Junior-Senior – Tandemlernen zwischen Jung und Alt Petra Meißner1 1)

Human Resource Manager MAHLE Behr Industry Reichenbach GmbH

SCHLÜSSELWÖRTER: Tandemlernen, Wissenstransfer, Personalentwicklungsmaßnahmen KURZFASSUNG: „Sobald man in einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer neuen Schüler werden.“ – Gerhart Hauptmann. Der Beitrag beschäftigt sich mit den Zielen, Erfahrungen und Ergebnissen des Lernprozesses zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern zur Sicherung spezifischen Fachwissens im Unternehmen. Der Wissens­ austausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern wurde durch die Entwicklung und Erprobung innovativer Modelle zur Wahrung und zum Transfer betrieblichen Know-hows und die Erarbeitung inhaltlicher und methodischer Grundlagen in die betriebliche Praxis umgesetzt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Integration des Projektes in die operativen unternehmerischen Prozesse und sich daraus resultierender multivalenter wissenschaftlicher Erkenntnisse.

1. Unternehmenssituation Das Unternehmen ist ein bedeutender Hersteller von Kühl- und Klimamodulen. Zum Zeitpunkt des Projektstarts des Tandemlernprogramms arbeiteten 240 Mitarbeiter innerhalb der gesamten Wertschöpfungs- und Prozesskette mit einem Altersdurchschnitt von 46,9 Jahren im Unternehmen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und damit einhergehend dem Fachkräftedefizit, sah sich das Unternehmen veranlasst, neue Wege in der Personalentwicklung einzuschlagen, um den Wettbewerbsfaktor „ältere Mitarbeiter“ verstärkt zu nutzen. Ein Projekt der Personalentwicklung ist das Junior-Senior-Programm, d. h. das Tandemlernen zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern, um den Wissenstransfer zwischen den Altersgruppen effektiv zu gestalten. Im Jahr 2005 zeichnete sich das Problem ab, dass wichtige Know-

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how-Träger kurz vor der Pensionierung standen und keine Nachfolgefachkräfte sofort einsetzbar waren. Im Unternehmen waren zwar junge Mitarbeiter mit sehr guter theoretischer Ausbildung und Motivation verfügbar, denen jedoch die erforderliche fachliche Erfahrung noch fehlte. Mit diesem Defizit konnten sie einen sofortigen Ersatz für vakante Stellen nicht gewährleisten. Und so wurde das Tandemlernen als wesentlicher neuer Baustein in das Personalentwicklungskonzept integriert. 2. Aufbau und Ziele des Tandemlernprogramms Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital des Unternehmens. Diese Bedeutung spiegelt sich auch in folgender Aussage von Müller und Spanner-Ulmer wider: „Innovationen sind sehr stark von der Bindung der Mitarbeiter zu ihren Arbeitsaufgaben, d. h. von der intrinsischen

Motivation abhängig…“ (Müller & Spanner-Ulmer, 2005). Seit vielen Jahren werden ständig neue Personalentwicklungsmaßnahmen generiert, die in die Unternehmens­ philosophie und die betrieblichen Rahmenbedingungen passen. Das Junior-Senior-Programm hat innovative Module zur Wahrung und zum Transfer betrieblichen Knowhows von älteren auf jüngere und von jüngeren auf ältere Mitarbeiter zum Inhalt. Es trägt somit zum gemeinsamen Lernprozess sowie zur Stabilisierung der Rolle der älteren und erfahrenen Mitarbeiter in der Berufswelt bei. Das Programm wurde in den letzten Jahren weiterentwickelt, präzisiert und den unterschiedlichen Berufsgruppen angepasst. Ziele des Programms sind: 1. Einführung und Entwicklung eines kontinuierlichen Lernprozesses älterer Mitarbeiter an alten und neuen Aufgaben und an dem Erwerb von

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Junior-Senior – Tandemlernen zwischen Jung und Alt Zusatzqualifikationen, die zum Erhalt und der Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit der älteren Mitarbeiter führen 2. Die Initiierung des betrieblichen Lernprozesses jüngerer Mitarbeiter durch Tandemlernen dient der Verbesserung des Qualifikationsniveaus durch den Transfer von Erfahrungswissen der älteren und der Motivation der jungen Fachkräfte 3. Wahrung des betrieblichen Wettbewerbsfaktors „Knowhow“ im Unternehmen 4. Sicherung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens Kesseler fasst hierzu zusammen: „Wissensmanagement ist die wichtigste Voraussetzung für die Führung, Planung und Organisation innerhalb von Unternehmen.“ (Kesseler, 2004). 3. Voraussetzungen für den Lernstart Um die Inhalte und Lernmethoden zu definieren, wird eine Befragung mit den betroffenen Tandempartnern durchgeführt. Parallel dazu werden Dokumente erstellt, die die Ergebnisse des Lernprozesses dokumentieren. Nicht in jedem Lernprozess finden die gleichen Methoden oder Konzepte Anwendung. Hierzu sind verschiedene Strategien für den Lernprozess entwickelt und eingeführt worden. Zudem ist es beim Tandemlernen eine große Herausforderung, die täglichen Arbeitsaufgaben der Lernpartner und das Lernprogramm selbst zu verbinden und Freiräume zu schaffen,

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um den Transferprozess realisieren zu können. Bei den Fachvorgesetzten und der Geschäftsführung muss hierfür um Verständnis und Offenheit geworben werden. Wichtig sind die Strategien zur Unterstützung des Lernprozesses durch die Moderation seitens des Bereiches Human Resources. Die Mitarbeiter von Human Resources übernehmen nicht nur die Coaching- und Moderatorenrolle, sondern sind auch die Organisatoren des Lernprozesses und der erforderlichen Weiterbildungen. Voraussetzung für das Tandemlernen ist die Lernkultur im Unternehmen, die geprägt ist von der Schaffung positiver Rahmenbedingungen (Räumlichkeiten, Technik, „Zeitfreiheit“ u. a.). Die Anerkennung der Ergebnisse durch die Unternehmensleitung ist für die Lernenden Ansporn für eine Mitwirkung bei der Unternehmensentwicklung. Für die Tandempartner sind die Lerngewohnheiten, der individuelle Lernstil, die Lernpräferenzen bis hin zu den Lerntageszeiten durch die Personalentwicklung gemeinsam mit den Vorgesetzten zu bestimmen. Ein weiterer Schwerpunkt ist auch die Einordnung der Tandempartner in die entsprechenden Lerntypen. Grundvoraussetzung für den Erfolg der Lernpartnerschaft ist jedoch das Wollen der Beteiligten, das Einbringen ihres eigenen Wissens und eine offene Kommunikation miteinander. Für die älteren Mitarbeiter ist der Kompetenzwechsel im Alter zu beachten. Während sich in der Regel die Erfahrung, das Ausdrucks- und Urteilsvermögen, die sprachliche Gewandtheit, die

Ausgeglichenheit und Beständigkeit, die soziale Kompetenz, die Toleranz und die Entscheidungsfreudigkeit erhöhen, verringern sich die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme, das Abstraktionsvermögen, die Risikobereitschaft und die Widerstandsfähigkeit bei psychischer Dauerbelastung. Anhand der Anforderungsanalyse werden in einem Start-up-Workshop die konkreten Arbeitsaufgaben und Arbeitsschritte des Lernprogramms definiert. Diese beinhalten das individuelle Ziel des Lerntandems, aber auch die Lernmethoden sowie die Lernzeiträume. 4. Gestaltung des Tandemlernprogramms Den Ausgangspunkt für die einzelnen Lernaktivitäten, die Definition der Lernaufgaben und der Lernmethoden, bildet die detaillierte Analyse der Arbeitsaufgaben, die im Fokus des Wissenstransfers stehen sollen. Meier und Weller meinen hierzu: „Wissenstransfer sichert die Lernfähigkeit und das Innovationspotential und trägt damit zur Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit von Organisationen bei.“ (Meier & Weller, 2010). Erfasst werden neben den Arbeitsinhalten die Anforderungen, die zur Ausführung der jeweiligen Tätigkeit notwendig sind, sowie die Art und Vorgehensweise, mit welcher der Seniorpartner aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung an die praktische Umsetzung herangeht. Dazu wird jeder einzelne Arbeitsschritt dokumentiert. Nach Auswertung dieser Daten erfolgt die Formulierung der Lernaufga-

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Junior-Senior – Tandemlernen zwischen Jung und Alt ben unter Beachtung der betrieblichen Rahmenbedingungen der Fachbereiche. Zur Umsetzung wird aus den zur Verfügung stehenden Methoden die ausgewählt, die für das spezifische Lerntandem Erfolg versprechend ist und die von den Lerntandempartnern für einen Lernerfolg favorisiert wird. Diese beinhalten zum Beispiel, dass der Junior die Konstruktion eines speziellen Produktes, eines Werkzeuges, einer Vorrichtung, technologische Änderungen oder Gestaltung von Fertigungslayouts eigenständig in Begleitung des Seniorpartners bearbeitet. Wesentlich bei der Definition der Lernaufgaben ist die enge Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung, da die Lernaufgaben einen Nutzen für das Unternehmen bringen sollen. Ist die Lernaufgabe definiert, wird die zeitliche Gliederung vorgenommen. Die Partner vereinbaren neben dem Ziel, die Lerninhalte, den Zeitrahmen sowie die Einbindung anderer Bereiche, die sie für die Umsetzung der Lernaufgabe benötigen werden. In einem Brainstorming oder einem Workshop erfolgt dann die Umsetzung des Lernzieles. An allen für den Erfolg des Lernzieles wichtigen Veranstaltungen nimmt als Coach ein Mitarbeiter von Human Resources teil, der ein in Moderation und Organisation ausgebildeter und erfahrener Mitarbeiter ist. Dabei wird durch die professionell begleitete Teamstruktur zwischenmenschlichen Konflikten entgegengewirkt und zudem soziale Beziehungen zwischen den Generationen aufgebaut. Die im Tandemlernen eingeführten Lern-

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formen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gezielt organisiertes Lernen in die Arbeit einbeziehen und mit Erfahrungslernen verbinden. Gerade für die Fertigung vielschichtiger Produkte mit hohen Qualitätsund Funktionalitätsansprüchen, wie dies im Unternehmen der Fall ist, wird Erfahrungswissen als essentiell erachtet. Dieses Erfahrungswissen lässt sich nicht ad hoc aufbauen und vermitteln, sondern bedarf langfristiger und kontinuierlicher Kommunikations- und Kooperationsprozesse. Der Lernprozess selbst ist sehr abwechslungsreich. Jung und Alt sind in diesem Prozess wechselnd Trainer und Trainee. Es wurden drei Lernfelder mit unterschiedlichen Methoden definiert: 1. Training off the Job – beinhaltet nach dem Zusammentragen von Informationen und der Erstellung von Übersichten mittels Leittextmethode die Lösung von komplexen Sachverhalten (gelenkte und gesteuerte Erfahrungsvermittlung mit Coaching und Fachdiskussion) 2. Training near the Job – beinhaltet Austausch der Lernaufgaben in Fachzirkeln (Qualitätszirkel, Werkstattzirkel, Lernstatt) 3. Training on the Job – beinhaltet die Erarbeitung und Darstellung von komplexen Sachverhalten und Strukturen mittels Mindmapping und die formelle Wissensvermittlung (interne und externe Seminare, Workshops) Kesseler fasst dies wie folgt zusammen: „Wissensmanagement fin-

det überall im Unternehmen statt.“ (Kesseler, 2004). 5. Lernergebnisse Wesentliche Ergebnisse sind: Dieser Wissenstransferprozess bietet die Möglichkeit, das Wissen älterer Mitarbeiter über betriebliche Prozesse und unkonventionelle, bewährte Lösungen mit dem neuen, in der Ausbildung erworbenen Wissen der jüngeren Mitarbeiter, zu verknüpfen. Diese Erfahrungen gehen in die Strategie der Unternehmensentwicklung ein und sind die Basis für Personalentwicklungsmaßnahmen, aber auch die Grundlage dafür, dass nicht zielführende Aktivitäten zur Diskussion gestellt und neue Ideen aus einem Maximum an Know-how generiert werden können. Das gemeinsame Lernen im Tandem unter Einbindung weiterer erforderlicher Mitarbeiter aus einzelnen Fachbereichen des Unternehmens ist Voraussetzung für die lernende Organisation im Unternehmen selbst. Aus Sicht von Meier und Weller bedeutet dies: „Wissensmanagement soll somit die Lernfähigkeit von Organisationen unterstützen und damit letztlich auch ihre Wandlungsfähigkeit ermöglichen.“ (Meier & Weller, 2010). Damit werden nicht nur die Arbeitsplätze, sondern auch die Arbeitsprozesse sowie die Unternehmensstruktur unter lernsystematischen, arbeitswissenschaftlichen und pädagogischen Gesichtspunkten erweitert und angereichert. Die natürliche Arbeitsinfrastruktur wird mit einer Lerninfrastruktur verbunden. In den zusammengestellten Lern-Arbeitsgruppen werden über

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Junior-Senior – Tandemlernen zwischen Jung und Alt die Methode „Learning-by-doing“ gezielte Formen intentionalen Lernens gepaart mit Erfahrungslernen. Es wird somit ein organisationaler Rahmen geschaffen, in dem Lernen in vielfältigen Formen stattfindet, jedoch nicht mehr in speziellen Bildungseinrichtungen. Es werden jedoch didaktische Methoden durch den Coach berücksichtigt und eine aktive Begleitung der Lernprozesse realisiert. Ältere Mitarbeiter werden als interne Trainer oder Mentoren qualifiziert und erwerben neue, unternehmensdienliche Qualifikationen, welche zur Erhöhung der eigenen Beschäftigungsfähigkeit beitragen. Die jüngeren Mitarbeiter erlernen praktisches Fachwissen, durch welches sie ihre Kompetenzen erweitern und sich zum Fachkräftenachwuchs entwickeln. Gleichzeitig wird wichtiges Knowhow durch den Transferprozess für die jüngeren Mitarbeiter im Unternehmen bewahrt. Die Ausrichtung des Lernens auf Kompetenzentwicklung und den Erwerb reflexiver Handlungsfähigkeit, das Lernen in einer „natürlichen“ Arbeitsumgebung als Erfahrungslernen, die Vernetzung mit intentionalem Lernen innerhalb und außerhalb der Arbeit, das permanente Lernen in Abhängigkeit von individuellen und sozialen Kontexten, sind die Grundlagen für eine zukunftsorientierte Lernkultur. Die erfolgreiche Umsetzung des Tandemlernprogramms lässt sich anhand von vier Wirkungsebenen festmachen: 1. Strukturelle Implementation (Wissensmanagement, Seminarangebote, Optimierung von Arbeitsabläufen, Lernberatung

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und -unterstützung usw.) 2. Kulturelle Implementation (Mitarbeiterzufriedenheit, Akzeptanz, kontinuierlicher Verbesserungsprozess, positive Entwicklung des Betriebsklimas, Qualitätsbewusstsein, offene Kommunikation, Abbau von Fehlzeiten usw.) 3. Individueller Kompetenzerwerb (fachlich/ inhaltlich, methodisch, sozial, personell) 4. Unternehmerischer Erfolg (Steigerung der Produktivität und Qualität, Senkung der Innovationszeiten, Kostensenkung und Akquisitionserfolge usw.) Aus den bisherigen Tandemlernprogrammen erfolgte die Erstellung einer Wissensbox. Diese dient den Fach- und Führungskräften für die Personalarbeit als Nachschlagewerk. Eine konsequente Dokumentation der Aktivitäten in diesem Zusammenhang leistet einen erheblichen Beitrag zum unternehmensinternen Wissensmanagement und dient langfristig dem Erhalt des betrieblichen Knowhows. Drei Bausteine sind in der Wissensbox integriert: 1. Aufgabensammlungen für spezifische Handlungsfelder: Zeitliche Gliederungen beinhalten den Gesamtüberblick aller Teilaufgaben mit Hinweisen zu Methoden, Hilfsmitteln und dem Zeitrahmen. Ergänzt werden diese durch Leittexte, die die einzelnen Lernaufgaben detaillierter beschreiben und dem Lernenden Hinweise zur Lösung der Aufgaben geben. Die Leittexte können

unmittelbar für spezifische Ausbildungs- und Einarbeitungsprozesse herangezogen werden. 2. Sammlung von unternehmensspezifischen Lernunterlagen: Beinhaltet eine Vielzahl von Übersichten, Checklisten und Kalkulationstools, die den Mitarbeitern des Unternehmens als Arbeitshilfen zur Realisierung ihrer täglichen Aufgaben dienen und zur Optimierung und Standardisierung der betrieblichen Abläufe beitragen. Diese Unterlagen geben Lösungshinweise zu den Lernaufgaben, die in der Ausbildung bzw. Einarbeitung zum Einsatz kommen. 3. Methodenleitfaden: Der Methodenleitfaden bündelt Informationen zum Wissens­ transfer und unterstützt die Qualifizierung von Seniorpartnern. Er beinhaltet Beschreibungen von Methoden und Instrumenten, Arbeitsanweisungen und Empfehlungen zu Ablauf und Vorgehen. Auf dieser Basis können spezifische Wissenstransferprozesse, aber auch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gestaltet und umgesetzt werden. 6. Fazit Für eine erfolgreiche Implementierung des Tandemlernens im Unternehmen bedarf es wichtiger Voraussetzungen: • einer Unternehmenskultur, die den Prozess und die Lernpartner fördert und fordert • Unterstützung seitens der

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Unternehmensleitung und des Betriebsrats Schaffung von „Freiräumen“ für das Lernen in der Arbeit sehr gute systematische sowie detaillierte Vorbereitung bei der Tandemplanung und der Auswahl der Lernpartner und erfahrene Mitarbeiter aus dem Personalbereich

um Neues zu lernen? Chancen und Grenzen des gemeinsamen Lernens von älteren und jüngeren Mitarbeitern, Berlin. Zitate.net, zuletzt aufgerufen am 02.04.2013 ►Xing-Profil der Autorin ■

7. Danksagung Dank an alle Beteiligten, die noch heute die Umsetzung begleiten – die Werkleitung, den Betriebsrat, die beteiligten Mitarbeiter und Führungskräfte und ganz besonders die Mitarbeiter bei Human Resources. 8. Literatur Kesseler, H. (2004). Didaktische Strategien beim Wissenstransfer im Spannungsfeld von bildungsdidaktischen und kommunikationswissenschaftlichen Ansprüchen, 132 (Dissertation) Meier M., Weller, I. (2010). Wissensmanagement und unternehmensinterner Wissenstransfer, School of Business & Economics Discussion Paper: Economics, 16, 2. Müller, E., Spanner-Ulmer, B. (2005). Heuristik zur Gestaltung ganzheitlicher Anreizsysteme aus soziotechnischer Sicht, Wissenschaftliche Schriftenreihe des Institutes für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme, 49, 8 (Hrsg.) Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V./ Projekt Qualifikations-EntwicklungsManagement (2006). Zu alt,

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Interview mit Petra Meißner Frau Meißner, erläutern Sie uns bitte kurz ihre Branche und Ihren persönlichen Aufgabenbereich. Seit 34 Jahren bin ich als Human Ressource Managerin in der Metallbranche tätig. Meine Personalaufgaben sind sehr vielseitig: Von der Abrechnung über Administration, Personalentwicklung, Ausbildung sowie Gesundheits- und Diversity Management. Dabei sehe ich es als meinen Schwerpunkt an, Personal nicht nur zu akquirieren, sondern es langfristig im Unternehmen zu entwickeln und zu halten.

entstanden Probleme, weil diese Mitarbeiter viel „Kopfwissen“ und Erfahrungen über die Jahre gesammelt hatten. Dieses Wissen konnten und wollten wir nicht verlieren. Das Knowhow musste weiterhin im Unternehmen platziert werden und das machte uns Druck. Wir haben schnell mit der praktischen Seite der Methode gestartet und im Anschluss daran die wissenschaftliche Aufbereitung erstellt. Zu den Analysen der Arbeitsabläufe wurde das Feedback der Tandem-Teilnehmer eingeholt.

Stellen Sie bitte die Eckdaten Ihres beruflichen Werdegangs dar. Verbunden mit meinem Abitur habe ich eine Berufsausbildung zur technischen Zeichnerin abgeschlossen. Im Anschluss absolvierte ich ein Diplomstudium im Wirtschaftsingenieurwesen an einer Fachhochschule. Meinen Einstieg in unsere Firma begann ich im Autosektor Zulieferer und lernte Betriebsorganisation, Informations- und Kommunikationsmanagement kennen. Nach der Geburt meines zweiten Kindes startete ich als Assistentin der Geschäftsführung und wurde anschließend Personalleiterin. Zusätzlich betreue ich viele Kundenprojekte.

Worin sehen Sie die größten Probleme der Umsetzung solcher Maßnahmen in Unternehmen? Schwierig ist es, dass die Methode des Tandem-Lernens einer ständigen Begleitung und Moderation bedarf. Diese Begleitung muss vom HR-Bereich geleistet sowie eine regelmäßige Unterstützung garantiert werden. Bei kleinen Unternehmen ist das oft nicht realisierbar. Außerdem gab es anfangs Bedenken, dass die älteren Mitarbeiter sich den Jüngeren gegenüber nicht öffnen bzw. sich schwer tun, ihr erarbeitetes Wissen weiter zu geben. Wichtig war, darauf zu achten, dass die Seniorpartner nicht das Gefühl bekommen, ihren Arbeitsplatz nach dem Wissenstransfer zu verlieren, wie dies oft in anderen Unternehmen der Fall war und ist. Oft werden ältere Mitarbeiter einfach abgeschoben. Diese Bedenken konnten wir in unserem Hause jedoch sehr schnell zerstreuen.

Wie sind Sie auf das Thema des Tandemlernens aufmerksam geworden? Im Jahr 2005 implementierten wir diese Maßnahme, da zwei sehr erfahrene Mitarbeiter ankündigten 2007 in Rente zu gehen. Nun

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Die Tandem-Methode kommt demnach bei jungen und älteren Mitarbeitern gut an? Welche Rückmeldungen gab es? Bisher nur positives Feedback. Wenn sich beide Tandempartner darauf einlassen, entsteht Begeisterung. Die jungen Menschen freuen sich, von den erfahrenen Mitarbeitern zu lernen. Die Älteren geben ihr Wissen gerne weiter und erfreuen sich der Wissbegierde der Jüngeren. Viele ehemalige Mitarbeiter stehen auch heute noch im Kontakt zu den Jüngeren und umgekehrt rufen diese bei Fragen oder Unsicherheiten ihre älteren, ehemaligen Seniorpartner an. Was wäre denn das ausschlaggebendste Argument, mit dem Sie Skeptiker von dieser Methode überzeugen würden? In erster Linie gibt es kein grundsätzliches Argument dagegen. Ich würde einen Skeptiker vorerst fragen, ob er die Methode schon ausprobiert hat. Wenn nicht, würde ich ihm ans Herz legen, es einfach zu versuchen. Selbst kleine Unternehmen, ohne HR-Abteilung, könnten die Maßnahmen in abgespeckter Form implementieren. Das Kopfwissen muss unbedingt abgefragt und dokumentiert werden, da es ansonsten für das Unternehmen als wesentlicher Knowhow-Faktor verloren geht. Frau Meißner, wir danken Ihnen sehr für das interessante Gespräch. ■

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