GUT ESSEN bei BLUT- HOCHDRUCK

GUT ESSEN bei BLUTHOCHDRUCK GUT ESSEN bei Bluthochdruck Anke Nolte Dagmar von Cramm 5 INHALT 7 7 10 16 HEIMTÜCKISCHER DRUCK Bluthochdruck erkenn...
Author: Hede Rosenberg
0 downloads 4 Views 4MB Size
GUT ESSEN bei BLUTHOCHDRUCK

GUT ESSEN bei Bluthochdruck Anke Nolte Dagmar von Cramm

5

INHALT 7 7 10 16

HEIMTÜCKISCHER DRUCK Bluthochdruck erkennen Besser messen Wenn der Blutdruck plötzlich ansteigt

61 61 64 67 70

19 19 21 26

DEM DRUCK AUF DEN GRUND GEHEN Risiken bestimmen Faktor Lebensstil Krankheiten als Ursache

73 DIE ANGEPASSTE ERNÄHRUNG 73 Gesund ernähren – aber wie? 76 Salzarm essen – gar nicht so einfach

29 29 31 33 36 38 40

DRUCK RAUSNEHMEN Medikamente vermeiden Abnehmen Mehr bewegen Alkohol reduzieren Mit dem Rauchen aufhören Stress bewältigen

43 43 44 46 48 53 57

MEDIKAMENTE GEGEN DEN DRUCK Ein Medikament – muss das sein? Viele Möglichkeiten – Eine Übersicht Die Angst vor Nebenwirkungen Basismedikamente Die Reservemittel Wenn der Druck nicht sinken will

DRUCK AUF DIE ORGANE Gefäße unter Druck Herz Gehirn Nieren und Netzhaut

100 103 117 135 147 163

REZEPTE Brot und Gebäck Brotaufstriche Dips und Saucen Suppen und Eintöpfe Alltags- und Sonntagsgerichte

204 204 206 208

SERVICE Register Gesundheit Register Rezepte Impressum

6

HEIMTÜCKISCHER

DRUCK

Der Blutdruck – ein Wunderwerk des Körpers. Doch stehen wir ständig unter hohem Druck, wird es gefährlich: Auf Dauer ramponiert ein Hochdruck lebenswichtige Organe im Körper. Und zwar still und heimlich: Millionen von Frauen und Männern in Deutschland wissen nicht von ihrer Krankheit und spüren von dem „stillen Killer“ – nichts. Deshalb kommen sie nicht auf die Idee, dass sie krank sein könnten.

BLUTHOCHDRUCK ERKENNEN Die meisten Menschen haben die größte Angst, an Krebs zu erkranken. Doch die meisten Menschen sterben nicht an einer Krebserkrankung, sondern am Bluthochdruck. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Kein anderes Volksleiden lässt sich so leicht erkennen und so gut behandeln wie der Bluthochdruck, in der Fachsprache Hypertonie genannt.

Ein bisschen Bluthochdruck!? Oft kommt es per Zufall heraus: Die Werte sind zu hoch! Viele Millionen Menschen laufen mit Bluthochdruck herum, ohne es zu wissen. Etwa 25 bis 30 Millionen Menschen in Deutschland haben Bluthochdruck – und nur etwa jeder zweite bis dritte Betroffene weiß von seiner Erkrankung. Und nur knapp die Hälfte von denjenigen,

die es wissen, lassen sich behandeln. Denn Bluthochdruck tut nicht weh. Die Betroffenen haben meist keine Symptome (Seite 67) und so fehlt verständlicherweise die Motivation, etwas gegen den Bluthochdruck zu unternehmen. Auch Ärzte sind manchmal etwas nachlässig und versäumen es, die Patientinnen und Patienten darüber aufzuklären, wie gefährlich ein hoher Blutdruck ist und was man dagegen tun kann. „Die Werte sind ein bisschen hoch, wir sollten das mal im Auge behalten.” – Solche Unverbindlichkeit reicht nicht. Werden einmal erhöhte Blutdruckwerte gemessen, sollten die Betroffenen zusammen mit Ärztin oder Arzt der Sache konsequent nachgehen (Kapitel „Dem Druck auf den Grund gehen“).

7

8

mmHg 130 120 110 Diastolischer Blutdruck

100 90 80

Systolischer Blutdruck

70 60 Uhrzeit 22 23 0

1

2

3

4

5

6

7

Schlafphase

Denn „ein bisschen” Bluthochdruck ist kein Kinkerlitzchen, sondern eine schwere Erkrankung: Der hohe Druck schädigt auf Dauer sämtliche blutversorgenden Gefäße und damit lebenswichtige Organe (Kapitel „Druck auf die Organe“). Die Hypertonie gilt als einer der größten Risikofaktoren für Schlaganfall und Herzinfarkt, für Herzschwäche, Nierenversagen und Gefäßschäden.

Regelmäßig checken lassen Doch diesem drohenden Ungemach können Sie vorbeugen. Hohe Werte erkennen, ist der erste Schritt. Je älter Sie werden, desto höher ist das Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln. Es ist davon auszugehen, dass bei den über 60-Jährigen jeder Zweite betroffen ist. Doch auch jüngere Menschen sollten sich nicht allzu sicher fühlen: Mindestens jeder Zehnte der unter 40-Jährigen hat einen Hochdruck. Deshalb empfiehlt die Deutsche Herzstiftung: Ab 40 Jahren sollte jedes Jahr mindestens einmal der Blutdruck gemessen werden, ab 50 Jahren alle halbe Jahre. Wer in der Familie Geschwister, Eltern oder Großeltern mit Bluthochdruck hat, sollte schon mit 30 Jahren oder früher jedes Jahr einmal messen lassen. Denn die Neigung für einen Hochdruck wird meistens vererbt (Seite 20). Auch in der Schwangerschaft

8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Wachphase

(Seite 27) ist die regelmäßige Blutdruckmessung wichtig.

DEUTSCHE HERZSTIFTUNG Die Deutsche Herzstiftung hat sich der Aufgabe verschrieben, die Öffentlichkeit über Vorbeugung, Früherkennung und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu informieren. Wenn Sie Mitglied sind, können Sie viermal im Jahr die Mitgliederzeitschrift beziehen sowie Sonderdrucke und Broschüren. Außerdem werden Ihnen telefonische oder schriftliche Sprechstunden bei Expertinnen und Experten angeboten sowie Herz-Seminare und Vorträge. Deutsche Herzstiftung, Vogtstr. 50, 60322 Frankfurt am Main, Tel. 069 955128–0, [email protected], www.herzstiftung.de

Das Blut braucht Druck Warum haben Giraffen einen wesentlich höheren Blutdruck als der Mensch? Richtig, weil der Hals so lang ist. Denn gegen die Schwerkraft muss das Herz das Blut nach oben pumpen. Ohne Druck könnte das Blut im Körper gar nicht zirkulieren und die Organe, das Gewebe und die Zellen mit lebenswichtigen Substanzen – wie zum Beispiel Sauerstoff – versorgen

B L UT H O C H DR U C K E R K E N N EN

BILD Exemplarischer Verlauf des Blutdruckprofils im Tagesverlauf bei stündlicher Messung

und Abfallprodukte – wie Kohlendioxid – entsorgen. Der Druck, mit dem das Blut durch die Adern fließt, ist aber nicht immer gleich, sondern passt sich den Erfordernissen des Alltags an: Fürs Treppensteigen zum Beispiel brauchen die Beinmuskeln mehr Blut – der Blutdruck steigt und die Durchblutung der Muskeln nimmt zu. Vor einer Prüfung sorgt ein hoher Blutdruck für ein Höchstmaß an Wachheit und Konzentration. Beim Schlafen dagegen sinkt er ab, um gegen Morgen in die Höhe zu klettern, und zwar schon bevor der Wecker klingelt. Bei Kälte ziehen sich die peripheren Blutgefäße zusammen, um den Blutfluss zu verringern und möglichst wenig Wärme über das Blut zu verlieren: Bei gleichbleibender Pumpleistung des Herzens steigt dann der Blutdruck. Bei Wärme kann er sinken, weil sich die Gefäße weiten, um mit dem Blut Wärme abzugeben. Schwankungen des Blutdrucks sind also ganz normal, die Schwingungsfähigkeit des Blutdrucks ist sogar lebenswichtig.

Der Druck braucht Regulation Von Herzschlag zu Herzschlag wird der Blutdruck neu justiert – ein Wunderwerk des Körpers. Rein mechanisch gesehen reguliert der Organismus den Blutdruck auf zwei Wegen. J Zum einen durch die Pumpleistung des Herzens: Je mehr und je häufiger das Herz Blut in den Kreislauf pumpt, desto höher ist der Blutdruck.

INFO

Mögliche Warnzeichen

Manchmal gibt es Hinweise auf einen Bluthochdruck. Auch wenn diese Symptome unspezifisch sind und ganz andere Ursachen haben können: Übergehen Sie diese Beschwerden nicht, sondern überprüfen Sie, ob ein hoher Blutdruck dahinterstecken könnte. J Kopfschmerzen J rote Gesichtsfarbe J Klopfen an den Schläfen J Müdigkeit J Schwindel J Nasenbluten J Ohrensausen J Luftnot bei Belastung Manche spüren es diffus, wenn ihre Werte zu hoch sind. Sie fühlen sich irgendwie unwohl, zum Beispiel unangenehm nervös.

J Zum anderen durch die Weite der Arterien: Verengen sie sich, erhöht sich der Widerstand, gegen den das Herz das Blut durch die Adern pumpen muss. Dahinter stehen komplizierte Regelkreise, die sich miteinander austauschen und sich aufeinander abstimmen: Neben dem Herzen und den Gefäßen sind das vegetative Nervensystem, Nieren und Nebennieren an der Regulation des Drucks beteiligt. Deshalb gibt es auch verschiedene Medikamentengruppen gegen Bluthochdruck (ab Seite 44), die an diesen ver-

9

10

HEI MTÜCKISCHER DRUCK

schiedenen Stellen ansetzen. Das vegetative Nervensystem (Betablocker, Seite 49) steuert die Pumpleistung des Herzens und die Weite der Gefäße. Es kann auch die Nebennieren dazu bringen, die Hormone Adrenalin und Noradrenalin auszuschütten (Antisympathotonika, Seite 55), die ebenfalls auf Herz und Gefäße wirken. Die Nieren sind am Blutdruck beteiligt, indem sie Salz und Wasser ausscheiden (Diuretika, Seite 48) – der Blutdruck sinkt – oder zurückhalten, sodass der Blutdruck steigt. Außerdem bilden die Nieren das Hormon Renin (Renin-Inhibitoren, Seite 56), unter dessen Einfluss das Hormon Angiotensin entsteht (ACE-Hemmer und Sartane, Seiten 51 und 52). Die Arterien

können sich direkt und lokal weiter und enger stellen, wenn Zellen plötzlich mehr oder weniger Blut benötigen (Kalziumantagonisten, Seite 50, und gefäßerweiternde Mittel, Seite 54).

INFOTELEFON Bei Fragen rund um den Bluthochdruck können Sie sich an das Herz-Kreislauf-Telefon der Deutschen Hochdruckliga wenden, Mo bis Fr von 9 bis 17 Uhr: Tel. 062 21/58 85 55. Auch Fragen per Post oder E-Mail sind willkommen: Deutsche Hochdruckliga e. V., Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention, Berliner Straße 46, 69120 Heidelberg, www. hochdruckliga.de, [email protected]

BESSER MESSEN Die Maßeinheit für den Blutdruck ist mmHg, eine Abkürzung für „Millimeter Quecksilbersäule”. Denn bei älteren Messgeräten wird der Druck anhand der Höhe einer Quecksilbersäule in einem Glasröhrchen abgelesen. 150 mmHg bedeutet also, dass der Druck so stark ist, dass er eine Quecksilbersäule (chemisches Kürzel: Hg) in einem Glasrohr mit einer festgelegten Dicke 150 Millimeter hochtreiben kann. Der Druck wird immer mit zwei Werten angegeben: J Der obere Wert ist der systolische Blutdruck: Dieser Wert steht als Erstes

und ist immer der höhere. Er wird gemessen, wenn sich das Herz zusammenzieht und Blut in die Arterien presst. J Der untere Wert ist der diastolische Blutdruck: Dieser zweite Wert ist immer niedriger, weil er in dem Moment gemessen wird, in dem der Herzmuskel erschlafft und sich wieder mit Blut füllt. Der Druck in den Arterien geht dabei zurück.

Wie viel ist zu viel? Lange Zeit galt die Faustformel „100 mmHg plus Lebensalter”, um den oberen Grenzwert zu errechnen. Doch für eine 60-jährige Frau oder einen 60-jähri-

B E S S ER M ES S E N

gen Mann ist ein systolischer Blutdruck von 160 entschieden zu hoch. Generell gilt als Schwelle zum Bluthochdruck der Wert 140/90 mmHg. Denn jenseits dieser Grenze steigt das Risiko für Organschäden deutlich an. Doch die Grenze ist fließend: Schon ab einem Blutdruck von 130/85 mmHg ist die Gefahr etwas größer, an Herz, Hirn oder Nieren zu erkranken, als bei einem Blutdruck, der darunter liegt. Für Menschen mit Begleiterkrankungen, wie Diabetes oder einer Nierenerkrankung (Seite 69), kann es deshalb sinnvoll sein, den Blutdruck noch weiter als auf 140/90 mmHg zu senken. Experten sprechen bei Werten zwischen 130/85 und 140/90 mmHg von „noch normalem” oder „hochnormalem”

BLUTDRUCK BEWERTET Systolisch

Diastolisch

Normaler Blutdruck Optimal

< 120

< 80

Normal

120 – 129

80 – 84

Hochnormal

130 – 139

85 – 89

Leicht (Grad 1)

140 – 159

90 – 99

Mittel (Grad 2)

160 – 179

100 – 109

Schwer (Grad 3)

> 179

>109

Isolierte systolische Hypertonie

> = 140

< 90

Hochdruck

Blutdruck, manche sogar von einer „Prähypertonie”. Das bedeutet für Sie: Liegen Ihre Werte in diesem Bereich – wenn auch unter dem offiziellen Grenzwert –, sollten Sie Ihren Blutdruck öfters mal kontrollieren (lassen). Wenn bei Ihnen einmal zu hohe Werte gemessen wurden, heißt das noch nicht, dass Sie Bluthochdruck haben. Denn ein einzelner Wert ist nur eine Momentaufnahme. Sie sollten in diesem Fall den Blutdruck beim Arzt oder in der Apotheke mehrmals kontrollieren lassen und auch zu Haus selber regelmäßig messen (ab Seite 12). Bei der ersten Messung sollte die Ärztin, der Arzt den Blutdruck an beiden Armen erfassen, zukünftig wird immer am Arm mit den höheren Werten gemessen. Der Blutdruck ist zu hoch, wenn bei der ärztlichen Messung mehrmals Blutdruckwerte von 140/90 mmHg oder darüber festgestellt wurden, an verschiedenen Tagen und möglichst zu verschiedenen Tageszeiten.

ISOLIERTE SYSTOLISCHE HYPERTONIE Von Bluthochdruck spricht man auch dann, wenn nur der obere Wert über dem Grenzwert liegt, zum Beispiel 180/85 mmHg. Gerade bei älteren Menschen ab dem 65. Lebensjahr kommt diese isolierte systolische Hypertonie bei jedem zweiten Bluthochdruck-Patienten vor. Verursacht wird dieses Phänomen durch eine altersbedingte Arteriosklerose der Hauptschlagader und großen Arterien, sodass die

11

12

HEI MTÜCKISCHER DRUCK

Gefäße nicht mehr elastisch genug sind, um die Druckspitzen nach jedem Herzschlag durch Dehnung abfedern zu können. Die isolierte systolische Hypertonie ist unbehandelt ebenso gefährlich wie der „normale“ Bluthochdruck.

24 Stunden messen Die Ärztin, der Arzt entscheidet, ob eine 24-Stunden-Blutdruckmessung erforderlich ist. Eine solche Langzeitmessung (auch ABDM genannt: Ambulante BlutDruck-Messung) bildet die Schwankungen Ihres Blutdrucks (Seite 8) am verlässlichsten ab. Denn Sie tragen dabei einen ganzen Tag und eine Nacht lang ein Blutdruckmessgerät am Körper, das automatisch alle 15 bis 20 Minuten den Blutdruck misst. Es ist besonders aufschlussreich, wie sich der Blutdruck während des Schlafens in der Nacht verhält. Sinkt er nicht, was er normalerweise tun sollte, oder steigt er

INFO

sogar über die Tageswerte an, kann das ein Hinweis auf einen sekundären Blutdruck sein – also ein Bluthochdruck, der durch andere Krankheiten ausgelöst wurde (Seite 26). Auch bereits eingetretene Organschäden an Gehirn, Herz oder Nieren oder auch Schnarchen mit Atemaussetzern (Schlafapnoe, Seite 27) verhindern das Sinken des Blutdrucks in der Nacht. Die Langzeitmessung dient auch dazu, einen sogenannten Weißkittel-Hochdruck (im Folgenden) auszuschließen.

Angst vor dem weißen Kittel? Es wird einem nicht unbedingt bewusst, aber oft ist man in der Arztpraxis ein bisschen aufgeregt oder angespannt. Das kann den Blutdruck in die Höhe treiben. Bei jedem fünften bis dritten Patienten werden solche erhöhten Werte beim Arzt, bei der Ärztin gemessen – während die Werte zu Hause normal ausfallen. Dies kann eine Warnung sein: Bei einem Teil

So misst der Körper selbst den Blutdruck

Hauptsächlich in der Hauptschlagader, der Halsschlagader und in den Nierenarterien sitzen Messfühler in der Gefäßwand, die die Dehnung der Arterienwand und damit den Druck des Blutes wahrnehmen können. Diese Messstellen sind über Nervenbahnen mit dem vegetativen Nervensystem verbunden. Wird signalisiert, dass der Druck die Wände dehnt, senkt sich

die Aktivität des Sympathikus. In der Folge erschlaffen die Gefäße, das Schlagvolumen und die Schlagfrequenz des Herzens sinken und der Blutdruck fällt ab. Bei zu niedrigen Blutdruckwerten verläuft es umgekehrt: Die sympathischen Impulse verstärken sich, die Gefäße ziehen sich zusammen, das Herz pumpt schneller und kräftiger, der Blutdruck steigt.

13

der Menschen, die diesen „WeißkittelHochdruck“ zeigen, entwickelt sich daraus mit der Zeit ein richtiger Bluthochdruck. Deshalb sollten Sie in diesen Fällen den Blutdruck im Auge behalten und mindestens einmal im Jahr kontrollieren. Das umgekehrte Phänomen kommt übrigens ebenfalls vor: Die Werte sind nur in der Arztpraxis auf normalem Niveau, ansonsten sind sie deutlich erhöht. Vielleicht deshalb, weil die Anwesenheit der Ärztin, des Arztes beruhigend wirkt, weil man in der Praxis eine kleine Auszeit vom (Arbeits-)Alltag nimmt. Beiden Effekten kann man durch eine Langzeitmessung (s. oben) auf die Spur kommen.

Selber messen Blutdruck messen ist einfach, preiswert und tut nicht weh: Jeder kann es zu Hause selber tun. Die Selbstmessung kann dabei helfen, einen Verdacht auf Bluthochdruck zu erhärten oder auszuschließen. Nehmen Sie bereits Medikamente gegen die Hypertonie, können Sie mit der Selbstmessung überprüfen, ob Ihr Blutdruck gut eingestellt ist. Sie können außerdem besser verfolgen, was Ihre sonstigen Bemühungen bringen, wie etwa eine

salzarme, vollwertige Ernährung (ab S. 76) oder Ihr Bewegungsprogramm (Seite 34).

ANDERER GRENZWERT Weil die Werte in der Arztpraxis oft etwas höher sind als zu Hause, liegt für die Selbstmessung die Schwelle nicht bei 140/90 mmHg, sondern etwas niedriger, nämlich bei 135/85 mmHg. Diese Grenze gilt auch für den Tagesmittelwert bei der Langzeitmessung (Seite 12).

Das richtige Gerät Der Erfinder der heutigen Blutdruckmessung, der italienische Kinderarzt Scipione Riva-Rocci, hat sich einen Fahrradschlauch um den Oberarm gebunden und ihn aufgepumpt, um den Blutdruck zu messen. Eine Manschette mit Klettverschluss ist da schon komfortabler. Die Manschette gehört zu jedem Gerät und wird beim Messen so weit aufgepumpt, dass sie die Arterie abklemmt und kein Blut mehr durchfließt. Anschließend lässt man die Luft langsam aus der Manschette entweichen. Wenn das Blut wieder anfängt zu strömen, ist der Druck der Manschette auf den systolischen Druck (Seite 10) gesunken.

14

HEI MTÜCKISCHER DRUCK

Zunächst fließt es nur stoßweise, was Geräusche erzeugt, die die Ärztin, der Arzt mit einem Stethoskop hören kann (auskultatorische Messung). Lässt man den Druck in der Manschette weiter ab, fällt er schließlich auf den diastolischen

INFO

Druck (Seite 10). Das Blut kann jetzt ungehindert strömen und die Geräusche verschwinden. Bei den meisten Geräten, die Sie in der Apotheke, im Sanitätshaus, im Supermarkt oder im Internet kaufen können,

In Ruhe richtig messen

J Vor dem Messen nicht rauchen, keinen Alkohol oder Kaffee zu sich nehmen. J Setzen Sie sich zum Messen bequem hin und stellen Sie die Beine nebeneinander. J Messen Sie erst nach mindestens drei Minuten Ruhepause. J Messen Sie immer an demselben Arm. J Führen Sie keine Unterhaltung beim Messen, essen Sie nicht, sehen Sie nicht fern. J Enge Ärmel nicht hochkrempeln, das kann zum Blutstau führen. Besser Pulli oder Hemd gleich ausziehen. J Handgelenkgeräte: immer in Herzhöhe messen. J Oberarmgeräte: unteren Rand der Manschette zwei Finger breit oberhalb der Ellenbeuge positionieren, der aufblasbare Teil sollte sich an der Innenseite des Oberarms befinden. Nicht zu stramm ziehen, Sie sollten noch einen Finger unter die verschlossene Manschette schieben können. J Wiederholen Sie die Messung nach

ein bis zwei Minuten noch einmal. Diese oft niedrigeren Ergebnisse sollten Sie nehmen. J Bei Herzrhythmusstörungen sind Messautomaten häufig ungeeignet und zeigen „Fehler“ oder „Error“ an. Beraten Sie sich mit Ihrem Arzt über die Verwendung eines Stethoskopgerätes (auskultatorische Messung). J Messen Sie möglichst immer zur selben Zeit, ideal ist morgens vor dem Essen und vor der Medikamenteneinnahme. Zusätzlich kann noch einmal vor dem Abendessen gemessen werden, vor allem zu Beginn einer medikamentösen Blutdruckeinstellung. J Messen Sie anfangs täglich, bei stabilen und normalen Werten genügt es, einmal die Woche morgens und abends zu messen. J Notieren Sie die Ergebnisse (sofern Ihr Gerät keinen elektronischen Speicher hat), um sie vergleichen und mit Ihrem Arzt besprechen zu können. Dafür eignet sich ein Blutdruckpass, den Sie zum Beispiel bei Ihrer Krankenkasse oder in der Apotheke bekommen.

B E S S ER M ES S E N

wird die Messung automatisch auf Knopfdruck gesteuert. Diese Geräte registrieren meist nicht mehr die Strömungsgeräusche, sondern die kleinen Schwingungen (Oszillationen) zwischen systolischem und diastolischem Druck, die das Blut beim Durchfließen an der Gefäßwand auslöst (oszillometrische Messung).

BESSERMESSER Nicht alle Geräte im Handel messen genau. „Bessermesser” können Sie am Prüfsiegel der Hochdruckliga erkennen (www.hochdruckliga.de), auch die Stiftung Warentest testet immer wieder Blutdruckmessgeräte (www.test.de). In jedem Fall sollten Sie prüfen lassen, ob die Ergebnisse Ihres Gerätes nicht allzu sehr von denjenigen einer Profi-Messung abweichen. Bitten Sie die Fachkraft des Sanitätshauses, der Apotheke oder in der Arztpraxis um eine Parallelmessung Man unterscheidet Geräte, die am Handgelenk angelegt werden, von Geräten für den Oberarm. J Vorteil beim Messen am Oberarm: Die Manschette befindet sich automatisch in Herzhöhe. J Vorteil bei den kompakten Handgelenkgeräten: Sie sind besonders bequem anzuwenden. Allerdings müssen Sie darauf achten, dass Sie es in Herzhöhe halten – sonst sind die gemessenen Werte eher zu

hoch (bei Geräteposition unterhalb des Herzens) oder zu niedrig (oberhalb des Herzens). Das gelingt, indem Sie zum Beispiel die Hand des Messarmes auf die gegenüberliegende Schulter legen. Oder Sie deponieren ein Kissen auf dem Tisch. Vor dem Kauf eines Handgelenkgerätes sollten Sie jedoch checken, ob die Werte am Handgelenk mit den Werten am Oberarm übereinstimmen. Zu beachten ist ebenfalls die Größe der Manschette. Oberarmgeräte geben nur dann die richtigen Blutdruckwerte an, wenn der Umfang des Oberarms nicht mehr als 32 Zentimeter beträgt. Für stärkere Arme gibt es längere und breitere Manschetten, da sonst zu hohe Werte gemessen werden. Auch Handgelenkgeräte gibt es mit verschieden großen Manschetten.

DOKTOR IPHONE Mithilfe neuer Anwendungen ist es sogar möglich, mittels Handy den Blutdruck zu messen. Zur Qualität dieser Anwendung kann man wenig sagen. Da das Handy in der Regel nur die von einem normalen Blutdruckmessgerät ausgegebenen Signale elektronisch zu ablesbaren und speicherbaren Werten verarbeitet und dies in der Regel fehlerfrei geschieht, ist die Messgenauigkeit von den unterschiedlichen Messgeräten abhängig, die das Handy mit Informationen beliefern.

15

16

HEI MTÜCKISCHER DRUCK

WENN DER BLUTDRUCK PLÖTZLICH ANSTEIGT Wenn die Werte plötzlich in die Höhe schießen, zum Beispiel auf 220/120 mmHg, ist es wichtig zu unterscheiden, ob Sie dabei Symptome haben oder nicht. Mit bestimmten Symptomen gelten entgleiste Blutdruckwerte als Notfall (s. Info folgende Seite) – im Krankenhaus muss der Blutdruck dann mithilfe von Notfallmedikamenten langsam gesenkt werden. Haben Sie keine weiteren ernsten Beschwerden, ist es günstig, für Ruhe zu sorgen. Kontrollieren Sie nach etwa einer halben Stunde, ob die Werte wieder gefallen sind. Gegebenenfalls können Sie

TIPP

eine Medikamentendosis vorziehen. Wenn solche Anstiege häufiger vorkommen, holen Sie sich ärztlichen Rat ein. Die Ärztin oder der Arzt kann Ihnen möglicherweise Medikamente für den Fall solcher krisenhaften Blutdruckanstiege verordnen. Grundsätzlich sollten Sie herausfinden, warum die Werte entgleist sind, gegebenenfalls zusammen mit Ärztin oder Arzt. Haben Sie Ihre Medikamente nicht wie verordnet richtig eingenommen? Vielleicht könnten Art, Dosishöhe oder Dosisverteilung Ihrer Medikamente verbessert wer-

Werden Sie selbst aktiv

Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Gesundheit! Das lässt sich in drei griffigen Slogans, die aus den USA stammen, zusammenfassen: J „Know your numbers“ – Kennen Sie Ihre Werte! Als da wären: Blutdruck, Blutfette, Blutzucker, Gewicht. J „Talk to your doctor“ – Sprechen Sie mit Ihrem Arzt! Suchen Sie sich eine Arztpraxis, wo Sie sich wohlfühlen. Sprechen Sie mit Ärztin oder Arzt über Ihren Gesundheitszustand und Ihre individuellen Risiken. Besonders wenn Sie das Gefühl haben, dass etwas nicht in Ordnung ist, oder

Sie unter Beschwerden leiden, teilen Sie es mit. Lassen Sie sich nicht mit allgemeinen Erklärungen abspeisen, haken Sie nach. J „Get to move“ – Kommen Sie in Bewegung! Damit ist zweierlei gemeint: Hoffen Sie nicht darauf, dass es Sie schon nicht treffen wird, sondern tun Sie etwas für Ihre Gesundheit! Finden Sie heraus, was für Sie stimmig ist. Und: Bewegen Sie sich – körperlich! Damit können Sie viele Fliegen mit einer Klappe schlagen: Bei Übergewicht purzeln die Pfunde – ebenso wie die Blutdruck-, Blutzucker- und Blutfettwerte.

17

den. Oder waren Sie sehr stark erregt, hatten große Angst, Stress oder Panik? Drogen, wie Kokain oder Amphetamine, oder bestimmte Medikamente, wie MAOHemmer (gegen Depressionen), können ebenfalls den Blutdruck in die Höhe treiben. Auch wenn Schwangere Bluthochdruck haben (Seite 27) oder die Hypertonie durch Nierenerkrankungen oder Hormonstörungen verursacht ist (sekundäre Hypertonie, Seite 26), kann es zu einem krisenhaften Blutdruckanstieg kommen. Oder Sie haben einen bisher noch unerkannten Bluthochdruck, der unbehandelt aus dem Ruder läuft.

NOTFALL! Sie sollten den Notarzt rufen, Tel. 112, wenn Sie zusätzlich zu einem plötzlichen Blutdruckanstieg starke Beschwerden haben, die einem Schlaganfall ähneln. Denn das Gehirn kann durch den hohen Druck in seiner Funktion beeinträchtigt werden. J plötzlich starke Kopfschmerzen J Schwindel J Sehstörungen J Übelkeit J Lähmungen J Bewusstseinsstörungen J Krampfanfälle

18

DEM DRUCK AUF DEN GRUND GEHEN Meistens gibt es keine eindeutig erkennbaren körperlichen Ursachen für den Bluthochdruck. Doch das heißt nicht, dass man nicht weiß, warum der Druck gestiegen ist. Die Gene mischen mit, aber auch Ihr Verhalten. Wie Sie leben, arbeiten, schlafen, essen – das trägt maßgeblich zu einer Hypertonie bei.

RISIKEN BESTIMMEN Einzelne Blutdruckwerte reichen selten aus, um eine Diagnose zu stellen und eine Therapie einzuleiten. Hoher Blutdruck ist ein Befund, der im Zusammenhang mit anderen medizinischen Werten, sonstigen Erkrankungen, mit Leben und Alltag des Patienten zu betrachten ist. So sollte der Arzt Ihre Krankengeschichte kennen und nach weiteren Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung fahnden. Wenn Sie zum Beispiel rauchen, Übergewicht haben oder zusätzlich zu Ihrem Blutdruck auch die Blutfett- und Blutzuckerwerte erhöht sind, dann addieren sich die Risiken für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt nicht nur, sie potenzieren sich. Haben z. B. zwei Männer die gleichen, leicht erhöhten Blutdruckwerte, dann unterscheidet sich ihr Risiko trotzdem erheblich, wenn der eine keine weiteren Risikofakto-

ren, der andere aber einen leichten Typ 2 Diabetes hat und ungünstige Cholesterinwerte aufweist. Das hat auch Konsequenzen für die Behandlung: So profitiert der Mann mit dem höheren Risiko mehr von Medikamenten als der Gesündere, der ein niedrigeres Risiko hat und womöglich ohne Medikamente auskommt. Außerdem gilt es zu klären, ob hinter den hohen Werten nicht eine andere körperliche Erkrankung steckt, zum Beispiel eine Nierenerkrankung (sekundäre Hypertonie, Seite 26). Deshalb gehören zu einer Basisdiagnostik nicht nur ein Gespräch und eine körperliche Untersuchung, sondern zum Beispiel auch eine sonographische Untersuchung (Ultraschall) und Laboruntersuchungen von Blut und Urin. Meistens entdeckt die Ärztin, der Arzt jedoch keine direkte organische Ursache

19

20

DEM DRUCK AUF DEN GRUND GEHEN

für den Bluthochdruck. Bei 90 bis 95 von 100 der Patientinnen und Patienten ist er eine eigenständige Erkrankung ohne eine andere körperliche Ursache, primäre Hypertonie genannt.

HERZINFARKT: BESTEHT GEFAHR? Auf den Seiten der Deutschen Herzstiftung können Sie Ihr individuelles Risiko für einen Herzinfarkt testen: www. herzstiftung.de. Den sogenannten PROCAM-Schnelltest (Prospektive Cardiovaskuläre Münster Studie) finden Sie auf www.assmann-stiftung.de.

INFO

Veranlagung Oft liegt der Bluthochdruck in der Familie: Vater oder Mutter, Großeltern und/oder Geschwister haben ebenfalls einen zu hohen Blutdruck oder leiden an anderen Herz-Kreislauf-Krankheiten. Nicht unbedingt wird darüber in den Familien gesprochen und der Bluthochdruck als Lappalie abgehandelt, sodass die Kinder gar nicht mitkriegen, dass der Vater schon seit Jahren ein Medikament gegen Hochdruck nimmt. Fragen Sie einmal in Ihrer Familie nach, ob Fälle von Bluthochdruck bekannt sind. Kinder haben ein doppelt

Risikofaktoren im Überblick

Nicht beeinflussbar: J Schweregrad der Hypertonie J Alter: Frauen über 55 Jahre, Männer über 65 Jahre J Familienanamnese: frühzeitige HerzKreislauf- oder Gefäßerkrankungen in der Familie

Beeinflussbar: J Rauchen J hohe Kochsalzzufuhr J Übergewicht J Bewegungsarmut J hoher Alkoholkonsum J chronischer Stress

Medizinische Befunde: J erhöhte Blutfettwerte J erhöhte Blutzuckerwerte J erhöhtes Kreatinin im Blut J Albumin im Urin (Mikroalbuminurie) J Arterienwandverdickung oder Plaques bei der Ultraschalluntersuchung der Halsarterien J Vergrößerung der Herzmuskulatur in der linken Herzkammer im EKG (linksventrikuläre Hypertrophie)

Erkrankungen: J Diabetes J Schlaganfall J Herzerkrankungen J Nierenerkrankung J metabolisches Syndrom J Durchblutungsstörungen der Beine (periph. arterielle Verschlusskrankheit) J fortgeschrittene Netzhauterkrankung (Retinopathie) J Atemstillstände Im Schlaf

R IS I K E N B E S T IM M E N

bis dreifach höheres Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, wenn ein oder beide Elternteile Hypertoniker sind. Bisher wurden über über 20 Gene entdeckt, die den Blutdruck über das Nervensystem, die Nierenfunktion, die Gefäßwei-

te, über Hormone oder die Zellmembran regulieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass Gendefekte zwangsläufig einen Bluthochdruck nach sich ziehen. Die erbliche Belastung wird durch bestimmte Lebensumstände erst „freigelegt“.

FAKTOR LEBENSSTIL Die Veranlagung kommt nur zum Zug, wenn sich andere Belastungen hinzugesellen, die sich aus dem Lebensstil ergeben: Übergewicht, Bewegungsmangel, starker Kochsalzgenuss, chronischer Stress und/oder hoher Alkoholkonsum. Oder umgekehrt formuliert: Bringt man nicht zu viele Pfunde auf die Waage, bewegt sich in der Freizeit mindestens dreimal pro Woche, isst täglich Gemüse, trinkt wenig Alkohol, dann verringert sich das Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, auf ein Drittel, so eine Studie aus Finnland mit mehr als 21 000 Teilnehmern. Bluthochdruck ist häufig kein Schicksal. Auch wenn die Gene mitmischen und der Druck in der Regel mit dem Alter steigt.

Maßstab für Übergewicht ist der BodyMass-Index (BMI), der das Verhältnis des Körpergewichts zur Körpergröße berechnet: Körpergewicht (kg) BMI= [Körpergröße x Körpergröße (m2)]

Übergewicht

Ursachen Oberflächlich betrachtet ist der Grund für eine Gewichtszunahme simpel: Wir nehmen zu, wenn wir mit der Nahrung mehr Energie zuführen als wir verbrauchen. Also uns wenig bewegen und gleichzeitig viel und fett essen. Doch das Leben ist ungerecht: Manche Menschen brauchen

Über die Hälfte aller Deutschen gelten als „zu füllig“. Und über die Hälfte der Menschen mit Übergewicht haben einen hohen Blutdruck entwickelt. Umgekehrt sind drei Viertel aller Hypertoniker übergewichtig. Zwischen Übergewicht und Bluthochdruck gibt es also einen Zusammenhang.

Wenn Sie z. B. 1,75 m groß sind und 90 kg wiegen, rechnen Sie wie folgt: 90 = BMI 29,39 (1,75 x 1,75) Mit einem BMI von 29 Komma noch was liegen Sie also knapp vor der Grenze zu Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt. Ab einem BMI von 30 sind die gesundheitlichen Risiken so groß, dass man auch von krankhaftem Übergewicht spricht.

21

22

DEM DRUCK AUF DEN GRUND GEHEN

BILD RECHTS: Körperliche Aktivität, mindestens 2,5 Std./Woche in Prozent (Quelle Robert-Koch-Institut)

den Schokoriegel scheinbar nur anzugucken und haben schon ein paar Pfunde mehr auf den Rippen – während andere spachteln und trotzdem schlank bleiben. Wie beim Bluthochdruck spielen auch beim Übergewicht genetische Faktoren eine Rolle – Experten schätzen den Anteil auf 30 bis 40 Prozent. Das heißt, Menschen, die eine Veranlagung dafür haben, zu viel Fett anzusetzen, haben es schwerer, ihr Körpergewicht zu kontrollieren. Doch wie beim Bluthochdruck gilt auch hier: Unsere Lebensgewohnheiten, unser Verhalten, unsere Umwelt und unsere Psyche haben ebenfalls einen Einfluss darauf, wie viel wir wiegen. Ungünstigerweise fördern einige Medikamente eine Gewichtszunahme: So z. B. Betablocker gegen den Bluthochdruck (Seite 49), die Pille (Seite 27), Neuroleptika (bei psychiatri-

BMI

schen und psychosomatischen Erkrankungen), Antidepressiva, Kortison oder Medikamente zur Senkung des Blutzuckers bei Diabetes wie Insulin (Seite 75). Selten liegt dem Übergewicht eine hormonelle Störung, etwa eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Überfunktion der Nebenniere, zugrunde.

APFELBAUCH IST GEFÄHRLICH Als besonders besorgniserregend gelten die Fettdepots um den Bauch herum („Apfelform“, im Unterschied zur „Birnenform“). Deshalb können Sie auch, statt sich auf die Waage zu stellen, an der Taille maßnehmen: Beträgt der Umfang mehr als 88 Zentimeter bei Frauen oder mehr als 102 Zentimeter bei Männern, ist das Risiko deutlich erhöht, an Herz- und Gefäßerkrankungen oder an einem Typ 2 Diabetes zu erkranken.

Salz

Kategorie

BMI

Risiko für Begleiterkrankungen

Untergewicht

< 18,5

niedrig

Normalgewicht

18,5 – 24,9

durchschnittlich

Übergewicht

25,0 – 29,9

gering erhöht

Adipositas Grad I

30,0 – 34,9

erhöht

Adipositas Grad II

35,0 – 39,9

hoch

Adipositas Grad III ≥ 40

sehr hoch

Portugal und Finnland beispielsweise haben es vorgemacht: Durch Aufklärung und spezielle Siegel für salzarme Lebensmittel sank mit dem Salzkonsum auch der Blutdruck in der Bevölkerung. In Jägerund Sammlerkulturen, wie in Brasilien, Kenia oder Papua-Neuguinea, in denen die Menschen nur etwa ein Gramm Kochsalz zu sich nehmen, ist Bluthochdruck praktisch unbekannt. Auch wenn die Datenlage zum Salzkonsum immer noch nicht befriedigend ist: Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass der Blutdruck steigt, je mehr Salz wir essen – und umgekehrt.

23

100 80

Männer Frauen

60 40 20 25 0

16

Gesamt

41

18

18–29 Jahre

27

12

30–39 Jahre

23

17

40–49 Jahre

21

16

50–59 Jahre

19

17

60–69 Jahre

17

11

70–79 Jahre

Die Deutschen nehmen im Mittel 10 bis 15 Gramm Kochsalz täglich auf. Das entspricht etwas mehr als zwei Teelöffeln – und das ist zu viel. Denn wir brauchen höchstens 6 Gramm am Tag. Salzreiche Kost hält das Wasser im Gewebe fest. Dadurch sammelt sich mehr Wasser in den Blutgefäßen, der Blutdruck steigt. Das Salz ist vor allem in industriell bearbeiteten Produkten versteckt: in Fastfood oder Fertiggerichten, in Gemüse aus der Dose oder im Brot. Wie Sie salzarm und gleichzeitig schmackhaft essen können, lesen Sie im zweiten Teil dieses Buches.

ins Schwitzen geraten: Nur 18 Prozent bei den unter 30-Jährigen, bei den älteren Frauen sind es noch weniger. Der Preis für die Trägheit ist hoch: Neben Bluthochdruck und anderen Herz-Kreislauf-Krankheiten drohen Adipositas, Krankheiten des Zucker- und Fettstoffwechsels, Haltungsschäden, Rückenschmerzen, Osteoporose und sogar Krebs. Umgekehrt fällt auch der Lohn der Mühe besonders hoch aus: Es gibt kaum ein Medikament oder eine andere Maßnahme, die an die Effekte von körperlichem Training heranreicht.

Bewegungsmangel

Bei fast 10 Prozent aller Hochdruckkranken spielt Alkohol eine Rolle, schätzen Experten. Die Deutsche Hochdruckliga rechnet vor: Bei regelmäßigem Konsum von mehr als 30 Gramm Alkohol bei Männern am Tag (das entspricht etwa drei Viertel Liter Bier oder einem Drittel Liter Wein) oder mehr als 20 Gramm bei Frauen (etwa ein halber Liter Bier oder ein Glas Wein à 0,2 Liter) verdoppelt sich das Risiko für einen Bluthochdruck gegenüber Menschen, die keinen Alkohol trinken. Bluthochdruck ist nur eine von etwa 60 verschiedenen Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen, die auf das Konto von Alkohol gehen, warnt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e. V. Denn Alkohol ist ein Zellgift, das Körperorgane

Menschen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, haben einen niedrigeren Blutdruck als inaktive. Aufschluss über das Bewegungsverhalten der deutschen Bevölkerung gibt die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) des Robert-Koch-Instituts von 2012. Während bei den unter 30-jährigen Männern immerhin über 40 Prozent für mindestens 2,5 Stunden die Woche aktiv sind – eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation –, schwindet der Anteil langsam, aber sicher mit zunehmendem Alter auf 19 Prozent bei den 60- bis 69-jährigen Männern. Bei den Frauen sind es schon in jungen Jahren erschreckend wenig, die für mehr als zwei Stunden in der Woche

Alkohol