FOKUS ENTWICKLUNGSPOLITIK Positionspapiere der KfW Entwicklungsbank September 2007

Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung Autoren: Nassir Djafari, Matthias Adler, Karl-Heinz Fleischhacker, Dr. Ralf Orlik Redaktion: Dr. Frank Weiler

Die Umsetzung Programmorientierter Gemeinschaftsfinanzierung (PGF) in ihren verschiedenen Ausprägungen gewinnt für die Praxis der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zunehmend an Bedeutung. Auch im internationalen Kontext hat sich die deutsche EZ zum Ausbau von PGF verpflichtet: Die von der deutschen Regierung mitgetragene Paris Declaration on Aid Effectiveness der OECD (März 2005) weist die Erweiterung programmorientierter Zusammenarbeit als Zielgröße aus. Die KfW Entwicklungsbank beteiligt sich maßgeblich an der Debatte um gemeinschaftlich finanzierte Programme auf Sektor- und Makroebene und führt diese seit 2001 in verschiedenen (Schwerpunkt-) Partnerländern durch. Sie unterstützt damit die nachhaltige Minderung der Armut sowie die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und demokratischen Legitimierung des Staates in den Entwicklungsländern. Im Folgenden nimmt die KfW Entwicklungsbank zu wichtigen entwicklungspolitischen Fragen im Kontext von PGF Stellung.

• Zukünftig nur noch PGF? PGF stellt ein entwicklungspolitisches Instrument neben anderen dar und ist grundsätzlich nur sinnvoll in armen Ländern, die reformwillig und -fähig sind und sich an demokratischen und rechtsstaatlichen Normen orientieren. Aus Sicht der KfW Entwicklungsbank sollte daher das gesamte Spektrum von EZ-Instrumenten in Abhängigkeit von der Reformkapazität und der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Finanzmanagements der Partnerländer genutzt werden. Durch die Kombination von PGF und klassischen Projekten in der Zusammenarbeit mit einem Land können wichtige Synergieeffekte erzielt werden. So tragen PGF-Vorhaben zur Verbesserung der politischen und institutionellen Rahmenbedingungen in einem Sektor bei, wodurch die Erfolgsvoraussetzungen von Infrastruktur- oder Finanzsektorprojekten verbessert werden. Umgekehrt kann die KfW die Erfahrungen aus dem sektorpolitischen Dialog im Rahmen von Sektorprogrammen und Investitionsprojekten in den Politikdialog des PGF-Vorhabens einbringen.

Formen der Programmorientierten Gemeinschaftsfinanzierung (PGF)*: ¾ Allgemeine Budgethilfe: Es handelt sich um Makroprogramme zur Unterstützung von wirtschaftspolitischen, sozialen und institutionellen Reformen. Die Gebermittel fließen in den allgemeinen Haushalt. ¾ Sektorbezogenen Budgethilfe: Die Gebermittel fließen in den allgemeinen Haushalt ein und unterliegen einer sektoralen Zweckbindung. Einzelne Maßnahmen werden nicht definiert. Der Dialog mit dem Partnerland fokussiert sich auf einen Sektor. ¾ Sector Wide Approaches (SWAp) in Form von: ¾ Korbfinanzierung („Basket Financing“): Die Geber finanzieren gemeinsam einen Aus-

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gabenplan für die Umsetzung eines Maßnahmenkorbs, der sich i.d.R. aus der Sektorstrategie ergibt. Es besteht eine Zweckbindung an die vereinbarten Maßnahmen. Die finanzielle Abwicklung der Geberbeiträge unterliegt nicht dem üblichen Haushaltsverfahren des Partnerlandes. Die Geberbeiträge werden davon getrennt verbucht, sollten aber zumindest nachrichtlich im Haushalt des Partnerlandes erfasst werden. ¾ Programmfinanzierung im Rahmen eines SWAp: wie Korbfinanzierung, allerdings werden die Geberbeiträge nicht „gepoolt“, sondern das quantifizierte Ausgabenprogramm wird durch einzelne Programme der Geber erbracht, sollten aber zumindest nachrichtlich im Haushalt des Partnerlandes erfasst werden und einem einheitlichen Monitoring und Berichterstattung unterliegen. * Im Folgenden wird der bisher übliche Begriff PGF verwendet, obwohl es Bestrebungen gibt, ihn durch „programmbasierter Ansatz“ (PBA) zu ersetzen. Mit PBA strebt die Bundesregierung an, dem international üblichen Begriff „programme based approach“ näher zu kommen.

• Auswirkungen auf die Armutsminderung? Im Laufe der letzten Jahre haben die meisten Niedrigeinkommensländer verstärkt öffentliche Mittel für die Minderung der Armut, insbesondere in den sozialen Sektoren wie Bildung, Gesundheitsoder Wasserversorgung eingesetzt. So sind in den Haushalten der Budgetfinanzierungsempfänger durchschnittlich 18% für Bildung und 9% für Gesundheit ausgegeben worden. Mit dem Übergang zu PGF und der damit verbundenen Finanzierung zum Teil auch der laufenden Ausgaben nahm der Anteil der sozialen Sektoren, vor allem von Bildung und Gesundheitsversorgung, am Staatshaushalt zu. Der Spielraum zur Ausweitung des Angebots sozialer Grunddienste vor allem für arme Bevölkerungsgruppen wurde damit größer. Wie die ersten Evaluierungen (Burkina Faso, Ghana, Malawi, Mosambik, Nicaragua, Ruanda, Uganda, Vietnam) zeigen, waren Qualität und Effizienz der sozialen Dienstleistungen jedoch nicht immer zufrieden stellend, sodass die Armutswirkungen letzten Endes begrenzt blieben. Vor diesem Hintergrund erweist sich die einseitige Ausrichtung des Politikdialogs und der Erfolgsmessung von Budgethilfevorhaben auf rein quantitative Vorgaben bei der Erreichung der Millennium Development Goals als zu kurzsichtig. Die Bereitstellung höherer Mittel für soziale Dienstleistungen muss mit der Einführung effizienterer und effektiverer Planungs- und Umsetzungsverfahren der Sektorinstitutionen einhergehen, um die Nachhaltigkeit der sozialen Verbesserungen sicherzustellen. Die Effektivität öffentlicher Ausgaben sowie die Qualität der Leistungen können durch die Umsetzung von Qualitätsstandards und Effizienzkriterien in den Sektorinstitutionen sowie durch bessere Überwachung von Bau- und Beschaffungsmaßnahmen (möglichst unter Einbeziehung von Nutzergruppen) verbessert werden. Nicht nur die großen Reformen, sondern auch diese weniger spektakulären Maßnahmen können einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung leisten. Die Rechenschaftslegung der verantwortlichen Institutionen sollte – neben anderen Gesichtspunkten – auch den Nachweis eines effizienten Einsatzes öffentlicher Ressourcen beinhalten. Gerade in diesen durchführungsbezogenen Fragen kann die KfW Entwicklungsbank ihre Erfahrungen im Rahmen von PGF-Vorhaben gut einsetzen. Durch die Kooperation mit der GTZ können Synergieeffekte erzielt werden. Vorhaben Programmorientierter Gemeinschaftsfinanzierung haben breitenwirksames Wachstum bzw. den Zugang armer Bevölkerungsgruppen zu Beschäftigung und Einkommen bisher noch zu wenig berücksichtigt. Insbesondere der Stellenwert förderlicher Rahmenbedingungen für die produktiven Sektoren der Volkswirtschaft auf Wachstum und Armutsminderung, aber auch funktionsfähiger wirtschaftlicher Infrastruktur wurde bisher häufig übersehen. Diese übersektoralen Querschnittsthemen lassen sich am ehesten auf der Makroebene im Rahmen der Allgemeinen Budgethilfe in Angriff nehmen. Mit Blick auf die Minderung der Einkommensarmut ist es zudem notwen-

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dig, verstärkt Sektorreformen umzusetzen, aber auch Mittel für die Förderung von Transport, Energie-, Finanz- und Agrarsektor, insbesondere den Ausbau der Infrastruktur bereitzustellen bzw. zu mobilisieren. Gerade in diesen Kompetenzfeldern verfügt die deutsche EZ über besondere Erfahrungen, die sie in den Politikdialog im Rahmen von PGF-Vorhaben einbringen kann. Die Beteiligung an den Sektorprogrammen (SWAp-Vorhaben) ist immer dann sinnvoll, wenn nicht nur die Investitionsfinanzierung, sondern die Veränderung der sektoralen Rahmenbedingungen im Vordergrund steht und durch das gemeinsame Vorgehen mit anderen Gebern notwendige strukturelle Effekte besser erzielt werden können. Im Übrigen kann gerade in den genannten Sektoren die Kombination aus Investitionsprojekten mit innovativen Finanzierungs- bzw. Betreibermodellen und Programmansätzen, die auf der Sektorebene die institutionellen und rechtlichen Erfolgsvoraussetzungen dafür verbessern, sinnvoll sein. Zudem lassen sich komplexe sektorspezifische Probleme am besten durch ein Sektorengagement begleiten, das durch sektorspezifische Konditionalitäten einen zusätzlichen Hebel zur Verfügung hat.

Stand: 31.12.2006

PGF-Engagement (In Planung und Durchführung)

In Mio. EUR

In Prozent

Allgem. Budgethilfe

456,4

40,5%

Sektorbudgethilfe

102,2

9,1%

Korbfinanzierung

473,2

42,0%

94,4

8,4%

1.126,2

100%

In Mio. EUR

In Prozent

Asien

294,0

26,1%

Subsahara Afrika

561,5

49,9%

97,2

8,6%

173,5

15,4%

1.126,2

100%

SWAp Summe

nach Regionen

Europa, Nordafrika, Naher Osten Lateinamerika, Karibik Summe

• Bedeutet PGF wortloses Zusehen? Es gibt einen systematischen und umfassenden Politikdialog zwischen den Gebern und dem Partnerland der dazu dient, gemeinsame entwicklungspolitische Ziele zu vereinbaren und deren Umsetzung zu begleiten. Hierzu werden Leistungsziele und Indikatoren (Konditionalitäten) auf Basis der Armutsminderungsstrategie des Partnerlandes definiert, die der Selbstbindung von Partnerregierung und Gebern dienen. Die Leistungsziele stellen den Korridor gemeinsamer Interessen dar und ermöglichen die entsprechende Rechenschaftslegung auf beiden Seiten. Aus den Erfahrungen mit den Strukturanpassungsprogrammen der 1980er und 1990er Jahre ist bekannt, dass Konditionalitäten nur dann wirksam sein können, wenn die vereinbarten Reform-

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schritte vom Partnerland selbst gewollt sind. Die Vorstellung, „Reformen kaufen zu können“, gehört der Vergangenheit an. Die Herausforderung besteht darin, Konditionalitäten so zu gestalten und gemeinsame Interessen bzw. Ziele derart zu definieren, dass sie vom Partnerland auch umgesetzt werden können. Dies kann erreicht werden, wenn sich Partnerregierung und Geber auf die mittelfristigen entwicklungspolitischen Ergebnisse verständigen und nicht im Detail die Wege zu deren Erreichung verhandeln. Konditionalitäten und Indikatoren zu deren Überprüfung sollten aus dem übergeordneten reformpolitischen Kontext abgeleitet werden, da sie in der Regel für ein größeres Reformziel stehen. Anstatt eines strikten „Erfüllt- / Nicht-Erfüllt-Urteils“ sollte eine situationsspezifische Abwägung vorgenommen werden. Des Weiteren ist es notwendig, in Abhängigkeit von den länderspezifischen Bedingungen den Umfang der Konditionalitäten auf ein handhabbares Maß zu beschränken. Dabei ist dem unterschiedlichen Komplexitätsgrad von Konditionalitäten durch eine entsprechende Gewichtung Rechnung zu tragen. Eine geringe Zahl von Konditionalitäten in den zentralen Reformbereichen erlaubt es der Partnerregierung, ihre Kapazitäten zu bündeln und sich auf die wesentlichen Reformen zu konzentrieren. Diese Anpassung erscheint aus Sicht der KfW notwendig, weil sich in den Niedrigeinkommensländern immer mehr Geber an der Budgethilfe beteiligen und sich mit der Zahl der Geber tendenziell oft auch die Zahl der Konditionalitäten erhöht. Darüber hinaus kommt es immer wieder vor, dass die Konditionalitäten der verschiedenen Programme unterschiedliche Signale aussenden, die zum Teil im Widerspruch zueinander stehen. Angesichts ihrer begrenzten institutionellen Kapazitäten setzt ein solches Arbeitsprogramm die Partner erheblich unter Druck und birgt das Risiko, dass einzelne Konditionalitäten nicht erfüllt werden können. Auch für die Geber selbst ist das konsequente Nachverfolgen der Vielzahl von Vereinbarungen und Empfehlungen mit hohen Transaktionskosten verbunden, die sie an die Grenze ihrer Kapazitäten bringt.

• Schlechtes Finanzmanagement und hohe treuhänderische Risiken? Aus Sicht der KfW Entwicklungsbank ist ein wesentliches Ziel von PGF, insbesondere von Budgethilfevorhaben, zur Verbesserung (Reform) des öffentlichen Finanzmanagements (PFM / Public Financial Management) beizutragen. Diese Querschnittsthemen lassen sich in ihrer Komplexität ausschließlich durch Budgethilfe adäquat adressieren. Dazu zählt zum einen die größere Gewichtung des Themas im Politikdialog. Zum anderen ist es notwendig, die Umsetzung der vereinbarten Reformschritte durch intensive Begleitmaßnahmen zu unterstützen und die erreichten Fortschritte systematisch zu überprüfen. Der Politikdialog im Bereich der öffentlichen Finanzen muss die Ausgabenseite des Budgets und ebenso Maßnahmen zur Steigerung der Staatseinnahmen einschließen. Hierbei ist auf die bereits laufenden Bemühungen internationaler Partner (insbesondere des Internationalen Währungsfonds, IWF) aufzubauen. Die stärkere Thematisierung von PFM-Reformen ist notwendig, weil trotz der geleisteten Fördermaßnahmen in vielen Ländern bisher noch nicht ausreichende Fortschritte erkennbar sind. Wichtig hierbei ist, dass die Vielzahl der Reformschritte besser harmonisiert und noch stärker durch die Partnerregierung gesteuert werden, sodass ein koordinierter Kapazitätsaufbau sichergestellt wird. Die treuhänderischen Risiken lassen sich bereits von vornherein mindern, indem der Finanzierungsmodus in Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Finanzmanagements in dem betreffenden Land gewählt wird. Dabei ist die vollständige Bandbreite möglicher Varianten der finanziellen Beteiligung an PGF zu berücksichtigen, von der Allgemeinen Budgethilfe, über die Zweckbindung an einen Sektor oder ein spezifisches Ausgabenprogramm (Korbfinanzierung) bis hin zur Projektfinanzierung im Rahmen eines Sektorprogramms.

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Nur in Ländern mit deutlichem Willen zur Reform des öffentlichen Finanzwesens und erkennbaren Fortschritten ist die Budgethilfe gerechtfertigt. In Ländern, in denen diese Voraussetzungen (noch) nicht gegeben sind, sind abgestufte Lösungen in Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des PFM zu empfehlen. So verfügen Korbfinanzierungen in der Regel über eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen, die in den Rahmenabkommen festgelegt werden, wie z.B. Berichterstattungspflichten und Auflagen externer Prüfungen. In Ländern schließlich, in denen erhebliche Zweifel an der Transparenz und Effizienz des öffentlichen Finanzwesens bestehen, können deutsche PGF-Mittel für Sektorprogramme zwar bereits im Haushalt der Partnerregierung berücksichtigt werden („reported on budget“), sollen aber dennoch über separate Konten mit separaten Kontrollverfahren fließen. Zentrale Bausteine für eine transparentere Haushaltsführung umfassen zudem die Steigerung von Effizienz und Effektivität in der Haushaltsumsetzung durch Einführung transparenter, auf Wettbewerb aufbauender Vergaberichtlinien und Sicherstellung ihrer Anwendung in der Praxis. Hier greift die KfW auf langjährige umfassende Erfahrungen mit Beschaffungsprozessen in Entwicklungsländern zurück und kann diese in die Reformen des öffentlichen Beschaffungswesens einbringen. Ebenso wichtig ist die Förderung der Fiskaldezentralisierung durch den Aufbau eines kommunalen Finanzmanagements. Budgethilfeansätze tendieren dazu, zentrallastig zu sein und die lokale Umsetzungsebene zu vernachlässigen. Dabei ist die lokale Ebene von hoher Bedeutung für die vertikale Umsetzung von Armutsstrategien, z.B. im Gesundheits- und Bildungssektor. Die Stärkung der Gebietskörperschaften und die Verbesserung ihres Finanzmanagements ist daher ein wichtiges Anliegen. Hier kann die KfW ihre Erfahrungen aus zahlreichen Sozialfonds und begleitenden institutionellen Kapazitätsverbesserungen einbringen. An erster Stelle zur Minderung der treuhänderischen und Korruptionsrisiken stehen die systematischen Eigenmaßnahmen des Partnerlandes. Dies sind entsprechende AntiKorruptionsgesetzgebung und die dafür notwendigen Institutionen. Zudem die grundlegenden Haushaltskontrollmechanismen: Interne Revisionseinheiten, Nationaler Rechnungshof, Kontrollfunktion des Parlamentes, eine kritische Zivilgesellschaft. In diesen Bereichen haben auch die politischen Stiftungen und Nicht-Regierungsorganisationen einen wichtigen Aufgabenbereich im Kontext der Budgetfinanzierung. Der Dialog zwischen Gebern und Partnerland über PFM-Reformen, die Schaffung von Reformanreizen über Konditionalitäten sowie das enge Monitoring des Reformfortschritts in den oben genannten Bereichen stellen weitere Maßnahmen zur Minderung der treuhänderischen Risiken dar. Je größer der Spielraum des Partnerlandes bei der Mittelverwendung ist, desto wichtiger sind der Politikdialog und die konsequente Bindung der Auszahlung an die Erfüllung von gemeinsam vereinbarten (nicht aufgezwungenen) Konditionalitäten. Die Umsetzung der vereinbarten PFM-Reformschritte wird von den KfW-Büros vor Ort in enger Abstimmung mit der GTZ und anderen Gebern im Detail verfolgt. Bei der Planung von Sicherungsvorkehrungen und Konditionalitäten kann die KfW keine Alleingänge vornehmen, sondern kann nur – im Benehmen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Auswärtigen Amt – in enger Abstimmung mit anderen Gebern handeln. Die KfW Entwicklungsbank bringt sich aber aktiv in die Geberdiskussion über die treuhänderischen Risiken und mögliche Ansätze zu deren Beseitigung ein und wirkt auf diesem Wege an der Gestaltung von Konditionalitäten mit.

• Sind Eigenanstrengungen der Partnerländer nicht mehr wichtig? Das Erbringen eines angemessenen finanziellen Eigenbeitrags durch die Partnerländer ist eine alte Forderung der Finanziellen Zusammenarbeit (FZ), die nun im Kontext von PGF zusätzliche Relevanz erhält, da zum Teil auch laufende Kosten mitfinanziert werden. Mit der Geberharmonisierung und dem größeren Stellenwert des gemeinsamen Politikdialogs zwischen Gebern und Part-

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nerländern sind gute Voraussetzungen gegeben, dieser Forderung Nachdruck zu verleihen. Ansatzpunkte für eine deutsche Position im Politikdialog könnten aus Sicht der KfW wie folgt sein: Die Budgethilfe sollte an sukzessiv steigende eigene Haushaltseinnahmen der Partnerländer gebunden sein. Deutschland sollte diesen Vorschlag dort, wo es noch nicht der Fall ist, in den Politikdialog mit den Partnerländern und den anderen beteiligten Gebern einbringen. Eine besondere Bedeutung spielt in dieser Frage der IWF, der sich traditionell auch um die Fiskalpolitik intensiv kümmert, zu dem sich bilaterale Ansätze entsprechend komplementär verhalten müssen. (1) Der Dialog zwischen Gebern und den Regierungen armer Länder muss zunächst bei bestehenden Ineffizienzen ansetzen, allen voran der Korruption, durch welche dem Staat in erheblichem Maße Einnahmen verloren gehen. Schließlich dürfte es schwierig sein, eine gesellschaftliche Akzeptanz für mehr Abgaben zu erzielen, wenn ein Großteil öffentlicher Gelder versickert. Die Bekämpfung der Korruption und in einem weiteren Sinne die Reform der öffentlichen Verwaltung, insbesondere des öffentlichen Finanzmanagements ist daher von großer Priorität. (2) Durch die Verbesserung der Rechtssicherheit und die Schaffung von Investitionsanreizen für inländische Unternehmen können wesentliche Ursachen der Kapitalflucht, durch die dem Staat ebenfalls erhebliche Einnahmen entgehen, beseitigt werden. Dies ist gleichwohl ein langfristiger Prozess, der nicht zuletzt von der politischen Stabilität der jeweiligen Länder selbst abhängt. (3) Das Einnahmepotenzial des Staates kann deutlich verbessert werden, wenn es gelingt eine größere Rechtssicherheit für Unternehmen des informellen Sektor zu schaffen und sie damit in die formelle Wirtschaft zu integrieren. (4) Zur Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen werden nicht nur Steuern, sondern auch Nutzergebühren und Abgaben herangezogen. Des Weiteren kann der Staat durch die Verbesserung der Effizienz, Effektivität und Transparenz öffentlicher Ausgaben erhebliche Sparpotenziale nutzen und damit indirekt seinen finanziellen Spielraum erweitern. Eine solche umfassende Sicht der Eigenfinanzierungskapazitäten geht über das herkömmliche Verständnis von Staatseinnahmen, aber auch von isolierten, rein projektbezogenen Eigenbeiträgen hinaus und könnte der internationalen Diskussion neue Impulse geben. Da die Steuerpolitik eine Domäne von IWF und Weltbank ist, könnte sich Deutschland aus Sicht der KfW Entwicklungsbank in der Arbeitsteilung mit anderen Gebern darauf konzentrieren, die Partner bei der Verbesserung des Kostendeckungsgrads von Nutzergebühren, der Einführung innovativer Konzepte zur Instandhaltung der Infrastruktur (z.B. Road Funds), innovativen Finanzierungsansätzen für Gesundheitsdienstleistungen (z.B. Output Based Aid) sowie bei der Verbesserung der Effizienz und Effektivität öffentlicher Dienstleistungen zu unterstützen. (5) Im Rahmen einer Strategie zur Stärkung der Eigenfinanzierungskapazitäten der Entwicklungsländer muss die finanzielle Belastbarkeit der armen Bevölkerung berücksichtigt werden. Hierzu ist es sinnvoll, neben der Sozialverträglichkeit von einzelnen Steuern und Nutzergebühren auch die Gesamtbelastung der Bevölkerung durch darüber hinausgehende finanzielle Abgaben zu analysieren. Dabei ist eine Differenzierung nach Einkommensgruppen sinnvoll. Darüber hinaus ist es erforderlich, auch die Wirkung höherer Steuern, Gebühren und Abgaben auf die Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe zu berücksichtigen, um deren Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden. Diese Aspekte scheinen in der Entwicklungszusammenarbeit noch nicht systematisch genug beachtet zu werden.

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• Staatshaushaltsschwankungen durch Budgethilfe? Eine Möglichkeit, die Planbarkeit der externen Finanzhilfe mit der politischen Konditionierung in Übereinstimmung zu bringen, besteht darin, lediglich einen Teil der Gebermittel an die Erfüllung von Auflagen zu binden. Ein geeigneter Ansatz ist die Aufteilung der Auszahlungen in eine „Basistranche“ und eine „Leistungstranche“, wie sie die Europäische Kommission praktiziert. Während die Basistranche nur an eine positiv verlaufende rückblickende Betrachtung (Review) und an ein positives Urteil des IWF gebunden wird, können spezifische Konditionalitäten auf die zweite, flexible Tranche konzentriert werden. Auf diese Weise kann die Volatilität der Auszahlungen bei NichtErfüllung von Konditionalitäten begrenzt werden, ohne auf Leistungsanreize zu verzichten. Die prozentuale Aufteilung der Auszahlungen nach Basis- und Leistungstranche könnte nach dem Ausmaß des Geberanteils am Gesamtbudget des Landes situationsspezifisch angepasst werden. Im Falle von Ländern, deren öffentliche Einnahmen in hohem Maße aus der Budgethilfe gespeist werden, müsste der Anteil der Basistranche entsprechend hoch sein, damit die Nicht-Erfüllung von Konditionalitäten nicht sogleich die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gefährdet. Grundsätzlich sollte die variable Tranche maximal 50% des deutschen Beitrages ausmachen. Eine effektive Mobilisierung von mehr Eigenfinanzierungsbeiträgen setzt eine entsprechende Einnahmenplanung voraus. Diese wiederum wird nur dann Früchte tragen, wenn auch die Geber hierzu ihren Beitrag leisten. Für eine kohärente Finanzplanung der Partnerländer ist es daher unerlässlich, dass die Geber ihre Auszahlungszusagen auch verbindlich einhalten. Gleichwohl ist die Verfolgung der Geberzusagen und der tatsächlich eingegangenen Zahlungen in erster Linie Aufgabe der Partnerländer. Dies erfordert den Aufbau entsprechender Informationssysteme im öffentlichen Finanzwesen. Diesen Prozess sollten die Geber durch entsprechende Begleitmaßnahmen begleiten. In diesem Sinne ist „predictability“ eine gegenseitige Verpflichtung von Gebern und Partnerländern.

• Wie funktioniert die Arbeitsteilung vor Ort? Die KfW erstellt in Abstimmung mit dem BMZ und der GTZ thematisch und sektoral fokussierte Analysen und Vorschläge für den Politikdialog und trägt damit zur besseren Sichtbarkeit der deutschen EZ bei. Sie hat in ausgewählten (Sub-) Sektoren die Führungsrolle (lead donor) übernommen. So hat sie z.B. als lead donor im Wassersektor Tansanias den Aufbau des SWAps initiiert. In Uganda leitet die KfW die Haushaltsanalyse-Arbeitsgruppe der Budgethilfegeber, deren Ergebnisse auch dem Haushaltsausschuss des Parlamentes zur Verfügung gestellt werden. In Mosambik ist die KfW im Rahmen der Geberarbeitsteilung für die Begleitung der nationalen Beschaffungsreformen zuständig. Grundsätzlich engagiert sich die deutsche EZ besonders stark in den jeweiligen Sektorschwerpunkten. Hier bietet der Mehrebenenansatz der deutschen EZ mit seinem Instrumentenmix eine sehr gute Basis, Reformprozesse durch die KfW auf der Makroebene mitzugestalten und die Umsetzung auf Meso- und Mikroebene zu begleiten. Hierbei lässt die KfW insbesondere ihre langjährigen Erfahrungen aus der Gestaltung von Sektorpolitiken einfließen. Zusätzlich verfolgt die deutsche EZ die schon vorgestellten Querschnittsthemen Öffentliches Finanzmanagement und Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Privatsektor (Enabling Environment). Insbesondere bei den Querschnittsthemen, wie auch grundsätzlich, wird diese Profilbildung auch durch die Arbeitsteilung mit den anderen Gebern mitgestaltet, die in den entsprechenden Sektoren stark engagiert sind.

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Um daher das deutsche „Kooperations-Profil“ weiter zu schärfen und die fachlichen Ressourcen optimal einzusetzen, bieten sich die oben angeführten jeweiligen Sektorschwerpunkte und „Querschnittsthemen“ an, die (i) entwicklungspolitisch vorrangig sind, (ii) bei denen die KfW Entwicklungsbank einen Kompetenzvorteil hat („Wiedererkennungsmerkmal“) und (iii) bei denen auch andere deutsche EZ-Organisationen im Sinne der „EZ aus einem Guss“ etwas beisteuern können. Die KfW wird sich dabei insbesondere den Sektoren/Themen Wasser, Good Governance/Dezentralisierung, Finanzsektor/Privatwirtschaft und öffentliches Finanz- bzw. Haushaltswesen annehmen. Hierbei bringt die KfW nicht nur ihre sektorale Fachkompetenz ein, sondern betont auch die wichtigen Querschnittsthemen, wie vor allem die verstärkte Mobilisierung eigener Ressourcen einschließlich Wachstumsförderung als Konkretisierung von „good economic governance“ und die Verbesserung der entwicklungspolitischen Nachhaltigkeit durch das Prinzip der sozialverträglichen Kostendeckung. Ferner sind auch das Wirkungsmonitoring oder Kosteneffektivität („value-formoney“) aus KfW-Sicht wichtige übergreifende Themen für die deutsche EZ im Kontext von PGF.

• Wie funktioniert die Arbeitsteilung innerhalb der deutschen EZ? Aufgrund des politischen Charakters von PGF erfordert dieses Instrument eine enge Kooperation zwischen dem BMZ, den Botschaften vor Ort und den EZ-Durchführungsorganisationen. Die übergeordneten Fragen der politischen Steuerung sind Aufgabe von BMZ und Botschaften, die diese in enger Kooperation klären. Da bei anderen Geberländern oft die Botschaften die EZ koordinieren, sind die Kontakte der deutschen Botschaften für die Geberkooperation bei PGFs unentbehrlich. Sie geben auch Orientierung bei der Einschätzung der politischen Lage. Die KfW hat die Auftragsverantwortung, die die Prüfung und Umsetzung des deutschen Beitrags zu PGF umfasst, u.a. Teilnahme an PGF/Gebermissionen, Verhandlung von Konditionalitäten, Monitoring ihrer Umsetzung, fachlich fundierte Auszahlungsentscheidung sowie fachliche Steuerung des deutschen Beitrags zum Politikdialog. Sofern themenrelevante Berater der GTZ vor Ort sind, werden diese im Sinne einer engen Verzahnung von Finanzieller und Technischer Zusammenarbeit aktiv eingebunden, wo immer die bestehenden Beratungsvorhaben hierfür Anknüpfungspunkte bieten.

• Fazit Mit PGF wird ein komplexes, abstimmungsaufwendiges Instrument etabliert, das aber durch die starke Fokussierung auf die Strukturen der Partnerländer, die stärkere Verantwortungsübernahme durch die Partner, die verbesserte Geberharmonisierung und eine Transaktionskostensenkung für die Partner langfristig Erfolg versprechend ist. Erste positive Evaluierungsergebnisse liegen vor, die auch Verbesserungspotentiale aufzeigen, an denen intensiv gearbeitet wird. Weitere Informationen: Ralf Orlik, Sektorökonom im Kompetenzcenter Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung ([email protected]) und Matthias Adler, Abteilungsvolkswirt für das westliche und östliche Afrika ([email protected])

KfW Entwicklungsbank • Palmengartenstraße 5-9 • 60325 Frankfurt • Postfach 11 11 41 • Tel. 069 7431-4260 • Fax: 069 7431-3363 FZ-Büro Berlin • Charlottenstraße 33/33a • Tel. 030 20264-3197 • Fax: 030 20264-5920 Pressestelle Tel. 069 74314400 • [email protected] • www.kfw-entwicklungsbank.de • Redaktionsschluss: 03.09.2007