Landgericht Berlin. Im Namen des Volkes. Urteil. nd Luxenbourg,

Landgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil Geschäftsnummer: 12 O 506/11 verkündet am: 23.07.2012 Justizbeschäftigte In dem Rechtsstreit derA«M»I...
Author: Bella Berg
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Landgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil Geschäftsnummer: 12 O 506/11

verkündet am:

23.07.2012 Justizbeschäftigte

In dem Rechtsstreit derA«M»IS.ä.r.L, vertreten d.d. Verwalterin Vi GmbH NL Berlin, d. vertreten d.d. 0, nie EMMPSflMNM LLuxemburg,

nd Luxenbourg, Klägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Berlin,-

gegen den Herrn SJlMtaft Scr Straße | , 1fHH Berlin, Beklagten, - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt CJMIfc Sch|Mtfstraße flt, 1 | M | Berlin,

hat die Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 25.06.2012 durch die Richterin am Amtsgericht W 4 I M i r als Einzelrichterin für

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Recht

e r k a n n t :

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand: Der Beklagte, stellvertretender Landesvorsitzender der NPD, mietete von der Klägerin mit Mietvertrag vom 11. Mai 2011, auf den Bezug genommen wird, die im Klageantrag bezeichneten Gewerberäume. Das Mietverhältnis endet gemäß Ziffer 5.7 5 Jahre nach dem 31. Dezember desjenigen Jahres, in dem es begonnen hat. In der Folge wurde dem Beklagten vom Kläger eine Nachtragsvereinbarung vorgelegt, mit der er versichern sollte, dass das Sortiment keine rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Inhalte haben werde sowie ferner, dass in dem Laden keine Produkte, Modemarken (wie zum B e i s p i e l V H ^ B M oder Accessoires verkauft werden, die in der Öffentlichkeit mit einem Bezug zur rechtsextremen Szene wahrgenommen werden. Der Beklagte ließ die Erklärung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten zurückweisen und stattdessen mitteilen, er beabsichtige keinen Verkauf von Waren einer Marke, die in der öffentlichen Meinung nahezu ausschließlich mit rechtsradikaler Gesinnung in Verbindung gebracht werde, insbesondere nicht den Verkauf der Marke ^ • • H M F -

Das in den streitgegenständlichen Räumen ansässige Geschäft wird auf der Internetseite der Kneipe „Zum Henker" beworben, die im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin von 2010 als „wichtigster rechtsextremistischer Treffort in Berlin" bezeichnet wird. Der Name des Geschäftes, „Hexogen", nimmt Bezug auf den gleichnamigen Sprengstoff. Das Angebot umfasst u.a. diverse Bekleidung wie Military-Bekleidung und Bekleidung für Security Personal. In der Folge kam es vermehrt zu Presseberichten über das in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten ansässige Geschäft. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.7.2011 die Anfechtung des zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsraummietvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt und den Beklagten zur unverzüglichen Räumung des Mietobjekts, spätestens jedoch bis zum 26.7.2011 aufgefordert. Hilfsweise hat die Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB gekündigt und den Beklagten aufgefordert, die Räumlichkeiten unverzüglich, ZP550

spätestens bis zum 26.7.2011 herauszugeben. Einer Fortsetzung des Mietverhältnisses wurde seitens der Klägerin widersprochen. Das Schreiben wurde dem Beklagten am 19.7.2011 zugestellt. Am 23.3.2012 wurde ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten in der streitgegenständlichen Mietsache vollstreckt. Im Rahmen der Durchsuchung wurde ein Koffer mit CDs sichergestellt, wovon zumindest eine CD Anlass zur Beanstandung gab. Ob die aufgefundenen CDs zum Verkauf bereit gehalten wurden, ist noch Gegenstand polizeilicher Ermittlungen. Am 23.5.2012 kam es zu einer weiteren Durchsuchung, bei der sog. Schulhof-CDs mit dem Verdacht auf volksverhetzenden Inhalt sichergestellt wurden. Der Beklagte hat die Miete gemäß 2.5. des Mietvertrags monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zu zahlen. Die Miete für Dezember 2011 wurde am 7.12.2011, die Miete für Januar 2012 am 30.1.2012, die Miete für Februar 2012 am 7.7.2012, die Miete für März am 4.4.2012, die Miete für April am 2.5.2012 und die Miete für Mai 2012 am 7.5.2012 bezahlt. Dabei wurden für die Aprilmiete 4,85 € und für die Maimiete 4,70 € zu wenig entrichtet.

Die Klägerin hat das Mietverhältnis nochmals in der Klageschrift fristlos und vorsorglich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt wegen der unpünktlichen Mietzahlungen gekündigt. Sie meint, der Beklagte habe sie bei Abschluss des Mietvertrages arglistig getäuscht, da er es unterlassen habe, sie auf die rechtsradikale Zielgruppe und Ausrichtung des Geschäfts sowie auf seine eigene herausragende Position in der rechtsradikalen Szene hinzuweisen. Dass dieser Umstand für ihn von herausragender Bedeutung gewesen sei ergebe sich bereits aus der Nachtragsvereinbarung. Eine Vermietung in Kenntnis der wahren Umstände wäre nie erfolgt. Sie werde in die Nähe rechtsradikalen Gedankenguts gestellt, der Umstand sei für sie geschäftsschädigend. Eine Aufklärungspflicht ergebe sich darüber hinaus auch aus Treu und Glauben. Hinsichtlich der zu spät gezahlten Mieten habe sie den Beklagten fruchtlos mit Schreiben vom 16.4.2012 abgemahnt und zur pünktlichen Mietzahlung aufgefordert. Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Gewerberäume B4NfeMstraße f, EG rechts, 1 Berlin zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte meint, ihn treffe keine Aufklärungspflicht. Er vertreibe in seinem Ladengeschäft keine Artikel, die der rechten Szene zuzuordnen seien. Die beschlagnahmte CD stamme nicht aus einer Auslage und war nicht zum Verkauf bestimmt. Die Schulhof-CDs seien Wahlkampfmaterial gewesen und seien nicht zum Verkauf bestimmt gewesen. Hinsichtlich der unpünktlichen Mietzahlung sei er niemals abgemahnt worden, zumindest habe er die Kündigung nicht erhalten.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. 1) Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 546 Absatz 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der Mietsache, da das zwischen den Parteien zustande gekommene Mietverhältnis nicht beendet ist.

a) Der Vertrag ist nicht durch Anfechtung gemäß §§ 123 Absatz 1, 142 Absatz 1 BGB nichtig geworden. Der Beklagte hat es nicht entgegen Treu und Glauben verabsäumt, die Klägerin über Umstände aufzuklären, für die eine Aufklärungspflicht besteht. Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre Interessen selbst wahrzunehmen, die andere Seite muss nicht ungefragt über alle ungünstigen Umstände einer Sache oder Person aufklären. Eine Aufklärungspflicht besteht lediglich insofern, als es sich um Umstände handelt, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (KG vom 28.5.2009, 8 U 223/08).

aa) Eine solche Aufklärungspflicht ist angenommen worden, wenn in dem vermieteten Ladenlokal nahezu ausschließlich Bekleidung einer Marke angeboten wird, die in der Öffentlichkeit mit rechtsradikalen Gesinnungen in Verbindung gebracht wird und dementsprechendes Konfliktpotential besitzt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte vertreibt in seinem Geschäft Ausrüstungsgegenstände für paramilitärisches Outdoor-Training und Militäruniformen. Es bestehen insofern bereits Zweifel an der Schlüssigkeit des Vortrags, da nicht erkennbar ist, um was für Gegenstände es sich im einzelnen handelt. Hinzu kommt, dass, auch wenn es so ist, dass ZP 550

sich rechtsradikale Gruppierungen von einem solchen Angebot angezogen fühlen, es sich doch nicht ausschließlich an einen solchen Kundenkreis richtet. Das Ladensortiment bietet insofern für sich kein Konfliktpotential. Insofern die Klägerin vorträgt, der Beklagte verkaufe darüber hinaus auch Zeichnungen von Feldzügen der Wehrmacht in sogenannter Landser-Romantik, ist sie beweisfällig für diese Behauptung geblieben. Die Vorlage eines Zeitungsartikels ist kein geeignetes Beweismittel. Auch die Inaugenscheinnahme ist für den Beweis nicht geeignet. Eine solche würde im Rahmen eines zuvor anzukündigenden Ortstermins stattfinden. Sollten sich die Zeichnungen zuvor im Laden befunden haben, wäre davon auszugehen, dass diese im Ortstermin nicht mehr vorhanden gewesen wären. Der weitere Beweisantritt zur Vernehmung eines Zeugen ist gemäß § 373 ZPO unzulässig, da der zu hörende Zeuge nicht namentlich benannt wurde. Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, der Beklagte halte in seinem Geschäft CDs mit volksverhetzendem Inhalt bereit. Auch diesbezüglich ist trotz Bestreitens des Beklagten kein zulässiger Beweisantritt erfolgt, da keine Benennung des Zeugens erfolgte.

bb) Eine Aufklärungspflicht kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte stellvertretender Landeschef der NPD ist. Eine solche Aufklärungspflicht könnte möglicherweise dann angenommen werden, wenn sich diese Eigenschaft des Mieters in der Nutzung des Ladenlokals manifestieren würde, z.B. weil er es als Wahllokal nutzt. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

b) Der Klägerin steht aus den gleichen Gründen auch kein außerordentlicher Kündigungsgrund wegen arglistiger Täuschung des Vermieters zur Seite. c) Auch die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs greift nicht durch. Die Kündigung des Vermieters wegen fortlaufender unpünktlicher Zahlung des Mieters ist unwirksam, wenn der Vermieter den Mieter nicht vorher abgemahnt hat (OLG Hamm, NJW-RR 1003, 1163). Die Klägerin hat zwar vorgetragen, eine solche Abmahnung mit Schreiben vom 16.4.2012 ausgesprochen zu haben. Der Beklagte hat jedoch sowohl die Existenz des Schreibens als auch den Zugang des Schreibens bestritten. Da die Klägerin weder das Schreiben noch einen Beleg für den Zugang überreicht hat, ist sie auch insofern beweisfällig geblieben.

2) Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 985 BGB auf Herausgabe der Mietsache, da diesem mit dem weiterhin bestehenden Mietvertrag ein Recht zum Besitz der Mietsache zusteht.

3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 ZPO. ZP550

4) Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

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