmo-Chef Peter Knopp

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fandbriefe waren von der Krise als letztes Finanzierungsinstrument betroffen“, erklärte Henning Rasche, „und haben sich als Erste von ihr erholt.“ Der Präsident des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) nannte das Jahr 2009 „sehr herausfordernd“. Die Märkte hätten sich jedoch 2010 wieder normalisiert, zumindest für den Bereich der Pfandbriefe. Pfandbriefe finanzieren in Deutschland Immobilien, Staatskredite, Schiffe und Flugzeuge. In allen diesen Segmenten lag die Nachfrage 2009 unter der des Vorjahrs. Insgesamt nahmen die Darlehenszusagen um etwa ein Drittel ab, nämlich um 34,6 %. Insbesondere Schiffs- und Flugzeugfinanzierungen gingen stark zurück. Schiffe werden zurzeit von den Reedern kaum geordert, da angesichts der Krise die bestehenden Kapazitäten nicht ausgelastet sind. Langfristig rechnet der Verband jedoch mit weiterer Globalisierung und nach wie vor zunehmendem Transportbedarf, der überwiegend durch Schiffe gedeckt werden wird.

er Aufschläge von durchschnittlich 86 % (Hypothekenpfandbriefe) beziehungsweise 81 % (öffentliche Pfandbriefe), deutlich weniger als andere vergleichbare europäische Produkte. Die Aufschläge gingen nach dem Frühjahr 2009 kontinuierlich zurück. Rasche betonte, dass sich das Aufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank für Covered Bonds, zu denen die Pfandbriefe zählen, positiv ausgewirkt habe. Allerdings habe der deutsche Pfandbrief zum Zeitpunkt dieses Programms bereits Anzeichen der Erholung gezeigt.

nalen Rating­agenturen beraten, damit diese die besondere Sicherheit des Pfandbriefs bei ihren Bewertungsmethoden berücksichtigten. Der deutsche Gesetzgeber plant eine Überarbeitung des Pfandbrief­ gesetzes. Ziel ist es, die Position eines Sachwalters zu stärken, der die Insolvenz einer Pfandbriefbank abwickeln würde. Allerdings gibt es bisher keinen Präzedenzfall einer Insolvenz. Der vdp drängt bei der Überarbeitung des Gesetzes auf eine weitere Betonung der Transparenz. Er hat eine ­eigene „Transparenzinitiative“ gestartet, um

Lange Frist wieder im Kommen Auch die Zahl der Transaktionen bei Wohnungs- und Gewerbeimmobilien ging zurück, sodass auch hier das Geschäft litt. Rasche geht jedoch davon aus, dass die Abschlüsse für Gewerbeimmobilien 2010 wieder über denen von 2009 liegen, denn er sieht einen steigenden Bedarf an langfristigen Finanzierungen. Hier sei der Pfandbrief ein zinsgünstiges Angebot. Rasche betonte, dass Pfandbriefe während des gesamten Verlaufs der Krise jederzeit Zugang zu Liquidität boten. Es habe keine Engpässe gegeben. 2009 wurden zwar 28 % weniger Pfandbriefe platziert als im Vorjahr, doch betrug ihr Wert immerhin noch 110 Mrd. Euro. Dabei wurden verstärkt kleinere Summen finanziert. Nur bei 18 % der Emissionen handelte es sich um sogenannte Jumbos mit mindestens 1 Mrd. Euro Volumen. Der deutsche Pfandbrief blieb im internationalen Vergleich trotz der Krise relativ günstig. Im April 2009 erreichte

Mit Pfandbriefen werden unter anderem Schiffe finanziert. Die Reeder ordern krisenbe­dingt aber kaum – darunter leiden auch die Banken. Foto: Fotolia

Pfandbriefe seien wegen ihrer strengen Regulierung, ihrer einfachen Struktur und ihrer Transparenz „einer der wenigen Gewinner der Finanzkrise“, sagte Rasche in Frankfurt. Die staatliche beziehungsweise internationale Regulierung des Finanzmarkts könne unbeabsichtigt auch das Instrument des Pfandbriefs schädigen. „Pfandbriefe werden wie strukturierte Produkte behandelt. Das sind sie jedoch gar nicht“, betonte vdp-Haupt­ geschäftsführer Jens Tolckmitt. Deshalb habe der Verband die internatio-

das Instrument des Pfandbriefs noch verständlicher zu machen. Im Lauf des Jahres startet der Verband eine ­Internetplattform zum Vergleich der Konditionen verschiedener Pfandbriefe. Die Daten können dann per Mausklick in Datenbanken übernommen werden. Rasche wird bei der Mitgliederversammlung des vdp im Juni sein Amt aufgeben. Die bisher hauptamt­liche Präsidentschaft mit 35 Mitgliedern wird sein Nachfolger dann ehrenamtlich ausüben. cs

ENERGIe & Effizienz

Mai 2010

WirtschaftsKurier

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Vollversorgung mit Ökostrom

Erneuerbare-Energien-Gesetz

Champions League der Sportarenen

„Made in Germany“ expandiert

Solarenergie aus Spanien und Windenergie aus Skandinavien: Eine 100 %ige Stromversorgung in Europa ist realisierbar. Seite 18

Das EEG feiert zehnjähriges Jubiläum: Die Richtlinie steht auf dem Prüfstand und heizt die politische Debatte an. Seite 18

Energieeffiziente Fußballstadien in Bielefeld, Augsburg und Freiburg punkten mit umwelt­ freundlichen Systemen. Seite 19

Das Wirtschaftsministerium unterstützt deutsche Solarfirmen bei der Erschließung ausländischer Märkte. Seite 20

Die Natur Green Gecco | Das neue Joint Venture von

von philipp tröbinger

G

eckos sind kleine, flinke Ech­ sen, die sich aufgrund ihrer hervorragenden Anpassungs­ fähigkeit seit etwa 50 Mio. Jahren ­weltweit in den verschiedensten Le­ bensräumen angesiedelt haben. Das Kriechtier steht nun für eine pro­ jektbezogene Kooperation zwischen 26 Stadtwerken und RWE Innogy mit dem Namen „Green Gecco“ – ­GEmeinsam Clever CO2 Optimieren“. Bei der Vertragsunterzeichnung er­ klärte Prof. Fritz Vahrenholt, Ge­ schäftsführer des RWE-Tochterunter­ nehmens, dass der Projektname kein Zufall ist: „Flexible Anpassung an die äußeren Gegebenheiten ist auch das Erfolgsrezept der erneuerbaren Ener­ gien. Wir müssen dort investieren, wo der Wind besonders stark weht, die Sonne brennt oder ausreichend na­ türliche Einsatzstoffe für unsere Bio­ masse- oder Biogasanlagen in der di­ rekten Umgebung vorhanden sind.“ Im Februar 2010 schlossen sich die 26 Stadtwerke und regionalen Ener­ gieversorger – vorwiegend aus dem Nordwesten der Bundesrepublik – zu einer Beteiligungsgesellschaft zusam­ men, die 49 % an Green Gecco hält.

Die restlichen 51 % der Anteile liegen bei RWE Innogy, die die Aktivitäten und Kompetenzen im Bereich erneu­ erbarer Energien innerhalb des RWEKonzerns bündelt. „RWE Innogy ist ein sehr guter Partner, um sich in ei­ nem gemeinsamen Unternehmen mit Stadtwerken am nachhaltigen Umbau der deutschen Energiewirtschaft zu beteiligen“, lobte Norbert Ohlms, Mit­ glied der Geschäftsführung von Green Gecco und Vertreter der StadtwerkePartner, die geplanten Aktivitäten im Verbund.

Gemeinsam gegen den Klimawandel Die 27 Partner von Green Gecco ha­ ben sich das Ziel gesetzt, langfristig angelegte Projekte in der regenerati­ ven Energieerzeugung gemeinsam zu identifizieren, zu entwickeln und zu realisieren. Die Zusammenarbeit in den Bereichen Windkraft, Biomasse, Geothermie, Biogas, Wasser und So­ larthermie erfolgt nicht nur auf deut­ scher, sondern auch auf europäischer Ebene. Das Gemeinschaftsunternehmen will ein internationales Portfolio von vielseitigen Projekten aufbauen, um sogenannte grüne Energien zu produ­ zieren. Zur Aufnahme neuer Projekte

ist dabei eine 75 %ige Mehrheit der beteiligten Partner erforderlich. Ne­ ben Technologien wie solarthermi­ schen Kraftwerken und Geothermie stehen insbesondere Biogasanlagen, Windparks sowie Wasser- und Bio­ masseheizkraftwerke im Fokus des ins Leben gerufenen Energieunterneh­ mens.

Breiter Technologiemix im Portfolio Der Unternehmensverbund trägt zu einer nachhaltigen Versorgungssicher­ heit in Europa bei und will bis zum Jahr 2020 etwa 1 Mrd. Euro in die Strom- und Wärmeproduktion aus er­ neuerbaren Energien investieren. „Wir wollen mit Green Gecco viel bewegen. Um dem Unternehmen auch einen guten Start zu ermöglichen, haben wir uns dazu verpflichtet, in den kom­ menden zwei Jahren Green Gecco ­jedes neue 100 %ige RWE-Innogy-­ Projekt in Deutschland anzubieten“, erläuterte Vahrenholt. Diese Umstän­ de ermög­lichen gute Startbedin­ gungen für die Partnerorganisation, um ein inte­ressantes Portfolio auf der ­Basis eines breiten Technologiemix zu ent­wickeln. Das erste Projekt des jungen Joint Ventures steckt auch schon in der

Suche nach Wachstumsfeldern

als Vorbild RWE Innogy und 26 Stadtwerken

„Pipeline“: Bis Herbst 2010 will Green Gecco den Onshore-Windpark „An Suidhe“ im Norden Schottlands in das Unternehmens­portfolio aufnehmen. Die Region an der schottischen Küste eignet sich aufgrund der hohen Wind­ geschwindigkeiten hervorragend zur Energieerzeugung. Der Windpark be­ findet sich derzeit im Aufbau und soll 2011 mit einer installierten Leistung von 20 Megawatt den Betrieb aufneh­ men. Mit 23 Turbinen soll die Anlage nach Fertigstellung rund 14 000 Haus­ halte mit Strom versorgen. Der Ge­

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Elektromobilität – einstellen“, so der Vorstandsvorsitzende. 40 Mio. Euro hat der Oldenburger Energieanbieter in Forschung und Entwicklung gesteckt. Investiert wurde vor allem in erneuer­ bare Energien, Energieeffizienz, Ener­ gieeinsparung und Elektromobilität. Auf dem Gebiet der Elektromobilität präsentieren die Oldenburger den E3. Das Elektroauto wurde zusammen mit Karmann in Osnabrück entwickelt. Der E3 dient vor allem Wissenschaftszwe­ cken. Zudem wurde 2009 das EWEForschungszentrum Next Energie in Betrieb genommen. Damit wurden nach Brinker 2009 zwei zentrale Pro­ jekte realisiert. Vorangetrieben wird auch das En­ gagement auf dem Gebiet erneuerba­ rer Energien. Ende April 2010 ist der erste Offshore-Windpark in deutschen

Der Offshore-Windpark „alpha ventus“ nördlich der Insel Borkum.

Foto: EWE

Hoheitsgewässern nördlich der Insel Borkum offiziell in Betrieb genom­ men worden. Mit insgesamt zwölf Windenergieanlagen soll der zirka 500 Fußballfelder große Offshore-Wind­ park „alpha ventus“ Energie für etwa 50 000 Drei-Personen-Haushalte er­ zeugen. Die drei Investoren – EWE, E.ON und Vattenfall – haben 252 Mio. Euro investiert. Die Projekte Elektro­ auto, Next Energie und alpha ventus deuten die künftige Ausrichtung des Konzerns an. Nach der Beteiligung an alpha ventus sucht Brinker jetzt Part­ ner für das nächste Projekt „BorkumRiff“, das in die konkrete Planungs­ phase geht. Die Wirtschaftskrise ist auch an der EWE nicht spurlos vorbeigegangen. Der Konzern spürte die Flaute insbesondere am Stromabsatz bei Geschäfts- und In­ dustriekunden, in den Sparten der In­ formationstechnologie und bei den Be­ teiligungen in Polen und in der Türkei. Der Betriebsgewinn ging um rund 3 % auf 414 Mio. Euro zurück. Der Konzern­ überschuss sank um gut 5 % auf 199,4 Mio. Euro. Zwar stieg der Umsatz des Konzerns 2009 um 9 % auf 5,8 Mrd. Euro, aber der größte Teil des Wachs­ tums resultierte aus der Einbeziehung des Bremer Energieversorgers swb, der nach der Übernahme im Oktober 2009 mit einem Viertel seines Umsatzes und Gewinns in die Konzernbilanz der EWE einging.  heu

land betreten, von dem alle Partner profitieren können. Die beteiligten Akteure streuen durch ihre hohe Teil­ nehmerzahl die Chancen, aber auch die Risiken. Insbesondere die kleinen und mittelgroßen Stadtwerke könnten Projekte in einer gewissen Größen­ ordnung nicht allein stemmen, die nun aufgrund des Verbunds in Reich­ weite gelangen. Auch das Know-how von RWE Innogy wird die Dynamik der gemeinsamen Vorhaben auf na­ tionaler und internationaler Ebene antreiben.

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EWE | Oldenburger wollen von der Energiebranche profitieren as Jahr 2009 war eines der wich­ tigsten Jahre der jüngeren EWEGeschichte“, gab sich Vor­ standsvorsitzender Werner Brinker auf der Jahrespressekonferenz des Olden­ burger Energiekonzerns überzeugt. Ge­ prägt haben das Jahr laut Brinker vor al­ lem der Erwerb des Bremer Energiever­ sorgers swb – 100 % minus eine Aktie – und der Einstieg der baden-württem­ bergischen EnBW bei EWE – als strate­ gischer Partner mit 27,4 %. Auf der Suche befindet sich der Ol­ denburger Energiekonzern aber auch nach neuen Wachstumsfeldern. „Die Energiewirtschaft steht vor großen Um­ brüchen. Die traditionellen Absatzbe­ reiche für Strom und Erdgas gehen zu­ rück. Wir wollen uns mit unseren For­ schungsprojekten auf den Wandel – etwa die zunehmende Bedeutung der

schäftsführer von RWE Innogy be­ grüßte das Engagement im nördlichen Großbritannien: „Es freut mich be­ sonders, dass unser erster Schritt im Ausland geplant ist – denn das zeigt den Geist von Green Gecco. Unsere Initiative gibt unseren kommunalen Partnern die Möglichkeit, sich auch außerhalb Deutschlands zu engagie­ ren und auf besonders effiziente Art und Weise den eigenen Energiemix zu op­timieren.“ Green Gecco hat als neu gegründe­ tes Gemeinschaftsunternehmen Neu­

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18  Solartechnik

Mai 2010

Energie & Effizienz

WirtschaftsKurier

Keine Vorurteile bitte Erneuerbare Energien | Eine europäische Vollversorgung mit Ökostrom ist nicht nur realistisch, sondern auch bezahlbar Norden her nach Südeuropa geleitet werden. Im Idealfall würden eine leis­ tungsfähige sowie intelligente Steue­ rung und Kombination erneuerbarer Energien die Grundlage einer inno­ vativen Energieversorgung schaffen. Diese effektive Regulierbarkeit würde die Energieversorgung in Europa revo­ lutionieren.

von philipp tröbinger

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ür die Verfechter einer aus­ schließlich nachhaltigen Ener­ gieversorgung muss es wie Bal­ sam für die Seele sein. Denn nun ist es amtlich: Eine 100 %ige europäische Vollversorgung mit Strom aus erneu­ erbaren Energien ist realisierbar. Da­ bei soll diese radikale Umstellung ­weder mehr kosten noch weniger ­verlässlich sein als das gegenwärtige System. Zu dieser Schlussfolgerung kommt eine aktuelle McKinsey-Studie, die von der Europäischen Klimastif­ tung (ECF, European Climate Founda­ tion) in Auftrag gegeben wurde. Die Studienergebnisse räumen mit den altbekannten Vorurteilen gegenüber regenerativen Energien wie „unbe­ zahlbar“ oder „zu unsicher“ auf und bringen neue Argumente in die Dis­ kussionskultur um die Energiesysteme von morgen. „Die in der aktuellen deutschen Diskussion ständig wieder­ holte Behauptung, erneuerbare Ener­ gien seien sündhaft teuer und nicht in der Lage, eine verlässliche Voll­ver­sorgung mit Strom sicherzustellen, erweist sich als interessengeleitete Angstkampagne“, kommentierte Rai­ ner Baake, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die aktuelle Analyse. In die von der Beratungsgesellschaft McKinsey erarbeitete Untersuchung „Roadmap 2050: Praktische Anleitung für ein kohlestoffarmes Europa“ wa­ ren die Akteure der Branche miteinge­ bunden: Neben den Stromversorgern RWE, Vattenfall und E.ON sowie füh­ renden Netzbetreibern wie Tennet be­ teiligten sich auch die Hersteller von Kraftwerksanlagen wie etwa Siemens und Vestas sowie Umweltorganisatio­ nen an der Studie. Das Ergebnis fiel überraschend eindeutig aus: Bis zum Jahr 2050 kann der europäische Kon­ tinent vollständig mit Elektrizität aus regenerativen Energien versorgt wer­

Intersol ar 2 010 Im Vorfeld der Intersolar Europe 2010 – der größten internationalen Fachmesse für Solartechnik – greift der vorliegende WiKu-Sonderteil „Solar“ aktuelle Themen der Branche auf.

Sonnenenergie aus Spanien und Windenergie aus Skandinavien: Eine leistungsfähige und intelligente Steuerung von Ökostrom würde die Energie­versorgung in Europa revolutionieren. Fotos: Fotolia

den, ohne dabei merklich teurer zu sein als die Fortführung der konventio­ nell erzeugten Energie. Damit ist eine klimaneutrale, nachhaltige und risiko­ arme Stromversorgung innerhalb ei­ ner Generation machbar und auch be­ zahlbar. Der Untersuchung nach wür­ de eine europaweit vernetzte Beliefe­ rung von Ökostrom für private und in­ dustrielle Zwecke genauso zuverlässig und sicher sein wie mit dem gegen­ wärtigen Stromsystem. Die McKinsey-Studie geht von be­ reits bestehenden oder bald einsatz­ bereiten Technologien aus. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass eventuelle technologische Durchbrü­

che die Entwicklungen zusätzlich an­ treiben würden und das prognostizier­ te Ergebnis von 2050 schon früher ein­ treten würde. Nach den gegenwärtigen Bedingungen und Möglichkeiten der Technik müssen für eine vollständige Versorgung mit Ökostrom 15 % aus so­ larthermischen Anlagen in Nordafrika importiert werden. Das Desertec-Kon­ zept dürfte diesbezüglich die entspre­ chende Grundlage bieten. Darüber ­hinaus, so eine weitere Schlussfolge­ rung der Studie, müsste die Geother­ mie umfassender einbezogen werden. Hintergrund der von der Euro­päi­ schen Klimastiftung initiierten Analy­ se sind die von politischen Akteuren

beschlossenen Richtlinien, nach de­ nen Industrieländer ihre CO2-Emissio­ nen bis 2050 erheblich – bis zu 90 % – reduzieren müssen. Damit soll die Be­ grenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius erreicht werden. Diese ehrgeizigen Pläne zur „fast klimaneut­ ralen“ Stromversorgung erfordern ein Umdenken der Branche und der Poli­ tik. Die Untersuchung von McKinsey legt den notwendigen Handlungsbe­ darf dar: Demnach muss das Energie­ system insgesamt effizienter werden und die politischen Akteure müssen klare Zielsetzungen für die absehbare Zukunft verfassen, um der Wirtschaft Planungs- und Investitionssicherheit

zu gewährleisten. Eine besondere ­Herausforderung wird dabei die Schaf­ fung eines leistungsstarken Strom­ netzes zwischen Nord- und Südeuro­ pa sein, das den reibungs­losen Aus­ tausch von großen Elektri­zitätsmengen aus variabel einspei­senden Sonnen-, Wind- und Wasserkraftwerken erlaubt. Der Ausbau der be­­stehenden Netze wäre in diesem Zusammenhang un­ erlässlich. Folgendes S­zenario wäre möglich: In wind­armen Zeiten könnte Sonnenenergie aus Spanien oder Nordafrika nach Nordeuropa transfe­ riert werden. Umgekehrt könnte etwa bei wind­reichen, aber sonnenarmen Wetterbedingungen der Strom vom

Wann? 9. bis 11. Juni 2010 Wo? Neue Messe München Was? Die Intersolar gilt als internationale Drehscheibe für Solartechnik und zeigt entlang der gesamten Wertschöpfungskette Trends und Entwicklungen in den Bereichen Pho­tovoltaik und Solarthermie auf. Als Branchentreffpunkt bringt die Fachmesse unter dem Motto „Connecting Solar Business“ Entscheider aus der Solarwirtschaft zusammen. Programm: Intersolar Award in den Bereichen „Solarthermie“, „Photovol­ taik“ und „PV Produktionstechnik“, Neuheitenbörse, Job & Karriere Forum, Gemeinschaftsstand Solar Innovations „Made in Germany“ für junge innovative Solarunternehmen. Fakten: 1 500 Aussteller, 130 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Über 60 000 Besucher werden erwartet, davon etwa 40 % Fachbesucher aus dem Ausland. Anmerkung: Verglichen mit 2009 wird die Intersolar 2010 sowohl in Bezug auf die Aussteller als auch auf die Aus­stellungsfläche – nach aktuellen Zahlen – erheblich wachsen. pht

Zehn Jahre EEG

Sauberer Strom – bei jedem Wetter

Erneuerbare-Energien-Gesetz | Die Regelungen stehen derzeit auf dem Prüfstand

Interview | Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien

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as am 1. April 2000 in Kraft getretene „Gesetz für den Vor­ rang Erneuerbarer Energien“ (kurz EEG) gilt als beispiellose Er­ folgsgeschichte für den Aufstieg ei­ ner ganzen Branche. Die darin ver­ fasste Förderung der Stromerzeu­ gung mit Wind, Sonne, Wasser und Biomasse soll bis zum Jahr 2020 dazu führen, dass die regenerativen Ener­ gien rund 30 % zum Verbrauch in Deutschland beitragen. Die Zielset­ zung des EEG ist es unter anderem, klimafreundlichen und erneuerbaren Energien den Markteinstieg zu er­ leichtern.

Positive Auswirkungen des EEG auf die deutsche Wirtschaft Nach zehn Jahren EEG zieht die Bran­ che ein Resümee. Die erneuerbaren Energien entwickelten sich zu einem starken Wirtschaftsfaktor, der auf eine „steile Karriere“ zurückblickt. Die positiven Effekte für die Umwelt, die Volkswirtschaft und den Arbeits­ markt können nicht abgestritten wer­ den. Das Erneuerbare-Energien-Ge­ setz förderte den deutschen Anlagen­ bau, ­generierte dadurch technologi­ sche Innovationen und schaffte der Branche damit eine gute Ausgangs­ position im internationalen Wett­ bewerb. Heute arbeiten etwa 300 000 Beschäftigte in diesem Wirtschafts­ zweig – nach Pro­gnosen sollen in zehn Jahren mehr als 400 000 Men­ schen in diesem Segment tätig sein. Der Anteil erneuerbarer Energien am erzeugten Strom stieg von 6,6 % im Jahr 2000 auf beachtliche 16 % 2009. Das Ziel der Bundesre­gierung, den Anteil bis zum Jahr 2020 auf 30 % zu heben, ist ambitioniert, aber nicht aussichtslos.

Das EEG regelt die Bezahlung von den die Fördersätze im Zeitablauf regenerativem Strom und wurde als ­degressiv gestaltet, damit durch die Modell der Einspeisevergütung von schrittweise Absenkung der Vergü­ über 40 Ländern übernommen – es tungen Anreize zur Anlageneffizienz gilt als das weltweit meistkopierte stimuliert werden und somit – lang­ Energiegesetz. In § 1 wird der Zweck fristig gesehen – die Unabhängigkeit der rechtlichen Bestimmung wie folgt von der Förderung angestrebt wird. Zu seinem zehnjährigen Jubiläum formuliert: „Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des steht das EEG – vielleicht mehr denn Klima- und Umweltschutzes eine je – auf dem Prüfstand. Angeheizt wird die Debatte durch die An­ nachhaltige Entwick­ kündigung von Bundesum­ lung der Energiever­ weltminister Norbert Rött­ sorgung zu ermögli­ gen, die Förderung von chen, die volkswirt­ Solarstrom spürbar zu schaftlichen Kosten kürzen. Auch wenn die der Energieversor­ Grundidee der Regelun­ gung auch durch gen auf breite Zustimmung die Einbeziehung stößt, sorgt sie immer wie­ langfristiger ex­ der für Diskussionen. terner Effekte zu Die Argumente für verringern, fossile oder gegen das Gesetz Energieressourcen reichen vom „Nutzen zu schonen und die für den Arbeitsmarkt, Weiterentwicklung den Klimaschutz und von Technologien die Volkswirtschaft“ bis zur Erzeugung von hin zu „hohen Strom­ Strom aus Erneuer­ preisen durch die baren Energien zu EEG-Umlage“. So um­ fördern.“ Das EEG stritten und polarisie­ sieht die Verpflichtung rend das Erneuerbareder Netzbetreiber vor, Energien-Gesetz den Strom aus auch ist, war es doch Wind-, Photovolta­ maßgeblich daran ik- und BiomasseDas Erneuerbare-Energienbeteiligt, dass die Anlagen einzuspei­ Gesetz feiert zehnjähriges sen und eine dafür ­Jubiläum. Gegenwärtig heizen B u n d e s r e p u b l i k Deutschland im Be­ festgelegte Vergü­ die EEG-Richtlinien die poli­ tung zu leisten. Da­ tische Debatte an. Foto: Fotolia reich der regenerati­ ven Stromerzeugung bei wird den Anla­ genbetreibern, aber auch den Haus­ weltweit eine technologisch führen­ besitzern mit Solarsystemen auf dem de Rolle einnimmt. Die aktuelle poli­ Dach ein fester Vergütungssatz – mit tische Debatte wird die Argumenta­ einer Laufzeit bis zu 20 Jahren – für tionsschwerpunkte festlegen und die die Energieerzeugung garantiert. künftige Richtung vorgeben – noch Nach mehrfacher Novellierung wur­ ist alles offen. pht

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as Erneuerbare-Energien-Ge­ setz (EEG) dominiert derzeit die politische Diskussion. Der Wirt­ schaftsKurier sprach mit Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneu­ erbare Energien, über das Prinzip sowie den Status quo des EEG und über die Stromversorgung der Zukunft. WirtschaftsKurier: Wie funktioniert das Erneuerbare-Energien-Gesetz? Jörg Mayer: Sinn und Zweck des EEG ist, für erneuerbare Energien einen fairen Zugang in einem von wenigen Akteuren dominierten Markt zu schaffen. Grundprinzip ist eine ga­ rantierte, technologiespezifische Ein­ speisevergütung für regenerativen Strom. Das bedeutet: Von Wind- und Solarenergie über die Verstromung von Biomasse bis hin zu neuen Was­ serkraftwerken oder Geothermiean­ lagen erhält jede Art der Energiege­ winnung eine bedarfsgerechte Ver­ gütung pro Kilowattstunde Strom. WiKu: Was bedeutet „bedarfsgerecht“? Mayer: Die Höhe der Vergütung orien­ tiert sich an den Investitionskosten der jeweiligen Anlage und wird von der Politik regelmäßig überprüft und angepasst. Ziel ist, die Förderung im­ mer weiter abzuschmelzen, bis die erneuerbaren Energien mit den Prei­ sen von konventionell erzeugtem Strom mithalten können. Beim Wind­ strom haben wir diesen Punkt schon fast erreicht. Andere Technologien – wie Photovoltaik – werden die Wett­ bewerbsfähigkeit später erlangen, müssen aber trotzdem heute schon entwickelt und ausgebaut werden. WiKu: Woher kommt das Geld für die EEG-Vergütung? Mayer: Die Vergütung wird über eine Umlage auf den Strompreis finan­

ziert. Das heißt, die Verbraucher zah­ len einen geringen Anteil ihrer Strom­ rechnung für den Ausbau der erneu­ erbaren Energien. Für einen durch­ schnittlichen Drei-Personen-Haus­ halt beträgt die EEG-Umlage aktuell etwa sechs Euro pro Monat. Das Um­ lageprinzip hat einen großen Vorteil gegenüber einer staatlichen Subven­ tion: Es verhindert, dass die Vergü­ tung für Ökostrom bei jeder Haus­ haltsdebatte im Bundestag wieder neu ausgehandelt werden muss. WiKu: Klingt nach sicherer Investition. Mayer: Das ist es auch. Die Vergütung ist so kalkuliert, dass jeder Investor im Förderzeitraum von 20 Jahren seine Investitionssumme plus eine gewisse Rendite erwirtschaftet. Aus­ ruhen kann sich die Branche aber dennoch nicht: Die Fördersätze sind nämlich degressiv angelegt. Jedes Jahr ist die Vergütung für neue Anla­ gen etwas niedriger als im Vorjahr. So unterliegen die Hersteller einem ständigen Kostensenkungsdruck. Die Fördersumme für EEG-Strom wird deshalb auch nicht endlos wei­ terwachsen, sondern voraussichtlich ab Mitte des laufenden Jahrzehnts zurückgehen. Sinken die Anlagen­ preise schneller als gedacht und fällt deshalb die Rendite überdurch­ schnittlich hoch aus, wird die För­ derung auch mal außer der Reihe gekürzt. WiKu: Konkret heißt das: Wer keine eigene Anlage betreibt, hat nur Kosten aber keinen Nutzen? Mayer: Das ist eine sehr verkürzte Sicht­ weise. Vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitiert letztlich jeder Ein­ zelne. Denn Sonne, Wind, Energie­ pflanzen, Wasserkraft und Erdwärme stehen unerschöpflich zur Verfügung.

Jede Region kann entsprechend ihrer klimatischen und naturräumlichen Stärken einen Beitrag zur Energiever­ sorgung leisten. Damit machen wir uns unabhängig von Kohle, Öl und Erdgas, die immer knapper und teu­ rer werden. Allein im Jahr 2009 haben erneuerbare Energien fossile Brenn­ stoffe im Gegenwert von 6,4 Mrd. Euro ersetzt. Die Wertschöpfung fließt nicht ab, sondern bleibt in den Regionen. Das EEG wirkt hier wie ein Konjunkturprogramm für den inno­ vativen Mittelstand, der seine Tech­ nik in alle Welt exportiert. WiKu: Hat das EEG zehn Jahre nach ­Inkrafttreten sein Hauptziel, die Marktreife erneuerbarer Energien, nicht bald erreicht? Mayer: Innerhalb dieses Zeitraums hat sich der Anteil regenerativer Energien am Stromverbrauch mehr als ver­ dreifacht. Er liegt heute bei gut 16 %. Damit hat sich das EEG im inter­na­tionalen Vergleich als effektivstes Förderinstrument für den Ausbau er­ neuerbarer Energien erwiesen. In Zu­ kunft muss neben dem quantitativen Wachstum auch eine qualitative Ver­ stetigung des Stromangebots enthal­ ten sein. Das EEG begünstigt ja eine dezentrale, mittelständische Struktur der Energieversorgung. Diese muss nun besser vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. Das Ziel muss sein, das schwankende Angebot von Wind- und Sonnenenergie durch speicherbaren Strom aus Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme auszu­ gleichen. Zusammengeschaltet zum Kombikraftwerk können erneuerbare Energien die Stromversorgung der Zukunft sicher, umweltfreundlich und langfristig kostengünstig ge­ währleisten – bei jedem Wetter.

Mai 2010

Energie & Effizienz

WirtschaftsKurier

Solartechnik 

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Erste Liga in Sachen Umweltschutz Energieeffiziente Fußballstadien | Sportarenen in Bielefeld, Augsburg und Freiburg haben Vorbildcharakter von philipp tröbinger

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m Sport geht es um den Wett­ bewerb von Mannschaften oder Einzelkämpfern, wobei ein Sieger gekürt werden soll. „Gewinnen“ ist also die vorprogrammierte Zielsetzung im athletischen Wettkampf. Diese ur­ sprüngliche Sporttugend des „Gewin­ nens“ überträgt sich nun auch in öko­ nomischer und ökologischer Hinsicht auf die „Kampf-Arenen“: Beim Bau moderner Fußballstadien wird zuneh­ mend auf lokale Energiegewinnung und -einsparung gesetzt. Mit effizien­ ten Energiesystemen werden Stadion­ betreiber der gesellschaftlichen Ver­ antwortung der Nachhaltigkeit ge­ recht. Ein Referenzprojekt dieser Art ist die Schüco-Arena in Bielefeld. Die Heim­ stätte des Zweitligisten Arminia ist mit einer eigenen Solarstromanlage aus­ gestattet, die rund 20 % des jährlichen Stromverbrauchs mit Sonnenenergie abdeckt. Die Ostwestfalen besitzen mit zwei unterschiedlichen Photovol­ taik-(PV-)Konzepten auf der Süd- und Osttribüne eine der größten Solaran­ lagen auf einem Fußballstadion. Die standardisierte PV-Dachlösung der Südtribüne – im Winkel von 30 Grad aufgestellt – ist bereits seit 2000 in ­Betrieb. Seit der Bundesliga-Saison 2008/09 spielt die Arminia mit „neuer

Die Arminia-Heimstätte verfügt über zwei verschiedene Solar-Konzepte.

erneuerbarer“ Energie: Das Bielefelder Stadion verfügt seitdem über eine wei­ tere Photovoltaik-Anlage als teiltrans­ parentes Dach der Osttribüne. Beson­ deres Merkmal ist dabei, dass die So­ larzellen nicht auf dem Glasdach mon­ tiert, sondern in diesem integriert sind. Die von Schüco realisierte und mit Unterstützung der Bielefelder Stadtwerke betriebene zweite PV-An­ lage ist als großflächiges Hightech-­ Solardach bundesweit einzigartig. Die maßgefertigten Module holen jährlich auf einer Gesamtfläche von 1 420 Qua­ dratmetern rund 80 000 Kilowattstun­ den Solarstrom ein. Die Bielefelder Fußballarena würde aber dem Stadion-Namensgeber nicht gerecht werden, wenn dieser ­seine ­Expertise in der Energieeffizienz nicht auch in den gesamten Räumlich­­­keiten anwenden würde. Die ost­west­fä­lischen Spezialisten im Bereich energetisch nachhaltiger Bauweisen optimierten die Einsparpotenziale des Sportkom­ plexes anhand moderner Fenster-, Tü­ ren- und Fassadentechnik. Etwas mehr im Süden der Republik steht ein weiterer moderner Stadion­ bau, der die 1. Liga nicht nur im Be­ reich der Energieeffizienz anstrebt. Die Spielstätte des FC Augsburg, die impuls arena, ist das erste CO2-neutra­ le Fußballstadion der Welt und basiert auf dem ambitionierten Konzept der Lechwerke (LEW), des regionalen EVUs in Bayerisch-Schwaben. Die energetische Versorgung der FCA-Are­ na beruht auf der Wärmepumpen­ technologie, die die oberflächennahe Geothermie im großen Stil nutzt. Das Pumpsystem fördert rund 100 000 Li­ ter pro Stunde aus dem Grundwasser und entzieht diesem die gespeicherte Wärme, die anschließend zum Heizen des Stadions und des Spielfelds ge­ nutzt wird. In wärmeren Jahreszeiten hingegen wird das flüssige Nass mit einer Temperatur von etwa 10 Grad Celsius zum Kühlen eingesetzt. Dabei

Die Photovoltaik-Anlage als teiltransparentes Dach der Osttribüne der Schüco-Arena in Bielefeld. Fotos: Schüco

werden die Großwärmepumpen mit CO2-freiem Strom aus Wasserkraft an­ getrieben. Auch im sonnenverwöhnten Frei­ burg nutzt man die klimatischen Be­ dingungen für den Energiehaushalt des lokalen badenova-Stadions. Hier wurde bereits 1995 die Idee einer um­ weltfreundlichen Wettkampfstätte mit einer eigenen Solarstromanlage auf dem Dach verwirklicht. Damit holten die Breisgauer den Titel „erstes deut­ sches Solarstadion“ in den Südwesten der BRD. Die Heimstätte des SC Freiburgs ist mit zwei PhotovoltaikKraftwerken ausgestattet, die jährlich 146 000 Kilowattstunden umwelt­ freundlichen Strom erzeugen. Darü­ ber hinaus wird die Rasenheizung im badenova-Stadion mit umweltscho­ nenden Stirlingmotoren – Wärme­ kraftmaschinen – betrieben.

Die Beispiele aus der deutschen Sta­ dionwelt zeigen, dass der Fußball als populärste Sportart in Deutschland und die Technik in Form von modernen Energieanlagen von einer Win-win-Si­ tuation profitieren. Die beeindrucken­ den Fußballarenen erlauben die An­ wendung innovativer Technologien im großen Stil und geben mit ihren ­umweltfreundlichen Energiesystemen auch eine Vorbildfunktion im öffent­ lichen Bereich ab. Darüber hinaus sind moderne Fußballstadien Referenzob­ jekte deutscher Ingenieurskunst. Ob Auf- oder Abstieg – in der fikti­ ven „Energie-Effizienz-Liga“ spielen die Fußballclubs aus Bielefeld, Augs­ burg und Freiburg beziehungsweise deren Stadien ganz oben in der Cham­ pions League mit. So stehen am Ende alle auf unterschiedliche Art und Wei­ se auf der Gewinnerseite.

Unterstützung von ganz oben Woche der Sonne | Nachhaltige Energieversorgung

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ass die Solarenergie-Branche auf die Strahlkraft von oben angewiesen ist, dürfte ein­ leuchtend sein. Nun bekam sie auch die Unterstützung von der politischen Spitze: Bundeskanzlerin Angela Mer­ kel war Schirmherrin für Deutsch­ lands größte Solarkampagne, die bun­ desweite Woche der Sonne (1. bis 9. Mai 2010). Damit bekräftigte die Re­ gierungschefin die Bedeutung eines marktorientierten Ausbaus der

Bundeskanzlerin Angela Merkel war Schirmherrin der „Woche der Sonne“ – Deutschlands größter Solarkampagne. Foto: CDU / Herzau

­ olarenergie, die nach Merkel als S wichtige Zukunftstechnologie für den deutschen Wirtschaftsstandort, aber auch für die Klimaschutzziele von be­ sonderer Bedeutung ist. „Um unsere ehrgeizigen Ausbauziele bei den er­ neuerbaren Energien zu erreichen, ist es unabdingbar, die Bürgerinnen und Bürger von den Vorteilen einer Ener­

gieversorgung aus erneuerbaren Ener­ gien zu überzeugen“, so die Bundes­ kanzlerin. Die deutschlandweite Kampagne findet jährlich im Mai statt und infor­ miert die Bürger vor Ort über die Vor­ teile der solaren Strom- und Wärme­ erzeugung sowie den Ausbau der Son­ nenenergie im privaten als auch im ­öffentlichen Bereich. In Tausenden Gemeinden und Städten finden lokale Veranstaltungen, Aktionen und Feste statt, die den konkreten Nutzen der Technologie in den Vordergrund stel­ len und auch einen Blick hinter die Kulissen – zum Beispiel als Tag der ­offenen Tür bei Solaranlagenbetrei­ bern – erlauben. Die Woche der Sonne wird vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) organisiert und von zahlreichen Un­ ternehmen aus der Solarbranche – wie etwa Schüco, Solarworld, Bosch Solar Energy oder IBC Solar – unter­ stützt. Darüber hinaus werden die Ak­ tionen von einem umfassenden Netz­ werk aus Zentralverbänden des Hand­ werks, Umwelt- und Solarverbänden sowie kommunalen Organisationen getragen. Die deutsche Solarbranche zeigte sich erfreut über die prominente Un­ terstützung und fühlte sich auch in ih­ rer gesellschaftlichen Verantwortung einer nachhaltigen Energieversorgung bestätigt. „Wir freuen uns sehr, dass wir durch die Bundeskanzlerin Rü­ ckenwind von der Regierung erhalten haben. Solarenergie sichert in Deutschland Tausende von Arbeits­ plätzen und ­unterstützt die Klima­ schutzziele der Bundesregierung“, er­ klärte Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. pht

Mehr erneuerbare Energie fürs Stromnetz?

Die Stromerzeugung mit Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft ist in entlegenen Gebieten besonders ergiebig: egal ob in Wüsten, in den Bergen oder auf hoher See. Energieund Automationstechnik von ABB verbindet die erneuerbaren Energien mit dem Stromnetz, manchmal über sehr große Entfernungen. Etwa 70 Millionen Menschen können so schon jetzt erreicht werden. Unsere Anstrengungen, erneuerbare Energien besser zu nutzen, machen die Stromnetze intelligenter, schützen die Umwelt und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. www.abb.de/betterworld

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Natürlich.

03.05.2010 13:46:59 Uhr

20  Solartechnik

Schott Solar | Das EEG muss mit Weitsicht entwickelt werden

Phoenix Solar | Kommunale Photovoltaikanlagen bieten zusätzliche Einnahmen

von Lars Waldmann*

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1 000 Tonnen klimaschädlichem CO2. Die Einnahmen aus dem Verkauf des umweltfreundlichen Solarstroms be­ trugen bereits im ersten Betriebsjahr 2006 rund 440 000 Euro. Das Erneuer­ bare-Energien-Gesetz garantiert dem Kommunalunternehmen 20 Jahre lang eine Einspeisevergütung von 40,60 Cent pro eingespeister Kilowattstunde Solarstrom. In diesem Jahr findet die Erfolgs­ story der Gemeinde mit der Erweite­ rung des Solarparks eine Fortsetzung. Im Mai beginnt der Bau der zweiten kommunalen Solaranlage mit einer Spitzenleistung von 2,6 Megawatt. Die Gesamtleistung beider Anlagen be­ trägt damit 3,6 Megawatt und liefert Strom für über 1 000 Haushalte. Die Errichtung wird auch Phoenix Solar übernehmen. Der zweite Solarpark wird zu 25 % von der Kommune und zu 75 % von privaten Investoren der Gemeinde und Grundstücksbesitzern finanziert. Heutiger Vorstand des Kommunalun­ ternehmens Haimhausen ist der Käm­ merer Peter Haslbeck. Die Rendite der beiden Anlagen soll in soziale Projek­

te der Gemeinde fließen und wird ins­ besondere den Bereichen Öffentlich­ keit, Senioren und Kindern zugute­ kommen. Der Solarpark ist von den Änderun­ gen des Erneuerbare-Energien-Geset­ zes zum 1. Juli 2010 nicht betroffen, da die Bebauungspläne bereits vor dem Stichtag 23. März 2010 beschlossen wurden und die Anlage vor dem 31. Dezember 2010 in Betrieb gehen wird. Solarparks bieten für Gemeinden und Kommunen eine sichere und sau­ bere zusätzliche Einnahmequelle, die über viele Jahre konstant bleibt. Frei­ flächenanlagen können darüber hi­ naus zum Gewerbesteueraufkommen einer Standortgemeinde beitragen und die Region damit wirtschaftlich unter­ stützen. Auch Landwirten eröffnen sie neue Erwerbsmöglichkeiten. Die Gemeinde Haimhausen hat es vorgemacht: Sie nimmt mit ihren Pho­ tovoltaikprojekten eine Vorreiterrolle in Sachen Umweltschutz ein und zeigt, wie sich ökologischer Anspruch und wirtschaftliche Interessen vereinbaren lassen. Ein Ansatz, der vielleicht noch viele Nachahmer finden wird.

WirtschaftsKurier

Investoren sind verunsichert

Bayerische Erfolgsstory

ie 5 000 Einwohner zählende Gemeinde Haimhausen im bayerischen Landkreis Dachau deckt ihren Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Energien. Ein Teil des benötigten Stroms wird durch den Solarpark Haimhausen erzeugt, der im Jahr 2006 von dem in Sulzemoos, ebenfalls Landkreis Dachau, ansäs­ sigen Unternehmen Phoenix Solar er­ richtet wurde. Betreiber der Solaranlage ist die Ge­ meinde selbst. Sie gab im Jahr 2005 grünes Licht für den Bau der Photo­ voltaikanlage und gründete dazu das Kommunalunternehmen Haimhausen (Anstalt des öffentlichen Rechts). Vor­ stand des kommunalen Betriebs ­wurde Hans-Peter Felbermeier, der da­malige Kämmerer und heutige Bürgermeister der Gemeinde, der das Photovoltaik­ projekt engagiert vorantrieb. Phoenix Solar gewann 2005 die öf­ fentliche Ausschreibung für den Bau des Solarstrom-Kraftwerks, das im Jahr 2006 ans Netz ging. Die Solaranlage liefert seitdem sauberen Strom für rund 350 Haushalte und verhindert den jährlichen Ausstoß von knapp

Mai 2010

Energie & Effizienz

s gibt viele gute Argumente für Verbraucher und Investoren, sich für eine Solaranlage zu ent­ scheiden. In erster Linie ist sie wirt­ schaftlich sehr interessant. Denn das Erneuerbare-Energien-Gesetz – kurz EEG – garantiert dem Betreiber eine Vergütung über einen Zeitraum von 20 Jahren für jede Kilowattstunde Sonnenstrom, die er auf seinem Dach erzeugt und in das öffentliche Strom­ netz einspeist. Eine Investition in Solar ist verläss­ lich und überschaubar. Dank der ga­ rantierten Einspeisevergütung brau­ chen sich Betreiber von Photovoltaik selbst in wirtschaftlich unsicheren Zeiten keine Sorgen um Ausfallrisiken oder Zinsschwankungen zu machen. Zu verdanken ist dies vor allem dem EEG. Vor genau zehn Jahren hat der Deutsche Bundestag das EEG verab­ schiedet. Diese Richtlinie sollte den Anteil an regenerativen Energien am gesamten Energiemix erhöhen und Deutschland weniger abhängig von endlichen und fossilen Brennstoffen wie Öl, Erdgas und Kohle machen. Zehn Jahre nach Beschluss des EEG können wir auf eine Erfolgsgeschich­ te zurückblicken. Das Fördergesetz ist heute ein unverzichtbarer Beitrag für die Energiewende und Technolo­ gieförderung.

Erneuerbare Energien sind Wachstumsmotor für Deutschland Noch vor 15 Jahren gab es kaum Pho­ tovoltaikanlagen auf deutschen Dä­ chern. Heute sammeln fast eine halbe Million Anlagen Sonnenstrahlen ein und wandeln sie in Energie um. Deutschland gilt als Spitzenreiter bei der weltweit installierten Photovol­ taik-Leistung. Das EEG hat einen ent­

scheidenden Anteil an dieser Vor­ reiterstellung. Es macht Solarstrom zu einer gut kalkulierbaren alternativen Geldanlage – allerdings nur, wenn die PV-Anlage über leistungsstabile Kom­ ponenten verfügt. Die Rentabilität ei­ ner Photovoltaikanlage hängt nämlich

Qualitätsgeprüfte Komponenten, eine günstige Finanzierung und das Erneuerbare-Energien-Gesetz sind die Voraussetzungen für eine gewinnbrin­ gende Rendite. Die Förderung der Branche der erneuerbaren Energien gibt der Wirtschaft, der Industrie und dem Arbeitsmarkt Auftrieb. Dank des EEG gibt es jeden Tag neue Innovatio­ nen und neue Arbeitsplätze – heute arbeiten schon 300 000 Menschen in dieser Branche. Und in Zukunft wird diese Zahl weiter steigen.

Die Kürzung der Solarförderung verunsichert Investoren

Laut Lars Waldmann hängt die Ren­ tabilität einer Anlage stark von der Solarmodulqualität ab. Foto: Schott

ganz wesentlich von der Qualität – ins­ besondere der Solarmodule – ab. Da­ mit eine Solaranlage die erwünschten Renditen erwirtschaftet, sollte man daher auf Module setzen, die mög­ lichst viel Sonnenstrom einspeisen und dauerhaft standhalten. Nur Solar­ module, die über die 20 Jahre Förde­ rungszeitraum bestehen, sind beson­ ders wirtschaftlich. Schott Solar stellt solche Qualitätsmodule her. Alle Mo­ dule des Herstellers werden strengen Qualitätskontrollen unterzogen. Nur die Module, die diesem hohen Stan­ dard gerecht werden, kommen aufs Dach und erwirtschaften so dauerhaf­ te Erträge.

Doch zehn Jahre nach dem Start­ schuss des Gesetzes gibt es Hürden und Hindernisse, die es zu überwin­ den gilt – allen voran die weitere Kür­ zung der Solarförderung. Diese möch­ te die Bundesregierung außerplanmä­ ßig zum 1. Juli 2010 vornehmen. Das rüttelt an den Grundfesten des EEG und verunsichert Verbraucher und ­Investoren. Um die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien fortzu­ schreiben, muss das Fördergesetz mit Weitsicht weiterentwickelt werden. Politische Entscheidungen dürfen nicht das Wachstum der Branche bremsen und so die technologische Vorreiterrolle der deutschen Unter­ nehmen gefährden. Stattdessen muss die Förderung so angepasst werden, dass genug Spielraum für Forschung und Entwicklung bleibt und gleichzei­ tig Anreize zur Kostensenkung gege­ ben sind. Das Erneuerbare-EnergienGesetz ist ein wichtiges Instrument zur Technologieförderung – und leis­ tet einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz und zur Energie­ wende. Als solches muss es erhalten bleiben. *Lars Waldmann ist Public Relations Manager bei Schott Solar

Solardächer für Afrika

Asiatisches Know-how für’s Dach

Exportinitiative | Das Wirtschaftsministerium hilft beim Schritt ins Ausland

Suntech | Solaranlagen auf gewerblichen Gebäuden als interessante Investition

mer verschiedene von der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) erstell­ urch eine Teilnahme an den te Publikationen zurate ziehen. Län­ Fördermaßnahmen der Expor­ derprofile und Exporthandbücher in­ tinitiative Erneuerbare Energi­ formieren den Leser beispielsweise en konnten Unternehmer bislang rund über Marktpotenziale, politisch-recht­ 5 Mrd. Euro Umsatz mit ausländi­ liche Rahmenbedingungen in ausge­ schen Kunden generieren. Laut Um­ wählten Ziel­ländern, sie analysieren fragen finden etwa 60 % der Unterneh­ die Marktstrukturen und stellen die men Geschäftspartner vor Ort. Verträ­ Fördermöglichkeiten und Genehmi­ ge werden oft kurz nach den Veran­ gungsverfahren detailliert dar. Die staltungen unterzeichnet und die Ex­ dena organisiert darüber hinaus Tref­ portquote der Firmen steigt durch­ fen mit po­litischen Entscheidungs­ schnittlich um über 50 %. Da die Maß­ trägern und Veranstaltungen zu rele­ nahmen von teilnehmenden Unter­ vanten Märkten. Die Exportinitiative Erneuerbare nehmen rundum positiv bewertet werden, kann die Exportinitiative Er­ Energien bietet im Rahmen von Infor­ neuerbare Energien zu Recht stolz auf mationsveranstaltungen Unterneh­ mern die Möglichkeit, sich über po­ ihre sehr gute Bilanz blicken. Die Bedeutung der Erneuerbaren für tenzielle Absatzmärkte zu informie­ die Energieversorgung weltweit steigt ren. In Vorträgen erfahren Interessen­ stetig. Deutsche Unternehmen stellen ten mehr über einen Markteintritt im im Bereich der Erneuerbare-Energien- Zielland und können erste Kontakte Technologien sehr hochwertige Pro­ zu Experten vor Ort knüpfen. Die Initi­ dukte her, die aufgrund ihres Quali­ ative unterstützt deutsche Unterneh­ men auch beim Mar­ tätsstandards im Aus­ land große Wertschät­ „Leuchtturmpro- keting durch ein Aus­ landsmesseprogramm. zung erfahren. jekte erleichtern Firmen haben dort die Um das Exportpoten­ Firmen die Möglichkeit, ihre Pro­ zial deutscher Unter­ nehmen weiter zu stei­ Erschließung von dukte und Dienstleis­ tungen auf wichtigen gern, hat der Bundestag Exportmärkten.“ Leitmessen zu präsen­ im Jahr 2002 die Ex­port­  hristina Wittek C tieren. Mit geringem initia­tive Erneuerbare o r ­g a n i s a t o r i s c h e m Energien ins Leben ge­ rufen. Die vom Bundesministerium für Auf­wand können sie zu attraktiven Wirtschaft und Technologie (BMWi) Konditionen von der Sichtbarkeit ei­ verantwortete und finanzierte Initia­ nes deutschen Gemeinschaftsstands tive unterstützt kleine und mittelstän­ profitieren. Für die Geschäftsanbahnung im dische Unternehmen bei der Auslands­ markterschließung. Parallel dazu wirbt Ausland werden individuelle Ge­ sie für eine stärkere Verwendung er­ schäftsreisen veranstaltet. Auslands­ neuerbarer Energien auf internationa­ handelskammern (AHK) organisieren ler Ebene und erhöht damit die Sicht­ im Rahmen des AHK-Geschäftsreise­ barkeit der deutschen Erneuerbare- programms Gespräche mit ausgewähl­ ten Entscheidungsträgern und poten­ Energien-Technologien. Zur Vorbereitung eines Marktein­ ziellen Kooperationspartnern. Hier ha­ tritts können interessierte Unterneh­ ben Firmenvertreter die Möglichkeit, von Christina Wittek*

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vor Ort Unternehmen und Institutio­ nen zu besichtigen. Insgesamt wurden bereits 303 Auslandsgeschäftsreisen in 74 Ländern durchgeführt. Als Gegen­ stück dazu gibt es ein Einkäuferpro­ gramm im Inland. Es bringt poten­ zielle Kunden aus dem Ausland in deutsche Unternehmen, die auf diese Weise ihr Leis­tungs­angebot direkt prä­ sentieren können. Auch das sogenannte Mul­ti­pli­kato­ ren­programm, das von Germany Tra­ de and Invest (GTAI) organisiert wird, wendet sich an ein internationales ­Publikum. Das Programm verfolgt das Ziel, ausländischen Entscheidungs­ trägern Wissen über deutsche Erneu­ erbare-Energien-Technologien zu ver­ mitteln, damit diese das Know-how in ihrem Heimatland verbreiten können. Um deutsche Unternehmen frühzei­ tig in Entwicklungs- und Schwellen­ ländern zu positionieren, wurde das Projektentwicklungsprogramm (PEP), das derzeit in sechs Ländern Afrikas Projekte umsetzt, initiiert. Es unter­ stützt Firmen ebenfalls beim Markt­ eintritt durch die Bereitstellung von Informationen und fördert durch Wis­ sens- und Technologie-Transfer den Aufbau lokaler privatwirtschaftlicher Strukturen. Im Rahmen des von der dena reali­ sierten Solardachprogramms werden weltweit Solarthermie- und Photovol­ taikanlagen als Leuchtturmprojekte an repräsenta­tiven deutschen und inlän­ dischen Institutionen installiert. Po­ tenzielle Kunden können sich so pra­ xisnah in ihrer Heimat über Anwen­ dungsmöglichkeiten der Solartechnik informieren. Das erleichtert deutschen Firmen die Erschließung von Export­ märkten. Bis dato wurden bereits 25 So­lardächer weltweit errichtet. *Christina Wittek ist Referatsleiterin Erneuerbare Energien im BMWi

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ach dem langen Winter dieses Jahres begann für eine stetig größer werdende Gruppe spe­ zialisierter Installateure – die soge­ nannten Solarteure – im Frühjahr wieder eine arbeitsame Phase. Denn neben den zahlreichen privaten Hausbesitzern nutzen auch vor allem viele Unternehmen die Vorteile von Solaranlagen zur Stromerzeugung. Gerade für große gewerbliche Pro­ jekte sind verlässliche Module und ein leistungsstarker Vertragspartner maßgeblich, denn die Installation ­einer Solaranlage ist eine bedeutende Investition, die sich auch rechnen muss. ­Besonders erfolgreich ist in diesem Bereich das seit 2005 in New York börsennotierte Unternehmen Suntech, das weltweit führende Quo­ ten von ­Kilowatt pro Euro anbieten kann. Der weltweit größte Hersteller von Photovoltaikmodulen aus kristallinem Silizium – der am weitesten verbreite­ ten Technologie – ist Suntech. Das Unternehmen hat seine Wurzeln in der Spitzenforschung an der australi­

Suntech mit Hauptsitz in Wuxi (China) ist der weltweit größte Hersteller von Photovoltaikmodulen aus kristallinem Silizium – der am weitesten verbreiteten Technologie. F.: Fotolia

schen University of New South Wales in Sydney. Hier forschte der Unter­ nehmensgründer und Vorstandsvor­ sitzende Zhengrong Shi zusammen mit vielen seiner jetzigen Vorstands­ kollegen. Noch heute hält er persön­ lich etwa ein Dutzend der wichtigsten Patente der boomenden Zukunfts­ branche.

Vom chinesischen Wuxi in die weite Welt Ein Erfolgsrezept des 2001 im chinesi­ schen Wuxi gegründeten Unterneh­ mens liegt in der Produktionskapazi­ tät: Suntech gelang es durch eine mas­ sive Steigerung der Produktion in der jüngsten Vergangenheit, einen Vor­ sprung bei den Herstellungskosten aufzubauen. Im Bereich der gewerbli­ chen Installationen auf Industriehal­ len oder Bürogebäuden konnte das Unternehmen zudem über weitrei­ chende Qualitätsgarantien und eine übertragbare Leistungszusicherung Marktanteile gewinnen. Neben dem weltweit umsatzstärks­ ten Gebiet der kristallinen Photovol­ taikmodule bietet Suntech aber auch eine breite Auswahl an gebäudei­nte­grierten Photovoltaiklösungen an. Diese Evolution wird vielfach als die Zukunft der Solartechnologie gese­ hen. Bei der Technologie, die Suntech in Japan fertigt, können Nutzer einen Bauschritt für das Dach beziehungs­ weise die Fassade sparen, wenn sie die Stromerzeugung in die Architek­ tur des Bauwerks integrieren. Diese gebäudeintegrierten Module verwen­ det Suntech auch in seiner eigenen Unternehmenszentrale – und stellt da­mit 80 % der benötigten Strommen­ ge selbst her. Ein außergewöhnliches Beispiel für die konsequente Nutzung von Solar­ anlagen auf gewerblichen Gebäuden in Deutschland ist die Neue Messe

Stuttgart. Hier ist 2009 eine der größ­ ten Solaranlagen ihrer Art weltweit eingeweiht worden. Auf der 27 000 Quadratmeter großen Dachfläche wurden insgesamt über 21 000 Modu­ le installiert. Sie ermöglichen dem riesigen Sonnenkraftwerk eine Spit­ zenleistung von 3,8 Megawatt Peak. Damit produziert es Berechnungen zufolge etwa 3,45 Mio. Kilowattstun­ den Solarstrom pro Jahr. Das ent­ spricht dem jährlichen Durch­ schnittsverbrauch von über 1 000 Haushalten. Auch die hierbei erreich­ te CO2-Einsparung im Vergleich zur herkömmlichen Stromerzeugung ist enorm: Sie liegt bei etwa 1 800 Ton­ nen jedes Jahr.

Solar-Fassaden Die Gebäudehülle als „klimaneutrales Kraftwerk“ – darin sehen Experten den nächsten Schub für die Photovoltaikindustrie. Dabei werden Fassaden oder Dächer mit Dünnschichtmodulen überzogen, wobei mit Einfärbungen interessante architektonische Akzente gesetzt werden können. Weitere Bauteile sind Photovoltaik-Dachfolien, Solar-Dachziegel oder kristalline Module. Die gebäudeintegrierte Photovoltaik könnte weiteren Auftrieb durch eine neue EU-Richtlinie bekommen, nach der ab 2020 alle Neubauten nahezu energieautark sein müssen.

Bayern

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Lebendige Vielfalt

Weiß-blaues Know-how

Wie ein Uhrwerk

Zusammen stärker

Finanzplatz München | Von der Privatbank

Bayerns Hightech-Konzerne sind rund um den Globus präsent – mal mehr, mal weniger offensichtlich. Seite 26

Beim Flughafen München geht alles Hand in Hand – dies zeigte ein Besuch im Hub-Control-Center. Seite 27

BMW, Siemens und die Stadtwerke München haben sich im Dienste der Elektromobilität zusammengetan.

bis zum Versicherungsriesen – die Landeshauptstadt beherbergt viele Institute. ab Seite 22

Seite 29

Bayern als Vorreiter im Jahrzehnt des Wandels Ministerpräsident Horst Seehofer | Kurzfristiges Krisenmanagement und langfristige Zukunftsgestaltung müssen Hand in Hand gehen von horst seehofer*

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ayerns Wirtschaft ist wieder auf Wachstumskurs. Nach den tiefgehenden Erschütterungen durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ist dies eine gute Nachricht für die Arbeitnehmer und ihre Familien in Bayern. Konjunkturell wird die Arbeitslosigkeit in den nächsten

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer lehnt nach der Krise ein einfaches „weiter so“ strikt ab. F.: CSU

Monaten weiter sinken und der Freistaat wird seine Spitzenposition am Arbeitsmarkt behaupten. Niemand darf sich allerdings der Illusion hingeben, dass damit bereits alles geschafft sei. Es wäre grundlegend falsch und würde letztendlich auf direktem Weg in die nächste Krise führen, gingen wir jetzt einfach wieder zur Tagesordnung über. Wie akut die Gefahr eines „einfach weiter so“ ist, zeigen die aktuellen Entwicklungen im Finanzsektor: schon vermelden internationale Spekulationen Rekordgewinne. Nicht aus dem Kreditgeschäft mit dem Mittelstand, sondern mit Geldern aus dem Investmentbanking. Das Casino ist ganz offensichtlich wieder geöffnet. Die eine Bank wettet für und gegen ihre Kunden, die anderen auf den Untergang Griechenlands. Es ist – weltweit – eine der dringlichsten Aufgaben der Regierungen und Parlamente, hier wirksame Zügel anzulegen, weil diese Art von Spekulationskapitalismus eine ernste Gefahr für die reale Wirtschaft ist und die Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung aushöhlt. Wir brauchen keine skrupellosen Finanzhasardeure, sondern redliche Banker, die ihrer Verantwortung für Arbeitsplätze und Unternehmen gerecht werden.

Durch konsequente Investitionen zum Hightech-Standort mit Weltruf Die Folgen der größten Weltwirtschaftskrise seit Jahrzehnten werden Politik und Gesellschaft insgesamt noch lange beschäftigen. Das gilt für die internationale Politik und auch wir in Bund und Ländern haben unsere Hausaufgaben zu machen. Ich spreche deshalb von einem Jahrzehnt der Erneuerung, vor dem Deutschland steht. Bayern als wirtschaftlich stärkstem Land kommt dabei eine Vorreiterrolle zu. Kurzfristiges Krisenmanagement und langfristige Zukunftsgestaltung müssen Hand in Hand gehen. Die politische Herkulesaufgabe heißt: Einerseits die angespannten öffentlichen Haushalte konsolidieren und gleichzeitig konsequent in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen zu investieren. Ich habe gerade in China erlebt, dass die Welt um uns nicht schläft und unbeirrt auf den technischen Fortschritt setzt. Dies

war und ist auch unser Erfolgsrezept. Pflege von Tradition und klare Zukunftsorientierung sind die Markenkerne des Freistaats. Bayern ist heute ein weltweit angesehener HightechStandort, weil wir früher als andere konsequent in neue Technologien – von der Informations- und Kommunikationstechnologie über die Medizintechnik bis hin zu neuen Werkstoffen und in die Umwelttechnologien – investiert haben. Der Anteil der Hightech-Branchen an der Wirtschaftsleistung liegt im Freistaat weit über dem Bundesdurchschnitt und der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen am Bruttoinlandsprodukt mit knapp 3 % im internationalen Spitzenfeld. In Bayern werden zudem fast 30 % aller Patente in Deutschland angemeldet. Die Erfahrung lehrt, innovations- und technologieorientierte Modernisierung sind der wirtschaftspolitische Königsweg für Wohlstand und niedrige Arbeitslosigkeit. Nur auf dieser Basis können wir auch künftig im harten nationalen und internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben und gut bezahlte Arbeitsplätze in Bayern sichern und neu schaffen. Dafür steht meine Regierung. Und dafür stellen wir jetzt die Weichen.

Das Erfolgsrezept: Familie, Bildung und Innovation Das bedeutet konkret: Bayern wird bis 2011 38 000 zusätzliche Studienplätze sowie 3 000 neue Stellen für Wissenschaftler und Hochschullehrer schaffen. Besonderen Schwerpunkt legen wir dabei auf unsere Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und auf die naturwissenschaftlich-technischen Fächer. Ich lege zudem großen Wert darauf, die medizinische Ausbildung und Forschung im Freistaat zu verbessern. Dazu ist eine neue Universitätsklinik in Augsburg sinnvoll und richtig. Parallel dazu werden wir am sogenannten Bologna-Prozess an den bayerischen Hochschulen Korrekturen vornehmen. Denn ein Studium an einer bayerischen Hochschule muss mehr sein als das Sammeln von Credit Points. Wissenschaftsminister Heubisch hat dafür den Auftrag des Kabinetts. Mit dem Doppelhaushalt 2011 / 2012 werden wir auch neue Impulse setzen, um unser Langfristziel, die Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Bayern auf 3,6 % bis 2020 zu steigern, zu erreichen. Schließlich werden wir neue Forschungsinitiativen im ganzen Land initiieren und unterstützen. Wichtige Bereiche dabei sind: moderne Umwelttechnologien einschließlich der E-Mobilität, die Biosystemforschung, die Nanotechnologie, die personalisierte Medizin sowie das große Feld neuer intelligenter Materialien und die Energieforschung. Ich will, dass wir in Bayern trotz knapperer Kassen am Ende dieser Legislaturperiode mehr außeruniversitäre Hightech-Einrichtungen und Forschungsinstitutionen wie Fraunhofer beheimaten als zu Beginn 2008. Vor kurzem hat mein Kabinett deshalb beispielsweise 50 Mio. Euro für die Errichtung eines großen Energie-Campus in Nürnberg beschlossen, mit dem wir ein weiteres international sichtbares Forschungszentrum in Mittelfranken schaffen wollen. Mehr Energieeffizienz, weniger Umweltbelastung und eine noch stärkere Nutzung regenerativer Energien sind weltweit große Zukunftsthemen mit großen Export- und Beschäftigungspotenzialen für Bay-

ern. Klar ist für mich auch, dass wir die weltweit anerkannten Wissenschaftszentren in München und Umgebung weiter stärken werden. Diese konzentrierte und klare Fokussierung auf Innovation, Wissenschaft und Technologie in Bayern heißt nicht,

dass wir die anderen großen gesellschaftspolitischen Aufgaben in der Bildungspolitik und für Familien in Bayern aus den Augen verlieren. In beiden Bereichen haben wir ebenfalls den Ehrgeiz, in den nächsten Jahren einen Riesenschritt nach vorne zu machen.

Unser Zukunftsprogramm „Aufbruch Bayern“, das wir noch 2010 auf den Weg bringen werden, wird deshalb auf den drei Säulen Familie, Bildung und Innovation ruhen. Insgesamt gilt: Bayern kann dank großer Substanz gut gerüstet in die Zukunft gehen. Wir schul-

tern die gegenwärtigen Herausforderungen und werden mutig den Aufbruch Bayern starten. *Horst Seehofer ist Ministerpräsident des Freistaats Bayern und Parteivorsitzender der CSU

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22  Finanzplatz münchen

Bayern

Mai 2010

WirtschaftsKurier

Suche nach einem gemeinsamen Nenner Finanzplatz München Initiative | Sprachrohr der bayerischen Institute von Berlin bis Brüssel Von Christine Bortenlänger*

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ollte jemals ein Meinungsforscher die Deutschen fragen, welches Bundesland die beste Werbung in eigener Sache betreibt und am selbstbewusstesten nach außen auftritt, dann dürfte Bayern gewinnen. Der Freistaat, das ist Fakt, ist nicht nur äußerst erfolgreich, sondern hält damit auch nicht hinter dem Berg. Umso erstaunlicher ist es, welches Understatement Bayern und insbesondere auch München lange Zeit beim Thema Finanzplatz an den Tag gelegt hatten. Dass München und Bayern einer der weltweit bedeutendsten Versicherungs­ standorte sind und darüber hinaus der zweitwichtigste deutsche Bankenplatz ... Dass die Asset-ManagementGesellschaften im Besitz Münchner Unternehmen um die 1,5 Bil. Euro verwalten und die bayerische Landeshauptstadt eine sehr innovative Börse beheimatet ... Dass München der führende deutsche Leasingstandort ist und Bayern das Zentrum für die deutsche Venture-Capital- und PrivateEquity-Branche ... All dies wurde, wenn überhaupt, nur am Rand registriert. Seit Ende 2000 änderte sich dies jedoch nachhaltig, denn da rief der da-

Die Sprecherin der Initiative: Christine Bortenlänger. Foto: Bay. Börse

malige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu auf Initiative von Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler und Günther Picker, dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied des Bayerischen Bankenverbands, die Finanzplatz München Initiative (fpmi) ins Leben. Ein Ziel war das aktive Standortmarketing für den Finanzplatz. Daneben bringt sich die fpmi auch bei allen finanzwirtschaftspolitisch relevanten Entscheidungsprozessen ein – national wie auf europäischer Ebene.

All diese Aufgaben nimmt die kontroversen Themen mit ein, mit fpmi sehr erfolgreich wahr. Sie denen sich die fpmi nicht immer hat sich inzwischen zur mit bei allen Finanzmarkt-AkteuAbstand mitgliederstärksren Freunde macht. ten deutschen FinanzIm Rahmen der Finanzplatzinitiative entwikrise setzte sich die fpmi ckelt und sukzessive beispielsweise schon sehr Der Finanzplatz München beherbergt eine Vielauch zum Sprachrohr früh für eine internatiozahl von international ausgerichteten Instituten. des Finanzplatzes nale Regulierung von Hierzu zählen beispielsweise Versicherungsriesen Bayern. Dabei erHedgefonds und ein Verwie die Allianz oder der Rückversicherer Munich scheint sie – das darf bot ungedeckter LeerverRe. Auch Top-Finanz­häuser, etwa die Deutman ohne falsche Bekäufe ein. Zudem forderte sche Bank und die HypoVereinsbank, scheidenheit sagen – weit sie eine Überwachung der sowie private Institute wie Donlebendiger und erfolgreiRatingagenturen. Dabei verner & Reuschel oder Hauck & cher als andere deutsche Fitrat und vertritt sie ihre Positio Aufhäuser sind hier pränanzplatzorganisationen. nen sehr aktiv gegenüber den versent. F.: Fotolia Dies ist auf mehrere Tatsachen antwortlichen Politikern und Beamzurückzuführen. So steht die fpmi ten in Brüssel und Berlin. In Brüssel nicht nur allen Gruppierungen am Fibeispielsweise wird die fpmi zweimal nanzplatz offen, sondern hat in ihrer jährlich mit einer eigenen Delegation täglichen Arbeit von Anfang an eine vorstellig. sehr konstruktive Diskussionskultur gefördert und diese mit einem Konsens­ beschäftigt. Gleiches gilt natürlich auch prinzip verbunden. Dass Versiche- für den Umstand, dass die Interessen rungskonzerne wie die Allianz oder die der Politik – in der die fpmi durch ein Munich Re teilweise erheblich andere sehr präsentes bayerisches WirtschaftsPositionen vertreten als Banken, bei- ministerium vertreten ist – durchaus spielsweise die HypoVereinsbank, oder nicht immer mit denen der Privatwirtdass die An­sichten öffentlicher und schaft übereinstimmen. Trotzdem privater Banken in deutlichem Kon­ schafft es die fpmi regelmäßig, einen trast zueinander stehen können, weiß gemeinsamen Nenner zu finden. Dies jeder, der sich mit der Finanzbranche schließt eindeutige Positionen zu sehr

Sparkassen-Finanzgruppe

Laurenz Czempiel, persönlich haftender Gesellschafter der Reuschel & Co. KG

Dass die fpmi in Brüssel wie in Berlin regelmäßig sehr hochrangige Gesprächspartner trifft, zeigt, dass sie von den politischen Entscheidungsträgern ernst genommen wird. Dies bestätigen auch konkrete Erfolge, die sie bislang verzeichnen konnte. Bestes Beispiel dafür ist das Thema „Bankenaufsicht“. Hier macht sich die fpmi für eine Verlagerung der Aufsicht von der BaFin zur Bundesbank stark. Ihr Vorschlag wurde bei den Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und FDP in Berlin aufgegriffen. Die neue Bundesregierung übernahm ihn inhaltlich kaum abgeändert in ihren Koalitionsvertrag. *Dr. Christine Bortenlänger ist Vorstand der Bayerischen ­Börse AG und Sprecherin der ­Finanzplatz München Initiative fpmi

München ist aufgrund seiner hervorragenden Reputation und sowohl lokaler als auch internationaler Bedeutung ein wichtiger Finanzplatz und wird es auch in Zukunft bleiben. Standort­attraktivität ist aber trotzdem nicht einfach ge­­geben – sie ist zu pflegen. Anspruchsvolle Kunden, eine Vielzahl von Family Offices und Stiftungen erwarten hoch qualifizierte Beratung und innovative Konzepte zur langfristigen Vermögensanlage. Gerade deshalb hat das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden bei Donner  &  Reuschel eine lange Tradition.“

Viel mehr als Wertpapierhandel Bayerische Börse | Drehscheibe für den Finanzplatz

Für uns zählt jeder Einzelne. Aus Prinzip.

Von Andreas Schmidt*

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ändler, die lautstark unter flimmernden Bildschirmen gestikulieren, zwei Telefonhörer ans Ohr geklemmt, sind in der Börse längst verschwunden. Heute bestimmen ein elektronisches Handelssystem mit Geschwindigkeiten im Millisekundenbereich und das Internet das Geschehen. Flexibilität und die schnelle Reaktion auf sich ändernde Marktbedingungen prägen auch die Bayerische Börse als Unternehmen. Die Börsen haben trotz der weltweiten Verwerfungen in der Finanzund Schuldenkrise den Handel in ihren Bereichen bestens organisiert. Die Auslöser für die Krise sind allerdings nicht an den Börsen zu finden. Es sind Produkte, die sich jeglicher Regulierung entzogen haben und die gerade nicht an regulierten Märkten gehandelt werden. Es sind Marktteilnehmer, die anders als Finanz- oder Kreditinstitute von der Staatengemeinschaft weitgehend unkontrolliert agieren durften. An der Börse ist dies anders. Aktien und Renten haben einen Verkaufsprospekt; der Handel ist für alle transparent. M:access, das Qualitätsegment für mittelständische Unternehmen, bietet einen praktikablen Kompromiss zwischen notwendiger Transparenz für den Anleger und unnötiger Bürokratie für den Emittenten. Aktuell sind 32 Unternehmen in m:access gelistet. Jüngste Mitglieder sind seit April die Baader Bank AG und die Mensch und Maschine SE. Weitere Unternehmen werden im Jahr 2010 dazu kommen. Transparenz und Preisqualität sind auch der Maßstab für neue Geschäftsbereiche und Produkte. Seit einem Jahr ist Contrex die Plattform der Bayerische Börse AG für den Handel von Contracts for Difference (CFD). Partner dabei ist die FXdirekt Bank, die sich börslichen Standards stellt. Deren Einhaltung kontrollieren Mitarbeiter der Handelsüberwachungsstelle der Börse München. Bei diesen derivativen Finanzprodukten mit großer Hebelwirkung kann auf Aktien, Indi-

Sparkassen sind gegründet worden, um vor Ort allen Teilen der Bevölkerung bei der eigenen finanziellen Vorsorge zu helfen und den Zugang zu modernen Finanzdienstleistungen zu ermöglichen. Dieses Geschäftsprinzip ist moderner denn je. Denn es vereinigt Kompetenz in Finanzfragen mit sozialer Verantwortung und nachhaltigem Denken und Handeln. Dem Wohlstand der Region und den dort lebenden Menschen verpflichtet: die Sparkassen. Gut für Sie – und gut für Deutschland.

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04.05.2010 08:57:23

zes oder Rohstoffe spekuliert werden – und zwar auch auf fallende Preise. Das Risiko von Verlusten ist so groß, dass CFDs ein Nischenprodukt für besonders qualifizierte Anleger sind. Gerade sie fordern Transparenz und faire Preise.

Regional und international Transparenz und faire Preise sind auch der Maßstab für den Handel mit CO2Emissions-Zertifikaten. Die Baye­rische Börse hat im Oktober 2009 die neue Handelsplattform greenmarket gestartet. Dort können Internet-basiert Euro­pean Union Allowances (EUAs), also Emissionszertifikate aus dem euro­päischen Umfeld, sowie Certified Emission Reductions (CERs) gehandelt werden. CERs stammen aus Umweltschutzprojekten in Dritte-Weltund Schwellenländern, die dort künftige CO2-Emissionen vermeiden. Mit Best Execution, garantierter Liquidität und einem günstigen Gebührenmodell stellt sich „greenmarket“ dem internationalen Wettbewerb und wird sich erfolgreich im Markt etablieren. Dazu dient ab Juli eine zentrale Gegenpartei (CCP), die Clearing und Settlement schneller und noch sicherer macht. Ende 2010 startet die Warenbörse für Emissionszertifikate. Sie ermöglicht den Terminhandel auf greenmarket und eröffnet neuen Produkten die Handelbarkeit gemäß den Standards der Bayerischen Börse. Dass unter diesen Rahmenbedingungen von „Regionalbörse“ gesprochen wird, ist wahr und falsch zugleich: Die Bayerische Börse ist selbstverständlich weiterhin Ansprechpartner und Initiator für die Region. Sie dokumentiert diesen Anspruch auch durch die zentrale Lage in der Münchner Innenstadt. Aber – sie agiert überregional und international. Dies belegt der Blick auf die Handelsteilnehmer, die gehandelten Produkte und die Kooperationspartner. Sie stammen aus aller Herren Länder, so dass für die Börse in München gilt: aus Bayern in die Welt. *Andreas Schmidt ist Vorstand der Bayerischen Börse AG

Bayern

Mai 2010

WirtschaftsKurier

Finanzplatz münchen

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Kredite verteuern sich auf Dauer

Starker Partner in Krisenzeiten

Deutsche Bank München | Ausreichend Finanzmittel für Ausleihungen

BayBG | Beteiligungsgesellschaft unterstützt bayerische Unternehmen

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ie Rahmenbedingungen für Unternehmensfinanzierungen haben sich geändert – und das wohl unwiderruflich. Die Zeiten, in denen sich die Banken supergünstig refinanzieren konnten, sind vorbei. Die Kapitalkosten werden wohl nicht mehr auf das Vorkrisenniveau zurückgehen. Das sagte Stefan Boden, Leiter Unternehmensfinanzierung Deutschland bei der Deutschen Bank, auf einer Veranstaltung des Instituts in München. Das hat Auswirkungen auf Ausleihungen. Kredite für Unternehmen werden sich wohl dauerhaft verteuern. Die Kapitalkosten für Banken lagen vor der Lehman-Pleite bei etwa acht Basispunkten. Zu den Hochzeiten der Krise schossen sie auf 200 hoch, um sich danach bei 60 einzupendeln. Wie volatil dieser Wert ist, zeigt die Tatsache, dass die Diskussionen um die Stabilität von Dubai sowie die Probleme Griechenlands sofort wieder zu einem Anstieg führten. Langfristig ist bei ruhiger Kapitalmarktentwicklung mit einem Rückgang auf 40 Basispunkte zu rechnen, das ist aber immer noch wesentlich mehr als vor der Krise. „Die Refinanzierungskosten werden in Zukunft ein bestimmender Faktor sein“, resümierte Boden. Ein weiteres Problem für die zukünftige Entwicklung der Kreditkosten ist die Frage nach der Regulierung des Finanzsektors. „Wenn sich die Eigenkapitalbeschaffung der Banken wegen höherer Auflagen verteuert, dann verteuern sich auch die Kredite“, warnte Robin Bartels, Managing Director der Deutschen Bank München. Die geplanten Regulierungsbestimmungen müss-

 obin Bartels, Geschäftsleitung R Deutsche Bank München

ten weltweit Gültigkeit haben, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Kreditnachfrage kleiner als Angebot Ausführlich wurde auf der Veranstaltung der Deutschen Bank in München wieder das Thema Kreditklemme diskutiert. Das Volumen der ausgereichten Kredite sinkt, bestätigte Boden, aber gleichzeitig auch die Nachfrage. Besonders der Betriebsmittelbedarf sei deutlich zurückgegangen. Insofern könne man angesichts einer niedrigeren Nachfrage als dem verfügbaren Angebot nicht von einer Kreditklemme sprechen. Boden verwies unter anderem auf Kreditlinien im Volumen von 10 Mrd. Euro, die die Deutsche Bank zugesagt hätte, die aber von den Unternehmen derzeit nicht genutzt würden. Wie werden sich die Kreditzinsen

Für die Deutsche Bank ist der Finanzplatz und Wirtschaftsraum München und Bayern von entscheidender Bedeutung. Wir konstatieren hier eine dynamische Entwicklung. Die überdurchschnittlich starke Exportorientierung der heimischen Unternehmen erfährt nach der Krise bereits wieder einen erheblichen Aufschwung. Die Deutsche Bank steht dem bayerischen Mittelstand als starker strategischer Partner hier in der Region sowie mit Niederlassungen in über 70 Ländern zur Verfügung. Wir sind die erste Adresse im Import-/Exportgeschäft.“

mittelfristig entwickeln? In nächster Zukunft ist zu erwarten, dass die Staaten an die Finanzmärkte gehen, um ihr Defizit zu finanzieren. Das wird zu einem stärkeren Wettbewerb um Kapital führen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kapitalkosten der Banken. Die Kreditanfragen von Unternehmen dürften angesichts einer erwarteten Belebung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2010 wieder steigen. Die Firmen werden dann mit den Bilanzen 2009 unterm Arm – möglicherweise mit verschlechtertem Rating – zu den Vergabegesprächen bei ihrem Institut erscheinen: keine gute Verhandlungsbasis. Überdies könnte die EZB beginnen, den Leitzins wieder anzuheben. Diese Rahmenbedingungen könnten zu einer weiteren Verteuerung der Unternehmensfinanzierung führen. hp

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ie Wirtschaftskrise ist noch nicht ausgestanden, da sehen sich rund 70 bayerische Unternehmen schon vor der nächsten ernsthaften Herausforderung: Zwischen 2011 und 2013 müssen sie ihr Standard-Mezzaninekapital zurückzahlen, und da dieses Finanzprodukt mittlerweile nicht mehr aufgelegt wird, brauchen sie dringend eine Anschlussfinanzierung. Die Bayerische Beteiligungsgesellschaft BayBG, die auf die Eigenkapitalfinanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen spezialisiert ist, hat diese Gefahr erkannt und bietet ihre Unterstützung an.

Eine tickende Zeitbombe „Für eine lückenlose Anschlussfinanzierung steht die BayBG insbesondere bei zukunftsorientierten Unternehmen in einer Umsatzgrößenordnung bis 100 Mio. Euro bereit“, sagte der Sprecher der Geschäftsführung Sonnfried Weber. Man könne Mezzaninekapital in Tranchen von bis zu 5 Mio. Euro anbieten, „aber auch größere ­Volumen können eventuell im Zusammenspiel mit weiteren Kapital­gebern abgedeckt werden“, so Weber.

Die einst hochgelobten StandardMezzanine, die eine Zwischenstellung zwischen Eigen- und Fremdkapital darstellen, offenbarten sowohl für die Anbieter als auch für die Nachfrager mit der Zeit erhebliche Schwächen. So müssen sie zum Beispiel nach sieben Jahren zurückgezahlt werden, egal in welcher Situation sich das Unternehmen befindet – und dieser Umstand erweist sich jetzt für die betroffenen Betriebe als tickende Zeitbombe. Die BayBG bietet eine Reihe von Alternativen an, die von der stillen bis hin zur offenen Beteiligung reichen. Ihr Engagement ist langfristig und sie unt­erstützt die Firmen auch in schwierigen Lagen. Dass die Münchner Gesellschaft ein verlässlicher Partner der heimischen Wirtschaft ist, hat sie auch im Geschäftsjahr 2008/09 (30. 9.) wieder bewiesen. Von den 87 (86) Neuengagements waren knapp die Hälfte Erhöhungen bestehender Investments. Zwar schrumpften die Neuinvesti­ tionen um 12 % auf eine Summe von 44,8 Mio. Euro, aber Weber sprach trotzdem von einem „sehr zufrieden-

stellenden Ergebnis“. Im Vergleich zum gesamten Beteiligungsmarkt, der zum zweiten Mal in Folge geradezu erodierte, fallen die Rückgänge der BayBG noch ­relativ gemäßigt aus. Die Messlatte lag ohnehin hoch: Denn ein Jahr zuvor hatte man bei den Neuinvestitionen mit 51 Mio. Euro das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte verbucht. „Ein besonderer Schwerpunkt der BayBG ist die Finanzierung von Investitionen und Innovationen. Wird weniger investiert, reduziert sich die Nachfrage nach Beteiligungskapital für Wachstumszwecke“, begründet Weber unter anderem den Rückgang. Dass vielen Firmen infolge des Konjunktureinbruchs die Luft ausging, zeigte sich in dem deutlich gestiegenen Ausfallvolumen von 14,2 (6,8) Mio. Euro. Um in dieser schwierigen Konjunkturlage für weitere Problemfälle gerüstet zu sein, hob die BayBG die Risikovor­sorge auf 16,3 (11,2) Mio. Euro an. ­Dadurch verringerte sich das Jahresergebnis auf 5,2 (9) Mio. Euro. Durch diese Absicherung fühle man sich aber „sehr, sehr sicher“, so Geschäftsführer Günther Henrich. Obwohl die BayBG 2010 wieder von einem leichten gesamtwirtschaftlichen Wachstum ausgeht, stehen ihrer Ansicht nach viele Mittelständler noch vor großen Herausforderungen. Deswegen wollen sich die Münchner wieder auf die Entwicklung bestehender und die Stabilisierung ausfallgefährdeter Engagements konzentrieren.  dgm Die Geschäftsführung der BayBG: (v. li.) Günther Henrich, Peter Pauli und Sonnfried Weber (Sprecher). F.: BayBG

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Bayern

Mai 2010

WirtschaftsKurier

Konservativ – und doch voll im Trend Sparkassenverband Bayern | Mobile-Banking-Applikationen haben seit Monaten die Nase vorn Sponsoring steht bei den Sparkassen ganz oben auf der Agenda – so auch bei der Stadtsparkasse München. Hier übergibt Vorstandschef Harald Strötgen an Oberbürgermeister Christian Ude eine Spende über 250 000 Euro für das Projekt „Sport für alle Kinder“. Foto: SSKM

von constanze meindl

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ie Sparkassen prägen das Bild der bayerischen Städte und Gemeinden maßgeblich. Kein Wunder, denn rund 2 500 Geschäftsstellen sind eine Zahl, an die andere Institute nur schwer heranreichen – und sie sind nicht leicht zu übersehen. Die Bank, die das große rote „S“ im Namen trägt, habe trotz ihres erheb­ lichen Gewichts in der Branche aber nie vergessen, worin ihr Auftrag besteht: eine Bank für die Bürgerinnen und Bürger mit einer am Gemeinwohl ­orientierten Geschäftspolitik zu sein. „Das ge­sell­schaftliche Engagement der Sparkassen wurde trotz der Krise auf einem höheren Niveau als 2008 fort­geführt“, betonte Prof. Rudolf Faltermeier, Vizepräsident des Baye­ rischen Sparkassenverbands, bei einer Pressekonferenz in München. Allein im Jahr 2009 wurden rund 63 Mio. Euro für gemeinnützige Zwecke und Einrichtungen bereitgestellt – mehr als 1 Mio. Euro pro Woche. Die finanziellen Mittel finden in vielen Bereichen Anwendung: sei es das Weidener Herzinfarktnetz, das eine bes­sere Erstversorgung der Patienten sicherstellen will und dafür 31 000 Euro erhielt, oder das Projekt „Mit den Ohren sehen: Junge Audioguides für bayerische Museen“, das mit 25 000 Euro gefördert wurde.

Smartphones werden die mobilsten Filialen Deutschlands Trotz der konservativen Geschäftspo­ litik gehen die Sparkassen im Freistaat immer neue Wege, um am Fortschritt und besonders den jungen Kunden dranzubleiben. So sollen bis Ende 2010 90 % der Institute in Bayern die Internet-Filiale nutzen, die in einen einheitlichen Auftritt eingebettet ist. Aber auch auf den zunehmenden Gebrauch des iPhones wissen die Sparkassen eine Antwort: Mit ihrer MobileBanking-Applikation belegen sie seit Monaten die ersten Plätze unter den Finanzangeboten. Mit der Ausweitung auf weitere Smartphones unterstrichen die Institute ihre Position als führender Multikanalanbieter. Dabei prog­nostizierte Vize-Präsident Faltermeier: „Die Smartphones sind auf dem besten Weg, die mobilsten Sparkas-

Die Stadt München und ihr rotes „S“ Kaum eine Ecke in der Landeshauptstadt, an der nicht ein großes, rotes „S“ den Weg zur nächsten Filiale oder zum nächsten Service-Center der Stadtsparkasse München weist. Das deutschlandweit fünftgrößte Institut der Gruppe konnte im Umfeld der Krise das Geschäftsjahr 2009 mit einem Rekordergebnis abschließen – und das trotz Abschreibungen auf die Baye­ rische Landesbank, an der die Münchner noch zu 0,36 % beteiligt sind. „Unser Geschäftsprinzip geht auf“, betonte der Vorstandsvorsitzende Harald Strötgen auf einer Pressekonferenz in München. Die Bank werde voraussichtlich 6 Mio. Euro an den Träger, die Landeshauptstadt München, überweisen. Damit steige die Gewinnausschüttung für gemeinnützige Zwecke an die Stadt zum vierten Mal in Folge – gegenüber 2008 um 2 Mio. Euro. Die fünf Stiftungen der Stadtsparkasse München unterstützten in der Landeshauptstadt 2009 fast 300 Projekte mit rund 5,6 Mio. Euro. Das sind 15 % mehr gemeinnützige Engagements als noch im Vorjahr. Die SparkassenFinanzgruppe ist der größte nichtstaatliche Sportförderer des Landes. So greift die Regionalbank nicht nur

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der „Gymnastik im Park“-Initiative – hier können die Münchner unter Anleitung kostenlos trainieren – finanziell unter die Arme, sondern sponsert auch die Jugend- und die Profimannschaft des TSV 1860 München. Ein weiteres Projekt ist der „Sport für alle Kinder“, mit dem bewegungsbegeistertem Nachwuchs aus sozial schwachen Familien die Möglichkeit geboten wird, Mitglied eines Sportvereins zu werden. „Das ist das beste Angebot, um Kinder mit Migrationshintergrund zu integrieren“, erläuterte Strötgen das Engagement. Außerdem engagiert sich die Stadtsparkasse für die Bewerbung der Stadt München für Olympia 2018, von der Strötgen positive Impulse für die Wirtschaft erwartet. Hier fließen rund 860 000 Euro. Während andere Banken krisenbedingt Stellen abbauen mussten, hat die Stadtsparkasse nicht nur 148 neue Mitarbeiter, vorrangig im Vertrieb, eingestellt, sondern sorgt auch mit einer überdurchschnittlich hohen Ausbildungsquote von 10,5 % dafür, dass der Nachwuchs eine Chance bekommt. Für zusätzliche Motivation in der Belegschaft hat sicherlich die Sonderzahlung von 1 000 Euro gesorgt, über die

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sich Ende vergangenen Jahres jeder Vollzeitbeschäftigte freuen durfte. Damit ein solch umfangreiches Sponsoring überhaupt möglich ist, müssen die Bücher stimmen – und das tun sie: Die Cost-Income-Ratio beispielsweise liegt mit 64,9 % nicht nur 0,8 Prozentpunkte unter dem Ergebnis von 2008, sondern hat zudem die Zielvorgaben der Führungsriege (65,7 %) mehr als erfüllt. Die Bilanzsumme lag mit 15,2 Mrd. Euro etwa 3 % über Vorjahresniveau. Das potenzielle Unwort des Jahres – Kreditklemme – muss bei der Stadtsparkasse München niemand in den Mund nehmen. Zwar seien die Gespräche „intensiver“, wie Vorstandsmitglied Adolf Strack zu berichten wusste, andere Banken seien jedoch weit restriktiver bei der Vergabe geworden. Insgesamt stieg der Kreditbestand um 2,6 % auf gut 9 Mrd. Euro. Das Kreditvolumen an Unternehmen und Selbstständige wurde um 3,1 % ausgeweitet. Während krisenbedingt die Nachfrage nach Investitionskrediten zurückging, wollten immer mehr Unternehmer Immobilien als Kapitalanlage erwerben. Nicht zuletzt deshalb waren Baukredite 2009 der Renner.  cm

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Einen gewaltigen Zuwachs verzeichneten die bayerischen Sparkassen auch bei Förderkrediten von der KfW Bankengruppe, der LfA Förderbank und der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Die Institute sind ein wichtiger Baustein bei der Beratung, wenn es um den Einsatz öffentlicher Fördermittel geht. Das Gesamtvolumen stieg um 1 Mrd. Euro auf 3,3 Mrd. Euro. In der sonst so positiven Bilanz der Sparkassen schlummert jedoch noch die BayernLB-Vergangenheit – wenn auch mittlerweile in stark abgemilderter Form. Die einstige 50 %-Beteiligung ist wegen der einseitigen Kapitalerhöhung der bayerischen Landesregierung auf aktuell 4,18 % geschrumpft. Insgesamt hat das Landesbank-Debakel die bayerischen Sparkassen laut Faltermeier rund 1 Mrd. Euro gekostet. Das sei zwar schmerzlich, aber nicht existenzbedrohend, wie der Vizepräsident betonte.

München ist unter mehreren Gesichtspunkten neben Frankfurt der bedeutendste Finanzplatz in Deutschland. München ist das größte Schwergewicht in Sachen Asset Management und Versicherungen in Deutschland. Außerdem ist der Finanzplatz die Nummer eins im Leasinggeschäft und bei Venture Capital. Wir als Baader Bank sind der führende Spezialist im Wertpapierhandel in Deutschland und setzen vom Finanzplatz München aus Maßstäbe in diesem Bereich.“

Viel zu wenig Neubauten LBS Bayern | Jetzt ist die Politik gefragt

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Die BayBG stärkt Jahr für Jahr die Eigenkapitalbasis von nahezu 100 Unternehmen

Uto Baader, Vorsitzender des Vorstands der Baader Bank AG

Reminiszenz an die BayernLB-Vergangenheit

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Wachstum, Innovation, Unternehmensnachfolge, Gesellschafterwechsel, Turn-around

Eigenkapital schafft Freiraum

sen-Filialen Deutschlands zu werden“, auch wenn die neuen Anwednungen Internet und Mobile Banking keinesfalls das Filialgeschäft ersetzen könnten. Erfreuliches wusste der Verbands-Vize über die Entwicklung der Kreditvergaben zu berichten: Im Jahresverlauf 2009 sind Unternehmen und Selbstständigen rund 10,2 Mrd. Euro an neuen Krediten zugesagt worden (plus 14 %). Insgesamt stellten die baye­ rischen Sparkassen ihren Kunden rund 8,9 Mrd. Euro neue Kreditmittel zur Verfügung. Nicht nur etablierte Firmen können auf die Sparkassen zählen. 2009 wurden Kredite im Volumen von mehr als 170 Mio. Euro an Existenzgründer ausgereicht. Mit etwa 1 800 abgeschlossenen Finanzierungen wurde jede zweite Existenzgründung im Freistaat von den Instituten mit dem roten „S“ begleitet – damit wurden rund 5 000 Arbeitsplätze erhalten oder neu geschaffen. Hinzu kommen die Mittel aus dem Eigenkapitalfonds der deutschen Sparkassen. Geplant sei, so Faltermeier,

über die jeweiligen Beteiligungsgesellschaften der Sparkassen-Finanzgruppe in diesem Jahr bundesweit 550 Mio. Euro neues Eigenkapital für Unternehmen zur Verfügung zu stellen. „Damit wollen wir dem krisenbedingten Eigenkapitalverzehr in den Unternehmen entgegenwirken und ihnen helfen, die wirtschaftlich schwierige Phase unbeschadet zu überstehen und ihre Kreditwürdigkeit zu verbessern“, erklärte Faltermeier weiter.

er schon einmal versucht hat, in München eine Wohnung zu finden, der weiß, welche Torturen man da oftmals auf sich nehmen muss. Will man beispielsweise in einem der vielen In-Viertel – wie etwa Schwabing, dem Lehel oder der Maxvorstadt – ein paar Quadratmeter Wohnraum ergattern, muss man sich nicht nur gegen etliche Mitbewerber behaupten, sondern das Konto wird auch ganz schön strapaziert. ­Mieten von 600 Euro für Ein-ZimmerWohnungen sind keine Ausnahme. Hier gelten die Gesetze des Marktes wie in kaum einem anderen Bereich: Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem und deshalb wird der Preis zum Regulierungsinstrument. Betrachtet man die Prognosen des Forschungsinstituts empirica, wird sich die Situation in den nächsten Jahren kaum ändern. Die von Franz Wirnhier, Sprecher der Geschäftsleitung der LBS Bayern, im Rahmen einer Pressekonferenz zum bayerischen Wohnimmobilien­ markt vorgestellte Untersuchung prognostiziert einen enormen Neubaubedarf in den nächsten Jahren – dem der Freistaat ordentlich hinterherhinkt. Zwischen 2007 und 2027 werden fast 500 000 zusätzliche Wohnungen nachgefragt, das sind et­wa 24 000 Einheiten pro Jahr. Rechnet man einen jährlichen Er­satz­bedarf – der durch alte und sa­ nie­rungsbedürf­tige Bauten generiert

wird – von 0,3 % des Bestands hinzu, dann ergibt sich, bei konstanter Leerstandsquote, ein Neubaubedarf von 883 000 Wohnungen. Um also der anstehenden Nachfrage Herr werden zu können, müssten jährlich 42 000 neue Einheiten entstehen. Doch „von dem erforderlichen Neubau-Niveau sind wir weit entfernt“, bestätigte Wirnhier. „2009 hat es gerade einmal 27 466 Fertigstellungen gegeben.“ Wirnhier rief den Staat auf, dem Immobilienmarkt wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Er betonte, wie wichtig es wäre, dass die Bundesregierung mehr Anreize und Impulse für den Wohnungsmarkt gebe. Auch Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen würden nachhaltig profitieren.

Enorme Investitionspotenziale Hier sieht Wirnhier nicht nur im Neubau, sondern insbesondere beim Bestand riesige Investitionspotenziale. Denn der energetische Sanierungsbedarf, besonders bei Bauten aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren, ist immens. Eine vollständige energetische Optimierung – sei es die Erneuerung von Heizungsanlagen oder die Dämmung von Außenwänden – kostet pro Objekt durchschnittlich 50 000 Euro. Hieraus ergibt sich im Freistaat eine Gesamthöhe von potenziellen Investitionen über rund 100 Mrd. Euro. Hier sei der Staat gefragt, Anreize zu setzen,

um auch in diesem Sektor ähnliche ­Investitionen wie beispielsweise mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz loszutreten. Der Photovoltaik-Boom sei einer leicht verständlichen Förderung zu verdanken. Der Anschubeffekt zinsgünstiger KfW-Kredite sei hingegen deutlich schwächer, da der finanzielle Nutzen schwerer zu vermitteln sei. Direkt wirksame staatliche Zuschüsse und Steuervorteile seien attraktiver, die Wohn-Riester-Förderung hierfür das beste Beispiel. Allein die Landesbausparkassen haben bis Ende 2009 bundesweit 230 000 Verträge abgeschlossen. Hiervon entfielen 45 000 auf die LBS Bayern – ein Fünftel des Neugeschäfts des Unternehmens. Ein solcher Bausparvertrag ist oftmals die Grundlage für die Zukunft im Eigenheim. Wer Hausbesitzer werden will, der muss mancherorts jedoch tief in die (Bau-)Spardose greifen. Zwar gilt, so Paul Fraunholz, Geschäfts­führer der Sparkassen-Immobilien-Vermittlungs-Gesellschaft, das Preis­niveau für Wohnimmobilien in Deutschland im internationalen Vergleich immer noch als „moderat und auch sehr realistisch“, dennoch zogen beispielsweise die Preise für gebrauchte Häuser im vergangenen Jahr etwas an.Wegen der Zukunft des Marktes macht sich Fraunholz keine Sorgen, weil die eigene Immobilie bei vielen nach wie vor ganz oben auf der Wunschliste stünde.  cm

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Kleine Schwester ganz groß Bayerisch-Schwaben | Ein Finanzplatz der Gegensätze

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ie Bedeutung des Finanzplatzes München ist in mancherlei Hinsicht auch den fleißigen Fugger-Brüdern zu verdanken, die unweit der bayerischen Landeshauptstadt im schönen Augsburg den Umgang mit Geld zu ihrer Zeit revolutionierten. Das Handelshaus von Jakob Fugger, dem wirtschaftlichen Kopf der Familie, und seinem Bruder und Nachfolger Anton – der als reichster Mann der Welt galt – wurde bereits 1486 erstmals als „Bank“ bezeichnet. An der Spitze der heutigen Fürst Fugger Privatbank lenken nun die drei persönlich haftenden Gesellschafter Henning von der Forst, Martin Fritz und Harald Fuchs die Geschicke des Augsburger Traditionshauses im 21. Jahrhundert. Privates Vermögensmanagement mit den Schwerpunkten Beratung und Verwaltung sind die Basis, auf dem das stabile Fundament des Hauses steht. Der Erfolg der vergangenen Monate bestätigt den konservativen Finanz-

kurs: Die Fürst Fugger Privatbank zählt zur Spitze der „goldenen Pyramide“ der besten Vermögensverwalter im deutschsprachigen Raum.

Banking mit Lounge-Atmosphäre Das absolute Gegenteil zur Fürst Fugger Privatbank – rein optisch – bietet die Augsburger Aktienbank (AAB). Das relativ junge Unternehmen – in der jetzigen Form ist es seit 2002 auf dem Markt aktiv – hat einen der modernsten Filialauftritte Deutschlands und ist für diesen schon mehrfach ausgezeichnet worden. Doch nicht nur das Äußere stimmt bei der AAB, auch das abgelaufene Geschäftsjahr überzeugte: Das Institut konnte 5 % mehr Kunden gewinnen und das verwaltete Depotvolumen stieg um mehr als 30 % auf knapp 8,0 Mrd. Euro. Die Augsburger gründeten außerdem die Tochter AAB Leasing, die sich primär auf das gewerbliche Geschäft konzentrieren wird. Zum Start hat sie den Geschäfts-

bereich Süd der Universal Leasing mit einem Bestand von etwa 7 600 Verträgen übernommen. Schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat die Patrizia Immobilien AG. Das Unternehmen hat sich in seiner 25-jährigen Geschichte als Partner ­großer institutioneller Anleger sowie der öffentlichen Hand etabliert. Das börsennotierte Unternehmen managt mittlerweile ein Immobilienvermögen von rund 3 Mrd. Euro. Darüber hinaus verwaltet die Patrizia fast 25 000 Wohnund Gewerbeeinheiten. Die Aktivitäten der Augsburger umfassen die gesamte Wertschöpfungskette rund um die Immobilie: vom Ankauf über die Wertoptimierung bis hin zur Platzierung von Wohn- und Gewerbeim­ mobilien. Mit der Formel „investieren, optimieren, realisieren“ behauptet sich die Patrizia erfolgreich am Markt. Im Geschäftsjahr 2009 erhöhten die Augsburger den Konzernumsatz um 29,6 Mio. Euro auf 250,9 Mio. Euro und erwirtschafteten ein positives Ergebnis von 2,4 Mio. Euro.

Regionalitätsprinzip mal anders

Zwei Banken – zwei Welten: Bei der Augsburger Aktienbank finden Beratungsgespräche in einer modernen Lounge-Atmosphäre statt (oben); die vermögenden Kunden der Fürst Fugger Privatbank werden in Räumen, in denen Geschichte geschrieben wurde, empfangen. Fotos: FF / AAB

Wie wichtig für eine Region Unternehmen sind, die ihre Wurzeln nicht vergessen und sich aktiv engagieren, zeigt das Beispiel der impuls AG. Der Finanzdienstleister mit Sitz in Gersthofen zählt zu den wichtigsten regionalen Sponsoren. Nicht nur die impulsArena, in der der FC Augsburg eine überragende Saison absolvierte, verdanken die Schwaben der Gesellschaft. Auch die Spieler des Eishockey-Erst­ ligisten Augsburger Panther können sich auf die impuls als Hauptsponsor verlassen. Im sozialen Bereich gilt der Leitsatz von impuls-Chef Herbert Nißel: „Wenn es einem selbst gut geht, muss man auch an die Menschen denken, denen es nicht so gut geht.“ So engagiert sich der Versicherungsspezialist beispielsweise mit einer Spende für das Kinderhospiz im Allgäu oder die Finanzierung der Erstausstattung der Gersthofener Notinsel – einer Anlaufstelle für Kinder: In Einzelhandelsgeschäften, Banken oder öffentlichen Einrichtungen, die mit Notinsel-Aufklebern gekennzeichnet sind, finden Kinder Schutz, die sich belästigt fühlen oder auch einfach nicht wissen, wer auf die Schnelle ein aufgeschlagenes Knie verarzten kann.  cm / pht

Menschen bewegen

Rot Weiß Rot trifft Weiß Blau

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ie österreichische Oberbank fährt weiter einen kaum vergleichbaren Erfolgskurs – und daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Das Institut, das stärker gewachsen ist als der österreichische Gesamtmarkt, konnte im vergangenen Jahr in vielen Bereichen punkten: Die Bilanzsumme stieg um 4,7 % (Markt: minus 3,3 %), die Kundeneinlagen nahmen um 9 % zu (plus 0,2 %) und die ­zugesagten Kredite stiegen um 4,0 % (minus 2,2 %). Außerdem war die Oberbank zu keinem Zeitpunkt auf eine Unterstützung aus dem österreichischen Bankenpaket angewiesen. Generaldirektor Franz Gasselsberger sieht im Geschäftsmodell der Oberbank einen entscheidenden Wett­ bewerbsvorteil: „Das Prinzip der Regio­ nalbank hat sich wieder bewährt“, betonte er auf der Jahrespressekonferenz in München. Gasselsberger versteht das Geschäftsmodell als eine „Selbstbeschränkung“ – nicht nur auf eine ­bestimmte Region, sondern auch unter Risikogesichtspunkten. 2009 hat die Oberbank Risikovorsorgen von 90,7 Mio. Euro gebildet (plus 33,8 %). Durch die sorgfältige Kreditvergabepolitik steigt das Risikopolster konstant an – mittlerweile ist es auf insgesamt 368,9 Mio. Euro angewachsen. Das Gerede von einer Kreditklemme ist nach Ansicht Gasselsbergers Unsinn. „Jeder, der eine vernünftige Boni-

tät hat, bekommt auch einen Kredit“, betonte der Oberbank-Chef. Das Kreditvolumen stieg 2009 um 4 % auf 9,8 Mrd. Euro – davon entfielen 7,9 Mrd. Euro auf Firmenkunden. Auch die Leasing-Finanzierungen legten ordentlich zu: um 4,8 % auf 1,35 Mrd. Euro. Im Jahr 2009 konnte die Oberbank insgesamt rund 27 000 Neukunden gewinnen. Damit stieg die Anzahl auf 328 000. Die Kunden vertrauten den Österreichern rund 11 Mrd. Euro an Einlagen an – so viel wie noch nie.

Das Territorium ist abgesteckt Mittlerweile betreibt das Institut in Österreich, Bayern, Tschechien, Ungarn und der Slowakei 133 Filialen – und es sollen noch mehr werden: Zwar seien mit der in der Slowakei eröffneten Niederlassung laut Gasselsberger „die Regionen endgültig definiert“, 2010 will die Oberbank aber zehn neue Filialen im Einzugsgebiet errichten, je zwei in Ungarn und der Slowakei sowie jeweils drei in Wien und Bayern. Im Freistaat kommt das Institut damit zum 20-jährigen Jubiläum auf insgesamt 20 Filialen. Zu den wichtigsten Faktoren, die eine Standortentscheidung beeinflussen, gehört für die Österreicher der Faktor Mensch. „Zu unseren Stärken gehört es, aus Bankern Oberbanker zu machen“, betonte Gasselsberger. Die Mitarbeiter möchten „gemeinsam etwas erreichen“ und eine

gute Stimmung sei eine wichtige „Basis für Erfolg“. Der starke Wirtschaftsraum Bayern mit vielen mittelständischen Unternehmen sei besonders attraktiv. Durch die guten Ergebnisse, die im Freistaat und in Österreich erzielt wurden, sei die Expansion in andere Regionen überhaupt möglich geworden. In Bayern will die Oberbank das Private-Banking-Geschäft weiter vo­ran­ treiben. In Österreich sei sie in diesem Segment bereits unter den Top 3 und auch im Freistaat soll die Position ausgebaut werden. Hierzu werden ­eigene Private-Banking-Center installiert. Was die Produkte betrifft, „bieten wir einen Delikatessenladen“, verbildlichte Gasselsberger das Angebot. Auch der Finanzplatz München nimmt bei der Oberbank einen besonderen Stellenwert ein, denn hier hat das Institut eine „einzigartige Erfolgsgeschichte“ geschrieben, wie Gasselsberger betonte. Rainer Stelzer, Leiter des Geschäftsbereichs Bayern, machte die Stellung für die Österreicher deutlich: „München zählt zu den bedeutendsten Finanzplätzen in Deutschland und ist für die Oberbank der ­ideale Standort für die Steuerung des gesamten bayerischen Geschäftsbereichs. München bietet uns nicht nur einen hochinteressanten Markt, sondern auch ein perfektes Umfeld in den Bereichen Infrastruktur und Human Resources.“  cm

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Oberbank | Generaldirektor Gasselsberger macht „aus Bankern Oberbanker“

Verbindungen zu schaffen – das ist unsere Profession. Als eine der führenden europäischen Luftverkehrsdrehscheiben führen wir am Flughafen München Menschen über Länder­ grenzen und Kontinente hinweg zueinander. Mit freundlichen und kompetenten Mitarbeitern, einem umfangreichen Service­ angebot und einem ebenso schönen wie funktionalen Flug­ hafen machen wir Jahr für Jahr mehr Mobilität möglich. 2009 nutzten weit über 32 Millionen Reisende unser breites Flugangebot. Im gleichen Jahr wurden wir bei der weltweit größten Passagierbefragung in den Kreis der fünf besten Airports Europas gewählt – und das zum fünften Mal in Folge. Schön, dass die Menschen bei uns genauso gut ankommen wie wir bei ihnen. Wir werden auch künftig für bewegende Momente am Flughafen München sorgen. www.munich­airport.de

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Bavaria at its best Industrie | Der Freistaat ist auf der ganzen Welt präsent von constanze meindl

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enn es den Einwohnern des südlichsten Bundeslandes an einem nicht mangelt, dann ist es Selbstbewusstsein. Mit „mir san mir“ wird das dann für Nicht-Bayern schwer verständlich in eine nette Floskel gepackt. Doch muss man sagen: Der Freistaat hat sich im Lauf der Geschichte dieses Selbstvertrauen – das gern auch mal als „Überheblichkeit“ aufgefasst wird – hart erarbeitet. Die Wirtschaftskraft je Einwohner zählt laut Wirtschaftsministerium zu den höchsten der Welt, die Arbeitslosenquote war 2009 mit 4,8 % deutschlandweit am niedrigsten. Auch wenn die Ausfuhren im vergangenen Jahr eingebrochen sind, so zählt Bayern noch immer zu den exportstärksten Ländern. Die Haupthandelspartner sind – neben Österreich und den USA – Italien, Frankreich und China, wobei 2009 die Ausfuhren nur im Land des Lächelns zulegen konnten (plus 6,8 %).

Bier ist gut für’s BIP Was Bayern noch besonders macht, sind die vielen „Botschafter“ des Freistaats, die das Image in der Welt prägen. Nein – nicht das Oktoberfest, obwohl auch dies ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist: 6,5 Mio. Maß Bier trugen zu einem Umsatz von rund 300 Mio. Euro bei. Weitere 500 Mio. Euro lassen die Besucher während des größten Volksfestes der Welt in Hotels, Taxis oder Restaurants zurück. Eher sind es die Imageträger, die zum Inbegriff von Hightech aus Bayern

geworden sind. Denn man wird kaum jemanden finden, egal wie weit man reist, der noch nie etwas von BMW gehört hat. Kaum ein Land, in dem Siemens kein Begriff ist, und nur wenige Autofahrer, die nicht schon einmal einen MAN-Truck bestaunt haben. Das eine oder andere weiß-blaue Produkt verlässt sicherlich auf einem solchen Lkw den Freistaat. Um mehrere Tonnen Ladung auf den Straßen dieser Welt transportieren zu können, brau­chen die Lastwagen leistungsstarke Motoren. Nicht zuletzt deshalb hat MAN kürzlich 35 Mio. Euro in ein neues Motoren-Entwicklungszentrum in Nürnberg gesteckt. Hierdurch „werden wir die künftigen Entwicklungsherausforderungen noch besser und effizienter meistern“, erklärte Bernd Maier­ hofer, Vorstand R & D und Purchasing. Aber nicht nur Fahrzeuge von MAN und BMW rollen über die Straßen im In- und Ausland und sind Imageträger für den Freistaat. Für US-Autohändler beispielsweise ist Audi die wertvollste Premium-Marke. Eine Umfrage der Na­tional Automobile Dealers Association ergab, dass die vier Ringe aus Ingolstadt überm großen Teich als die Marke mit den besten Zukunftsaussichten gilt. Die US-Autohändler beobachten bei ihrem Geschäft mit Audi die höchsten Wertsteigerungen.

Bayern – aber auf den zweiten Blick Während ein Audi jedoch eindeutig als ein solcher zu identifizieren ist, sind andere Produkte „made in Bavaria“ erst auf den zweiten Blick sichtbar. So verhält es sich beispielsweise mit den An-

Der Münchner Technologiekonzern Siemens gehört zu den „grünen Botschaftern“ des Freistaats. Aber auch viele andere bayerische Konzerne sind weltweite Imageträger des Südens. Foto [M]: Siemens

lagen der Firma WashTec: Das Unternehmen ist weltweit führend in Sachen Fahrzeugwäsche, aber nur wer die blau­­en Anlagen zuordnen kann, weiß, dass sein Auto gerade von Augsburgern gewaschen wird. Rund 30 000 Anlagen sind weltweit installiert. Autowasch­ anlagen gehören jedoch sicherlich zu den Investitionen, die krisenbedingt zurückgestellt wurden: Der WashTecUmsatz sank um etwa 10 % auf rund 256 Mio. Euro, das EBIT ging um 16,3 Mio. Euro auf 13,1 Mio. Euro zurück. Für 2010 erwartet WashTec keine we-

Schlau, wer schon da ist! Die Mieter im

Business Cam

sentlichen Umsatzverbesserungen, jedoch mittelfristig soll wieder an alte Wachstumspotenziale von etwa 4 % bis 7 % pro Jahr angeknüpft werden. Auch in Fahrzeugen steckt oft mehr Bayern, als es auf den ersten Blick den Anschein macht: Ob Cabrio-, Dachund Karosseriesysteme oder Heiz-, Kühl- und Lüftungssysteme – der Vorzeige-Zulieferer Webasto aus Stockdorf ist in vielen Automobilen präsent.

Auch Kabel müssen „grüner“ werden Ebenso verhält es sich mit Produkten aus dem Hause der Nürnberger Leoni. Der Anbieter von Kabeln für die Automobilbranche und andere Industrien will sein Image „grün“ färben und zum innovativsten Kabelhersteller für umweltfreundliche Technologien werden. Erreicht werden soll dies etwa durch leichtere Materialen und dünnere Leitungsquerschnitte, die die Bordnetze um bis zu 20 % leichter machen können. Auch bei der Entwicklung von Ladekabeln für Elektrofahrzeuge sind die Franken vorn mit dabei. Vorreiter für eine umweltfreundlichere Zukunft ist auch die Münchner Linde Group, die zusammen mit Daimler die Entwicklung von Brenn-

stoffzellen vorantreibt, oder die Spezialisten von Siemens, die mit innovativen Entwicklungen immer wieder den Markt überraschen – so etwa mit Ladesäulen für Elektrofahrzeuge plus zugehöriger IT und Software. „Wir sind auf dem Weg in ein neues Zeitalter mit elektrischem Strom als bevorzugtem Energieträger“, betonte Ralf Christian, CEO der Power Distribution Divi­sion im Siemens-Sektor Energy. Smart Grids, also intelligente Stromnetze, sieht er als „Schlüssel zum Erfolg“. Dass die „grünen“ Technologien auch mit umweltfreundlichem Strom versorgt werden, stellen die Energie­ unternehmen des Freistaats sicher – allen voran die Stadtwerke München (SWM), die alles daran setzen, dass die Landeshauptstadt bis 2025 nur noch mit Öko-Strom versorgt wird. Rund 9 Mrd. Euro will der Versorger dafür investieren. Aktuell sind die Mitarbeiter der SWM im gesamten Stadtgebiet unter Hochdruck damit beschäftigt, unter die Gehwege Münchens Glasfaserkabel zu verlegen, die nicht nur für schnelle Internet­verbindungen sorgen sollen, sondern auch als Grundstein für die Installation intelligenter Strom- und Gas­zähler – Smart Meters – dienen.

Die LEW Lechwerke mit Sitz in Augsburg spielen in Sachen Umweltfreundlichkeit auch ganz oben mit. Die RWETochter erzeugt den eigenen Strom vor­nehmlich aus Wasserkraft und versorgt damit als regionaler Energiedienstleister Bayern und Teile BadenWürttembergs. LEW betreibt 35 Wasserkraftwerke, die etwa 800 Mio. Kilowattstunden Strom liefern. Im Gegensatz zur konventionellen Steinkohle­ erzeugung spart LEW damit jedes Jahr etwa 750 000 Tonnen CO2 ein. Außerdem speisen rund 26 000 dezentrale Erzeugungsanlagen – von Biogas bis Kraft-Wärme-Kopplung – regenerative Energien in das Netz der LEW ein. Mit Bayerngas als kommunale Beschaffungsplattform kann sich der Freistaat auf eine sichere Versorgung mit Gas verlassen. Das Unternehmen mit Sitz in München blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2009 zurück, und wie viele Unternehmen können das in diesen schwierigen Zeiten schon von sich behaupten? Der Gasabsatz stieg auf ein bisher nicht erreichtes ­Rekordniveau von 70,2 Mrd. Kilowattstunden – nach 65,8 Mrd. im Vorjahr.

Innovationen aus Kunststoff Ein weiteres Aushängeschild der bayerischen Wirtschaft ist die Rehau AG. Das Unternehmen mit Sitz in der gleich­namigen Stadt im oberfränkischen Landkreis Hof hat in den Bereichen Bau, Automotive und Industrie den Finger am Puls der Zeit. Der Spezialist für polymerbasierte Lösungen hat einige Innovationen im Produktport­ folio: Ob Fenstersysteme zur Reduzierung von Wärmeverlusten oder inte­ grierte Aufbausysteme auf polymerer Werkstoffbasis für die Automobilindus­ trie – bei Kunststoff macht Rehau niemand etwas vor. Das sieht auch der ­Autobauer Porsche so: Gleich mit dem ersten Auftrag erhielt Rehau den Supplier Award. Bisher hat noch nie ein Hersteller von Stoßfängern diese Auszeichnung erhalten – und das als Newcomer. „Die Anerkennung ist eine große Ehre für unser Unternehmen. Sie unterstreicht die Anstrengungen jedes einzelnen Projektmitarbeiters, für unsere Kunden immer das Beste zu geben“, sagte Rehau-Vizepräsident Veit Wagner bei der Preisverleihung.

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Die Stimmung steigt vbw | Bayerns Unternehmen glauben an den Aufschwung

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as macht der Bayer, wenn die Temperaturen wieder nach oben gehen? Richtig: Er geht in den Biergarten und genehmigt sich eine Maß – oder auch zwei. Was macht der Bayer, wenn das Konjunkturbarometer auf Schönwetter steht? Er füllt seinen Weißbier-Index. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) gibt halbjährlich eine Prognose hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage im Freistaat ab und verbildlicht die Stimmung der Mitgliedsverbände mit der Füllhöhe eines Weißbier- oder Weizenbierglases, wie es in nördlicheren ­Gefilden auch gern heißt. Verbalisiert hat die derzeitige Lage der vbw-Prä­ sident Randolf Rodenstock: „Mit der bayerischen Wirtschaft geht es aufwärts – aber langsam.“ Jeder zweite Verband rechne damit, dass frühestens im Jahr 2013 das Vorkrisenniveau wieder erreicht sei. Positiv sei aber, so Rodenstock, dass die Erwartungen der Unternehmen hoch sind, auch wenn die tatsächliche Entwicklung noch immer verhalten ist. „Die Firmen glauben an den Aufschwung, selbst wenn er im Moment noch nicht greifbar ist.“ Insgesamt konnte der Index im vergangenen halben Jahr um 37 Punkte auf 88 Punkte zulegen, liegt damit aber immer noch unter dem längerfristigen 100er-Durchschnitt. Damit die Stimmung in Bayerns Wirtschaft weiter steigt, richtet Roden-

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stock ganz klare Forderungen an die Politik. Die verbesserten Regelungen zur Kurzarbeit gehörten bereits zu den wichtigs­ten Maßnahmen, die auf den Weg gebracht wurden. Nun müsse aber der Fokus weg von kurzfristigen, hin zu mit­tel- und langfristigen Schritten. Kon­kret zählt für Rodenstock hierzu die Stabilisierung der Unternehmensfinanzierung. Dies könne einerseits über eine Verlängerung des Wirtschaftsfonds Deutschland bis Ende 2011 erreicht wer­den. Andererseits sollten Firmen, die hohe Investitionen vorgenommen ha­ben, die Möglichkeit bekommen, ih­re Abschreibungen da­ rauf zu halbieren. Des Weiteren sieht Rodenstock eine Eigenkapitalentlastung der Banken als notwendig an. Er schlägt ein Modell vor, bei dem die Risiken von Globaldarlehen aus dem Wirt­schaftsfonds auf drei Schultern verteilt werden: Ein Teil bleibt bei der KfW, ein Teil wird verbrieft und nur ein dritter Teil bleibt bei den Geschäftsbanken. Hierdurch müssen die Institute Kredite mit weniger Eigenkapital hin­terlegen und könnten mehr ausreichen.

Angst vor Kostenexplosion Bedeutend sei auch, die Sozialversicherungsbeiträge dauerhaft unter 40 % zu halten, damit die Arbeitskosten nicht explodieren. Speziell die Krankenversicherung bedürfe einer Reform. Der vbw-Präsident fordert eine

Gesundheitsprämie, um die Kosten zu senken, und hält eine Umstellung der Pflegeversicherung auf Kapital­ deckung für „unumgänglich“. Außerdem müsse der Staat die Haushalte konsolidieren, aber er mache ­exakt das Gegenteil. „Im Unternehmen kann ich das genau einmal machen – dann bin ich weg vom Fenster“, betonte Rodenstock. Dabei müssten aber Steuererhöhungen jeder Art vermieden werden, denn sie seien in der jetzigen Situation absolutes Gift, und bevor über Ausgabenerhöhungen nachgedacht werde, müsse der Spielraum für Steuersenkungen genutzt werden.  cm

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Wachstum 66

Aktuelle Lage Prognose: +37 125

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Quelle: vbw / Grafik: WirtschaftsKurier

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Hinter den Kulissen läuft alles wie geschmiert Flughafen München | Ein Besuch im Hub-Control-Center von joachim hospe

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er Flughafen München Franz Josef Strauß hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der attraktivsten Luftverkehrskreuze in Europa entwickelt. Das Terminal 2, das von der Flughafen München GmbH (FMG) und der Deutschen Lufthansa AG gemeinsam betrieben wird, gilt nicht nur wegen der minimalen Umsteigezeit von nur 30 Minuten als eines der besten Umsteigeterminals der Welt. Nutzten im Jahr 2000 lediglich 27 % der Passagiere München als Umsteigemöglichkeit, waren dies im Jahr 2009 schon 37 %. Dieser Aufstieg des Drehkreuzes München wurde durch die enge Zusammenarbeit der Luftverkehrspartner entscheidend beeinflusst. Insgesamt reisen über 90 % aller Fluggäste, die im Interkontinentalverkehr von und nach Deutschland unterwegs sind, über die beiden HubFlughäfen Frankfurt und München. Damit dieser Ablauf reibungslos funktionieren kann, ist das perfekte Zusammenspiel aller Systempartner voraus­gesetzt. Hochwertiger Service und schnelle Anschlussverbindungen machen dabei die Qualität der beiden Drehkreuze aus. Um die hohen Anforderungen bewältigen zu können, müssen die Abläufe im Hub-Control-Center (HCC) im Terminal 2 des Airports jeden Tag wie Zahnräder ineinandergreifen. In dieser hochmodernen Schaltzentrale arbeiten etwa 35 Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa AG und der FMG eng

Auf sechs Bildschirmen werden die Arbeiten rund um die Abfertigung verfolgt. Foto: Joachim Hospe

Flugzeuge der Lufthansa und deren Star-Alliance-Partner stehen Seite an Seite am Pier des Terminals 2. Der Flughafen München zählt zu den bedeutendsten europäischen Drehkreuzen. Foto: Flughafen MUC / Werner Hennies

zusammen, um einen optimalen Ressourceneinsatz und damit ein Höchstmaß an Effizienz und Pünktlichkeit zu gewährleisten. Die Initiative „Luftverkehr für Deutschland“, zu der sich die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, die Deutsche Lufthansa AG, die Fraport AG und die Flughafen München GmbH zusammengeschlossen haben, setzt sich seit Jahren für einen be­ darfsgerechten Flughafenausbau in Deutschland sowie für faire Rahmenund Wettbewerbsbedingungen im internationalen Luftverkehr ein.

Als Beispiel für die vielfältigen Aufgaben zur Vorbereitung zum Start wählten die Spezialisten aus dem HCC den Lufthansa-Flug LH 718 München – Seoul mit einem Airbus A340/300 aus, Abflug 12.00 Uhr. Auf einem seiner sechs Bildschirme werden Jürgen Maier, dem „Event Controller“, der an diesem Tag im Hub-Control-Center Dienst hat, angezeigt, dass 181 Passagiere auf dem Flug gebucht sind. Nur zwölf kommen dabei aus München und Umgebung, der Rest reist aus 50 Destinationen beinahe aus der ganzen Welt an.

Die größte Gruppe fliegt aus Brüssel in München ein, die weitesten aus São Paulo. Das sei jedoch nicht der Normalfall, meinte der Leiter des HCC, ­Tobias Schulte. Gewöhnlich liegt der Anteil der Umsteiger am Münchner Flughafen bei unter 60 %.

Limousine für Zu-spät-Kommer Neben dem Herkunftsort stehen auf dem Schirm die Ankunftszeiten. Maier muss nun die verschiedenen Arrivals im Blick haben, damit die Passagiere und das Gepäck pünktlich die Seoul-

Maschine erreichen. Für zwei Mitfliegende, die aus Berlin kommen, wird es allerdings knapp. Ihre Maschine startete in der Hauptstadt mit Verspätung. Die Zeit zwischen der Landung in München und dem Abflug nach Asien liegt deutlich unter dem garantierten Umsteigelimit von 30 Minuten. In diesem Fall organisiert Maier zusammen mit einem für den direkten Umstieg Verantwortlichen, dass die Passagiere und ihr Gepäck mit einer Limousine direkt von der Berlin-Maschine zu LH 718 gebracht werden können. Daneben läuft noch das Catering für den Zehn-Stunden-Flug. Das Gepäck der anderen 179 Passagiere wird eingeladen. Endlich ist das Betanken be­ endet. Auf einem weiteren Bildschirm kann der Controller „seine“ Maschine über eine schwenkbare Videokamera sehen und die Arbeiten der Bodenmannschaft verfolgen. 20 Minuten vor Abflug können die Besucher der Veranstaltung die letzten Arbeiten am Flugzeug direkt auf dem

Vorfeld beobachten. Der Flugkapitän ist noch auf seinem letzten Check um die Maschine. Ein Blick auf die Antriebsturbinen, das Fahrwerk. Die Bereifung wird einer Sichtkontrolle unterzogen. Das riesige Schleppfahrzeug wird an den A340 gekuppelt und die Besuchergruppe aufgefordert, den Bus zu besteigen, der sie an die Startbahn Süd bringt, um den Start zu beobachten. Da kommt die Nachricht, dass die beiden Berliner die Maschine noch erreicht haben. Maier hat seine verantwortungsvolle Arbeit pünktlich erledigt. Es wartet bereits ein neuer Abflug für ihn.

Eine Software für die Zeit am Boden Gesteuert und überwacht wird dieser gesamte Abfertigungsprozess von der Landung bis zum Start eines Flugzeugs mit dem Managementsystem „Airport Collaborative Decision Making“ (ACDM). Es erfasst den Zeitraum „Estimated Off Block Time (EOBT) -3h“ bis „Take Off“ und stellt allen Partnern eine gemeinsam genutzte Software-Plattform für den durchgehenden Prozess zur Verfügung. Das Managementsystem wurde Mitte 2007 am Münchner Airport nach einem einjährigen Probebetrieb als erstem Flughafen in Europa als Standardverfahren eingeführt. Obwohl die Besuchergruppe direkt neben der Startbahn auf der riesigen Wiese steht, ist kein überlautes Röhren der vier Triebwerke zu vernehmen. Da hat sich schon viel bewegt in der Entwicklung moderner Strahltriebwerke. Steil zieht LH 718 in den grau verhangenen Himmel.

SWM Ausbauoffensive „Erneuerbare Energien“ München ist Schrittmacher bei den erneuerbaren Energien

Offshore-Windparks in der Nordsee. Und in Spanien enga-

in Deutschland. Bis 2025 wollen die SWM den Strom-

gieren wir uns an einem solarthermischen Groß-Kraftwerk,

bedarf ganz Münchens zu 100 % mit Ökostrom aus eige-

das 2011 ans Netz gehen wird. Doch auch die nähere

nen Anlagen decken. Dazu bauen die SWM die Energie-

Umgebung trägt zum umweltfreundlichen Energiemix bei,

gewinnung durch Wind, Wasser, Sonne und Erdwärme

etwa mit dem Solar-Großkraftwerk in Lauingen/Donau,

weiter aus und investieren mehrere Milliarden Euro.

einem Geothermie-Kraftwerk im Süden Münchens sowie

Neun Windparks an Land haben die SWM kürzlich erwor-

einem Wasser-Kraftwerk im Flussbett der Münchner Isar.

ben. Weiterhin beteiligen wir uns an einem der größten

Weitere Projekte folgen. Mehr Infos: swm.de.

M-Wasser

M-Bäder

M-Strom

M-Wärme

M-Erdgas

Besser

leben

mit

M.

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Bayern

Mai 2010

WirtschaftsKurier

Meister besuchen Schulen

Treffen der Superlative

Interview | Die Berufswelt gehört in den Bildungsalltag, meint HWK-Präsident Heinrich Traublinger

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einrich Traublinger, MdL a. D., Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, spricht im WirtschaftsKurier über die derzeitige Situation seiner Betriebe und die zukünftigen Herausforderungen. Die Fragen stellte WiKu-Redakteurin Constanze Meindl.

WirtschaftsKurier: Vor dem Hinter­ grund der Krise: Wie stellt sich die Situation im Handwerk derzeit dar? Heinrich Traublinger: Im ersten Quartal 2010 gaben 69 % der Handwerksunternehmer in München und Oberbayern ihrer aktuellen Geschäftslage die Note „gut“ oder „befriedigend“. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um fünf Punkte. Für die kommenden Monate erwarten sogar 77 % gute oder befriedigende Geschäfte. Aber unsere Betriebe wissen auch, dass der Aufschwung kein Selbstläufer wird. Von dem pro-

gnostizierten Anspringen des Exports profitiert das Handwerk nämlich nur ganz am Rande. Was wir brauchen, ist mehr privater Konsum. WiKu: Vonseiten der Finanzinstitute hört man immer häufiger, eine Kre­ ditklemme gebe es nicht. Können Sie das bestätigen? Traublinger: Momentan gibt es keine Kreditklemme im Münchner und oberbayerischen Handwerk. Allerdings haben sich die Bedingungen zur Kreditaufnahme in den letzten Monaten auch nicht gerade verbessert. Problematisch könnte es werden, wenn sich Betriebe mit schlechten 2009er-Bilanzen um Fremdmittel bemühen. Ein Tipp: Kreditnehmer sollten ihre Hausbank darauf hinweisen, dass unter bestimmten Bedingungen die Bürgschaftsbank Bayern unterstützend eingreifen kann. WiKu: „Das Handwerk – Die Wirt­ schaftsmacht von nebenan“. Wel­

„Klar ist, dass unsere Ausbildungsbetriebe nicht ausbügeln können, was im Elternhaus und in der Schule versäumt wurde.“  WK-Präsident H. Traublinger H

che Ziele verfolgt diese Kampagne? Traublinger: Wir wollen zeigen, wie wichtig das Handwerk für Deutschland ist, dass wir ohne Handwerk noch immer in der Steinzeit leben würden. Auslöser war eine Umfrage, nach der vor allem bei den 14- bis 18-Jährigen die wirtschaftliche Bedeutung und das soziale Ansehen des Handwerks nicht so bewusst sind, wie es aus unserer Sicht angebracht ist. Diese Zielgruppe sind aber unsere Fachkräfte und Betriebsinhaber von morgen. Sie wollen wir überzeugen, dass das Handwerk mindestens genauso gute Karrieremöglichkeiten bietet wie andere Wirtschaftsbereiche. Um Jugendliche zu werben, führen wir in diesem Jahr übrigens schon zum dritten Mal unsere große, bayernweite Nachwuchskampagne „Macher gesucht!“ durch. WiKu: Schulabgängern wird immer häufiger von Unternehmerseite ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Wel­ che Möglichkeiten sehen Sie, hier langfristig entgegenzusteuern? Traublinger: Klar ist, dass unsere Ausbildungsbetriebe nicht ausbügeln können, was im Elternhaus und in der Schule versäumt wurde. Zwei Drittel aller Handwerkslehrlinge kommen von der Hauptschule. Für uns ist daher besonders wichtig, dass im Rahmen der Umgestaltung zur Mittelschule die Stärken der Hauptschule, wie beispielsweise die Berufsorientierung, erhalten bleiben und weiterentwickelt werden. Die Berufs- und Arbeitswelt muss verstärkt in den Schul- und Unterrichtsalltag Eingang finden. Aus

Sicht des Handwerks kommen hierfür insbesondere Betriebspraktika, aber auch die Erkundung unserer Berufsbildungszentren sowie die Öffnung des Unterrichts für Handwerksunternehmer unter dem Motto „Meister an Schulen“ infrage. ­Weiter gilt es, die Ausbildungsvielfalt im Handwerk noch bekannter zu machen, wie etwa durch unsere Image- und Nachwuchskampagne. WiKu: Der demografische Wandel stellt die Gesellschaft vor eine große Herausforderung. Welche Auswir­ kung wird eine alternde Gesell­ schaft auf das Handwerk haben? Traublinger: Eine alternde Gesellschaft bietet dem Handwerk Chancen, stellt es aber auch vor Herausforderungen. Die sogenannten Best Ager sind eine in der Großzahl finanzkräftige Kundengruppe für die qualitativ hochwertigen Produkte unserer Betriebe. Auf der anderen Seite führt uns die sinkende Zahl von Schulabgängern unweigerlich in einen Fachkräftemangel, der den Wettbewerb um qualifizierten Berufsnachwuchs in den nächsten Jahren massiv verstärken wird. WiKu: Zum Abschluss: Die Bundes­ regierung gewährt Ihnen einen Wunsch, der uneingeschränkt er­ füllt wird. Welche Forderung möch­ ten Sie durchgesetzt wissen? Traublinger: Am liebsten wären mir eine solide Einkommensteuerreform sowie die dauerhafte Begrenzung der Beitragssätze zur Sozialversicherung auf unter 40 %. Das sind zwar zwei Wünsche – für das Handwerk sind beide Themen aber gleich wichtig.

bauma 2010 | Großer Erfolg trotz Aschewolke

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er zwischen dem 19. und 25. April die U2-Linie der Münchner U-Bahn Richtung Messestadt benutzen wollte, konnte es kaum übersehen, dass da etwas Großes im Gange sein musste: überfüllte Züge, Lautsprecherdurchsagen, Ordner, Hektik... Die Menschenmassen strömten auf das Gelände der Neuen Messe München zur bauma 2010, der weltgrößten Ausstellung für Bau-, Baustoff- sowie Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte. Es war das Treffen der Superlative, eine Zusammenkunft der Giganten. Riesige Baumaschinen und Standkonstruktionen aus aller Welt wurden auf einer komplett ausgebuchten Gesamtfläche von 555 000 Quadratmetern ausgestellt und von insgesamt 415 000 Besuchern aus über 200 Ländern bestaunt. Doch so groß auch alles auf der bauma erschien, so hat die Natur der Veranstaltung einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Das temporäre

Freigelände der bauma.

Foto: bauma

Flugverbot über Europa war in den ersten Tagen der Messe spürbar. Auch wenn 50 Aussteller aus Übersee durch die Aschewolke des isländischen Vulkans verhindert waren, übertraf die Ausstellerzahl mit rund 3 150 die Werte der Vorveranstaltung im Jahr 2007. „Natürlich fehlten den Ausstellern anfangs viele Kunden aus Asien und Amerika – in der zweiten Hälfte der Messelaufzeit wurde dies aber deutlich besser“, kommentierte Ralf Wezel, Generalsekretär des Europäischen Baumaschinen-Kommitees, die Einflüsse des Naturereignisses auf die Fachmesse. Trotz der Sofortmaßnahmen der Messe München und der internationalen Kooperationspartner konnten aber nicht mehr alle erwarteten Gäste aus dem asiatischen sowie amerikanischen Raum zur Weltleitmesse kommen. Auch wenn der Vulkanausbruch maßgeblich an der um 17 % reduzierten Besucheranzahl beteiligt war, punktete die bauma 2010 mit Rekordmarken bei den Flächenbuchungen und den Ausstellerzahlen. Die bauma 2010 setzte ein deutliches Zeichen, dass nach dem schwierigen Jahr 2009 die Trendwende der internationalen Baumaschinenindustrie eingeleitet ist. Dies bestätigte unter anderem eine repräsentative Befragung der Aussteller von TNS-Infratest. Angesichts der Vielzahl an Innovationen für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz wurde die bauma dem Status „Weltleitmesse“ mehr als gerecht. Die nächste Ausstellung findet turnusgemäß wieder in drei Jahren in München statt – diesmal vermutlich ohne Vulkanausbruch. pht

Die Welt digital konstruieren Mensch und Maschine | Der oberbayerische Software-Spezialist startet gut ins neue Jahr

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er nicht gerade Ingenieur, Architekt oder Konstrukteur ist, kann damit wohl wenig anfangen: „CAD as CAD can.“ Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) in Wessling bei München tritt als Unternehmen mit diesem Slogan auf und ist mit CAD – Computer aided design (rechnergestützte Konstruktion) – groß geworden. Seit rund 26 Jahren vertreibt MuM CAD-Software, gehört heute zu den führenden Anbietern in Europa und ist mit mehr als 30 Niederlassungen im deutschsprachigen Raum und Konzerntöchtern in der ganzen Welt präsent. Mit einem breiten Angebotsspektrum bedienen die oberbayerischen Software-Spezialisten vor allem die Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik, Architektur und Infrastruktur.

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Aber was ist eigentlich CAD? Mithilfe der Software können per Computer Entwürfe für mechanische, elektrische oder elektronische Systeme erstellt werden. Lampen, TV-Geräte, Stühle, Türen, Fenster, Fußbodenheizung, Wasserleitung, Straßen … all diese Dinge begannen ihre Existenz mit einer Konstruk­ tionszeichnung, die so ausgearbeitet wurde, dass die Einkäufer Material bestellen konnten, dass man Fertigungsmaschinen einrichten, Prospekte und Beschreibungen drucken, Preise kalkulieren und die Produkte schließlich fertigen und verkaufen konnte. Pläne dafür werden mithilfe einer CAD-Software erstellt. Vor gut 20 Jahren war CAD nicht viel mehr als ein elektronischer Zeichenstift, den man nur nach langer Ausbildung und mit viel Übung bedie-

nen konnte. Heute sind CAD-Lösungen Systeme, deren Bedienung relativ leicht erlernt werden kann und die viel mehr können als nur zeichnen. CAD erlaubt von vornherein ein realistisches Bild des fertigen Produkts. Die Planung von Einfamilienhäusern, Fußballstadien und Flughäfen zeigt nicht nur, wie die Bauwerke später aussehen, sondern auch die Statik lässt sich anhand des Computermodells berechnen, Materiallisten entstehen automatisch und Abläufe auf der Baustelle können koordiniert werden. Die vielen Tausend Glasscheiben der Fassade der BMWWelt wurden beispielsweise aufgrund der Berechnungen eines CAD-Programms gefertigt, ohne dass jemand die einzelnen Scheiben hätte bemaßen und zeichnen müssen. Was früher von

Hand gezeichnet, mit dem Taschenrechner kontrolliert und manuell in Listen übertragen wurde, wird heute von intelligenter Software erledigt. Adi Drotleff, Verwaltungsratsvorsitzender der MuM, gründete das Unternehmen 1984. Neben dem SoftwareVertrieb bietet Mensch und Maschine von Anfang an auch Beratung, Unterstützung bei der Installation und Schulung, sodass die Anwender die optimale Lösung für das jeweilige Unternehmen und die entsprechende Branche er­ halten. Die meisten angebotenen Programme stammen vom CAD-Weltmarktführer Autodesk und seinen Entwicklungspartnern. Auch bei MuM gibt es eine Entwicklungsabteilung, die ergänzende Tools und individuelle Anpassungen programmiert.

Die börsennotierte und eigentümergeführte Firma beschäftigte 2009 rund 500 Mitarbeiter – darunter Spezialisten aus Architektur und Haustechnik,

Die Glasscheiben der Fassade der BMW-Welt wurden mithilfe von CADBerechnungen gefertigt. Foto: BMW

URLAUBSANGEBOT IM SOMMER:

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» Ausgezeichnet als Österreichs Wanderziel des Jahres 2007, 2008 und 2009 » Aufstiegsmöglichkeiten im Sommer: 2 Gondelbahnen, 2 Sessellifte » über 300 km Wanderwege » 31 bewirtschaftete Hütten » größte Lauf und Nordic Walking Arena Tirols mit 26 Strecken und 186 km beschilderten Wegen » 70 km Mountainbike-Strecken » 40 km asphaltierte Radwege » idealer Ausgangspunkt für Rennradtouren aller Profile: 22 Runden von 50 km bis 216 km » 7 befischbare Gewässer

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­ echanik, Maschinenbau und ElektroM technik, Infrastrukturmanagement und Design. Nachdem im Geschäftsjahr 2009 der Konzernumsatz um 27 % auf 163,3 Mio. Euro einbrach, hat sich der bereits im vierten Quartal des vergangenen Jahres beobachtete Erholungstrend auch im ersten Quartal 2010 ­fortgesetzt. Mit einem Umsatzplus von 8,1 % auf 51,83 Mio. Euro und einem um 14,5 % auf 2,25 Mio. Euro ge­­stei­ gerten Betriebsergebnis EBITDA ist Mensch und Maschine gut ins neue Jahr gestartet. „Bis wir die Rekord­ marken aus dem Jahr 2008 wieder anpeilen können, wird es nach dem tiefen 2009er-Tal wohl noch ein bis zwei Jahre dauern, aber spätestens 2012 möchten wir so weit sein“, bewertete Drotleff die mittelfristigen Aussichten. pht

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Bayern

Mai 2010

WirtschaftsKurier

Gemeinsam kommt man leichter ans Ziel

Science-Fiction wird Wirklichkeit

E-Mobility | Große Namen für ein CO2-freies München

„Einmal vollladen bitte“: Siemens arbeitet daran, Elektroautos mit einer Schnellladefunktion zu versehen, damit sie – ähnlich wie an Tankstellen heute – innerhalb weniger Minuten wieder einsatzbereit sind. F.: Siemens von constanze meindl

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ie Tage des Verbrennungsmotors sind gezählt – das ist Fakt. Unternehmen aus den verschiedensten Industriesektoren arbeiten fieberhaft an Lösungen für morgen. Doch – wie so oft im Leben – für einen allein ist das Vorwärtskommen schwierig, und gemeinsam, mit einer unterschiedlichen Sicht auf die Dinge, kommt man meist schneller ans Ziel. Deshalb haben sich Siemens, BMW und die Stadtwerke München (SWM)

im Dienste der Elektromobilität zusammengetan. Siemens liefert die Technologie und die SWM den „grünen“ Strom für die neue Generation von Ladeinfrastruktur. BMW stellt die passende Elektroflotte zur Verfügung. In Sachen E-Mobility hat das Bundesverkehrsministerium die Marschroute vorgegeben: Bis zum Jahr 2020 soll Deutschland zum „Leitmarkt für Elektromobilität auf- und ausgebaut werden“. Dafür stellt die Bundesregierung bis 2011 500 Mio. Euro aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung und

fördert gezielt acht ausgewählte Modellregionen – eine davon ist München. Unter Leitung der SWM soll der Antrieb der Zukunft erprobt und aktiv ­vorangetrieben werden.

Mit Know-how, viel PS und einer Ladung Ökostrom Der Technologiekonzern Siemens kann in dieses Projekt sein über Jahrzehnte erworbenes Know-how einbringen: „Mit Teams in den Sektoren Energy und Industry sowie der zentralen Forschung decken wir die gesamte Pro-

zesskette der Elektromobilität ab“, betonte Siemens-Chef Peter Löscher. Ziel ist die Entwicklung von Schnellladesystemen, durch die die Zeit, die ein Auto „am Stecker hängt“, erheblich verkürzt werden soll. Dadurch werden E-Autos auch für neue Nutzergruppen und Einsatzmöglichkeiten interessant. Die BMW Group testet in München bereits 15 Elektro-Minis im Alltagseinsatz und will die Flotte auf mindestens 40 Fahrzeuge erhöhen. Die Erfahrungen, die durch die Kundennutzung ­gewonnen werden, fließen direkt in die Entwicklung des Megacity Vehicles ein – das erste Serien-Elektrofahrzeug –, das 2013 unter einer Submarke von BMW auf den Markt kommt. „In der Modellregion München erproben wir eine wegweisende Zukunftstechnologie im Alltag“, sagte BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer. Die Stadtwerke München sind für den Aufbau und Betrieb einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur zuständig. Bis Ende 2010 soll es an 100 Stationen möglich sein, elektrischen Strom zu tanken. Darüber hinaus wollen die SWM ihren eigenen Fuhrpark mit Elektrofahrzeugen aufstocken. Dabei bringen die Stadtwerke Erfahrungen in Sachen elektrischer Antrieb mit: „Schon seit Jahrzehnten bieten wir als Betreiber von U-Bahn und Tram gelebte Elektromobilität“, stellte der kaufmännische Geschäftsführer der SWM, Florian Bieberbach, fest. Die Ladestationen werden ausschließlich mit Ökostrom betrieben, hierdurch wird die Elektromobilität in der bayerischen Landeshauptstadt zu 100 % CO2-frei sein.

Bayern Innovativ | Lola geht in Hannover

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ola geht, und das nicht in einem fiktiven Spielfilm, sondern völlig real auf dem Hannoveraner Messegelände. Es spielten sich Szenen ab, die an den US-amerikanischen ScienceFiction-Klassiker „Nr. 5 lebt“ aus den 80er Jahren erinnerten. Auf der Hannover Messe 2010 wurde der humanoide Roboter namens Lola der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei handelte es sich um eine Innovation aus Bayern – genauer gesagt, ist sie eine Weiterentwicklung des Bewegungsroboter Johnnie aus dem Jahre 2001. Die mobile Maschine wurde am Lehrstuhl für Angewandte Mechanik der Technischen Universität München entwickelt und ist nach aufwendiger Programmierung in der Lage, sich in einer unbekannten Umgebung autonom zu bewegen. Ausgestattet mit zwei Beinen, moderner Antriebstechnik sowie Mikroelektronik und zwei hochauflösenden Kameras kann Lola auch unebenes Gelände stolperfrei durchqueren und selbstständig anhand Sensorsystemen Hindernisse bewerten und sich für den besten Weg entscheiden. Die Kombination von Sichtsystem, Mechatronik und programmierter Regelung erlaubt dem humanoiden Roboter eine detaillierte Wahrnehmung und Analyse der Umgebung sowie Foto: TUM

einen hohen Grad an Autonomie und Flexibilität. Das Projekt Lola der TU München war aber nur ein Beispiel der insgesamt 53 Ausstellern aus dem Freistaat, die sich auf einem der drei Gemeinschaftsständen von Bayern Innovativ auf der bedeutenden Industriemesse in der niedersächsischen Landeshauptstadt präsentierten. Der gebündelte Auftritt von jungen innovativen Unternehmen und Forschungsinstituten gab den Ausstellern die Möglichkeit, ihre individuellen Kompetenzen einer internationalen Öffentlichkeit vorzuführen. Die bayerischen Gemeinschaftsstände – gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie des Freistaats – auf der Hannover Messe 2010 wurden von Bayern Innovativ, der Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mit Sitz in Nürnberg, konzipiert und organisiert. Rückblickend hat die bayerische Initiative in Hannover einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Neben dem Projekt „Lola“ machten auch die Innovationen von KT-Systems aus Euerbach mit dem briefmarkengroßen Ultraschall-Sensor oder von SLG Technologies aus Meitingen mit dem neuen Werkstoff „Ecophit“ von sich reden. Bayern hat also nicht nur Spuren von Lola hinterlassen, sondern auch richtungsweisende (Innovations)Pfade vorgegeben. pht

Seismograf der Wirtschaft Dachser | Logistikunternehmen will Europa-Geschäft ausbauen

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hnlich sensibel wie ein Seismograf, der Erdstöße noch in Tausenden Kilometern Entfernung wahrnehmen kann, reagiert die Logistikbranche auf konjunkturelle Schwankungen: Um bis zu 20 % brach der Umsatz vieler Unternehmen im Krisenjahr 2009 ein. Auch Dachser Intelligent Logistics, einer der führenden Logistikkonzerne, musste Federn lassen, wenn sich auch die Einbußen der Allgäuer mit 9 % vergleichsweise moderat ausnahmen. Der Sprecher der Geschäftsführung Bernhard Simon sieht das ­Familienunternehmen sogar „so gut aufgestellt wie nie zuvor“ und kündigte beim Pressegespräch einen ambitionierten Expansionsplan an. Mit dem Wachstumsprogramm „Mobile 15“ wollen die Kemptener in den nächsten fünf Jahren den Ertrag in ihrem größten Geschäftsbereich European Logistics auf 1,5 Mrd. Euro steigern. In 14 europäischen Ländern, darunter Belgien, Tschechien, Frankreich und Großbritannien, plant der Transportspezialist, den Umsatz alle zwölf Monate um mehr als 10 % zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll jeder Markt einzeln durchleuchtet und individuelle Maßnahmenkataloge erarbeitet werden. So beabsichtigt der Konzern zum Beispiel, in Großbritannien durch kleinere Akquisitionen zu wachsen. In Frankreich, dem zweitwichtigsten Markt des Unternehmens, will man eine zweite Logistik-Drehscheibe errichten. In der Slowakei wird gerade die Niederlassung in Bratislava zu einer solchen ausgebaut. Weitere wichtige Eckpunkte des Programms sollen

die Mitarbeiterausbildung, die Entwicklung einer internationalen Führungsstruktur und die Etablierung der Marke Dachser mit länderspezifischen PR- und Marketing-Maßnahmen sein. Insgesamt will Dachser in den nächsten fünf Jahren 1 Mrd. Euro in den Ausbau seines Niederlassungs­ netzes stecken. Nachgeholt werden sollen auch solche Investitionen, die 2009 krisenbedingt zurückstellen werden mussten. Allein 2010 will der ­Logistikkonzern 156 Mio. Euro in die Hand nehmen. Finanziert werden soll diese Summe aus dem Cashflow.

Der „Königsweg“ bleibt weiterhin die Kontraktlogistik Das Hauptziel von Dachser ist es, bis Mitte des Jahrzehnts der integrierteste Logistikkonzern Europas zu sein – was bedeutet, dass alle Geschäftsbereiche durch eine gemeinsame IT miteinander verzahnt sein sollen. Der „Königsweg“ bleibt für Simon weiterhin die Kontraktlogistik. Viele Unternehmen haben in der Finanz- und Wirtschaftskrise beschlossen, Bereiche, in denen sie keine Kernkompetenz haben, auszulagern – wie zum Beispiel die Logistik. „Dachser wird heute verstärkt in die logistischen Prozesse seiner Kunden integriert. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken“,

sagte Simon. Den bisherigen Jahresverlauf bezeichnete er als „ordentlich“. An manchen Tagen erreicht das Auftragsvolumen sogar das Vorkrisenniveau von 2008. Diese Entwicklung stimmt den Dachser-Sprecher optimistisch, dass man im aktuellen Jahr wieder zulegen wird: „Ich gehe derzeit davon aus, dass wir eine gute einstellige Wachstumsrate erreichen können.“ Ein Fokus wird hierbei auf den Bereich Air & Sea Logistics gelegt, dessen Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr mit 16 % besonders stark zurückging. Der gesamte Konzernumsatz verringerte sich auf 3,24 (3,58) Mrd. Euro. Dass es für die Allgäuer trotzdem ein erfolgreiches Jahr war, lag daran, dass sie die Zeit der Flaute genutzt haben, um sich in vielen Bereichen neu aufzustellen. Auf diese Weise konnte Dachser in der Krise sogar viele Neu­kunden hinzugewinnen und Markt­anteile ausbauen. Besonders hob Simon das ex­ trem dezentrale Führungsmodell hervor, das es den 306 als Profit Center ­organisierten Niederlassungen erlaubt habe, eigenständig und individuell auf das Marktgeschehen zu reagieren. Über konkrete Gewinnzahlen machte das Familienunternehmen wie immer keine Angaben. Nur so viel gab man preis, dass man einen positiven Cashflow erwirtschaftet und schwarze Zahlen geschrieben habe.  dgm An weltweit 306 Standorten stehen die riesigen Hallen von Dachser.  F.: Dachser

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MAI 2010

Aktienspiegel

Die Da x-Werte  Unternehmen Adidas Allianz* BASF* Bayer* Beiersdorf BMW Commerzbank Daimler* Deutsche Bank* Deutsche Börse* Deutsche Post Deutsche Telekom* E.ON* Fresenius Medical Care Fresenius VZ Henkel VZ Infineon K+S Linde Lufthansa MAN Merck Metro Münchener Rück* RWE* Salzgitter SAP* Siemens* ThyssenKrupp Volkswagen VZ

Da x vo m 3 0 .0 4 . 6 13 5 ,70 | 31.0 3 . 6 15 3 , 5 5

letzte Dividende

30.04.

0,35 4,10 1,70 1,40 0,70 0,30 0,00 0,00 0,75 2,10 0,60 0,78 1,50 0,61 0,76 0,53 0,00 0,20 1,80 0,00 0,25 1,00 1,18 5,75 3,50 0,25 0,50 1,60 0,30 1,66

44,16 86,52 43,98 48,08 42,61 37,13 5,93 38,82 52,26 58,54 12,24 9,78 27,76 40,72 54,36 40,23 5,34 43,33 90,15 12,55 71,19 61,86 45,16 106,20 61,86 61,33 36,23 74,34 24,62 72,54

31.03. 26. 02.

29. 01.

30.12.

30.11.

30.10.

30.09.

Hoch

Tief

36,39 84,40 41,24 48,67 45,03 29,79 5,48 30,66 46,64 51,08 11,95 9,45 26,16 38,35 51,65 37,84 4,01 44,62 82,69 10,96 52,51 57,80 37,66 113,65 62,28 64,81 32,76 62,99 23,25 59,80

36,91 80,42 41,23 49,48 42,28 30,96 5,64 33,43 44,38 47,55 12,64 9,36 26,66 36,64 49,20 36,89 4,02 40,82 79,40 11,63 48,56 64,51 39,62 108,50 64,24 64,21 33,08 65,03 22,99 58,60

37,77 87,15 43,46 55,96 45,93 31,80 5,89 37,23 49,42 58,00 13,49 10,29 29,23 36,94 50,01 36,43 3,88 39,99 84,16 11,75 54,44 65,16 42,57 108,67 67,69 68,44 33,00 64,21 26,40 65,74

38,13 81,82 40,16 50,99 43,31 31,43 6,22 33,72 48,06 55,49 12,47 9,82 26,34 35,41 44,46 33,55 3,19 40,12 81,88 10,63 54,50 62,81 41,85 104,43 61,13 63,55 31,82 65,26 24,27 82,00

31,50 78,04 36,50 47,23 14,90 33,30 7,10 33,08 49,56 55,12 11,50 9,29 26,09 32,95 39,51 30,96 3,07 37,18 71,39 10,50 55,98 63,91 37,76 107,64 59,70 61,24 30,80 61,47 21,90 110,64

36,17 85,37 36,21 47,35 40,13 32,95 8,67 34,41 52,45 55,85 12,80 9,33 28,98 34,03 39,99 29,42 3,86 37,29 47,08 12,11 56,40 67,95 38,65 109,03 63,47 65,50 33,28 63,28 23,53 112,33

45,16 95,99 48,84 56,71 46,65 37,96 9,64 39,90 60,55 65,27 14,70 10,60 30,47 42,38 57,65 41,72 5,58 53,34 90,25 13,41 72,77 75,04 47,72 123,55 69,29 74,32 37,50 76,39 28,24 82,40

23,35 61,00 26,10 35,,36 29,39 23,57 4,09 23,52 36,63 45,45 8,20 7,83 22,42 28,34 35,72 19,41 1,48 32,57 55,55 8,26 40,22 56,85 30,30 90,06 51,44 48,90 27,26 45,77 15,18 40,88

* Diese Dax-Werte gehören auch zum Euro Stoxx 50

Ein Gewinner steht schon fest adidas | Sportartikel-Hersteller profitiert von der Fußball-WM

I

n Herzogenaurach ist die Feierlaune spürbar. Selbst bei der US-Problemtochter Reebok zeichnet sich erstmals seit der Übernahme ein positiver Trend ab, der sich in höheren Umsätzen widerspiegelt. Nichtsdestotrotz ist für adidas die Fußball-WM das JahresHighlight. Die Franken stellen den offiziellen Ball sowie die Ausrüstung zahlreicher Teams. Die Stimmung steigt bei adidas schon vor der WM, von der sich Europas größter Sportartikelhersteller einen ordentlichen Schub erwartet. Ins neue Jahr 2010 ist der Dax-Konzern besser gestartet als erwartet. Demnach hat sich im Vorjahresvergleich der Umsatz im ersten Quartal um 4 % auf 2,7 Mrd. Euro erhöht und der Gewinn von 5 Mio. auf 168 Mio. Euro zugelegt. Aufgrund dieser positiven Nachrichten hob die adidas-Führung – auch vor

dem Hintergrund der bevorstehenden WM – die Messlatte für das Jahr 2010 etwas an und prognostiziert nun einen Konzernumsatz im mittleren einstelligen Milliarden-Bereich.

die adidas -ak tie Kursentwicklung 30.04.2009 – 30.04.2010 � 45 42 39 36 33 30 27 24 30.04. 2009

01.07. 2009

01.09. 2009

02.11. 2009

01.01. 2010

Aegon Air Liquide Alstom Anheuser-Busch Arcelor Mittal Axa Banco Bilbao Banco Santander BNP Paribas Carrefour Crédit Agricole CRH Danone Enel Eni France Télécom GdF Suez Generali Iberdrola ING Groep Intesa Sanpaolo L’Oréal LVMH Nokia Philips Repsol Saint-Gobain Sanofi-Aventis Schneider Electric Société Generale Telecom Italia Telefónica Total Unibail-Rodamco Unicredito Italiano Unilever Vinci Vivendi

letzte Dividende

30.04.

0,30 2,25 1,12 0,38 0,16 0,55 0,15 0,22 1,50 1,08 0,45 0,44 1,20 0,15 0,50 0,80 0,80 0,35 0,14 0,00 0,08 1,50 1,30 0,40 0,70 0,43 1,00 2,40 2,36 0,25 0,05 0,65 1,14 1,70 0,03 0,20 1,10 1,40

5,33 87,83 44,48 36,60 29,66 15,10 9,94 9,55 52,13 36,84 10,82 21,43 44,38 3,95 16,86 16,45 26,80 15,95 5,99 6,74 2,50 78,31 86,84 9,16 25,43 17,73 37,42 51,66 85,93 40,40 1,05 17,03 40,97 142,50 1,99 22,99 42,13 19,80

01.03. 2010

30.04. 2010

Quelle: www.finanzen.net / WirtschaftsKurier

Die Euro Stox x 5 0 -Werte Unternehmen

Die MDa x-Werte  Unternehmen

(52 Wochen)

39,60 92,83 45,92 50,08 44,29 34,18 6,34 34,86 57,03 54,88 12,85 10,04 27,34 41,78 55,90 39,86 5,14 44,93 88,34 12,28 61,98 60,00 43,92 120,15 65,60 68,73 35,86 74,15 25,46 67,90

Der angehobene Ausblick für 2010 hatte auch eine verbesserte Prognose für die adidas-Aktie zur Folge. Der Konzern geht jetzt davon aus, dass das Ergebnis je Aktie zwischen 2,05 Euro und 2,30 Euro liegen wird – die bisherige Einschätzung lag zwischen 1,90 Euro und 2,15 Euro. Seit dem Tief vor einem Jahr (unter 30 Euro) befindet sich der Kurs des adidas-Papiers in einer Aufwärtsbewegung und überschritt im April 2010 die 40 Euro-Marke. Es läuft also gut bei adidas. Die Aktienkurse und die Umsätze steigen sogar schon vor dem Fußballzirkus – doch dieser wird die Geschäfte ordentlich ankurbeln, insbesondere falls der künftige Weltmeister die „drei Streifen“ tragen sollte. Im Mittelpunkt stehen die Franken allemal, denn ohne einen adidasBall wird in Südafrika nicht gespielt.pht

E u ro S tox x 5 0 vo m 3 0 .0 4 . 2 816 , 8 6 | 31.0 3 . 2 9 31,16

31.03. 26. 02.

29. 01.

30.12.

30.11.

30.10.

30.09.

Hoch

Tief

(52 Wochen)

5,07 88,88 46,17 37,30 32,49 16,47 10,13 9,84 56,86 35,69 12,96 18,49 44,60 4,14 17,38 17,72 28,60 17,79 6,28 7,39 2,76 77,86 86,54 11,53 23,74 17,53 35,60 55,19 86,84 46,57 1,07 17,54 42,98 150,00 2,19 22,40 43,64 19,82

4,63 87,71 47,00 36,76 27,97 14,79 9,55 9,55 53,13 33,89 10,92 16,73 42,95 3,97 16,55 17,23 26,97 16,63 5,91 6,57 2,57 76,02 79,60 9,90 21,47 16,64 34,52 53,72 78,43 40,40 1,05 17,25 40,98 145,00 1,85 22,10 38,45 18,50

4,39 76,99 48,60 36,15 28,49 15,00 11,10 10,30 52,15 35,34 11,44 17,04 41,45 3,91 16,91 16,63 27,42 17,25 6,18 6,86 2,77 76,45 79,07 10,14 21,90 17,15 34,85 53,60 75,03 42,21 1,08 17,37 42,05 158,00 2,01 22,21 38,81 18,85

4,57 83,75 49,57 36,40 32,14 16,72 12,70 11,57 56,01 33,79 12,39 19,40 42,95 4,06 17,82 17,58 30,05 18,90 6,69 6,94 3,16 78,24 78,73 8,92 20,74 18,81 38,50 55,54 81,02 49,32 1,09 19,59 45,28 151,70 2,36 22,76 39,85 20,95

4,79 77,40 46,63 33,24 25,95 15,87 12,55 11,41 55,00 32,32 13,78 16,78 39,81 3,99 16,53 17,33 27,81 17,26 6,32 6,20 2,88 72,26 69,36 8,77 18,22 18,30 36,23 50,32 72,89 46,89 1,07 19,12 41,21 149,45 2,28 20,41 36,83 19,19

4,88 73,40 47,33 32,01 22,98 17,02 12,22 11,00 51,45 29,27 13,11 16,65 40,96 4,08 16,88 16,86 28,51 17,17 6,18 8,94 2,87 69,67 70,65 8,63 17,14 18,17 33,31 49,75 71,01 45,38 1,08 19,03 40,64 150,74 2,28 21,01 35,63 18,92

5,80 77,75 49,87 31,21 25,55 18,50 12,13 11,00 54,60 31,00 14,28 18,91 41,18 4,34 17,12 18,21 30,35 18,78 6,71 12,20 3,04 67,95 68,73 10,05 16,64 18,59 35,45 50,15 69,26 55,00 1,20 18,86 40,61 142,95 2,69 19,70 38,66 21,15

6,26 91,16 55,14 38,93 35,46 19,37 13,28 12,14 60,38 39,22 15,66 22,00 46,88 4,38 18,77 18,78 31,34 19,33 6,91 9,82 3,23 83,76 92,36 11,82 27,01 19,27 40,65 58,90 89,48 54,27 1,26 19,85 46,74 161,45 2,67 23,53 44,98 21,66

3,64 60,95 38,58 22,85 18,14 11,25 8,01 6,65 39,36 28,51 8,62 14,46 32,29 3,18 15,61 15,45 23,50 13,51 5,23 4,84 2,10 50,72 52,75 8,41 12,48 14,50 21,62 40,31 51,00 32,01 0,91 14,36 35,75 130,94 1,49 15,02 30,01 16,30

WirtschaftsKurier

Aareal Bank Aurubis Bauer BayWa Bilfinger Berger Celesio Continental Demag Cranes Deutsche EuroShop Deutsche Postbank Douglas Holding EADS ElringKlinger Fielmann Fraport Fuchs Petrolub VZ Gagfah Gea Group Gerresheimer Gildemeister Hamburger Hafen Hannover Rück Heidelberger Druckm. HeidelbergCement Hochtief Hugo Boss VZ IVG Immobilien Klöckner & Co. Krones VZ Lanxess Leoni MLP MTU Aero Engines Pfleiderer Praktiker Bau- u. H. ProSiebenSat.1 VZ Puma Rational Rheinmetall VZ Rhön-Klinikum VZ SGL Carbon Sky Deutschland Stada Arzneimittel Südzucker Symrise Tognum Tui Vossloh Wacker Chemie Wincor Nixdorf

M Da x vo m 3 0 .0 4 . 8 3 5 9,15 | 31.0 3 . 8 14 3 , 4 6

letzte Dividende

30.04.

0,00 0,65 1,00 0,40 2,00 0,50 0,00 0,00 1,05 0,00 1,10 0,20 0,20 2,00 1,15 1,70 0,20 0,30 0,00 0,10 0,40 2,10 0,00 0,12 1,50 0,97 0,00 0,00 0,60 0,50 0,00 0,25 0,93 0,00 0,10 0,02 1,80 3,50 0,30 0,30 0,00 0,00 0,55 0,40 0,50 0,35 0,00 2,00 1,20 1,85

16,52 38,04 31,53 30,06 50,03 24,65 42,53 26,04 23,58 25,93 33,95 13,98 21,20 56,60 39,10 74,76 5,96 16,74 26,31 10,23 27,37 35,28 6,35 46,77 62,23 32,51 6,04 20,03 43,10 35,67 17,58 7,51 41,45 4,68 7,68 14,20 251,80 120,55 52,62 19,38 24,62 1,62 29,62 15,24 19,16 15,66 8,35 78,78 110,60 51,10

31.03. 26. 02.

29. 01.

30.12.

Air Berlin Alstria Office Reit Amadeus Fire Balda Bertrandt Biotest C.A.T OIL Centrotec Sust. Cewe Color Colonia Real Estate comdirect bank Constantin Medien CTS Eventim Delticom Dt. Beteiligungs AG Deutsche Wohnen Deutz DIC Asset Dürr Dyckerhoff VZ Elexis Gerry Weber Gesco GfK Grammer GrenkeLeasing H&R Wasag Highlight Comm. Homag Group Hornbach Holding Indus Holding Jungheinrich VZ Koenig & Bauer Kuka KWS Saat Loewe Medion MVV Energie Patrizia Immo. Sixt SKW Stahl-Metal. Springer, Axel TAG Immobilien Takkt Teleplan Tipp 24 VBH Villeroy & Boch VZ VTG Wacker Neuson

30.10.

30.09.

Hoch

Tief

(52 Wochen)

16,20 38,16 33,15 27,90 49,40 23,67 37,55 25,96 24,32 23,76 34,21 14,93 18,44 59,61 38,99 71,40 6,63 17,16 23,15 9,96 28,09 36,56 5,33 41,30 62,22 28,21 6,47 21,89 38,09 34,12 17,17 7,80 43,08 4,89 7,92 12,50 234,55 129,80 53,03 18,95 21,65 1,91 29,17 16,34 17,63 13,92 8,33 79,06 110,40 50,15

15,24 33,93 33,18 27,25 46,31 21,40 33,71 24,20 23,28 22,68 34,99 15,17 17,08 60,48 36,97 64,59 6,74 13,72 22,70 9,48 27,34 32,90 5,10 37,43 51,70 24,90 5,54 17,09 38,61 27,00 13,91 7,07 37,23 5,58 6,21 10,76 207,60 123,75 45,99 18,14 20,12 1,80 25,51 17,06 15,65 12,55 7,25 72,10 88,04 49,79

12,94 29,23 232,70 27,04 52,40 21,09 40,00 22,66 22,79 22,12 32,21 14,23 16,15 57,35 36,74 61,70 6,56 14,80 23,65 10,69 26,84 33,40 5,17 43,77 53,94 24,81 5,50 17,15 35,89 27,49 16,12 7,40 37,43 6,43 6,08 9,78 221,25 118,00 46,21 17,79 20,50 1,99 23,76 16,77 16,13 12,63 6,71 74,01 95,00 49,00

13,26 30,22 29,25 25,16 53,92 17,70 37,67 23,32 23,67 22,88 34,03 13,75 16,20 50,99 36,28 64,80 6,37 15,56 23,50 11,33 26,99 32,71 5,49 48,23 53,55 24,55 5,35 17,85 35,50 26,34 16,35 8,06 38,19 6,14 7,75 8,06 231,84 118,50 44,74 17,12 20,75 2,26 24,20 14,54 14,98 11,60 5,84 69,52 122,12 47,65

Die SDa x-Werte  Unternehmen

30.11. 13,16 29,00 29,87 24,19 49,19 17,57 34,69 23,62 24,20 23,42 33,76 11,82 14,72 52,29 32,98 61,71 6,02 14,04 23,05 10,55 25,85 31,74 5,49 44,20 52,30 23,43 6,20 15,55 33,46 25,23 15,14 7,44 34,15 6,96 8,11 8,67 228,80 113,15 39,80 16,38 21,90 2,38 22,60 14,55 14,51 10,66 5,27 67,00 109,64 46,00

14,72 27,12 27,00 22,06 43,80 16,89 36,65 23,56 23,20 21,09 30,29 12,75 13,60 50,10 32,00 55,80 6,47 12,83 19,30 9,56 26,50 30,64 5,01 40,73 51,31 25,30 6,09 14,93 33,80 21,33 13,92 7,40 30,93 6,85 8,28 7,09 207,72 95,51 36,94 16,50 26,10 2,84 18,22 14,06 12,51 10,41 4,72 67,95 97,88 39,81

16,35 28,48 28,70 25,03 47,29 18,84 36,92 24,54 23,95 24,17 31,25 15,32 14,03 49,94 36,35 49,94 7,57 14,26 21,50 9,53 30,79 31,33 7,09 44,24 52,06 26,61 7,48 15,66 36,32 23,55 15,58 7,93 32,36 8,24 9,43 7,35 226,93 95,69 40,46 17,39 27,96 3,63 18,68 13,85 13,03 11,68 7,05 77,43 106,59 44,01

25,79 41,65 37,00 30,90 58,80 25,60 46,65 28,52 24,88 27,73 36,46 16,50 21,40 62,00 41,99 78,90 8,05 18,33 27,65 13,43 32,78 37,86 7,64 52,20 65,30 33,30 8,45 23,87 43,63 36,25 19,03 11,06 45,12 8,56 10,59 14,35 265,00 136,15 55,00 19,76 30,79 4,48 32,30 17,79 19,32 16,27 8,89 89,80 124,85 55,49

2,95 19,02 22,51 17,34 27,72 14,60 17,40 14,52 19,46 14,65 25,36 10,56 9,95 43,00 27,50 32,80 4,42 9,22 15,15 6,22 22,23 23,12 3,59 21,68 31,36 14,32 3,97 7,97 23,95 15,07 9,32 6,40 22,17 3,82 4,36 1,70 141,54 70,01 25,55 13,55 18,95 1,55 13,85 13,30 8,87 8,51 3,92 62,36 61,14 34,50

S Da x vo m 3 0 .0 4 . 3 974 ,78 | 31.0 3 . 3 8 9 5 , 9 5

letzte Dividende

30.04.

– 0,52 1,45 0,00 1,00 0,40 0,00 0,00 1,05 0,00 0,41 0,00 0,83 1,70 1,00 0,00 0,00 0,30 0,00 1,00 0,17 0,85 2,50 0,30 0,00 0,60 0,45 0,17 0,00 1,34 0,80 0,12 0,00 0,00 1,80 0,25 0,20 0,90 0,00 0,20 0,00 4,40 0,00 0,32 0,00 0,00 0,05 0,00 0,30 0,00

4,01 8,50 20,75 3,13 27,57 34,94 8,20 13,06 28,20 4,30 8,20 1,80 39,64 39,08 17,36 6,80 4,34 6,50 17,71 43,00 10,33 25,58 39,86 28,35 9,32 32,55 17,21 4,07 13,43 74,26 15,63 16,95 14,02 11,38 123,30 9,15 10,01 31,07 3,08 22,20 16,96 85,34 4,32 8,24 2,36 29,00 4,27 5,33 12,30 9,86

31.03. 26. 02.

29. 01.

30.12.

30.11.

30.10.

30.09.

Hoch

Tief

(52 Wochen)

4,17 8,40 18,80 3,35 26,05 37,00 7,23 11,90 27,77 4,78 7,45 1,90 37,60 31,67 17,07 7,51 4,33 7,25 17,00 45,60 9,50 25,70 40,00 26,98 8,35 31,60 15,55 4,12 14,00 80,50 13,94 17,27 12,86 10,22 127,50 10,42 10,00 30,88 3,25 23,68 15,15 85,61 4,25 8,60 2,30 28,50 4,30 4,91 11,46 8,48

4,15 8,10 17,09 3,30 21,04 36,18 7,09 12,00 25,40 3,98 7,28 1,85 38,70 28,07 18,40 6,90 3,49 8,18 16,00 45,00 9,22 24,21 38,69 26,27 5,86 29,10 14,48 3,87 12,01 66,00 12,20 14,72 11,89 10,40 122,00 9,21 8,04 31,20 2,73 23,60 15,70 78,74 4,17 8,24 2,26 26,00 4,10 5,05 10,75 8,84

4,18 8,16 17,75 3,41 22,36 37,16 7,05 12,17 22,80 4,31 6,85 1,87 36,64 29,5 17,98 7,36 3,38 8,90 15,75 43,95 8,50 22,90 37,45 26,80 8,85 31,53 13,70 4,11 11,10 64,10 12,27 14,92 11,63 11,53 123,35 9,99 7,40 31,08 3,13 23,64 15,21 76,10 4,40 8,76 2,40 27,49 4,40 5,20 10,74 8,95

3,76 7,50 16,19 3,49 21,90 34,42 7,02 9,44 22,60 4,35 6,61 2,00 34,14 27,61 17,09 6,70 3,39 8,15 17,00 41,50 9,07 22,57 35,60 24,13 6,05 29,50 14,98 4,06 10,65 68,83 12,00 13,40 11,40 11,95 119,50 9,00 7,40 30,94 3,06 21,94 14,30 75,05 4,50 7,15 2,37 29,00 4,00 5,47 11,50 8,20

3,60 7,68 14,05 2,47 19,76 33,60 7,04 8,95 22,81 4,61 6,02 1,90 33,00 24,01 16,88 6,59 3,07 8,23 15,26 41,30 9,60 20,53 36,86 23,10 6,01 26,75 14,53 4,09 9,20 67,21 12,20 12,49 11,50 10,81 112,93 8,65 8,00 31,35 3,69 22,74 12,71 72,60 4,04 7,47 1,95 28,53 3,78 5,95 10,75 9,06

3,44 7,52 13,67 1,87 18,00 40,90 7,55 8,61 23,37 4,25 5,86 1,72 34,13 22,44 15,55 7,71 3,20 8,46 14,65 42,00 9,68 21,62 37,60 21,52 6,70 26,31 15,19 3,73 8,46 66,37 11,80 12,62 11,67 10,05 112,59 8,74 7,13 0,00 3,80 18,90 13,70 70,89 4,10 7,48 1,72 27,70 3,87 5,60 9,40 8,23

3,73 7,88 8,30 1,32 17,75 41,25 6,64 8,75 23,77 4,28 6,65 2,02 30,96 19,47 16,18 6,74 3,48 8,95 12,90 42,60 8,35 22,67 39,50 23,66 6,75 27,02 15,13 4,00 8,90 62,00 11,63 13,74 12,76 10,36 119,00 10,64 7,33 30,83 3,59 20,66 14,16 71,70 3,10 8,61 1,50 25,82 3,96 5,70 9,23 8,34

4,50 8,84 21,00 4,33 28,50 45,23 9,19 14,15 30,02 5,10 8,42 2,58 42,70 39,51 19,95 8,57 4,94 9,43 19,66 47,00 11,60 26,70 43,35 29,40 10,14 33,75 18,45 4,70 14,81 16,55 16,25 19,50 16,30 13,42 130,15 11,42 11,27 33,35 4,25 25,81 18,60 94,58 4,97 9,32 2,72 32,35 4,83 6,75 12,50 11,20

3,07 4,54 9,95 0,58 1305 27,51 2,83 6,61 18,38 2,50 4,75 1,62 21,40 14,10 10,00 4,90 2,55 4,03 9,51 38,45 7,25 15,65 33,10 13,67 4,61 23,50 9,50 3,53 6,62 0,62 8,95 8,45 7,86 9,50 93,00 7,60 5,83 30,10 2,01 11,81 7,37 53,02 1,85 6,55 0,60 9,90 3,16 3,14 6,92 5,61

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IT & Innovation

WirtschaftsKurier

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Mit dem Nutzer für den Nutzer Datev | Bei der Entwicklung einer neuen Software-Generation bezieht der Dienstleister seine Kunden von Anfang an ein

Hauptsitz des Software-Dienstleisters Datev in Nürnberg. von dr. hans-dieter radecke

V

ier senkrecht: zukunftssicherer Beruf mit 13 Buchstaben. Richtig, Steuerberater. Wer jemals geglaubt hat, Reformen würden endlich zu einem vereinfachten Steuerrecht führen, erweist sich angesichts der Realität als unverbesserlicher Traumtänzer. Altkanzler Helmut Schmidt, der bereits in den 70er-Jahren murrte, er verstehe seine Steuer­ erklärung nicht, hat selbst nichts ­unternommen, um dieses Problem zu beheben, seine Nachfolger schon gleich gar nicht. Demzufolge sieht sich besagter Berufsstand zwar einerseits in einer gesicherten Existenzsituation, andererseits muss er mit einer Welt leben, die sich in einem permanenten Fluss aus Neuerungen, Änderungen und Anpassungen befindet. Als extrem datenintensive Tätigkeit sind Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsvorgänge prädestiniert für die Nutzung von Softwaresystemen, die wiederkehrende Abläufe automatisieren und Prozesse zeitsparend unterstützen. Nicht umsonst gehört die Zunft der Steuerkanzleien sowohl zu den erfahrensten als auch zu den intensivsten Anwendern von IT-Lösungen. Und mit der genossenschaftlich organisierten Nürnberger Datev eG verfügt sie über einen Softwaredienstleister, der sie mit branchenspezifisch optimierten Lösungen hauptsächlich im Umfeld von Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Personalwesen etc. versorgt. Fast 40 000 Kanzleien von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten sowie nahezu 80 000 Unternehmen nutzen derzeit den Service des Nürnberger Unternehmens. 1966 von 65 Steuerbevollmächtigten zur EDV-gestützten Buchführung ihrer Mandanten gegründet, zeichnete sich die Datev von Anfang an dadurch aus, dass ihre Entwickler technologische Neuerungen jeweils zeitnah für die Nutzer fruchtbar machten. Ulf Schubert, Gruppenleiter des Oberflächengestaltungsteams des Softwareriesen, will dies allerdings nicht als Technikverliebtheit verstanden wissen: „Es ist keineswegs so, dass wir uns die IT-­ Innovationen ansehen und dann entscheiden, welches Spielzeug wir gern einsetzen würden. Vielmehr haben wir ausschließlich den Nutzen für die Anwender im Blick. Wir kennen die Prozesse unserer Kunden und wir verfolgen die Technologieszene. Ziel ist es dann, Softwareneuerungen, die für die Anwender von wirklichem Nutzen für die tägliche Arbeitspraxis sein können, aufzunehmen und sie in bedienungsfreundliche Lösungen umzusetzen.“ Dass dies kein leerer PR-Spruch ist, be-

gründet Jutta Rößner, Abteilungsleiterin im Entwicklungsbereich der Datev: „Dass wir den Anwender in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit rücken, ist gewissermaßen in unserer Struktur festgelegt: Schließlich sind die Anwender gleichzeitig Teilhaber an der genossenschaftlichen Datev. Wir sind der verlängerte Arm der Softwarenutzer und in dieser Funktion schauen wir uns auf dem Technologiemarkt um.“

Wie kann man die Zukunft optimieren? Mit dieser Entwicklungsphilosophie hat das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten die Anwender mit den jeweils aktuellen technologischen Lösungen versorgt und gleichzeitig die Funktionsvielfalt der Software ausgeweitet. Inzwischen stehen rund 200 verschiedene Programme zur Verfügung, die alle wesentlichen Vorgänge der Anwenderklientel abbilden. Genau an diesem Punkt sah man bei der Datev vor rund fünf Jahren fundamentalen Handlungsbedarf, wie Jutta Rößner, die für die Datev-Technologieleitlinie zuständig ist, erläutert: „Wir sahen die Evolution auf dem Softwaremarkt und begannen uns zu fragen: Wie soll unsere Software in zehn Jahren aussehen? Wie lässt sich beispielsweise die Ergonomie optimieren? Zudem bestand der Wunsch nach einer tieferen Integration der 200 gewachsenen Applikationen, denn der Anwender möchte bequem aus einer einzigen Umgebung heraus alle Programme ausführen.“ Diese Zielvorstellungen trafen zeitlich mit der Entwicklung der Service­ orientierten Architekturen (SOA) zusammen, die die großen Softwarehersteller auf den Markt brachten. Modular und intuitiv einsetzbar, flexibel und in höchstem Maße kompatibel – so ist

Fotos: Datev

Software im SOA-Modell konzipiert. „Gewissermaßen war das Softwareklima reif“, so Jutta Rößner. „Wir stellten uns daher eine Architektur vor, in der die Prozesse im Mittelpunkt stehen und nicht die Einzelanwendungen.“ Was dies konkret bedeutet, macht Ulf Schubert deutlich: „Der Anwender soll sich nicht mehr mit dem Aufrufen von bestimmten Applikationen beschäftigen müssen, sondern sich ausschließlich auf seine Arbeitsprozesse konzentrieren können. Auf seiner nutzeroptimierten Bedienungsoberfläche sollte er also einen Prozess, etwa ‚Steuererklärung‘, anklicken können, dann soll ihn die Software durch die Prozessschritte führen, ohne dass er dabei wissen muss, welche Einzelapplikation da nun gerade aufgerufen ist. Die zahlreichen Funktionen der Programme werden ihm dabei so angeboten, dass sich die Komplexität und der Umfang der Programme den jeweiligen Prozessanforderungen unterordnen. In diesem Sinn bietet die Lösung dem Anwender einen Prozess als Service an.“ Es spielt also keine Rolle mehr, ob eine benötigte Funktion zum Bereich Finanzbuchführung, Jahresabschluss­ erstellung, Anlagenbuchführung, Kostenrechnung oder Planung und Analyse gehört. Ganze Funktionsabläufe – beispielsweise vorbereitende Tätigkeiten – können automatisiert werden. Auf Knopfdruck stehen Bankkontoauszüge, Lohnbuchungen und Vorerfassungsdaten, etwa aus Kassen, in einem Arbeitsschritt zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung. Mit dieser Vorstellung im Kopf begann das Entwicklungsteam 2007 mit der Umsetzung der Vorgaben – eine Herkulesaufgabe, deren Endprodukt den nüchternen Namen Datev pro erhielt. Als Basisplattform wählte man Micro­soft .NET.

Im Versandzentrum der Datev geht – im wahrsten Sinne des Wortes – die Post ab.

Wie sieht das Ergebnis heute tech- derungen und Arbeitsabläufe der An- stallation, ohne dass Benutzereingriffe nologisch aus? Die Benutzerführung wender maßzuschneidern und gleich- nötig sind. Zusätzlich stehen dem Ander weitgehend selbsterklärenden zeitig eine einfache, möglichst intuiti- wender Informationsmedien zur VerOberfläche orientiert sich am Ablauf ve Bedienbarkeit zu realisieren. Die fügung. der einzelnen Arbeitsschritte. Alles, gewonnenen Erkenntnisse flossen daGrundsätzlich müssen die Datevwas zu einem Arbeitsvorgang benötigt bei direkt in die Entwicklungsarbeit Anwender nicht an einem Stichtag wird, hat der Anwenein. Sie halfen den Ent- umstellen. Auch nach der Freigabe der sofort im Zugriff. wicklern, insbesondere von Datev pro werden die bisherigen „Wir sind der Dies reduziert die die Funktionalität und Programme für einen ausreichend verlängerte Arm Komplexität und erErgonomie der Soft- langen Übergangszeitraum weiter geleichtert es ihm, sich der Softwarenutzer, ware zu optimieren. pflegt, damit die Kanzleien einen Korin der Anwendung zu Doch damit nicht ridor haben, in dem sie ihren Umstieg und in dieser orientieren. Zudem genug. Im fortgeschrit- individuell planen und vollziehen Funktion schauen tenen Entwicklungs- können. Während dieses Übergangswer­den für den jeweiligen Nutzer die wichprozess wurden die zeitraums pflegt die Datev daher die wir uns auf dem tigsten Informationen Technologiemarkt Mitglieder in die um- Produktlinien beider Architekturen integriert. Von anliefangreichen Tests mit parallel. um.“ genden Aufgaben über Je nach Anwenderbranche lässt sich eingebunden, wie Ulf Jutta Rößner, ablaufende Fristen Schubert, zuständig die Software übrigens unterschiedlich Datev oder spezielle Kennfür Oberflächengestal- steuern. Das hat seinen Grund, wie zahlen reicht die tung und User Expe­ Schubert erklärt: „Die Prozesse in einer Bandbreite der Mög­lich­­keiten, bis hin rience für Datev pro, deutlich macht: Steuer- oder Anwaltskanzlei unterzu spe­zifischen Nachrich­ten, wie etwa „Anschließend wurde Datev pro im scheiden sich grundsätzlich von denen aktuellen Informationen über rechtli- Rahmen einer umfassenden Pilot- und in einem Unternehmen. Daher mussche Änderungen. Stabilisierungsphase bei rund 1 000 ten wir Datev pro so ausrichten, dass Die Pflege der Stammdaten erfolgt Kunden im Arbeitsalltag auf Herz und der Nutzer auf der Oberfläche jeweils für alle Anwendungen in einem zen­ Nieren getestet. Mehr als 60 Datev- an diese Abläufe angepasst untertralen Modul. Einmal erfasst stehen Kanzleiprozess-Spezialisten begleite- schiedlich geführt wird.“ sie in einem einheitlichen Datenpool ten diese Mitglieder an über 2 000 TaWie sieht das Echo der Anwender automatisch allen Programmen zur gen beim Einstieg in Datev pro vor aus, die ja intensiv im EntwicklungsVerfügung, egal in welchem Zusam- Ort.“ Getestet wurden dabei auch der prozess involviert waren? Jutta Rößmenhang sie benötigt werden. Auf die- Einführungsprozess und die Schu- ner: „Wir bekommen durchweg positise Weise müssen Datenbestände nicht lungsabläufe. ves Feedback, wobei wir uns besonmehr redundant vom Anwender geGroßes Augenmerk legten die Ex- ders freuen, wenn manche Nutzer sapflegt werden und es sind weniger perten dabei darauf, dass der Über- gen: ,Es macht Spaß, mit dem neuen Schnittstellen zu anderen Program- gang für den Nutzer harmonisch ver- System umzugehen.‘ Das bestätigt unmen notwendig. Dadurch wird die läuft. So erfolgt beispielsweise die Um- sere anwenderorientierte Software­ ­Anwendung schneller und leistungs­ stellung der Daten im Rahmen der In- philosophie.“ fähiger. Außerdem macht die zentrale Datenhaltung anwendungs- und mandate v – mehr als lohn- und fibu-sof t ware dantenübergreifende Auswertungen möglich. „Die Datev“ heißt es in Nürnberg, wo beispielsweise im bekannten LünenSeit Beginn des Jahres stehen nun nahezu jeder das Unternehmen mit donk-Ranking Platz vier in der Katedie ersten Datev-Produktlinien in der dem grünen, fast quadratischen Logo gorie Softwarehäuser (gelistet nach neuen Architektur zur Verfügung. Es und dem Schriftzug am unteren Rand Umsatz in Deutschland). handelt sich um die Programme zum kennt. Aber auch bundesweit hat der Neben der Software und den DienstRechnungswesen und zur Datenbank IT-Dienstleister einen ­hohen Bekannt- leistungen in den Bereichen RechLEXinform im Zusammenspiel mit heitsgrad. Schließlich erledi­gen rund nungswesen, Personalwirtschaft und Komponenten der Kanzleiorganisa­ 2,5 Mio. Firmen über ihren Steuer- Lohn, Jahresabschluss, betriebswirttion. Wichtig für den Anwender: Auch berater die Finanz­buchführung mit schaftliche Beratung, Steuern, Enterwenn Datev pro von der Software-ArDatev-Software. Über 7 Mio. Lohn- prise Resource Planning (ERP), Wischitektur her anders aufgebaut ist als und Gehaltsabrechnungen kommen sensvermittlung sowie Organisation die bisherigen Programme, lassen sich monatlich aus dem Datev-Rechen-, und Planung bietet die Genossendie einzelnen Funktionen dennoch Druck- und Versandzentrum, schät- schaft unter anderem Factoring, ITwie gewohnt bedienen. zungsweise rund 2 Mio. werden über Sourcing und Unterstützung rund um die PC-Programme der Datev direkt das Thema Datenschutz und -sicherTest auf Herz und Nieren – vor Ort in Unternehmen und Kanz­ heit an – und inzwischen auch Dienstund zwar im Arbeitsalltag leistungen, die vor allem für Großunleien erzeugt. Die Datev steht allerdings nicht nur ternehmen und Banken interessant Um die Datev-pro-Software so praxisfür die Geschäftsfelder Finanzbuch- sind, etwa Druck und Versand von nah wie nur irgend möglich aufzubauführung und Lohn. Sie ist der IT- Massensendungen, für die hohe Sien, hat die Genossenschaft ihre MitDienstleister für Freie Berufe, insbe- cherheits- und Datenschutzstandards glieder sehr intensiv in den Gestalsondere die steuerberatenden Berufe, einzuhalten sind, oder das Datev-Protungs- und Reifeprozess eingebunden. und mittelständische Unternehmen in gramm „Bescheidmanagement SteuÜber 6 600 Anwender wurden auf BaDeutschland. Aber auch Großbetriebe ern und IHK“ für Betriebe mit vielen sis modernster Methoden der anwenund Banken sind Kunden der Genos- Standorten, mit dem sich die Prozesderorientierten Entwicklung beteiligt, senschaft, die zu den größten Infor- se rund um die Gewerbesteuer und beispielsweise in Benutzerlaboren, im mationsdienstleistern und Software- Kammerbeiträge automatisieren lasRahmen von Fokusgruppen und Feldhäusern in Europa zählt. So belegt sie sen. studien. Die Nutzer halfen konkret, die hdr Programme auf die besonderen Anfor-

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Reise & Urlaub

WirtschaftsKurier

Mit dem Rad auf Pilgerreise Jakobsweg | Auf den Spuren von Jakob, Paulo und Hape

Z

u Fuß pilgern kann jeder – aber den Jakobsweg kann man sich auch „erradeln“. Spurensuche ist in – zumindest, wenn man sich auf die Spuren des heiligen Jakobus begibt. Die Legende des in Santiago de Compostela begrabenen Apostels erlebte 1987 mit Paulo Coelhos Roman oder spätestens vor vier Jahren mit dem Bestseller des Allround-Entertainers Hape Kerkeling eine Renaissance. Während ein Großteil der Pilger den Weg zu Fuß erwandert, gibt es zunehmend auch solche, die ihre Fahrräder satteln, um zur Heiligenstätte des Apostels zu gelangen.

Der Klassiker unter den Wegen ist der „Camino Francés“, die nordspanische Route zwischen den Pyrenäen und dem Jakobsgrab. Der Weg gehört seit 1993 zum Unesco-Welterbe. Aber auch in Süddeutschland und Österreich warten Routen im Zeichen der Pilgermuschel auf Radwanderwillige.

Der Weg ist das Ziel Auf die Frage, wo denn der Jakobsweg beginne, erhält man in Spanien meist die gleiche Antwort: „El camino comienza en su casa“ (Der Weg beginnt an Ihrer Haustür). So handelt es sich bei dem Jakobsweg primär um eine Idee. Es gibt nicht den einen Weg nach Santiago, vielmehr steht die Ideologie des Pilgerns an sich im Vordergrund. Im Mittelalter löste diese Volksbewegung einen Aufbruch aus. Überall unterwegs entstanden zahlreiche Einrichtungen für die Betreuung der geschundenen Pilgerknochen: Klöster, Stifte, Herbergen, Hospitäler, Gasthäuser und Kirchen. Der Weg ist also eine alte Tradi-

tion, hat aber seine Faszination bis in die Gegenwart bewahrt. Heutzutage lassen sich auch zunehmend junge Menschen auf dieses Abenteuer ein. Eine Klientel, die man nicht unbedingt auf den Spuren des heiligen Jakobus erwartet. Andreas Neuhold, Daniel Auner und Bernd Reiterer haben sich 2006 auf den Weg ­gemacht und gleich eine Website mit ­ihren Erfahrungen gefüllt. Und das vor allem aus der Motivation heraus, dass sie bereits bei der Planung der Rad­ reise wenig Gutes in Erfahrung bringen konnten: „Wir suchten viel im Internet und dabei merkte ich, dass es generell wenige nützliche Informationen für Pilger und speziell für Radpilger gibt.“ Aber auch die Aussichten auf die Reise selbst waren nicht unbedingt erfreulicher: „Ehrlich gesagt haben wir fast nur negative Informationen über Pilgern per Rad am Jakobsweg erhalten, der Weg sei nicht befahrbar, Radpilger bekommen keine Betten in Pilgerherbergen, es sei zu heiß.“ Und trotz dieser wenig verlockenden Prognosen haben sich die drei ­unerschrocken auf den Weg gemacht –

allerdings in der „(F)Light“-Variante: Sie haben in Wien erst einmal das Flugzeug nach Pamplona bestiegen. Insgesamt benötigten sie für den Jakobsweg elf Tage. Besonders beeindruckt waren sie von der sehr kontrastreichen Landschaft, die sie durchquerten. Der Faszination Fahrradpilgern sind auch Wolfgang S., Hans und Wolfgang H. erlegen. Die drei haben sich im Jahr 2009 auf den Weg nach Santiago gemacht – und in ihrem Blog aus einer ganz neuen Perspektive berichtet: im Fokus die kulinarischen Herausforderungen.

300 Eier und 600 Liter Flüssiges Besonders spannend wird es nämlich, wenn es um die Verpflegung auf dem Pilgerweg geht, denn je nach Einteilung der Streckenabschnitte kann der

Energiebedarf (ob tatsächlicher oder gefühlter sei nun einmal dahingestellt) enorm in die Höhe schnellen. „Eigentlich hätten wir einen kleinen Bauernhof mitführen müssen – mit Hühnerstall und zumindest einer Kuh. Die über 300 verputzten Eier müssen ja schließlich irgendwo herkommen, gleich wie die fünf Kilogramm Butter, die auf diversen Broten landeten“, berichtet die Männertruppe „Team Camino 2009“. Auch die Getränke- und Frühstücksbilanz liest sich äußerst anschaulich: „Etappen mit immensem Flüssigkeitsbedarf, wie etwa bei der Pyrenäenquerung, trieben unseren Verbrauch an Wasser und diversen Säften auf nicht weniger als 600 Liter. Ein kleines Löschfahrzeug hätten wir also gut noch mitführen können. Auch gefrühstückt musste werden, deshalb können wir stolz auf insgesamt etwa 2,5 Kilogramm Kaffee, 100 Portionen verschiedener Tees und auch noch gut fünf ordentliche ­Kübel Marmelade zurück­ blicken. Vor allem Letzteres wundert angesichts der

Tatsache, wie so manches Teammitglied sein Brot bestreicht, wohl niemanden mehr – man könnte staunen, wie viel Brot man auf die Marmelade auftragen kann. Stichwort Brot – das Baguette, das wir unterm Strich jeden zweiten Tag zu uns nahmen, hatte es uns besonders angetan – so sehr angetan, dass wir sogar auf insgesamt etwa 75 Meter verputztes Backwerk kommen. Würde man eine Stange Brot in dieser Länge aufstellen, könnte noch der oberste Bewohner eines Hochhauses abbeißen.“ Aber bei dieser Verpflegungsliste war wenigstens sichergestellt, dass niemand mit knurrendem Magen in Santiago de Compostela eingetroffen ist. Doch das Erreichen des Apostelgrabs ist ja auch nur ein Aspekt, denn schließlich ist der Weg das Ziel.

Sie ist das Ziel am Ende der Pilgerreise: die Kathedrale zu Santiago de Compostela.

Die stilisierte Jakobsmuschel weist den Pilgern den Weg. Fotos: Fotolia

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Ein wohlgehütetes Geheimnis Bergdorf Priesteregg | Entspannen in der Almhütte

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ie ein wohlgehütetes Geheimnis liegt das Bergdorf Priesteregg auf 1 100 Metern auf einem Hochplateau im Angesicht der Leoganger Steinberge. Große Wegweiser sucht man vergeblich, denn das Bergdorf will entdeckt werden. Der Blick schweift kilometerweit ins Tal hinab, das Steinerne Meer erstreckt sich

direkt vor einem, daneben ragt mit fast 3 000 Metern der Hochkönig in den Himmel. Es folgen das Leoganger Tal und die Kitzbüheler Schieferalpen. In der Hochalm prasselt das Feuer, die alten Balken knarren bedächtig – Erholung pur. Jede der kleinen Almhütten verfügt über eine Sauna, eine WellnessBadewanne und einen Hot Pot auf der Terrasse. Von dort hat man freien Blick auf die lodernden Flammen der offenen Kamine. Dieses Erlebnis, ergänzt mit dem wohltuenden Service eines gehobenen Hotelresorts, bietet das Bergdorf Priesteregg. Ein Ort der Stille, der Entschleunigung. Hier hat man Zeit für eine Entdeckungsreise – eine Entdeckungsreise zur inneren Ruhe.

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Männerfreie Zone Rad-Festival | „Women’s Camp“ in Tirol

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ir müssen leider draußen bleiben – das gilt in diesem Fall ausnahmsweise nicht für Tiere, sondern für Männer. Aber keine Sorge, dies ist nicht die Maxime eines extrem feministischen Mani­ festes, sondern das Motto für das in diesem Jahr zum ersten Mal statt­ findende „Cube Women’s Camp“ in der Tiroler Zugspitz Arena. Vom 24. bis zum 27. Juni 2010 heißt es dort Räder satteln und Spaß haben. Bei dem Rennrad-Festival für Frauen gehen aber nicht nur ultraschlanke Rennräder an den Start. Es können auch die etwas robusteren, neuesten Mountainbikes von den Teilnehme­r­in­ nen probegefahren werden.

An jeweils drei Tagen können nebst geführten Touren Rennräder und Mountainbikes sowie verschiedene Fahrradsportartikel auf Herz und Nieren getestet werden.

Touren und Techniktraining Praktisch: Die von erfahrenen Guides geführten Touren werden in verschiedenen Könnerstufen angeboten. Von der Anfängerin, die einmal die Möglichkeiten der sportlichen Zweiräder ausprobieren möchte, bis hin zur versierten Profi-Rennradlerin oder Mountainbikerin sind alle bestens aufgehoben. Für gute Haltungsnoten im Sattel ist ebenfalls gesorgt: Technik-Workshops runden das Programm ab.

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Imagewandel | Vom Elite- zum Volkssport

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err Illies möge verzeihen, dass sein Klassiker für den Titel Pate steht, aber er trifft es absolut. Denn heutzutage ist Golf längst zum Volkssport mutiert. Zwar ist er noch nicht so populär wie Tennis oder Fußball, aber aus der elitären Ecke hat er es längst hinausgeschafft. Auch Anfänger können sich nach einer Einleitung und ein paar Übungsschwüngen durchaus auf dem Green sehen lassen. Für Neulinge empfiehlt es sich zunächst einmal, eine Golfrunde mitzuspielen. Dafür bieten viele Vereine oder Clubs Probestunden an. Hier können die ersten Schläge erlernt und ausprobiert werden. Haben die Golfanfänger Lust auf mehr bekommen, können sie

sich zu einem Kurs anmelden und zunächst eine Ausrüstung ausleihen. In

der ersten Zeit dürfen die Anfänger nur auf die sogenannte Driving Range. Für den Golfplatz selbst braucht es eine Platzerlaubnis, die erst erworben werden muss. Bei einem Golfkurs erlernen Neulinge dann die Rasenetikette sowie die Grundlagen des Golfsports. Zum Abschluss des Kurses belegen sie die Platzreife. Dann lohnt sich auch die Anschaffung einer Ausrüstung. Dass Golf und Fußball auch sehr gut harmonieren, zeigt ein Sportereignis in Bodenmais. Am 17. Juli 2010 findet die erste „Bodenmais Kristall Trophy“ im Golfpark Oberzwieselau statt. Prominentester Teilnehmer ist die FußballLegende Klaus Fischer, der mittlerweile leidenschaftlicher Golfer ist.

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