Landgericht Hagen. Urteil

Verkündet am 07.10.2016 9 O 58/16 Hrudey, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Landgericht Hagen IM NAMEN DES VOLKES Urteil...
Author: Waltraud Ritter
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Verkündet am 07.10.2016

9 O 58/16

Hrudey, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Landgericht Hagen IM NAMEN DES VOLKES

Urteil In dem Rechtsstreit des Herrn W. S., […], Klägers, Prozessbevollmächtigte:

gegen die V. AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch […], Beklagte, Prozessbevollmächtigte:

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.08.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Niemöller als Einzelrichter für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

2

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kauvertrages über ein Neufahrzeug nach einem Rücktritt wegen behaupteter Mängel.

Er unterzeichnete unter dem 27.01.2015 eine schriftliche Neuwagenbestellung bezüglich eines VW Tiguan Sport & Style BM Techn. 2.0 l TDI 130 kW (177 PS), welche unter Berücksichtigung eines Nachlasses von 15% und einer Gutschrift von 3.231,74 € mit einem Betrag von 44.500,10 EUR endete. Wegen der weiteren Einzelheiten der verbindlichen Bestellung wird Bezug genommen auf die Anl. K 1 zur Klageschrift, Bl. 9 - 11 der Akte. Die Beklagte stellte dem Kläger unter dem 29.03.2015 einen Betrag in Höhe von 46.852,87 € als Fahrzeugpreis in Rechnung. Unter dem 31.03.2015 stellte die Firma M. GmbH & Co. KG dem Kläger einen Betrag von 878,99 € für das Selbstabholungs-Paket A2, die Zulassungsbescheinigung II und Zulassungskosten / neue Schilder in Rechnung.

Das Fahrzeug wurde am 08.04.2015 an den Kläger ausgeliefert.

Über seinen Prozessbevollmächtigten machte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom

19.10.2015

Nacherfüllung

die

einen

Nacherfüllungsanspruch

Lieferung

eines

geltend

und

VW

Tiguan

mangelfreien

verlangte mit

als

gleicher

Motorisierung und Ausstattung Zug um Zug gegen Rückgabe des mangelhaften Fahrzeuges. Er ließ die Beklagte auffordern, bis zum 30.10.2015 ihm gegenüber zu erklären, einen mangelfreien VW Tiguan zu liefern und drohte für den Fall des fruchtlosen

Fristablaufs

den

Rücktritt

vom

Kaufvertrag

an.

Auch

die

außergerichtlichen Anwaltskosten wurden unter Fristsetzung bis zum 30.10.2015 angefordert. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 25.11.2015 und erklärte, dass das Fahrzeug nicht zurückgegeben werden könne, es sei sicher und fahrbereit und könne weiterhin uneingeschränkt im Straßenverkehr genutzt werden. Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EEA 189 würden nach Abstimmung mit dem KraftfahrtBundesamt auf Kosten der Beklagten eine „technische Lösung“ erhalten. Die Beklagte

erklärte

in

dem

Schreiben

weiterhin

auf

die

Erhebung

der

Verjährungseinrede bis zum 31.12.2016 wegen der in Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 eingebauten Software zu verzichten, soweit mögliche Ansprüche noch nicht verjährt seien.

3

Der Kläger erklärte über seinen Prozessbevollmächtigten mit Telefax vom 20.01.2016 gegenüber der Beklagten den Rücktritt von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag und forderte diese auf, an ihn einen Betrag von 43.418,55 € bis zum 27.01.2016 Zug um Zug gegen Rückgabe des mangelhaften Fahrzeuges sowie außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.514,95 € zu zahlen. Er ließ sich eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 3.434,32 € anrechnen. Die Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 03.02.2016 mit, dass der Kläger das Fahrzeug nicht zurückgeben könne.

Der Kläger behauptet, der Käufer eines Fahrzeuges könne erwarten, dass der Ausstoß von Stickstoffoxid beim normalen Straßenbetrieb nicht wesentlich von dem Ausstoß auf dem Prüfstand abweiche. Hier sei es jedoch so, dass die Software erkenne, wenn sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befinde und sodann dafür sorge, dass geringere Emissionen erfolgten. Die Beklagte habe im Internet selbst angegeben, dass die Stickstoffemissionen im Testzyklus auf dem Rollenprüfstand nach Feststellung der Behörden im Fahrbetrieb von den gesetzlichen Vorgaben abwichen.

Der Käufer eines Fahrzeuges könne auch erwarten, dass das erworbene Fahrzeug über keine Abschalteinrichtung verfügt, mit der die Messwerte auf dem Prüfstand verfälscht würden. Nur ein Fahrzeug ohne eine solche Abschalteinrichtung sei bei Sachen gleicher Art üblich und könne vom Käufer nach Art der Sache erwartet werden.

Die Werte der Abgasnorm Euro 5 für Stickoxide würden im Fahrbetrieb um das bis zu 10-fache überschritten werden. In den USA sei festgestellt worden, dass eine Überschreitung bis zum 40-fachen des Grenzwertes von 44 mg/Kilometer vorliege.

Eine Fristsetzung zur Nachbesserung wäre ohnehin sinnlos gewesen, da die Beklagte zu diesem Zeitpunkt zu einer Nachbesserung überhaupt nicht in der Lage gewesen sei.

Bei der Berechnung der Kosten der Neulieferung habe die Beklagte zum einen nicht die Umsatzsteuer in Abzug geboren gebracht, zum anderen aber auch die Vermittlungsprovision und auch den im Kaufpreis enthaltenen Gewinn nicht

4 abgezogen. Es sei auch nicht absehbar, welche Langzeit-Auswirkungen es für die Abgasanlage und den Motor des Fahrzeuges habe, wenn das Fahrzeug nunmehr permanent im Prüfstand-Modus mit stark erhöhter Abgasrückführung betrieben werde.

Hinsichtlich der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung komme es auf den Zeitpunkt des Zuganges des Rücktritts an. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte überhaupt keine Möglichkeit gehabt, den Mangel zu beheben. Bei der Frage, ob die Pflichtverletzung erheblich ist, sei auch zu berücksichtigen, dass ein Vorlauf von fast einem Jahr für die Durchführung der Mangelbehebung erforderlich sein solle. Darüber hinaus bedürfe die Mangelbeseitigungsmaßnahme einer vorherigen behördlichen Prüfung und Genehmigung.

Der Kläger bestreitet, dass das von der Beklagten genannte Softwareupdate und die von der Beklagten vorgetragenen Maßnahmen zur Mängelbeseitigung führen würden.

Die Beklagte habe ihn durch den Verkauf des Fahrzeuges auch arglistig getäuscht, der Kläger habe jegliches Vertrauen in die Beklagte verloren, und habe bereits aus diesem Grunde ein sofortiges Rücktrittsrecht. Die Kosten der Nachbesserung seien nur ein Kriterium bei der Frage der Unerheblichkeit eines Mangels. Die Befürchtungen des Klägers, durch eine Umrüstung seines Fahrzeuges nachteilige Folgen, wie insbesondere Leistungseinbußen zu erleiden, sei nicht unbegründet. Dies ergebe sich aus einem Bericht der Zeitschrift „Bild“. Er habe an die Beklagte einen Kaufpreis von 46.852,87 € gezahlt sowie an die Firma M. GmbH & Co. KG für die Selbstabholung, die Zulassungsbescheinigung und die Zulassung des Fahrzeuges einen Betrag von 878,99 €.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1.

an ihn 43.418,55 € sowie 2.514,95 € vorgerichtliche Kosten, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des mangelhaften PKW VW Tiguan Sport & Style 4Motion

BM

Techn.

2.0

l

TDI,

Fahrzeug-ident-Nr.

5 WVGZZZ5NZFW097591 sowie 2.

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter vorstehend Ziff. 1 bezeichneten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, eine konkrete Beschaffenheit sei nicht vereinbart worden, das Fahrzeug eigne sich aber für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Der allgemeine Verwendungszweck als Fortbewegungsmittel im Straßenverkehr sei vorliegend nicht beeinträchtigt. Das Fahrzeug eigne sich auch für die gewöhnliche Verwendung. Es verfüge über die erforderliche EG-Typ Genehmigung, die nicht entzogen worden sei. Die Abgaswerte würden grundsätzlich unter Laborbedingungen gemessen, welche nicht den Bedingungen im normalen Fahrbetrieb entsprechen. Es gebe keine gesetzlichen Vorgaben, die die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte im normalen Fahrbetrieb regeln würden. Das verkaufte Fahrzeug sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich, es verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen.

Alle Fahrzeuge mit dem Dieselmotor des streitgegenständlichen Fahrzeuges würden in

Absprache

Überarbeitung

mit dem werde

Kraftfahrt-Bundesamt

keine

nachteiligen

technisch

Auswirkungen

überarbeitet. auf

Diese

Motorleistung,

Kraftvollstoffverbrauch und CO2-Emissionen haben. Das streitgegenständliche Fahrzeug erhalte ein reines Software-Update, die Arbeitszeit betrage etwa eine halbe Stunde, die Kosten würden sich auf weniger als 100 € belaufen.

Das Fahrzeug weise keine Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit auf. Bei der so genannten Abschalteinrichtung handelt es sich lediglich um eine konstruktionsbedingte Besonderheit, durch welche der Kläger nicht in der Nutzung beeinträchtigt sei. Das Fahrzeug sei nach wie vor wirksam zugelassen und aufgrund der Entscheidung des Kraftfahrt-Bundesamts, die Typ Genehmigung nicht zu widerrufen, bestehe auch die Einstufung als Euro 5-Fahrzeug unverändert fort. Da die Wirksamkeit der Abgasreinigungsanlage nicht reduziert werde, handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Vorschriften der Europäischen Union. Im Betrieb auf dem Prüfstand bestünde eine höhere

6 Abgasrückführungsrate in den Motor als im Straßenbetrieb. Damit sei aber weder eine Einwirkung auf ein Element des Immissionskontrollsystems gegeben, noch sei die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen verringert worden, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten seien. Das gesamte Vorbringen des Klägers zu Zeitplan, Umfang und zum Ergebnis der durchzuführenden Maßnahmen treffe nicht zu. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten hierzu wird auf die XII des Schriftsatzes vom 16.08.2016, Bl. 99 - 101 der Akte Bezug genommen.

Der Kläger habe keine angemessene Frist gesetzt, diese habe sich nur auf eine Neulieferung bezogen, eine Frist zur Nachbesserung sei nicht gesetzt worden. Bei der

Vielzahl

von

Fahrzeugen

und

Motorvarianten,

sei

die

Frist

als

Nachbesserungsfrist zu kurz. Die Neulieferung sei im Vergleich zur Nachbesserung unverhältnismäßig. Die Kosten der Neulieferung würden sich auf mindestens 3.434,32 € belaufen, während die Nachbesserungskosten deutlich weniger als 100 € betrügen.

Das Rücktrittsrecht sei auch gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, weil die behauptete Pflichtverletzung als unerheblich anzusehen sei. Der Aufwand zur Beseitigung des behaupteten Mangels belaufen sich auf deutlich weniger als 100 € und entspreche damit 0,2 % des Kaufpreises i.H.v. 46.852,87 €. Es sei weder die Verkehrs-und Betriebssicherheit des Fahrzeuges betroffen, noch würde der behauptete Mangel einen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit, die Nutzbarkeit, die Optik und den Komfort des Fahrzeuges haben. Es handele sich nicht um einen für die Kaufentscheidung maßgeblichen Mangel.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger auf die Bestellung vom 27.01.2015

Überführungs-

sowie

Zulassungskosten

und

Kosten

für

den

Kraftfahrzeugbrief in Höhe von 878,99 EUR gezahlt habe, da er darüber hinaus Kosten aus einer Rechnung der Firma M. GmbH & Co. KG geltend mache, die in derselben Höhe bestehen sollen. Bei den Kosten für die Überführung, die Zulassung und die Kennzeichen handele sich nicht um Verwendungen. Es handele sich um reine Betriebskosten, die nicht der Erhaltung der Sache dienen und damit keine Verwendungen seien.

7 Die Abholungs- und Zulassungskosten seien nur zum Teil vergeblich, sie hätten sich wegen der Nutzung teilweise rentiert.

Die Voraussetzungen der Feststellungen des Annahmeverzuges seien nicht gegeben. Der Kläger habe nicht dargetan, dass er da der Beklagten das Fahrzeug überhaupt jemals in Annahmeverzug begründender Weise Zurücknahme angeboten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die überreichten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen Bezug genommen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben beide Parteien unstreitig gestellt, dass die Laufleistung des Fahrzeuges zu diesem Termin 18.600 Kilometer beträgt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgewähr des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.

a) Es kann letztlich dahin gestellt bleiben, ob das gekaufte Fahrzeug mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB ist. Denn selbst wenn man unterstellt, dass ein Mangel jedenfalls insoweit besteht, als dem Fahrzeug im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB eine Eigenschaft, die der Kläger nach den öffentlichen Äußerungen der Beklagten erwarten konnte, fehlt, weil sich aus der Beschreibung des Fahrzeuges eine bestimmte Schadstoffklasse ergibt, deren Emissionswerte nicht eingehalten werden, bestünde kein Anspruch des Klägers.

8

b) Es fehlt nämlich an einer wirksamen Setzung einer Frist zur Nacherfüllung, die gem. § 323 Abs. 1 BGB aber Voraussetzung für einen Rücktritt ist.

Mit Schreiben vom 19.10.2015 hat der Kläger zwar eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt, er hat allerdings ausschließlich die Lieferung einer mangelfreien Sache und nicht die Beseitigung des Mangels begehrt.

Die begehrte Nachlieferung war aber im Sinne des § 275 BGB unmöglich.

Es handelt sich vorliegend nämlich um einen sogenannten Gattungskauf.

Bei einem Gattungskauf ist Gegenstand des Kaufvertrags der Parteien die Lieferung eines Kraftfahrzeugs als Gattungsschuld, nicht aber als Stückschuld (Speziesschuld). Eine Gattungsschuld ist in der Regel anzunehmen, wenn ein nicht vorrätiges Fahrzeug beim Händler bestellt wird. Eine Stückschuld liegt dagegen vor, wenn ein konkretes Fahrzeug ab Lager, ein Ausstellungsfahrzeug oder ein "nach Maß" zu produzierendes Fahrzeug gekauft wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.1995 Aktenzeichen 13 U 34/94, BeckRS 1995, 04651).

Vorliegend wurde das zu einem festgelegten Zeitpunkt zu liefernde Fahrzeug in der schriftlichen Neuwagenbestellung aber nicht individuell bestimmt, sondern nach generellen Merkmalen beschrieben. Das Gericht schließt sich auch insoweit der Auffassung des OLG Düsseldorf an, dass bei dieser Beurteilung die auch im vorliegenden Fall erfolgte Aufzählung einiger als Sonderausstattung gewünschter Zubehörteile dieser Einschätzung nicht entgegensteht. Durch die Angabe der Sondersausstatung wird kein "nach Maß" zu produzierendes Fahrzeug bestellt, sondern festgelegt, welche besonderen Eigenschaften der aus einer vorgegebenen Gattung zu leistende Kaufgegenstand aufweisen sollte.

Bei einem Gattungskauf erlischt der Anspruch auf Nachlieferung aber, wenn die gesamte Gattung untergegangen ist und nicht mehr hergestellt wird. Es dürfte unstreitig sein, dass Automodelle mit dem streitgegenständlichen Motortyp nicht mehr gebaut werden. Soweit noch Auslaufmodelle vorhanden sind, wären diese von der Abgasproblematik ebenfalls betroffen und daher keine Fahrzeuge in einem mangelfreien Zustand. Ein Fahrzeug aus der neuen Modellreihe kann der Käufer

9 nicht verlangen, weil es nicht zur geschuldeten Gattung gehört (vgl. Steenbuck, MDR 2016, 185, 187).

c) Es liegt keiner der Fälle vor, in denen die Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich ist:

Die als Nacherfüllung hier allein in Frage kommende Nachbesserung des Fahrzeuges durch die Beklagte ist für den Kläger nicht unzumutbar im Sinne des § 440 Satz 1 3. Fall BGB.

Die Unzumutbarkeit ist im Bezug auf den Käufer zu prüfen. Sie kann sich aus der Art des Mangels oder aus anderen tatsächlichen Umständen ergeben. Solche Umstände wären hinsichtlich der Person des Verkäufers etwa Unzuverlässigkeit, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. 2016, § 440, Rn. 8).

Die Art des Mangels führt nicht zu einer Unzumutbarkeit im vorgenannten Sinne. Der erhöhte Abgasausstoß führt im gewöhnlichen Fahrbetrieb nämlich zu keinerlei funktioneller Beeinträchtigung in der Nutzung des Fahrzeugs. Insbesondere verfügt das Fahrzeug nach wie vor über alle erforderlichen Genehmigungen zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass eine Nacherfüllung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp nicht innerhalb einer überschaubaren Frist angeboten wird. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Landgerichts Paderborn im Urteil vom 17.05.2016 (Aktenzeichen: 2 O 381/15) an, wonach gegen die Unzumutbarkeit unter diesem Gesichtspunkt spricht, dass das Fahrzeug ohne spürbare Beeinträchtigungen weiter genutzt werden kann und erhebliche, über die bloße Zeitspanne bis zur tatsächlichen Vornahme der Nachbesserungsarbeiten

hinausgehende

Unannehmlichkeiten

oder

sonstige

Nachteile, die mit der angebotenen Nacherfüllung durch die Beklagte einhergehen nicht ersichtlich sind und auch im vorliegenden Fall von dem Kläger jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sind. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte im Schreiben vom 19.10.2015 (dort Seite 2 oben) auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Die Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus der behaupteten arglistigen Täuschung.

10

Auch insoweit ist dem Landgericht Paderborn zu folgen, wonach im Hinblick auf die erforderliche Wissenszurechnung substantiiert dazu vorgetragen werden muss, wann welche verantwortlichen Personen im Konzern Kenntnis von dem Einsatz der Software hatte,

Darüber hinaus ist auch die weitere Einschätzung überzeugend, wonach hier ein Verlust der Vertrauensgrundlage auf Seiten des getäuschten Käufers, der Grund für den Wegfall der Nacherfüllungsmöglichkeit des Verkäufers in diesen Fällen ist, nicht angenommen werden kann, weil besondere Umstände vorliegen, die eine ordnungsgemäße Nachbesserung erwarten lassen.

Das

Landgericht

Paderborn

weist

zu

Recht

darauf

hin,

dass

die

Nachbesserungsarbeiten der Beklagten in enger Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrtbundesamt und damit unter staatlicher Aufsicht erfolgen und in diesem Zusammenhang das Kraftfahrtbundesamt und die Beklagte einen übergeordneten Maßnahmenplan

vereinbart

sowie

darauf

aufbauend

konkrete

Umsetzungsvereinbarungen getroffen haben, um die Nachbesserungsarbeiten an den betroffenen Fahrzeugen zu gewährleisten.

Die Fristsetzung zur Nacherfüllung ist hier auch nicht gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Zwar kann das arglistige Verschweigen eines Mangels durch den Verkäufer einen besonderen Umstand im Sinne dieser Norm darstellen, der einen sofortigen Rücktritt rechtfertigt (vgl. nur BGH NJW 2007, 835, 837; 2008, 1371, 1373). Im vorliegenden Fall sind aber – wie oben ausgeführt – zum Einen die Voraussetzungen der Arglist nicht ausreichend dargetan. Zum Anderen fehlt es – wie ebenfalls oben ausgeführt – an dem notwendigen Verlust der Vertrauensgrundlage.

Der Kläger hat nicht ausreichend dargetan, dass die von der Beklagten beabsichtigte Nachbesserung nicht zu einer Mängelbeseitigung führen werde. Es sind keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgetragen worden, aus denen sich ergibt, dass die beabsichtigte Nachbesserung erfolglos verlaufen wird.

Ob der Rücktritt wegen einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben.

11 2. Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

II.

Ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht nicht, da es an der notwendigen Hauptforderung fehlt. Mangels

Hauptforderung

besteht

auch

kein

Anspruch

außergerichtlichen Anwaltskosten als Verzugsschaden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 709 ZPO.

Niemöller

auf

Erstattung

der