Gerontopsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern

Gerontopsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern Herausforderungen und mögliche Lösungen Lutz M. Drach Fiktion oder Prognose? Im Land der leeren Häuser...
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Gerontopsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern Herausforderungen und mögliche Lösungen

Lutz M. Drach

Fiktion oder Prognose? Im Land der leeren Häuser (1992) ist ein Roman von P. D. James, der im England des Jahres 2021 spielt. Da die Frauen keine Kinder mehr bekommen können, entvölkert sich Großbritannien zunehmend. Ein ständig größerer Teil des Landes wird aufgegeben und wieder Wildnis. Eine Politik der kontrollierten Rücksiedelung wird betrieben. Häuser, Kirchen und andere Gebäude werden aufgegeben, ganze Dörfer verlassen. Nebenstrassen werden offiziell geschlossen, da sie nicht mehr unterhalten werden können. Gas, Elektrizität und andere öffentliche Versorgungsleistungen können nicht mehr überall garantiert werden. Die Regierung drängt die Menschen, zurück in die Städte zu ziehen, die zu sogenannten „zukünftigen genehmigten Besiedelungszentren“ werden.

Fiktion oder Prognose? Im Land der leeren Häuser (1992) ist ein Roman von P. D. James, der im England des Jahres 2021 spielt. Da die Frauen keine Kinder mehr bekommen können, entvölkert sich Großbritannien zunehmend. Ein ständig größerer Teil des Landes wird aufgegeben und wieder Wildnis. Eine Politik der kontrollierten Rücksiedelung wird betrieben. Häuser, Kirchen und andere Gebäude werden aufgegeben, ganze Dörfer verlassen. Nebenstrassen werden offiziell geschlossen, da sie nicht mehr unterhalten werden können. Gas, Elektrizität und andere öffentliche Versorgungsleistungen können nicht mehr überall garantiert werden. Die Regierung drängt die Menschen, zurück in die Städte zu ziehen, die zu sogenannten „zukünftigen genehmigten Besiedelungszentren“ werden.

Das wird in nächster Zukunft in M.-V. geschehen!

Vorpommern

Bevölkerungsrückgang in M.-V. 1990

2000

2001

2003

2004

2005

2006

Einwohner (Tsd.)

1.924

1.776

1.760

1.732

1.720

1.707

1.694

Geburten- (+) / Gestorbenen- (-) überschuss

+1.054

-4.141

-4.211

-4.933

-4.100

-5.027

-4.647

Abwanderungssaldo

-42.307

-9.478

-11.446

-7.560

-8.600

-7.352

-8.858

Bevölkerungsrückgang in M.-V. 12% Bevölkerungsverlust seit der Wiedervereinigung 1990. Geschwindigkeit des Bevölkerungsrückgangs nimmt zu. Die Städte schrumpften bisher schneller als die Landkreise. .

– Schwerin – Neubrandenburg – Rostock – Greifswald – Stralsund – Wismar

- 24% - 23% - 20% - 20% - 19% - 18% Statistisches Landesamt M.-V.

Bevölkerungsrückgang in M.-V. Durchschnittsalter stieg von 35,8 J. (1990) auf 43,8 J. (2006). Zunahme der >60 J. um 44,2% seit 1990. Abnahme der 65 J. steigt von 2005 19.6% auf 27,1% (Bundesdurchschnitt 22%). Größter Anstieg bei den >90 J. von 0,5% auf 1,2%

Zunahme der Älteren in M.-V.

30 25

27,1

20

19,6

15 10 5 0

13,4

7,2 1 2005

R2 >65 J. R1

2 2020

>75 J.

Statistisches Landesamt M.-V.

Der größte Anstieg bei den Hochbetagten!

2005

2020

> 65 J.

336.029

424.881

> 75 J.

122.496

211.111

80-90 J.

50.892

116.635

> 90 J.

9.376

19.203

Spezifische Probleme in M.-V. Bevölkerungsdichte niedrig: – M.-V.: 73/km2, – Bundesdurchschnitt: 331/km2

Schon jetzt Dörfer in Vorpommern in denen niemand jünger ist als 50 J.! Statistisches Landesamt M.-V.

58/km2

47/km2 49/km2

52/km2

40/km2

Bevölkerungsdichte ausgewählter Landkreise (2004)

Spezifische Probleme in M.-V. Bevölkerungsdichte niedrig: – M.-V.: 73/km2, – Bundesdurchschnitt: 331/km2

Schon jetzt Dörfer in Vorpommern in denen niemand jünger ist als 50 J.! Statistisches Landesamt M.-V.

Insbesondere Vorpommern abseits der Touristenzentren an der Küste von der Alterung Im ländlichen Raum besonders betroffen.

58/km2

47/km2 49/km2

52/km2

40/km2

Bevölkerungsdichte ausgewählter Landkreise (2004)

Anforderungen kranker Senioren an die medizinische Versorgung

Was sind geriatrische Patienten? „Ein geriatrischer Patient ist ein biologisch älterer Patient: - der durch altersbedingte Funktionseinschränkungen bei Erkrankung akut gefährdet ist, - der zu Multimorbidität neigt, - bei dem ein besonderer Handlungsbedarf rehabilitativ, somatopsychisch und psychosozial besteht.“ Erster Altenbericht der Bundesregierung (1993)

Was ist Geriatrie?

Die Lehre von den Krankheiten alter Menschen ein medizinisches Querschnittsfach mit Altersorientierung (z.B. Kinderheilkunde) kein Organfach (z.B. Augenheilkunde) ringt mit dem Problem der Multimorbidität widmet seine Aufmerksamkeit Fähigkeitsstörungen und nicht Krankheiten hat besondere Methoden

Organ- versus Querschnittsfach Organfach:

Querschnittsfach:

methodenzentriert krankheitszentriert lineares Denken

Methodenvielfalt funktionszentriert vernetztes Denken

z.B. Augenheilkunde endet auf -logie

Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Geriatrie, Gerontopsychiatrie

Fähigkeitsstörungen des Patienten Die fünf „I“ der Geriatrie: Immobilität Instabilität Inkontinenz Inkompetenz Bernard Isaacs (1976)

The Giants of Geriatrics – a Study of Symptoms in Old Age

& • Iatrogene Schädigung = Fähigkeitsstörung des Arztes!

Multimorbidität

Mit zunehmendem Alter nimmt die Anzahl der Erkrankungen beim selben Patienten zu. Schon bei über 50 jährigen gibt es fast keine Menschen mit nur einer Diagnose mehr. Bei 65-69 jährigen finden sich im Durchschnitt 5,7 Diagnosen. Bei 80-84 jährigen im Durchschnitt 8,4 Diagnosen. Pathologisch-anatomisch finden sich bei geriatrischen Patienten bis zu 40 Diagnosen.

Multimedikation

Lemmer (2000)

Definierte Tagesdosen pro Jahr (DDD) 2000

1675

1500 DDD

Im Jahre 1997 entfielen 54% der Verordnungen auf die über 60 jährigen, die nur 23,1% der Bevölkerung ausmachten. Auf Frauen entfallen 50% mehr Verordnungen als auf Männer. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei über 70 jährigen in 18 -24 % .

1121

1000 500

107 127 150

401

516

0 Altersklassen von 30(+9) bis 90(+9)

Was ist Gerontopsychiatrie? Mehr als die Anwendung der Psychiatrie auf alte Menschen (d.h. kein Organfach). Synthese aus dem funktionsorientierten Vorgehen der Geriatrie und den Methoden der Psychiatrie und Psychotherapie. Im Gegensatz zur allgemeinen Psychiatrie nur mit guten allgemeinmedizinischen Kenntnissen erfolgreich zu betreiben.

Ziele geriatrischer und gerontopsychiatrischer Behandlung Selbständigkeit ermöglichen Fähigkeitsstörungen vermeiden Behinderung vermeiden Pflegebedürftigkeit vermeiden Iatrogene Schäden vermeiden In der Regel nicht Krankheiten heilen!

Demographie-bedingte Veränderung der Fallzahlen im Krankenhaus nach medizinischen Fachdisziplinen M S 20 0 2

M S 20 2 0

96b.u.97

96b.u.97

92b.u.93

92b.u.93

88b.u.89

88b.u.89

84b.u.85

84b.u.85

80b.u.81

80b.u.81

76b.u.77

76b.u.77

72b.u.73

72b.u.73

68b.u.69

68b.u.69

64b.u.65

64b.u.65

60b.u.61

60b.u.61

56b.u.57

56b.u.57

52b.u.53

52b.u.53

48b.u.49

48b.u.49

44b.u.45

44b.u.45

40b.u.41

40b.u.41

36b.u.37

36b.u.37

32b.u.33

32b.u.33

28b.u.29

28b.u.29

24b.u.25

24b.u.25

20b.u.21

20b.u.21

16b.u.17

16b.u.17

12b.u.13

12b.u.13

8b.u. 9

8b.u. 9

4b.u. 5

4b.u. 5

0b.u. 1

-4.000

0b.u. 1

-3.000

-2.000

-1.000

0

Männer

Frauen

1.000

2.000

3.000

-3.000

-2.000

-1.000

0 Männer

1.000 Frauen

2.000

3.000

Krankenhaus-Fälle in M.-V. bis 2020 Bei den vielen Disziplinen: kontinuierlicher mäßiger Rückgang, z.B. Gynäkologie, HNO.

Fälle

H o c h re c h n u n g K ra n k e n h a u s fä lle u n d -ta g e F a c h ric h tu n g : G y n ./G e b . 37000

195000

36000

190000

35000

185000

34000

180000

33000

175000

32000

170000

31000

165000

30000

160000

29000

155000

28000

150000

27000

F ä lle Tage

145000 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Sozialministerium M.-V.

Krankenhaus-Fälle in M.-V. bis 2020 Bei etwas mehr altersabhängigen Disziplinen: Erst Rückgang bis 2014 (Geburtenausfälle durch WK II), dann leichter Wiederanstieg, z.B. Chirurgie, Augen. H o c h re c h n u n g K ra n k e n h a u s fä lle u n d -ta g e F a c h ric h tu n g : C h iru rg ie 87000

685000

86000

680000 675000

85000

670000

84000

665000 Fälle

83000 660000 82000

F ä lle Tage

655000 81000

650000

80000

645000

79000

640000

78000

635000 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Sozialministerium M.-V.

Krankenhaus-Fälle in M.-V. bis 2020 Bei besonders altersabhängigen Disziplinen: Erst Rückgang bis 2014 (Geburtenausfälle durch WK II), dann Wiederanstieg auf Ausgangsniveau, z.B. Innere Medizin. H o c h r e c h n u n g K r a n k e n h a u s f ä lle u n d - t a g e F a c h r ic h t u n g : In n e r e M e d iz in 1050000

143000

142000 1040000 141000 1030000

Fälle

140000

139000

1020000

F ä lle Tage

138000 1010000 137000 1000000 136000

135000

990000 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Sozialministerium M.-V.

Krankenhaus-Fälle in M.-V. bis 2020 Bei besonders altersabhängigen Disziplinen: Erst Rückgang bis 2014 (Geburtenausfälle durch WK II), dann Wiederanstieg auf Ausgangsniveau, z.B. Innere Medizin. H o c h r e c h n u n g K r a n k e n h a u s f ä lle u n d - t a g e F a c h r ic h t u n g : In n e r e M e d iz in 1050000

143000

142000 1040000 141000

Aber:

Fälle

140000

139000

138000

137000

1030000

1020000

F ä lle Tage

1010000

1000000 136000

135000

990000 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Sozialministerium M.-V.

Veränderte Anforderungen! Durch Zunahme des Anteils hoch- und höchstaltriger Patienten: – – – – – –

– – –

Weniger krankheitsorientierte ärztliche Spezialisten gefragt. Mehr funktionsorientierte ärztliche Generalisten gefragt. Mehr interdisziplinäres Arbeiten (z.B. Innere Medizin / Psychiatrie) nötig. Mehr qualifizierte Pflege zur sicheren Durchführung der Krankenhausbehandlungen nötig. Mehr Komplementärtherapien (z.B. Physio-, Ergotherapie, Logopädie) zur Sicherstellung des Behandlungserfolges nötig. Längere Liegezeiten durch notwendige längere Heilungsverläufe, mehr Komplikationen und spezifische geriatrische Syndrome (z.B. Sturzkrankheit oder verzögerte Mobilisation). Höhere Kosten durch notwendige Mitbehandlung von Begleiterkrankungen. Bessere ärztliche Vernetzung stationär / ambulant nötig. Bessere pflegerische Vernetzung stationär / ambulant nötig.

Seelische Krankheiten im Alter Depression Demenz

Depressionen im Alter sind häufig Prävalenz der Altersdepression in Europa Prävalenz der Depression (%) 25

BASE

Bei Verwendung der BASEDaten in M-V aktuell ca. 50.000 depressive Ältere zu erwarten.

20 15

Mayer & Baltes (Hrsg.) (1996) Die Berliner Altersstudie (BASE).

Ve ro na

on nd Lo

0

nd la Is

5

lin m er da B er st m A lin ub a D ss go ra Sa l oo rp ve Li

10

Das EURODEP Konsortium GMS / AGECAT Depression Copeland et al. (1987)

Suizidrate im Alter 50 S uiz idrate /Jahr/ 100.000

Rate der erfolgreichen Suizide verdoppelt sich. Männer sind besonders betroffen. „Harte“ Suizidarten werden bevorzugt (Erhängen, Todessprung). An vierter Stelle der Ursachen für verlorene Lebensjahre im Alter >65. Verschlüsselte Ankündigung beim Hausarzt ist häufig. Rate der Suizidversuche geht mit zunehmendem Alter auf 10% zurück.

40 30 20 10 0 Männer 15 - 85 Jahre in M-V

Die depressiven Älteren sind nicht im psychiatrischen Krankenhaus Bei älteren Menschen hat die Art der Einrichtung enormen Einfluss auf die Prävalenz der Depression Ambulatorien Prävalenzrate (%)

Notaufnahmen

90

Pflegeheime

80

Psychiatrische Langzeiteinrichtungen

70 60 50 40 30 20 10 0

Warner (1996); Weissman et al. (1996)

Die depressiven Älteren sind nicht im psychiatrischen Krankenhaus Bei älteren Menschen hat die Art der Einrichtung enormen Einfluss auf die Prävalenz der Depression Ambulatorien Prävalenzrate (%)

Notaufnahmen

90

Pflegeheime

80

Psychiatrische Langzeiteinrichtungen

Sondern fehlalloziert im 70 Allgemeinkrankenhaus! 60 50 40 30 20 10 0

Warner (1996); Weissman et al. (1996)

Demenz und Lebensalter Alter (J.)

Prävalenz von Demenz (%)

65 – 69 70 – 74 75 – 79 80 – 84 85 – 89 90 – 94 95 - 99

1,5 3,5 6.8 13,6 22 32 45 Ritchie und Kildea (1995)

Jitapunkul et al. (1999).

Die Landesregierung M.-V. erwartete 32.000 mittelschwer und schwer demente Patienten in M-V im Jahre 2020. Landtagsdrucksache 4/1006 (2004)

Krankenhaus-Fälle bis 2020 Psychiatrie! Bei besonders altersabhängiger Disziplin Erst Rückgang bis 2014 (Geburtenausfälle durch WK II), dann Wiederanstieg auf höheres Niveau. H o c h r e c h n u n g K r a n k e n h a u s f ä lle u n d - t a g e F a c h r ic h t u n g : In n e r e M e d iz in

Gerontopsychiatrie 1050000

143000

142000 1040000 141000 1030000

Fälle

140000

139000

1020000

Leider liegen mir keine Berechnungen für die Gerontopsychiatrie in M.-V. vor, aber erhebliche Steigerung der Fallzahlen sicher, wenn nichts getan wird! 138000

1010000

137000

1000000

136000

135000

990000 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

F ä lle Tage

Versorgungsstrukturen

Landesgeriatriekonzept Geriatrische Rehabilitation als eigener Bereich nur künstlich von geriatrischer Akutbehandlung zu trennen. Geriatrische Therapie hat immer auch rehabilitative Elemente. Für das jeweilige Bundesland typische Bedingungen und Regelungen, z.B.

Hessen: (§107 SGB V) Geriatrische Akutabteilungen, Mindestens 40 Betten, Eigene fachliche Leitung, In jeder Versorgungsregion, Direkteinweisung durch Vertragsarzt und Verlegung aus anderen Kliniken.

Meckenburg-Vorpommern: (§111 SGB V) 3 Geriatrische Rehabilitationsklinken (Tessin, Neubrandenburg, Greifswald), 1 Geriatrische Akutabteilung in Wismar, Geriatrisches Konsil in Schwerin, Rostock, Stralsund, Neubrandenburg, Greifswald geplant, Antrag bei der Kasse, keine Direkteinweisung durch Vertragsarzt.

Folgen des Landesgeriatriekonzepts Zum Jahresende 2003 waren in M.-V. 18 % der 75- bis 85-Jährigen auf ambulante oder stationäre Pflege angewiesen gewesen (Bundesdurchschnitt 14%). Bei den über 85-Jährigen lag der Anteil der Pflegebedürftigen nahezu zehn Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Statistisches Bundesamt (2005)

Folgen des Landesgeriatriekonzepts Zum Jahresende 2003 waren in M.-V. 18 % der 75- bis 85-Jährigen auf ambulante oder stationäre Pflege angewiesen gewesen (Bundesdurchschnitt 14%). Bei den über 85-Jährigen lag der Anteil der Pflegebedürftigen nahezu zehn Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Statistisches Bundesamt (2005)

Gesetzliche Anspruch „Rehabilitation vor Pflege“ nach §31 SGB XI nicht verwirklicht!

Gesetzliche Krankenversicherung Wettbewerbstärkungsgesetz (GSV-WSG): Rehabilitationsmaßnahmen müssen von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden (nicht mehr „Kann-Leistung“). Auch Pflegebedürftige haben Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen. Insbesondere Pflichtleistung geriatrische und gerontopsychiatrische Rehabiltation. Grundsatz: ambulant vor teilstationär vor stationär.

Die gute Absicht Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ des SGB XI soll endlich umgesetzt werden.

Die gute Absicht Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ des SGB XI soll endlich umgesetzt werden Geburtsfehler: Profitieren soll die Pflegekasse (SGB XI), zahlen aber die Krankenkasse (SGB V).

(Teil-)Stationäre Gerontopsychiatrie in M.-V. Eine selbständige Klinik und Tagesklinik für Gerontopsychiatrie im Lande in SN. Gerontopsychiatrische Stationen außerdem in HWI, HRO, HST, HGW, NB. Weitere Gerontopsychiatrische Stationen geplant (GÜ, Waren / Röbel). Gerontopsychiatrische Tageskliniken geplant in HRO, HGW, Gadebusch.

Gerontopsychiatrische Klinik und Tagesklinik Gerontopsychiatrische Station Gerontopsychiatrische Stationen im Entstehen Gerontopsychiatrische Tageskliniken im Entstehen

Gedächtnissprechstunden in M.-V. Drei Gedächtnisprechstunden (Memory Clinics) für 1.7 Mio. Einwohner, verglichen mit Hamburg mit sechs für 1.8 Mio. Quellen: Deutsche Alzheimergesellschaft /Hirnliga/Internetauftritte der Krankenhäuser in M-V

Zu lange Wege für die Patienten (bis zu 60 km in Schwerin). Mindeststandards überall erfüllt?

Gedächtnissprechstunde (Memory-Clinic)

Jetzige Probleme der ambulanten Medizin Die Kenntnisse und Fertigkeiten der Hausärzte und Nervenärzte / Psychiater in M.-V. in der Geriatrie und Gerontopsychiatrie sind im Bundesvergleich besonders schlecht. Aufgrund der Struktur des EBM und des Honorarverteilungsmaßstabes ist für Nervenärzte / Psychiater: – die Regelversorgung psychisch Kranker unattraktiv. – die Versorgung von psychisch Kranken in Heimen und in der Häuslichkeit unattraktiv. – die Versorgung älterer psychisch Kranker wegen erhöhten Zeitaufwands unattraktiv. – die Beschränkung auf die Neurologie oder Richtlinienpsychotherapie finanziell attraktiv.

Jetzige Probleme der ambulanten Medizin Die Kenntnisse und Fertigkeiten der Hausärzte und Nervenärzte / Psychiater in M.-V. in der Geriatrie und Gerontopsychiatrie sind im Bundesvergleich besonders schlecht. Aufgrund der Struktur des EBM und des Honorarverteilungsmaßstabes ist für Nervenärzte / Psychiater: – die Regelversorgung psychisch Kranker unattraktiv. – die Versorgung von psychisch Kranken in Heimen und in der Häuslichkeit unattraktiv. – die Versorgung älterer psychisch Kranker wegen erhöhten Zeitaufwands unattraktiv. – die Beschränkung auf die Neurologie oder Richtlinienpsychotherapie finanziell attraktiv. Immer mehr Nervenärzte / Psychiater ziehen sich aus der Regelversorgung psychisch Kranker zurück. Das trifft vor allem die Älteren.

Bewohner von Pflegeheimen unterversorgt Bei Heimbewohnern hohe Prävalenzen von Mobilitätseinschränkungen, Harninkontinenz, Demenz, Stuhlinkontinenz. Besuche von Arztpraxen außerhalb der Heime nur von 20% der Bewohner durchgeführt. Ärztliche Versorgung der Heime fast ausschließlich durch niedergelassene Ärzte. Pflegepersonal veranlasst in der Regel Arztkontakt, keine freie Arztwahl mehr möglich. Hausärztliche Versorgung in hoher Dichte, häufig viele Hausärzte in einem Heim tätig, was Koordinationsprobleme aufwirft. Fachärztliche Versorgung weist aber erhebliche Lücken auf. Von Neurologen und Psychiatern werden nur ein Drittel der Bewohner erreicht. Hallauer et al. SÄVIP-Studie (2005)

Bewohner von Pflegeheimen unterversorgt Auszug aus einem Schreiben von Herrn Dr. C.J. Tolzin vom MDK Bei Heimbewohnern hohe Prävalenzen von „Kompetenz-Centrum Psychiatrie/Psychotherapie“ vom 23.02.2007: Mobilit ätseinschränkungen, Harninkontinenz, Demenz, Stuhlinkontinenz. „Flächendeckend bestehen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern Besuche von Arztpraxen außerhalb der Heime nur von 20% der Bewohner durchgef ührt. Heimeinrichtungen und niederVersorgungsverträge zwischen gelassenen Nervenärzten, die die der Ärztliche Versorgung der Heime fastpsychiatrische ausschließlichVersorgung durch niedergelassene rzte. gewährleisten. Eine psychiatrische Versorgung PatientInnen in Ä Heimen in ausgegliederten Heimeinrichtungen durch die Psychiatrische Pflegepersonal veranlasst in der Regel Arztkontakt, keine freie Arztwahl wäre mehreine möglich. Institutsambulanz Über- und Fehlversorgung und kann auch nicht durch die Begriffe „nachgehende Behandlung“ Haus ärztliche Versorgung in hoher Dichte, häufig vieleoder Hausärzte in einem Heim tätig, was Koordinationsprobleme „Aufsuchende Ambulanz“ begründet werden.“aufwirft. Fachärztliche Versorgung weist aber erhebliche Lücken auf. Von Neurologen und Psychiatern werden nur ein Drittel der Bewohner erreicht.

!

Hallauer et al. SÄVIP-Studie (2005)

Ambulant gepflegte Demente unterversorgt Von ambulant gepflegten Demenzkranken (nach Einschätzung des Pflegedienstes) 33% ohne ärztliche Diagnose einer Demenz. Die Mehrheit der ärztlich diagnostizierten Demenzkranken erhielt keine leitliniengerechte Therapie. Psychopharmakatherapie ganz überwiegend mit Neuroleptika. Neurologen und Psychiatern sind nur bei einem Fünftel der Betroffenen an der Behandlung beteiligt. Grass-Kapanke et al. DIAS-Studie (2008)

Zukünftige Probleme der ambulanten Medizin Mehrheit der Ärzte in M-V >50 J. >25% der Ärzte in M.-V. >60 J. >35% der jetzigen Hausärzte wird 2010 in Rente sein. Ein großer Teil dieser Hausärzte wird nicht ersetzt werden. Ein großer Teil der künftig berenteten Fachärzte (auch Nervenärzte / Psychiater) wird nicht ersetzt werden. Landtagsdrucksache 4/1774 (2005) Es wird für 2020 eine durchschnittliche Entfernung eines Patienten im ländlichen Vorpommern zu seiner Hausarztpraxis von >20km prognostiziert! Die selbe Prognose gehen davon aus, dass es in Vorpommern 2020 umfassende ambulante fachärztliche Behandlung nur noch in Stralsund und Greifswald geben wird. W. Hoffmann, Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health der Universität Greifswald, Vortrag Greifswald 2005.

Bedeutung der Angehörigen 92% der Patienten mit erhöhtem Pflegebedarf werden im eigenen Haushalt von Familienmitgliedern betreut. Hauptpflegepersonen: Unter 80 Jahren: meist Lebenspartner Über 80 Jahren: meist Töchter

Über 80% der Hauptpflegepersonen sind weiblich. Der Bedarf an Pflegeheimplätzen würde sich verdoppeln, wenn nur 5% der Angehörigen ausfielen.

Bedeutung der Angehörigen 92% der Patienten mit erhöhtem Pflegebedarf werden im eigenen Haushalt von Familienmitgliedern betreut. Hauptpflegepersonen: Unter 80 Jahren: meist Lebenspartner Über 80Angehörige Jahren: meist Töchter Pflegende von Demenzkranken besonders von Krankheit bedroht: insbesondere Über 80% der Hauptpflegepersonen sind Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates. weiblich. Der Bedarf an Pflegeheimplätzen würde sich verdoppeln, wenn nur 5% der Angehörigen ausfielen.

Bedeutung der Angehörigen 92% der Patienten mit erhöhtem Pflegebedarf werden im eigenen Haushalt von Familienmitgliedern betreut. Hauptpflegepersonen: Die Zahl potentieller Unter 80 Jahren: meist Lebenspartner pflegender Angehöriger nimmt Über 80Angehörige Jahren: Töchter bedingt in M.-V. meist demographisch Pflegende von Demenzkranken besonders von Krankheit bedroht: insbesondere naher Zukunft stark ab! Über 80% derinHauptpflegepersonen

Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates. weiblich.

sind

Der Bedarf an Pflegeheimplätzen würde sich verdoppeln, wenn nur 5% der Angehörigen ausfielen.

Hilfen für Angehörige Deutsche Alzheimer Gesellschaft -

Informationsveranstaltungen Informationsmaterial www.deutsche-alzheimer.de Alzheimer-Telefon 01803 - 17 10 17

Angehörigengruppen - Selbsthilfe - Von Experten geleitet

Strukturierte Schulungsangebote

(Psychoedukation)

Erholungsinterventionen - Tagespflege - Kurzzeitpflege (Respite Care)

Angehörigenschulung: Wirksamkeit

Mittelman-Studie 1996

Immer mehr Lücken im Versorgungsnetz In Zukunft immer weniger pflegende Angehörige. Die ärztliche Versorgung psychisch kranker Älterer in M-V kann in der Fläche nur durch Hausärzte sichergestellt werden. Nur wenige Nervenärzte/Psychiater/Psychotherapeuten behandeln in nennenswertem Umfang Ältere. Nur wenige Hausärzte und Fachärzte incl. Nervenärzte/Psychiater haben ausreichende Kenntnisse und Fertigkeiten in den Besonderheiten der Behandlung Älterer. Geriatrie als klinisches Fach existiert in M-V praktisch nicht und kann deswegen nicht wie z.B. in NRW einen Teil der Demenzkranken versorgen. In Teilen von M-V wird es 2020 noch nicht einmal erreichbare Hausärzte geben!

Was tun?

Qualifizierung der Hausärzte Qualifizierung der Fachärzte Mehr geriatrische und gerontopsychiatrische Kompetenz ins Krankenhaus Aufsuchende Dienste auch durch spezialisiertes nicht-ärztliches Personal Förderung der gerontopsychiatrischen Versorgung durch die Psychiatrischen Institutsambulanzen Organisierte Unterstützung der Angehörigen Integrierte Versorgungsmodelle Lehrstühle für Geriatrie und Gerontopsychiatrie

Qualifikation der Hausärzte Zertifikat „Gerontopsychiatrische Grundversorgung“ Deutsche Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, DAGPP Verleiht Zertifikat „Gerontopsychiatrische Grundversorgung“ 40 h Theorie, 40 h Praxis, analog anderen Zertifikaten. www.dagpp.de

Anreiz z.B.: Voraussetzung für besondere Abrechnungsziffern oder Teilnahme an IV-Programmen.

Qualifikation der Hausärzte Zertifikat „Gerontopsychiatrische Grundversorgung“ Deutsche Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, DAGPP Verleiht Zertifikat „Gerontopsychiatrische Grundversorgung“ 40 h Theorie, 40 h Praxis, analog anderen Zertifikaten. www.dagpp.de

1. Jahrestagung der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V. Für eine bessere psychiatrische Versorgung Älterer in einem rapide alternden Land. 12.-14. Juni 2008 in Schwerin

Qualifikation der Fachärzte „Geriatrisierung der Medizin“ (Crusius), mehr geriatrische / gerontopsychiatrische Inhalte in der Weiterbildung und Fortbildung der Fachärzte Zertifikat „Gerontopsychiatrische Grundversorgung“ Deutsche Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie, DAGPP

Anreiz z.B.: Voraussetzung für besondere Abrechnungsziffern oder Teilnahme an IV-Programmen.

Kompetenz ins Krankenhaus Nicht überall ist Geriatrie oder Gerontopsychiatrie drin, wo es draufsteht! Das gilt auch für´s Krankenhaus!

Kompetenz ins Krankenhaus Nicht überall ist Gerontopsychiatrie drin, wo es draufsteht! Initiative des Sozialministeriums, der Ärztekammer und der Krankenkassen zur Weiterbildung von Gerontopsychiatern

Das gilt auch für´s Krankenhaus! Qualitätskriterien bei der Finanzierung von gerontopsychiatrischen Kliniken, Tageskliniken, Memory Kliniken, Konsil-/Liäsondiensten, Ambulanzen.

Gerontopsychiatrie-AGnES ? Analog zur Arzt-entlastenden Gemeindeschwester für den Hausarzt. Für Assessment und Therapiekontrolle besonders geschult. Berät die pflegenden Angehörigen oder das Personal im Heim. In Großbritannien Standard.

Unterstützung der Angehörigen Wohnortnahes Schulungsangebot schon bei (möglichst früher) Diagnosestellung. Wohnortnahes Angebot von AngehörigenGruppen. Beratung / Unterstützung durch spezialisiertes nicht-ärztliches Personal.

Integrierte Versorgung Modell Kaufbeuren Nicht auf Demenz beschränkt. Integriert: Hausarzt, Facharzt, Konsil-/Liaisondienst. Spezielle Angebote, Institutsambulanz Nachgewiesene Einsparungen durch: weniger Krankenhaustage, weniger Medikamente www.dggppn.de

M.-V. ist ein ideales geriatrisch / gerontopsychiatrisches Labor

deshalb ein idealer Ort für Lehrstühle

Quelle: H. Gutzmann

Deshalb zu begrüßen: Universitätsklinken Rostock und Greifswald sind Partnerstandorte für das neue Helmholtz-Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn geworden. Demenz-Forscher Prof. Stefan Teipel auf eine Professur für klinischexperimentelle Psychiatrie mit Schwerpunkt Demenz in HRO berufen. In Rostock und vor allem in Greifswald gibt es exzellente Kooperationsmöglichkeiten für Versorgungsforschung (Zentrum für Erforschung des demographischen Wandels in HRO, Institut für Community Medicine und SHIP-Studie in HGW).

Deshalb zu begrüßen: Universitätsklinken Rostock und Greifswald sind Partnerstandorte für das neue Helmholtz-Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn geworden. Demenz-Forscher Prof. Stefan Teipel auf eine Professur für klinischexperimentelle Psychiatrie mit Schwerpunkt Demenz in HRO berufen. In Rostock und vor allem in Greifswald gibt es exzellente Kooperationsmöglichkeiten für Versorgungsforschung (Zentrum für Erforschung des demographischen Wandels in HRO, Institut für Community Medicine und SHIP-Studie in HGW).

Skepsis: Sowohl die Initiatoren des neuen Helmholtz-Zentrums als auch Prof. Teipel nicht als Versorgungsforscher ausgewiesen. Eine ähnliche aus Bundesmitteln finanzierte Initiative, das „Kompetenznetz Demenz“ mit den selben Protagonisten hatte nicht zu einer nennenswerten Vernetzung der Forschung mit der Versorgungswirklichkeit geführt!

Deshalb zu begrüßen: Universitätsklinken Rostock und Greifswald sind Partnerstandorte für das neue Helmholtz-Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn geworden. Demenz-Forscher Prof. Stefan Teipel auf eine Professur für klinischexperimentelle Psychiatrie mit Schwerpunkt Demenz in HRO berufen.

Mecklenburg-Vorpommern In Rostock und vor allem in Greifswald gibt es exzellente Kooperationsder ideale Standort für des möglichkeiten fürist Versorgungsforschung (Zentrum für Erforschung demographischen Wandels in HRO, Institut für Community Medicine und und SHIP-Studie in Versorgungsforschung HGW). würde von ihren Ergebnissen Skepsis: Sowohl die Initiatoren dessehr neuen Helmholtz-Zentrums profitieren! als auch Prof. Teipel

nicht als Versorgungsforscher ausgewiesen. Eine ähnliche aus Bundesmitteln finanzierte Initiative, das „Kompetenznetz Demenz“ mit den selben Protagonisten hatte nicht zu einer nennenswerten Vernetzung der Forschung mit der Versorgungswirklichkeit geführt!

Es geht um uns! Dem Alter kann man nur durch frühen Tod entgehen.

Ansonsten trifft es jeden!