Historisches Museum Schloss Thun

Historisches Museum Schloss Thun Jahresbericht 1940 Von Konservator Gustav Keller Thun - Historisches Museum - 1941 INHALTSVERZEICHNIS Verwaltung...
Author: Pamela Brandt
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Historisches Museum Schloss Thun Jahresbericht 1940 Von Konservator

Gustav Keller

Thun - Historisches Museum - 1941

INHALTSVERZEICHNIS

Verwaltung des Museums Zuwachsverzeichnis »La

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Chartreuse«. Der Landsitz des Schultheissen Nikiaus Friedrich von Mülinen. Von Dr. Hans Gustav Keller . . . .

Das schöne ahe Thun Ausschnitt aus einem kolorierten Panorama in Aquatinta. Um 1830 Wahrscheinlich von Franz Schmid (1796—1851)

Berntor mit Schloss Thun Lithographie nach C. Bourgeois von F. S. Delpech.

1822

V e r w a l t u n g des Museums

1. E i n l e i t u n g Die A r b e i t , die ein Ortsmuseum i n einer Zeit zu leisten versucht, i n der die Mächte der Erde um Sein oder N i c h t sein ringen, Reiche stürzen und unsägliches L e i d über die Menschheit hereinbricht, ist wahrlich ohne weltbewegende Bedeutung. Aber die L e i t u n g des Historischen Museums i m Schloss T h u n hält es nach wie vor für ihre Aufgabe, trotz allen äusseren Schwierigkeiten und nun erst recht ihre Pflicht i n ihrem engen Kreise zu erfüllen. Denn es erscheint ihr nichts wesentlicher und wichtiger i n gefahrvollen Zeiten, als dass jeder Bürger auf dem Posten, den i h m das Schicksal zugewiesen hat, getreulich ausharrt und dem gegebenen Befehl nachkommt. U n d die Aufgabe von Sammlungen, die der Erhaltung vaterländischer Denkmäler dienen, ist v i e l leicht nie wirksamer, nie grösser und gegenwärtiger als i n Tagen, da es auch u m den Bestand des eigenen Vaterlandes und des eigenen Glückes geht. I n der T a t ist heute, wie uns ein Freund des Museums geschrieben hat, nichts nötiger und erwünschter, als die Besinnung auf die Grundlagen, auf denen unser Staatswesen ruht und die sich i n einer jahrhundertelangen Geschichte bewährt haben. I n diesem Sinne sei der Jahresbericht über das Kriegs jähr 1940 m i t seinem Beitrag über den Landsitz eines grossen Eidgenossen und dem damit verbundenen Rückblick auf die Vergangenheit unserer H e i m a t ein bescheidenes Zeichen staatsbürgerlicher Gesinnung u n d opferfreudigen Wirkens i n grosser Zeit.

2. D i e S a m m l u n g Die Sammlung hat sich neuerdings erfreulich entwickelt. Das M u s e u m s i n v e n t a r verzeichnet einen Zuwachs von 75 N u m m e r n . Es ist von 2907 auf 2982 N u m m e r n ge-

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stiegen. Der Zuwachs besteht aus 71 Geschenken und 4 A n käufen. A l s Depot ist dem Museum eine Vereinsfahne zur Aufbewahrung anvertraut worden. Ueber die Einzelheiten unterrichtet das Zuwachsverzeichnis des vorliegenden J a h resberichtes. Ausser der üblichen Aufnahme und Einordnung der neuen G e g e n s t ä n d e sowie der Pflege der alten Bestände und der Museumsräume ist i m Berichtsjahr ein T e i l der Militärbilder der I m Obersteg-Sammlung i m Rittersaal n e u g e o r d n e t worden. Der Konservator hat diese A r b e i t unter freundlicher M i t w i r k u n g von H e r r n M a j o r H e r m a n n Riser, M i t g l i e d der Museumskommission Langenthal, vorgenommen. Vorübergehend sind i m Frühling verschiedene besonders wichtige Gegenstände, wie die mittelalterlichen T e p piche, die Fahnen, Glasgemälde, Oelgemälde usw., an einen bombensicheren O r t verbracht worden. Dem Beispiel anderer Sammlungen folgend, konnten sie i m Sommer wieder i n die Sammlung eingeordnet werden. Versicherungen sind m i t der Schweiz. Mobiliar-Feuerversicherung und neu m i t der H a f t pflichtversicherung abgeschlossen worden. Für ein i n Vorbereitung befindliches Fahnenbuch der Schweiz von D r . Bruckner i n Basel sind fünf alte Thuner Fahnen und ein Scheibenriss photographiert worden. Z u r Ausschmückung m i t Abbildungen wurden der Redaktionskommission für die Heimatkunde des Amtes T h u n eine A n zahl Klischees, Zeichnungen und Photographien leihweise übergeben. Z u r Unterstützung ihrer gleichgerichteten Bestrebungen ist das Historische Museum, trotzdem es nur von den Eintrittsgeldern und den freiwilligen, gelegentlichen Zuschüssen befreundeter Gönner existiert, der Schweizer. Gesellschaft für Urgeschichte als K o l l e k t i v - M i t g l i e d beigetreten. Inserate für das Museum wurden veröffentlicht i n der Kurkarte des Verkehrsverbandes Thunersee, i m Programm des Thuner Kursaals und i m Fahrplan der Rechtsufrigen Thunerseebahn. I m Gebiet des Schlossberges sind fünf Reklametafeln neu gemalt worden. Als Depositen sind der Stadtbibliothek T h u n vom Historischen Museum die für die Entwicklung und Geschichte der Sammlung wertvollen beiden älteren Protokollbücher der Museumskommission übergeben worden. Bd. 1 betrifft die Jahre 1905 bis 1923, B d . 2 diejenigen von 1924 bis 1932.

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3. Besuch Das Historische Museum i m Thuner Schlossturm ö f f n e t e seine Pforten i m Berichtsjahr am 1. März. Es wurde am 12. November wieder geschlossen. Dem gelegentlich geäusserten Wunsch, die Sammlung möchte auch i m W i n t e r zugänglich sein, kann leider nicht entsprochen werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Besuch während der W i n t e r monate völlig aussetzt. Uebrigens sind die Räume des nicht heizbaren Schlossturms i m W i n t e r sehr kalt. Der B e s u c h war i n diesem Kriegs]ahr wider Erwarten gut. Die ausländischen Gäste sind zwar fast ganz ausgeblieben. Dafür besichtigten unsere Landsleute i n vermehrtem Masse die Sammlung und das Schloss. Die Besucherzahl hat 8725 Personen (1939: 9700; 1938: 9900; 1937: 6100; 1936: 3100) betragen. Es wurden 5950 Eintrittskarten ausgegeben. 2775 Besucher kamen i n Vereinen und Schulklassen. V o n Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren bezahlten 1200 den ermässigten, 700 hatten freien E i n t r i t t . Aus T h u n und dem Simmental besuchten 170 Schüler unentgeltlich das Museum. V o n der Thunersee-Tombola haben w i r 150 Besucher zu verzeichnen. W i e i n den früheren Jahren dienten die F ü h r u n g e n durch den Konservator dem Zweck, die Besucher m i t den Schätzen des Ortsmuseums von T h u n vertraut zu machen. Den Teilnehmern ist gewöhnlich Werbeliteratur geschenkt worden. I n 12 Führungen geleitete der Berichterstatter am 31. J u l i , am 8. und 29. August verschiedene Familien aus Basel, Bern, Zürich, Luzern, T h u n und anderen Orten der Schweiz durch die Schlossräume. A m 21. Juni besuchten Unteroffiziere und Soldaten der H . D . Bew. K p . 32 BE unter seiner Führung das Museum, am 29. August H e r r Oberst Bluntschli, 1. Sektionschef der A b t . f. A r t . E. M . D . Bern, und am 27. Oktober der bernische Hochschulverein anlässlich seiner Jahresversammlung i n T h u n . Den V o r t r a g an der erwähnten Jahresversammlung des bernischen H o c h schulvereins vom 27. Oktober hielt D r . Hans Gustav Keller, M i t g l i e d unserer Museumskommission, über ,,LIlrich von Huttens Ende i n der Schweiz, 1522—1523«. Der Vorstand des Vereins dankte dem Konservator für die »überaus interessante Führung durch die Stadt und das Museum« und seinem Sohn für die »hervorragenden Ausführungen« seines

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»sehr interessanten u n d hochstehenden Hutten.

Vortrages«

über

4. Propaganda Das Schwergewicht der Werbetätigkeit lag wiederum auf dem Ausarbeiten, der Herausgabe, dem Verschenken und Versenden des Jahresberichtes für das Jahr 1939 und der Veröffentlichungen von D r . Hans Gustav Keller. Der K o n servator wurde auch i n dieser Seite seiner Tätigkeit von seinem Sohn, D r . Keller, unterstützt, was ein langjähriges M i t g l i e d der Museumskommission zu der Aeusserung veranlasste: »Auch I h r H e r r Sohn dürfte nächstens eine V e r dienstmedaille von den Thunern entgegennehmen.« Als Werbeliteratur sind 1940 insgesamt 1560 Broschüren und Bände an Interessenten, Zeitungen, Vereine, Museen, Bibliotheken und Amtsstellen des I n - und Auslandes verschickt worden. Die Versendung umfasste den Jahresbericht für das Jahr 1939, die gemeinschaftliche Veröffentlichung »Das schöne alte Thun« von Vater und Sohn Keller, sowie die A r b e i t »Der Brudermord i m Hause Kiburg« und die Betrachtung »Von der Sendung und vom Staatsgedanken der Schweiz« von D r . Keller. Die Ausarbeitung dieser A r b e i ten erfolgte, wie üblich, ohne Entschädigung für die V e r fasser. Diese bezahlten auch die Herstellung der Klischees und, m i t Ausnahme des Jahresberichtes, den Druck. Doch sind sie darin durch die Museumskommission i n grosszügiger Weise unterstützt worden. W i e 1939, so fassten auch 1940 die Herren der Museumskommission den einstimmigen Beschluss, dem Konservator und seinem Sohn einen namhaften Beitrag an ihre vielen Mühen und Kosten zu b e w i l ligen. Die Begründung lautete: »Die Herren Keller haben auch dieses Jahr wieder m i t ihren ausgezeichneten Arbeiten für das Museum u n d ganz T h u n eine glänzende Propaganda gemacht.« Unter den zahlreichen D a n k - und A n e r k e n n u n g s schreiben seien diejenigen von H e r r n Bundesrat Baumann, H e r r n General Guisan und Prof. Lehmann hervorgehoben. Der General, ein alter Freund des Museums, Hess dem K o n servator für den Jahresbericht und die Schrift »Von der Sendung und vom Staatsgedanken der Schweiz« den Dank mit den folgenden W o r t e n aussprechen: »Der H e r r General beglückwünscht Sie und Ihren Sohn zu diesen beiden sehr

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ausführlich u n d interessant gehaltenen Schriften. Besonders aber zollt er Ihnen seine Anerkennung für Ihre wertvollen und unermüdlichen Dienste, die Sie i m Interesse einer steten Entwicklung des Museums leisten.« H e r r Prof. D r . H . L e h mann, alt Direktor des Schweizer. Landesmuseums i n Z ü rich, ebenfalls ein alter und warmer Gönner unseres Thuner Schlossmuseums, schrieb: »Es ist eine Freude zu sehen, wie Sie m i t Ihrem Sohn zusammen arbeiten, der eine als Pfleger und Mehrer der schönen Sammlungen i m Schlosse, der andere als der Historiker der Stadt und ihrer engeren und weiteren Umgebung, beide gleich vortrefflich und opferfreudig. T h u n darf sich glücklich schätzen, zwei solche Männer unter seiner Bürgerschaft zu haben.«

5. Museumskommission Die bisherige Museumskommission des Verschönerungsvereins T h u n wurde einstimmig wieder gewählt. Sie besteht für 1941 aus folgenden M i t g l i e d e r n : Konservator und Sekretär-Kassier: Gustav Keller, Waisenhausstrasse 6, »Rankhof«, Thun. Mitglieder: A l f r e d Keller, alt Pfarrer, Zollikofen. D r . iur. A r m i n I m Obersteg, Advokat, Basel. Charles I m Obersteg, Kaufmann, Basel. Fritz Kasser, Pfarrer, Amsoldingen. Oberstlt. Moritz Ochsenbein, Tierarzt, T h u n . Ernst F. Born, Postbeamter, T h u n . Robert Siegrist, Zahnarzt, T h u n . D r . p h i l . et iur. Hans Gustav Keller, Bibliothekar an der Schweizer. Landesbibliothek, Bern. D r . ehem. K a r l Rubin, Direktor, Zürich. Paul Billeter, Stadtoberförster, T h u n .

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Lauitor m i t Landhaus, schwarzem T u r m , K i r c h e , H e l f e r e i

u n d Nagelschmiede u m 180->

A q u a r e l l v o n Joh. Knechtenhofer (179-5—1865)

Zuwachsverzeichnis

1. Schenkungen H e r r Oskar Affolter, Baumeister, Felsenau, Bern: 1 »Plan de la Chartreuse et Dependances de la Campagne du Baechi pres de Thoune appartenant ä Monsieur Adolphe de Rougemont«, aufgenommen von Geometer T . Schmid 1831. Frau A l b . Baumann, Wappen.

Wwe.,

Thun:

1 Waffeleisen

mit

Frau Emma Blatter, Jubiläumsstr. 52, Bern: eine Anzahl Gipsabgüsse aus der numismatischen Sammlung von H r n . Fritz Blatter sei. i n Bern. Frau H . Brunner-V>\ot?,c]i, Seegarten, Hünibach: 1 gestickte Weste, u m 1820; 3 gestickte Nachthäubchen, u m 1850; 1 Zipfelmütze, um 1820; 1 bunt gestickter Samt»Blätz«, um 1850; 2 Bilder auf Porzellan, um 1850; 53 Drucksachen, Mandate, Ordnungen, Kalender usw.; 1 Siegel m i t Brunner-Wappen; 2 Handsiegel; 1 geschnitztes W a p p e n m i t Garbe und zwei Rosen, bez. A . B. S.; 1 Brevet für Oberlt. Daniel Brunner von Bern. 1734; 1 Reisepass für D a v i d L u d w i g Brunner, 1829; 1 Tüchlein m i t Karte von Italien, St. Gallen 1831; 1 Tüchlein m i t Kaserne T h u n und Bundespalast i n Bern; 1 Ehebrief Dubois-Imhoff, Bern 1692; 1 Gültbrief Hanß Liechti, Dornhalten 1711; 1 Gültbrief A n n a Z u r M a t ten, Vicor Mevers, des Schlossers und Burgers der Stadt Bern, Ehefrauw, 1715; 1 Gültbrief der Stadt Bern, 1714; 1 »Bäbi«-Wägeli, um 1800: 1 Eisenpfanne m i t Spruch; 1 Holzbecher aus Bern m i t Aufschrift »9. August 1800«; 1 bunt gestickter Wandschmuck, u m 1820; 1 Leibgurt aus Leder (Geldkatze), um 1850; 7 kleine Haushaltungsgegenstände.

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Fräulein M a r t h a Buchschacher, T h u n : 1 Jagdflinte, ohne Ladstock, geschnitzt, um 1850; 16 kleine, ältere Bücher. T i t . Burger gemeinde, 1938.

Bern: 1 Verwaltungsbericht

H e r r Ed. Casserini-A&hi, Lithogr., T h u n : Kreuzer, 17. Jahrhundert.

1936 bis

1 Neuenburger

T i t . Einwohner-Gemeinderat der Stadt T h u n : 1 Plakette aus Kupfer und Bronze zur Sechsjahrhundertfeier der Eidgenossenschaft von 1891; 1 farbige Lithographie von Lips, »Wappen der 30 Amtsbezirke des Kantons Bern«, um 1890. H e r r Werner Engel, Kunstmaler, T h u n : 8 Gedenkmünzen: Eidg. Sängerfest i n Chur 1862, Eidg. Schützenfest i n Z u g 1869, Schweiz. Landesausstellung Zürich 1883, Bern. Kant. Schützenfest i n Interlaken 1888, Eidg. Musikfest i n T h u n 1890, Eidg. Schützenfest i n W i n t e r thur 1895, 6. Säkularfeier des 1. Bundes der Eidgenossen 1. August 1891 und »Zur Feier des 700 jährig. Bestehens der Stadt Bern 1191 — 1891«. H e r r Ed. Fierz, Architekt, Hauptgasse 52, T h u n : 1 M o r i l l o n - H e l m aus Eisenblech, gehämmert und ziseliert, italien. A r b e i t des 17. Jahrb., darstellend römische Reiter i m Kampf gegen Fussoldaten; 1 Stechhelm m i t Klappvisier, gehämmert und ziseliert, Augsburger Arbeit des 17. Jahrh., darstellend die Belagerung einer Festung und ihre Uebergabe. Frau M . Gerber, Frutigstrasse 2, T h u n 1 Bibel m i t H o l z schnitten, um 1700. Frau Hadorn, 1874.

Bälliz 45,

Thun:

1 Band

»Gartenlaube«,

H e r r D r . E. Haffter, a. Direktor, Anshelmstrasse 22, Bern: 1 Assignat de cent francs (cree de 17 nivöse Fan 3e de la Republique franfaise). H e r r Fritz Hofer, Kaufmann, Bernstrasse, T h u n : 3 grosse Tür-Schlösser und 3 Schlüssel, Ende des 17. Jahrh. (vermutlich vom »Schwarzen Turm« beim Lauitor i n Thun). H e r r Pfarrer Fritz Kasser, Amsoldingen: kachel m i t 2 Delphinen.

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1 grüne

Ofen-

H e r r Gustav Keller, Konservator, T h u n , und D r . Hans Gustav Keller, Bern: 200 Exemplare »Alt-Thun« (Bern 1936. Verkaufspreis pro E x p l . Fr. 2.80), 150 Exemplare »Das schöne alte Thun« (Thun 1939. Verkaufspreis pro E x p l . Fr. 3.50) und 500 Exemplare »Das Leben und Leiden Jesu Christi; die 24 Glasgemälde des Meisters Hans N o l l i n der Kirche von Hilterfingen« (Bern 1940. Verkaufspreis pro E x p l . Fr. 3.—). H e r r D r . p h i l . et iur. Hans Gustav Keller, Bibliothekar an der Schweizer. Landesbibliothek, Bern: 400 Exemplare »Von der Sendung und vom Staatsgedanken der Schweiz« (Bern 1940. Verkaufspreis pro E x p l . Fr. —.90). H e r r H . A l f r . König, Oberhofen: 1 messingener Kohlenbehälter zu einem Chauffe-pieds, um 1850. H e r r Hermann Lohner, Eisenhandlung, T h u n : 1 Photographie des Ausschiesset i n T h u n , um 1880 (mit den Namen der Teilnehmer); 1 Photographie m i t einer Gruppe von 20 Offizieren, T h u n 1867. H e r r D r . K. J . Lüthi, Schweizer. Landesbibliothek, Bern: 2 Broschüren des Schweizer. Gutenbergmuseums und ihres Leiters, D r . K. J . Lüthi. H e r r Architekt Johannes Meier, Wetzikon (Kt. Zürich): 1 Festschrift der Antiquarischen Gesellschaft Wetzikon, 1887—1937. H e r r D r . W . J . Meyer, Vizedirektor der Schweizer. L a n desbibliothek, Bern: 1 Faksimile des Bundesbriefes von 1291. H e r r Art.-Oberst A r m i n Müller, Genf (1907—1911 General-Inspektor der Scherifsehen Polizeitruppen i n M a rokko): 1 Ehrensäbel aus Marokko, bezeichnet »Armin Müller - Maroc 1907«, m i t reicher Ziselierung, hergestellt von der »Artilleria Fabrica de Toledo«; 1 kleines, viereckiges »Butzerli«, Glasgemälde, um 1750, m i t Frau und K i n d sowie zwei Kriegern; 1 kleines, rundes »Butzerli«, Glasgemälde, um 1750, m i t Engel, Frau und M a n n i n rotem K l e i d ; 1 Wappenschild auf Porzellan, um 1800. Familie Fritz /?eöer-Klossner, Diemtigen: 1 Steinfass,

1842.

H e r r D r . Adolf Schaer-^is, Sigriswil: 1 A l b u m m i t Schweizer Ansichten von Villeneuve, um 1820.

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H e r r W . G. Spencer, Musiklehrer, T h u n : 1 Staffelei, um 1880; 1 Nähtischlein, u m 1820; 1 Reise-Schreibgarnitur, um 1820. T i t . Staat Bern durch H e r r n Pfr. Hans T r a p p , Z i m m e r w a l d : 2 Ofenkacheln m i t Landschaften. Fräulein M . Strahm, Neue Gasse 1, T h u n : 1 Uhrgehäuse aus M a j o l i k a , bez. Engemann 1879; 1 Barom.eter, vergoldete Holzschnitzerei; 1 Medaille »Gewerbe-Ausstellung Bienne 1880«; 1 Medaille »Berner Cant. Schützenfest T h u n 1877«; 1 braune Dose m i t Deckel; 2 L i c h t putzscheren; verschiedene alte Broschüren. Frau Sturm, Chaletweg 8, Dürrenast bei T h u n : 5 Münzen von 1811—1870. H e r r Ernst Teuscher, a. Direktor, Falkenhöheweg 17, Bern: 1 Tagesbefehl vom 8. Februar 1871 für die französischen Internierten i n T h u n . Fräulein Emma Wälti, Hünibach bei T h u n : 1 Lichtputzschere aus Messing, u m 1800. H e r r Prof. D r . Leo Weisz, Bolleystr. 40, Zürich: 1 W e r k »Das Bodenseebuch 1940«.

2. Schenkungen i n bar Kommando der H . D . Bew. K p . 32 B E .

3. Depot 1 Fahne des Unteroffiziersvereins T h u n (von 1907).

u n d Umgebung

4. Ankäufe 1 Butterfass auf Holzgestell, u m 1850; 1 Nidelstande, um 1850; 1 NideltrüUe, u m 1850; 1 Maletschloss m i t Schlüssel, um 1800; 1 W a p p e n der »Internierten Polen i n Thun«, 1940 (Holzschnitzerei). Thun,

den 12. November 1940. Der Konservator: Gustav

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Keller.

Ausblick v o m Bächihölzli i m 18. Jahrhundert

N i k i a u s Friedrich v o n Mülinen Schultheiss der Stadt u n d Republik

Bern

(1760—1833)

L i t h o g r a p h i e nach J o h . Caspar Scheuchzer v o n Joseph B r o d t m a n n U m die M i t t e des 19. Jahrhunderts

»LA CHARTREUSE« DER LANDSrrZ DES SCHULTHEISSEN NIKLAUS F R I E D R I C H V O N MÜLINEN

Den sanften Liebreiz des stillen Geländes i m Bächi am Thunersee, i n das die erhabene Grösse der Berge und Gletscher hereinleuchtet, entdeckte Kiklaus Friedrich von Mülinen, Schultheiss der Stadt und Republik Bern. Er erwarb das staatliche Besitztum und schuf aus i h m einen der geschmackvollsten und anmutigsten Landsitze der Schweiz ^). Aus dem obrigkeitlichen Bächigut wurde die »Chartreuse«, aus einem landwirtschaftlichen Gutsbetrieb entstand das Tuskulum des bernischen Standeshauptes, eines Weisen von seltenem A d e l der Gesinnung und des Geistes. Die reine Menschlichkeit des Gutsherrn, seine auserlesene B i l d u n g und vornehme Gastfreundschaft verliehen dem von N a t u r gesegneten Orte einen Zauber, dem sich kein Besucher entziehen konnte. E i n unvergänglicher Glanz strahlt von den heiteren Sommertagen zu uns herüber, als Schultheiss von Mülinen i n seiner geliebten »Karthause« von der Last der Staatsgeschäfte ausruhte, sich an geschichtlichen Studien erlabte, m i t seiner Familie das Leben eines Landedelmanns führte und die Ersten und Besten seiner Zeit, Könige, Fürsten, Minister, Denker, Dichter, Künstler und Gelehrte, bei sich e m p f i n g t ) . V o n der »Chartreuse« gilt seither das W o r t Goethes: »Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt Sein W o r t und seine T a t dem Enkel wieder.« ^) ^) K a r l L u d w i g Stettier. Historische T o p o g r a p h i e des Kantons B e r n . B d . 2. S. 82. (Stadtbibliothek B e r n . Mss. H i s t . H e l v . X I V . 6 L ) ^) W . F. v o n Mülinen. D i e Chartreuse bei T h u n . I n : D i e Schweiz, Schweizerische i l l u s t r i e r t e Z e i t s c h r i f t , 7. B d . , 1903 (Zürich), S. 307. ^) J m »Torquato Tasso«, 1. A u f z u g , 1. A u f t r i t t . Goethes Sämtliche W e r k e , 5. B d . : D i e klassischen D r a m e n , S. 220 ( B e r l i n u n d L e i p z i g o. J . — T e m p e l - K l a s s i k e r ) .

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Nikiaus Friedrich von Mülinen (1760—1833) war ein M a n n m i t feinsten Gaben des Herzens u n d des Geistes, ein M a n n , der die besten Eigenschaften des bernischen Patriziats verkörperte. Sein Vater war Schultheiss Albrecht von Mülinen, der 1798 m i t seinem Amtsgenossen Nikiaus Friedrich von Steiger den Sturz des altbernischen Staates erdulden musste. Nikiaus Friedrich von Mülinen weihte sein Leben dem bernischen und schweizerischen Vaterlande u n d dessen Aufbau nach den dunklen Tagen der französischen H e r r schaft. I n den Jahren 1803—1806 und 1814—1827 bekleidete er neben seinem Jugendfreunde N i k i aus Rudolf von W a t t e n w y l die Würde des Schultheissenamtes. E r stiftete die Hirtenfeste i n Unspunnen von 1805 und 1808 und gründete 1811 die erste schweizerische geschichtsforschende GesellSchaft, deren Präsident er bis an sein Lebensende geblieben ist. 1818 u n d 1824 war er Landammann der Schweiz und Präsident der Tagsatzung. 1816 wurde Mülinen i n den österreichischen Grafenstand erhoben, und 1817 erteilte i h m der König von Preussen das Grosskreuz des preussischen roten Adlerordens. A n seinem Lebensabend musste er 1831 den endgültigen Rücktritt des bernischen Patriziats und den Uebergang Berns zu einer demokratischen Staatsform erleben ^). Die i h n kannten, nennen Nikiaus Friedrich von Mülinen »des Landes Vater«, einen »Mann von altem Schweizersinn, treu, bieder, freundlich, uneigennützig, seinem Vaterland und seinem Gott ergeben bis i n den T o d « ^). Die Hauptzüge seines Charakters waren ein hoher G r a d von Mässigung i n allen Lebenslagen, eine vorbildliche, unerschütterliche Liebe zu seiner Heimat, ein allgemeines W o h l w o l l e n gegen jedermann und eine echte, bezwingende Liebenswürdigkeit^). *) [ J o h a n n L u d w i g W u r s t e m b e r g e r . ] Lebensgeschichte des Schultheissen der Stadt u n d R e p u b l i k B e r n , N i k i a u s F r i e d r i c h v o n Mülinen. A u s dem Schweizerischen Geschichtforscher [ B d . 9] besonders abgedruckt. B e r n 1837. — G. v. W y s s . N i k i a u s F r i e d r i c h G r a f v. Mülinen. I n : A l l g e m e i n e deutsche B i o g r a p h i e , 22. B d . ( L e i p z i g 1885), S. 783—789. — Egbert F r i e d r i c h v o n Mülinen. Prodromus einer schweizerischen H i s t o r i o g r a p h i e . B e r n 1874. S. 67. — T h . I m H o f . v o n Mülinen. I n : H i s t o risch-biographisches L e x i k o n der Schweiz, Deutsche Ausg., 5. B d . (Neuenburg 1929), S. 181. ^) [ E . S t i e r l i n . ] A m Grabe des H e r r n Alt-Schultheissen N . F. v o n Mülinen, 18. J a n u a r 1833. Bern 1833. S. 8. — ^) A l l g e m e i n e Schweizer-Zeitung. 5. J a h r g . , N r o . 9 (Bern, Samstag, 19. Jenner 1833), S. 64.

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Sein Schwiegersohn, Bürgermeister D a v i d von Wyss von Zürich '^), schildert den geliebten u n d verehrten trefflichen M a n n aus langjähriger Erfahrung wie folgt: »Selten fanden sich noch, wie bey i h m , überlegene Geisteskraft, vielseitige B i l d u n g und Menschenkenntniss und ein so grosser wissenschaftlicher Reichthum m i t so theilnehmender Herzensgüte und gefälliger A n m u t h i n lehrreichem, von Jedermann gesuchtem U m g a n g enge vereinigt. Seine ganze Liebenswürdigkeit entfaltete sich vorzüglich auf seinem vormaligen, von i h m selbst als geschmackvollen Kenner der Gartenkunst sorgfältig geordneten Landsitz, wo er i n seligem Genuss der schönsten N a t u r den Musen opferte, edle Gastfreundschaft übte und ein umsichtiger M'ohlthäter seiner ländlichen U m gebungen war. Niemals verliess i h n seine grosse u n d ruhige Beobachtungsgabe i m Verein m i t richtiger Schätzung des wahren Menschenwerthes, u n d er besass die seltene Seelenstärke, auch i n bewegter Zeit ohne Rücksicht auf politische Farbe reine Gesinnungen und wahre Ueberzeugung an j e dem Andersdenkenden zu ehren und seinem Wahlspruch: ,Pura me movent' stets getreu zu bleiben^).» W i e viele seiner Standesgenossen ^) besass Mülinen Landgüter, auf denen er m i t seinen Angehörigen gewöhnlich die schöne Jahreszeit zubrachte. V o r dem Untergang des alten Bern bewohnte er i m Sommer entweder den von seiner Schwiegermutter geerbten Landsitz i n Ins oder das von F r i e d r i c h v o n W y s s . Leben der beiden zürcherischen Bürgermeister D a v i d v o n W y s s , V a t e r u n d Sohn, aus deren schriftlichem Nachlass als B e i t r a g zur neuern Geschichte der Schweiz geschildert. 2. B d . Zürich 1886. S. 621. ^) Neue Zürcher-Zeitung. 1833, N r o . 8 (Sonnabend, den 26. J a nuar 1833), S. 29—30. — D e r andere W a h l s p r u c h der Mülinen l a u t e t : »Suaviter i n modo, f o r t i t e r i n re«. [ B e r c l i t o l d v o n Mülinen], F a m i l i e n Geschichte u n d Genealogie der G r a f e n v o n Mülinen ( B e r l i n 1844), S- 3. — Bildnisse des Schultheissen ausser der v o n uns veröffentlichten L i t h o g r a p h i e f i n d e n sich z. B. i n : A ( b r a h a m ) F r i e d r i c h v o n M u t a c h , Revolutions-Geschichte der Republik B e r n 1789—1815, h r g . v o n Hans G e o r g W i r z (Bern u n d L e i p z i g 1934), T a f e l nach Seite 136 ( O e l b i l d v o n Oelenhainz, 1788); H e n r y B. de Fischer, L e p o r t r a i t bernois ä travers les siecles, ler v o l . (Bäle 1920), T a f e l 58 ( B r u s t b i l d v o n L e G r a n d , 1820); Fischer, L e p o r t r a i t bernois, 3« v o l . (Bäle 1932), T a f e l 54 (Porträt v o n D a v i d Sulzer. V o r l a g e für die v o n uns wiedergegebene Lithographie?). ®) E m . F r . v o n Fischer. Rückblicke eines alten Berners. B e r n 1868. S. 72.

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i h m selbst gekaufte Gut Neuhaus zwischen Münsingen und Wichtrach. 1798 veräusserte er das Neuhaus und erwarb dafür 1799 ein G u t i n Hofstetten bei T h u n an der Einmündung des Thunersees i n die Aare ^'^). I n Hofstetten entdeckte sein für alles Schöne und Gute empfänglicher Geist und sein für die W u n d e r der Erde und des Himmels geöffnetes Auge die unvergleichliche Lage des benachbarten staatlichen Bächigutes. Die Erwerbung dieser Besitzung wurde das Z i e l seiner Sehnsucht. Sie ging i n verschiedenen Stufen vor sich. Zunächst verkaufen und übertragen i h m , dem damaligen Amtsschultheissen, am 22. März 1805 Seckelmeister und Finanzräte des Kantons Bern als Eigentum »ein acht und vierzig Klafter haltendes Stük unabträgliches L a n d von der zum obrigkeitlichen Bächigut außenher Hofstetten, ohnweit T h u n , gehörenden und an des . . . H e r r n Käufers A a r matt alldort stoßenden Holzmatt«. Der Käufer bezahlt dafür »sechszehen Franken Bernerwährung, welche sogleich von dem . . . H e r r n Käuffer i n baarem Geld bezalt worden sind« ^^). 1806 ist das Bächigut als Erblehen von Josef u n d U l r i c h Frutiger, den Söhnen des verstorbenen Josef, und Andreas und Jakob Frutiger, den Söhnen des ebenfalls schon abgeschiedenen Andreas, an Mülinen übergegangen. W i e aus dem Erblehenbrief hervorgeht, bewarben sich die bisherigen Erblehenleute, die genannten vier »wohlgehorsamen« F r u tiger von Oberhofen gemeinsam m i t »dem hochwohlgebohrnen und hochgeachten« H e r r n N . Fr. von Mülinen bei dem Seckelmeister u n d den Finanzräten des Kantons Bern darum, »daß eine unter ihnen getroffene Verkommnis . . . " ) W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 2 5 u . 7 5 . — Mülinen e r w a r b das G u t i n H o f s t e t t e n »in Folge K a u f b r i e f s v o m I t e n M e r z 1 7 9 9 , 1 8 0 0 u n d 2 2 t e n Augstmonats 1 8 0 1 « v o n G e o r g A l e x a n d e r T h o r m a n n . G r u n d b u c h amt T h u n , T h u n G r u n d p r o t o k o l l N r . 8, F o l . 2 4 3 : K a u f b r i e f vom 10. M a i 1 8 2 2 . — T h o r m a n n ( 1 7 4 7 — 1 8 2 7 ) , H e r r zu Saint Christophe ( K t . W a a d t , Bez. Y v e r d o n , Gem. C h a m p v e n t ) , O f f i z i e r i n französischen Diensten, 1 7 8 5 i m Grossen Rat, w a r v o r dem U n t e r g a n g des alten Bern seit 1 7 9 2 L a n d v o g t i n Morges u n d 1 8 0 3 — 1 8 1 3 M i t g l i e d des K l e i n e n Rats. P h . T h o r m a n n , T h o r m a n n , i n : Historisch-biographisches L e x i k o n der Schweiz, Deutsche A u s g . , 6. B d . ( N e u e n b u r g 1 9 3 1 ) , S. 7 3 3 ; Geographisches L e x i k o n der Schweiz, Deutsche Ausg., 4. B d . ( N e u e n b u r g 1 9 0 6 ) , S. 3 2 9 . ^^) Staatsarchiv des Kantons B e r n , B e r n . Fach T h u n : K a u f b r i e f v o m 2 2 . März 1 8 0 5 . — Staatsarchiv B e r n . Blaues Urkundenregister. »Bächigut bey T h u n « : K a u f b r i e f v o m 2 2 . März 1 8 0 5 .

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genehmigt und zufolge derselben der hochgeachte H e r r Schultheiß von Mülinen anstatt der bisherigen Lehen-Leute . . . m i t dem Bächi-Gut belehnt werden möchte«. Dieses A n suchen genehmigte der Kleine Rat am 2 1 . A p r i l 1 8 0 6 . Gestützt darauf haben Seckelmeister und Finanzräte am, 2 1 . M a i 1 8 0 6 »neuerdings erblehensweise hingeliehen und anvertraut: dem hochgeachten H e r r n H e r r n Nikiaus Friederich von Mülinen, Burger der Stadt Bern und Schultheiß des K a n tons und deßelben männlichen Nachkommen, nehmlich das von gedachten Joseph, U l r i c h , Jakob und Andreas Frutiger zufolge Erblehenbriefes vom 3 t e n Brachmonat 1 7 8 8 und 1 1 . Herbstmonat 1 7 9 3 vom beseßene, i m Jahr 1 7 4 3 vom Amte Thorberg zum A m t e W i m m i s und seither zur Schaffnerey des Oberamts T h u n gelegte Bächj-Gut, i n der K i r c h gemeinde H i l t e r f i n g e n gelegen«. Das Gut umfasst laut E r b lehenbrief 5 Jucharten Reben und die darauf stehenden Gebäulichkeiten m i t Trotte und Keller, 5 »Määder Heuland samt einem Eichhölzlj«, die sogenannte »Aar-Matten bey Scherzligen über« und eine kleine halbe Jucharte Reben, das »Kellj« genannt, ob dem Hünibach ^^). Nach A b l a u f eines weiteren Jahres ist 1 8 0 7 der neue Erblehenmann, Alt-Schultheiss von Mülinen, Eigentümer des Gutes geworden. L a u t Tauschbrief vom 2 3 . September 1 8 0 7 erwirbt er das Eigentum an dem Bächigut, indem er seinerseits der Regierung abtritt »zu völligem Eigenthum der ihm zugehörigen Quart des Etter-Zehndens zu Ins, wovon die übrigen Dreyviertheil bereits der Regierung zugehören«. Die Regierung behält sich ihrerseits ein Stück der Aarmatte i m U m f a n g von 3 Jucharten als Holzplatz vor, bezahlt aber ein Nachtauschgeld von 4 8 0 0 Franken, da sich auf der Quart des Etterzehntens zu Ins ein Mehrwert gezeigt hat ^^). Das Staatsarchiv B e r n . U r b a r i e n , A m t T h u n , N r . 8. S. 121—130: Erblehenbrief v o m 2 1 . M a i 1806. — Staatsarchiv Bern. I n v e n t a r i u m über die Documente des Oberamts T h u n : Erblehenbrief v o m 2 1 . M a i 1806. — G r u n d b u c h a m t T h u n . H i l t e r f i n g e n G r u n d p r o t o k o l l N r . 1. F o l . 183—189: E r b l e h e n r e c h t s - A b t r e t u n g , 1806. (Sämtliche A b s c h r i f t e n aus dem G r u n d b u c h a m t T h u n verdanke ich meinem V a t e r , Gustav Keller, Konservator des Historischen Museums i m Schloss T h u n , der die A b s c h r i f t e n v o m 19. bis 24. A u g u s t 1937 u n d v o m 27. bis 29. März 1940 für meine Geschichte des Bächigutes angefertigt hat.) ^^) Z u r Geschichte des Etterzehntens i n Ins v g l . : Egbert F r i e d r i c h von Mülinen [ u n d ] W o l f g a n g F r i e d r i c h v o n Mülinen, Beiträge zur H e i m a t h k u n d e des Kantons B e r n deutschen T h e i l s , 6. H e f t (Bern 1893), S. 260. (Statt 23. Sept. 1857 sollte natürlich gedruckt sein: 1807.)

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von Seckelmeister und Finanzräten des Kantons Bern i n dessen Namen dem H e r r n »Geg-entäüscher« überlassene obrigkeitliche Bächigut w i r d i m Tauschbrief (wie i m E r b lehenbrief von 1806) genau umschrieben. Es besteht: 1. aus 5 Jucharten Reben, zu denen »Haus und H o f , Trüel samt Keller m i t der untern Behausung u n d Scheüren« gehören, 2. aus »fünf Määdern Heüland samt einem Eichhölzlj ob den Reben und der Matten, alles an einander i n einem Zaun gelegen«, 3. aus der sogenannten »Aar Matten, bey Scherzligen über, an der A a r gelegen, sechs Manns Mäder i n sich haltend«, und 4. einer kleinen halben Jucharte Reben, »das K e l l j genannt, ob dem Hünibach, i m Gericht Steffisburg, Ambts T h u n gelegen, so laut U r b a r zu der Zeit, da das Bächigut noch dem A m t Thorberg zugedienet, durch M a r t i n Schneider gegen eine daselbst angenommene Pfrund eingekehrt worden«. Während die zuletzt aufgeführte halbe Jucharte »außer dem gewohnten Zehnden frey, ledig u n d eigen« ist, haften an den unter Z i f f e r 1—3 aufgezählten Grundstücken bestimmte Rechte und Pflichten. »Diese M a t ten haben« laut Tauschbrief »Rechtsamme i n Holz u n d Feld, W u h n und W e i d auf der Gemeinde H i l t e r f i n g e n A l l m e n t , so weit sie fahren, u n d dienet zu diesem Gut die Wäßerung vom Hünibach, dieselbe nach bestfindendem Nutzen darauf zu leiten und zum Gebrauch anzuwenden, ohne einiche H i n terniß.« Die Reben geben den »gewohnten Zehnten i n das Stifthaus zu Oberhofen, das M a t t l a n d aber der Pfarre H i l terfingen den üblichen Getreyd-, W e r c h - und Flachs-Zehnden, und zwar w i r d nach Ausweis des Pfrund-Urbars i n diesem Zehndbezirk die dreyßigste Garbe aufgestellt«. Ferner gebührt der Gemeinde H i l t e r f i n g e n »jährlich zehen Schilling für den Heüzehnten und fünf Schilling Bodenzins von einem zu der einten Matten eingeschlagenen Stücklein Erdreich«. Vorbehalten w i r d hierbei: 1. Es verbleibt der Regierung, wie erwähnt, ein Stück von drei Jucharten von der sogenannten Aarmatte längs der Aare als Eigentum: 2. von der Strasse, die von T h u n nach Oberhofen führt, soll durch die, Schultheiss von Mülinen übergebene Aarmatte hinab ein fünfzehn Schuh breiter Fahrweg offen gelassen werden; 3. Schultheiss von Mülinen soll seinerseits berechtigt sein, zuoberst oder zuunterst an dem der Regierung gehörenden L a n d eine Schifflände anzulegen u n d von dieser eine W e g rechtsame gegen sein L a n d hinauf auszuüben; 4. das obrig-

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keitliche Grundstück soll m i t einem Lattenzaun und Lebhag eingefristet werden; ihre Erstellung wie der nachherige U n terhalt geschieht auf gemeinschaftliche Unkosten ^^). V o n 1807 bis 1831 hat Mülinen das Bächigut als sein Eigentum besessen. Unfruchtbares L a n d verkaufte er, und durch Tausch u n d Kauf rundete er das Besitztum ab. 1811 verkauft er an Johann Deci, A l t - V e n n e r , und dessen jüngeren Sohn Friedrich Deci, Negotiant, beides Burger von und i n T h u n , ein ungefähr fünf Viertel Jucharten haltendes Stück Moosland am Bächihölzli i m Gericht und i n der Kirchhöre H i l t e r f i n g e n , nebst einem Riemen L a n d zwischen dem Bächihölzli und der Besitzung des Venners Deci. Der Kaufpreis von 400 Bern-Kronen oder 1000 Schweizer F r a n ken ist i n zwei Terminen zu bezahlen ^^). Der Tausch erfolgt 1818 zwischen Mülinen, damals Bundespräsident der Eidgenossenschaft u n d neuerdings Schultheiss der Stadt und Republik Bern, als Vertäuscher und der Dorfgemeinde H i l t e r fingen als Gegentäuscher. Mülinen t r i t t der Gemeinde eigentümlich ab: »Das zu Hochdesselben besitzenden Bächigut gehörende H o l t z - u n d Allmendrecht i n der H i l t e r f i n g e n W a l d u n g u n d auf der dasigen A l l m e n d , so wie selbiges bisher genutzet und ausgeübt worden ist.« Die Dorfgemeinde H i l t e r f i n g e n hingegen überträgt i h m als Eigentum: das an den Hünibach, »an Christen Jaggis, Jakob Ritschard und U l r i c h Frutigers, Eingangs an des gnädigen H e r r n V e r täuschers Bächigut«, an Friedrich Decis Riedgut und an den Riedweg stossende »obere H i l t e r f i n g e n - A l l m e n t l e i n , ungefehr zwey Jucharten gross, m i t darauf befindlichem H o l t z wachs« u n d »ein Einschlag und Wasenplätz an der H i l t e r fingen-Strasse, untenher gesagtem Bächigut liegend und an dasselbe anstossend«. Die abgesteckte, neu zu errichtende Riedgasse hat »der gnädige H e r r Vertäuscher« auf seine Staatsarchiv B e r n . Dokumentenbuch. E r l a c h , T e i l 2. S. 264— 276: T a u s c h b r i e f v o m 23. H e r b s t m o n a t 1807. — Blaues U r k u n d e n register. »Bächigut bey T h u n « : T a u s c h b r i e f v o m 23. Sept. 1807. — Grundbuchamt T h u n . T h u n G r u n d p r o t o k o l l N r . 2. F o l . 162—167: Tauschbeile v o m 23. H e r b s t m o n a t 1807. — A u s dem Angeführten erg i b t sich, dass die A n g a b e Wurstembergers (a. a. 0 . , S. 164) v o m A n k a u f des Bächiguts d u r c h Schultheiss v o n Mülinen i m J a h r 1806 d a h i n zu berichtigen ist, dass Mülinen das G u t 1806 als Erblehen u n d 1807 d u r c h Tausch als E i g e n t u m e r w o r b e n hat. ^^) G r u n d b u c h a m t T h u n . H i l t e r f i n g e n G r u n d p r o t o k o l l N r . 3. F o l . 59 f f . : Kaufbeile v o n 1811

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Kosten i n brauchbaren u n d währschaften Stand stellen zu lassen. Der Gemeinde H i l t e r f i n g e n obliegt i n Z u k u n f t ihre Instandhaltung. Die zwischen der Riedgasse u n d dem Hünibach befindlichen und später wachsenden Stauden und Gesträuche behält sich die Gemeinde zur Erhaltung der dortigen Schwellen als Eigentum vor ^^). Vier Jahre nach diesem Tausch, 1822, kauft Mülinen »von Bendicht Nachts Witwe« zwei Liegenschaften, nämlich »eine Behausung nebst Garten u n d vier Jucharten M a t - u n d A k e r l a n d an dem Rufeli, i n der Gemeinde Goldewyl und dem Gericht T h u n gelegen«, sowie »eine bey vierzig Klafter haltende Beünde i m Bächi, Gerichts Hilterfingen« ^^). E i n Freund und Zeitgenosse Mülinens, Johann Rudolf Wyss, der Jüngere, hat 1818 die Lage des Gutes i m Bächi beschrieben. »Die Gegenden von Thun«, sagt er, »gehören zu den schönsten der Schweiz, und das Lustwäldchen des Bächigutes gehört zu dem Schönsten i n den Gegenden von T h u n . Eine Viertelstunde von der Stadt, zur Rechten der A a r , wo sie den herrlichen Thuner-See verlässt, erhebt sich das lichte Gehölz m i t Eichen und Buchen und Kiefern auf dem Rücken eines mäßigen Hügels,, der bey den Häusern von Hünibach beginnt, südwärts über Wiesen, Baumgärten und Reben frey nach dem blauen Seespiegel, nach dem Kirchthurme Hilterfingens, nach Abendberg, Morgenberg, Suleck, den A l p g i p f e l n , und hoch über diesen nach den silbernen Zinnen der Jungfrau und der beyden Eiger blicken läßt. Selbst der Niesen i m Westen erhebt seine streifigen Halden frey am Horizont empor, u n d hart vor seinem Fusse zeigt sich weiß auf tanngrünem Hintergrunde der T h u r m des verödeten Schloßes Strättlingen, eines u r a l ten, einst von den Bernern m i t Sturm eroberten Sitzes mächtiger Herren i m Hochgebirge« ^^). I n dieser klassischen Landschaft gestaltete i m L a u f der Jahre der schöpferische W i l l e des bernischen Schultheissen aus dem Bächigut und dem Bächihölzchen einen wundervollen Landsitz. So oft er ") 261ff.: ^'') 113. f f : :

G r u n d b u c h a m t T h u n . H i l t e r f i n g e n G r u n d p r o t o k o l l N r . 5. F o l . T a u s c h b r i e f v o n 1818. G r u n d b u c h a m t T h u n . H i l t e r f i n g e n G r u n d p r o t o k o l l N r . 8. F o l . K a u f heile v o n 1831. J . R. W y s s , der jüngere. H e i n r i c h u n d I t h a . I n : A l p e n r o s e n , e i n Schweizer A l m a n a c h auf das J a h r 1819, h r g . v o n K u h n , Meisner, W y s s u . a. (Bern, L e i p z i g ) , S. 139—140. . .; ... .:,

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Die »Karthause« des Schultheissen v o n Mülinen A n s i c h t v o n Westen.

U m 1825

sich i n Hofstetten aufhielt, war die Verschönerung des neuerworbenen Besitztums seine Lieblingsbeschäftigung, die i h m eine für seine schwankende Gesundheit sehr zuträgliche, stärkende u n d wohltätige Zerstreuung gewährte ^^). Die Pracht der Natur, persönliche Neigung und Gesinnung des Eigentümers und der Geist der Zeit begünstigten und förderten das Unternehmen. Das 18. Jahrhundert hatte die Schönheit der Katur und des Lebens entdeckt. E i n süsser Schauer der Begeisterung durchströmte die Menschheit, welche glaubte, die verlorene Seligkeit und das Glück des Urzustandes und der Kindheit i n einer genügsamen, a n spruchslosen Lebensweise, fern vom Verderben der Städte und der Gesellschaft am Busen der N a t u r zurückzugewinnen. I m Ruf nach N a t u r gab die Aufklärung ihre Sehnsucht nach Freiheit kund, nach Beseitigung der strengen Fesseln des vorangehenden Jahrhunderts. Es war der Ruf nach Befreiung, Lösung und Verselbständigung gegenüber der Lebenseinschnürung des Barock und seiner Unterordnung des Menschen. Schranken des Glaubens, des Verkehrs, der Stände fielen, die Sklaven zerrissen ihre Ketten, und aus den Tiefen des Daseins tauchten die schuldlosen u n d reinen Geschöpfe der N a t u r auf, die H i r t e n , die W i l d e n , die Tiere, die Blumen und die Kinder. Der Mensch suchte Befreiung i n der Natur, er suchte weniger die wirkliche u n d ganze Natur, die N a t u r als solche, ihn dürstete und hungerte nach dem von allem Z w a n g befreiten Menschen. M a n vermenschlichte die Natur. M a n liebte i n i h r nicht so sehr das Mächtige und Erhabene, als das Behagliche und Liebliche. Selbst ein Kant spricht dem Hochgebirge und dem tobenden, stürmischen Meer die Bezeichnung erhaben ab ^°). Diesem empfindsamen N a t u r - und Lebensgefühl entsprachen das idyllische Lebensbild u n d die Hirtendichtung. Fern von dem öffentlichen und bewegten Treiben der Städte strebte man nach der V e r w i r k l i c h u n g eines Schönheitstraumes i n der Stille des unberührten Landes. Eine arkadische W e l t erschien als höchstes Ideal, und das anspruchslose u n d friedliche Dasein eines H i r t e n oder Schäfers i n der Ruhe und SchlichtW u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 164—165 u . 301. ^'*) K a r l Joel. W a n d l u n g e n der W e l t a n s c h a u u n g . Eine Philosophiegeschichte als Geschichtsphilosophie. 1. B d . Tübingen 1928. S. 630— 631, 654 u . 657.

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heit der N a t u r galt als höchstes Glück 2^). U m die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert schloss jedoch der Mensch, der sich befreit und i n der Stille und Loslösung gefunden hatte, das übervolle Ich der W e l t auf, lebte sich ein i n das göttliche A l l und ergoss seine Seele i n die N a t u r zur Selbstausweitung i n kosmischer Hingabe an das Eine, A l l gemeine, Absolute. Die klassische Zeit des deutschen Idealismus ersehnte die Vereinigung des Menschlichen m i t dem Göttlichen, des Einzelgeistes m i t dem Weltganzen und f o r derte ein harmonisches Ineinanderleben von Seele und W e l t , von Einzelnem und Allgemeinem. Der Unendlichkeitsdrang der Romantik m i t seinem Weltrausch der Allhingabe übersteigerte den Vollendungstrieb der Klassik bis zur Unerfüllbarkeit ^^). Die Schöpfung des Landschafts gar tens i m Bächi bei T h u n durch einen M a n n , der i n sich vollendet war und das weltoffene Auge Goethes besass, ging wie bei der Anlage des Parks i n W e i m a r aus dem Bestreben hervor, »die L a n d schaft zu verschönen, indem man ihr ihren eigenen Reiz abgewann« ^^). Die Entstehung des neuen, allseitigen N a t u r gefühls, das die Freiheit i n der N a t u r liebte und ersehnte, und die Entdeckung der Landschaft wandte sich in der G a r tenkunst gegen die Regelmässigkeit des alten Gartens, seine Geradlinigkeit und Räumlichkeit, die künstlichen Formen seiner Bäume und Hecken. M a n streifte den geometrischen und architektonischen französischen Gartenstil des Barock ab und legte i m englischen Parkstil geschaffene L a n d schaftsgärten an^*). Die frühere enge Verbindung von Haus und Garten löste sich. Die geradlinigen Gärten, die nur die erweiterten Aussenräume des Hauses waren, empfand ein neues Geschlecht als steif, unnatürlich und gezwungen. M a n verlangte, Landschaft und Gärten hätten eine harmonische Gustav Schneider. Ueber das Wesen u n d den E n t w i c k l u n g s g a n g der I d y l l e . I n : B e r i c h t über das 12. S c h u l j a h r 1892—1893 [ h r g . v o m ] W i l h e l m - G y m n a s i u m zu H a m b u r g ( H a m b u r g 1893), S. 19. — J . H . Schölte. H i r t e n d i c h t u n g . I n : P a u l M e r k e r u n d W o l f gang Stammler, R e a l l e x i k o n der deutschen Literaturgeschichte, 1. B d . ( B e r l i n 1925/26), Seite 499. - 2 ) Joel, a. a. O., 2. B d . (Tübingen 1934), S. 275, 286 u . 326. — ^^) M a r i e Luise G o t h e i n . Geschichte der Gartenkunst. 2. B d . Jena 1914. S. 396. ^*) Joel, a. a. O., 1. B d . , S. 656—657.

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Einheit zu bilden. Die freie N a t u r sollte i n den Garten einziehen. Der Garten sollte ein Stück Landschaft, er sollte malerisch sein wie die Natur, das Auge i n steter Bewegung halten und alle Unfreiheit vermeiden ^^). Verpönt und verabscheut war die Gerade. Dem gewandelten Kunstwillen entsprach die als echt und natürlich empfundene krumme oder gebogene L i n i e . Der i n England begründete neue Stil ging von einem bestimmten Begriff der N a t u r aus. Schöne Natur war nun der anmutige Wechsel weicher Formen, sanfter Hügelschwellungen, saftig grüner Wiesenflächen m i t weidendem Vieh, gewundener Flussläufe und beschatteter Seen^^). Frei musste der Blick über M'^iesen schweifen, und unbehindert hatten Bäume, Sträucher und Gebüsche sich zwanglos zu reizvollen, den Besucher entzückenden Gruppen, Hainen, Wäldchen zusammenzufinden. Bäche schlängelten sich durch den Wiesengrund, von Buschwerk begleitet, ein Teich oder See bot m i t Buchten und geschwungenen U f e r n stets neue Abwechslung. Das Gelände war leise bewegt, ein Hügel gewährte Aussicht, and i n Schlangenlinien führten die Wege, stets neue Ausblicke erschliessend. Unbegrenzt von Mauern, Hecken und Baumreihen blickte man i n die freie Landschaft und Umgebung hinaus, auf still träumende Dörfer, auf leicht gekräuseltes Gewässer, auf wogende Felder, ferne Hügel und schimmernde Berge ^'^). Mensch und Natur, menschlicher Ausdruckswille und organische N a t u r sollten zu einer lebendigen Einheit zusammenklingen, i n der alle Gegensätze des Seins aufgehoben sind ^^). Aus dem Bedürfnis nach Beseelung und V e r geistigung der N a t u r entsprang die Sitte, an ausgezeichneten oder lauschigen Orten Gedenksteine m i t sinnreichen I n schriften zu errichten oder solche an Gebäuden und Bäumen anzubringen^^). E i n unbeschreiblicher Zauber durch webt diese, i n grossen Tagen entstandenen Gartenanlagen. V i e R u d o l f Lüttich. Schlossgarten u n d ger Studie. 2. A u f l . H e i d e l b e r g 1924. S. -®) E m i l E r m a t i n g e r . Deutsche K u l t u r Potsdam (1935). S. 107. ( H a n d b u c h der H e i n z K i n d e r m a n n . 1. A b t e i l u n g . ) " ) Lüttich, a. a. O., S. 39. ^*) Franz K o c h . Deutsche K u l t u r des S. 171. ( H a n d b u c h der Kulturgeschichte, 0 . , 2. B d . , S. 293. -») E r m a t i n g e r , a. a. O., S. 109.

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Barockbau. Eine Schwetzin38—39. i m Z e i t a l t e r der Aufklärung. Kulturgeschichte. H r g . v o n

Idealismus. Potsdam (1935). 1. A b t e i l u n g . ) — Joel, a. a.

les ist heute zerstört oder verschwunden, vieles verwittert, verwuchert, verfallen und übermoost. Aber wie dichterische Weihe, wie ein Hauch grosser Zeit umfängt es den Besucher. A u c h über die Eingangspforte zu Mülinens L a n d sitz hätte man die Verse setzen können: »Hier wohnt Stille des Herzens. Goldene Bilder Steigen aus der Gewässer klarem Dunkel. Hörbar waltet i m Quell der leise Fittich Segnender Geister!« Das Bächigut des Schultheissen von Mülinen, das wie aus einem Guss geschaffen erschien, ist i n den Jahren von seiner Erwerbung 1807 bis zum Beziehen des neuen L a n d hauses 1821 entstanden. W i e verschiedene Schilderungen bezeugen ^^), hat Mülinen die Anlagen des Gartens bereits vor dem Bau des Wohnhauses vollendet. Erst nach der A u s gestaltung des Bächihölzchens zu einem englischen G a r ten ist am südlichen Fuss des Hügels, dessen A b h a n g m i t Reben bewachsen war, der Herrchaftssitz errichtet worden. Mülinens Achtung vor dem Gewordenen und sein guter Geschmack bewogen i h n , keinen Neubau aufzuführen, sondern bloss das alte Haus umzugestalten und als den althergebrachten und organischen Mittelpunkt des Ganzen an dem gleichen Platze bestehen zu lassen. Der Umbau des alten, unförmlichen Hauses, das als Wirtschaftsgebäude und Trotte vielleicht schon seit der M i t t e des 16. Jahrhunderts bestan^) P a u l Kühn. W e i m a r . 4. A u f l . , bearb. v o n Hans W a h l . L e i p z i g 1925. S. 60. W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 305. G. F. Studer. Z w e y T a g e i n T h u n . B e r n 1822. S. 36—39. — Studers Beschreibung ist i m Sommer 1810 verfasst, 1811 i n H e i n r i c h Zschokkes »Miszellen für die Neueste Weltkunde« zuerst veröffentlicht u n d 1822 i n unveränderter F o r m als selbständiges Büchlein neu a u f gelegt w o r d e n , l i e b e r Studer u n d seinen Aufsatz v g l . des Verfassers E i n l e i t u n g i n : Gustav Keller u n d Hans Gustav Keller, Das schöne alte T h u n , ein Besuch i n T h u n zur Biedermeierzeit, T h u n 1939, S. 7—12. — [ A l b r e c h t K a r l L u d w i g ] Kasthofer. W a n d e r u n g i n das Siebenthal ( i m Frühjahr 1812). I n : A l p e n r o s e n , ein Schweizer A l m a n a c h auf das Jahr 1813 (Bern), S. 162—165. — J . R u d . W y s s . Reise i n das Berner O b e r l a n d . ( 1 . Hälfte.) B e r n 1816. S. 254—258. ^^) F. N . König. Reise i n die A l p e n . Bern 1814. S. 3.

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den hat, ist 1819 begonnen worden. Der Bauherr entschied sich zur Anwendung des gotischen Stils, der i m 19. Jahrhundert häufig sowohl für kirchliche als auch für weltliche Bauten verwendet worden ist^^). Sein Entschluss ging aus der Erwägung hervor, dass das Bächigut früher einmal dem Kartäuserkloster Thorberg gehört hatte. Er wollte seinem Landsitz i m Bächi »das Gepräge des A l t e r tums und der gewesenen geistlichen Bestimmung« verleihen. Deshalb Hess er i h n »in gothisch-klösterlichem Geschmacke« und »hinten an dem Gebäude einen über dasselbe emporragenden T u r m aufführen und die Spitze desselben m i t einem Kreuz versehen« ^ß). Die Fenster des Turms waren i m gotischen Spitzbogenstil gehalten, desgleichen die Friese rings u m das Haus, verschiedene Fenster und eine Türe auf der Ostseite des Hauses. V o m alten Bau soll schliesslich nichts übrig geblieben sein als das grosse Dach ^•'). Das E r d W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 298—299. — [ W o l f g a n g N i k i a u s F r i e d r i c h ] v o n Mülinen. Geschichte des Chartreuse-Gutes b. T h u n . 1900. Vervielfältigter h a n d s c h r i f t l i c h e r Aufsatz. S. 1. (Exemplar i m Besitz v o n H e r r n A r c h i t e k t Johannes M e i e r i n W e t z i k o n . ) — Leo V . Wyss. Jugenderinnerungen aus dem Leben des sei. Prof. D r . F r i e d r i c h v o n Wyss. I n : Zürcher Taschenbuch auf das J a h r 1912, N . F. 35. J a h r g . (Zürich 1912), S. 207. — D i e A n g a b e , der U m b a u habe 1820 stattgefunden, w i e L o h n e r schreibt, ist f o l g l i c h zu berichtigen. V g l . C a r l F r i e d r i c h L u d w i g L o h n e r , C h r o n i k der Stadt T h u n , aus den Quellen gesammelt u n d zusammengestellt, B d . 2, H a n d s c h r i f t ( S t a d t b i b l i o t h e k T h u n ) . ( I c h verdanke die verschiedenen A b s c h r i f t e n aus Lohners C h r o n i k u n d seinen H i s t o r . Bruchstücken meinem V a t e r , M u seumskonservator Gustav Keller.) ^^) Ueber die V e r w e n d u n g der G o t i k z. B. i n Deutschland v o n 1815—1848 v g l . : K a r l W o e r m a n n , Geschichte der Kunst aller Z e i t e n u n d Völker, 2. A u f l . , B d . 6 ( L e i p z i g 1924), S. 169—177. ==«) C. F. L . L o h n e r . Historische Bruchstücke über T h u n . B d . 12: D i e Carthause i m Bächi, Kirchgemeinde H i l t e r f i n g e n . Handschrift. (Stadtbibliothek T h u n . A b s c h r i f t v o n Gustav Keller.) — W u r s t e m b e r ger, a. a. O., S. 299. '^) ( C a r l H o w a l d . ) Chronistische Memoires. (1842.) S. 116. (Stadtu n d Hochschulbibliothek B e r n . Mss. H i s t . H e l v . X X I ^ . 398.) — Das auf die Spitze des T u r m s gesetzte Kreuz gab b a l d Anlass zu den albernsten Gerüchten u n d Missdeutungen. A l s 1821 K a r l L u d w i g v o n H a l l e r s , des berühmten Verfassers der »Restauration der Staats-Wissenschaft«, U e b e r t r i t t zu der katholischen R e l i g i o n bekannt w u r d e u n d Mülinen für die Beobachtung der gesetzlichen F o r m e n i n der B e h a n d l u n g dieser Angelegenheit e i n t r a t , schloss die herrschende Leidenschaft, die n u n allenthalben Glaubenswechsel w i t t e r t e , auf eine N e i g u n g des Schultheissen zur römischen K i r c h e u n d führte das bedenkliche Kreuz auf dem T u r m der Kartause zum Beweise an. Mülinen wusste u m dieses Gerede, Hess es auf sich beruhen u n d sich wieder v e r l i e r e n . Wurstemberger, a. a. O., S. 299 u. 303—304.

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geschoss umgab Mülinen auf der W e s t - und Südseite m i t einer breiten, offenen Bogenhalle, an deren weissen Wänden i n grossen gotischen Buchstaben ^s) die Geschichte des Bächiguts i n sechs Strophen auf Stein eingegraben wurde. A m Abschluss der H a l l e nach Osten befanden sich drei Fenster mit Glasgemälden, die bei Sonnenaufgang prächtig leuchteten und funkelten. I m Herbst 1820 war der U m b a u des Hauses bis an das oberste Stockwerk des Turms gediehen. I m folgenden Jahr 1821 ist der hochragende T u r m und der Ausbau des einstöckigen Gebäudes beendigt worden. I m J u l i 1821 konnte Mülinens Familie das Landhaus i m Bächi, ihren künftigen Sommeraufenthalt, beziehen. Der Schultheiss, der Bern i n diesem Sommer auf der Tagsatzung i n Zürich vertrat, reiste am 20. August, begleitet von seiner Gemahlin u n d der Tochter M a r i a , nach T h u n , um das Ende der schönen Jahreszeit i m Bächigut zu geniessen. Nachdem Schultheiss von Mülinen die erste Nacht i n dem umgebauten Hause zugebracht hatte, soll i h n der frühere Bewohner Frutiger gefragt haben: » W i e habt I h r zum erstenmal i n Eurem neuen Haus geschlafen, Junker Schultheiss?« A u f diese Frage hat Mülinen, dem die Gespenstergeschichten vertraut waren, die man sich vom Bächihaus und Bächihölzchen zuflüsterte, nach der Ueberlieferung lächelnd zur A n t w o r t gegeben: »Es sind keine Kartäuser gekommen, mich i n die Zehen zu beissen!« ^^). Seiner gelungenen Schöpfung legte Mülinen den romantischen Namen »La Chartreuse« oder »Karthause« bei. Er dachte, wie bei der kirchenähnlichen Gestaltung des Baus, an die Geschichte des Gutes. Der Darsteller seiner Lebensgeschichte, Wurstemberger, bemerkt zu dieser Benennung des Gutes als einer Kartause, dass »deren gewöhnlich angenommene düstere Bedeutung die daselbst einheimisch gewordene zuvorkommende Gastfreundschaft u n d vorherrschende heitere Gemüthlichkeit eher vortheilhaft umwandelten als rechtfertigten« '^^). Das H o f stettengut war seit dem Umzug i n die »Chartreuse« überflüssig geworden. Mülinen verkaufte es 1822 an Bernhard Friedrich Kuhn. E r trennte sich nur ungern von dem W o h n E d u a r d Osenbrüggen. W a n d e r s t u d i e n aus der Schweiz. 5. B d . Schaffhausen 1876. S. 49. H o w a l d , a. a. O., S. 116. L o h n e r , Historische Bruchstücke über T h u n , B d . 12. — W u r stemberger, Lebensgeschichte des Schultheissen der Stadt u n d Republik B e r n , N i k i a u s F r i e d r i c h v o n Mülinen, S. 299, 301 u . 305.

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sitz, den er ganz nach seinem Sinn eingerichtet und wo er viele schöne u n d schwere Tage seines Lebens zugebracht hatte 41). Einfach u n d gediegen wie die äussere Form und Anlage der »Chartreuse« war die Einrichtung des Innern. Jeglicher Prunk und übermässige A u f w a n d war aus dem Hause verbannt. Die A n o r d n u n g der Räume u n d ihre Ausstattung war bequem und behaglich. Die vornehme Schlichtheit des L a n d hauses und seiner Bewohner verbreiteten u n d verrieten eine wohltuende Atmosphäre echter K u l t u r u n d Geistigkeit. Eine reiche Sammlung von Gemälden bedeckte die Wände ^^). A n den Fenstern glänzte die Farbenpracht gemalter Scheiben 4^). Einen unvergesslichen Eindruck hinterliess bei allen Gästen der grosse gotische Saal i m Erdgeschoss und die berühmte Bibliothek i m T u r m . I m grossen Saale, wo man auch zu speisen pflegte, schauten von den getäfelten Wänden die Bildnisse hervorragender Eidgenossen auf ihre Enkel herab. M a n erblickte hier die Männer aus der Heldenzeit der Schweizergeschichte und bedeutende Schweizer aus späteren *i) G r u n d b u c h a m t T h u n . T h u n G r u n d p r o t o k o l l N r . 8. F o l . 243— 247: K a u f b r i e f v o m 10. M a i 1822. — W u r s t e m b e r g e r , a . a . O . , S. 3 0 6 . — K u h n (1762—1825), ehemals Professor der Rechte, Staatsmann zur Z e i t der H e l v e t i k u n d w i e Mülinen ein Angehöriger der bernischen Z u n f t zu Schmieden, w a r ein Jurist von glänzenden Gaben, ein bedeutender u n d edler M a n n , den ein trauriges Los i m Irrenhaus enden Hess. Ueber K u h n : E. Bioesch, B e r n h a r d F r i e d r i c h K u h n (1762—1825), ein b e r n i scher Staatsmann zur Z e i t der H e l v e t i k (Bern 1894), ( N e u j a h r s b l a t t , h r g . v o m H i s t o r . V e r e i n des Kantons B e r n für 1895); P a u l W ä b e r , D i e Gesellschaft zu Schmieden i n B e r n (Bern 1938), S. 435; [E.] Blösch, B e r n h a r d F r i e d r i c h K u h n v o n B e r n (1762—1825), i n : A l l g e m e i n e deutsche B i o g r a p h i e , 17. B d . ( L e i p z i g 1883), S. 338. — K u h n hat das G u t i n H o f s t e t t e n bei T h u n schon 1824 w i e d e r an D i o n y s v o n Rougem o n t weiter v e r k a u f t . C. F. L . L o h n e r , C h r o n i k der Stadt T h u n , B d . 2. (Stadtbibliothek T h u n . ) *^) Comte d ' A u g i c o u r t . L a Chartreuse (1828). I n : L o h n e r , H i s t o rische Bruchstücke über T h u n , B d . 8, S. 455—463 ( H a n d s c h r i f t , S t a d t bibliothek T h u n ) . — D e r Verfasser ist w a h r s c h e i n l i c h j e n e r M a r i e J o s e p h - H e n r i - P a u l H u g o n Comte d ' A u g i c o u r t - P o l i g n y , v o n dem eine A n z a h l Veröffentlichungen bekannt sind. V g l . : Catalogue general des livres imprimes de l a Bibliotheque nationale, A u t e u r s , T o m e 5 (Paris 1924), Spalte 326—327; Gesamtkatalog der preussischen B i b l i o t h e k e n . . ., [Bd.] 8 ( B e r l i n 1935), Spalte 391. — I c h verdanke den H i n w e i s auf d ' A u g i c o u r t H e r r n S. A . Gassner i n T h u n . Mülinen, D i e Chartreuse bei T h u n , a. a. 0 . , S. 307. — L o h n e r , H i s t o r . Bruchstücke, B d . 12.

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Zeiten. Es waren die Bildnisse der Feldherren und Staatsmänner Rudolf von Erlach, Hans von H a l l w y l , Hans W a l d mann und A d r i a n von Bubenberg, diejenigen des Gelehrten und Schriftstellers Johann Jakob Bodmer und des Staatsmannes Johann Rudolf Wettstein ^^), ferner der beiden Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi und Johannes von Müller ^^). Unter und neben ihnen hingen die Porträte der beiden bernischen Schultheissen Nägeli und Steiger 4^), das B i l d des Landammanns Alois Reding von Schwyz 4") und des Gelehrten und Dichters Albrecht von H a l l er. I n einer Nische standen »die i n Holz geschnitzten Bilder Winkelrieds und Niklausen von Flüe« ^^). W i e Mülinen i n seiner Umgebung nur wesentliche und wahrhaftige Menschen duldete, so erfüllte er sein neues H e i m m i t den Bildnissen jener Männer, die seiner hohen Seele nahestanden*^). Aus dem grossen Saale stieg man über Treppen hinauf zu der B i b l i o thek i m obersten Stockwerk des Turms. Die »beträchtliche, vorzüglich an Handschriften und gedruckten Schweizerwerken reiche Bibliothek« ^^), die Mülinen von seinem Vater geerbt hatte, ist von ihm, wie Mitlebende urteilten, »zu einer der schönsten i n der ganzen Schweiz und wohl unzweifelbar zur reichsten Privatsammlung i n derselben erhoben worden« ^^). An der Türe, die i n die Bücherei führte, las man i n grossen, goldenen Buchstaben die lateinische Ueber Bodmer u n d W e t t s t e i n hat Salomon H i r z e l 1784 u n d 1808 j e ein v o n der S t a d t b i b l i o t h e k Zürich herausgegebenes N e u j a h r s b l a t t verfasst. M i t dem 1809 verstorbenen Müller w a r Mülinen seit 1783 d u r c h eine enge Freundschaft herzlich verbunden. V g l . W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 2 1 . Es s i n d w o h l Hans Franz Nägeli u n d Johannes Steiger, deren Feindschaft u n d Versöhnung Salomon H i r z e l 1806 i n einem N e u j a h r s b l a t t der S t a d t b i b l i o t h e k Zürich geschildert hat. " ) R e d i n g w a r ein i n F r e u d u n d L e i d oft u n d t r e u erprobter F r e u n d Mülinens. E r ist 1818 gestorben. W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 288—289. Mülinen i n seinem Testament v o m 12. Oktober 1832. W u r s t e m berger, a. a. O., S. 420. *") J . C. Appenzeller. I n s p i r a t i o n s ä l a Chartreuse, pres de Thoune. Berne 1826. S. 3—4. — Mülinen, D i e Chartreuse bei T h u n , S. 307.— D i e Bildnisse aus Mülinens »Karthause« bei T h u n befinden sich gegenwärtig (1940) zum T e i l i m Schloss Jegenstorf. ^°) Mülinen i n seiner l e t z t w i l l i g e n Verfügung v o n 1832. W u r s t e m berger, a. a. O., S. 419. " ) W u r s t e m b e r g e r , a. a. 0 . , S. 14.

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Inschrift: »Vita sine literis mors est« ^^). W e r dieses H e i l i g tum betrat, fühlte, dass hier die guten Geister der V e r gangenheit m i t allem, was sie getan, geschaut, gehört, gedacht und gefühlt hatten, allgegenwärtig waren. Ihre Werke standen auf zahlreichen Gestellen und schienen die kostbare Erbschaft zu sein, die grosse Männer einem Manne hinterlassen hatten, der ihrer würdig war und der sich ihre Gedanken und die Früchte ihrer Erfahrung zu eigen gemacht hatte, u m sie seinem Jahrhundert und der Nachwelt m i t z u teilen. V o n der W a n d grüssten die Bildnisse Herzog Leopolds von Oesterreich, an dessen Seite ein Ahnherr des Schultheissen, Albrecht von Mülinen, i n der Schlacht von Sempach den Heldentod gefunden, und dasjenige Karls des Kühnen von Burgund, gegen den andere Vorfahren, Johans Henman, Hans Albrecht und Hans Friedrich von Mülinen, bei Hericourt, Grandson und M u r t e n gekämpft hatten ^3). Feierliche Stille herrschte i n dem Raum. H i e r erholte und erquickte sich der Besitzer der »Chartreuse« beim Studium und bei wissenschaftlicher A r b e i t von der Last der Staatsgeschäfte. Die Bibliothek war für i h n eine den Musen und der Freundschaft geweihte Stätte ^^). Wesen und Eigenart des Gutsherrn, seiner Besitzung und des Zeitalters spiegelte das sechsstrophige Gedicht an den Aussenwänden der säulengetragenen schattigen H a l l e wider, die das Haus auf seiner Süd- und Westseite umgab. M i t dichterischer Freiheit erzählte es die Geschichte des Bächiguts und des Bächihauses. Es wäre ein I r r t u m , von ihm einen wahrheitsgetreuen Bericht zu erwarten, wie das Appenzeller g i b t (a. a. 0 . , S. 4) die lateinisch abgefasste I n schrift auf französisch w i e d e r : »Sans l a science, l a vie n'est qu'une mort«. D i e vollständige lateinische Fassung lautet: »Vita sine literis mors est, et hominis v i v i sepultura«. D e r Ausspruch stammt v o n dem römischen Philosophen, D i c h t e r u n d Staatsmann Seneca, der die V o r herrschaft der W e i s e n , A r i s t o k r a t i e sowie weltbürgerliche E r z i e h u n g gefordert u n d das Glück der Müsse v e r h e r r l i c h t hat. V g l . : L . D e - M a u r i (Ernesto Sarasino), Flores sententiarum ( M i l a n o 1926), S. 507; Ernst H o w a l d , D i e W e l t a n s c h a u u n g Senecas, SA. aus den N e u e n Jahrbüchern, J a h r g . 1915, A b t . 1, B d . 35, H e f t 6 ( L e i p z i g ) , S. 356—357. ^'') W u r s t e m b e r g e r , a. a. O., S. 2—3, 4—5 u. 420. — W a l t e r v. Rodt. V . Mülinen. I n : Schweizerisches Geschlechterbuch, 5. J a h r g . , 1933, Basel [1932], S. 452—453. — W a l t h e r M e r z . Die mittelalterlichen Burganlagen u n d W e h r b a u t e n des Kantons A r g a u , 1. B d . ( A r a u 1905), S t a m m t a f e l der »Herren v o n Mülinen« nach Seite 282 ^*) Appenzeller, a. a. O., S. 4—5.

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Das Landgut Chartreuse Um Federzeichnung

von

Gustav

1880 K e l l e r nach

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