Erfahrungsbericht - ERASMUS in Paris

Erfahrungsbericht - ERASMUS in Paris Ich habe zwei Semester lang in Frankreich an der „Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne“ Jura studiert. Die Betre...
Author: Rolf Schreiber
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Erfahrungsbericht - ERASMUS in Paris

Ich habe zwei Semester lang in Frankreich an der „Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne“ Jura studiert. Die Betreuungsperson in Freiburg war Frau Sybille Schneiders und in Paris der Erasmuskoordinator Mathieu Hulbert. Ich hatte am Anfang auch mit M. Mastrullo Kontakt, der für die Erasmusstudenten aus Deutschland zuständig ist. Im weiteren Verlauf konnte man sich aber an alle „professeurs délégués“ wenden, also alle Professoren, die sich um die Erasmusstudenten kümmern, unabhängig davon, ob sie einem zugeteilt waren oder nicht. Die Einschreibeformalitäten sind auf der offiziellen Webseite von Paris 1 zu finden. Die deutsche Leistungsübersicht muss zum Glück nicht auf Englisch übersetzt werden. Benötigt wird das Mindestsprachniveau B1. Es entspricht auch tatsächlich dem Mindestniveau, das man haben sollte. Wer noch besser Französisch spricht, wird sich an der Universität und vor allem in der Prüfungsphase wohler fühlen. Alle Dokumente muss man M. Mastrullo zuschicken. Er antwortet in der Regel auch relativ schnell. Vor dem Auslandsstudium ist es einem je nach Französischniveau anzuraten, einen Sprachkurs zu belegen.

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Ich habe während des Auslandsjahres folgende Veranstaltungen belegt: Semester 1: - Droit pénal général mit M. Chilstein: Dieses Fach entspricht unserem Strafrecht AT. Der Kurs war ganz gut, aber es ist nicht immer einfach, dem Professor zu folgen; ich habe den Kurs ausgewählt, um ihn mir für die französische Rechtsschule anrechnen zu lassen. - Droit constitutionnel mit M. Mathieu: Ein spannender Kurs!! Es ist leicht, Notizen zu machen, und der Prof ist sehr nett. Uns Erasmusstudenten hat er zwei Stunden Prüfung mit

einer Zusatzfrage genehmigt, obwohl die Franzosen nur eine Stunde hatten, damit wir uns das Fach für den großen Öff anrechnen lassen konnten. - Contentieux Européen mit Mme. Pingel: Diesem Kurs kann man ebenfalls leicht folgen, obwohl es ein Master 1 Kurs ist, dafür ist er sehr technisch. Es geht um den Aufbau und die Aufgaben des Europäischen Gerichtshofes. Am Schluss ist das sehr viel Stoff für die Prüfung, aber es ist doch machbar für Erasmusstudenten, den Kurs zu bestehen. - Philosophie du droit mit M. Soldini: Wer den Kurs auswählt, ist sich auf jeden Fall sicher, die Prüfung zu bestehen. Der Prof ist sehr freundlich und gibt die Examensfragen sogar im Voraus. Dadurch kommt es aber auch dazu, dass man öfters mal nicht zu seinem Kurs geht, um sich besser auf andere Fächer zu konzentrieren. - Histoire de la vie politique mit Mme. Gaiti: Ich fand diesen Kurs toll, um das Allgemeinwissen über Frankreich und seine Geschichte auszubauen. Der Professorin kann man leicht folgen und sie ist die Einzige, die ein Skript ins Internet stellt. Am Ende hat sich aber ebenfalls ziemlich viel Stoff für die Prüfung angesammelt. - Droit des obligations + TD mit Mme. Fabre-Magnan : Eine tolle Professorin!! Sie interessiert sich auch sehr für andere Rechtssysteme. Im ersten Semester geht es um Deliktsrecht, im zweiten um Vertragsrecht. Mir hat der Kurs sehr gefallen. Ob man ein TD auswählen möchte oder nicht, ist jedermanns eigene Sache. Persönlich finde ich, dass das TD einem überhaupt erst einen Einblick in das französische Universitätssystem gibt, außerdem wird das Fach viel vertiefter behandelt. Ich muss aber zugeben, dass ein TD natürlich mehr Arbeit im Laufe des Semesters macht, es ist aber auf jeden Fall zu bewältigen. Die Prüfung dauert hingegen länger und ist schwieriger. Dennoch: Ebenfalls zu bewältigen!

Semester 2: - Droit constitutionnel II mit M. Mathieu: Immer noch interessant und gut. Vom Stoff her wird vieles vom ersten Semester wiederholt, was das Ganze vereinfacht. - Droit des obligations + TD mit M. Dondero: Vertragsrecht habe ich weniger interessant gefunden als Deliktsrecht. Der Professor ist auch eine ziemliche Katastrophe in der Hinsicht als dass er dauernd abwesend und unorganisiert ist. Der Kurs ist aber okay.

- Droit européen mit M. Simon: Sehr guter Kurs. Ist auch normalerweise für den großen Öff anrechenbar, die Prüfung ist mündlich. - Systèmes politiques comparés mit M. Sacriste: Mündliche Prüfung, der Stoff ist einfach.

- Arbitrage international mit M. Bollée: Master 1 Kurs. Mündliche Prüfung. Der Prof ist humorvoll und redet langsam genug, damit man mitschreiben kann. Ich würde den Kurs aber trotzdem nicht weiterempfehlen, denn die Thematik ist komplex und es sammelt sich für die Prüfung sehr viel Stoff an. Das soll natürlich kein Hindernis sein, wenn man das Fach interessant findet.

- Actions et politiques de l'Union Européenne mit Mme. Rigaux : Master 1 Kurs. Mündliche Prüfung. Eine sehr dynamische Professorin, die aber unheimlich schnell redet. Man gleicht seine Notizen am besten mit denen eines französischen Studenten ab. Wenn man die Notizen zuhause noch einmal in Ruhe durchliest, merkt man, wie interessant der Unterrichtsstoff ist. Insgesamt empfehle ich den Kurs, aber am besten versucht man schon von Anfang an, die Zusammenhänge zu verstehen!. - Englischkurs: Nicht zu empfehlen. Der Kurs ist auch im vorletzten Niveau zu leicht, da lernt man lieber Französisch oder gar eine neue Sprache.

Neu wurde auch eingeführt, dass man Konferenzen besuchen und sich dafür 4 ECTS Punkte anrechnen lassen kann. Hier muss man allerdings auch darauf achten, tatsächlich vier Konferenzen zu besuchen. Für 3 Konferenzen z.B. gibt es keine 3 Punkte, sondern 0. Dieser Aufwand lohnt sich auf jeden Fall. Er ist minimal, die Konferenzen können zum Teil auch sehr spannende Themen haben und sie dauern nicht länger als 3 Stunden. Wenn man alle vier besucht hat (die Auswahl in diesem Semester lag bei ungefähr 7 Konferenzen), muss man mit den Bescheinigungen zu Frau Divol gehen (eine sehr beschäftigte Professorin, daher sollte man sich nicht in letzter Minute darum kümmern, ihre Unterschrift einzuholen) und anschließend zu M. Hulbert.

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Die Unterschiede zu dem deutschen Studiensystem sind groß. Erstens von den Vorlesungen, zweitens von den Prüfungen her.

Während der Vorlesungen spricht einzig der Professor. Es kommt aber auch mal vor, dass der Professor mit den Studierenden interagiert. In fast allen Kursen dürfen Fragen gestellt werden; dies kommt allerdings nicht so häufig vor. Die Studierenden schreiben auf ihrem Computer Wort für Wort mit, was der Professor sagt. Dies wird auch deswegen gemacht, weil keine Skripte im Internet zur Verfügung gestellt werden. Wer nicht zu allen Vorlesungen geht, muss Freunde haben, die für einen mitschreiben. Am Ende des Semesters beträgt der Kurs zwischen 70 und 100 Seiten. All dieser Stoff muss für die Prüfungen auswendig gelernt werden. In Frankreich belegen die Franzosen drei Fächer mit TDs und ungefähr drei oder vier Fächer ohne TD. Die TDs sind AG ähnlich. Dort geht es aber noch relativ schulisch zu. Man muss jede Sitzung vorbereiten, da man mündlich drangenommen werden kann. Auch müssen innerhalb des Semesters Mini-Hausarbeiten abgegeben werden. Zur Mitte des Semesters hin gibt es eine Probeklausur. Die Probeklausur macht 50 %, die mündliche Note 25 % und die Hausarbeiten 25 % der Endnote des TDs aus. Je nach TD-Leiter kann es sein, dass wöchentlich etwas abgegeben werden muss, oder aber auch kein einziges Mal während des ganzen Semesters. Bei Fächern ohne TD gibt es nur ganz normale Vorlesungen. Nun zu den Prüfungen. Für TD-Fächer beträgt die TD-Note in ihrer Gesamtheit 50 % der Gesamtnote und die Abschlussprüfung macht die restlichen 50 % aus. Die Abschlussprüfung dauert 3 Stunden. Dabei muss man entweder ein Urteil kommentieren, einen Aufsatz über ein vorgegebenes Thema schreiben oder einen Sachverhalt lösen. Für die Fächer ohne TD gibt

es

eine

einstündige

schriftliche

und

manchmal

eine

mündliche

Prüfung.

Erasmusstudierende haben des Öfteren eine mündliche Prüfung. Es werden innerhalb von zwei Wochen Prüfungen in allen 6 oder 7 Fächern abgelegt. Dies bedeutet oftmals viel Lernen in letzter Minute (in solchen Fällen ist es nützlich, ein TD belegt zu haben, da man sich dann eine zusätzliche Abschlussprüfung erspart). Dennoch: Es ist durchaus möglich, alle Prüfungen zu schaffen.

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Die Studienplanung, wie ich sie mir in Freiburg zurechtgelegt hatte, habe ich in Paris gänzlich umgeworfen. Dies ist innerhalb der zwei ersten Wochen an der Gastuniversität möglich. Die Gastuniversität schickt einem eine Liste der Fächer, die man auswählen kann. Hier muss man allerdings vorsichtig sein, denn Paris 1 unterlaufen gerne Fehler und es kann auch vorkommen, dass sie Fächer anbieten, die man dann anschließend doch nicht belegen kann. Insgesamt gibt es eine ziemlich große Auswahl an Fächern.

Von den belegten Fächern möchte ich mir Europarecht und Verfassungsrecht für den großen Öff anrechnen lassen, sowie Strafrecht, Zivilrecht und Verfassungsrecht für die französische Rechtsschule. In der Regel müsste dies auch möglich sein.

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Um vor Ort sein Französisch zu verbessern, werden während der Einführungswoche und während des Semesters Sprachkurse angeboten. Durch die Sprachkurse im Semester erhält man 2 ECTS Punkte. Dort herrscht allerdings Anwesenheitspflicht und man darf nicht mehr als drei Mal fehlen. Der Sprachkurs dauert 1,5 Std/Woche. Um mit anderen Franzosen in Kontakt treten zu können, würde ich zusätzlich zur Einschreibung in einen Sport- oder gemeinnützigen Verein raten.

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Vor Ort kümmert sich M. Hulbert um die Erasmusstudierenden. M. Mastrullo, mit dem man vor dem Aufenthalt Kontakt hat, sieht man anschließend nicht mehr. Eine Person, die oft weiterweiß, ist Frau Zamoun. Sie kümmert sich um die Franzosen des 3. Jahrgangs, hat aber oft als Einzige Antworten auf verwaltungstechnische Fragen. Ihr Büro befindet sich im 2. Stock des Pantheons. Ein guter Einstieg am Anfang des Jahres, wenn man noch niemanden kennt, ist es, bei den ISAP Veranstaltungen mitzumachen. Diese Gruppe organisiert Partys, Bartours oder kulturelle Besichtigungen. Mit tobeerasmusinparis.com und seinem netten Leiter Jeff kann man auch tolle Wochenenden außerhalb von Paris verbringen. Persönlich kann ich die Fahrt Normandie/Bretagne sehr empfehlen. Man kommt nicht allzu teuer bei weg und sieht innerhalb von zwei Tagen sehr viel. Allerdings herrscht eine klassenfahrtähnliche Stimmung, da man mit dem Bus unterwegs ist; das muss man mögen.

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Von Freiburg aus kommt man am Besten mit dem Auto (5 Std) oder mit dem Zug (2 Std 20 von Straßburg aus, wobei dies bald auf 1 Std 50 runtergesetzt wird) nach Paris. Allen, die den Zug benutzen, empfehle ich, die „carte jeune“ zu kaufen. Sie funktioniert wie die BahnCard 25. Auf solche teuren Strecken bekommt man oft sehr interessanten Rabatt. Außerdem kann die Karte benutzt werden, wenn man durch Frankreich reisen möchte. Sie kostet im Jahr 50 €, lohnt sich aber schnell. Die Zimmersuche in Paris ist bekanntlich nicht sehr einfach. Zu empfehlen sind Webseiten wie pap.fr (de particulier à particulier) oder sogar WG gesucht. Man kann natürlich auch versuchen, in das Heinrich Heine Haus zu kommen, dass eine direkte Verbindung mit der RER zur Uni hat. Auf eine Aufnahme jedoch sollte man sich nicht verlassen, da viele Kriterien erfüllt werden müssen, um angenommen zu werden. Die Zimmersuche lässt sich am besten vor Ort machen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. An Mietpreisen muss man zwischen 450 € (sehr selten) und 800 € rechnen. Hingegen kann von diesen horrenden Preisen ein gehöriger Anteil dank der CAF (caisse d’allocation familiale) abgesetzt werden. Man kann je nach Miete und eigene Lage mit einem Zuschuss von bis zu 200 € rechnen. Ich selbst habe mein Konto bei der Société générale eröffnet. Man muss nur zur Bank gehen und mit einmaligem Besuch ist die Sache geklärt. Ich empfehle, die Société générale rue Gay-Lussac aufzusuchen, da es dank einer Partnerschaft mit der Universität Paris 1 einen einmaligen Zuschuss von 80 € gibt. Das Konto kann man schriftlich sehr leicht kündigen. Die Angestellten erklären einem auch gerne, wie man dann vorgehen soll.

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Paris ist eine sehr teure Stadt, in der man mit der Zeit lernt, wo man besser einkaufen sollte und wo lieber nicht. Beispielsweise habe ich Obst und Gemüse nie beim Monoprix gekauft, da die Preise dort sehr hoch sind. Stattdessen lassen sich billige und gute Früchte bei den sogenannten „primeurs“ kaufen, also den Obst-und Gemüsehändlern. Für andere Einkäufe gilt die Regel: Leaderprice ist am billigsten, Monoprix oder Carrefour-express am teuersten. Ausgehen ist ebenfalls eine teure Angelegenheit. Ein Cappuccino kann bis zu 7€ kosten. Als Tipp: in der Nähe der Uni befindet sich ein Kaffee, dass sich „Thé Lichou“ nennt und wo der Cappuccino nur 3,50 € kostet… außerdem gibt es dort himmlische hausgemachte Kuchen.

Es wäre nicht unmöglich, mit weniger Geld in Paris auszukommen. Da man als Erasmusstudent aber gerne ausgeht und reist, muss man damit rechnen, dass die Kosten leicht in die Höhe schnellen können. Der günstigste Telefonanbieter in Frankreich ist Free. Man hat damit auch fast überall Netz. 2 Stunden Telefonieren und unbegrenztes Anzahl SMSen kostet 2 € pro Monat im Inland; (man kann auch das internationale Netz durch Anklicken auf der Webseite von Free und einmalige Vorauszahlung von 10€ günstig nutzen); unbegrenztes Telefonieren, Simsen und im Internet surfen kostet 20 € im Monat. Es gibt keine Mindestvertragslaufzeit, sodass sich am Ende des Erasmusjahres schriftlich sehr leicht kündigen lässt.

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Obligatorisch für die Einschreibung

ist eine Haftpflichtversicherung (assurance de

responsabilité civile). Man kann eine solche z.B. bei Matmut (in Partnerschaft mit LMDE, eine Versicherung für Studenten) abschließen, sie kostet 17 € im Jahr.

~ Zum Tanzen gehen kann ich wärmstens das Café Oz bei Denfert-Rocherau empfehlen. Es handelt sich um eine Tanzbar, wo der Eintritt von Montag bis Donnerstag umsonst ist (selten in Paris!!) sowie vor 21 Uhr am Freitag und Samstag. An Museen und Ähnlichem mangelt es in Paris nicht. Ich empfehle u.a. zu besichtigen: Versailles, die Katakomben, das musée d’Orsay, das musée de Rodin, die fondation Louis Vuitton, das musée du Quai Branly, das musée du Louvres, das musée Grévin, den cimetière Père Lachaise, und noch vieles mehr. Das günstigste Kino ist wahrscheinlich der UGC Cinécité Bercy bei der Metrohaltestelle Cour St Emilion, wo der Eintritt 4,50 € kostet. Ansonsten empfehle ich wärmstens dank der Bahnkarte „carte jeune“ und airbnb Städte rund um Paris zu besichtigen.

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Die öffentlichen Verkehrsmittel in Paris sind meiner Meinung nach sehr gut entwickelt. Innerhalb der intra-muros Zone hat man die Möglichkeit, sich mit dem Fahrrad, dem Bus, der Metro, der Straßenbahn oder der RER zu bewegen. Die Fahrräder kann man dank dem Velib zu einem fairen Preis ausleihen. Der Bus ist mein Lieblingsfortbewegungsmittel, da man jederzeit während der Fahrt nach draußen auf die wunderschöne Stadt schauen kann. An Metrolinien mangelt es nicht, sodass man überall hinkommt und innerhalb der intramuros Zone maximal 50 Minuten irgendwohin braucht. Die RER, den Bus, die Metro und die Straßenbahn kann man dank der carte navigo innerhalb der 5 Zonen, also auch außerhalb der intra-muros Zone, benutzen. Diese kostet im Jahr um die 350 €. Wenn man zwei Semester lang bleibt, lohnt sich dieser Kauf auf jeden Fall.

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Insgesamt

empfand

ich

mein

Erasmusjahr

trotz

vieler

Unruhen

(Attentate,

Demonstrationen…) als einen vollen Erfolg. Die Stadt ist wunderschön und es gibt immer etwas zu tun. In Paris kommt man dem französischen Flair wohl am nächsten.