IM HAUS DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT IN BERLIN DOKUMENTATION

1 PARLAMENTARISCHER ABEND AM 24.11.2015 IM HAUS DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT IN BERLIN DOKUMENTATION 2 DOKUMENTATION BUSSE NACH BERLIN Die Metropolr...
Author: Anke Reuter
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PARLAMENTARISCHER ABEND AM 24.11.2015

IM HAUS DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT IN BERLIN DOKUMENTATION

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DOKUMENTATION BUSSE NACH BERLIN

Die Metropolregion München wächst – und mit ihr auch die Notwendigkeit, die Verkehrsinfrastruktur auszubauen. Um bei der Bundespolitik mehr Unterstützung bei der Lösung dieser dringlichen Aufgaben einzufordern, reiste am 24. November 2015 eine hochrangige Delegation von Politikern und Wirtschaftsvertretern aus der Metropolregion zu einem Parlamentarischen Abend nach Berlin – gemeinsam per Bus. Die Idee einer gemeinsamen Fahrt nach Berlin war bei der Regionalen Konferenz für Wohnungsbau und Infrastruktur im März 2015 in München entstanden.

BEGRÜSSUNG DIETER REITER, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München und Vorsitzender Europäische Metropolregion München e.V. OB Reiter erläuterte, wie es zu der Idee kam, mit dem Bus nach Berlin zu fahren und dort einen Parlamentarischen Abend zu veranstalten. Im Rahmen der Regionalen Wohnungsbaukonferenz im März 2015 in München wurde deutlich, dass eine Stärkung des Wohnungsbaus auch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur voraussetzt. Also wurde gemeinsam der Plan entwickelt, die Wünsche und Forderungen hinsichtlich des Aus- und Neubaus der Verkehrsinfrastruktur im Rahmen eines Parlamentarischen Abends in Berlin an die zuständigen Stellen bei Freistaat und Bund direkt zu adressieren. Daraus entstand die Initiative „Busse nach Berlin“. Großes Thema für München ist natürlich der Bau der 2. Stammstrecke. Oberbürgermeister Reiter bedankte sich bei den Mandatsträgern und Wirtschaftsvertretern, die sich mit ihm im Bus oder mit anderen Verkehrsmitteln auf den Weg nach Berlin gemacht haben und formulierte den Wunsch eines regen gemeinschaftlichen Gedankenaustausches.

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GABRIELE BAUER, Oberbürgermeisterin der Stadt Rosenheim OB Bauer zeigte sich zufrieden mit dem Erfolg der gemeinsamen Busanreise: Diese bot die Gelegenheit, sich gegenseitig besser kennenzulernen, was eine wichtige Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit in der Region ist. Persönliche Mobilität auf Schiene, Straße oder in der Luft, bleibe unverzichtbar und das Mobilitätsbedürfnis werde weiter wachsen. Nach einem Hinweis auf die boomende Logistik-Branche („Wirtschaft ist Transport“) warnte sie vor den Folgen eines Verkehrs­infarkts in der Metropolregion München und speziell in Südost-Oberbayern. Stillstand auf der Straße

PETER DRIESSEN, Hauptgeschäftsführer IHK

und Verspätungen auf der Schiene bedeuteten Rück-

für München und Oberbayern

schritte in der wirtschaftlichen und sozialen Entwick-

Hauptgeschäftsführer Driessen verwies auf die Studie

lung, Nachteile bei investitionsstarken Ansiedlungen

„Wachstumsdruck erfolgreich managen“, mit der sich

und auch Verschlechterungen im Standort-Wettbewerb.

die IHK für München und Oberbayern in die Diskussion um den Umgang mit dem Wachstumsdruck in der Region München eingeschaltet hat. Er erläuterte die positive wirtschaftliche Entwicklung der Region anhand einiger Zahlen. Die von der IHK für München und Oberbayern für das Jahr 2030 prognostizierte Bevölkerungszahl von 1,5 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern überschritt München bereits im Mai 2015 und dieses Bevölkerungswachstum in der gesamten Region wird sich fortsetzen. Die Gründe dafür lägen in der Attraktivität der Region und der damit verbundenen Zuwanderung aus dem Inland und Ausland, sowie an dem seit vielen Jahren anhaltenden Geburtenüberschuss. Auch die wirtschaftliche Leistung des Raumes sei stark gewachsen. Allerdings führe die wirtschaftliche Dynamik der Region dazu, dass infrastrukturelle Grenzen erreicht seien. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sei neben dem Thema Wohnraumversorgung eine entscheidende Voraussetzung für die Fortsetzung des wirtschaftlichen Erfolges.

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PODIUMSDISKUSSION

Nach einem einführenden Kurzfilm zu den Verkehrspro-

► Peter Driessen

blemen der Metropolregion München und möglichen

Hauptgeschäftsführer IHK für München und

Lösungen, folgte eine vom ehemaligen Beigeordneten

Oberbayern

des Deutschen Städtetags, Folkert Kiepe, moderierte

► Dieter Reiter

Diskussionsrunde mit folgenden Teilnehmerinnen und

Oberbürgermeister der Landeshauptstadt

Teilnehmern:

München und Vorsitzender Europäische Metropol­region München e.V. ► Alexander Dobrindt Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur ► Folkert Kiepe Beigeordneter a. D. des Deutschen Städtetags ► Joachim Herrmann Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr ► Gabriele Bauer Oberbürgermeisterin der Stadt Rosenheim ► Prof. Gerd Finkbeiner Stv. Vorsitzender Europäische Metropolregion München e.V. und Vizepräsident IHK Schwaben

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Statement Peter Driessen ► Die Verkehrsinfrastruktur in dieser Region hat mit

► Das Verkehrswachstum wird weiter zunehmen, so-

dem Wachstum nicht annähernd Schritt gehalten. Am

wohl auf der Straße, als auch auf der Schiene. Es

deutlichsten sieht man dies beim Schienenverkehr.

wird ein Zuwachs im Güterverkehrsaufkommen von

Das S-Bahn-Netz war konzipiert für die Olympischen

32 Prozent in den nächsten 10 Jahren erwartet. Der

Spiele 1972. Noch heute müssen wir uns in Teilen mit

Wirtschaftsraum zeichnet sich auch dadurch aus,

diesem verkehrsmäßigen Niveau auseinandersetzen:

dass er ein Transitraum ist. Die internationalen Ver-

junge Menschen, unterwegs zu ihren Ausbildungs-

kehrsbeziehungen auf Straße und Schiene nehmen

stätten oder Universitäten, die Pendlerinnen und

weiter zu. Die hohe Exportquote der bayerischen In-

Pendler und Bürgerinnen und Bürger in ihrer Freizeit,

dustrie von rund 60 Prozent erfordert einen Ausbau

die die überfüllten Verkehrsmittel nutzen.

der Verkehrsinfrastruktur.

► Auch die vielen Gewerbetreibenden sind auf ei-

► Anhand der Beispiele B15 neu, Ausbau von A8, A96

nen funktionierenden Güterverkehr auf Straße und

und A99 forderte Peter Driessen von Bundesminis-

Schiene angewiesen. Der Wirtschaftsraum Mün-

ter Dobrindt konkrete Aussagen zu der Frage: Was

chen zeichnet sich durch einen überproportional

wird für diesen Raum gemacht? Diese Projekte müs-

hohen Industriebesatz aus und unterscheidet sich

sen im neuen Bundesverkehrswegeplan hohe Priori-

damit deutlich von anderen Wirtschaftsräumen in

tät haben und alsbald realisiert werden.

Deutschland, wie beispielsweise Berlin. Die Arbeitsmarktdaten belegen: im Jahresdurchschnitt 3,7 Prozent Arbeitslosenquote in der Region Mün-

„Hier werden die Steuern aufgebracht und ich

chen gegenüber 10,2 Prozent in Berlin.

halte es für mehr als fair, dass sie auch zu einem wesentlichen Teil in dieser Region dann auch wieder ausgegeben werden.“

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Statement Dieter Reiter ►  Die Metropolregion München ist die wachstums-

Der Verdruss über die Verzögerung bei diesem

stärkste Region Deutschlands. Die Stadt München

Verkehrsprojekt im Großraum München ist erheblich.

wächst um zwischen 15.000 und 25.000 Einwoh-

Die Münchner S-Bahn, die in den 1970er-Jahren für

nerinnen und Einwohner pro Jahr, für die Metro-

250.000 Fahrgäste konzipiert war, wird heute täglich

polregion München werden für die nächsten zehn

von 800.000 Menschen genutzt. Für das Jahr 2020

Jahre rund eine halbe Million mehr Einwohnerinnen

rechnet man bereits mit 1 Million Fahrgäste täglich.

und Einwohner prognostiziert. OB Reiter teilt den

OB Reiter hofft, die anwesenden, an der Entscheidung

Wunsch von Herrn Driessen, die Region solle bei

maßgeblich beteiligten Minister sagen: „Ja, wir wollen

Förderungen mehr im Mittelpunkt stehen, als es bis-

die 2. Stammstrecke. Ja, wir werden sie finanzieren.“

her der Fall gewesen sei, schließlich erwirtschafte

Das wäre ein tolles Ergebnis des Abends.

die Metropolregion München einen erheblichen Teil am BIP. Um Wohnraum für die wachsende Bevölkerung schaffen zu können, braucht es eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, insbesondere beim

Statement Gabriele Bauer

öffentlichen Nahverkehr.

► Die Verkehrsprobleme der Landeshauptstadt Mün-

► Die Region braucht mehr finanzielle Unterstützung

chen sind genauso das Problem der Stadt Rosen-

und Planungssicherheit als in den vergangenen Jah-

heim und der gesamtem Region, es ist also ein

ren. Es ist für einen Oberbürgermeister derzeit sehr

regionales Thema. Rund 10.000 Menschen pendeln

schwierig, seinem Stadt- oder Gemeinderat verant-

täglich von Rosenheim nach München aus, ebenso

wortungsbewusst große Verkehrsprojekte vorzu-

viele pendeln aber auch nach Rosenheim ein.

schlagen, wenn nicht klar ist, wie die Finanzierung

► Die Region hat Nachholbedarf beim Ausbau der Ver-

durch den Bund oder durch den Freistaat dann letzt-

kehrsinfrastruktur. Sowohl das Chemiedreieck, als

lich erfolgen wird.

auch der Brenner-Basistunnel müssen dringend für

► Die GVFG - Mittel und die Entflechtungsmittel müs-

den Güterverkehr besser angebunden und die Kapa-

sen dynamisiert werden. Diesen Wunsch teilen viele

zitäten ausgebaut werden. Auch die A 8 ist überlas-

Bürgermeister und Landräte der Region.

tet und muss dringend ausgebaut werden. Europa

► Die Region München braucht als wichtigstes und größtes Verkehrsprojekt die 2. Stammstrecke.

ist gewachsen und die Öffnung der Grenzen nach Osten hat natürlich auch zu einer Zunahme des Verkehrs in der Metropolregion München geführt.

„Ich will diese 2. Stammstrecke. Der Minister­ präsident will die 2. Stammstrecke, der Herr Staatsminister auch (...). Die Bahn will sie, wir geben freiwillig einen dreistelligen Millionen­ betrag dazu, weil wir sie auch wollen, dann frage ich mich, ehrlich gesagt: Wieso kommt sie dann nicht?“

► Die Region braucht dringend die 2. Stammstrecke. Die Zuständigen sollten sich an einen Tisch setzen und gemeinsam überlegen, wie dieses Projekt gemeistert werden kann.

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Statement Gerd Finkbeiner ► Sechs der neun multimodalen TEN-Korridore, die die EU definiert hat, führen durch Deutschland. Die EU hat die TEN-Korridore als Kern-Netz mit 64 Milliarden Euro bis 2030 bedacht, die dort investiert werden sollen. 65 Prozent davon sollen in die Schiene gehen. ► In der Metropolregion verläuft zum einen der Korridor Skandinavien – Mittelmeer und zum anderen der Korridor Rhein-Donau. Diese haben eine hohe Bedeutung für den Güterverkehr.

„Die alte Magistrale Paris-Budapest verbindet die drei innovationsstärksten Regionen Europas: Baden-Württemberg, Bayern und die Ile de France, also den Großraum Paris“.

Wertschöpfung entlang dieser Achse ist weit überproportional. 12 Prozent der Bevölkerung in Deutschland leben im Bereich zwischen Karlsruhe und dem Chemiedreieck, aber 16 Prozent der deutschen In-

► Nach eine Analyse von Prognos im Auftrag der IHK

dustrieproduktion findet dort statt. In den letzten

Schwaben liegt an dieser Achse zwischen Karlsruhe

10 Jahren ist von Südost-Oberbayern über die Me-

und dem Bayerischen Chemiedreieck der Fokus auf

tropolregion München bis in den Wirtschaftsraum

wissens- und technologieintensiven Branchen mit

Augsburg ein Zuwachs von 20 Prozent an sozialversi-

einer breiten Aufgabenverteilung von Produktion bis

cherungspflichtigen Arbeitsplätzen entstanden, und

Forschung. Ein Drittel aller Forschungsaufwendun-

zwar in jedem dieser Teilräume. Zu Recht wird der

gen der deutschen Industrie werden entlang dieser

Bereich zwischen Karlsruhe und dem Bayerischen

Achse ausgegeben. Hier ist auch die Patentinten-

Chemiedreieck daher als „Technologieachse Süd“

sität so groß wie nirgendwo sonst. Die industrielle

bezeichnet. ►  Vorhandene Lücken in der Schieneninfrastruktur der Technologieachse Süd müssen konsequent geschlossen werden, etwa ins Chemiedreieck oder zwischen Ulm und Augsburg.

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Joachim Herrmann Frage des Moderators: Was kann der Freistaat Bayern

bekämpft. Es musste jeder Kilometer bis zum Bun-

zur Defizitbeseitigung bei der Verkehrsinfrastruktur der

desverwaltungsgericht erkämpft werden. Der Grund

Metropolregion München tun?

für Verzögerungen liegt hier also nicht bei der Politik oder der Verwaltung.

► Viele Projekte, gerade beim Autobahnausbau, hatten

► Es ist erfreulich, dass bei der 2. Stammstrecke nun

wir schon vor 25 Jahren vor. Allerdings verzögerten

alle gemeinsam anpacken. Alle vier beteiligten Ak-

sich diese Projekte, weil in Folge der Wiederverei-

teure, der Bund, der Freistaat Bayern, die Landes-

nigung vorrangig die Verkehrsinfrastruktur in Ost-

hauptstadt München und die Deutsche Bahn wer-

deutschland aufgebaut worden ist und andere Stre-

den ihren finanziellen Teil beitragen, auch wenn man

cken, auch in Bayern, zunächst einmal zurückgestellt

an diesem Abend wahrscheinlich die Beträge noch

wurden.

nicht wird festlegen können. Anhand der Ergebnisse

► Staatsminister Herrmann forderte alle Beteiligten auf,

der Ausschreibung für den westlichen Abschnitt der

nun nach vorne zu Blicken und die Dinge gemeinsam

2. Stammstrecke wird die Bahn die bisherigen Kos-

anzupacken. Der Ausbau der A8 von München nach

tenprognosen evaluieren und eventuelle Anpassun-

Augsburg ist die erste Strecke in Deutschland, die

gen vornehmen können. Immerhin haben wir jetzt

als PPP-Projekt vom Bundesverkehrsministerium

für zwei Bereiche die Planfeststellungsbeschlüsse.

mit Unterstützung der bayerischen Straßenbauverwaltung realisiert worden ist. Auch der Abschnitt von Augsburg bis Günzburg ist umgesetzt worden, es ist also was vorangegangen. Auch der Ausbau der A94 wird nun, das ist die Leistung des Bundes, als PPP-

„Und dann werden wir auf dieser Basis im kommenden Jahr einen endgültigen Vertrag unterschreiben und dann geht es auch los.“

Projekt umgesetzt. Der Ausbau der A94 ist ein sehr umstrittenes Projekt und wurde von vielen Seiten

► Es macht auch keinen Sinn zu diskutieren, ob die 2. Stammstrecke oder ein S-Bahn-Ring sinnvoller ist. Genauso wie bei den U-Bahnen in München ist das angesichts des massiven Bevölkerungswachstums keine „entweder/oder“-Diskussion. Wir brauchen sowohl das eine, als auch das andere. Wir brauchen jetzt die 2. Stammstrecke und dann werden wir über weitere Ausbaumaßnahmen des S-Bahn-Netzes nachdenken.

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Frage des Moderators: Es gibt ja die Möglichkeit der

►  Das Thema Sanierung von Schiene und Straße

Komplementärfinanzierung des Landes– Bayern sei ja

müssen wir noch weiter diskutieren. Sanierungen

kein armes Land. Wäre der Freistaat bereit, Bundesgel-

im Schienennahverkehr sind allerdings ein heikles

der entsprechend mit Landesmitteln zu komplementie-

Thema, da dies nur wenige Städte in Bayern betrifft,

ren? Und wie sieht es mit den Sanierungskosten bei

München, Augsburg, Nürnberg und Würzburg. Das

der Verkehrsinfrastruktur aus? Besteht auch hier die Be-

weckt Begehrlichkeiten bei vielen anderen Kommu-

reitschaft des Freistaats, den kommunalen Aufgaben-

nen in Bayern. Es muss mit der gesamten kommu-

trägern finanziell zur Seite zu stehen?

nalen Familie besprochen werden, was gefördert wird. Klar ist aber: Der Freistaat Bayern möchte kei-

► Der Freistaat Bayern nimmt auch zum Ausbau der

ne Defizite in der Verkehrsinfrastruktur, welche die

Verkehrsinfrastruktur sehr viel Geld in die Hand, weil

starke Entwicklung des Landes in irgendeiner Weise

uns das wichtig ist. Viele Beispiele zeigen dies, bis

hemmen könnte.

hin zu Projekten des Schienenverkehrs, für die der Freistaat eigentlich gar nicht zuständig ist, wie beispielsweise der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen und Bahnsteigen. Bayern finanziert auch Planungen für die Deutsche Bahn vor und unternimmt diese Anstrengungen, um Projekte zu beschleunigen und voranzutreiben.

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Dies zeigt, dass der Investitionshochlauf seine Wirkung entfaltet. Das ist auch die Erfüllung dessen, was in der Daehre- und der Bodewig-Kommission gefordert worden ist. Die 7,2 Milliarden Euro, die dort als notwendige Investitionssumme pro Jahr genannt wurden, sind von Bund, Länder und Kommunen gemeinsam aufzubringen. Der Bund leistet seinen Teil bereits mit dem genannten Investitionshochlauf. ► Im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland steht Bayern sehr gut da. Im Juli 2015 konnten 620 Millionen Euro direkt in neue Straßen investiert werden, dank einer guten Auftragsverwaltung im Land, die dafür sorgt, dass Planfeststellung und Alexander Dobrindt

Baurecht vorhanden sind. In Nordrhein-Westfalen

Fragen des Moderators: Es sind ja mehrere Kommis-

z.B. konnten nur 128 Millionen Euro investiert wer-

sionen mit dem Thema Finanzierungen im Verkehrs-

den, da weitere Projekte noch nicht baureif waren.

sektor beschäftigt gewesen. Wie finanziert man nun

In anderen Bundesländern ist der Zustand der Auto-

dieses riesige Volumen? Aufgrund des Gesprächs am

bahnen nicht unbedingt besser, die Perspektive zu

24.09.2015 zwischen der Bundeskanzlerin und den Mi-

bauen, ist aber deutlich schlechter.

nisterpräsidenten der Länder gibt es nun eine Perspek-

►  Für den Nordost-Teil der A 99 hat Minister Dob-

tive für die Fortführung des Bundes-GVFG über 2019

rindt im Jahr 2015 die Baufreigabe über 60 Millio-

hinaus und auch für die Regionalisierungsmittel. Beim

nen Euro erteilt. Ebenfalls kürzlich erteilt wurde die

dritten großen Thema, den Entflechtungsmitteln, stellt

Baufreigabe für den Ausbau der A96 bei Germering:

sich aber die Frage, wie das Protokoll des Gesprächs zu

100 Millionen Euro für 8,9 Kilometer Autobahn,

interpretieren ist. Wie sehen Sie das?

davon 15 Millionen Euro für Lärmschutz. Und dies ist auch der Grund, warum Minister Dobrindt für ÖPP-

► Das Investitionsvolumen im Bundesverkehrsministe-

Maßnahmen wirbt. Allein aus den Haushalten ist der

rium wird schrittweise von unter 10,5 Milliarden Euro

Bedarf für Straßenausbaumaßnahmen nicht finanzier-

jährlich um rund 40 Prozent erhöht bis auf 14 Milliar-

bar. Der Bund hat dieses Jahr auch die Finanzierungs­

den Euro jährlich für Investitionen in die Verkehrsin-

zusage für den Ausbau der A8 für den Abschnitt

frastruktur im Jahr 2018. Einen Teil dieser Investiti-

Rosenheim – Landesgrenze zu Österreich gemacht,

onen kann man schon heute erleben, zum Beispiel

der ebenfalls als ÖPP-Maßnahme realisiert werden

als im Juli 2015 2,7 Milliarden Euro für 72 Straßen­

soll. Jetzt müssen nur noch die Planungen abge-

projekte auf einmal freigegeben worden sind, das

schlossen werden.

bisher größte Volumen eines Investitionsprogramms

► Das Bundesverkehrsministerium hat im November

in der Straßenverkehrsinfrastrukturfinanzierung. Die

2015 den Zuschlag für das ÖPP-Verfahren Lücken-

Baufreigaben der letzten beiden Jahre belaufen

schluss der A94 im Abschnitt Dorfen erteilt, 1,1 Milli-

sich auf 4,4 Milliarden Euro, davon sind in Bayern

arden Euro werden hier für Bau und Unterhalt inves-

1,05  Milliarden Euro angekommen, also ein Viertel.

tiert. Minister Dobrindt wird auch rund 80 Millionen

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für den weiteren Abschnitt Kirchheim bereitstellen,

tungsmitteln, diese sind aber auch eine Maßnahme

sobald die anhängige Klage geklärt ist.

des Bundesfinanzministeriums.

► Im Bereich der Bahn gilt natürlich das gleiche. Wenn

► Minister Dobrindt möchte die 2 Stammstrecke reali-

die Strecke Wendlingen – Ulm fertig ist, muss auch

sieren: Wenn die Stammstrecke jetzt in den momen-

die Strecke Ulm – Augsburg weitergebaut werden.

tan durch die Bahn angestellten Untersuchungen der

Für den bayerischen Teil des Brennernordzulaufs er-

Kosten eine Kostenerhöhung zeigen wird, dann wird

stellen wir gerade ein Lärmschutzkonzept. Zudem

der Bund sich auch mit mehr Geld beteiligen.

werden die Planungen für das dritte und vierte Gleis zur Kapazitätserweiterung vorangetrieben. ►  Das Bundesverkehrsministerium hat die Mittel in sämtlichen Bereichen erhöht: die Regionalisierungsmittel (von 7,3 Milliarden auf 8  Milliarden Euro jährlich), das GVFG-Bundesprogramm wird verlängert (mindestens auf dem bisherigen Niveau), die Unterhaltsmittel für die Straßen (Erhöhung von 450 Millionen Euro auf 600  Millionen Euro pro Jahr für Bayern), Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn (erhöht um 5 Milliarden Euro auf 28 Milliarden Euro). Es gibt keine Einigung zu den Entflech-

„Ich stehe zur Stammstrecke ohne wenn und aber, weil sie dringend notwendig und geboten ist. Die Stammstrecke ist eines der wichtigsten Projekte. Nun müssen die Informationen zur Kostenprog­ nose abgewartet werden. Ich kenne kein Limit bei der Stammstrecke. Ich weiß, dass die Menschen, die auf der Stammstrecke fahren, am Limit sind und das will ich lösen.“

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Dieter Reiter

Alexander Dobrindt

► OB Reiter bedankte sich für das klare Bekenntnis

Jedes dieser Förderinstrumente ist in einer anderen

der beiden Minister zur 2. Stammstrecke und zeigte

Regierungszeit entstanden. Ihre Zusammenführung ist

sich begeistert, dass alle gemeinsam das Projekt re-

schwierig, da sie alle unterschiedlichen Förderprinzipien

alisieren wollen.

folgen.

► Zum Thema GVFG merkte er an, dass diese Mittel erhöht werden müssen. Sinnvoll wäre, die Komplexität der verschiedenen Fördermittel wie Entflechtungsmittel, Regionalisierungsmittel, GVFG etc. zu vereinfachen.

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WORTMELDUNGEN AUS DEM PUBLIKUM Robert Niedergesäß, Landrat des Landkreises Ebersberg ► Die Einführung eines EMM-Dachtarif ist für die gesamte Europäische Metropolregion München ein wichtiger Baustein – sein Appell an die Metropol­ region: an der konkreten Umsetzung unbedingt weiterarbeiten! ► Wichtige Projekte sind die ABS 38 und der Erdinger Ringschluss, die ergänzt werden müssen durch den viergleisigen Ausbau der S 2 zwischen Riem und Markt Schwaben sowie die direkte Messeanbindung. Dies fordert auch das neue „S-Bahn-Bündnis Ost“, getragen von Politik, IHK, Handwerkskammer und Messe München, die auch bereit ist, hier finanziell einzusteigen. ► Wenn der Vertrag für die Münchner S-Bahn in Kürze

Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern

neu ausgeschrieben wird, soll vom Nettovertrag auf

Das Thema Brutto-/Nettovertrag hat nicht unbedingt et-

den Bruttovertrag umgestellt werden. Die S-Bahn

was mit Gewinn zu tun. Nettovertrag bedeutet für die

München erwirtschaftet im Mittel, nach Schätzung

Bahn die Chance, bei mehr Einnahmen daran zu partizi-

von Fachleuten, einen Gewinn von 100 Millionen

pieren, aber die Bahn trägt dann auch das Risiko, dass

Euro pro Jahr. Diese Gelder, die von den Fahrgästen

die Einnahmen mal nicht so fließen. Beim Bruttovertrag

in München und Umgebung über die Tickets bezahlt

liegen Chance und Risiko beim Freistaat Bayern. Im Fall

werden, sollten auch in der Region München verblei-

des Bruttovertrags muss es massive Anreize für die

ben und dort in die Infrastruktur investiert werden.

Verkehrsunternehmen geben, um weiterhin so ein qualitätsvolles Angebot zu machen, wie es die Münchner S-Bahn bietet. Vor 20 Jahren hat die S-Bahn München fast eine Milliarde Euro in neue Fahrzeuge investiert und nun stehen Ersatzinvestitionen in Höhe von über zwei Milliarden Euro an. Die Frage ist also, wer hier investiert und wer die Verantwortung für die Fahrzeugflotte hat? Diese Diskussion sollte in Ruhe an anderer Stelle geführt werden.

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Antwort von Alexander Dobrindt ► Die Wichtigkeit der Maßnahme ABS 38 steht außer Frage. Die Elektrifizierung und die Zweigleisigkeit sind aber zwei unterschiedliche Maßnahmen. Die Elektrifizierung ist ein wichtiges Vorhaben, bei der Zweigleisigkeit muss jedoch auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmen. Dazu kann im Augenblick aber keine abschließende Auskunft gegeben werden wegen der Neuaufstellung des Bundesverkehrs­ wegeplans. ► Für die B15 neu sind zwei unterschiedliche Trassenvarianten angemeldet für den Bundesverkehrswegeplan. Der Bund wird sich nicht für eine der Varianten entscheiden, sondern es bleibt bei der TrassenoffenGeorg Huber,

heit und entscheiden muss die Region vor Ort in ei-

Landrat des Landkreises Mühldorf am Inn

nem Dialogprozess.

► Die ABS 38, also der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Salzburg – Mühldorf – München, muss in den vordringlichen Bedarf des

Antwort von Joachim Herrmann

Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden.

► Was die B15 neu anbelangt, ist zunächst einmal die

Zusammen mit der Walpertskirchner Spange können

Ortsumgehung Landshut dran, dann kommt der wei-

dadurch Salzburg und das Chemiedreieck an den

tere Bau.

Münchner Flughafen angebunden werden. Auch die B15 neu muss in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden. ► Landrat Huber sprach seinen Dank aus, dass nun weitere Lückenschlüsse der A94 über das ÖPP-Modell umgesetzt werden. Natürlich braucht die Region

„Und dann noch eine Bemerkung zur ABS 38. In der Tat, das ist eines der allerwichtigsten Schienen­ projekte für die nächsten Jahre überhaupt neben der 2. Stammstrecke“.

auch noch die fehlenden Abschnitte Richtung Osten. Um den Druck von München zu nehmen, was die

► Das Chemiedreieck muss eine bessere Anbindung

Wohn- und Gewerbeflächen angeht, brauchen wir

erhalten. Und wenn wir die S2 Ost viergleisig aus-

den Ausbau der Straßen- und Schieneninfrastruktur

bauen, ist auch der Messeverschwenk sinnvoll, um

im Osten von München.

die Messe besser zu erschließen. Zusammen mit dem Erdinger Ringschluss kann die Messe dann auch an den Flughafen angebunden werden. In jedem Fall muss – aufgrund ihrer großen Verkehrsbedeutung – an den Themen ABS 38 und Walpertskirchner Spange intensiv weitergearbeitet werden.

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FAZIT In seinem Schlusswort zog Moderator Folkert Kiepe das Fazit, dass auf die zentralen Fragen eine weitgehend einvernehmliche Sicht der Dinge von Bund, Freistaat und Kommunen vorläge, sowohl was den Finanz- und Rechtsrahmen angeht,als auch im Hinblick auf einzelne große Projekte wie die 2.Stammstrecke.Er formulierte die Erwartung, dass im laufenden Verfahren zum neuen Bundesverkehrswegeplan Verkehrsinfrastrukturprojekten in wachsenden Ballungsräumen eine besondere Bedeutung zugemessen wird, beispielsweise durch eine neue Kategorie im Bundesverkehrswegeplan „Projekte von nationaler Bedeutung“. Dies würde den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in der Metropolregion München voranbringen.

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