EY Public Services Newsletter Informationen für die öffentliche Hand und NPOs für Deutschland, die Schweiz und Österreich Ausgabe 127 | März 2017

Herzlich willkommen Herzlich willkommen zum aktuellen EY Public Services Newsletter für Deutschland, die Schweiz und Österreich! Wir hoffen, Ihnen mit diesem Newsletter wieder interessante Beiträge bieten zu können und wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre. Wenn Sie Anregungen oder Kommentare haben,freuen wir uns über eine E-Mail an [email protected]. Mit freundlichen Grüßen Prof. Dr. Bernhard Lorentz

Bernadette Koch

Elfriede Baumann

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Inhalt

Studien 03

Deutschlands Kommunen erhöhen auf breiter Front Grund- und Gewerbesteuern

Tipps & Trends Deutschland 05 Neue Entwicklungen in der europäischen Rechnungslegung für den öffentlichen Sektor – Bund/Länder-Arbeitskreis veröffentlicht Grundsatzpapier zu EPSAS 08

Update zum Gendergesetz – Was hat sich seit Einführung des FührposGleichberG getan?

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EuGH zur Inhouse-Vergabe: Einschränkung des Wesentlichkeitskriteriums

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Öffentliches Verkehrsrecht: Neues im Verhältnis der VO 1370/2007 zum allgemeinen Vergaberecht

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Halbes Jahr Arbeit – voller Urlaub?

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§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG – Neues zur Anwendung der 10-Prozent Grenze für den Vorsteuerabzug für Zeiträume bis 2015

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Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG)

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Urteil des Niedersächsischen FG vom 11.11.2015: Versagung der steuerlichen Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrags bei Bemessung des variablen Anteils einer Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft

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Exportkontrolle im Hochschul- und Forschungsbereich

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Moderne Arbeitsplatzkonzepte als Bestandteil des aktiven Immobilienmanagements

Schweiz 38 MwSt – Partielle Nutzungsänderung bei Immobilien Österreich 41 Wie gehen Sie mit personenbezogenen Daten um? Erfahren Sie mehr über EYDatenschutzmanagement-Services

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Inhalt

Termine 44

EU-Beihilfenrecht für Kommunen und kommunale Unternehmen am 21.3 (Eschborn) und 30.3. (Dortmund)

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Mandantenfrühstücke Exportkontrolle am 15.3. in Eschborn, 20.3. in Düsseldorf, 21.3. in Hamburg, 22.3. in Hannover, 27.3. in Berlin, 28.3. in Dresden, 31.3. in München, 4.4. in Stuttgart und 5.4. in Mannheim

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EY als Co-Veranstalter/Partner bei der „Innovate“, dem Kongress für innovatives Public Management am 24.4. in Wien

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5. NRW-Abfallforum am 11.5. in Köln

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„Keine Stein bleibt auf dem anderen!?“ – Vorankündigung 24. NPO-Kongress 10./11.10. in Wien

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Studien

Deutschlands Kommunen erhöhen auf breiter Front Grund- und Gewerbesteuern Wohnen und Wirtschaften wird in Deutschland immer teurer, denn die deutschen Kommunen drehen weiter kräftig an der Steuerschraube. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen EY-Studie zur Entwicklung der Grundsteuer-B- und Gewerbesteuerhebesätze aller deutschen Kommunen in den Jahren 2005 bis 2016. In den vergangenen fünf Jahren haben 53 Prozent der deutschen Städte und Gemeinden mindestens einmal die Gewerbesteuer erhöht; die Grundsteuer B, die von Haus- und Wohnungseigentümern und auch von Mietern zu zahlen ist, wurde sogar von 61 Prozent der Kommunen erhöht. Dabei gibt es regional erheblich Unterschiede: So erhöhte im ersten Halbjahr 2016 fast jede zweite NRW-Kommune (47 Prozent) die Grundsteuer; im Saarland lag der Anteil sogar bei 67 Prozent. In Hessen schraubten immerhin noch 29 Prozent der Städte und Gemeinden die Grundsteuer nach oben. Deutlich weniger Erhöhungen gab es hingegen in Thüringen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt: In diesen Ländern erhöhte weniger als jede zehnte Kommune den Grundsteuer-Hebesatz. Bundesweit stieg der durchschnittliche (ungewichtete) Grundsteuerhebesatz im vergangenen Jahr um fünf Punkte auf 370 Prozent. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag er bei 320 Prozent.

Finanznot führt zu Die EY-Analyse belegt zudem den Zusammenhang zwischen hoher Verschuldung und Steuererhöhungen Steuererhöhungen: So liegen die Kommunen im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-

Westfalen und Hessen bei der pro-Kopf-Verschuldung bundesweit an der Spitze. In diesen vier Ländern wurden in den vergangenen fünf Jahren auch die mit Abstand meisten Erhöhungen der Grundsteuer gezählt: Jeweils mehr als neun von zehn Kommunen schraubten in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal die Grundsteuer nach oben – in Bayern und Baden-Württemberg hingegen nur 24 bzw. 29 Prozent. Kommunen, die finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen, haben ihre Angebote bereits auf das gesetzliche Minimum reduziert – letztendlich bleiben vielfach nur noch Steuererhöhungen, um den strukturellen Defiziten entgegenzuwirken. Zudem erhalten notleidende Kommunen dringend benötigte Landeszuschüsse – etwa im Rahmen kommunaler Schutzschirme – nur unter der Bedingung, die Einnahmesituation zu verbessern, sprich: die Steuern zu erhöhen.

Steuererhöhungen führen zu Die Kehrseite der Medaille: Reiche und arme Kommunen driften in punkto Attraktivität sinkender Attraktivität immer weiter auseinander. Kurzfristig führen höhere Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze zwar zu einem Einnahmeplus. Auf lange Sicht könnten sich solche Maßnahmen aber als Bumerang erweisen: Die Gemeinde verliert an Attraktivität, Unternehmen wandern ab und Neuansiedlungen von Unternehmen werden unwahrscheinlicher.

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Studien

Die Zwei-Klassen-Gesellschaft ist längst Realität: Dank der guten konjunkturellen Lage und steigender Steuereinnahmen können die wirtschaftsstarken Städte in ihre Infrastruktur investieren und dabei noch Schulden abbauen – ganz ohne Steuererhöhungen. Die hoch verschuldeten Städte in wirtschaftsschwachen Regionen müssen einen strikten Konsolidierungskurs fahren – worunter die Anziehungskraft für Unternehmen und Bürger leidet. Auffallend ist zudem, dass die Gewerbesteuer weniger stark steigt als die Grundsteuer – im Durchschnitt seit 2010 um 21 Prozentpunkte. Zum Vergleich: Die Grundsteuer ist im gleichen Zeitraum um 42 Prozentpunkte gestiegen. Eine Erklärung: Die Bürger können sich nicht wehren. Kein Eigenheimbesitzer verkauft sein Haus, kein Mieter zieht um, nur wegen einer höheren Grundsteuer. Betriebe haben da andere Gestaltungsmöglichkeiten und sind mobiler. g Ansprechpartner Prof. Dr. Bernhard Lorentz Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 30 25471 18135 [email protected]

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Tipps und Trends Deutschland

Neue Entwicklungen in der europäischen Rechnungslegung für den öffentlichen Sektor – Bund/LänderArbeitskreis veröffentlicht Grundsatzpapier zu EPSAS Mit der Einführung der Europäischen Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor (European Public Sector Accounting Standards, kurz: EPSAS) bahnt sich derzeit eines der größten Reformvorhaben für den öffentlichen Sektor in Europa an. Die Europäische Kommission und – als ausführende Behörde – Eurostat treiben aktuell die Entwicklung und europaweite Einführung dieser Rechnungslegungsstandards voran. Aufgrund des in Deutschland auf der staatlichen Ebene weiterhin vorherrschenden kameralen Rechnungswesens und geschätzten Umstellungskosten für Deutschland von bis zu 2,7 Mrd. EUR handelt es sich um eine der bedeutendsten und zugleich auch weitreichendsten Reformen des öffentlichen Rechnungswesens in Deutschland. Nachdem sich in der jüngeren Vergangenheit sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat zu den angedachten Reformen äußerten, hat am 5. Januar 2017 nun der Bund/LänderArbeitskreis EPSAS ein Grundsatzpapier zu der geplanten Einführung der EPSAS in Europa veröffentlicht.

Kernaussagen des Der Arbeitskreis befürwortet zwar das Anliegen der Europäischen Kommission, die hohe EPSAS-Grundsatzpapiers Qualität finanzstatistischer Daten der Mitgliedstaaten langfristig zu sichern und weiter zu

verbessern; gleichzeitig werden aber Bedenken geäußert, ob mit Hilfe der EPSAS das Ziel, qualitativ hochwertigere und besser vergleichbare Daten zur Prävention von Finanz- und Wirtschaftskrisen zu erfassen, erreicht werden kann. Als Begründung hierfür werden die großen strukturellen Unterschiede zwischen den Staatswesen der Mitgliedstaaten angeführt.

Ferner fordert der Bund/Länder-Arbeitskreis, dass entsprechende Maßnahmen der Europäischen Kommission unabhängig vom Rechnungssystem darauf zielen sollten, dass die benötigten Daten in gleicher Qualität, nach gleichen Kriterien und Maßstäben von der jeweiligen Verwaltung geliefert werden. Damit einhergehend fordert das Grundsatzpapier, dass die Entscheidungsfreiheit bezüglich der kameralistischen und doppischen Systeme der Haushaltsplanung, -führung und Rechnungslegung bestehen bleiben müsse. Der Forderung der Europäischen Kommission nach harmonisierten Rechnungsführungsgrundsätzen im öffentlichen Sektor auf der Basis eines doppischen Rechnungssystems erteilt der Arbeitskreis damit eine Absage. Dem Grundsatzpapier zufolge sollen Gebietskörperschaften auch bei einer möglichen Entwicklung von EPSAS ein doppisches Rechnungswesen allenfalls freiwillig einführen. Was den Zeithorizont der geplanten Reformen der Europäischen Kommission anbelangt, spricht sich das Grundsatzpapier auf Basis der Erfahrungen in den Bundesländern und den Kommunen für einen zehnjährigen Umstellungszeitraum aus. Die Planungen von Eurostat, der federführenden Behörde in dem EPSAS-Verfahren, sehen derzeit eine stufenweise Einführung der EPSAS über einen Zeitraum von 5 Jahren vor.

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Tipps und Trends Deutschland

Was sagt Eurostat dazu? Der Leiter des EPSAS-Projekts bei Eurostat Alexandre Makaronidis hat am 1. Dezember in der von EY organisierten Tagung „EPSAS: Betrifft das auch Sie?“ den aktuellen Stand des EPSAS-Reformprojekts vorgestellt. In Europa sind die Primärdaten des öffentlichen Rechnungswesens derzeit nicht vergleichbar, unvollständig und inkonsistent. Zusammen mit der großen Bandbreite an Buchführungs- und Rechnungslegungspraktiken im öffentlichen Sektor in Europa führt dies zu einem Mangel an Transparenz und Vergleichbarkeit in der Finanzberichterstattung. Herr Makaronidis betonte, dass diese Defizite durch die europaweite Einführung der EPSAS behoben werden. Die EPSAS werden als ein Satz periodengerechter, doppischer Standards ausgestaltet. Die IPSAS dienen dabei als primäre Referenzbasis. Die EPSAS sollen maßgeblich für die öffentliche Rechnungslegung aller EU Mitgliedsstaaten und grundsätzlich für alle Einheiten des Sektors Staat verbindlich sein. Als zentrale Vorteile einer harmonisierten öffentlichen Rechnungslegung nannte er ► größere Transparenz, ► erhöhte Rechenschaftspflicht, ► Einblick, inwiefern politische Maßnahmen und Aufgaben stabil und nachhaltig finanziert werden können, ► intergenerative Gerechtigkeit sowie ► Zugang zu Kapitalmärkten zu besseren Finanzierungskonditionen. Insgesamt betrachtet überwiegt der Nutzen der EPSAS deren Kosten, so Makaronidis. Nach der Entwicklung und der Rechtsetzung sollen die EPSAS voraussichtlich ab dem Jahr 2020 stufenweise eingeführt werden. Eurostat respektive die Europäischen Kommission empfiehlt in der Zwischenzeit eine freiwillige Einführung von IPSAS/Doppik.

Wer wendet Doppik bereits an? Fakt ist, dass sowohl auf der staatlichen als auch auf der kommunalen Ebene die Doppik in

Europa weit verbreitet ist. Unmittelbare Nachbarn Deutschlands wie Belgien, Dänemark, Frankreich, Österreich, Polen, Tschechien und die Schweiz haben auf der staatlichen Ebene bereits auf ein doppisches Rechnungssystem umgestellt. Malta und Zypern, die bei den Benchmarking-Studien Eurostats relativ schlecht abgeschnitten haben, gehen inzwischen aktiv die Reform ihres öffentlichen Rechnungswesens auf Basis der IPSAS an. Wagt man den Blick schließlich über die Grenzen von Europa, so stellt man fest, dass mittlerweile eine ganze Reihe bedeutender Nationen ihr Rechnungswesen auf ein doppisches System umgestellt haben bzw. aktuell umstellen. Hierzu zählen Australien, Brasilien, Chile, China, Ghana, Indonesien, Israel, Kanada, Kenia, Kolumbien, Neuseeland, Peru, Malaysia, Russland, Südafrika und die Vereinigten Staaten von Amerika.

Möchten Sie wissen, was Aufgrund der sich abzeichnenden Reform des öffentlichen Rechnungswesens empfehlen Doppik/EPSAS für Sie bedeuten? wir unseren Mandanten, sich frühzeitig mit den anstehenden Änderungen zu befassen. So empfiehlt es sich, bei anstehenden IT-Infrastrukturprojekten die zukünftigen Anforderungen der EPSAS bereits mit in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus ist ein Augenmerk auf die Fort- und Weiterbildung der öffentlich Bediensteten im Bereich der „Doppik“ zu legen.

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Tipps und Trends Deutschland

Ein Team von EY Spezialisten befasst sich mit den Reformen im Bereich des öffentlichen Rechnungswesens und bietet umfassende Beratungsleistungen bei der Einführung der Doppik in den verschiedenen Ausprägungen: ► Analyse der Auswirkungen einer Umstellung auf IPSAS/EPSAS ► Machbarkeitsstudie/GAP-Analyse ► Beratung bei der Erstellung einer Roadmap zur Einführung der EPSAS ► Doppik-Schulungen nach nationalem und internationalem Recht (IPSAS) ► Fachliche Unterstützung („Doppik-Hotline“) ► Projektmanagement bei der Umstellung ► Unterstützung beim Aufsetzen und der Optimierung rechnungswesenrelevanter Prozesse ► Beratung bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz ► Unterstützung bei der Erstellung von Jahresabschlüssen ► Unterstützung bei der Herstellung der Prüfungsbereitschaft ► Beratung bei der Einführung eines staatlichen bzw. kommunalen Konzernabschlusses („Gesamtabschluss“) Für Fragen rund um die Themen Doppik/IPSAS/EPSAS stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.g Ansprechpartner WP/StB Thomas Müller-Marqués Berger Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon: +49 711 9881 15844 [email protected] WP/StB Monika Glückselig Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon: +49 211 9352 10308 [email protected] Dr. Jens Heiling Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon: +49 711 9881 14186 [email protected]

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Tipps und Trends Deutschland

Update zum Gendergesetz – Was hat sich seit Einführung des FührposGleichberG getan? Seit dem 1. Januar 2016 ist die gesetzliche Genderquote für den Aufsichtsrat (AR) börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Gesellschaften bei jeglicher Neubesetzung von Gremiensitzen zu beachten. Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FührposGleichberG) hat in der Umsetzungspraxis zahlreiche Zweifelsfragen aufgeworfen, aber hat es auch zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen geführt? Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Die Säulen des Gesetzes Das FührposGleichberG ist seit dem 1. Mai 2015 in Kraft und beinhaltet verpflichtende im Überblick Vorgaben für die Privatwirtschaft sowie für öffentliche Unternehmen, Bundesgerichte und –behörden.

Die Vorgaben für privatwirtschaftliche Unternehmen unterscheiden zwischen der gesetzlichen Genderquote von 30 Prozent für den Aufsichtsrat einerseits sowie den selbstbestimmten Zielgrößen für (Aufsichtsrat), Vorstand bzw. Geschäftsführung und die zwei darunterliegenden Führungsebenen andererseits. Die Kriterien der Börsennotierung und Mitbestimmung spielen für die Frage Quote oder Zielgröße eine entscheidende Rolle:

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Tipps und Trends Deutschland

Bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung bzw. Bundesgerichten sowie –behörden sind die Vorgaben des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) bzw. des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) zu berücksichtigen. Die gesetzliche Genderquote des BGremBG richtet sich an Unternehmen, für die der Bund Mitglieder in Aufsichtsgremien bzw. wesentlichen Gremien bestimmen kann und sieht identisch zu den privatrechtlichen Normen eine gesetzliche Quote von 30 Prozent für Neubesetzungen ab dem 1. Januar 2016 vor. Ab dem 1. Januar 2018 soll der Anteil sogar auf 50 Prozent erhöht werden. Das BGremBG kommt erst zur Anwendung, wenn dem Bund mindestens drei Gremiensitze zustehen. Das BGleiG richtet sich an Dienststellen des Bundes1 sowie Einrichtungen und Institutionen der mittelbaren Bundesverwaltung2 mit Ausnahme der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie Unternehmen, die aus bundeseigener Verwaltung künftig in ein Unternehmen des privaten Rechts umgewandelt werden.3 Neben den Anforderungen des FührposGleichberG an die gleichberechtigte Besetzung von Führungspositionen sind für Unternehmen mit Landesbeteiligung spezifische Landesgesetze zur Geschlechtergleichstellung zu beachten.4

Im vergangenen Jahr zogen die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig und der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas gemeinsam eine erste Bilanz zur Wirkung der neuen Vorgaben. Ihr Fazit: Die Quote wirkt. Die Zwischenbilanz ist positiv - so stieg der Frauenanteil der Unternehmen, die unter die Vorgaben zur festen Genderquote im Aufsichtsrat fallen, von 7,3 auf 30 Prozent; gleichzeitig setzten sich diese Unternehmen auch ambitionierte Zielgrößen für Vorstand bzw. Geschäftsführung und die darunterliegenden Führungsebenen. Jene Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmt sind und auch für den Aufsichtsrat Zielgrößen definieren mussten, steckten die Ziele i.d.R. ebenfalls hoch – 20 Prozent der Unternehmen setzten sich eine Zielgröße für den Frauenanteil im Aufsichtsrat von 30 Prozent und mehr.

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Dienststellen i.S.d. BGleiG: Bundesgerichte, Behörden und Verwaltungsstellen der unmittelbaren Bundesverwaltung einschließlich solcher im Bereich der Streitkräfte sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts des Bundes. Mit Ausnahme der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Mit Ausnahme von Tochterunternehmen. Für weitere Ausführungen zu den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des FührposGleichberG: Mattheus/Ditschke/Pissarczyk (2015), in: Public Services Newsletter, Ausgabe 120, Genderbezogene Regelungen für die öffentliche Hand.

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Eine erste Zwischenbilanz zur Eine EY Recherche im Dezember 2016 bestätigt den positiven Trend. Im Vergleich zum Wirkung des FührposGleichberG Vorjahr ist der Frauenanteil in den DAX-Unternehmen um 4 Prozent auf 30 Prozent gestiegen. Ähnlich stellt es sich im MDAX dar: Hier kletterte der Frauenanteil im Vergleich zum Vorjahr von 20 Prozent auf 25,8 Prozent.

Vorreiter sind allerdings die Unternehmen und Dienststellen des Bundes: In den Unternehmen, für die der Bund Gremienmitglieder bestimmt, betrug der Frauenanteil im Aufsichtsrat 33 Prozent. Ähnlich positiv stellt es sich für die Unternehmen und Dienststellen dar, die unter das BGleiG fallen. Der Frauenanteil in den Vorgesetzten- und Leitungsebenen betrug hier 32,6 Prozent – ein Anstieg von 5,6 Prozent im Vergleich zu den Zahlen in 2011. Und der Trend geht weiter nach oben, wie der am 1. Februar 2017 veröffentlichte Gleichstellungsindex 2016 zeigt: Der Anteil an weiblichen Führungskräften bei den obersten Bundesbehörden ist nochmals auf nun 34 Prozent gestiegen.

Fallstricke des Gendergesetzes Die Zwischenbilanz machte allerdings auch deutlich, dass das FührposGleichberG einige Stolpersteine enthält: So wurde in der Veröffentlichung eine zu hohe Zahl der Unternehmen angegeben, die der Quote unterliegen sollen – denn nicht immer lässt sich der Mitbestimmungsstatus zweifelsfrei bestimmen. Neuerliche Tendenzen seitens der Rechtsprechung, ausländische Arbeitnehmer hinsichtlich der Schwellenwerte der Mitbestimmungsgesetze zu berücksichtigen, erschweren die Ermittlung. Dies kann in der Folge dazu führen, dass Unternehmen die Anforderungen des Gendergesetzes – hier insbesondere den Berichterstattungspflichten – nicht nachkommen und Konsequenzen im Rahmen der Abschlussprüfung zu erwarten haben. In der Praxis ist es kein Einzelfall, dass GmbHs sich des Mitbestimmungsstatus nicht bewusst sind und folglich die Anforderungen des Gendergesetzes nicht. Dieser Umstand kann u. a. für GmbHs doppelt misslich sein, wenn gleichzeitig kein mitbestimmter Aufsichtsrat eingerichtet ist, wie es das Drittelbeteiligungsgesetz ab einer Anzahl von 500 Arbeitnehmern vorsieht.

Auswirkungen fehlerhafter Berichterstattung auf die Abschlussprüfung

Das Gendergesetz formuliert für die betroffenen Unternehmen konkrete Berichterstattungspflichten in der Erklärung zur Unternehmensführung. Welche Konsequenzen Verstöße gegen diese Pflichten im Rahmen der Abschlussprüfung nach sich ziehen, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in einem Positionspapier aufgearbeitet. Dieses wurde im Januar 2017 in den IDW Prüfungshinweis 9.350.1 überführt.

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Überblick über die Fallgruppen im IDW Prüfungshinweis

Der Prüfungshinweis äußert sich u. a. zur Frage, welche Auswirkungen bei oben angesprochenem Fehlen eines Aufsichtsrats zu erwarten sind. In diesem Fall liegt ein schwerer Pflichtverstoß vor, der im Prüfungsbericht anzugeben ist, wohingegen Fälle, bei denen sich der Mitbestimmungsstatus nicht zweifelsfrei bestimmen lässt – z. B. aufgrund von Unsicherheiten bei der Zurechnung von Arbeitnehmern – keine Redepflicht des Abschlussprüfers nach sich ziehen. Fehlt das gesetzlich vorgeschriebene Überwachungsorgan, obliegt der Geschäftsführung die Pflicht, ein Statusverfahren einzuleiten oder eine öffentliche Bekanntmachung vorzunehmen. Gleiches gilt für den Fall, dass der Aufsichtsrat zwar eingerichtet, aber fehlerhaft besetzt ist. Allerdings besteht dann keine Berichtspflicht des Abschlussprüfers. Besonders harte Konsequenzen drohen bei gänzlich fehlenden Angaben zum Gendergesetz bzw. fehlender Erklärung zur Unternehmensführung, fehlendem Verweis im Lagebericht auf die Veröffentlichung der Erklärung im Internet oder der Angabe der Webseite: In diesen Fällen ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken und dies im Prüfungsurteil zu begründen. Darzustellen sind die Unrichtigkeiten sowie Verstöße gegen die Rechnungslegungsvorschriften und ihre Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk. Abschließend ist festzuhalten, dass insbesondere die individuelle Mitbestimmungssituation in regelmäßigen Abständen überprüft werden sollte, um einer fehlerhaften/unvollständigen Berichterstattung sowie den damit verbundenen Konsequenzen in Bezug auf die Abschlussprüfung vorzubeugen.

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Antworten auf eine Vielzahl weiterer, aktueller Praxisfragen sowie einen Überblick zu den Anforderungen des Gendergesetzes gibt Ihnen das Update zum Praxisleitfaden Gendergesetz von EY Governance Matters®, das in Kürze veröffentlicht wird.g Ansprechpartner Daniela Mattheus Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 30 25471 19736 [email protected] Dr. Christian Kohl Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 89 14331 25103 [email protected] Susanne Schmitz Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 30 25471 18205 [email protected]

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EuGH zur Inhouse-Vergabe: Einschränkung des Wesentlichkeitskriteriums Für die Zulässigkeit eines vergabefreien Inhouse-Geschäfts sind drei Kriterien entscheidend: Zunächst muss der Auftraggeber über das Unternehmen eine hinreichend starke Kontrolle ausüben können (sog. Kontrollkriterium). Ferner darf am Unternehmen keine private Beteiligung bestehen. Schließlich muss das Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber erbringen (sog. Wesentlichkeitskriterium). Als Maßstab, ob eine Tätigkeit wesentlich ist oder nicht, wird in der Regel der Umsatz des Unternehmens herangezogen. Nach der Rechtsprechung ist aber bei jeder Tätigkeit im Einzelfall anhand von qualitativen und quantitativen Umständen zu entscheiden, ob die daraus resultierenden Umsätze inhouse-schädlich sind oder nicht. Auch nach der erstmaligen Kodifizierung des Inhouse-Geschäfts in den novellierten europäischen Vergaberichtlinien und hierzulande im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. § 108 Abs. 1 GWB) bleibt unklar, in welchen Fällen Umsätze als inhouse-schädlich einzustufen sind. Für erhebliche Verunsicherung hatte in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Hanseatischen OLG (Beschl. v. 14.12.2010 – 1 Verg 5/10) gesorgt. Danach sollen Umsätze, die ein kommunaler Energieversorger mit Privatkunden im Stadtgebiet macht, als inhouse-schädliche Drittumsätze anzusehen sein. Zwar ist dieser Rechtsprechung bislang kein anderes Gericht explizit gefolgt, doch hat nun der EuGH in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 8.12.2016 – C- 553/15) erneut betont, dass die Inhouse-Kriterien generell restriktiv auszulegen sind und die Voraussetzungen für die Erfüllung des Wesentlichkeitskriteriums weiter konkretisiert.

Sachverhalt Die italienische Kommune Sulmona in der Region Abruzzen beauftragte mit Beschluss vom 30. September 2014 das rein öffentliche Abfallentsorgungsunternehmen Cogesa direkt mit der Abfallentsorgung im Gemeindegebiet. Die Kommune Sulmona selbst hielt ca. 16,6 % der Anteile am Unternehmen, die übrigen Anteile standen im Eigentum anderer öffentlicher Gebietskörperschaften in der Region Abruzzen. Die Cogesa war für ihre kommunalen Anteilseigner und darüber hinaus – auf der Grundlage einer behördlichen Verpflichtung (integrierte Umweltgenehmigung Nr. 9/11) der Region Abruzzen – auch für Drittkommunen tätig. Und zwar verpflichtete die Region Abruzzen die Cogesa, nach den Grundsätzen der Selbstversorgung, der Nähe und der Subsidiarität, die städtischen Abfälle bestimmter an der Cogesa nicht beteiligter Gemeinden in der Region zu behandeln und wiederzuverwerten. Ein privates Konkurrenzunternehmen, die Undis, griff die Direktbeauftragung der Cogesa durch die Kommune Sulmona an und berief sich unter anderem darauf, dass die Cogesa in den letzten Jahren ungefähr 50 % ihrer Umsätze mit Drittkommunen gemacht hätte, die selbst keine Anteile an der Cogesa halten würden. Eine vergabefreie InhouseBeauftragung scheide somit auch aus, weil das Wesentlichkeitskriterium nicht erfüllt sei. Das regionale Verwaltungsgericht für die Abruzzen hatte die Klage der Undis gegen die Direktvergabe des Abfallentsorgungsauftrages durch die Kommune Sulmona an die Cogesa in erster Instanz vollumfänglich abgelehnt. Das durch die Undis danach angerufene Rechtsmittelgericht, der Staatsrat Italien, legte dem EuGH unter anderem die folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: ► Ist bei der Beurteilung der Haupttätigkeit des kontrollierten Unternehmens auch eine Tätigkeit zu berücksichtigen, die von einer nicht beteiligten Behörde zugunsten nicht beteiligter öffentlicher Einrichtungen auferlegt wird?

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Entscheidung des EuGH Der EuGH hatte zunächst darüber zu entscheiden, ob der Sachverhalt bereits auf der

Grundlage der novellierten europäischen Vergaberichtlinie (RL 2014/24/EU) beurteilt werden kann, die in Art. 12 erstmals eine Kodifizierung der Inhouse-Beauftragung enthält, oder ob noch die Vorgängerrichtlinie zur Anwendung gelangt. Da die angegriffene Direktvergabe der Kommune Sulmona vor Ablauf der für die Umsetzung der neuen Vergaberichtlinie geltenden Umsetzungsfrist (am 18. April 2016) stattfand, hatte der EuGH seine Entscheidung noch auf der Grundlage der alten europäischen Vergaberichtlinie (RL 2004/18/EG) zu treffen. Im Hinblick auf die Beantwortung der Vorlagefrage zur Haupttätigkeit verweist der EuGH auf seine Kernaussagen zum Wesentlichkeitskriterium aus früheren Entscheidungen, wonach im Rahmen des Wesentlichkeitskriteriums auf den Umsatz abzustellen ist, „den das betroffene Unternehmen auf Grund der Vergabeentscheidung der kontrollierenden Körperschaft erzielt“ (EuGH, Urt. v. 11.5. 2006 – C-340/04, Carbotermo). Nicht entscheidend soll dagegen sein, wem die Leistung zugutekommt. Der Begünstigte kann sowohl der Auftraggeber selbst als auch ein davon abweichender Nutzer sein. Außerdem wiederholt der EuGH seine bereits in anderen Fällen getroffene Aussage, wonach die Kriterien für das Inhouse-Geschäft, das eine Ausnahme vom Vergaberecht darstellt, grundsätzlich restriktiv auszulegen sind. Die Rechtfertigung der vergabefreien Inhouse-Beauftragung durch den EuGH beruhe nämlich auf der besonderen internen Verbindung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, die ausnahmsweise bestehen kann, obwohl der Auftragnehmer eine rechtlich selbstständige juristische Person ist. Diese besondere interne Verbindung rechtfertigt nach Ansicht des EuGH die Annahme, dass die Beauftragung des Auftragnehmers lediglich als ein Rückgriff auf eigene Ressourcen und somit als ausschreibungsfrei anzusehen ist. Für diese besondere interne Verbindung ist es unerlässlich, dass das beauftragte Unternehmen seinen Umsatz hauptsächlich für den bzw. die Körperschaften erzielt, die Anteile am Unternehmen halten und daher eine Kontrolle ausüben. Erzielt das Unternehmen dagegen mehr als nur geringfügige Umsätze mit Körperschaften, die über das Unternehmen keine Kontrolle ausüben, indiziert dies, dass das Unternehmen in relevanter Weise auf dem freien Markt im Wettbewerb mit anderen Unternehmen tätig ist. In diesem Fall ist bei der Beauftragung des Unternehmens das Vergaberecht zu beachten, um den Wettbewerb nicht zu gefährden. Der EuGH kommt daher zu dem Schluss, dass jede Tätigkeit des beauftragten Unternehmens für andere Auftraggeber als solche, die zugleich Anteilseigner des Unternehmens sind, als inhouse-schädlicher Drittumsatz anzusehen. Dies gilt nach Ansicht des EuGH selbst dann, wenn es sich bei diesen Dritten um Behörden handelt, denn auch bei diesen Behörden fehlt es an der erforderlichen Kontrolle über das Unternehmen. Der mit ihnen erwirtschaftete Umsatz ist daher als inhouse-schädlicher Umsatz zu klassifizieren. An dieser Einschätzung ändert sich nach Ansicht des EuGH auch nichts dadurch, dass eine Behörde, in diesem Fall die Region Abruzzen, dem Unternehmen die Tätigkeit für die Drittkommunen auferlegt, wenn auch diese übergeordnete Behörde keine Anteile am Unternehmen hält und somit keine Kontrolle über das Unternehmen ausüben kann.

Bewertung Die Entscheidung des EuGH dürfte auch für die Auslegung des neuen § 108 Abs. 1 GWB, mit dem hierzulande die vergabefreie Inhouse-Beauftragung erstmals gesetzlich geregelt worden ist, relevant sein. Nach § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB müssen im Hinblick auf das Wesentlichkeitskriterium mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person „der Ausführung von Tätigkeiten dienen, mit denen sie von dem öffentlichen Auftraggeber oder von einer anderen juristischen Person, die von diesem kontrolliert wird, betraut wurde.“

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Genau wie der entsprechende Artikel 12 der novellierten europäischen Vergaberichtlinie 2014/24/EU baut auch die deutsche Regelung im Wesentlichen auf der bekannten Rechtsprechung des EuGH auf. Der neue § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB folgt der EuGH-Rechtsprechung aber nicht uneingeschränkt, sondern geht über diese hinaus. Der EuGH war in der Vergangenheit von einer für Inhouse-Geschäfte unschädlichen Betätigung in einer Größenordnung von 10 % des Umsatzes ausgegangen. Einige nationale Gerichte hatten dagegen auch Größenordnungen unter 10 % als kritisch angesehen. Die neue deutsche Regelung verfolgt mit der 80 %- Grenze das Ziel, die bisher im Hinblick auf die maximal erlaubte Höhe des Drittumsatzes bestehende Unsicherheit zu beseitigen. § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB scheint aber seinem Wortlaut nach auch den Anwendungsbereich von Inhouse-Geschäften im Hinblick auf den Kreis der Tätigkeiten, die bei der Ermittlung der Wesentlichkeitsgrenze herangezogen werden dürfen, erweitern zu wollen. So weicht die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Formulierung („Betrauung mit Aufgaben“) offenbar bewusst von der Formulierung des EuGH in seiner Carbotermo-Entscheidung ab, wonach der Umsatz relevant sein soll, den das Unternehmen „auf Grund der Vergabeentscheidung der kontrollierenden Körperschaft erzielt.“ Nach dem Wortlaut der deutschen Regelung scheint es nicht mehr einer Vergabeentscheidung des Kontrollierenden zu bedürfen, auf der die Tätigkeit des Unternehmens beruht. Auch jede anderweitige Veranlassung könnte nach dem Wortlaut der Regelung ausreichend sein, sofern die Umsätze aufgrund einer Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Beauftragtem und von ihm kontrollierten Unternehmen erzielt werden. Für den in diesem Zusammenhang häufig diskutierten Energiebereich würde es beispielsweise ausreichen, dass eine Gemeinde kraft Gesellschaftsvertrag dem Unternehmen die Energieversorgung als Aufgabe im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge überträgt. Die auf dieser Grundlage im Gemeindegebiet mit Privatkunden erzielten Umsätze des Unternehmens wären dann nicht als inhouse-schädliche Drittumsätze anzusehen. Zwar kann der jeweilige Privatkunde auch einen anderen Energieversorger wählen, doch erzielt das Unternehmen seine Umsätze mit Privatkunden im Gemeindegebiet auf der Grundlage der durch die kontrollierende Gebietskörperschaft verliehenen Berechtigung im Gesellschaftsvertrag und mithin auf Basis einer mit der Gemeinde bestehenden Rechtsbeziehung. Nur dann, wenn die Umsatzerzielung in keiner Weise mehr auf eine mit der kontrollierenden Gebietskörperschaft bestehenden Rechtsbeziehung zurückgeführt werden kann, wären danach die Umsätze des Unternehmens als inhouse-schädliche Drittumsätze anzusehen. Im Fall der Energieversorgung wäre dies beispielsweise bezüglich der Umsätze der Fall, die das Unternehmen mit Kunden außerhalb der Gemeindegrenzen erwirtschaftet, da diese vom im Gesellschaftsvertrag statuierten Versorgungsauftrag nicht mehr gedeckt sind. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte den neuen § 108 Abs. 1 GWB auslegen.g Ansprechpartner RAin Susanne Müller-Kabisch Ernst & Young Law GmbH Telefon +49 6196 996 29517 [email protected]

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Öffentliches Verkehrsrecht: Neues im Verhältnis der VO 1370/2007 zum allgemeinen Vergaberecht Auch nach der Vergaberechtsmodernisierung sind einige Fragen hinsichtlich des Verhältnisses der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (VO 1370/2007) zum allgemeinen Vergaberecht ungeklärt. Der EuGH hat auf Grundlage eines Vorabentscheidungsersuchens der Vergabekammer Südbayern nun weitere Fragestellungen geklärt. In dem Vorabentscheidungsersuchen der Vergabekammer Südbayern hatte eine Vergabestelle bei der wettbewerblichen Vergabe eines Dienstleistungsauftrags über die Erbringung von Busleistungen im Linienverkehr nach den Bestimmungen der zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens noch geltenden alten Vergabekoordinierungsrichtlinie (2004/18/EG, jetzt ersetzt durch die Richtlinie 2014/24/EU) vorgegeben, dass maximal 30 % der Aufträge durch Subunternehmer erbracht werden durften. Die Firma Hörmann Reisen hielt diese Beschränkung der Unterauftragsvergabe für rechtswidrig und leitete daher ein Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Südbayern ein. Während die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nach den Regelungen der VO 1370/2007 erfolgt, werden Dienstleistungsaufträge gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 VO 1370/2007 nach den Regeln der allgemeinen Vergaberichtlinien vergeben. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 VO 1370/2007 finden in dem Fall der Anwendbarkeit der allgemeinen Vergaberichtlinien die Art. 5 Abs. 2 bis 6 VO 1370/2007 keine Anwendung. Gemäß Art. 4 Abs. 7 VO 1370/2007 ist in den Unterlagen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens anzugeben, ob und in welchem Umfang eine Vergabe von Unteraufträgen in Betracht kommt, wobei der Betreiber der Verkehrsleistungen grundsätzlich verpflichtet ist, einen bedeutenden Teil der Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen. Im Gegensatz zum allgemeinen Vergaberecht gibt es damit also keine grundsätzlich schrankenlose Unterauftragsvergabe. Nach Art. 63 Abs. 2 der neuen Vergaberichtlinie 2014/24/EU kann die Unterauftragsvergabe nicht bei allen Auftragsarten und nur bei bestimmten kritischen Aufgaben beschränkt werden. Die Vergabekammer Südbayern war dementsprechend in ihrem Vorlagebeschluss an den EuGH der Auffassung, dass Art. 4 Abs. 7 VO 1370/2007 bei Vergaben nach dem allgemeinen Vergaberecht nicht anwendbar sei, da Art. 5 Abs. 1 S. 1 VO 1370/2007 auf die Vergaberichtlinien verweise und diese keine Beschränkungsmöglichkeiten für die Unterauftragsvergabe außerhalb von Art. 63 Abs. 2 Richtlinie 2014/24/EU vorsehen. Der EuGH hat diese im deutschen Schrifttum umstrittene Frage jedoch anders beantwortet. Nach seiner Auffassung gilt die Grundaussage aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 VO 1370/2007, wonach öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne der VO 1370/2007 (also Dienstleistungsaufträge und Dienstleistungskonzessionen) nach den Vorgaben der VO 1370 vergeben werden. In Art. 5 Abs. 1 S. 2 VO 1370/2007 würden nur Art. 5 Abs. 2 bis 6, nicht etwa weitere Artikel, von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen. Hieraus folge, dass die weiteren Regeln des Vergaberechts, wie auch Art. 4 Abs. 7 VO 1370/2007, anzuwenden seien. Da Art. 4 Abs. 7 VO 1370/2007 ein komplettes Verbot der Vergabe von Unteraufträgen zulässt, war es dementsprechend nach Auffassung des EuGH auch zulässig, die Vergabe prozentual einzuschränken wie im Ausgangsrechtsstreit geschehen.

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Trotz dieser Klärung bleibt das Verhältnis zwischen der Vergabe an einen internen Betreiber nach Art. 5 Abs. 2 VO 1370/2007 und dem sog. „Inhouseprivileg“ nach allgemeinem Vergaberecht jedoch nach wie vor ungeklärt. Hier wird mehrheitlich vertreten, dass neben den speziellen Inhousevergaberegeln der VO 1370/2007 die allgemeinen Inhouseregeln keine Anwendung finden. Dies ist aus unserer Sicht auch sachgerecht, da ansonsten bestimmte Erleichterungen der VO 1370/2007 (z. B. ist eine private Beteiligung an dem direkt beauftragten Unternehmen zulässig) nicht greifen würden. Es bleibt zu hoffen, dass auch diese Frage im Verhältnis zwischen dem allgemeinen Vergaberecht und der VO 1370/2007 bald geklärt wird.g Ansprechpartner RA Dr. Oliver Wittig Ernst & Young Law GmbH Telefon +49 621 4208 20961 [email protected] RA Tim Hagenbruch Ernst & Young Law GmbH Telefon +49 621 4208 21655 [email protected]

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Halbes Jahr Arbeit – voller Urlaub? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 9. August 2016 (Az: 9 AZR 51/16) entschieden, dass Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnisse der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung findet, beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nur einen anteiligen Urlaubsanspruch erwerben. Bei einem Ausscheiden in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres darf der Urlaubsanspruch jedoch 20 Tage nicht unterschreiten. Hintergrund Eine im Freistaat Sachsen beschäftigte Lehrerin schied zum 31. Juli 2014 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TV-L Anwendung. Gemäß § 26 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte im Rahmen einer Fünftagewoche in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Tage Erholungsurlaub. Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht den Beschäftigten gemäß § 26 Abs. 2 TV-L als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs zu. § 26 Abs. 2 TV-L ordnet jedoch auch an, dass § 5 BUrlG unberührt bleibt. Nach § 5 BUrlG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf den gesamten gesetzlichen (Mindest-)Urlaub (20 Tage bei einer Fünftagewoche), wenn er aus einem bereits mehr als sechs Monaten bestehenden Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres ausscheidet. Die Lehrerin hat aufgrund dieses Verweises Klage erhoben. Sie argumentierte, dass diese Regelung auch auf den übergesetzlichen Urlaub Anwendung finde und sie insofern Anspruch auf den vollen Urlaub haben müsse.

Entscheidung Das BAG hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des BAG gilt die Zwölftelung des Urlaubsanspruchs auch, wenn ein Arbeitnehmer, auf dessen Arbeitsverhältnis der TV-L anwendbar ist, in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet. Demnach solle der Verweis in § 26 Abs. 2 TV-L, dass § 5 BUrlG unberührt bleibt, lediglich gewährleisten, dass die Zwölftelung des Urlaubsanspruchs nicht zu einer unzulässigen Unterschreitung des gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche führe. Der Verweis solle jedoch nicht gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer, der nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres ausscheide, den vollen Urlaubsanspruch von 30 Tagen bei einer 5-Tage-Woche geltend machen kann. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ergebe sich das aus dem Wortlaut und der Systematik des Tarifvertrages.

Hinweis Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer hat gemäß § 125 Abs. 1 SGB IX Anspruch auf einen

zusätzlichen bezahlten Urlaub von fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr (bei einer Fünftagewoche). Scheidet also ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, der eine Fünftagewoche hat und auf dessen Arbeitsverhältnis der TV-L Anwendung findet, nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus, darf der anteilige Urlaubsanspruch 25 Tage nicht unterschreiten.g

Ansprechpartner Dr. Wolfgang Steiner Ernst & Young Law GmbH Telefon +49 89 14331 21082 [email protected]

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§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG – Neues zur Anwendung der 10-Prozent Grenze für den Vorsteuerabzug für Zeiträume bis 2015 Der EuGH sowie der BFH haben kürzlich entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland im Besteuerungszeitraum 2008 nicht ermächtigt war, durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG den Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen auszuschließen, die zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche (nicht in den Anwendungsbereich der MwSt fallende) Tätigkeiten verwendet wurden. Unternehmer – und somit auch teilunternehmerisch tätige jPdöR bzw. Vereine – können sich insoweit auf das für sie günstigere Unionsrecht berufen und den Vorsteuerabzug anteilig beantragen. Aufgrund der ab dem 1. Januar 2016 neu erteilten unionsrechtlichen Ermächtigung gilt dies voraussichtlich aber nur für noch offene Veranlagungszeiträume bis Ende 2015. Hintergrund Die Umsatzsteuer ist über die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) in der EU harmonisiert. Eine nationale Vorschrift, die eine begünstigende Regelung wie den Vorsteuerabzug (Art 168,169 MwStSystRL) einschränkt, bedarf daher einer Ratsermächtigung. Andernfalls kann sich der Steuerpflichtige auf die für ihn günstigere EU-Vorschrift berufen.

Artikel 1 der Entscheidung des Rates der EU vom 19. November 2004 gestattete dem deutschen Gesetzgeber die Einführung von § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG. Dieser bestimmt, dass die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt – und somit ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Die Ermächtigung vom 19. November 2004 unterschied nur zwischen der unternehmerischen und der privaten bzw. allgemein unternehmensfremden Verwendung von Gegenständen. Sie wurde am 20. Oktober 2009 bzw. am 13. November 2012 jeweils unverändert bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. Seit der EuGH-Entscheidung VNLTO (EuGH v. 12.2.2009 Rs. C-515/07) ist jedoch umsatzsteuerlich nicht mehr nur zwischen unternehmerischer und nichtunternehmerischer Verwendung zu unterscheiden. Neben der unternehmerischen Verwendung eines Gegenstandes, die den Vorsteuerabzug grundsätzlich ermöglicht, gibt es nunmehr die unternehmensfremde Verwendung (private Zwecke) sowie die nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne. Letzterer ist die hoheitliche Tätigkeit einer jPöR sowie die ideelle Vereinstätigkeit zuzuordnen. Streitig war nun, ob die Ermächtigung auch diesen Bereich umfasste und daher § 15 Abs. 1 S. 2 UStG eine mehr als 90 %-ige nichtwirtschaftliche Verwendung i.e.S. des Gegenstandes den Vorsteuerabzug ebenfalls vollständig ausschließen konnte.

EuGH-Urteil vom 15. September 2016 (Rs. C-400/15) und BFH-Urteil vom 16. November 2016 (Az.: XI R 15/13)

Im Urteilsfall oblagen dem Kläger (Landkreis Potsdam-Mittelmark) im Wesentlichen hoheitliche Aufgaben im Rahmen der öffentlichen Gewalt wie der Bau, die Unterhaltung und die Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straßen in seinem Gebiet. Insoweit lagen nichtwirtschaftliche Tätigkeiten vor, die den Vorsteuerabzug ausschlossen. Daneben erbrachte der Kläger in geringem Umfang (2,65 % der Gesamtleistungen) wirtschaftliche Leistungen an Dritte. Insoweit war der Kläger im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art wirtschaftlich (unternehmerisch) tätig und erbrachte steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.

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Im Besteuerungszeitraum 2008 (Streitjahr) erwarb der Kläger verschiedene Gegenstände (Arbeitsmaschinen, Nutzfahrzeuge und Zubehörteile), die er zur Ausübung der hoheitlichen sowie der wirtschaftlichen Tätigkeiten einsetzte. Hinsichtlich der unternehmerischen Nutzung (2,65 %) machte er den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt Brandenburg versagte jedoch den anteiligen Vorsteuerabzug, da die angeschafften Gegenstände nicht – wie gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erforderlich – zu mindestens 10 % im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit des Landkreises Potsdam-Mittelmark genutzt worden seien. Mit seiner beim BFH eingelegten Revision machte der Kläger geltend, die Versagung des Vorsteuerabzugs verstoße gegen Unionsrecht und er bekam nun Recht. Die Gerichte halten den Vorsteuerausschluss bezogen auf die anteilige (ggf. auch nur geringfügig) unternehmerische Nutzung des Gegenstandes für EU-rechtswidrig. Die nicht wirtschaftliche Tätigkeit falle nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer und sei damit anders zu beurteilen als eine Nutzung für unternehmensfremde (private) Zwecke, welche der Mehrwertsteuer unterliegen könnte. Diese begriffliche Unterscheidung müsse auch für die Auslegung der Bestimmungen der Ratsermächtigung gelten, sodass die Fälle der nichtwirtschaftlichen Verwendung nicht hiervon umfasst seien.

Konsequenz aus den Urteilen Die Finanzverwaltung hat sich bislang noch nicht zu den Urteilen geäußert. Da die im Streitjahr (2008) anwendbare Ratsermächtigung bis Ende 2015 in unveränderter Form mehrfach verlängert wurde, dürften u. E. die Urteilsgrundsätze zumindest bis Ende 2015 allgemein anzuwenden sein. D. h. der Steuerpflichtige kann sich hinsichtlich des Vorsteuerabzugs auf Unionsrecht berufen.

Ab dem 1. Januar 2016 gilt allerdings eine neue Ermächtigung, die nun auch eine Verwendung für nichtwirtschaftliche Zwecke einschließt. Für Zeiträume ab 2016 dürfte die den Vorsteuerabzug ausschließende 10 %-Regelung daher voraussichtlich umfassend gelten.

Handlungsbedarf Zumindest für Zeiträume bis 2015 ergibt sich somit Handlungsbedarf. JPdöR und Vereine,

bei denen bisher ein Vorsteuerabzug wegen fehlender unternehmerischer Mindestnutzung unterblieben ist, sollten prüfen, ob ein (nachträglicher) Vorsteuerabzug im Entstehungsjahr bzw. nach § 15a UStG – unter Berücksichtigung verfahrensrechtlicher Regelungen – noch möglich ist. Zunächst sollte daher untersucht werden, welche Jahre nach den Regelungen zur Abgabenordnung noch offen bzw. änderbar (§ 164 AO) wären. Für diese Jahre wäre dann im zweiten Schritt zu prüfen, ob zusätzliches Vorsteuerpotential vorliegt. Da § 2 Abs. 3 UStG in den Jahren bis 2015 noch anzuwenden war, sollten jPdöR die Fälle untersuchen, bei denen für Körperschaftsteuerzwecke ein Betrieb gewerblicher Art angenommen wird. Die Gesamtheit der BgA bildet das Unternehmen der jPdöR und grenzt damit den unternehmerischen Bereich von der hoheitlichen Tätigkeit ab. Fraglich ist nun, inwieweit gemeinsam genutzte Gegenstände (ggf. auch anteilige Gebäudenutzungen) vorliegen, die in den letzten Jahren angeschafft wurden bzw. für die Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand angefallen ist. Soweit Vorsteuer auf die unternehmerische Nutzung entfällt, könnte ein Abzug dann ggf. noch beantragt werden. Sofern Sie hierzu Fragen haben oder wir Ihnen bei der Prüfung behilflich sein können, sprechen Sie uns gerne an.g

Ansprechpartner StB Gabriele Kirchhof Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 221 2779 25680 [email protected] StB Heike Sökeland Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 221 2779 25518 [email protected]

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Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) In der letzten Ausgabe unseres EY Public Services Newsletters (Dezember 2016) haben wir ausführlich über den Entwurf eines BMF-Schreibens datierend vom 28. September 2016 zu Anwendungsfragen des § 2b UStG berichtet. Mit § 2b UStG, der grundsätzlich ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden ist, wird die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand neu geregelt. Hat die jPdöR bis Ende 2016 von der Optionsmöglichkeit Gebrauch gemacht, ist § 2b UStG – vorbehaltlich eines zulässigen Widerrufs – ab dem 1. Januar 2021 anzuwenden. Die Übergangsphase sollte für die (i.d.R. umfangreiche) Umstellung zur Neuregelung genutzt werden, um ab 2021 § 2b UStG zutreffend anwenden zu können. Insofern ist es zu begrüßen, dass mit Datum vom 16. Dezember 2016 nun das BMF-Schreiben mit den Anwendungsfragen zum § 2b UStG veröffentlicht wurde. Inhaltlich ergeben sich kaum Änderungen zur bisherigen Entwurfsfassung. Ergänzt wurden neben einem klarstellenden Hinweis zur Auslegung der Widerrufsregelung in § 27 Abs. 22 UStG nun auch erstmals Ausführungen zum Vorsteuerabzug sowie zur Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG). Einführung Durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 wurden mit Einführung

des § 2b UStG die Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) neu gefasst. Gleichzeitig wurde § 2 Abs. 3 UStG, der bislang eine Anknüpfung an den körperschaftsteuerlichen Begriff des Betriebs gewerblicher Art (BgA) vorsah, aufgehoben. Daher wird es zukünftig für die Beurteilung der Umsatzsteuerbarkeit der Tätigkeiten irrelevant sein, dass für Körperschaftsteuerzwecke ggf. kein BgA gegeben ist, weil Vermögensverwaltung oder eine nichtsteuerbare Beistandsleistung vorliegen oder die Wesentlichkeitsgrenze von EUR 35.000 nicht überschritten wird. Stattdessen sind die Voraussetzungen des § 2b UStG zu prüfen. Dies erfordert zukünftig ein Umstellen der Prüfmechanismen sowie der Organisation, um den gravierenden Änderungen gerecht werden zu können. Die Änderungen treten am 1. Januar 2017 in Kraft – sofern die jPöR nicht durch Optionserklärung bis zum 31. Dezember 2016 von der Anwendung der Übergangsregelung in § 27 Abs. 22 UStG Gebrauch macht. Im Fall der wirksamen Option kann das bisherige Recht längstens für Leistungen angewandt werden, die bis zum 31. Dezember 2020 ausgeführt werden. Gemäß § 2b Abs. 1 UStG gelten jPdöR nicht als Unternehmer (und unterliegen daher insoweit nicht der Umsatzsteuer) soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Dies gilt jedoch nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Das BMF-Schreiben erläutert nun, wann ein Tätigwerden im Rahmen öffentlicher Gewalt vorliegen soll und wie der Begriff „größere Wettbewerbsverzerrung“ auszulegen ist.

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1.

Wesentliche Aussagen des BMF-Schreibens 1.1 Tätigkeiten im Rahmen öffentlicher Gewalt

Ein Handeln im Rahmen der öffentlichen Gewalt liegt immer dann vor, wenn die jPdöR auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung tätig wird. Das BMF-Schreiben nennt und erläutert hierzu einige Beispiele, wie öffentlich-rechtliche Satzung, Staatsverträge, verfassungsrechtliche Verträge, Verwaltungsabkommen und Verwaltungsvereinbarungen sowie öffentlich-rechtliche Verträge. Gegenüber der bisherigen Entwurfsfassung wurden noch der Rundfunkstaatsvertrag sowie Staatskirchenvertrag ergänzt. Desweiteren trifft das BMF-Schreiben (wie auch bereits die Entwurfsfassung) hierzu folgende wesentlichen Aussagen: 1.

Sofern die jPöR – unabhängig davon, ob dies in Umsetzung einer öffentlichrechtlichen Sonderregelung erfolgt – Leistungen in privatrechtlicher Handlungsform (privatschriftlicher Vertrag) erbringt, sollen diese Tätigkeiten nicht von § 2b UStG erfasst sein (Tz 6). Offen – und u. E. bislang nicht vom BMF-Schreiben geklärt – ist die Frage, wie Fälle zu beurteilen sind, bei denen zwar eine hoheitliche Tätigkeit vorliegt (Abwasserbeseitigung/ Hausmüllentsorgung), der Entsorgungsbetrieb aber – was nach dem Kommunalabgabengesetz zulässig ist – statt einer Benutzungsgebühr ein „privatrechtliches Entgelt“ erhebt. Da ein Anschluss- und Benutzungszwang für diese Leistungen besteht, könnte man gemäß Tz. 16 des BMF-Schreibens von einem Handeln auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgehen. Insofern gibt es u. E. einen Widerspruch zu Tz. 6. Es bleibt abzuwarten, ob diesbezüglich noch eine Klarstellung seitens des BMF erfolgt.

2.

Ein Vertrag ist als öffentlich-rechtlich zu beurteilen, wenn Gegenstand und Zweck des Vertrags dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Gegenüber dem Entwurf ergänzt wurde nun noch, dass die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ein Indiz für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags sei (Tz 12). Beispielhaft wird ein koordinationsrechtlicher Vertrag (Grundlage: §54 S. 1 VwVfG) zwischen Landkreis und Gemeinde angeführt, der die Durchführung der Anlagenbuchhaltung und das Liquiditätskreditmanagement für die Gemeinde gegen Kostenersatz beinhaltet. Allerdings beinhaltet dieses Beispiel noch keine (abschließende) Aussage zur Anwendbarkeit von § 2b UStG, da hierfür im zweiten Schritt noch eine Wettbewerbsverzerrung auszuschließen ist.

3.

Die von der jPöR gewählte Handlungsform (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) muss gesetzlich zulässig sein und kann nicht mit steuerlicher Wirkung durch eine andere Handlungsform ersetzt werden, wenn dies gesetzlich ausgeschlossen ist (Beispiele: Betrieb einer Cafeteria = privatrechtlich; Leistung mit Annahme- und Benutzungszwang = öffentlich-rechtlich) (Tz 16).

4.

Nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die gewählte Handlungsform auch zulässig ist (Tz 17).

5.

Hilfsgeschäfte, die die nichtunternehmerische Tätigkeit mit sich bringt (z. B. Verkauf von nichtunternehmerisch genutztem PKW), sind zwar privatrechtlicher Natur und können daher nicht unter § 2b UStG fallen, sollen aber aufgrund fehlender Nachhaltigkeit nicht den Tatbestand unternehmerischen Handelns erfüllen.

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Trotz der ausführlichen Erläuterungen im BMF-Schreiben werden u. E. in der Praxis bei der Frage, ob eine Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbracht wird vielfach Unsicherheiten bleiben. Insofern ist zu empfehlen, in den Vereinbarungen entsprechende „Schlüsselbegriffe“ zu verwenden, wie z. B. Bezeichnung als öffentlich-rechtlichen Vertrag bzw. Vereinbarung oder koordinationsrechtlichen Vertrag sowie Zitieren der öffentlichrechtlichen Vorschriften (z.B. § 54 S. 1 VwfG) auf dessen Grundlage das Handeln erfolgt. 1.2 Vorliegen größerer Wettbewerbsverzerrungen Sofern eine jPöR im Rahmen öffentlicher Gewalt handelt, kann dennoch Umsatzsteuerbarkeit vorliegen, wenn eine Nichtbesteuerung der Tätigkeit zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Für die Beurteilung der Wettbewerbsrelevanz kommt es entscheidend auf die Vergleichbarkeit der von jPöR bzw. (potentiellen) Privatanbietern angebotenen Leistung an. Würde die angebotene Leistung aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers bei ihm unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen – z. B. aufgrund von Leistungsunterschieden inhaltlicher oder rechtlicher Art – kann ggf. keine marktrelevante Wettbewerbsverzerrung vorliegen. Liegt ein Annahme- bzw. Benutzungszwang (ggf. auch nur auf dem regionalen Markt) für die Leistung der jPöR vor, fehlt es ebenfalls an einer Wettbewerbsrelevanz. 1.3 Ausschluss der Wettbewerbsverzerrung nach § 2b Abs. 2 UStG Keine Wettbewerbsverzerrung soll gemäß § 2 Abs. 2 UStG insbesondere dann vorliegen, wenn ►

der im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich EUR 17.500 nicht überschreitet oder



vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht einer Steuerbefreiung unterliegen.

Das BMF-Schreiben führt hierzu aus, dass die Wettbewerbsgrenze von EUR 17.500 unwiderlegbar und ohne Wahlrecht gelten soll. Maßgeblich soll die Höhe der (geschätzten) Umsätze aus gleichartigen Tätigkeiten zu Beginn des Kalenderjahres sein, selbst wenn diese Grenze später tatsächlich überschritten werden sollte. Auch bei unterjähriger Aufnahme der Tätigkeit soll keine Umrechnung des Jahresbetrages auf den kürzeren Zeitraum erfolgen. 1.4 Ausschluss der Wettbewerbsverzerrung nach § 2b Abs. 3 UStG § 2b Abs. 3 UStG beinhaltet die horizontale sowie die vertikale (z. B. Zweckverband) Zusammenarbeit von jPöR. Diese Regelung soll öffentlich-rechtliche Kooperationen weiterhin von der Umsatzbesteuerung ausnehmen. Betroffen sind somit die Bereiche, die bislang als Beistandsleistungen oder Amtshilfe als nicht umsatzsteuerbar galten. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: ►

§ 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG

Nr. 1 regelt, dass keine größere Wettbewerbsverzerrung vorliegt, wenn die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (Gesetz oder Rechtsverordnung nicht Satzung) nur von jPdöR erbracht werden dürfen, d. h. ein „öffentlich-rechtliches Monopol“ bzw. eine „Vorbehaltsaufgabe“ vorliegt. Abzustellen ist auf die Regelungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung. Anders als bislang ist bei der Beurteilung von Beistandsleistungen nicht entscheidend, in welchem Bereich die empfangende jPöR die bezogene Leistung verwendet. Kann die (vergleichbare) Leistung von der jPöR auch auf dem freien Markt bezogen werden, liegt kein Fall der Nr. 1 vor. Gegebenenfalls ist dann jedoch Nr. 2 anwendbar.

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§ 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG

Nr. 2 regelt Fälle, für die kein „Gesetzesvorbehalt“ der jPöR vorliegt, jedoch die folgenden Voraussetzungen (kumulativ!) erfüllt sind: a.

langfristige öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

Der Begriff „langfristig“ soll nicht quantitativ sondern qualitativ definiert und ex ante zu beurteilen sein. Vereinbarungen über 5 Jahre – je nach Leistungsart ggf. auch ein kürzerer Zeitraum – sollen grundsätzlich den Tatbestand der Langfristigkeit erfüllen. Offen ist nach wie vor, ob beispielsweise eine dreimonatige Kündigungsfrist in einem unbefristeten Vertrag unschädlich wäre. b.

die Leistungen dienen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe

Der Begriff „Erhalt der öffentlichen Infrastruktur“ ist weit auszulegen. Hierunter fallen die Förderung, der Ausbau sowie die Errichtung aller Einrichtungen materieller (z. B. technisch/digital), immaterieller bzw. sozialer (z. B. Bildungswesen) sowie institutioneller Art (z. B. Rechts-, Wirtschafts- und Sozialordnung), die für die Ausübung öffentlicher Gewalt notwendig sind. Ausgenommen sind die Bereiche, die zur Ausübung der in § 2b Abs. 4 UStG genannten Tätigkeiten dienen. Mit „Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden Aufgabe“ soll die Zusammenarbeit mehrerer jPöR beschrieben werden, die dem Ziel dient, eine oder mehrere Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit zu erfüllen. Eine gemeinsame Aufgabe soll auch dann vorliegen, wenn die Aufgabe „in Gänze“ auf die leistende jPöR (z. B. auf einen Zweckverband) übertragen wird (vertikale Kooperation). Die Durchführung „verwaltungsunterstützender Hilfstätigkeiten“ (z. B. Gebäudereinigung, einzelne Arbeiten im Grünpflegebereich) soll keine gemeinsame Aufgabenerfüllung darstellen. Neben den unverändert dargestellten Bauhofbeispielen enthält das BMF-Schreiben interessanterweise nun noch ein weiteres Beispiel einer Versorgungskasse (KdöR), die für eine Gemeinde auf öffentlich-rechtlicher Grundlage in Gänze die Bezüge- und Entgeltfestsetzung übernimmt. Hierbei soll es sich um eine allen Beteiligten obliegende öffentliche Aufgabe handeln, die dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur diene. Inwieweit dieser Fall auf die Aufgabe von Rechenzentren für kommunale Datenverarbeitung übertragbar ist, bleibt u. E. abzuwarten. Zukünftig wird u. E. im Rahmen von Gestaltungen ein verstärktes Augenmerk auf die folgenden Aspekte zu legen sein: ► Ist eine Tätigkeit als Aufgabe in Gänze anzusehen oder handelt es sich um verwaltungsunterstützende Hilfeleistungen? Sind ggf. Teilaufgaben abgrenzbar, die noch nicht als entsprechende Hilfeleistung anzusehen sind? ► Unterscheidet sich die Tätigkeit inhaltlich (aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers) von den Tätigkeiten, die von Privaten angeboten werden? c.

ausschließlich Kostenerstattung

Unverändert enthält das BMF-Schreiben die Aussage, dass die leistungserbringende jPöR lediglich kostendeckend kalkulieren darf. Pauschalsätze sowie der Ansatz von variablen und fixen Kosten (z. B. Miete, Abschreibung) sind zulässig, sofern diese sachgerecht ermittelt werden. Die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals oder eine Rücklagenbildung dürfen jedoch nicht in die Kalkulation einbezogen werden

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d.

der Leistende erbringt gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts

Die Voraussetzung wird als erfüllt angesehen, wenn der Umsatz der jPöR gegenüber privaten Dritten für gleichartige Leistungen – entsprechend den Schwellenwerten für die Inhouse-Vergabe – im Durchschnitt der letzten drei Jahre den Umfang von 20 % der Gesamtumsätze aus diesen Tätigkeiten nicht übersteigt. Innenumsätze der jPöR werden dabei nicht einbezogen. 1.5 Anwendung des § 2b Abs. 4 Nr. 5 UStG § 2b Abs. 4 Nr. 5 UStG enthält einen Verweis auf Anhang I der MwStSystRL. Hierin ist eine Auflistung von Tätigkeiten enthalten, die stets zu einer Unternehmereigenschaft führen, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist. Zur Abgrenzung der Unwesentlichkeit wird ebenfalls auf einen Umsatzbetrag von EUR 17.500 abgestellt. Allerdings lässt das BMF-Schreiben offen, ob es sich hierbei ebenfalls um einen Jahresbetrag handeln soll. Wird der Betrag (tatsächlich) überschritten, liegt grundsätzlich eine unternehmerische Tätigkeit vor. 2.

Übergangsregelung – Aussagen zur Widerrufsregelung

Im BMF-Schreiben wurde nun klargestellt, dass die Optionserklärung, welche rückwirkend mit Wirkung zu Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden kann, auch bereits auf den 1. Januar 2017 widerrufen werden könnte. Voraussetzung ist nur, dass die Steuerfestsetzungen noch nach den Vorschriften der Abgabenordnung geändert werden können, was in der Regel der Fall sein dürfte (§ 164 AO). Somit könnte sich eine jPöR noch in 2020 (ggf. auch noch nach 2020) entscheiden, die Optionserklärung rückwirkend zum 1. Januar 2017, 2018 oder 2019 zurückzunehmen. Allerdings gilt der Widerruf dann für das gesamte Unternehmen und ist endgültig. Ein Zurück in die Altregelung ist dann nicht mehr möglich. 3.

Aussagen zum Vorsteuerabzug

Das BMF-Schreiben enthält nun erstmals auch Ausführungen zum Vorsteuerabzug bzw. der Zulässigkeit von Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG. Der Vorsteuerabzug ist – bei Vorliegen aller formalen Voraussetzungen – im Zeitpunkt des Leistungsbezug (bzw. Anzahlung) vorzunehmen und bestimmt sich bei bezogenen Gegenständen nach der beabsichtigten Verwendung im Kalenderjahr der Erstnutzung. Wird ein Gegenstand im Erstjahr nach Bezug hoheitlich (nichtwirtschaftlich i.e.S.) verwendet, scheidet insoweit ein Vorsteuerabzug aus. Die Vorsteuerproblematik ergibt sich nun daraus, dass das deutsche Umsatzsteuerrecht keine Einlagenentsteuerung kennt. Daraus folgt, dass für einen zunächst nichtunternehmerisch verwendeten Gegenstand, bei dessen Bezug der Vorsteuerabzug daher ausgeschlossen war, bei späterer unternehmerischer Verwendung grundsätzlich keine (anteilige) Vorsteuer mehr gezogen werden kann (A 15.19 Absatz 2 S.4 UStAE). Ebenso setzt eine Korrektur nach § 15a UStG grundsätzlich eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich bei Leistungsbezug voraus (A 15a.1. Absatz 6 UStAE). Das BMF-Schreiben enthält nun hierzu Regelungen, um zukünftig den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten. Zwar wird zunächst klargestellt, dass der Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug ausgeschlossen ist, sofern die jPöR gemäß § 27 Abs. 22 UStG optiert hat und nach der Altregelung (§ 2 Abs. 3 UStG a.F.) eine nichtunternehmerische Tätigkeit vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn dieselbe Tätigkeit im Anwendungsbereich des § 2b UStG als unternehmerisch einzustufen wäre (z. B. Vermietung mit zulässiger Option nach § 9 UStG) und damit zukünftig unternehmerisch ist.

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Allerdings wird bei unveränderter Nutzung und zukünftig unternehmerischer Verwendung eine spätere Berichtigung gemäß § 15a UStG für den dann noch verbleibenden Berichtigungszeitraum ermöglicht. Dies soll auch dann gelten, wenn der Leistungsbezug und die erstmalige Verwendung noch vor dem 1. Januar 2017 waren und zukünftig bei unveränderter Nutzung eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt. Für den Fall, dass der Leistungsbezug im Optionszeitraum stattfindet, die erstmalige Verwendung aber nach dem Optionszeitraum erfolgt, d. h. eine von vorneherein unternehmerische Verwendung vorliegt, ist die Vorsteuer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs gemäß der beabsichtigten zukünftigen Verwendung im Erstjahr vorzunehmen. Bei einem Leistungsbezug im Optionszeitraum ist somit für die Frage des Vorsteuerabzugs danach zu unterscheiden, ob die erstmalige Verwendung im (dann grds. § 15a UStG) oder nach (dann Vorsteuerabzug sofort) dem Optionszeitraum unternehmerisch erfolgt. In beiden Fällen sollte die Verwendungsabsicht zu Nachweiszwecken im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dokumentiert werden. Ebenso sind Vorkehrungen zu treffen, um die spätere Berichtigungsmöglichkeit gemäß § 15a UStG sicherzustellen. Bei einem rückwirkenden Widerruf der Option soll der Vorsteuerabzug ebenfalls noch rückwirkend im Zeitpunkt des Leistungsbezugs geltend gemacht werden können, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen. Unklar ist noch, ob § 15a UStG auch angewandt werden kann, wenn ein Gegenstand für eine Tätigkeit verwendet wird, die im Erstjahr der Verwendung zukünftig gemäß § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG (Bagatellregelung) nichtunternehmerisch ist. Den Vorsteuerabzug auszuschließen wäre u. E. insbesondere dann unbillig, wenn die Umsatzgrenze im Erstjahr nur deshalb nicht erreicht wird, weil mit der Tätigkeit erst gegen Ende des Kalenderjahres begonnen wurde. In diesen Fällen wäre u. E. sachgerecht, die Ausnahmereglung für eine nur vorübergehende nichtunternehmerische Verwendung (A 15.2.c Absatz 13 S. 2ff UStAE) anzuwenden. Dann könnte die Vorsteuer direkt gezogen werden und es wäre für den Zeitraum der nichtunternehmerischen Verwendung eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern. 4.

Beurteilung und Handlungsempfehlung

Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen, da es u. E. insgesamt erkennen lässt, dass die Finanzverwaltung grundsätzlich das Ziel verfolgt, öffentlich-rechtliche Kooperationen von der Besteuerung auszunehmen und dabei an das Vorliegen der formalen Kriterien keine allzu großen Anforderungen stellt. In der praktischen Anwendung wird sich jedoch zeigen, dass viele Fragen weiterhin noch ungeklärt sind. Werden Tätigkeiten zukünftig neu aufgenommen oder Kooperationen verwirklicht, dürfte es sich daher häufig empfehlen, vorab eine verbindliche Auskunft bei der Finanzverwaltung einzuholen. Ob die Finanzverwaltung auch in „Bestandsfällen“ zur Abstimmung hinsichtlich der zukünftigen umsatzsteuerlichen Behandlung bereit sein wird, bleibt abzuwarten – wäre im jeden Fall aber zu begrüßen. Die im BMF-Schreiben enthaltenen Regelungen zum Vorsteuerabzug sind ebenfalls zu befürworten, da sie dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität Rechnung tragen. Der Optionszeitraum sollte nun genutzt werden, sich einen Überblick über die relevanten Leistungsbeziehungen zu verschaffen. Dazu empfiehlt es sich, ein Screening der Einnahmen der jPöR sowie der vertraglichen Grundlagen durchzuführen. Hierbei kann auch eine standardisierte Abfrage (z. B. mittels Fragebogen) bei den einzelnen Ämtern oder Dienststellen hilfreich sein, um Einnahmen und Leistungsbeziehungen „aufzudecken“. Diese sollten dann im Hinblick auf eine Steuerbarkeit nach § 2b UStG analysiert werden. Sofern notwendig und möglich, sollten noch im Übergangszeitraum Vertragsanpassungen vorgenommen werden. Hierbei ist aufgrund weiterhin bestehender Unsicherheiten auf die Vereinbarung von Umsatzsteuerklausel zu achten, die u. U. eine Nachforderung der Umsatzsteuer ermöglichen.

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Da die Umsatzsteuer zukünftig von der Körperschaftsteuer abgekoppelt ist und für jPöR weitaus komplexer wird, sollte zudem überlegt werden, Prozesse zu implementieren, um eine effiziente und sichere Erhebung der Daten für die Umsatzsteuererklärung sicherzustellen. Daneben empfiehlt sich eine Dokumentation der Prozesse und Kontrollen im Rahmen eines internen steuerlichen Kontrollsystems. Wenn Sie diesbezüglich Fragen haben, dann wenden Sie sich gerne an uns. Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen regelmäßig informieren.g Ansprechpartner StB Gabriele Kirchhof Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 221 2779 25680 [email protected] StB Heike Sökeland Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 221 2779 25518 [email protected] StB Daniela Maus Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 221 2779 17176 [email protected]

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Urteil des Niedersächsischen FG vom 11.11.2015: Versagung der steuerlichen Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrags bei Bemessung des variablen Anteils einer Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft Das FG Niedersachsen hat mit Urteil vom 11.11.2015 (6 K 386/13) entschieden, dass die steuerliche Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrages zu versagen ist, wenn der variable Anteil einer an außenstehende Gesellschafter zu zahlenden Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft und nicht – wie in § 304 AktG vorgesehen – am Gewinn des Organträgers bemessen wird. Dieses Urteil ist insbesondere für Stadtwerke mit privaten Minderheitsgesellschaftern von erheblicher Bedeutung. Denn in derartigen Konstellationen ist die Bemessung der Ausgleichszahlung am Gewinn des Stadtwerks als Organgesellschaft in der Praxis weit verbreitet und auch nachvollziehbar, da das Stadtwerk meist ertragsstark ist und der Organträger sich isoliert betrachtet häufig in einer Verlustsituation befindet. Daher wird die Revisionsentscheidung des BFH zu diesem Urteil mit Spannung erwartet (Revision eingelegt, Az. BFH: I R 93/15). Hintergrund Das Niedersächsische FG hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Ergebnisabfüh-

rungsvertrag, bei dem sich der variable Anteil einer an außenstehende Gesellschafter zu zahlenden Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft bemisst, steuerlich anzuerkennen ist. Diese Frage wird in der Literatur kontrovers diskutiert (vgl. etwa Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 16 KStG, Rz. 24 ff. m.w.N.) und ist auch zwischen Finanzverwaltung und BFH umstritten. Der BFH hat sich zuletzt mit Urteil vom 4.3.2009 (I R 1/08) dahingehend geäußert, dass die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen, bei der neben einem bestimmten Festbetrag ein zusätzlicher Ausgleich in jener Höhe vereinbart wird, um die der hypothetische Gewinnanspruch des Außenstehenden ohne die Gewinnabführung den Festbetrag übersteigen würde, steuerlich nicht anzuerkennen ist. Auf dieses Urteil hat das BMF mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (BMF-Schreiben vom 20.4.2010). Nach Auffassung des BMF sind variable Ausgleichszahlungen, die über den in § 304 Abs. 2 S. 1 AktG vorgesehenen festen Mindestbetrag hinausgehen, steuerlich anzuerkennen, auch wenn sie an das Ergebnis der Organgesellschaft anknüpfen (vgl. BMF-Schreiben vom 13.9.1991). Das Niedersächsische FG lehnt diese Auffassung nun explizit ab. Bei Nichtanerkennung der Vereinbarung über die Ausgleichszahlung besteht das Risiko, dass die ertragsteuerliche Organschaft nicht anerkannt wird.

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Urteilsfall Der vom Niedersächsischen FG zu entscheidende Fall behandelt die steuerliche Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrages, den eine kommunale Wirtschaftsbetriebe GmbH als Organträger mit ihrer 51 %igen Tochtergesellschaft, der Stadtwerke GmbH (Klägerin) als Organgesellschaft, abgeschlossen hat. Die Wirtschaftsbetriebe GmbH betreibt ein städtisches Hallenbad, während die Klägerin im Bereich Gas- und Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für die Stadt tätig ist. Durch Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags sollten die Ergebnisse dieser Bereiche steuerlich verrechnet werden. Neben der Wirtschaftsbetriebe GmbH (51 %) ist die nicht zur Kommune gehörige C-GmbH zu 49 % an der Klägerin beteiligt. In dem Ergebnisabführungsvertrag verpflichtet sich die Organträgerin, dem außenstehenden Gesellschafter eine jährliche Ausgleichszahlung zu zahlen, die sich aus einem festen Betrag sowie einem variablen Zuschlag zusammensetzt. Im Ergebnis flossen dem Minderheitsgesellschafter in den Streitjahren zwischen 56 % und 63 % des Jahresüberschusses der Klägerin zu. Nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG ist als Ausgleichszahlung mindestens die jährliche Zahlung des Betrags zuzusichern, der nach der bisherigen Ertragslage der Organgesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil zu erwarten ist. Diese Regelung dient dem Schutz von Minderheitsgesellschaftern der Organgesellschaft. Nach § 304 Abs. 2 S. 2 AktG kann auch ein variabler Ausgleich vereinbart werden, der sich nach dem Ergebnis des Organträgers bestimmt. In dem Urteilsfall bemisst sich der variable Zuschlag jedoch an dem Jahresüberschuss der Organgesellschaft (vor Ergebnisabführung) und nicht an dem Ergebnis des Organträgers. Hintergrund solcher Vereinbarungen ist in der Regel, dass es sich bei dem Organträger um eine Verlustgesellschaft handelt, deren negative Einkünfte mit den positiven Einkünften der Organgesellschaft verrechnet werden sollen.

Urteilstenor und Begründung Nach Auffassung des Niedersächsischen FG ist die steuerliche Anerkennung des Ergebnis-

abführungsvertrages zu versagen, wenn der variable Anteil einer an außenstehende Gesellschafter zu zahlenden Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft und nicht – wie in § 304 AktG vorgesehen – am Gewinn des Organträgers bemessen wird. Im Ergebnis wurden die als Ausgleichszahlungen geleisteten Beträge sowie die Gewinnabführung an den Organträger als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert. Eine Verrechnung des Gewinns der Organgesellschaft mit dem Verlust des Organträgers ist hierdurch ausgeschlossen. In der Urteilsbegründung stellt das FG zunächst fest, dass die Vereinbarung über die Ausgleichszahlung zivilrechtlich wirksam ist. Durch die Vereinbarung eines Fixbetrags ist den Anforderungen des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG ausreichend Rechnung getragen. Aus handelsrechtlicher Sicht ist es insoweit unschädlich, wenn über den gesetzlich geforderten Mindestbetrag hinaus eine Aufstockung durch einen variablen Ausgleich gezahlt werden soll. Jedoch führt die Bemessung der Ausgleichszahlung am Gewinn der Organgesellschaft aus steuerrechtlicher Sicht dazu, dass nicht mehr der gesamte Gewinn im Sinne des § 14 KStG an den Organträger abgeführt und der Ergebnisabführungsvertrag damit nicht tatsächlich durchgeführt wird. Hierbei ist es unerheblich, ob die absolute Höhe der Summe aus fixer und variabler Ausgleichszahlung unterhalb des ohne Ergebnisabführungsvertrags zu zahlenden Betrags liegt. Entscheidend ist allein, dass die Ausgleichszahlung in irgendeiner Form an das Ergebnis der Organgesellschaft vor Gewinnabführung anknüpft, da in diesem Fall der Minderheitsgesellschafter keine Ausgleichszahlung bezieht, sondern eine ihm nicht mehr zustehende Beteiligung am Ergebnis der Organgesellschaft. Somit wurde nicht der ganze Gewinn an den Organträger abgeführt, sondern nur das seiner Beteiligung entsprechende Ergebnis. Im Ergebnis führt die Vereinbarung über die Ausgleichszahlung mit einer Bemessung am Ergebnis der Organgesellschaft zur Versagung der ertragsteuerlichen Organschaft, da sie die Abführung des gesamten Gewinns verhindert.

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Wirkung vorhandener In der Praxis sind Gewinnabführungsverträge mit variablen Ausgleichszahlungen oftmals verbindlicher Auskünfte durch verbindliche Auskünfte abgesichert. Hierbei ist darauf zu achten, dass der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht, da die verbindliche Auskunft nur insoweit Bindungswirkung entfaltet (§ 2 Abs. 1 StAuskV). Im zugrundeliegenden Urteilsfall war aufgrund einer Abweichung zwischen beantragtem und verwirklichtem Sachverhalt eine Bindungswirkung nicht gegeben.

Beurteilung und Falls der BFH das Urteil des FG Niedersachsen bestätigen und das BMF der Rechtsprechung Handlungsempfehlung folgen sollte, kann die Finanzbehörde eine bereits erteilte verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern (§ 2 Abs. 3 StAuskV). Eine Aufhebung oder Änderung steht im Ermessen der Finanzbehörde und ist aus Vertrauensschutzgründen nur mit Wirkung für die Zukunft möglich (AEAO zu § 89, Tz. 3.6.6.).

Das Urteil des Niedersächsischen FG geht über die bisherige Rechtsprechung des BFH hinaus, da es jegliche Anknüpfung der variablen Ausgleichszahlung an das Ergebnis der Organgesellschaft – unabhängig von der Höhe – als steuerschädlich ansieht. Sollte der BFH das Urteil des Niedersächsischen FG bestätigen, könnte dies dazu führen, dass das BMF seinen Nichtanwendungserlass (BMF-Schreiben vom 20.4.2010) aufheben und bestehende Ergebnisabführungsverträge auf den Prüfstand stellen könnte. Daher sollten Vereinbarungen über variable Ausgleichszahlungen überprüft und ggf. angepasst werden. Die Anpassung der Höhe der Ausgleichszahlung sollte keinen Neuabschluss des Ergebnisabführungsvertrags darstellen und somit weder gegen die fünfjährige Mindestlaufzeit verstoßen noch eine neue Mindestlaufzeit auslösen (vgl. Frotscher, in: Frotscher/Drüen, § 16 KStG, Rz. 30; Rödder/Joisten, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 16 KStG, Rz. 35). Für Steuerpflichtige, die ihren Ergebnisabführungsvertrag durch eine ordnungsgemäße, verbindliche Auskunft abgesichert haben, sollte bis zu einem etwaigen Widerruf der verbindlichen Auskunft durch die Finanzbehörde erst einmal kein Handlungsbedarf bestehen. Allerdings sollten die verbindlichen Auskünfte daraufhin überprüft werden, ob sie die Regelung zur Ausgleichzahlung auch tatsächlich erfassen. Bei Neuabschlüssen von Ergebnisabführungsverträgen sollte eine Anknüpfung der Ausgleichszahlung für Minderheitsgesellschafter an den Gewinn der Organgesellschaft bis zu einer Entscheidung des BFH in dieser Sache vermieden werden.g Ansprechpartner WP/StB/RA Dr. Hendrik Breimann Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 211 9352 22499 [email protected]

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Exportkontrolle im Hochschul- und Forschungsbereich Unternehmen, die am internationalen Handel teilnehmen, müssen Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts und der Exportkontrolle beachten. Doch auch Technische Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind im Rahmen der grundgesetzlich verbürgten Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre von Exportkontrollregularien betroffen. Ein besonderes Risiko stellen dabei exterritorial wirkende US-Exportkontrollvorschriften dar. Ein internes Kontrollprogramm, das auf einer Risiko- und Betroffenheitsanalyse aufsetzt und die Besonderheiten im Hochschul- und Forschungsbereich berücksichtigt, minimiert regulatorische und finanzielle Risiken, schützt die Reputation der Institution und sichert den reibungslosen Lehr- und Forschungsbetrieb. Hintergrund Exportkontrollregularien führen dazu, dass die grenzüberschreitende Lieferung oder

Übertragung von kontrollierten Waren, Technologien oder Software in bestimmte Länder behördlichen Genehmigungspflichten und im Einzelfall sogar einem Verbot unterliegt. Darüber hinaus kann der Zugang zu bestimmter, US-kontrollierter Technologie und Quellcodes für Personen mit bestimmten Staatsangehörigkeiten Beschränkungen unterliegen. Bei Empfängern, die auf sog. Sanktionslisten geführt werden, kann sogar jeglicher Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Geldern untersagt sein. Dies schließt auch rein inländische Vorgänge ohne Auslandsbezug ein. Neben Antiterrorismus-Erwägungen soll mit diesen Maßnahmen eine (unkontrollierte) Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und konventionellen Rüstungsgütern verhindert werden. Dabei können auch bestimmte zivile Güter und Technologien, die für die Entwicklung, Produktion oder Verwendung von militärischen Produkten besonders geeignet sind (dual-use), ein besonderes Gefahrenpotential darstellen.

Relevanz Vom Gesetzgeber ist der verfassungsrechtlich geschützte Bereich der Freiheit nicht

anwendungsbezogener wissenschaftlicher Grundlagenforschung und -lehre von den Exportkontrollrestriktionen weitgehend ausgenommen. Dies gilt allerdings nicht für den Umgang mit kontrollierter US-Technologie oder den Export kontrollierter Hardware oder Software. Zu einem derartigen Austausch kann es bei Forschungskooperationen mit Dritten kommen. Gerade US-Partner im Forschungsbereich legen ihren Vertragspartnern Pflichten zur Einhaltung von US-Exportkontrollregularien auf. Auch wenn der exterritoriale Geltungsanspruch des US-Exportkontrollrechts völkerrechtlich umstritten ist und Fragen im Zusammenhang mit Antidiskriminierungsregelungen, Antiboykottvorschriften und anderen Rechtsgebieten aufwirft, sind die Risiken in diesem Bereich nicht zu unterschätzen. Die US-Behörden verhängen häufig Sanktionen gegen ausländische Unternehmen, Einrichtungen und Banken wegen der Verletzung von US-Exportkontrollregularien, vor allem im Zusammenhang mit unilateralen US-Embargos. Diese Sanktionen können sogar dergestalt ausfallen, dass die betroffene Institution sich selbst auf einer US-Sanktionsliste wiederfindet, was zum jahrelangen Ausschluss von Forschungskooperationen mit US-Partnern führen kann. Im Forschungsbereich können sich in diesem Zusammenhang besondere Fragestellungen bei Gastforschern, akademischen Gästen oder Studierenden aus bestimmten Ländern stellen, insbesondere dann, sofern ein Zugang zu sensitiver US-Technologie gegeben ist. Die Einhaltung von deutschen und EU-Exportkontrollbestimmungen allein gewährleistet nicht die Konformität mit anwendbaren US-Regularien.

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Sanktionsfälle Dass es sich hierbei nicht nur um ein theoretisches Risiko handelt, zeigen spektakuläre Sanktionsfälle in den USA aus den letzten Jahren:

► Zu einer vierjährigen Haftstrafe wurde ein Professor verurteilt, der kontrollierte US-Rüstungstechnologie für ein unbemanntes Flugobjekt entwickelte, diese Technologie einem chinesischen und einem iranischen Studenten zugänglich machte und sein Forschungsprojekt im Rahmen einer Reise nach China auf den Computer eines chinesischen Mitarbeiters herunterlud. ► Zu einer zweijährigen Haftstrafe kam es gegen einen Professor, der ein PlaqueBakterium nach Tansania exportierte und gegenüber den US-Behörden fälschlicherweise angab, dass dieses gestohlen wurde. ► Strafrechtlich angeklagt wurde ein Forscher in den USA, der die Komponente eines MRI-Geräts über die Niederlande in den Iran liefern liess. Der Iran unterliegt einem umfassenden US-Embargo und dementsprechend war diese Lieferung unzulässig. Festgestellt wurde dieser Vorgang durch einen verdeckten Ermittler der US-Behörden. ► Das US-Handelsministerium warf einer US-Universität vor, Material und Ausrüstung für atmosphärische Tests (von Nuklearwaffen) an ein Unternehmen in Pakistan, welches auf einer US-Sanktionsliste aufgeführt war, zu exportieren. Im Rahmen eines Vergleichs wurde die Universität zur Zahlung einer Geldsanktion in Höhe von US$ 100.000 und Implementierung eines internen Exportkontrollsystems mit erfahrenem Personal verpflichtet. Die besagten Fälle führten neben den Sanktionen auch zu Reputationsschäden für die beteiligten Einrichtungen.

Fazit Aufgrund zahlreicher Krisenherde und aktueller politischer Unsicherheiten in vielen Teilen

der Welt bedarf es keiner besonderen Weitsicht für die Feststellung, dass das Thema Exportkontrolle weiter an Bedeutung gewinnen wird. Sofern noch nicht erfolgt, sollten Technische Hochschulen und Forschungseinrichtungen sich daher vorausschauend mit dem Thema Exportkontrolle in gleicher Weise auseinandersetzen, wie es im Rahmen von anderen Compliance- und Risikomanagement-Themen bei ihnen üblich ist. Ausgangspunkt sollte eine Risiko- und Betroffenheitsanalyse sein. Sodann ist ein auf die jeweilige Einrichtung zugeschnittenes internes Exportkontrollprogramm empfehlenswert. Die Besonderheiten des Hochschulbetriebs (u. a. dezentrale Organisation, Eigenverantwortlichkeit der Professoren) sind dabei zu berücksichtigen. Neben einem internen Regelungswerk sind Sensibilisierungsmaßnahmen und interne Kontrollmechanismen wichtige Bestandteile eines solchen Exportkontrollprogramms.g Ansprechpartner RA Rafik Ahmad Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 6196 996-22586 [email protected]

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Moderne Arbeitsplatzkonzepte als Bestandteil des aktiven Immobilienmanagements Viele Unternehmen forcieren aktuell die Umsetzung moderner Arbeitsplatzkonzepte und flexibler Arbeitsmodelle – örtlich und zeitlich. Dass auch die öffentliche Hand beginnt, über solche Modelle nachzudenken, zeigen aktuelle Projektbeispiele. Die Umsetzung moderner Arbeitsplatzkonzepte findet bei öffentlichen Einrichtungen auf EU-Ebene schon deutlich häufiger Anwendung, als dies auf nationaler Ebene der Fall ist. So verwundert es nicht, dass z. B. beim Neubau der Hauptverwaltung der EASA für 850 Mitarbeiter in Köln die Umsetzung eines modernen Arbeitsplatzkonzeptes ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtkonzeptes war. Aber auch auf kommunaler Ebene wird mittlerweile über moderne Konzepte in der Arbeitsplatzgestaltung nachgedacht. Der Kreis Recklinghausen ist hier ein Vorreiter. Moderne Arbeitsplatzkonzepte, die sich an den Tätigkeiten der Mitarbeiter und den Prozessen der Verwaltung orientieren, werden nicht mehr nur als Mittel zur Reduzierung der Nutzungskosten und Steigerung der Nutzungsqualität angesehen. Sie sind vielmehr ein Wettbewerbsvorteil bei der Anwerbung von Fachkräften und bei der Erbringung von serviceorientierten, bürgernahen Dienstleistungen.

Herausforderungen für das Immobilienmanagement der öffentlichen Hand

Einrichtungen der öffentlichen Hand stehen aktuell einem umfassenden gesellschaftlichen und technologischen Wandel gegenüber. Die Anforderungen zukünftiger Generationen von Arbeitnehmern an den Arbeitsplatz und die Arbeitskultur sind mit klassischen Arbeitsplatzkonzepten nicht vereinbar. Es besteht insbesondere bei den jüngeren Generationen der Wunsch nach einer größeren Individualisierung und Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit. Diese lässt sich nur mit Veränderungen der Arbeitskultur hin zu mehr Kommunikation, einer Digitalisierung von Prozessen und offenen, an den tatsächlichen Tätigkeiten orientierten Arbeitsplatzkonzepten realisieren. Zudem ist die öffentliche Hand in den meisten Fällen mit einem Gebäudebestand konfrontiert, der heterogen, örtlich verteilt ist und sehr unterschiedliche Nutzungsqualitäten hat. Das Immobilienportfolio und die aktuelle Nutzung durch die verschiedenen Abteilungen sind historisch gewachsen und damit meist nicht optimal an den Prozessen der Verwaltung ausgerichtet und aus wirtschaftlicher Sicht optimierbar. Darüber hinaus sind die Gebäude überwiegend für klassische Arbeitsplatzkonzepte konzipiert worden und erfüllen damit die Anforderungen an die sich wandelnden Nutzungsbedingungen nur teilweise oder gar nicht. Die aktuellen Flächenkonzeptionen bieten meist geringe Flexibilität, um den genannten Herausforderungen von Personal-, demografischer und technologischer Entwicklung gerecht zu werden.

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Das öffentliche Gebäudemanagement ist somit sowohl wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftspolitischen Herausforderungen gegenübergestellt.

Die Basis für jegliche Veränderung im Hinblick auf die Immobilienstrategie ist ein klares Verständnis der Ist-Situation. Darunter verstehen wir insbesondere die Organisations- und Kommunikationsstrukturen innerhalb der Verwaltung, die Immobilien selbst und die damit verbundenen Facility Management Services. Diese sind zu erfassen und zu analysieren. Außerdem sollten bei allen Überlegungen die Komponenten Personalentwicklung und ITUnterstützung berücksichtigt werden, nicht nur als Ist-Zustand, sondern mit Blick in die Zukunft.

Flächenmanagement als Instrument zur Optimierung des Immobilienbestands

Durch ein aktives strategisches Flächenmanagement können sowohl kurz- als auch langfristig Optimierungspotenziale gehoben werden, die insgesamt zu einer Konsolidierung des Immobilienbestands und zur Reduzierung von Immobilienkosten beitragen. Grundlage dafür ist eine übergeordnete Immobilienstrategie und eine stabile Datenlage in Bezug auf die Gebäudequalität und die tatsächliche Nutzung der Immobilien. Beispiele für kurzfristige Maßnahmen sind eine Belegungsoptimierung sowie das Aufdecken und Nutzen von Leerstands-/Reserveflächen bzw. nicht optimal genutzten Flächen. Diese können mit geringen Investitionskosten bereits einen großen Werthebel beinhalten. Für die Entwicklung von passenden, modernen Arbeitsplatzkonzepten ist Flächenmanagement ebenso eine Grundvoraussetzung. Solche Konzepte setzen auf eine flexible Nutzung von Raum und Flächentypen in Abhängigkeit von der konkreten Tätigkeit auf. Auf Basis der überordneten Immobilienstrategie und in Verbindung mit aktuellen Arbeitsplatzkonzepten können durch den Einsatz von aktivem Flächenmanagement die Nutzungskosten mittellangfristig nachhaltig optimiert und eine Steigerung der Nutzungsqualität erreicht werden. Die Nutzungsqualität wird dabei nicht nur durch das Layout der Flächen und deren Ausstattung definiert, sondern durch eine Vielzahl von Faktoren, die die Wahrnehmung der Flächen bestimmen und damit zum Wohlbefinden der Nutzer in den Räumen beitragen. Beispielhaft sind hier zu nennen: ► Flexibilität der Flächennutzung ► Raumklima, Beleuchtung, Raumakustik ► Möglichkeiten einer gesundheitsfördernden Ausgestaltung der Flächen ► Gestaltung der Facility Services ► IT-Ausstattung der Flächen ► Mikro-/ Makrostandort der Immobilie (Anbindung an Verkehrsnetze, ÖPNV, Einkaufmöglichkeiten, Restaurants)

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Neben den Nutzungskosten und der Gebäudequalität sollten daher die o. g. Faktoren beim strategischen Flächenmanagement und bei Standortentscheidungen berücksichtigt werden.

Moderne Arbeitsplatzkonzepte Ziel moderner Arbeitsplatzkonzepte ist eine Abkehr von starren Bürostrukturen, hin zu

mehr Flexibilität, vielfältigen Nutzungsangeboten und einer wahrnehmbar höheren Nutzungsqualität. Aktuelle Studien stellen fest, dass der Arbeitsplatz durch Digitalisierung und Standardisierung von Prozessen zukünftig vermehrt zur Kommunikation und Abstimmung im Team genutzt wird. Außerdem wird unmittelbare, persönliche Kommunikation von Experten effektiver eingeschätzt als schriftliche Kommunikation. In modernen Arbeitsplatzkonzepten wird daher ein Fokus auf offene Flächen und Raum für formelle und informelle Kommunikation gesetzt, während gleichzeitig ausreichend Rückzugsflächen für konzentrierte Einzelarbeit bereitgestellt werden müssen. Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Flächentypen ist individuell für jede Abteilung zu ermitteln.

Durch den aktitvitätsorientierten Planungsansatz („activity-based-working“) leitet sich die konkrete Ausgestaltung der Flächen unmittelbar aus den Anforderungen und der Arbeitsweise der Mitarbeiter ab. Ziel ist die Einbettung der Arbeitsprozesse in die passende Büroumgebung. Im Rahmen von Vor-Untersuchungen wird dabei untersucht, welche Flächentypen in welchem Umfang bereitgestellt werden sollen, beispielsweise Flächen für ► Einzelarbeit (vertraulich, mit/ohne Papier, konzentriert/ ungestört/ ansprechbar) ► Zusammenarbeit (vertraulich/ ungestört/ ansprechbar, geplant/ spontan) ► Telefonate (einzeln/ im Team, vertraulich) Ebenso wird untersucht, wie die Kommunikationswege zwischen den Abteilungen verlaufen und welche weiteren Anforderungen an die Flächen bestehen (Ablage- und Archivflächen, Sicherheitskonzept, Services, etc.).

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In einem unserer aktuellen Projektbeispiele, der EASA in Köln, wurde eine Arbeitsgruppe bestehend aus je einem Vertreter der Abteilungen gegründet, um an der Entwicklung des Konzeptes mitzuwirken. Nach der Bedarfsermittlung wurde untersucht, welche Arbeitsund Büroformen grundsätzlich geeignet sind. Diese wurden anschließend exemplarisch in Grundrissen dargestellt und mit der Arbeitsgruppe in mehreren Runden diskutiert und konkretisiert. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, um ein schrittweises Herantasten an die richtige Lösung mit intensiver Diskussion von Vor- und Nachteilen der verschiedenen Varianten zu ermöglichen. Zudem wurde bereits in diesem Rahmen über ggf. erforderliche Anpassungen der medientechnischen Ausstattung und der Möblierung gesprochen. Im Fall der EASA hat man sich im Ergebnis für eine Umstellung von Zellenbüros hin zu einem Open Space-Konzept entschieden.

Nutzermanagement – Erfolgsfaktor für die Umsetzung neuer Arbeitsplatzkonzepte

Die verschiedenen Elemente moderner Arbeitsplatzkonzepte – Open Space Flächen, Flexibilisierung des Arbeitsorts und die Digitalisierung von Prozessen – führen zu tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitskultur. Die Erfahrung mit der Umsetzung von neuen Arbeitsplatzkonzepten hat gezeigt, dass neben einem attraktiven Design und einem passenden Flächenlayout, die Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern in den Prozess der Arbeitsplatzgestaltung wesentlich für den Erfolg der Maßnahmen ist. Wir haben bei der EASA im Rahmen des Nutzermanagements die Erfahrung gemacht, dass so die neuen Konzepte mitgetragen und die Veränderungen eine deutlich höhere Akzeptanz unter den Mitarbeitern finden. Kernelement des Nutzermanagements ist es, die Nutzer frühzeitig und aktiv an der Ausgestaltung der neuen Flächen zu beteiligen. Das Nutzermanagement erfolgt daher eng verzahnt mit dem Projektmanagement:

In unserer Beratungspraxis erleben wir, dass die Erfassung von Nutzerbedarfen und Veränderungswünschen in Interviews oder Umfragen sowie die gemeinsame Diskussion von Entwürfen und Arbeitsständen mit „Botschaftern“ aus dem Mitarbeiterkreis zur Akzeptanz von Veränderungen beiträgt. Dabei geht es insbesondere um die Diskussion von Verhaltensweisen und die angestrebte Nutzung von neuen Flächentypen und Veränderungen bei der IT-Ausstattung. Es hat sich gezeigt, dass intensive Diskussionen in Workshop-Gruppen, sowie eine Muster-Bürowelt positive Impulse für die Veränderungsbereitschaft erzeugen. Informationen im Intranet, einer Mitarbeiterzeitschrift oder durch Ansprache von Führungskräften stellen die Information von breiten Mitarbeitergruppen sicher. Das Vorbildverhalten von Führungskräften als Visions- und Zielvermittler für die geplanten Veränderungen ist in diesem Zusammenhang wesentlich. Unsere Projekterfahrungen bei der EASA zeigen, dass ein transparentes, umfassendes Kommunikationskonzept und unmittelbare Einflussmöglichkeiten der Mitarbeiter zwar einen geringfügig höheren Aufwand bei der Projektumsetzung darstellen, diese aber die Kernelemente für die erfolgreiche Transformation der Arbeitswelt sind.

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Ebenso wichtig wie die Betreuung während der Transformation ist jedoch ein fortgeführtes Nutzermanagement nach dem Übergang der Flächen in die reguläre Nutzung. Dies dient insbesondere dazu, die Nutzerzufriedenheit und die Nutzungsintensität der verschiedenen Flächen zu erfassen. Hieraus kann sich Nachsteuerungsbedarf ergeben, der sowohl kleine Details der Nutzererfahrung betreffen kann, wie die Einstellung der Raumtemperatur oder der Kaffeemaschine, aber auch bei einzelnen Abteilungen zu einer Anpassung des FlächenLayouts führen kann, wenn beispielsweise mehr Archivflächen oder Projekträume benötigt werden, als ursprünglich angenommen. Auch hierbei können Umfragen gut für eine breite Information und ein umfassendes Feedback zu den durchgeführten Maßnahmen genutzt werden.

Fazit Büroarbeit wird zukünftig örtlich und zeitlich flexibler, an den individuellen Anforderungen der Nutzer orientiert und nachhaltiger im Hinblick auf die Flächennutzung und das Wohlbefinden der Mitarbeiter ausgestaltet sein. Für die öffentliche Hand wird die Gestaltung moderner Arbeitsplatzkonzepte ein Kernfaktor bei der Anwerbung von Fachkräften und bei der Erbringung von serviceorientierten, bürgernahen Dienstleistungen sein. Wer seine Arbeit individuell gestalten kann, erlebt eine höhere Work-Life-Balance und ist motivierter. Die Erarbeitung solcher Konzepte ist mit Herausforderungen für die öffentliche Hand verbunden, die derzeit überwiegend klassische Arbeitszeitmodelle und Arbeitsplatzkonzepte nutzt. Hierbei sind 3 wesentliche Punkte zu beachten: ► Implementierung eines aktiven Flächenmanagements ► Konzeptionierung von Arbeitsplatzkonzepten, die den Mitarbeiter und die Arbeitsprozesse ins Zentrum der Planung rücken ► Begleitung der Umsetzung durch ein umfassendes Nutzermanagement Ein aktives Flächenmanagement sowie die Bereitstellung moderner Arbeitsplätze gehen Hand in Hand, wenn es darum geht, den Grundsätzen des Haushaltsrechts gerecht und als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.g Ansprechpartner Anna Schümann Ernst & Young Real Estate GmbH Telefon +49 211 9352 10067 [email protected] Eva Heddergott Ernst & Young Real Estate GmbH Telefon +49 211 9352 18 278 [email protected]

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MwSt – Partielle Nutzungsänderung bei Immobilien Mehrwertsteuerpflichtige Unternehmen werden spätestens dann mit dem Thema der mehrwertsteuerlichen “Nutzungsänderung“ konfrontiert, sobald sie die Nutzung eigener Vermögenswerte verändern. Eine Veränderung der Nutzungsverhältnisse kann insbesondere bei Immobilien unbeabsichtigte und weitreichende MwSt-Folgen auslösen. Vollumfängliche und partielle Eine vollumfängliche Nutzungsänderung tritt für die Immobilie ein, wenn diese nach der Nutzungsänderung Nutzungsänderung ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten oder ausschließlich für von der MwSt ausgenommene oder nicht unternehmerische Tätigkeiten verwendet wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine bisher ohne Option vermietete Geschäftsimmobilie neu mit Option vermietet wird.

Eine partielle Nutzungsänderung liegt z. B. dann vor, wenn sich das Verhältnis der Nutzung einer teilweise mit Option und teilweise ohne Option vermieteten Immobilie ändert (die Optionsquote steigt von 50 % auf 60 % und damit die Vorsteuerabzugsquote für die nicht direkt zuordenbaren Gebäudeinvestitionen).

Methoden zur Ermittlung der Während für die Ermittlung der Vorsteuerkorrekturen als Folge von vollumfänglichen partiellen Nutzungsänderungen Nutzungsänderungen lediglich die effektive Methode zur Verfügung steht, so hat das

steuerpflichtige Unternehmen für partielle Nutzungsänderungen ein Wahlrecht hinsichtlich der Methode: Neben der effektiven Ermittlungsmethode akzeptiert die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) auch die Ermittlung und Deklaration der Vorsteuerkorrektur mittels annäherungsweiser Methode aus Vereinfachungsgründen.

Effektive Ermittlung der partiellen Wendet eine steuerpflichtige Person die effektive Ermittlungsmethode an, so sind sämtliche Nutzungsänderung partiellen Nutzungsänderungen steuerwirksam. Dies bedeutet, dass am Ende jedes Steuerjahrs das Nutzungsverhältnis pro Immobilie ermittelt und mit der Vorjahresnutzung verglichen wird. Eine Veränderung der Vorsteuerabzugsquote im Vergleich zum Vorjahr löst eine Vorsteuerkorrektur auf dem MwSt-Zeitwert der Investitionskosten für das einzelne Objekt aus, welche gegenüber der ESTV mittels Vorsteuerkorrektur Eigenverbrauch oder Einlageentsteuerung abgerechnet wird. Beispiel effektive Ermittlung: Jahr

0 1 2

Anteil für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten 50% 35% 65%

Anteil für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten 50% 65% 35%

Nutzungsänderung ---1 -15%2 +30%3

1

Es erfolgt eine prov. / def. Vorsteuerkorrektur von 50 % bei Erwerb.

2

Der Anteil für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten nimmt ab, es ist eine Vorsteuerkorrektur Eigenverbrauch im Umfang von 15 % (35 % – 50 % = -15 %) auf dem MwStZeitwert des Jahres 1 (=95 % der Investition) vorzunehmen.

3

Der Anteil für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten nimmt wieder zu, es kann eine Einlageentsteuerung im Umfang von 30 % (65 % – 35 % = 30 %) auf dem MwSt-Zeitwert des Jahres 2 (= 90 % der Investition) vorgenommen werden.

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Annäherungsweise Ermittlung der Bei Anwendung der annäherungsweisen Ermittlungsmethode sind partielle Nutzungspartiellen Nutzungsänderung änderungen erst dann steuerlich zu deklarieren, wenn sich das Nutzungsverhältnis im

Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 % verändert (= Toleranzgrenze). Ist die Toleranzgrenze überschritten, wird allerdings als Basis für die Berechnung der Nutzungsänderung die Vorsteuerquote der letzten steuerrelevanten Nutzung herangezogen (Vorsteuerquote bei Erwerb oder letztmalig abgerechneter Vorsteuerkorrektur). Die Differenz zwischen den beiden Vorsteuerquoten stellt den Prozentsatz dar, mit welchem die Vorsteuerkorrektur auf dem aktuellen Zeitwert der Investitionen berechnet und deklariert wird. Beispiel annäherungsweise Ermittlung:

Jahr Anteil für zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten 0 50% 1 35% 2 65%

Anteil für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Tätigkeiten 50% 65% 35%

Nutzungsänderung ---1 -15%2 +30%3

1

Es erfolgt eine prov. / def. Vorsteuerkorrektur von 50 % bei Erwerb.

2

Die Toleranzgrenze von 20 % wird nicht überschritten, es erfolgt keine Vorsteuerkorrektur Eigenverbrauch.

3

Die Toleranzgrenze von 20 % wird im Vergleich zum Vorjahr überschritten, es kann eine Vorsteuerkorrektur Einlageentsteuerung im Umfang von 15 % (65 % – 50 %) auf dem MwSt-Zeitwert des Jahres 2 (= 90 % der Investition) vorgenommen werden.

Auch mit der annäherungsweisen Ermittlungsmethode rechnet das steuerpflichtige Unternehmen im Falle einer vollumfänglichen Nutzungsänderung ohne Rücksicht auf die Toleranzgrenze eine Vorsteuerkorrektur Eigenverbrauch oder Einlageentsteuerung ab.

Stillschweigende Wahl der Methode zur Ermittlung von partiellen Nutzungsänderungen

Bei erstmaligem Eintreten einer partiellen Nutzungsänderung (nach Erwerb) entscheidet sich die steuerpflichtige Person für eine der beiden Ermittlungsmethoden (annäherungsweise oder effektiv). Liegt eine partielle Nutzungsänderung von 20 % oder weniger vor und deklariert die steuerpflichtige Person keine (effektive) Vorsteuerkorrektur, so erfolgt die Wahl für die annäherungsweise Methode stillschweigend. Die gewählte Methode ist für mindestens fünf Jahren beizubehalten.

Methode zur Ermittlung von partiellen Nutzungsänderungen pro Steuersubjekt

Die gewählte Ermittlungsmethode für partielle Nutzungsänderungen gilt nach aktueller Auffassung der ESTV für alle Vermögenswerte einheitlich und kann nicht pro Immobilie gewählt werden: Dies folgt aus der Äußerung der ESTV zur MwSt-Gruppe, wonach ein Steuersubjekt für seine Vermögenswerte lediglich eine einheitliche Methode zur Ermittlung der partiellen Nutzungsänderung für sämtliche Vermögenswerte anwenden kann (MwSt-Info 10, Nutzungsänderungen, Ziff. 5).

Wechsel der Methode zur Ermittlung Nach Ablauf von mindestens fünf Jahren kann die steuerpflichtige Person die Ermittlungsvon partiellen Nutzungsänderungen methode wechseln. Mit einem Wechsel von der annäherungsweisen zur effektiven Methode erfolgt eine „abschließende“ Vorsteuerkorrektur gemäß den Regeln der annäherungsweisen Methode, auch ohne Überschreiten der Toleranzgrenze von 20 %.

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Tipps und Trends Schweiz

Auswirkungen auf die Übernahme Kontrovers wird in der Praxis diskutiert, welche Auswirkung die Anwendung der annäheeiner Immobilie im Meldeverfahren rungsweisen Ermittlungsmethode für partielle Nutzungsänderungen durch den Verkäufer

anlässlich der Übertragung einer (gemischt genutzten) Immobilie im Meldeverfahren hat. Einerseits übernimmt im Meldeverfahren die erwerbende Person die Bemessungsgrundlage und den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Verwendungsgrad der Immobilie von der veräußernden Person (MwSt-Info 10, Nutzungsänderungen, Ziff. 6; MwSt-Info 11, Meldeverfahren, Ziff. 5.2). Andererseits ist – nach aktueller Auffassung der ESTV – die annäherungsweise Ermittlungsmethode für partielle Nutzungsänderungen auf das Steuersubjekt als solches bezogen (MwSt-Info 10, Nutzungsänderungen, Ziff. 5). ► Muss nun die eine Immobilie veräußernde Person die aufgrund der annäherungsweisen Ermittlung bisher latent aufgeschobene Vorsteuerkorrektur gegenüber der ESTV abrechnen? ► Oder übernimmt die erwerbende Person durch das Meldeverfahren zusammen mit der MwSt-Historie für die gemischt genutzte Immobilie auch die bisherige annäherungsweise Ermittlungsmethode inkl. latenter Vorsteuerkorrektur mit den entsprechenden Risiken und Chancen? Die Frage, welche Partei anlässlich des Meldeverfahrens von Immobilien die aufgeschobene Vorsteuerkorrektur als Folge der annäherungsweisen Ermittlungsmethode für partielle Nutzungsänderungen des veräußernden Unternehmens gegenüber der ESTV abzurechnen hat, wird in der Praxis kontrovers diskutiert und schafft entsprechende Rechtsunsicherheit.

Schlussfolgerung Gerade mit Blick auf Immobilientransaktionen empfehlen wir sowohl der veräußernden wie

auch der übernehmenden Partei, sich frühzeitig eine Übersicht zu verschaffen und gegebenenfalls entsprechende Vorkehrungen für MwSt-Zwecke und Vertragsvereinbarungen zu treffen. Ebenso sollte beim Entscheid, die Vorsteuerkorrektur bei partiellen Nutzungsänderungen mittels effektiver oder annäherungsweiser Methode zu ermitteln, nicht nur die aktuelle Nutzung und die voraussichtlichen Änderungen der Nutzungsquoten, sondern auch eine mögliche zukünftige Übertragung von Immobilien im Meldeverfahren berücksichtigt werden.g Ansprechpartner Susanne Gantenbein Ernst & Young AG Telefon +41 58 286 6344 [email protected] Roger Jaun Ernst & Young AG Telefon +41 58 286 6321 [email protected] Jan Widmer Ernst & Young AG Telefon +41 58 286 6327 [email protected]

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Wie gehen Sie mit personenbezogenen Daten um? Erfahren Sie mehr über EY-DatenschutzmanagementServices Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung stellt bedeutend strengere Anforderungen an den Datenschutz als das bisherige Datenschutzgesetz 2000. Daraus resultierend steigen das Haftungsrisiko und die damit zusammenhängenden Strafen für öffentliche Einrichtungen enorm. Ein angemessener Umgang mit personenbezogenen Daten ist daher zwingend notwendig. Fehlende Prozesse sowie unklar definierte Verantwortlichkeiten führen zu möglichen Risiken in Bezug auf die Verletzung von Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit personenbezogener Daten sowie der Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften. Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinheitlicht das Datenschutzrecht innerhalb Europas, um das Schutzniveau generell zu erhöhen und dem Einzelnen mehr Kontrolle über seine Daten zu verschaffen. Entsprechend gelten künftig in allen EU-Staaten die gleichen hohen Standards hinsichtlich Datenschutz, die von öffentlichen Einrichtungen verpflichtend zu erfüllen sind. Die DSGVO stärkt die Eigenverantwortung der öffentlichen Einrichtungen, erhöht allerdings den technischen und organisatorischen Aufwand. Sie birgt auch enorme Risiken − eine Strafe von bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes bei Verstößen kann existenzbedrohlich sein − und geplante Vor-Ort-Prüfungen der Behörde machen solche viel wahrscheinlicher. Unter Berücksichtigung der zweijährigen Übergangsfrist müssen ab Mai 2018 unter anderem die folgenden Anforderungen hinsichtlich Datenschutz von öffentlichen Einrichtungen erfüllt sein: ► angemessene Prozesse zur Meldung von Datenschutzvorfällen ► Führung eines Verfahrensverzeichnisses ► Schutz personenbezogener Daten durch geeignete technische Sicherheitsvorkehrungen ► Durchführung von Privacy-Impact-Assessments

Fit oder nicht? ► Sind Ihnen alle gesetzlichen Anforderungen und Verpflichtungen betreffend Datenschutz bewusst?

► Sind geeignete Maßnahmen vorhanden, um personenbezogene Daten angemessen zu schützen? ► Existiert eine Datenschutzrichtlinie, die allen Mitarbeitern bekannt ist? ► Ist Ihnen bewusst, welche Ihrer Prozesse personenbezogene Daten erheben/verarbeiten? ► Sind Ihre Daten im Falle eines Datenverlusts innerhalb einer angemessenen Zeit wiederherstellbar? Wenn Sie eine dieser Fragen mit Nein beantwortet haben, sollten wir uns näher über das Thema Datenschutzmanagement unterhalten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

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Tipps und Trends Österreich

Abb.: Beispiel eines strukturierten Datenschutzmanagementsystems − wir unterstützen Sie in allen Bereichen rund um ein ganzheitliches DSMS

EY: Unser Ansatz Ein Datenschutzmanagementsystem (DSMS) stellt die Gesamtheit aller dokumentierten und implementierten Regelungen, Prozesse und Maßnahmen dar, mit denen der datenschutzkonforme Umgang mit personenbezogenen Daten in öffentlichen Einrichtungen systematisch gemanagt wird. EY und EY Law unterstützen beim Aufbau eines DSMS in öffentlichen Einrichtungen, um den Anforderungen gemäß EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu entsprechen. Zunächst führen wir eine Ist-Analyse durch, um den aktuellen Zustand des vorhandenen Datenschutzmanagementsystems zu erheben. Ein gap assessment zeigt Abweichungen zu den gesetzlichen Anforderungen auf und stellt die erforderlichen Maßnahmen übersichtlich dar. Aufgrund der gewonnenen Informationen aus der Ist-Analyse und dem gap assessment können wir Ihnen die für Ihre öffentliche Einrichtung sinnvollsten Handlungsoptionen aufzeigen. Im Anschluss daran unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der vorab definierten Handlungsfelder, um ein strukturiertes Datenschutzmanagementsystem zu etablieren.

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Tipps und Trends Österreich

Wertbeitrag durch unseren Service Durch unsere disziplinübergreifende Zusammenarbeit zwischen Prozess-, IT- und Rechts-

beratung bieten wir Ihnen einen in Österreich einzigartigen Service, da wir Ihnen Lösungen aus einer Hand mit integrierten organisatorischen, technischen und rechtlichen Kompetenzen bieten. ► Ableiten der relevanten Anforderungen aus der EU-Datenschutzgrundverordnung ► Durchführen von Datenschutz-Compliance-Audits (z. B. gap assessments), um den Compliance-Status zu ermitteln ► Konzipieren und Einführen eines ganzheitlichen Datenschutzmanagementsystems (DSMS) ► Identifizieren der Prozesse, die personenbezogene Daten verarbeiten ► Erstellen der notwendigen Dokumentation der Datennutzung (Verfahrensverzeichnis) ► Sicherstellen technischer und organisatorischer Datensicherheitsmaßnahmen ► Erarbeiten und Aktualisieren von policies ► Erarbeiten eines Data-Breach-Konzepts für den Ernstfall ► Entwickeln von Abläufen zur Wahrung von Betroffenenrechten (Auskunfts-, Richtigstellungs- und Löschpflichten) ► Konzipieren und Durchführen von Awareness-Schulungen Ihre zuständigen EY-/EY Law-Berater beantworten Ihnen gerne Ihre Fragen und freuen sich auf den persönlichen Kontakt mit Ihnen. g Ansprechpartner Gottfried Tonweber Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. Telefon +43 1 21170 1145 [email protected] Thomas Steiner Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. Telefon +43 1 21170 1120 [email protected] Thomas Breuss EY Law – Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH Telefon +43 1 26095 2113 [email protected] Dr. Christian Horak Contrast EY Management Consulting GmbH Telefon +43 1 21170 1903 [email protected]

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Termine

EU-Beihilfenrecht für Kommunen und kommunale Unternehmen Veranstaltung in Kooperation mit dem Hessischen Städtetag und dem Deutschen Städtetag 21. März in Eschborn und 30. März in Dortmund Das EU-Beihilfenrecht hat weiterhin eine erhebliche Bedeutung für die kommunale Praxis. Ohne finanzielle Zuwendungen der öffentlichen Hand wären viele Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und die Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur nicht möglich. Ziel unserer Veranstaltung ist es, einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung und Entscheidungspraxis der EU-Kommission zu geben, aber auch praktische Handlungshinweise zum Beispiel zu den im Rahmen der Umsetzung der beihilferechtlichen Instrumente bestehenden Anzeige- und Meldepflichten bei der EU-Kommission. Aufgrund der hohen praktischen Relevanz des EU-Beihilfenrechts für die Finanzierung der kommunalen Daseinsvorsorge veranstalten wir unsere Informationsveranstaltung hierzu in Eschborn in Kooperation mit dem Hessischen Städtetag und in Dortmund in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag. Im Rahmen unserer Veranstaltungen erhalten Sie damit Gelegenheit, sich mit Herrn Dr. Risch, dem zuständigen Referatsleiter beim Hessischen Städtetag, und Frau Barbara Meißner, der Hauptreferentin des Deutschen Städtetags, austauschen. Außerdem haben wir mit Frau Anja Köhler eine Referentin aus dem EU-Beihilfenreferat des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen, als Referentin gewonnen. Selbstverständlich stehen Ihnen zudem unsere Experten von EY zur Verfügung. Im Rahmen unserer Mandantenveranstaltung werden u. a. folgende Referenten sprechen: ► Hans-Peter Busson, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ► Gabriele Kirchhof, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ► Frau Barbara Meissner, Deutscher Städtetag ► Frau Anja Köhler, Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ► Herr Dr. Risch, Hessischer Städtetag ► Herr Lars Scheider, Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement, Stadtkämmerei Frankfurt a.M. ► Susanne Müller-Kabisch, Ernst & Young Law GmbH ► Wolfram Gierer, Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Bitte wenden Sie sich bei Interesse an: [email protected]

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Termine

Mandantenfrühstück Exportkontrolle 2017 Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Unternehmenspraxis 15.03. (Eschborn), 20.03. (Düsseldorf), 21.03. (Hamburg), 22.03. (Hannover), 27.03. (Berlin), 28.03. (Dresden), 31.03. (München), 04.04. (Stuttgart), 05.04. (Mannheim) In unseren Veranstaltungen greifen wir in bewährter Weise aktuelle Themen aus organisatorischer und inhaltlicher Perspektive auf. Themenschwerpunkte werden sein: ► Aktuelle Entwicklungen EU und USA (u.a. Iran-Embargo) ► Exportkontrollklassifizierungen: Lösungsansätze für die Praxis ► Technologietransfer: Zukunftsthema in der Exportkontrolle ► Interne Organisation und IT-Einsatz: Aktuelle Best Practice-Ansätze Ausfuhrverantwortliche, Leiter Tax/Indirect Tax, Exportkontrollbeauftragte, Trade Compliance-Verantwortliche, Mitarbeiter von Rechts- und Compliance-Abteilungen sowie der internen Revision, die sich mit Exportkontrollthemen befassen, haben hier die Möglichkeit, sich exklusiv von unseren Fachleuten über Best-Practice-Ansätze informieren zu lassen und untereinander auszutauschen. Referenten werden Rafik Ahmad und weitere EY-Kollegen sein. Wir würden uns freuen, Sie bei einer unserer Veranstaltungen begrüßen zu dürfen. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an: [email protected]

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Termine

EY als Co-Veranstalter/Partner bei der „Innovate“, dem Kongress für innovatives Public Management in Wien Die „Innovate“ findet am 24. April 2017 an der Wirtschaftsuniversität Wien statt. Dieser Kongress wird vom Bundeskanzleramt, der Stadt Wien, der WU Wien und einigen exklusiven Partnern, darunter auch EY, veranstaltet. Nach dem erfolgreichen Start im letzten Jahr werden darauf aufbauend aktuelle Innovationsthemen intensiver beleuchtet (z. B. Gov Labs). EY wird u. a. durch einen Beitrag zur Blockchain-Technologie vertreten sein. Nähere Informationen zum Programm und zur Anmeldung: [email protected]

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Termine

5. NRW-Abfallforum 2017 Erfolgreiche Zukunftsgestaltung in der Abfallwirtschaft aus rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht Veranstaltungstermin Donnerstag, 11. Mai 2017, 10.00 Uhr bis ca. 16.30 Uhr (Einlass ab 9.30 Uhr) Veranstaltungsort EY Köln, Konferenzzentrum auf der 6. Etage, Börsenplatz 1, 50667 Köln Wir laden Sie ganz herzlich zum diesjährigen NRW-Abfallforum in Köln ein! Bereits zum fünften Mal wird am Donnerstag, den 11. Mai 2017, unser jährliches NRWAbfallforum stattfinden. Bei dieser Veranstaltung werden wir aus Praxisvorträgen und Vorträgen zu aktuellen Themen einen Querschnitt zur aktuellen Entwicklung in der Abfallwirtschaft darstellen. Alle Referenten sind praxiserfahren und kennen die vielfältigen, besonderen Herausforderungen, vor denen der öffentliche Sektor und insbesondere die kommunale Entsorgungswirtschaft stehen. Wir freuen uns auf Ihr Kommen und darauf, gemeinsam mit Ihnen Zukunftsperspektiven für die kommunale Abfallwirtschaft zu entwickeln. Für die Teilnahme an der Veranstaltung wird ein Kostenbeitrag von 90 Euro (zzgl. Umsatzsteuer) erhoben. Wir freuen uns, Sie auf unserem 5. NRW-Abfallforum begrüßen zu dürfen. Gerne senden wir Ihnen unsere detaillierte Agenda und ein Anmeldungsformular zu. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an: Daniela Maus [email protected] Susanne Sebald [email protected]

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Termine

„Keine Stein bleibt auf dem anderen!?“ Vorankündigung 24. NPO-Kongress 10./11.10. in Wien Der NPO-Kongress wird in diesem Jahr zum 24. Mal vom Controller-Institut in Wien veranstaltet. Contrast EY fungiert hier als Hauptkooperationspartner. Mit dem diesjährigen Motto sollen die umwälzenden Veränderungen (Digitalisierung, Migration, etc.) und die damit verbundenen Herausforderungen für öffentliche Einrichtungen und gemeinnützige Organisationen in den Mittelpunkt gerückt werden. Welche neuen Aufgaben ergeben sich? Wie müssen sich die Organisationen ändern? Was bedeutet das für das Personal und die notwendige Infrastruktur? Das Detailprogramm wird im Juni 2017 veröffentlicht. Ansprechpartner: [email protected]

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Ansprechpartner

EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick

Deutschland Assurance Hans-Peter Busson Eschborn/Frankfurt am Main Telefon +49 6196 996 25271 [email protected] Tax Gabriele Kirchhof Köln Telefon +49 221 2779 25680 [email protected] Advisory Cornelia Gottbehuet München Telefon +49 89 14331 17232 [email protected]

Herausgeber Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Friedrichstraße 140 10117 Berlin Verantwortlicher Partner Prof. Dr. Bernhard Lorentz Berlin Telefon +49 30 25471 18135 [email protected] Redaktion Birgit Neubert Berlin Telefon +49 30 25471 21340 [email protected]

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Real Estate Dietmar Fischer Telefon +49 6196 996 24547 [email protected]

Schweiz Bernadette Koch Bern Telefon +41 58 286 77 52 [email protected] Österreich Elfriede Baumann Wien Telefon +43 1 211 70 1141 [email protected]

Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited.

Transactions Mattias Schneider Hamburg Telefon +49 40 36132 12413 [email protected]

Law Dr. Oliver Wittig Telefon +49 621 4208 20961 [email protected]

Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“.

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