Erfahrungen aus dem Vollzug: Das Sicherheitsdatenblatt in der Lieferkette

Erfahrungen aus dem Vollzug: Das Sicherheitsdatenblatt in der Lieferkette Laura Wilms, LIA.nrw Dr. Barbara Niemann, Bezirksregierung Arnsberg Überwa...
Author: Nikolas Hafner
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Erfahrungen aus dem Vollzug: Das Sicherheitsdatenblatt in der Lieferkette Laura Wilms, LIA.nrw Dr. Barbara Niemann, Bezirksregierung Arnsberg

Überwachung: Zuständigkeiten in Nordrhein-Westfalen MAIS NRW (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW) Abteilung „Arbeitsschutz, Arbeitsgestaltung“ Referat „Chemikaliensicherheit“ Überwachung chemikalienrechtlicher Regelungen Referat „Anlagen-, Betriebs- und Produktsicherheit“

u.a. Überwachung betrieblicher Gefahrstoffschutz

Bezirksregierung Dezernat 56

Überwachungsbehörde „vor Ort“ Chemikaliensicherheit * Betrieblicher Arbeitsschutz

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Organisationserlass der Ministerpräsidentin für die Aufgaben der Ministerien Zuständigkeitsverordnung „Arbeitsschutz, Technischer Gefahrenschutz“ Auffangzuständigkeiten der Bezirksregierungen nach § 8 LOG Dr. Barbara Niemann/ Laura Wilms

Überwachung: Zuständigkeiten in Nordrhein-Westfalen Überwachung betrieblicher Arbeitsschutz NRW: Bezirksregierungen Überwachung Chemikaliensicherheit NRW

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Überwachung: Zuständigkeiten in Nordrhein-Westfalen

Das LIA.nrw (Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW) berät und unterstützt die Landesregierung NRW und die Dienststellen des staatlichen Arbeitsschutzes in Fragen der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt, u.a. auch bei der Überprüfung von Sicherheitsdatenblättern

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Sicherheitsdatenblätter als Kommunikationsmittel Jeder Lieferant eines Stoffes oder eines Gemisches stellt dem jeweiligen Abnehmer ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung. Diese Verpflichtung gilt über sämtliche Stationen innerhalb der Lieferkette (Titel IV i.V. mit Anhang II, Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) Akteure in der Lieferkette, die als Lieferanten fungieren können: Hersteller/ Importeure Nachgeschaltete Anwender (z.B. Formulierer, Neuabfüller, „Umetikettierer“) Händler (Verkauf an berufsmäßige Verwender) 5

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Sicherheitsdatenblätter als Kommunikationsmittel

Abnehmer können sein: nachgeschaltete Anwender: Formulierer (Hersteller von Gemischen), Neuabfüller, „Umettiketierer“, d.h. Inverkehrbringer unter eigenem Namen Produzenten von Erzeugnissen, berufsmäßige Verwender,

Händler

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Sicherheitsdatenblätter als Kommunikationsmittel Ein gutes SDB unterstützt den nachgeschalteten Anwender: als Arbeitgeber: bei der Erfüllung der betrieblichen Anforderungen (ArbSchG/ GefStoffV) • Erstellung der Gefährdungsbeurteilung • Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen • Erstellung von Gefahrstoffverzeichnis und Betriebsanweisung • Expositionsüberwachung am Arbeitsplatz

als Formulierer/ Neuabfüller: zusätzlich bei der • Erfüllung der Anforderungen nach REACH bei der Erstellung eigener Sicherheitsdatenblätter 7

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Sicherheitsdatenblätter: Erfahrungen aus dem Vollzug Anlässe zur Überprüfung von SDB: • Im Rahmen der betrieblichen Überwachung (AN-Beschwerden, Unfälle, Regelüberwachung, Überwachungs-Programme), • Beschwerden nachgeschalteter Anwender bzw. Beauftragter im Betrieb (z.B. FaSi), • Beschwerden über chemikalienrechtliche Kennzeichnungsmängel: Anforderung von SDB • Mängelmitteilungen über andere Behörden (Hersteller/ Importeure im Aufsichtsbezirk) • Im Rahmen europäischer Überwachungsprogramme (Reach-en-force )

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Sicherheitsdatenblätter: Erfahrungen aus dem Vollzug Auswertung 2013 durch MAIS NRW: 111 SDB Stichprobe NW 2016 durch LIA NRW, 60 SDB (vorläufige Ergebnisse) Beurteilung nur auf Basis der Angaben im SDB, die Rezeptur wurde nicht überprüft. Nur aktuelle SDB (Erstelldatum 2011-2016) Es wurden fast ausschließlich SDB einbezogen, die bereits auf den ersten Blick Mängel aufwiesen. 9

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Beispiel: Sprache deutsch?

Sicherheitsdatenblatt: Sprache deutsch?

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitt 1: Bezeichnung des Stoffs bzw. des Gemisches und des Unternehmens

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitte 2/3: Mögliche Gefahren bzw. Zusammensetzung/Angaben zu Bestandteilen

Angaben teilweise nicht bewertbar, weil widersprüchliche Angaben SDB/ Technisches Merkblatt/ Etikett, Abweichungen von Legaleinstufungen ohne Begründung, große Konzentrationsbereiche der einzelnen Inhaltsstoffe, bzw. Maximalgehalt gefährlicher Inhaltsstoffe extrem hoch (>200%), Angaben zu physikalisch/chemischen Eigenschaften oder toxikologischen Daten nicht in Abschnitt 2/3 berücksichtigt (z.b. extremer pH-Wert, Flammpunkt, LD50-/LC50-/EC50-Werte), Stoffname und Stoffidentifikationsnummer (z.B. CAS-Nummer) stimmen nicht überein. 13

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitte 4-8

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Beispiel: Abschnitt 5: Maßnahmen zur Brandbekämpfung

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Beispiel: Abschnitt 6: Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Beispiele: Abschnitt 8: Begrenzung und Überwachung der Exposition/Persönliche Schutzausrüstungen Angabe falscher Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) „Aufgrund fehlender Tests kann keine Empfehlung zum Handschuhmaterial abgegeben werden“ Angaben wie "Schutzbrille und Schutzkleidung tragen“, „Zweckmäßigen Atemschutz tragen“, oder „geeignetes Atemschutzgerät verwenden“ sind nicht hilfreich. 18

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Empfehlungen des Handschuhmaterials

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Beispiel: So könnte es aussehen…

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitte 9-16

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitt 9: Physikalische und chemische Eigenschaften Aus VO (EG) 2015/830: „Wird angegeben, dass eine bestimmte Eigenschaft nicht zutrifft, oder liegen keine Informationen zu einer bestimmten Eigenschaft vor, so ist dies zu begründen.“ „Damit angemessene Schutzmaßnahmen ergriffen werden können, sind alle relevanten Informationen zu dem Stoff oder Gemisch vorzulegen.“

Bei der Überprüfung 2016 wiesen fast alle SDB in diesem Abschnitt Mängel auf!

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitt 9: Physikalische und chemische Eigenschaften

Die Sache mit dem Geruch… „produktspezifisch“, „produkttypisch“ „charakteristisch“, „schwach charakteristisch“ „wahrnehmbar“ solche Angaben helfen nicht bei der Identifizierung des Stoffes/Gemisches! …vor allem wenn es sich um einen Raumduft mit Beeren- oder Vanillearoma handelt. Warum nicht „Vanille“ oder „Beere“ als Angabe?

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Abschnitt 10: Stabilität und Reaktivität - ein Beispiel für Widersprüche in SDB

Was ist mit den Basen, Oxidationsmitteln und Peroxiden?

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung Es gibt keine „harmlosen Fehler“ Beispiele: Tippfehler in der Notrufnummer Erste-Hilfe / Rettungsmaßnahmen Tippfehler in der CAS-Nummer falsche Zusammensetzung fehlerhafte Einstufung / Kennzeichnung … Tippfehler bei Angabe des Flammpunkts z. B. Verwechselung < 23°C / ≥ 23°C Tippfehler bei Angabe Dampfdruck / Siedepunkt

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Sicherheitsdatenblätter: Auswertung

Plausibilitätsprüfung von SDB: Hilfestellungen Anhang II der REACH-VO in seiner letzten gültigen Fassung (VO (EG) 2015/830) Kommentiertes Mustersicherheitsdatenblatt der BAuA http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/SDB/Muster/Muster.html

Leitlinien zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern der ECHA https://echa.europa.eu/de/guidance-documents/guidance-on-reach

Prüfung auf Inkonsistenzen: Abgleich der Angaben auf dem Etikett, im technischen Merkblatt und im SDB; Widersprüche innerhalb der Abschnitte des SDB Vergleich von SDB unterschiedlicher Lieferanten

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Pflichten für Ersteller von Sicherheitsdatenblättern: Nach Anhang II REACH muss das Sicherheitsdatenblatt die Verwender in die Lage versetzen, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Sicherheit am Arbeitsplatz sowie zum Schutz der Umwelt zu ergreifen. sind die Angaben im Sicherheitsdatenblatt klar und prägnant abzufassen, ist das Sicherheitsdatenblatt von einer sachkundigen Person zu erstellen, die die besonderen Erfordernisse und Kenntnisse des Verwenderkreises, soweit bekannt, berücksichtigt. Lieferanten von Stoffen und Gemischen müssen sicherstellen, dass diese sachkundigen Personen entsprechende Schulungen und auch Auffrischungslehrgänge erhalten haben. . 27

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Ratschläge an Ersteller von Sicherheitsdatenblättern: • Auswahl geeigneter sachkundiger Personen zur Erstellung von SDB (entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit),

• Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen und Auffrischungslehrgängen • Auswahl geeigneter Programme zur Erstellung von SDB mit entsprechenden Eingabemöglichkeiten Auf Verlangen der zuständigen Behörde ist die nach Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 geforderte Fachkunde für die Erstellung von Sicherheitsdatenblättern nachzuweisen ! (§18 Abs.4 GefStoffV). 28

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Nehmen Sie Ihre Rechte (und Pflichten) als nachgeschalteter Anwender wahr Aktive Kommunikation in der Lieferkette – abwärts und aufwärts, Bestehen Sie auf aktuelle / richtige Sicherheitsdatenblätter - „Return to sender“, Harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung: bei abweichender Einstufung / Kennzeichnung recherchieren http://echa.europa.eu/de/information-on-chemicals/cl-inventory*, Information der zuständigen Behörden, wenn Kommunikation in der Lieferkette nicht zum Erfolg führt.

* Datenbank enthält Informationen zur Einstufung und Kennzeichnung von angemeldeten und registrierten Stoffen, die Hersteller und Importeure übermittelt haben, einschließlich einer Liste harmonisierter Einstufungen. 29

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Chemikalien-Sanktionsverordnung Ordnungswidrigkeiten nach der VO (EG) Nr. 1907/2006 (REACH): Ordnungswidrig im Sinne des § 26 Absatz 1 Nummer 11 Satzteil vor Satz 2 des Chemikaliengesetzes handelt, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig entgegen Artikel 31 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils in Verbindung mit Absatz 5, 6 oder Absatz 8, ein Sicherheitsdatenblatt nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt. Gilt für alle Lieferanten innerhalb der Lieferkette!

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Der neue Bußgeldkatalog Chemikaliensicherheit „Wichtig ist, dass die Unternehmen, die sich an Recht und Gesetz halten, nicht gegenüber schwarzen Schafen benachteiligt werden. Zukünftig werden die Überwachungsbehörden noch stärker darauf achten, dass die Täter keine Vorteile aus der Verletzung von Chemikalienschutzvorschriften ziehen können.“ Arbeitsminister Rainer Schmelzer

https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mais/bussgeldkatalog-zumchemikalienrecht/2245 31

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