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Fischkrankheiten in der Ostsee V. Dethlefsen und T. Lang, Institut für Fischereiökologie, AuJlenstelle Cuxhaven Einleitung Ein 'Überblick über einige ältere Arbeiten, die sich mit Krankheiten von Fischen verschiedener Regionen der Ostsee befassen, fmdet sich in Tabelle I. Danach waren die am häufigsten erkrankten Arten Dorsch (Gadlls morhua). Aal (Angllilla angllilla), Flunder (Platichthys jleslIs) und Hering (Cllipea harenglls). Die häufigsten Erkrankungen waren Ulcerationen und Skelettdeformationen des Dor;ches, Salzwasseraalrotseuche des Aales und Lymphocystis der Flunder. Dethlefsen und Watermann (1982) berichteten über eigene Untersuchungen in den Jahren 197R bis 1982, bei denen Dorsche, Flundern und Klieschen (Limanda limanda) auf Stationen von der Kieler Bucht bis südöstlich Gotland einbezogen waren. Ergebnisse über das Auftreten von Krankheiten des Tab. 1. Zusammenstellung von Arbeiten über Fischkrankheiten in der Ostsec . .-

Fisch

Krankheit

Gehiet

Autor

Gadus marhua

Infektiöse Augcnkr.mkhcit

Schwedische Südküste

Bergmann, 1912

Anguilla anguilla

Salzwasscraalrotscuchc

Rügen, Stralsund

Sehäperc1aus, 1927

Skclcttdcformatiollcn

+ Ulccrationcn

Ost preußische Küste

Lundbek, 1928

Gadus morhuo

Ulccrationcn

Belt Sea

Bagge & Baggc, 1956

Gadus morhua

Ulccrationcn

Saßnitz

Berner & Mattheis, 1960

AnguUla anguil/a

Salzwasscraalrotscuche

Stralsund, Wolter, 1960 Greifswalder Bodden

Anguilfa anguilla

Salzwasscraalrotscuche

Usedom, Wismar

Mattheis, 1960

Flafichlhys fles/ls

Lymphocystis

Öresund

Nordenberg, 1962

Gadus morhu(l

Pscudohranc h ia 1tumor

Saßnitz

Bcrner, 1963

Anguilla anguilla GadllS n10rhuG

Salzwasseraalrotscuche Ulccrationcn

Deutsche

Mattheis, 1964

Ostseeküste

Clilpea harenglls

Lymphocystis

Gadus nwrhua

eigentliche

Ost see

Aneer & Ljungberg, 1976

Flalichlhysfle S/IS Gcnlus morhua

Lymphocystis

Gdansk bis

Ulcerat ionen

Finnischer Meerhusen

Gadus morhua Pla/ichlhys fles/ls

Skelcttdeformationen

Kieler Bucht Belt Sea

Möller, 1978, 1981

Gadus morhua

Ulcerationen

Dünische Küstengewiisser

Christensen, 1980

GadllS morhua

Ulccrationen

Dänische Küstengewässer

Jensen, 1983

Lymphocystis

Vintish & Baranov", 1976

Dorsches in der westlichen Ostsee finden sich bei Dethlefsen (1989), Thulin et al. beschrieben 1989 Erkrankungen und Parasiten von Fischen der Südküste Schwedens. Insbesondere für die Arten Dorsch, Scholle (Plclironectcs platessa), Kliesche und Flunder kann festgestellt werden, daß die hier auftretenden Krankheiten weitgehend identisch sind mit denjenigen, die bei langjähri-

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gen Untersuchungen bei diesen Fischarten in der Nordsee angetroffen wurden (Dethlefsen, 1984). Nachfolgend wird ein Überblick gegeben uber die regionale Verbreitung und die Befallshäufigkeit der wichtigsten äußerlich erkennbaren Erkrankungen von Dorsch, Kliesche und Flunder in der westlichen Ostsee im Dezember 1993, und es werden Informationen geliefert uber die zeitliche Entwicklung der Krankheitshäufigkeiten in der Kieler Bucht von 1982 bis 1993. Material und Methoden Die Fische wurden mit Grundschleppnetzen gefangen und unmittelbar danach auf das Vorhandensein äußerlich erkennbarer Erkrankungen und Parasiten untersucht. Dabei wurden stets mehrere ein- stündige Hols in einem Gebiet durchgeflihrt, um I. ausreichende Anzahlen von Fischen zu erhalten und 2. reprä~entative Fänge fur das jeweilige Gebiet zu erzielen. Zur Quantifizierung der Befallsraten und der Befallsintensität wurde nach einer vom Internationalen Rat fur Meeresforschung (lCES) vorgeschlagene Methodik vorgegangen (Anonymus, 19S9). Ergebnisse 1. Dorsch Pseudobranchialtumoren bei Dorschen der Ostsee wurden 1980 erstmalig gefunden (Watermann et al., 1982). Es handelt sich um walnußgroße, häufig bilateral auftretende Schwellungen der Pseudobranchien, deren histologische Eigenschaften auf eine Parasitierung durch Amoeben hindeutet (Watermann und Dethlefsen, 1982). Die Herkunft der Zellen in diesen Pseudotumoren ist aber nicht abschließend geklärt, daher werden sie als X-Zellen bezeichnet. Die Wucherungen können auch auf andere Partien des Schädels übergehen und dann am oberen Kiemendeckelrand auch äußerlich erkennbar werden.

SkeleUdeformationen werden nicht nur bei Dorschen gefunden, sondern bei einer großen Vielzahl von Fischarten. Es ist ungeklärt, ob diese Deformationen während der Embryonalentwicklung auftreten oder während der Phase intensiven Wachstums. Die nicht nur in der Ostsee anzutreffenden Veränderungen beinhalten Wirbelkompressionen, dorsoventrale oder laterale Verkrümmungen des Wirbelskeletts sowie Verkürzungen der oberen Schädel partien, sogenannte Mopsköpfe. Ulcerationen des Dorsches treten in verschiedenen Erscheinungsformen auf. von denen Christensen (1980) und Jensen (1983) annehmen, daß sie verschiedene Entwicklunsstadien des Ulcussyndroms darstellen. Die ersten Symptome sind Hämorrhagien, denen papillöse Stadien folgen, die aufbrechen und danach durch Gewebeerosionen gekennzeichnet sind. Diese Erosionen können mutipel auftreten und über den gesamten Körper verteilt sein. Aus solchen Erosionen entwickeln sich unterschiedlich große Ulcerationen. die bei fortschreitendem Krankheitsverlauf an den Wundrändern zunehmend Anzeichen der Wundheilung aufzeigen. Partieller Wundverschluß geht schließlich in vollkommen abgeheilte Stadien über, von denen dann nur noch Narben mit unterschiedlich ausgeprägten Pigmenteinlagerungen erkennbar sind. Es können aber auch chronisch wuchernde Ulcerationen enstehen, die durch proliferierende Gewebepartien gekennzeichnet sind. Eine Reihe von Bakterien der Gattungen Aeromonas oder Pseudomonas und möglicherweise auch Viren sind an dem Ausbruch dieser Erkrankung beteiligt (Larsen, 1983). Die Häufigkeit der Krankheit unterliegt saisonalen Fluktuationen mit Maxima im AUb'llst/September und Minima im Februar/März; unsere Untersuchungen wurden überwiegend im Dezember der jeweiligen Untersuchungsjahre durchgeführt, so daß die Befallsraten entsprechend niedrig waren.

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17

18

Abb. I: Dorsch (Gadus morhua), Dezember 1993, prozentuale Häufigkeit des Befalls mit Pseudobranchialtumoren, Skelettdeformationen uml verschiedenen Stadien von Ulcerationen (von links nach rechts) nuntersucht = 9772. Ergebnisse über die Häufigkeit des Befalls des Dorsches im Dezember 1993 finden sich in Abbildung I. Insgesamt wurden während dieser Ausfahrt 9772 Dorsche untersucht. Pseudobranchialtumoren fanden sich mit einer Ausnahme bei Dorschen, die westlich von Bornholm gefangen wurden. Der Befall auf diesen Stationen lag zwischen 0, I % nördlich und nordöstlich von Rügen und bei 1,0 % in der Kieler Bucht. Skelettdeformationen fanden sich bei Dorschen aller untersuchter Stationen, die Prävalenzen lagen zwischen 1,8 % (nördlich von Rügen) und 0,3 % auf der östlichsten Station vor der polnischen Küste. Der höchste Befall mit verschiedenen Stadien von Ulcerationen fand sich auf zwei Stationen nord- und südöstlich von Bornholm, insgesamt lagen die Prävalenzen zwischen 0,2 % und 7,0 %. Der zeitliche Verlauf der Häufigkeit des Befalls des Dorsches mit den drei genannten Krankheiten in der Kieler Bucht ist in Abbildung 2 dargestellt. Zunächst fällt die Synchronität der Verläufe der Krankheiten auf. mit einheitlich niedrigen Befallshäufigkeiten im Zeitraum 1982 bis Dezember 1986 gefolgt von einem leichten Anstieg im Jahr darauf, einem deutlichen Anstieg im Dezember 1988, sehr niedrigen Prävalenzen 1991, gefolgt von einem erneuten Anstieg 1993. Auf die erhöhten Befallsraten im Jahre 1988 war schon von Dethlefsen (1989) hingewiesen worden.

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%

3

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2 1,5

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o

1 1 82 1 83 1 84 1 85 1 86 1 87 1 88 1 89 1 90 1 91 1 92 1 93 194 1

%

.Skel Cod 1,6 1,4 1,2

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1 1821~IMI~1861~IMI~I901911~1~IWI

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1 82 1 83 1 84 1 85 1 86 1 87 1 88 1 89 1 90 1 91 1 92 1 93 1941

Abb. 2: Dorsch (Gadus mor/11Ia), Kieler Bucht, prozentuale Häufigkeit des Befalls mit Pseudobranchialtumoren (PBT). Skelclldeformationen (Skel) und Ulcerationen.

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2. Kliesche Die hier behandelten Krankheiten der Kliesche sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben worden (Dethlefsen et al., 1987). Grundsätzlich sind die Erscheinungsformen der virusbedingten Lymphocystis und der durch Bakterien hervorgerufenen Ulcerationen mit denen, die an Klieschen der Nordsee gefunden werden, identisch. Epidermale Papillome, die in der Deutschen Bucht an bis zu 6 % der Kliesche auftreten, fanden sich an 1 % der untersuchten Klieschen in der Kieler Bucht und fehlten auf den anderen Stationen.



I

0.5% 5%

56

55

54

10

11

12

13

14

15

15

17

18

Abb. 3: Kliesche (Limanda limanda), Dezember 1993, prozentuale Häufigkeit des Befalls mit akuten und heilenden sowie abgeheilten Ulcera linnen (von links nach rechts) nuntersucht = 1243. Ergebnisse für den Befall von Klieschen mit Ulcerationen und Lymphocystis im Dezember 1993 sind in Abbildung 3 dargestellt. Klieschen wurden, wie auch schon bei vorangegenen Untersuchungen, ausschließlich auf Stationen westlich von Bornholm gefangen und kamen nur in drei Gebieten in ausreichender Menge vor. Insgesamt wurden 1243 Klieschen untersucht. Der Befall mit akuten und heilenden Stadien von Ulcerationen war entsprechend der Jahreszeit niedrig und lag in der Kieler und der Mecklenburger Bucht bei 0,4 % bzw. 0,5 %, abgeheilte U1cerationen fanden sich an 4,4 % bzw. 3,1 % der Klieschen. Die Befallshäufigkeit mit Lymphocystis lag zwischen 7,7 % und 0,7 %. Für die hier beschriebenen Erkrankungen ergaben sich ebenfalls Befallsmaxima in der Kieler Bucht für den Dezember 1988. Während dieser Untersuchung lag die Befallshäufigkeit der Klieschen mit Lymphocystis bei über 17 %, während der übrigen Zeit aber immer deutlich unter 4 % (Abb. 4).

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1~IMIEI~I~I~I~IOOlgll~I~I~1

Abb. 4: Kliesche (Linwnda linwnda), Kieler Bucht, prozentuale Häufigkeit des Befalls mit akuten und heilenden (UIe), abgeheilten (Ule heal) Ulccrationen und Lymphoeystis (Ly).

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3. Flunder Die hier behandelten Krankheiten der Flunder kommen in identischen Ausprägungen auch anderen Meeresgebieten vor, unter anderem im Wattenmeer (Anders und Möller, 1992).

in

q 57

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I

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Flunder 10

11

12

13

Ulc_okut &_heilend, Ulc_ob, Lymph. H-

15

I E,

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Abb. 5: Flunder (Pia/ichthys flesus), Dezember 1993, prozentuale Häufigkeit (Jes Befalls mit akuten und heilenden sowie abgeheilten Ulccrationcn und Lymphocystis (von links nach rechts) nuntersucht = 1570. Ergebnisse für die Häufigkeit des Befalls mit Ulcerationen und Lymphocystis sind in Abbildung 5 wiedergegeben, Zwischen 0,4 % und 4,5 % der 1570 untersuchten Tiere wiesen akute und abheilende Stadien von Ulcerationen, 2,2 % bis 4,4 % wiesen abgeheilte Ulcerationen auf. Deutlich höher war der Befall mit Lymphocystis, er lag zwischen 23,6 % und 38,9 %, der höchste Befall fand sich auf zwei Stationen westlich von Bomholm. Besprechung der Ergebnisse Die Erscheinungsform der an Dorschen der westlichen Ostsee auftretenden Ulcerationen unterscheidet sich deutlich von der, die bei Kabeljau in der Nordsee gefunden werden. Multiple papillöse Stadien, in der Ostsee häufig, fehlen in der Nordsee fast vollständig. Offene Ulcerationen von Ostseedorschen weisen meist breite nekrotische Wundränder auf und chronische Stadien mit exzessiven Bindegewebswucherungen, in der Ostsee häufig, werden in der Nordsee nur in Einzelfällen angetroffen. Da Bakterien der Gattungen Vibrio und Aeromonas sowohl in der Ostsee als

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auch in der Nordsee von befallenen Dorschen isoliert wurden, sind diese unterschiedlichen Ausprägungsfonnen der Krankheit wohl nicht auf unterschiedliche Erreger zurückzuführen, sondern hier dürften andere Faktoren, möglicherweise der Salzgehalt. eine Rolle spielen, Stork (1982) fand, daß Kabeljau der Deutschen Bucht mit U1cerationen höher mit Organochlorverbindungen belastet waren als gesunde Fische. Es bestand eine signifikante Korrelation zwischen dem UlcusSyndrom und,der Belastung der Fische mit polychlorierten Biphenylen, Leider kann in diesem Zusammenhang nicht geklärt werden, ob die Belastung wegen der Erkrankung höher war oder ob die höhere Belastung für das Entstehen der Erkrankung verantwortlich war. Für die Ostsee liegen derartige Untersuchungsergebnisse nicht vor. Ein direkter Vergleich der Befallshöhe von Fischen aus der Ostsee und der Nordsee ist schwierig, da die Krankheitshäufigkeit starken saisonalen Fluktuationen unterliegt, die zudem in Nord- und Ostsee unterschiedlich verlaufen dürften, Die häufig anzutreffenden abgeheilten Stadien von Ulcerationen deuten an. dar, die Krankheit im Normalfalle nicht tödlich verläuft, also keinen Einfluß auf die Bestandsgröße der Osteedorsche haben dürfte. Lediglich größere Ulcerationen, deren Heilungsprozeß durch zusätzliche mechanische Beanspruchungen beeinträchtigt wird. vergrößern ihre Fläche derart, daß der Tod der befallenen Tiere die Folge sein dürfte. Insbesondere mit multiplen papillösen und akuten U1cerationen befallene Dorsche werden von den Fischern aussortiert, so daß davon ausgegangen werden kann, daß im langjährigen Mittel mehr als 2 % Verluste durch befallene Fische, bezogen auf die marktfähige Größe, enstehen. Das Auftreten von Skelettdeformat;onen von Ostseedorschen in Zusammenhang mit der Cadmium-Belastung deformierter Dorsche wurde von Lang und Dethlefsen (1987) untersucht. Sie fanden im Dezember 1983 an 2,9 % der untersuchten Dorsche deformierte Skelette. bezogen auf die westliche Ostsee. Die Konzentrationen von Cadmium waren geringfügig, aber signifikant erhöht gegenüber denjenigen von normalen Dorschen. Gleichzeitig nahm die Konzentration von Cadmium in verschiedenen Organen der Dorsche von Westen nach Osten zu. Wenngleich bekannt ist, daß Cadmium Ionenungleichgewichte bewirkt, die zu einer Entkalkung von Knochen führen (Bengtson et al., 1975, Larsson et al., 1981), können diese Befunde nicht als Kausalbeweis für einen Zusammenhang zwischen Skelettdeformationen und Cadmium-Belastung angesehen werden. Bei der Angabe der Prävalenzen skelettdeformierter Dorsche muß berücksichtigt werden, daß die Untersuchungen äußerlich erfolgten und keine Hilfsmittel benutzt wurden, d. h. es kann davon ausgegangen werden, daß es sich um Unterschätzungen der tatsächlichen Prävalenzen handelt. Die Häufigkeit von Skelettdeformationen schwankt in der Ost see nicht in Abhängigkeit von der Jahreszeit, wohl aber in der Deutschen Bucht. Hier kann ein unterschiedliches Wanderverhalten deformierter und normaler Fische beobachtet werden. Im Herbst verlassen die normalen Fische dieses Gebiet. die deformierten bleiben zurück, so daß die Prävalenzen deformierter Tiere ansteigen. Über längere Zeiträume betrachtet unterscheiden sich die Befallshöhen in den beiden Meeresgebieten nicht voneinander (Dethlefsen und Lang, 1988). Aus drei Tatsachen kann geschlossen werden, daß Pseudobranchialtumoren für Dorsche tödlich sind, I. Es werden nur kleine Tiere mit dieser Krankheit angetroffen, 2. abgeheilte Stadien wurden bisher nicht gefunden und 3. die Tumoren erreichen eine Größe in Relation zum befallenen Tier, die, abgesehen von physiologischen Wirkungen, mechanische Belastungen des Wirtes mit sich bringt, die sich negativ auswirken müssen, Es ist also davon auszugehen, daß zumindest ein Teil der befallenen Tiere stirbt, sodaß mit einem krankheitsbedingten Verlust von bis zu 1 % gerechnet werden muß, Die Befallshöhen in der Deutschen und in der Kieler Bucht unterscheiden sich nicht voneinander (Watermann et al., 1982), Die Höhe des Befalls von Klieschen der Kieler Bucht mit Lymphocystis ist der von Klieschen der Deutschen Bucht vergleichbar, liegt aber deutlich niedriger als in anderen Gebieten der Nordsee, etwa dem Firth of Forth (Lang und Dethlefsen, 1993), Ähnliches gilt für die Häufigkeit

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des Befalls mit Ulcerationen, die zu allen Jahreszeiten, z,B. bei Fischen von der Doggerbank oder dem Firth of Forth, erheblich höher war als bei Klieschen der Kieler oder Mecklenburger Bucht. Auffallend hoch war der Befall der Flundern mit Lymphocystis in der gesamten westlichen Ostsee. Legt man einen mittleren Befall von 30 % zugrunde und geht davon aus, daß die Hälfte der ~fallenen Tiere mittlere bis schwere Krankheitssymptome aufweisen, müssen über 15 % der gefangen Flundern verworfen werden, Insgesamt kann festgehalten werden, daß zusätzlich zu den bereits um die Jahrhundertwende beschriebenen heute einige weitere Krankheitsphänomene an Ostseefischen beobachtet werden können. Zum Beispiel werden Krankheiten der Kliesche in der frühen Literatur nicht erwähnt. Ob diese auch schon vorhanden waren. aber nicht beachtet oder gefunden wurden, muß dahingestellt bleiben. Genauso muß die Frage unbeantwortet bleiben, ob die Häufigkeit der Krankheiten gegenüber früheren Untersuchungen zu- oder abnimmt. Selten liegen in den frühen Arbeiten quantitative Angaben über die Krankheitshäufigkeiten vor und wenn, dann ist es fraglich, ob unterschiedliche Untersuchungsintensitäten direkte Vergleiche zulassen. Und schließlich muß auch die Frage nach den Ursachen der Erkrankungen ohne Antwort bleiben. Während im Falle von lokal in epidemischen Proportionen auftretenden Ulcerationen des Dorsches oder der Salzwasseraalrotseuche über eine mögliche Beteiligung der Eutrophierung der Gewässer diskutiert werden kann, mur; die mögliche Rolle von Schadstoffen an der Hervorrufung von Erkrankungen von Fischen der Ost see völlig offen bleiben.

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der

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Deutsche

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