Gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf den Nachwuchs- und Spitzensport

Gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf den Nachwuchs- und Spitzensport Dr. Hanspeter Stamm Forum Spitzensport Swiss Olympic „Die Ve...
Author: Oskar Fleischer
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Gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf den Nachwuchs- und Spitzensport Dr. Hanspeter Stamm Forum Spitzensport Swiss Olympic „Die Verbandsstrategie als zukünftige Herausforderung?!“ 4./5. Mai, 2011, Magglingen

Überblick • Einleitung: Wandel von Gesellschaft und Sport • Ausgewählte Aspekte des Wandels 1. Demographischer Wandel 2. Wertewandel und Bildung 3. Wirtschaft und Politik 4. Veränderungen im Sportsystem

• Zusammenfassung

Wandel von Gesellschaft und Sport • Zusammenhang zwischen Gesellschaft und Sport ist keine „Einbahnstrasse“: Sport und Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig („Entsportung des Sports und Versportung der Gesellschaft“) • Problem: Viele mögliche Einflussfaktoren Welches sind die wichtigsten?  Anknüpfungspunkte: SPLISS-Projekt (Sports Policy Factors Leading to International Sporting Success) und 12 Bausteine zum Erfolg von Swiss Olympic

Wandel von Gesellschaft und Sport SPLISS 1. Finanzielle Unterstützung 2. Sportpolitik

12 Bausteine zum Erfolg 12. Finanzierung – Förderungmassnahmen -

3. Sportliche Grundlagen/Partizipation 4. Talentidentifikation/ -entwicklung

1. Bewegungsfreundliches Umfeld Demographie, Werte, Gesellschaftsstruktur 3. Talentselektion, -förderung Bildung, Werte, Sport

5. Unterstützung der Athlet/innen

6. Trainingsgelegenheiten 7. Trainer und Trainerausbildung 8. (Inter)nationale Konkurrenz 9. Forschung

Gesellschaft Wirtschaft, Politik, Werte Politik, Werte

2. Spitzensport und Schule 5. Betreuung/Karriereplanung 6. Medizinische Betreuung etc. 8. Kadersysteme 10. Trainingsplanung etc. 7. Regionalisierung, Regionalzentren 4. Traineraus- und -fortbildung

Bildung, Beruf, Werte, Sport

9. Wettkampfsysteme

Sport, internationale Entwicklung Wissenschaft

11. Reflektion und Forschung

Wirtschaft, Politik, Sport Bildung, Sport

Wandel von Gesellschaft und Sport • Demographie, Gesellschaftsstruktur: Wer treibt Sport? Wie gross ist das Potential an (Nachwuchs)athlet/innen? • Werte: Wie steht es um den „Wunsch“, Leistungssport zu treiben und ihn zu unterstützen? • Bildung: Welche Auswirkungen hat das Bildungssystem auf den Sport? • Wirtschaft: Wie viel Geld kann in den Sport investiert werden? • Politik: Wie fördert die Politik in den Sport? Wie geht es weiter mit den Sportanlagen?

Wandel von Gesellschaft und Sport Schlaglichter auf vier Blöcke: 1. Demographischer Wandel: Sterben die Nachwuchssportler angesichts der Überalterung der Gesellschaft tatsächlich aus? 2. Werte und Bildung: Lässt die Leistungsbereitschaft tatsächlich nach? 3. Wirtschaft und Politik: Führen Finanzknappheit und Kommerzialisierung tatsächlich zu einer Konzentration auf einige wenige Sportarten? 4. Sport: Setzt sich der Sportboom in der Schweiz fort oder „sind wir auf dem absteigenden Ast“?

1. Demographischer Wandel Gesamtbevölkerung der Schweiz wird gemäss den Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik (BFS) weiter wachsen: 2010: 7.9 Mio. 2020: 8.4 Mio. (+6%) 2040: 8.9 Mio. (+13%) 2060: 9.0 Mio. (+14%) Zum Vergleich: Deutschland 2010-2060: von 82 Mio. auf 65 bis 70 Mio., d.h. -15 bis -20%

1. Demographischer Wandel, 2008-2040 100

90

80

70

Verschiebung des Schwerpunktes nach oben

60

50

40

30

20

2020: Lücke bei den 10-20-Jährigen Schweizern

10

0 -120000

-100000

-80000

Schweizer 2008

-60000

Schweizer 2020

-40000

Schweizer 2040

-20000

Ausländer 2008

0

20000

Ausländer 2020

40000

Ausländer 2040

60000

Demographischer Wandel • Zunehmender Anteil älterer Menschen, aber „Junge sterben nicht aus“; höherer Anteil der Migrationsbevölkerung bei den Jungen Mögliche Folgen:  kurzfristig: stärkere Konkurrenz um Nachwuchssportler/innen  stärkere Konkurrenz um knappe Infrastruktur zwischen verschiedenen Altersgruppen  andere Sportartenpräferenzen der Migrationsbevölkerung

2 . Werte und Bildung • Wertewandelthese: Als Folge von wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen gibt es einen Übergang von Pflicht- zu Selbstentfaltungswerten. Von: Disziplin, Pflichterfüllung, Bescheidenheit, Fleiss, Enthaltsamkeit, Selbstbeherrschung, Anpassungsbereitschaft

Zu: Emanzipation von Autoritäten, Gleichbehandlung aller, Genuss, Abenteuer, Kreativität, Spontaneität, Ausleben emotionaler Bedürfnisse, Selbstverwirklichung, Ungebundenheit, Eigenständigkeit

Wertewandel • Selbstentfaltung bedeutet nicht fehlende Leistungsbereitschaft. Leistung soll aber „sinnvoll“ sein, einzigartige Erlebnisse vermitteln und bestenfalls „Spass machen“. - Kaum irgendwo wird so viel gearbeitet wie in der Schweiz: Wöchentliche Arbeitszeiten: Schweiz: 41.6 Std. Deutschland: 40.3 Std. Italien: 39.3 Std Frankreich: 39.1 Std. - Teilnehmerzahlen an Breitsportanlässen haben sich seit den 1980er Jahren vervielfacht: Anfangs 1980er Jahre

2008

Veränderung

GP Bern

3000

20000

+570%

Greifenseelauf

1400

13400

+860%

Wertewandel • Problem: Selbstentfaltung und Spontaneität bedeuten auch: Ausprobieren von Neuem, Suchen nach besseren Alternativen  Häufige Wechsel von Sportarten/Vereinen, Vereinsbindung lässt nach, mangelnde Planungssicherheit • Chance: Erhöhung der Polysportivität  Sporttreibende als mündige Teilnehmer, die motiviert und informiert werden wollen.

Bildung • Bildungsexpansion gemäss BFS: Anteil 25-64-jähriger Personen mit einem Abschluss der.. ... Sekundarstufe I ...Sekundarstufe II .... Tertiärstufe 2009

10 %

50%

40%

2030

7%

45%

48%

• Höhere Bildung als wichtige Determinante der Sportaktivität Resultate gemäss Sport Schweiz 2008: Sekundarstufe I

Tertiärstufe

Sport mehrmals pro Woche, > 3 Std.

21%

39%

Kein Sport

51%

24%

Bildung • Höhere Bildung führt zu höherer Sportaktivität • Bildungsexpansion erfasst auch Trainerbildung (bessere Voraussetzungen für und höhere Ansprüche an Ausbildung) • Aber: zunehmender Leistungsdruck im Bildungs- und Berufssystem kann sich negativ auf die verfügbaren Ressourcen für Sport- und andere Aktivitäten auswirken  Vereinbarkeit von Sport, Bildung und Beruf gewinnt an Bedeutung (von „Sport statt Schule“ zu „Sport und Schule“)

3. Wirtschaft und Politik • Finanzknappheit der öffentlichen Hand weiterhin ein Thema.  öffentliche Gelder für den Sport knapp, Konkurrenz um Ressourcen*  Bau und Pflege der Infrastruktur angesichts fehlender Mittel, steigender Bevölkerungszahlen und Platzknappheit als wichtiges Thema • Schweiz bleibt auf absehbare Zeit ein „reiches Land“:  Geld für Sport grundsätzlich vorhanden * „Spitzensport“ hat in der Bevölkerung keine hohe Förderungspriorität . Gemäss Sport Schweiz 2008 finden 89% den Jugendsport, 70% den Amateurleistungssport und 55% den professionellen Elitesport förderungswürdig.

Wirtschaft und Politik • Aufschwung und Krise als Merkmale der modernen Wirtschaftsentwicklung:  Mangelnde Planungssicherheit bei Sponsorenmitteln  Vereins- und Verbandswesen wegen grosser Bedeutung des Ehrenamtes relativ krisenresistent  Vielfalt des Angebots als stabilisierender Faktor  Kommerzialisierung weiterhin beschränkt auf „publikumswirksame Geldmaschinen“  Professionalisierung nur bedingt als Alternative zur ehrenamtlichen Selbstorganisation

4. Sport „Altes“ und „neues“ Sportverständnis

Pyramidenmodell

Differenziertes Sportmodell Mediensport

Spitzensport

Leistungssport

AlternativSport

Freizeitsport

instrumenteller Sport

Breitensport

Frage der Positionierung und Organisation: Ausgliederung des Leistungssports?

Sport: Breitensport Sportaktivität im internationalen Vergleich (ISSP 2007)

 Schweiz als eines der „sportlichsten Länder der Welt“

Sport: Breitensport

 Sättigungsgrenze im Breitensport wohl bald erreicht

Sport: Breitensport Nachwuchs in den Vereinen: • rund ein Drittel aller Vereinsmitglieder unter 20 Jahren • rund die Hälfte aller unter 20-Jährigen sind Mitglied in einem Verein Anteil der Vereinsmitglieder an allen Kindern und Jugendlichen nach Alter, 2007 (Sport Schweiz 2008) 75%

50%

25% Alter in Jahren

0% 5

6

7

8

9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Sport: Spitzensport Mit der Anzahl Prüfungen gewichtete, geglättete Erfolgsbilanz (Top-8-Rangierungen) der Schweiz an Olympischen Spielen, 1964-2010





Ansehnliche Erfolge für ein kleines Land, aber die Konkurrenz schläft nicht: „Global Arms Race“ Strategische Frage: Vielfalt vs. wenige „Paradesportarten“?

Zusammenfassung • Demographie: Bevölkerungswachstum und Veränderung der Alterspyramide: Konkurrenz um knappe Infrastruktur und Nachwuchssportler • Werte und Bildung: Wertewandel und Bildungsexpansion als Chance: Polysportivität, mündige und gut ausgebildete Athlet/innen und Trainer • Wirtschaft und Politik: Selbstorganisation des Sports angesichts unsicherer Finanzen pflegen • Sport: Sättigungsgrenze in Reichweite; Optimierungen bei Angebot und Förderung möglich

Zusammenfassung Differenzierte Entwicklungen... ... in unterschiedlichen Sportarten ... in unterschiedlichen Feldern des Sportmodells

Mediensport

Leistungssport

AlternativSport

Freizeitsport

instrumenteller Sport

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