Italienische Landschaft der Romantik MALEREI UND LITERATUR

Italienische Landschaft der Romantik M A L E R E I U N D L I T E R AT U R Italienische Italienische Landschaft der Landschaft der Romantik Romantik...
Author: Viktoria Beck
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Italienische Landschaft der Romantik M A L E R E I U N D L I T E R AT U R

Italienische Italienische Landschaft der Landschaft der Romantik

Romantik

M A L E R E I U N D L I T E R AT U R

M A L E R E I U N D L I T E R AT U R

Herausgegeben von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Andreas Dehmer Sandstein Verlag Dresden

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Inhalt

Vorwort

Vorwort

Vor zweihundert Jahren malte Carl Christian Vogel in Rom das

5

Bildnis einer »Jungen Dame mit Zeichengerät«. Dargestellt ist vermutlich Gräfin Thekla Ludolf, geb. Weyssenhoff, in jedem Falle aber eine musisch begabte und künstlerisch ambitio-

Italien im Blick INGO SCHULZE IM GESPRÄCH

nierte Italienreisende. Der Maler lebte von 1813 bis 1820 in der Ewigen Stadt und

MIT ANDREAS DEHMER

porträtierte während dieser Jahre nicht nur Papst Pius VII. im

8

Auftrag des sächsischen Königs, sondern vor allem auch zahl-

Italienische Landschaft der Romantik

reiche Zeitgenossen aus seinem Bekanntenkreis: die skandinavischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen und Niklas Byström, die deutschen Maler Johann Friedrich Overbeck, Franz Ludwig

ANDREAS DEHMER

Catel und Johann Christian Reinhart, seine Künstlerkollegen

12

aus dem Dresdner Umfeld Carl Gustav Carus, Ernst Ferdinand Oehme und Johan Christian Dahl, jedoch ebenso Schriftsteller

Malerei und Literatur

und Dichter wie Friedrich Rückert. In Rom trafen Künstler und Literaten aus verschiedensten Ländern zusammen. Die Stadt

STEPHAN DAHME · ANDREAS DEHMER

bot so beste Voraussetzungen für den interdisziplinären Aus-

23

tausch – und einen idealen Ausgangspunkt für weitere Reisen innerhalb Italiens.

»Auch ich in Arkadien«  Eine Chronologie italienischer Reisen STEPHAN DAHME

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In Vogels Gemälde geben die Bögen einer offenen Loggia

Junge Dame mit Zeichengerät, 1816

schen Form des Vesuvs in der lichten Ferne – ein Sehnsuchts-

Öl auf Nussbaum, 70 × 48,5 cm

motiv aus dem Süden par excellence. Die Bildniskunst des

Erworben 2011 aus dem Kunsthandel in London

Dresdner Nazareners bietet zugleich eine Probe seines Könnens auf dem Gebiet der Landschaftsdarstellung. Das Gemälde

Personenregister

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CARL CHRISTIAN VOGEL VON VOGELSTEIN

den Blick frei auf die Bucht von Neapel mit der charakteristi-

birgt somit eine Kombination zweier Gattungen, die aufeinan-

mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder Albertinum / Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. 2011/16

dertreffen und sich gegenseitig ergänzen und steigern. Eine weitere, subtil arrangierte Begegnung der Künste findet in der Gestalt der Porträtierten selbst statt: Die mit malerischen Mit-

Bildnachweis · Impressum

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teln wiedergegebene Dame, ihren freund­lichen Blick frontal auf den Betrachter gerichtet, führt Zeichenbrett, ein Zeichengerät für Kohle und Kreide sowie lose Zeichenblätter mit sich. Sie verweist auf die Kunst des Disegno, die mit der Pittura in einen fruchtbaren Dialog tritt.

5

Vogels Meisterwerk veranschaulicht das Anliegen der Ausstel-

Pücklers Park und Schloss in Bad Muskau und Łęknica, an der

lung, die Anlass für diese Publikation gab: der Zusammenklang

Grenze zwischen Deutschland und Polen, seit 2004 Teil des

verschiedener Medien im Hinblick auf Schilderung und Dar-

UNESCO-Welterbes, bilden einen idealen Ort für die Ausstel-

stellung, Aufzeichnung und Beschreibung der »Italienischen

lung. Mit der Präsentation von Malerei aus den eigenen Be-

Landschaft der Romantik«. Geschrieben oder gedruckt, auf

ständen in Bad Muskau führen die Staatlichen Kunstsammlun-

Leinwand oder Holz, Pappe oder Papier gemalt – »das Land,

gen Dresden wiederum ihr Engagement in der Region weiter

wo die Zitronen blühn« wird den Lesern und Betrachtern aus

fort – in dem Selbstverständnis als kulturelle Einrichtung, die

der Sicht von Literaten und bildenden Künstlern vor Augen

im gesamten Freistaat präsent sein will.

geführt.

Vor zweihundert Jahren veröffentlichte Johann Wolfgang

Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert rückte zuneh-

von Goethe den ersten Teil seiner berühmten »Italienischen

mend die Wahrnehmung der Natur in den Fokus der Italien-

Reise«. Es gibt kaum einen passenderen Anlass, um ausge-

reisenden. Durch die Begegnung mit den süd­lichen Gefilden

wählte Darstellungen italienischer Landschaft der Romantik

erhoffte man entscheidende Impulse für künstlerische Ent-

aus dem Dresdner Albertinum einer breiten Öffentlichkeit zu

wicklung und Erneuerung. So wurde die italienische Land-

zeigen. Erstmals werden über zwanzig dieser Bilder, von denen

schaft auch zu einem neuen Ideal von Landschaftsgärten, die

einige für diesen Anlass grundlegend restauriert wurden, zu-

sich nahezu gleichzeitig von England über ganz Europa aus-

sammen in einer Ausstellung präsentiert. Sie vermitteln ein-

breiteten. Einer der wichtigsten Protagonisten dieser Bewe-

drucksvolle, zum Teil bislang noch unentdeckte Blicke auf das

gung in Deutschland war Hermann Fürst von Pückler-Muskau,

»bel paese«, das schöne Land Italien, dessen Faszination und

der ebenfalls von Vogel porträtiert worden war (Kupferstich-Ka-

Anziehungskraft bis heute ungebrochen sind.

binett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. C 3308). Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Beteiligten an der Realisierung dieses Projekts möchten wir herzlich danken.

HILKE WAGNER

CORD PANNING

Direktorin Albertinum

Geschäftsführer und Parkdirektor

Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Stiftung »Fürst-Pückler-Park Bad Muskau«

DIRK BURGHARDT Kaufmännischer Direktor Staatliche Kunstsammlungen Dresden

HANSJÜRGEN KÖNIG Staatssekretär Sächsisches Staatsministerium für Finanzen Vorsitzender des Stiftungsrats »Fürst-Pückler-Park Bad Muskau«

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7

ANDREAS DEHMER

mich die Bedeutung eines bildlichen italienischen Tagebuches gewonnen hat.«5 (Abb. 1)

Italienische Landschaft der Romantik

Einer der wichtigsten Ausgangspunkte von verbildlichten und geschriebenen Projektionen des kollektiven Sehnsuchtslandes, die »Italienische Reise« von Johann Wolfgang Goethe, wurde in Teilen 1816 erstmals publiziert. Sein Aufenthalt, der

MALEREI UND LITERATUR

von September 1786 bis Mai 1788 währte, lag damals bereits dreißig Jahre zurück – und stand dem Leser dennoch lebendig vor Augen. Zwar waren schon zuvor unzählige Texte und Bücher über das Reisen nach und in Italien erschienen – darunter das von Goethes Vater in italienischer Sprache verfasste Werk »Viaggio in Italia« von 1740 oder das weit verbreitete Hand-

Abb. 1 JULIUS SCHNORR VON CAROLSFELD Küste bei Terracina, 1820

Das Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden be-

meist im Rahmen einer »Grand Tour« – in ihren Bildungskanon

buch »Historisch-Kritische Nachrichten aus Italien« (1770/71)

herbergt in der Galerie Neue Meister einen kleinen, aber erle-

zu integrieren, drängte es später auch bürgerliche Kulturinte-

von Johann Jacob Volkmann, das auch der Weimarer Denker

senen Bestand an Gemälden mit italienischen Landschaften aus

ressierte gen Süden. Italien entwickelte sich nach den Napo-

und Dichter mit auf die Reise genommen hatte –, doch prägte

der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zum größten Teil handelt

leonischen Kriegen zu einem der populärsten Reiseziele auf

keines von ihnen das Bild von Italien so nachhaltig wie der

es sich um Werke deutschsprachiger Künstler, darunter viele mit

dem europäischen Kontinent. In den 1780er Jahren bereits

berühmte Literaturklassiker. Im 19. Jahrhundert war es das

biografischen Bezügen zu Dresden. Einige von ihnen zählen zu

wurde man »der malerischen Veduten Italiens gewahr, seiner

Standardwerk zur Einstimmung auf das »Land, wo die Zitronen

den Fixpunkten der ständigen Ausstellung, andere hingegen

Ruinenromantik, der arkadischen und heroischen Stimmung,

blühn«. Selbst dieser geläufige Begriff stammt von Goethe, aus

konnten bislang noch nie im Museum präsentiert werden.

seiner edelgeformten Berge, Ebenen und Küsten.«2 Es begann

Durch grundlegende Restaurierungsmaßnahmen ist es nun

das Zeitalter einer Italien-Sehnsucht, die, mit wenigen Aus-

»›Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?‹ Kennst du

nen!«)9, erstreckt sich ein breites Spektrum romantischer Lite-

erstmals möglich, dieses ebenso wertvolle wie facettenreiche

nahmen und einigen Brüchen, als Massenphänomen weite

das Lied? Ganz Italien ist darin geschildert, aber mit den seuf-

ratur, in welcher die italienische Landschaft auf überaus unter-

Konvolut kunsthistorisch zu erschließen und in den Kontext

Kreise der Gesellschaft erfasste und bis heute nachwirkt.3 Kul-

zenden Farben der Sehnsucht. In der ›Italienischen Reise‹ hat

schiedliche Weise zur Sprache gebracht wird.10

seiner Entstehungszeit zu stellen.1 Mehrere Maler, die in den

turelles Erbe und mediterrane Natur des »bel paese«, des

es Goethe etwas ausführlicher besungen, und wo er malt, hat

letzten Jahrzehnten kaum im Fokus standen, sind anhand der

»schönen Lands«, zogen die Besucher in ihren Bann: Bildungs-

er das Original immer vor Augen und man kann sich auf die

zu Tage geförderten Qualität ihrer Werke neu zu entdecken.

und Vergnügungsreisende, Forscher, Sammler und natürlich

Treue der Umrisse und der Farbengebung ganz verlassen. Ich

Künstler – Architekten, Bildhauer, Maler ebenso wie Schrift-

finde es daher bequem, hier ein für allemal auf Goethes ›Ita-

Gerade zur Zeit der Romantik stand in Deutschland die Ma-

dem bereits um 1783 verfassten »Lied der

hinzudeuten«,7

Mignon«.6

Feder und Pinsel in Braun über Bleistift, 132 × 210 mm Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. C 1908–801

deutschen Werkeltagshimmel, wo sogar die Wolken nur ehrliche Spießbürgerfratzen schneiden und langweilig herabgäh-

Malerei in der Literatur Wie sehr sich Schriftsteller in ihren Schilderungen italienischer

lerei in besonders enger Verbindung mit der Literatur, und so

steller – auf der Suche nach neuen Erfahrungen, Inspiration

lienische Reise‹

fasste Heinrich Heine 1830

Natur und Kultur auf Zeugen und Zeugnisse der Malerei berie-

bietet es sich an, im Hinblick auf die Visualisierung italie­

und Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch nach Befreiung

den Stellenwert der Italienschilderungen Goethes augenzwin-

fen, verdeutlichen allein schon allgemeine Bemerkungen oder

nischer Landschaft auch beide Disziplinen zu Wort kommen

von gesellschaftlichen Zwängen und nach seelischen Bereiche-

kernd zusammen und betonte dabei scharfsichtig den maleri-

gar Titeleien ihrer Werke: »Reisebilder« im Fall von Heinrich

zu lassen und zur Anschauung zu bringen. Dadurch eröffnet

rungen in Mythos und Idylle eines vermeintlichen Arkadiens.

schen Charakter von dessen Wortwahl und Schreibstil.

Heine (1830) und Victor Hehn (1839/40), angelehnt an frühere

sich dem Betrachter die Gelegenheit, verschiedene Darstel-

Beispielhaft hierfür steht Julius Schnorr von Carolsfeld.

Zwischen diesen beiden Polen in der deutschsprachigen Li-

Publikationen wie »Gemaehlde von Rom«, dem Titel der 1793 in

lungsweisen zu vergleichen, Übereinstimmungen und Unter-

Über seine Reiserfahrungen – er verbrachte von 1817 bis 1827

teratur, Goethe und Heine, zwischen den feinfühligen Sprach-

Riga publizierten deutschen Übersetzung des »Tableau politique,

schiede sowie Möglichkeiten gegenseitiger Beeinflussung

zehn Jahre vorwiegend in Rom – berichtete der Maler und

bildern des Ersteren (»Der Sonnenschein hob die Lokalfarben

religieux et moral de Rome [...]« von Maurice Lesveque (1791).

oder Abgrenzung nachzuvollziehen. Die gemeinsame Ge-

Zeichner unter anderem: »Italienische Landschaft bot sich

blendend hervor, und die Schattenseiten waren so licht, daß

Darlegen, Beschreiben und Schildern wurde mit Ausmalen

schichte deutschsprachiger Italienrezeption in Malerei und

erst, als wir uns Florenz näherten. Da lernte ich die Cypresse

sie verhältnismäßig wieder zu Lichtern hätten dienen können.

gleichgesetzt: »Durch die vielen schönen Gegenstände dieser

Literatur innerhalb der sechs Jahrzehnte zwischen 1780 und

und die Pinie kennen und erkannte das ausdrucksvolle Ge-

Ein Gleiches galt von den Widerscheinen des meergrünen Was-

Länder wird man im Anfang wie betäubt und verblendet. Nach

1840 wird mit markanten Fallbeispielen dargelegt. Anhand der

präge der Formen, das freilich nirgends so scharf, als in den

sers. Alles war hell in hell gemalt, so daß die schäumende Welle

und nach kommt der stille Genuß. Die Seele kommt zu sich

und die Blitzlichter darauf nötig waren, um die Tüpfchen aufs

selbst, dann erst schreibt die Erinnerung auf ihr Täfelein manches auf, zeichnet, greift sogar zur Palette und malt. Und diese

Exponate lässt sich eine bemerkenswerte Bandbreite in der

Umgebungen Roms, entgegen

tritt.«4

Wiedergabe ähnlich erlebter Motive erkennen, von klassizisti-

Die Landschaftserfahrung wurde für ihn ein folgenreiches

i zu setzen.«)8 und den zum Teil spöttischen Kommentaren des

schen heroischen Ideal-Landschaften über romantische Idyllen

Erlebnis. Im Rückblick erinnerte er sich: »Nachmals verweilte

Letzteren (»Hier in Italien ist es ja so schön, das Leiden selbst

in der Stille oft wieder aufgefrischten Gemälde sind der Natur

bis hin zu den verschiedenen Ausprägungen realistischer Ten-

ich noch öfter in L’Ariccia und wurde besonders dort angeregt,

ist hier so schön, in diesen gebrochenen Marmorpalazzos klin-

ähnlich, wie wohl auch sie ihr nicht völlige Gerechtigkeit wider-

denzen, die das Festhalten spontaner Eindrücke sowie das

in näherer Verbindung mit Ludwig Richter, [Heinrich] Reinhold

gen die Seufzer viel romantischer als in unseren netten Ziegel-

fahren lassen. Wenn ich zum zehnten Mal dieselbe Naturschön-

wachsende Interesse an Naturphänomenen und landschaftli-

und anderen Landschaftsmalern eine Reihenfolge landschaft-

häuschen, unter jenen Lorbeerbäumen läßt sich viel wollüsti-

heit sah, übertraf sie zum zehnten Mal meine Erwartung.«11

chen Besonderheiten mit sich brachten.

licher Studien zu beginnen, die bei ihrer Weiterführung an

ger weinen als unter unseren mürrisch zackigen Tannen, und

Der Wortgebrauch war bekannt: »Ich lege dieses zwar nicht

War es im früheren 18. Jahrhundert noch überwiegend Ade-

andern Orten, im Florentinischen, Neapolitanischen, in Sizilien

nach den idealischen Wolkenbildern des himmelblauen Italiens

als ein vollständiges Gemählde, aber doch als einen ehrlichen

ligen vorbehalten, das Land »touristisch« zu erkunden und –

etc., zu einer beträchtlichen Sammlung anwuchsen, welche für

läßt sich viel süßer hinaufschmachten als nach dem aschgrau

Beitrag zur Charakteristik unserer Periode bei den Zeitgenos-

12

13

sen nieder«, schrieb etwa Johann Gottfried Seume in seiner

Goethe, der selbst Ambitionen in dieser Disziplin hegte und in

Vorrede zur zweiten Auflage des »Spaziergang nach Syrakus

Italien zahlreiche Zeichnungen und Aquarelle geschaffen hatte

im Jahre 1802« von 1805.12 Ganz ähnlich formulierte François-

(im Zuge seines Aufenthalts wurde ihm jedoch auch klar, dass

René de Chateaubriand im Kontext seines »Voyage en Italie«

seine literarischen Qualitäten größer waren), ein vielfach ko-

fast zur selben Zeit: »Sans autre préambule, je vais donc es-

piertes Vorbild. Mühelos nahm er die Landschaft mit dem Blick

sayer de vous peindre les dehors de Rome, ses environs, ses

eines Malers wahr: »Man darf nur auf der Straße wandeln und

campagnes et ses ruines.« (Brief an Louis de Fontanes, 10. Ja-

Augen haben, man sieht die unnachahmlichsten Bilder.«16

nuar 1804).13 Als spätere Beispiele schließlich dienen Charles

Noch vor ihm gelang dies ebenso Wilhelm Heinse, der von

Dickens, der auch ein Kapitel in seinen »Pictures of Italy« von

1780 bis 1783 durch Italien gereist war und seine Eindrücke

1846 einem flüchtigen Überschaubild gleichsetzte (»A rapid

wenig später in dem Roman »Ardinghello« verarbeitet hatte,

Diorama«), sowie das ein Jahr später veröffentlichte »Italieni-

beispielsweise in der Beschreibung eines Sonnenuntergangs

sche Bilderbuch« von Fanny Lewald.

bei Rom: »Ich habe noch keinen süßern Uebergang von Tag in

Abb. 2 CLAUDE LORRAIN Landschaft mit der Flucht nach Ägypten, 1647 Leinwand, 102 × 134 cm Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 730

Das Vermögen, mit literarischen Mitteln dem Medium der

Nacht gesehen. Die Harmonie der Lichttöne vom Saffranröth-

Malerei nahe zu kommen, galt als große Kunstfertigkeit, wie

lichen in milchweißen Schimmer. Jetzt reines sanftes stilles

Karl August Böttiger in dem 1817 verfassten Vorwort zu Frie-

Blau, gelöscht, und den Aschgrauen Saum der Wolken, die sich

In ähnlichem Sinne äußerte sich auch Anna Amalia von Sach-

Anhand solcher bildhafter Vorlagen, auch von weniger promi-

derike Bruns »Episoden aus Reisen durch das untere Italien in

dunkel leicht auswölben, und unten sich alles in der Fluth wie-

sen-Weimar-Eisenach über den Anblick einer Mondnacht in

nenten Malern, versuchten mitunter selbst nie in Italien gewe-

den Jahren 1809–1810« darlegte: »Diese Gallerie von Land-

derspiegelt, die hernach wie frische Quellentiefe fortströmt,

der Bucht von Neapel: »Aber ich komme mir ordentlich wie

sene Schriftsteller, italienische Landschaft in Worte zu fassen,

schaftszeichnungen und Sittengemälden von Neapel und sei-

und die grüne Nacht der Berge am Fuß, Abendstern vor mir,

ein elender Schmierer vor, der ein Gemälde von Raffael ko-

sie zu imaginieren. Genannt seien nur Joseph von Eichendorff

nen nächsten Umgebungen aus den verhängnisvollen Jahren

beynah Vollmond hinter mir, Nachtigallengesang, Grillenzir-

piert, indem ich eine Szene der Natur beschreibe, die nur

(»Aus dem Leben eines Taugenichts«, 1826) und Jean Paul in

1809 und 1810 kann dem unmöglich überflüssig oder veraltet

pen um mich, und aufschlipfende Fische, ist unbeschreiblich,

durch Anschauen und Gefühl kann genossen werden; auch will

seinem ersten Band des »Titan« (1800).28 Dessen bildmächtige

erscheinen, der es weiß, daß jenes hesperische Paradies eine

nebst freudigen Menschenkindern in der Ferne.«17

ich schweigen und es Ihrer fruchtbaren Imagination überlas-

Beschreibung der oberitalienischen Gegend am Comer See war

sen, sich selbst ein Bild davon zu machen.«22

nachweislich inspiriert von Landschaftsdarstellungen des Georg

unerschöpfliche Fülle stets neu aus der Vorwelt auftauchender

Ebenso überzeugend versuchte auch noch sechzig Jahre

oder im frischen Frühlingsschmuck der üppigsten Naturkraft

später Victor Hehn, einen bemerkenswert malerischen, gleich-

Die Malerei schien Goethe ein probates, mitunter einziges

Melchior Kraus in Weimar. 1795 entstanden, haben diese mög-

erblühender Gegenstände darbietet; daß es aber am Ende

wohl etwas sachlicheren Blick in seinen schriftlichen Land-

Mittel zur Beschreibung atmosphärischer Erscheinungsformen

licherweise ebenso schon Goethe für Landschaftsbeschreibun-

auch gar nicht auf das Unerhörte, von anderm Munde noch

schaftsbetrachtungen zum Ausdruck zu bringen, so bei einem

in der Landschaft: »Mit keinen Worten ist die dunstige Klarheit

gen in »Wilhelm Meisters Wanderjahre« gedient.29

nicht ausgesprochene bei solchen Schilderungen ankommt,

Sonnenuntergang nahe Frascati: »[...] die unzähligen Farben,

auszudrücken, die um die Küsten schwebte, als wir am schöns-

So konnten gemalte oder gedruckte Italien-Bilder auch Vor-

sondern bloß die Kunst, womit die Palette gesetzt, der Pinsel

die das landschaftliche Bild vor unsern Augen annahm, vom

ten Nachmittage gegen Palermo anfuhren. Die Reinheit der

stellungen von dem Land prägen, selbst wenn es gar nicht

geführt wird, hier in Anschlag zu bringen ist. Es wird aber

düsteren Braun des Vordergrundes bis zum ätherischen Violett

Konture, die Weichheit des Ganzen, das Auseinanderweichen

besucht worden war, als »optischer Resonanzboden« und

selbst die eigensinnigste Kritik nicht in Abrede stehen, daß

der Berge, jene Gruppen der Architektur und der Bäume zu

der Töne, die Harmonie von Himmel, Meer und Erde. [...] Nun

Stellvertreter persönlichen Erlebens. Doch im Grunde wurde

unsere Freundin in der, wo sie mit Geschmack und Frischheit

unsern Füßen, jene erhabenen Linien der unabsehbaren Ebene

versteh ich erst die Claude Lorrains.«23 (Abb. 2)

(und wird) jede Reise nicht nur mit eigenen Vorstellungen,

geübt werden soll, schweren, ja oft zweideutigen Kunst mit

und die Feenbildung des Sabinergebirges und des Soracte,

Goethe dachte des Öfteren an Lorrain im Anblick elegischer

sondern mit Bildern im Kopf begonnen: »Was oft ich in Bildern,

dieses italische Traumgesicht kennt nur der, der selber hier

Landschaften (auch Poussin oder Gaspar Dughet wurden von

was oft ich im Traume gesehen, [...] hier ist’s Wirklichkeit«,

der Feder zu malen, eine seltene Meisterin ist

[...].«14

Vergleichbare Ambitionen als landschaftsmalende Schrift-

gewesen und allmählich begreifen

gelernt.«18

ihm als Referenzen

genannt),24

ebenso Ludwig Tieck oder der

schrieb Carl Spitzweg am 6. Mai 1832 in sein Skizzenbuch, als

stellerin hegte Dorothea Schlegel, als sie am 8. August 1818 aus

Etwas frühere Paradebeispiele für den Einfluss zeitgenös­

bereits erwähnte Chateaubriand: »Gewiß haben Sie öfter an

er Florenz zum ersten Mal erblickte.30 Ein solches vorgefertig-

Genzano in den Albaner Bergen an ihren Gatten Friedrich

sischer Landschaftsmalerei auf die Wahrnehmung der italie­

den Landschaften Claude Lorrains jene Beleuchtung bewun-

tes Bild konnte gleichwohl ebenso eine Last bedeuten, liest

schrieb – und sich selbst diesem Sprach-Gemälde einfügte:

nischen Landschaft seitens eines Schriftstellers verfasste der

dert, welche idealisch und schöner als die Natur erscheint?

man Franz Grillparzers erste Eindrücke in Rom: »Aber die Fülle

Roms.«25

»Nun also stelle Dir Deine Frau vor, auf stattlichem Esel, ein

Dichter Wilhelm Waiblinger, der zwischen 1826 und 1830 di-

Nun, dies ist die Beleuchtung

Etwas salopper no-

von Gegenständen erdrückt, dabei ist noch das Traurige, daß

langes Kleid tragend [...], in ruhiger Sicherheit zwischen den

verse »Italienbilder« publiziert hatte.19 Mit einer dezidiert,

tierte Ludwig Richter: »Am andern Morgen kamen wir nach

alles Einzelne beinahe durchaus u n t e r der Idee bleibt, die

himmelhohen alten Bäumen reitend, umgeben von den male-

zuweilen übertrieben ästhetischen Auffassung komponierte er

Ardea. Dies kleine armselige Nest liegt recht malerisch auf

eine dichterische, durch Hyperbeln der Reisebeschreiber ge-

rischsten Gegenständen, Berge, Ruine, See, das Meer in der

regelrecht seine Naturschilderungen durch die literarische

einem niedrigen, mit schönem Gebüsch bewachsenen Felsen-

spannte Phantasie sich gebildet hatte. Vielmehr, um es recht

hügel; eine echt Poussinsche Landschaft. Es wurde ins Skiz-

eigentlich auszudrücken: was man sieht, läßt beim ersten An-

zenbuch gebracht und dann nach einer Kaffeeschenke gesucht

blick unbefriedigt, weil es die ungeheuern Bilder, die sich die Phantasie gemacht hat, nicht erreichen kann [...].«31

Ferne, umflossen von goldnem Licht und Purpur, und allen Farben des lichtesten Farbenspiels, die entfernten Berge wie

Darstellung von Raum, Licht und

Farbe.20

Goethe hingegen hatte für sich verneint, der Schilderung

reife Pflaumen im frischen Reif hinter den vergoldeten braun-

von Landschaft ausschließlich mit sprachlichen Mitteln bei-

[...].«26

rothen Hügeln hervorsehend.«15

kommen zu können: »Wenn ich Worte schreiben will, so ste-

19. Jahrhundert, 1888 in Turin: »[...] der herrliche Baumwuchs

Demnach ist es durchaus möglich, dass nicht nur das ei-

Solche bildkünstlerischen Anklänge innerhalb der Texte,

hen mir immer Bilder vor Augen, des fruchtbaren Landes, des

in glühendem Gelb, Himmel und der große Fluß zart blau, die

gene Sehen, sondern auch ein älteres Gemälde den Blick eines

»sprachliche Miniaturen«, evozierten mit Worten gemalte An-

freien Meeres, der duftigen Inseln, des rauchenden Berges,

Luft von höchster Reinheit – ein Claude Lorrain, wie ich ihn

Schreibenden gelenkt, ihn auf die pittoreske Qualität eines

sichten. Wie bereits Heine konstatierte, gab diesbezüglich

14

und mir fehlen die Organe, das alles

darzustellen.«21

Selbst Friedrich Nietzsche schrieb noch im späten

nie geträumt hatte zu

sehn.«27

Ortes erst aufmerksam gemacht hat, auf die er wiederum hin-

15

senplateau, dessen schroffe, röthliche, malerisch umrankte

Reise« nachweislich schätzte, hatte von Rottmann eine »Land-

Wände als natürliche Mauern dienen, während der Fluß Treja

schaft von der Umgebung Palermos« gewünscht. Der Maler

um sie herfließt. Schön gebaute, zum Teil alte Brücken führen

schuf daraufhin eine regelrechte Verbildlichung von Goethes

von mehreren Seiten über den Fluß [...]. Die tiefe und pracht-

Beschreibungen aus den ersten Apriltagen 1787 – und damit

volle, oft sehr enge Felsschlucht, welche die Treja durchrissen

angeblich »das erste bewußte goethesche Italienbild«.41 Ob es

hat, bietet die mannichfaltigsten und wahrhaft überraschende

tatsächlich das erste war, bleibt zu prüfen. Ein solcher literari-

Ansichten dar, die den Maler entzücken

müßten.«34

scher Impuls in der Malerei ist zudem selten zweifelsfrei konstatierbar. Weniger vage verhält es sich, wenn ein Bild ausdrücklich

Literatur in der Malerei

einem literarischen Stoff (Abb. 4) oder gar einem Schriftsteller

Wiederholt formulierte bereits Goethe ähnliche Aufforderun-

gewidmet wurde (Abb. 5). Hierbei fanden bildende und schrei-

gen an die bildende Kunst, in der Schilderung von Landschaf-

bende Kunst vermeintlich unter dem »Diktat« der Letzteren

ten ihr Bestes zu geben, etwa anlässlich einer Betrachtung des

zusammen.42 Gerade auf dem Gebiet der heroischen Land-

Chigi-Parks nahe Ariccia im Februar 1787: »Hier bildet sich eine

schaften jedoch, die meist mit einem narrativen Kontext ver-

wahre Wildnis: Bäume und Gesträuche, Kräuter und Ranken

bunden blieben, versuchten Johann Christian Reinhart und

wachsen, wie sie wollen, verdorren, stürzen um, verfaulen. Das Abb. 3

ist alles recht und nur desto besser. Der Platz vor dem Eingang

JAKOB PHILIPP HACKERT Civita Castellana, 1775 Öl auf Leinwand, 71,5 × 59 cm Gemäldegalerie Alte Meister,

Joseph Anton Koch, eine Erneuerung der Landschaftsmalerei Abb. 4 JOSEPH ANTON KOCH

ist unsäglich schön. Eine hohe Mauer schließt das Tal, eine

Landschaft mit dem heiligen Benedikt, 1815

vergitterte Pforte läßt hineinblicken, dann steigt der Hügel

Öl auf Lindenholz, 54,5 × 47,5 cm

Staatliche Kunstsammlungen Dresden,

aufwärts, wo dann oben das Schloß liegt. Es gäbe das größte

Gal.-Nr. 2183 A

Bild, wenn es ein rechter Künstler unternähme.«35

Albertinum / Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 2464

Ein noch weiter reichendes Postulat stammte aus Goethes Weimarer Umfeld: »[...] der Maler ist nur insofern ein wahrer Künstler, als er dichtet.«44 Das geistige Fundament dazu legte unter anderen Johann Georg Sulzer in seiner »Allgemeinen

Vergleichbar äußerte sich »der von den jüngeren Künstlern Kephalides,36

zu erreichen.43

Theorie der Schönen Künste«, indem die Natur beziehungs-

weist: In der Schilderung einer Ansicht Roms – »Von der Höhe

besonders geliebte« August Wilhelm

im mor-

weise eine Landschaftsdarstellung als ein aus einzelnen Wor-

von Trinita di Monte erscheinen die Kirchthürme und entfern-

gendlichen Anblick des Golfs von Neapel und des Vesuvs

Eines der wenigen bekannten Italien-Bilder von Evelina Sta-

ten sich zusammensetzender und demgemäß zu lesender Text

ten Gebäude wie verwischte Skizzen eines Malers« – hatte

(1815): »Endlich stieg, im reinsten Glanze, die Sonne hinter

ding hingegen, einer schwedischen Landschaftsmalerin, die

aufgefasst wurde: »Und wie der Dichter jedes einzelne Bild,

zum Beispiel Chateaubriand 1803 vermutlich die französische

Monte Somma empor und goß in unermeßlichen Strömen ein

während eines Aufenthalts in Dresden von Johan Christian Dahl

jedes Wort, in den eigentlichen Ton seines Inhalts stimmet, so

Malpraxis en plein air vor Augen, wie sie etwa zeitgleich vor

duftiges Bad des sanftesten Rosenlichtes, mit brennendem

beeinflusst worden war, zeigt den bereits zitierten, von Goethe

muß auch der Landschaftsmahler den geringsten Gegenstän-

allem durch Pierre-Henri de Valenciennes in die Landschafts-

Purpur vermischt, über den Meerbusen, Neapel, den grünen

angepriesenen Blick auf den Chigi-Park in Ariccia (Nasjonalmu-

den den Charakter des Ganzen zu geben wissen«.45 Im Um-

malerei eingeführt worden ist.32

kehrschluss bezeichnete Friedrich Schiller Gedichte von Fried-

Posilippo und alle Seen und Berge [...]. In der Tat könnte ein

seet for kunst, arkitektur og design, Oslo, Inv.-Nr. NG.M.00183).

Noch prägender aber waren mit Sicherheit Zeugnisse der

Künstler, wenn er seinem Gemälde die günstigste Beleuchtung

Goethes eigenhändige Zeichnungen des Eingangs zum Park

damals weit verbreiteten Vedutenmalerei, zu deren bekann-

geben wollte, die Schauenden auf keinen bessern Standpunkt

waren von einem ähnlichen Standort aus aufgenommen wie

testen Vertretern der von Goethe hochgeschätzte Jakob Phi­

stellen, und alle Verhältnisse zweckmäßiger einrichten, als die

Stadings Gemälde. Wahrscheinlich wagte die Malerin es gar,

lipp Hackert zählte.

Natur hier beim Sonnenaufgange mit Neapel

thut«.37

den abschließenden Gedankengang des Dichterfürsten aufzu-

In seiner Ansicht von Civita Castellana etwa (Abb. 3) kon-

Drei mutmaßliche Reaktionen seitens der Maler auf derlei

nehmen und sich an einem Meisterwerk zu versuchen. Anlass

zentrierte sich Hackert in erster Linie auf die Formationen des

Appelle stammen aus dem Jahr 1828: So stellte man fest, dass

dazu könnte sie durchaus gehabt haben: »Se. Hoheit der Prinz

vulkanischen Tuffsteins jener Gegend und setzte deren Cha-

Carl Gustav Carus eine skizzenhafte Darstellung der Insel Capri

Friedrich August von Sachsen ertheilte bei seinem vorjährigen

rakteristika, im Zusammenklang mit der Vegetation, in den

(Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden,

Aufenthalt in Rom der Künstlerin den Auftrag, für ihn eine

Mittelpunkt des Bildes. Ähnlich verfuhr Goethe, als er elf Jahre

Inv.-Nr. C 1963-581) möglicherweise »im besonderen Bewusst-

Ansicht des reizenden Ariccia in nicht unbedeutender Größe

später an diesem Ort weilte und seinen Blick vor allem auf die

sein der betreffenden Tagebuchaufzeichnungen Goethes vom

zu malen [...].«39 Friedrich August dürfte – ebenso wie sein

geologischen Beschaffenheiten lenkte. Dabei hob er wiederum

23. März 1787« angefertigt hatte. In diesem Passus forderte der

Begleiter Carus – Goethes »Italienische Reise« gut gekannt

Schriftsteller die Bildkünstler regelrecht heraus: »Links lag

haben;40 so sollte die Vermutung legitim sein, dass dessen

So waren die An- und Einsichten von Ferdinand Gregoro-

Capri, steil in die Höhe strebend; die Formen seiner Felswände

Beschreibung des Chigi-Parks den literarischen Vorwand ge-

vius in den 1860er Jahren beileibe nichts Neues mehr: »Ich

konnten wir durch den durchsichtigen bläulichen Dunst unter-

geben haben mag zu der geplanten Ausführung.

erreichte Civita Castellana um 6 Uhr abends. Der Anblick die-

scheiden [...]. Kniep [Goethes Begleiter] trauerte, daß alle Far-

»herrlich malerische Gegenstände«

hervor.33

Eine dritte interessante Situation findet man bei dem von

ses merkwürdigen Ortes ist unvergleichlich, und übertrifft

benkunst nicht hinreiche, diese Harmonie wiederzugeben

Carl Rottmann gemalten Blick auf die markante Bucht von

selbst den von Veji, weil er viel mehr ein ganzes und abge-

[...].«38 Vielleicht hatte sich Carus bewusst dieser von Goethe

­Palermo, ebenfalls von 1828 (Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr.

schlossenes Gemälde darstellt. Er erhebt sich auf einem Fel-

indirekt beklagten Unausführbarkeit gestellt.

2472). König Ludwig von Bayern, der Goethes »Italienische

16

Abb. 5 JOHANN CHRISTIAN REINHART Große heroische, Schiller dedizierte Landschaft, 1800 Radierung, 40,5 × 51,1 cm Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. A 17420

17

2000, S. 118–147, hier S. 133.  26 Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deut-

Reinhart zeichnete auch die bekannte Rückenfigur des wandernden Seume, die auf

schen Malers, hg. von Karl-Maria Guth, Berlin 2014, S. 124.  27 Nietzsche aus Turin

dem Titel der Publikation abgebildet ist.  54 Vgl. die Chronologie italienischer Reisen

an Peter Gast, 30. 10. 1888; zitiert nach Haufe 1987, S. 486.  28 Ähnliches gilt für Hoff-

in diesem Band. Auch Chateaubriand hatte enge Kontakte zu französischen Malern in

mann; s. Das Land der Sehnsucht. E. T. A. Hoffmann und Italien, hg. von Sandro M.

Rom; s. Fritz Müller, Die Landschaftsschilderungen in den erzählenden Dichtungen

Moraldo, Heidelberg 2002.  29 Vgl. Hermann Mildenberger, Georg Melchior Kraus,

Chateaubriands, Kiel 1905.   55 Brief an Karl Friedrich Klischnig, 23. 11. 1786; zitiert nach

Jean Paul und Johann Wolfgang Goethe. Italienreise zwischen Wort und Bild, in: Italien­

Haufe 1987, S. 67.  56 Zitiert nach Herrmann Zschoche (Hg.), Johann Carl Baehr (1801–

sehnsucht. Kunsthistorische Aspekte eines Topos, hg. von Hildegard Wiegel, Mün-

1869). Drei Reisen nach Italien. Mit Auszügen seiner Tagebücher und Briefe, Frankfurt

chen / Berlin 2004, S. 33–43, bes. S. 40 f.; Maurer 2015, S. 387–390.  30 Auszug aus

am Main 2011, S. 25.  57 Richter 2014, S. 144. Zu »Kunst und Künstlerleben in der Zeit

dem Skizzenbuch, abgebildet in: Siegfried Wichmann, Spitzweg. Zeichnungen und

der Romantik« in der Ewigen Stadt s. Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom seit

Skizzen, München 1985, S. 70.  31 Franz Grillparzer, Reise-Erinnerungen an Rom und

dem Ausgang des Mittelalters. Bd. 1, Berlin / Leipzig 1927, S. 461–534.  58 Vgl. Bjarne

Neapel [1819], in: Grillparzer’s Sämmtliche Werke in zehn Bänden, Bd. 10, Stuttgart

Jørnæs, Dahl og landskabsmalerne i Italien, in: J. C. Dahl i Italien. 1820–1821, Ausst.-Kat.

1874, S. 247–284, hier S. 268.  32 Chateaubriand 1828, Bd. 1, S. 58. Die »Éléments de

Thorvaldsens Museum Kopenhagen 1987, Kopenhagen 1987, S. 19–26; Marie Lødrup

perspective à l’usage des artistes« von Valenciennes erschienen bereits 1803 in deut-

Bang, Johan Christian Dahl 1788–1857. Life and Works, Bd. 1, Oxford 1987, S. 50–54. Zu

scher Sprache. Zu Valenciennes s. auch Ausst.-Kat. Paris / Mantua 2001, S. 112–120; »La

weiteren Kontakten deutscher und französischer Maler in Rom s. Eckhart Knab, Michal-

nature l’avait créé peintre«. Pierre-Henri de Valenciennes. 1750–1819, Ausst.-Kat.

lon an den Ufern des Liris, in: Festschrift für Konrad Oberhuber, hg. von Achim Gnann

Musée Paul Dupuy, Toulouse 2003, Paris 2003.  33 Vgl. Claudia Nordhoff und Hans

u.a., Mailand 2000, S. 363–380, bes. S. 368 f.  59  1826 berichtet Baehr: »Unsere

Reimer, Jakob Philipp Hackert. 1737–1807. Verzeichnis seiner Werke, Bd. 1, Berlin 1994,

Freunde mögen Corot sehr, doch sie bewundern seine Arbeiten nicht besonders. Sie

S. 35, Kat.-Nr. 87.  34 Ferdinand Gregorovius, Wanderjahre in Italien, Bd. 4, Leipzig 1873,

werfen ihm vor, er male das Häßliche, er stilisiere nicht, er kopiere zu unmittelbar. Ich

S. 60 f. [»Streifzug durch die Sabina und Umbrien, 1861 und 1864«]. Dazu Waetzoldt

aber fühle, daß er Recht hat.«; zitiert nach Zschoche 2011, S. 11.  60  Peter Galassi,

1927, S. 154: »Die in weite Kreise gedrungenen ›Wanderjahre in Italien‹ [...] enthalten

Corot in Italien. Freilichtmalerei und klassische Landschaftstradition, München 1991,

zahlreiche Beispiele gelehrt-poetischer Landschaftsschilderung.«; vgl. auch Maurer

S. 136: »In jedem Fall gingen die persönlichen Beziehungen und das stilistische Voka-

2015, S. 323–336.  35 Goethe 1976, S. 235; s. auch Steffi Roettgen, Von der malerischen

bular der Freilichtmalerei über die nationalen Grenzen hinweg.«; vgl. auch: In the Light

Idylle zur Freilichtmalerei. Ariccia, Albano und das Oratorio del Crocifisso in den Vedu-

of Italy. Corot and Early Open-Air Painting, Ausst.-Kat. National Gallery of Art, Washing-

ten der Deutschrömer, in: Stephan Albrecht (Hg.), Kunst – Geschichte – Wahrnehmung,

ton / Brooklyn Museum / Saint Louis Art Museum 1996/1997, New Haven / London 1996. 

München 2008, S. 95–115, hier S. 97.  36  Richter 2014, S. 61.  37  August Wilhelm

61 Almanach aus Rom. Für Künstler und Freunde der Bildenden Kunst. Erster und

Kephalides, Reise durch Italien und Sizilien, Bd. 2, Leipzig 1818, S. 199 f.  38 Vgl. Carl

zweiter Jahrgang 1810 und 1811, Leipzig 1984 (Nachdruck), S. 273–275.  62 Waetzoldt

Gustav Carus. Natur und Idee, Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Staat-

1927, S. 48 f.: »Die Licht- und Farbenempfindlichkeit der modernen französischen Land-

liche Museen zu Berlin 2009/2010, hg. von Petra Kuhlmann-Hodick, Gerd Spitzer,

schaftsmalerei öffnete der französischen Poesie die Augen für die rein malerischen

Bernhard Maaz, Dresden 2009, S. 112 f., Nr. 99 (Text: Petra Kuhlmann-Hodick).  39 Aus-

Reize der römischen Campagna.« Der Begriff »Campagna« bezeichnet das römische

führlich hierzu Andreas Dehmer, Evelina Stading. Die italienische Reise einer schwedi-

Umland zwischen dem Apennin und dem Tyrrhenischen Meer.  63  Ebd., S.  21  f. 

schen Landschaftsmalerin der Romantik, in: Dresdener Kunstblätter 60 : 2016, Heft 2,

64 Ebd., S. 256 und S. 252 f.  65 Goethe 1976, S. 223 (Rom, 16. 2. 1797).  66 So ein Aus-

S. 40–49, und Heft 4 [in Vorbereitung].  40 Ausst.-Kat. Dresden 2009, S. 112 f., Nr. 99. 

stellungs-Rückblick auf »Dresdner Maler und Zeichner 1800–1850« aus dem Jahr 1908

41 Maurer 2015, S. 249–252, hier S. 252.  42 Goethe 1976, S. 184 f. (Rom, 20. 11. 1786).

bezüglich der Rezeption von Italienbildern (von Götzloff, Oehme u. a.); zitiert nach

Schon er stellte fest, »daß man zu Gedichten jeder Art Zeichnungen und Kupfer

Elisabeth Nüdling, Carl Robert Kummer (1810–1889). Ein Dresdner Landschaftsmaler

wünscht, ja der Maler selbst seine ausführlichsten Bilder der Stelle irgendeines Dichters

zwischen Romantik und Realismus, Petersberg 2008, S. 37 f. Vgl. auch Hans Joachim

widmet«.  43 Vgl. Heroismus und Idylle. Formen der Landschaft um 1800 bei Jacob

Neidhardt, Die Malerei der Romantik in Dresden, Leipzig 1976, S. 241.  67 Caspar David

Philipp Hackert, Joseph Anton Koch und Johann Christian Reinhart, Ausst.-Kat. Wallraf-­

Friedrich, Äußerungen bei Betrachtung einer Sammlung von Gemählden von größ-

Richartz-Museum Köln 1984, Köln 1984; Johann Christian Reinhart. Ein deutscher Land-

tentheils noch lebenden und unlängst verstorbenen Künstlern, bearb. von Günter

schaftsmaler in Rom, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle / Bayerische Staatsgemälde­

­Eimer, Frankfurt am Main 1999, S. 28.  68 Ausnahmen bestätigten die Regel: »[...] ich

sammlungen München, Neue Pinakothek 2012/2013, hg. von Herbert W. Rott und

liebe es, mir bisweilen vorzustellen, wie die Campagna von Rom aussehen wird, wenn

Andreas Stolzenburg, München 2012; Christian von Holst, Joseph Anton Koch. 1768–

ein zivilisierter Landbau sie bewohnbar gemacht haben wird. Ich glaube nicht, daß der

1839. Ansichten der Natur, Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart 1989, Stuttgart 1989. Zu

Blick auf das Gebirge dadurch weniger schön sein oder die Sonne weniger golden

dem Dresdner Gemälde von Koch s. ebd., S. 251 f.  44 Carl Ludwig Fernow, Über die

leuchten wird, wenn sie Häuser und Gärten und meinetwegen auch Fabriken zu be-

Landschaftmalerei, in: Römische Studien, Bd. 2, Zürich 1806, S. 11–130, hier S. 34. 

leuchten haben wird.«, schrieb Fanny Lewald am 6. 2. 1867 aus Rom an Großherzog

45 Zitiert nach Anke Fröhlich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des

Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach; zitiert nach Haufe 1987, S.  430  f. 

19. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 74.  46 Friedrich Schiller: Rezension über Matthis-

69 Heine 1830, S. 342.  70 Maurer 2015, S. 391. Auch Goethes »Italienische Reise« ist

sons Gedichte, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, 11./12. September 1794.  47 Vgl. Lars

im Grunde genommen ein Konstrukt, eine wohl arrangierte Zusammenfügung ver-

Jacob, Bildschrift – Schriftbild. Zu einer eidetischen Fundierung von Erkenntnistheorie

schiedener Elemente (vgl. Reiner Wild, Italienische Reise, in: Goethe-Handbuch, Bd. 3.

im modernen Roman, Würzburg 2000, S. 133–135. Bereits 1766 hatte sich Gotthold

Prosaschriften [1997], hg. von Bernd Witte und Peter Schmidt, Stuttgart / Weimar 2004,

Ephraim Lessing in »Laokoon oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie« mit

S. 331–369, bes. S. 348–351), und damit einem komponierten Landschaftsbild aus dem

dem Verhältnis zwischen bildender Kunst und Literatur auseinandergesetzt.  48 Grill-

Atelier eines Malers wiederum nicht unähnlich.  71 Vgl. dazu u. a. Wolfgang Schivel-

parzer 1874, S. 247–284, hier S. 257. Der Grafiker und Vedutenstecher Giuseppe Vasi

busch, Geschichte der Eisenbahnreise – Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im

veröffentlichte zwischen 1747 und 1761 zehn illustrierte Bände zu den Monumenten

19. Jahrhundert, München 1977; Steffi Roettgen, Natur und Kultur Italiens in der Wahr-

von Rom.  49 Richter 2014, S. 75.  50 Heine 1830, S. 296. Er empfahl zudem die Lektüre

nehmung der »nordischen Wanderer«, in: Ausst.-Kat. Karlsruhe 2010, S. 40–57; Maurer

von Seume und Madame de Staël; ebd., S. 297.  51 Carl Blechen. Italienische Skizzen,

2015.  72 An Max Mosse, den 1. 3. 1888; zitiert nach Haufe 1987, S. 488. Der Schweizer

hg. von Gertrud Heider, Leipzig 1979, S. 38.  52 Neues allgemeines Künstler-Lexicon,

Künstler Arnold Böcklin war 1850 erstmals nach Rom gekommen.  73 Im Gespräch mit

bearb. von Georg Kaspar Nagler, Bd. 1, München 1835, S. 527. Das Resultat: »Ob positiv

Rolf Gunther Dienst [1970], in: Gerhard Richter, Ausst.-Kat. Biennale di Venezia, Deut-

oder negativ – aus fast allen überlieferten Reaktionen spricht zunächst eines: großes

scher Pavillon 1972, Stuttgart 1972, S. 21; freundlicher Hinweis von Kerstin Küster. Ein

Erstaunen über Bilder, die man so zu sehen nicht erwartet hatte, [...] über ein Italien,

Gemälde von Richter aus dem Jahr 1966, mit dem Blick zum Vesuv in Schwarzweiß,

das man auf diesen Bildern zu sehen bekam.«; Maurer 2015, S. 300 f.  53 »Eben habe

trägt ebenfalls den allgemeinen Titel »Italienische Landschaft« (167-2).

Malerei und Literatur

ich Canova gesehen und unsere Freunde Reinhart und Fernow. Es ist überall wohltätig, wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie sich auf so klassischem Boden finden, gewinnt das Gefühl eine eigene Magie schöner Humanität«; Johann Gottfried Seume, Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802, Braunschweig / Leipzig 1803, S. 162.

22

23

Der alte Tempel der Sybille, der Schutzgöttin von Tibur, ist noch zum Theil mit seiner schönen Kolonnade umher erhalten, und eine der schönsten und gefälligsten Ruinen in Italien. Er verschönert die Ansicht dieser Gegend unendlich. Von einem, über das enge romantische Thal des Anio hervor­ragenden Hügel, worauf er steht, beherrscht er das Thal selbst, die Seiten der malerischen Berge gegenüber, und die große rauschende Kaskade des Flusses. – Durch den Weinberg des kleinen Gast­hofes leitet ein schattiger, gegen das Thal hin o­ ffner Rebengang, von dessen Laubgewölbe glänzende Trauben herabhängen, zu ihm hin.

FRIEDRICH JOHANN LORENZ MEYER  

Darstellungen aus Italien, 1792*

JAKOB PHILIPP HACKERT  

Tempel der Sybille bei Tivoli, um 1770

JAKOB PHILIPP HACKERT  

(Prenzlau 1737–1807 San Piero di Careggio [heute Careggi])

Tempel der Sybille bei Tivoli

JACOB WILHELM MECHAU  

(Leipzig 1745–1808 Dresden)

Italienische Landschaft mit Venus, die den toten Adonis beweint

Um 1770 Öl auf Leinwand, 45 × 56 cm Erworben 2011 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Bundesrepublik Deutschland (Miteigentum) und des Freistaats Sachsen Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 3146

1782 Öl auf Leinwand, 70 × 102 cm Bezeichnet unten am Felsen: J. Mechau pinx. Lipsiae 1782 Schenkung von MUSEIS SAXONICIS USUI – Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e. V., 2000 Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. 2000/01

Der malerisch über dem Tal des Aniene und seinen zahlreichen

während seines ersten Aufenthalts in Tivoli um 1770 nahe.3

Jacob Wilhelm Mechau hielt sich nach seiner Ausbildung bei

Über das besondere, auch von Mechau in seinem Gemälde

Wasserfällen erbaute Sybillentempel gehört zu den bekann-

Nach Aussage des eng mit ihm befreundeten Johann Wolfgang

Adam Friedrich Oeser in Leipzig und Giovanni Battista Casa-

eingefangene Licht der Albaner Berge schrieb der französische

testen Sehenswürdigkeiten des von Reisenden, Malern und

von Goethe arbeitete Hackert dabei häufig auch direkt vor der

nova in Dresden erstmals von 1776 bis 1780 mit einem kursäch-

Schriftsteller François-René de Chateaubriand 1827, ähnlich

Schriftstellern der Romantik häufig aufgesuchten, etwa drei-

Natur.4

Allerdings weichen beide Versionen des Motivs von

sischen Stipendium in Italien auf. Unter dem Eindruck der

wie zuvor Goethe (vgl. S. 28): »Ein harmonischer Farbenschmelz

ßig  Kilo­meter östlich von Rom gelegenen Tivoli (vgl. S. 51–53).

einer reinen prospekthaften Schilderung ab, da Hackert auf

arkadischen Natur sowie dem Einfluss der Werke Claude Lor-

vermählt die Erde, den Himmel und die Gewässer.«4 Maler wie

Nachdem Jakob Philipp Hackert mit seinem jüngeren Bru-

die Darstellung weiterer, den Tempel umgebender antiker Rui­

rains und Jakob Philipp Hackerts wandte er sich hier endgültig

Schriftsteller schauten dabei auch mit den Augen Claude Lor-

der Johann Gottlieb 1768 nach Italien gekommen war, weilte

nen verzichtete und statt ihrer am linken Bildrand Zypressen

der Landschaftsmalerei zu und schuf fortan vor allem heroi-

rains auf die sie umgebende Natur. Dieses Phänomen ent-

er ein Jahr darauf insgesamt vier Monate in dem berühmten

aufragen ließ, die das Motiv stärker landschaftlich einbetten.

sche Landschaften mit biblischer oder antiker Figurenstaf-

spricht einer im 18. Jahrhundert von England ausgehenden

Villen- und Ausflugsort an den Westhängen der Monti Tibur-

Durch die grazilen, fein kannelierten Säulen der Ruine leuchtet

fage.1

Seine »Italienische Landschaft mit Venus, die den toten

Mode so genannter »Claude-Gläser«, die aus gefärbten Spie-

tini. Seine Wohnung befand sich vermutlich in der bei Künst-

hier und da der blaue Himmel, der wie die Landschaft über

Adonis beweint« steht exemplarisch für diese Entwicklung.

geln bestanden und auch nordische Gefilde in den von der

lern beliebten, ganz in der Nähe des Tempels befindlichen

dem Tal des Aniene im leichten Dunst der stäubenden Wasser-

Das zwei Jahre nach der Rückkehr aus Italien in Leipzig ge-

römischen Landschaft geprägten Farbton der Gemälde Lorrains

Locanda della Sibilla. Auch Ludwig Richter schrieb später

fälle liegt.

schaffene Gemälde dürfte auf Studien in der Umgebung des

tauchen sollten.5

über seinen dortigen Aufenthalt mit dem Künstlerfreund

Im Jahr 1787 führte den inzwischen zum Hofmaler des Kö-

Nemisees zurückgehen,2 zeigt aber letztlich eine imaginäre,

1790 ging Mechau erneut für mehrere Jahre nach Italien

Oehme: »Die Fenster unserer Zimmer gingen auf den Hof

nigs von Neapel, Ferdinand IV., ernannten Maler eine Reise

allgemein an der italienischen Natur orientierte Idealland-

und schuf zwischen 1792 und 1796 mit Johann Christian Rein-

hinaus, in welchem an steil abfallender Felswand der be-

mit Goethe erneut nach Tivoli. Der Dichterfürst und spätere

schaft mit einer Szene aus Ovids »Metamorphosen«.3

hart und Albert Christoph Dies die für die deutsche Italien­

kannte Tempel der Sibylle (oder Vesta) stand. Aus der Tiefe

Biograf Hackerts, der sich hier von ihm im Zeichnen unterwei-

rezeption bedeutsame, insgesamt 72 Tafeln umfassende gra-

des grün umbuschten Felsenkessels tönte das Gebraus des

sen ließ, schrieb darüber in seiner »Italienischen Reise«: »Ich

fische Serie »Malerisch radirte Prospekte von Italien, nach der

Anio herauf [. . .].«1

war mit Herrn Hackert draußen, der eine unglaubliche Meis-

Natur gezeichnet und zu Rom radirt«.

Hackerts kleinformatiges, ebenso frisches wie stimmungsvolles Gemälde ist

undatiert.2

Ein von ihm signiertes und 1769

datiertes Aquarell derselben Ansicht legt aber eine Entstehung

terschaft hat, die Natur abzuschreiben und der Zeichnung gleich eine Gestalt zu geben. Ich habe in diesen wenigen Tagen viel von ihm

Stephan Dahme

gelernt.«5

Stephan Dahme

* Friedrich Johann Lorenz Meyer, Darstellungen aus Italien, Berlin 1792, S. 252.  1 Lud-

von Goethe, Italienische Reise [1816/17 und 1829], Frankfurt am Main 1976, S. 454 (Rom,

wig Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers [1885], Berlin 2014, S. 95. 

16. Juni 1787). Der Maler Joseph Anton Koch schrieb 1834 über Hackert, er »male

2 Noch 2012 galt das Gemälde als »unveröffentlicht«; Claudia Nordhoff, Jakob Philipp

schlechte, aber doch berühmte Bilder«, und eine Ursache für sein Ansehen sei »die

* Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise [1816/17 und 1829], Frankfurt am

2002, S. 207–216.  4  François-René de Chateaubriand, Reise nach Italien [1803], Frei-

Hackert. Briefe (1762–1806), Göttingen 2012, S. 251.  3 Claudia Nordhoff und Hans

berühmteste Feder unserer Zeit [Goethe], in anderen Dingen eine gute Feder, hier aber

Main 1976, S. 569 f.  1 Vgl. Bernhard Maaz, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Köln

burg 1828 (frz. publ. 1827 in: »Voyages en Amérique et en Italie«), S. 97.  5 Vgl. Martin

Reimer, Jakob Philipp Hackert. 1737–1807. Verzeichnis seiner Werke, Bd. 1, Berlin 1994,

nur eine berühmte Feder«; Moderne Kunstchronik. Briefe zweier Freunde in Rom und

2014, S. 584.  2 Vgl. Harald Marx (Hg.), Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Bd. 1.

Sonnabend, Claude Lorrain. Die verzauberte Landschaft, in: Claude Lorrain. Die ver-

S. 242, Kat.-Nr. 604.  4 Johann Wolfgang von Goethe, Philipp Hackert. Biographische

der Tartarei über das moderne Kunstleben und Treiben; oder die Rumfordische Suppe,

Die ausgestellten Werke, Köln / Dresden 2005, S. 591.  3 Zu Mechau s. auch Anke Fröh-

zauberte Landschaft, Ausst.-Kat. Ashmolean Museum Oxford / Städel Museum, Frank-

Skizze, meist nach dessen eigenen Aufsätzen, Tübingen 1811, S. 25.  5  Johann Wolfgang

gekocht und geschrieben von Joseph Anton Koch in Rom, Leipzig / Weimar 1984, S. 29.

lich, Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar

furt am Main 2011/2012, Ostfildern 2011, S. 11–19, hier S. 19.

26

27

Du fragst in deinem letzten Brief wegen der Farbe der Landschaft dieser Gegenden. ­Darauf kann ich dir sagen: daß sie bei heitern Tagen, besonders des Herbstes, so farbig ist, daß sie in jeder Nachbildung bunt scheinen muß. [...] Das Schönste dabei ist, daß die lebhaften Farben, in geringer Entfernung schon, durch den Luftton gemildert werden, und daß die Gegensätze von kalten und warmen Tönen (wie man sie nennt) so sichtbar dastehn. Die blauen klaren Schatten stechen so reizend von allem erleuchteten Grünen, ­Gelblichen, Rötlichen, Bräunlichen ab und verbinden sich mit der bläulich duftigen Ferne. Es ist ein Glanz und zugleich eine Harmonie, eine Abstufung im ganzen, wovon man nordwärts gar keinen Begriff hat. Bei euch ist alles entweder hart oder trüb, bunt oder eintönig. Wenigstens erinnere ich mich selten, einzelne Effekte gesehen zu haben, die mir einen Vorschmack von dem gaben, was jetzt täglich und stündlich vor mir steht.

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE  

Italienische Reise [Rom, 24. November 1787], 2. Teil, publ. 1817*

JACOB WILHELM MECHAU  

Italienische Landschaft mit Venus, die den toten Adonis beweint, 1782

Links lag Capri, steil in die Höhe strebend; die Formen seiner Felswände konnten wir durch den durchsichtigen bläulichen Dunst unterscheiden. Unter einem ganz reinen, wolkenlosen Himmel glänzte das ruhige, kaum bewegte Meer [...]. Kniep [Goethes Begleiter] trauerte, daß alle Farbenkunst nicht hinreiche, diese Harmonie wiederzugeben [...].

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE  

Italienische Reise [14. Mai 1787], 2. Teil, publ. 1817*

JOHANN THEODOR GOLDSTEIN  

Capri, um 1825/34

JOHANN THEODOR GOLDSTEIN  

CARL ROBERT KUMMER  

(Warschau 1798– nach 1871 Dresden)

(Dresden 1810–1889 Dresden)

Capri

Indische Feigenkakteen auf Capri

Um 1825/34 Öl auf Papier auf Pappe, 21,5 × 29 cm Vermächtnis Johann Friedrich Lahmann, Dresden, 1937 Albertinum / Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 2662

1833 Öl auf Papier auf Pappe, 57 × 42 cm Bezeichnet links unten: Capri 4/6 33 Anonyme Schenkung, 1921 Albertinum / Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gal.-Nr. 2246 A

Der Blick des Malers trifft aus der Bucht des Golfs von Neapel

Goldstein, seit etwa 1821 in Dresden nachweisbar, wurde dort

Opuntien oder »Fichi d’India« waren – neben Orangen und

Indem er seine plastisch modellierten Beobachtungen als ein

auf die im Licht eines frühen Sommerabends liegende Insel

von Johan Christian Dahl geprägt, aber auch von Karl Friedrich

Zitronen – bereits um 1800 unmittelbar erkennbare Symbole

geschlossen komponiertes, bildmäßig wirkendes Porträt die-

Capri. Sein kleines, aber überaus klares Landschaftsbild ähnelt

Schinkel in Berlin.3 Gefördert durch den sächsischen Kronprin-

des Südens, die früchtetragenden Kakteen durch und durch

ser Felslandschaft anlegte, trug der Maler damit sogar – be-

in der Konzentration auf das Erlebnis des Atmosphärischen,

zen Friedrich August sowie den Dresdner Gelehrten und

typische, in Mittel- und Unteritalien verbreitete Gewächse, die

wusst oder unbewusst – einem kunsttheoretischen Postulat

von Luft und Licht in seinen nuancenreichen Brechungen zwi-

Kunstmäzen Johann Gottlob von Quandt, unternahm er seit

nicht nur von geologisch und botanisch spezialisierten Besu-

des späten 18. Jahrhunderts Rechnung: »Und wie der Dichter

schen Himmel, Fels und Wasser, einer Ölstudie von Carl Gustav

den 1820er Jahren wiederholt Reisen nach Italien. 1834 hielt

chern jener Landstriche immer wieder ausführlich beschrie-

jedes einzelne Bild, jedes Wort, in den eigentlichen Ton seines

Carus von 1828 in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

er sich in Neapel auf und wurde dort mit Carl Wilhelm Götzloff

ben wurden.

Inhalts stimmet, so muß auch der Landschaftsmahler den ge-

(Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C

1963-581).1

und Edmund Hottenroth

bekannt.4

Eine große Begeisterung angesichts der mediterranen

ringsten Gegenständen den Charakter des Ganzen zu geben

Wie bei diesem könnte auch bei Goldstein ein bedeutender

Bereits im Juli 1833 hatte er eine Ölstudie mit einer belieb-

Vegetation ergriff auch den gerade 23 Jahre alten, von Dahl

wissen.« ( Johann Georg Sulzer)2 Fast zwanzig Jahre später

literarischer Nachhall die Darstellung mit geprägt haben. In

ten Ansicht von Palermo geschaffen (Kupferstich-Kabinett,

und Friedrich beeinflussten Dresdner Künstler Carl Robert

nutzte Kummer das Motiv wiederum als Versatzstück für ein

dem 1817 erstmals veröffentlichten zweiten Teil von Goethes

Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. C 1937-1697), in

Kummer, als er sich 1832/33 auf seine erste Studienreise durch

größer angelegtes Landschaftsbild und fügte es in sein Ge-

»Italienischer Reise« beschrieb der Dichter seine Capri-Ein­

Anlehnung an eine Rottmann-Vedute von 1828 (Hamburger

Italien (Rom, Neapel und Sizilien) begeben hatte. »Das Erleb-

mälde »Griechisches Theater in Taormina« ein.3

drücke vom 14. Mai 1787 – und formulierte mit dem Neben-

Kunsthalle, Inv.-Nr. 2472), die wiederum eine Beschreibung

nis der sonnenreichen Insel am Golf von Neapel mit den Kalk-

Im Alter von 28 Jahren hätte der Maler das Landschaftsfach

satz, »daß alle Farbenkunst nicht hinreiche, diese Harmonie

aus Goethes »Italienischer Reise« zu verbildlichen scheint.5

steinklippen und der immergrünen Pflanzenvielfalt muss den

an der Dresdner Akademie übernehmen sollen, wurde aber

wiederzugeben«, eine von wiederholten Herausforderungen

Goldstein setzte demnach gezielt auf populäre Bildmotive,

jungen Reisenden aus Sachsen so stark beeindruckt haben,

zugunsten von Ludwig Richter ausgebootet. »Dessen Land-

an die Maler seiner Zeit, wie jene vom 22. Februar 1787: »Es

ganz nach dem Geschmack italophiler Sammler und Kunstge-

dass ihm hier ein malerisches Meisterstück gelang.«1 Kummer

schaftsauffassung lag den akademischen Idealisten, die in

gäbe das größte Bild, wenn es ein rechter Künstler unter-

lehrter: Seine Landschaften galten als »phantasiereich, voll

hielt nicht nur den atmosphärischen Gesamteindruck der hel-

Dresden das Wort führten, näher als der unpathetische Rea-

nähme.«2

Wärme und milden Sonnenlichtes, die fernen Berge, die blü-

len Farbtöne eines wolkenlosen Sommertages bei hoch ste-

lismus Kummers. [...] ›Landschaften, welche nichts weiter, als

hender Sonne und ihrer intensiven Strahlkraft fest; er schuf

eine schöne Gegend aus der Natur, aus irgendeinem fremden

zugleich eine nahsichtige und detailgenaue, fast fotografisch

Lande [...] darstellen, gehören eigentlich nicht unter die Kunst-

anmutende Naturstudie größeren Formats.

werke, sondern nehmen den Rang einer Reisebeschreibung

henden Thäler sind von einem milden Hauche

umweht«.6

Andreas Dehmer

ein‹ «4, polemisierte Richter 1830. Andreas Dehmer

* Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise [1816/17 und 1829], Frankfurt am

tanische Küstenlandschaft mit dem nächtlichen Ausbruch des Vesuvs (Leinwand,

Main 1976, S. 407.  1 Vgl. Carl Gustav Carus. Natur und Idee, Ausst.-Kat. Staatliche

34 × 55,5 cm). Auktion bei Neumeister München, 1. 7. 1998 [artprice.com, 20. 11. 2015].

* Anne Louise Germaine de Staël, Corinna oder Italien [Corinne ou l’Italie, 1807], Mün-

Frommel, Leipzig 1868, S. 11 f.: »Die Aehnlichkeit der Natur Capris mit der von Sicilien

Kunstsammlungen Dresden / Staatliche Museen zu Berlin 2009/2010, hg. von Petra

Zu Götzloff in Neapel s. auch Hans Joachim Neidhardt, Italienbeziehungen der Dresd-

chen 1979, S. 241.  1 Gerd Spitzer, Meisterwerke der Romantik in der Dresdener Galerie,

ist auffallend. Sie ist wahrlich eine Vorstudie Siciliens [...]. Was nun den Insellandschaf-

Kuhlmann-Hodick, Gerd Spitzer, Bernhard Maaz, Dresden 2009, S. 112 f., Nr. 99 (Text

ner Malerei, in: Dresdner Hefte 40 : 1994, S. 15–31, hier S. 26.  5  Vgl. Golo Maurer,

München / Dresden 2012, S. 66 f.; vgl. auch Elisabeth Nüdling, Carl Robert Kummer

ten ganz und gar den Charakter Siciliens verleiht, ist die grosse Fülle von Cactusfeigen.

von Petra Kuhlmann-Hodick).  2  Goethe 1976, S. 235.  3  Hans Joachim Neidhardt, Die

Italien als Erlebnis und als Vorstellung. Landschaftswahrnehmung deutscher Künstler

(1810–1889). Ein Dresdner Landschaftsmaler zwischen Romantik und Realismus, Pe-

Ihre bizarren, afrikanischen Formen stimmen wol zu der Dürre der Felsen und der

Malerei der Romantik in Dresden, Leipzig 1976, S. 278; Allgemeines Künstlerlexikon.

und Reisender 1760–1870, Regensburg 2015, S. 249–252.  6  Neues allgemeines Künst-

tersberg 2008, S. 42–44, 245 f.  2 Zitiert nach Anke Fröhlich, Landschaftsmalerei in

tropischen Glut ihrer Farbe.«  4 Hans Joachim Neidhardt, Die Malerei der Romantik in

Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 57, München / Leipzig 2008, S. 313

ler-Lexicon, bearb. von Georg Kaspar Nagler, Bd. 5, München 1837, S. 266 f.: »Dieser

Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Weimar 2002, S. 74.  3 Vgl. dazu

Dresden, Leipzig 1976, S. 199.

(Text von Matthias Dämmig).  4  Am 23. Juni 1834 signierte Goldstein eine neapoli­

Künstler ist Landschaftsmaler des Königs von Sachsen.«

Ferdinand Gregorovius, Die Insel Capri. Mit Bildern und Skizzen von K. Lindemann-­

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Die Aloe und der Kaktus mit den breiten Blättern, denen man auf jedem Schritte begegnet, haben ein besonderes Aussehen, durch das man an die fruchtbaren Erzeugnisse Afrikas erinnert wird. Das Ansehen des ganzen Landes hat etwas Fremdes, man sieht sich in einer andren Welt, in einer Welt, die uns nur durch die Beschreibungen der Dichter des Altertums bekannt ist, deren Schilderungen ebenso poetisch wie ausführlich sind.

ANNE LOUISE GERMAINE DE STAËL  

Corinna oder Italien [Corinne ou l’Italie], publ. 1807*

CARL ROBERT KUMMER  

Indische Feigenkakteen auf Capri, 1833

Hier in Italien ist es ja so schön, das Leiden selbst ist hier so schön, in diesen gebrochenen Marmorpalazzos klingen die Seufzer viel romantischer als in unseren netten Ziegelhäuschen, unter jenen Lorbeerbäumen läßt sich viel wollüstiger weinen als unter unseren mürrisch zackigen Tannen, und nach den idealischen Wolkenbildern des himmelblauen Italiens läßt sich viel süßer hinaufschmachten als nach dem aschgrau deutschen Werkeltagshimmel, wo sogar die Wolken nur ehrliche Spießbürgerfratzen schneiden und langweilig herabgähnen!

HEINRICH HEINE, 1830

Tivoli und die römische Campagna, Capri und die Bucht von Neapel, majestätisch sich erhebende Berg­ silhouetten, lichte Weiten des Mittelmeers, würde­volle alte Architektur und die mediterrane Pflanzenwelt: Italien aus der Sicht von Literaten und bildenden Künstlern der Romantik steht im Mittelpunkt dieser Publikation. Über zwanzig Landschaftsgemälde aus dem Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen Dres­ den vermitteln – im Dialog mit ausgewählten Texten zeitgenössischer Schriftsteller – eindrucksvolle, zum Teil bislang noch unentdeckte Blicke auf »das Land, wo die Zitronen blühn«, dessen Faszination und Anzie­ hungskraft bis heute ungebrochen sind.

SAN DSTEI N