Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen Autorité indépendante d’examen des plaintes en matière de radio-télévision Autorità indipendente di ricorso in materia radiotelevisiva

_______________________________________________________________ b. 564

Entscheid vom 7. Dezember 2007 betreffend Schweizer Fernsehen: Berichterstattung über den America's Cup 2007, AlinghiLogo auf Mikrofonen; Eingabe von R vom 31. Juli 2007

Es wirken mit: Vorsitz:

Regula Bähler (Vizepräsidentin)

Mitglieder:

Paolo Caratti, Carine Egger Scholl, Barbara Janom Steiner, Heiner Käppeli, Alice Reichmuth Pfammatter, Claudia Schoch Zeller

Juristisches Sekretariat:

Pierre Rieder (Leiter), Marianne Rais Amrein _________________

Den Akten wird entnommen: A.

Der seit 1851 bestehende America's Cup ist die älteste und bekannteste internationale Segelregatta. Das Finale des America's Cup 2007 wurde wie üblich in mehreren Wettfahrten zwischen zwei Syndikaten ausgetragen. Neben der Titelverteidigerin Alinghi (Schweiz) konnte sich dafür das Team New Zealand qualifizieren. Das Schweizer Fernsehen (SF) berichtete in mehreren Spezialsendungen und den ordentlichen Sportsendungen umfassend über die Vorgeschichte, Hintergründe und die eigentlichen Rennen. Schon drei Tage vor dem Start zum America's Cup-Finale startete SF am 20. Juni 2007 mit „Alinghiaktuell“, dem America's Cup-Magazin. An den Renntagen begann SF jeweils mit einer Vorberichterstattung in „Alinghi – Countdown“, übertrug anschliessend die Regatta in „America's Cup Match“ und analysier-

-2-

te danach das Rennen in „Alinghi – Analyse“. Als Experte stand mit C ein ehemaliger Gewinner der Regatta den Moderatoren von SF bei. B.

Mit Eingabe vom 31. Juli 2007 erhob R (im Folgenden: Beschwerdeführer) gegen die erwähnte Berichterstattung Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (im Folgenden: UBI, Unabhängige Beschwerdeinstanz). Er beanstandet, SF habe Mikrofone verwendet, auf welchen neben dem eigenen Logo auch dasjenige von Alinghi sichtbar gewesen sei. Es handle sich dabei um unbezahlte Schleichwerbung und dies würde das Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen vom 24. März 2006 (RTVG; SR 784.40) verletzen. Der Eingabe des Beschwerdeführers lag auch der Bericht der zuständigen Ombudsstelle vom 30. Juli 2007 bei.

C.

In Anwendung von Art. 96 Abs. 2 RTVG wurde die SRG SSR idée suisse (im Folgenden auch Beschwerdegegnerin), vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Mayr von Baldegg, zur Stellungnahme eingeladen. In ihrer Antwort vom 18. Oktober 2007 beantragt sie, auf die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation nicht einzutreten, eventualiter sei diese vollumfänglich abzuweisen. Das teilweise sichtbare Alinghi-Logo betreffe im Lichte des Sachgerechtigkeitsgebots allenfalls einen Nebenpunkt und verletze auch nicht das Transparenzgebot.

D.

Dem Beschwerdeführer wurde die Stellungnahme der SRG am 25. Oktober 2007 zugestellt. Gleichzeitig wurden die Verfahrensbeteiligten informiert, dass die Beratung der Beschwerdesache öffentlich sein werde, es sei denn, schützenswerte Privatinteressen würden entgegenstehen (Art. 97 Abs. 1 RTVG).

E.

Denis Masmejan ist vor der Beratung der Beschwerdesache in den Ausstand getreten.

-3-

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz zieht in Erwägung: 1.

Die Eingabe wurde zusammen mit dem Ombudsbericht fristgerecht eingereicht und ist hinreichend begründet (Art. 95 Abs. 1 und 3 RTVG).

2.

Art. 94 RTVG umschreibt die Beschwerdebefugnis. Zur Beschwerde ist u.a. legitimiert, wer im Beanstandungsverfahren vor der Ombudsstelle beteiligt war, mindestens 18 Jahre alt ist, über das Schweizerbürgerrecht oder als Ausländer über eine Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung verfügt und eine Beschwerde einreicht, die von mindestens 20 weiteren Personen unterzeichnet ist, die ebenfalls zur Beschwerdeführung legitimiert wären, wenn sie selber an die Ombudsstelle gelangt wären (Art. 94 Abs. 2 und 3 RTVG; sogenannte Popularbeschwerde).

2.1

In der Eingabe des Beschwerdeführers fehlen die notwendigen Angaben und Unterschriften von mindestens 20 Personen, welche seine Beschwerde unterstützen. In ständiger Praxis räumt die UBI bei unvollständigen Laienbeschwerden den Beschwerde führenden Personen zusammen mit einem Hinweis auf die Legitimationsvoraussetzungen Gelegenheit zur Nachbesserung ein (Art. 52 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren, VwVG; SR 172.021). Sie hat den Beschwerdeführer eingeladen, nachträglich die Voraussetzungen für eine Popularbeschwerde (Art. 94 Abs. 2 und 3 RTVG) zu erfüllen. Im Rahmen der ihm gewährten Nachfrist hat der Beschwerdeführer aber von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht. Die Voraussetzungen für eine Popularbeschwerde sind deshalb nicht erfüllt.

2.2

Liegt ein öffentliches Interesse an einem Entscheid vor, kann die UBI gemäss Art. 96 Abs. 1 RTVG auch auf eine Beschwerde eintreten, die nicht von mindestens 20 Personen unterstützt wird (vgl. zur Rechtsprechung der UBI, VPB 68/2004, Nr. 28, S. 316ff., E. 2.2ff. [„Werbespot Schweizerische Flüchtlingshilfe“]; UBI-Entscheid b. 527 vom 30. Juni 2006 [„Meteo“]). Der Entscheid liegt im Ermessen der UBI. Diese bejaht ein solches öffentliches Interesse bei Sendungen, deren Gegenstand neue rechtliche Fragen aufwirft oder solche, die von grundlegender Tragweite für die Programmgestaltung sind (Änderung der Rechtsprechung). Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung der UBI ist nicht mehr eine kumulative Erfüllung beider Erfordernisse notwendig.

2.3

Zwar stellt sich für die UBI bei der Beurteilung des vorliegenden Falls keine neue Rechtsfrage. Doch besteht ein öffentliches Interesse im Sinne von Art. 96 Abs. 1 RTVG, weil der Sachverhalt - Logo auf Mikrofonen - von grundsätzlicher Bedeutung für die Programmgestaltung ist. Die vorliegen-

-4-

de Eingabe erfüllt damit eine erforderliche Voraussetzung für die Annahme eines öffentlichen Interesses an einem Entscheid. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2.4

Der Beschwerdeführer hat seine Beanstandung per E-Mail vom 4. Juli 2007 bei der Ombudsstelle anhängig gemacht. Ob eine E-Mail den gesetzlichen Anforderungen von Art. 92 Abs. 2 RTVG tatsächlich genügt, kann offen gelassen werden. Die Ombudsstelle hätte den Beschwerdeführer auf den allfälligen Formmangel hinweisen müssen (BGE 1P.254/2005 vom 30. August 2005).

3.

Die Beanstandung definiert das Anfechtungsobjekt und begrenzt insofern die Prüfungsbefugnis der UBI. Diese ist bei der Prüfung des anwendbaren Rechts frei und nicht an die Vorbringen der Parteien gebunden (BGE 121 II 29 E. 2a S. 31 [„Mansour – Tod auf dem Schulhof“]).

3.1

Der Beschwerdeführer rügt ausschliesslich, dass im Rahmen der Berichterstattung das Alinghi-Logo wiederholt auf den Mikrofonen der Moderatoren bzw. der Interviewpartner zu sehen war. Er macht sinngemäss eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots (Art. 4 Abs. 2 RTVG) im engeren Sinne und im Zusammenhang mit verbotener unentgeltlicher Schleichwerbung geltend.

3.2

Art. 93 Abs. 3 der Bundesverfassung (BV; SR 101) und Art. 6 Abs. 2 RTVG gewährleisten die Programmautonomie des Veranstalters. Diese beinhaltet neben der freien Themenwahl einer Sendung oder eines Beitrags namentlich auch die Freiheit in der inhaltlichen Bearbeitung. Der Veranstalter hat dabei jedoch die einschlägigen Bestimmungen über den Inhalt redaktioneller Sendungen einzuhalten (Art. 97 Abs. 2 Bst. a RTVG).

3.3

Die UBI prüft im Zusammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 RTVG, ob dem Publikum aufgrund der in der Sendung oder im Beitrag vermittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild über einen Sachverhalt oder ein Thema vermittelt worden ist, so dass dieses sich darüber frei eine eigene Meinung bilden kann (BGE 131 II 253 E. 2.1ff. S. 256ff. [„Rentenmissbrauch“]). Umstrittene Aussagen sollen als solche erkennbar sein. Fehler in Nebenpunkten und redaktionelle Unvollkommenheiten, welche nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Ausstrahlung wesentlich zu beeinflussen, sind programmrechtlich nicht relevant. Hat sich das Publikum keine eigene Meinung über einen Sachverhalt oder ein Thema bilden können, prüft die UBI zusätzlich, ob zentrale journalistische Sorgfaltspflichten eingehalten wurden (vgl. Peter Studer/Rudolf Mayr von Baldegg, Medienrecht für die Praxis, 3. Auflage, Zürich 2006, S. 198ff.). Ist dies nicht der Fall, liegt eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots vor.

-5-

3.4

Die UBI ist zuständig für die Behandlung von Beschwerden hinsichtlich unentgeltlicher Schleichwerbung im Rahmen ihrer in Art. 97 Abs. 2 Bst. a RTVG definierten Kompetenzen (siehe dazu UBI-Entscheid b. 559 vom 19. Oktober 2007, E. 4ff. [„Start Up“]). Bei diesen rechtlichen Grundlagen steht das Sachgerechtigkeitsgebot (Art. 4 Abs. 2 RTVG) im Vordergrund. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) hat im Rahmen von Abklärungen gegen die Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den America’s Cup 2007 betreffend Verletzung von Sponsoringbestimmungen mit Schreiben vom 7. August 2007 festgehalten, dass kein Entgelt für die Präsenz des Alinghi-Logos auf den Mikrofonen der Moderatoren nachweisbar sei. Deshalb hat das BAKOM in diesem Punkt auch kein Aufsichtsverfahren wegen entgeltlicher Schleichwerbung im Sinne von Art. 10 Abs. 3 RTVG eröffnet.

3.5

Werbende Darstellungen oder Aussagen in redaktionellen Sendungen können die Meinungsbildung des Publikums beeinflussen (VPB 64/2000 Nr. 121 E. 7.2 S. 1224 [„Saldo“]; Martin Dumermuth, Rundfunkrecht, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1996, Rz. 290). Werbebotschaften, die ohne jegliche redaktionelle Notwendigkeit platziert werden, berühren die Transparenz und können manipulativ wirken. Das Publikum nimmt sie als vermeintliche Information bzw. vermeintlich realitätsgerechte Kulisse wahr, weil es davon ausgehen darf, dass in redaktionellen Sendungen ausschliesslich informiert oder unterhalten wird. Das Sachgerechtigkeitsgebot dient dem Schutz des Publikums vor entsprechender unentgeltlicher Schleichwerbung.

3.6

Eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots durch unentgeltliche Schleichwerbung liegt vor, wenn die mit einer Darstellung oder Aussage verbundene Werbewirkung nicht durch den Informationswert gedeckt wird. Werbende Botschaften dürfen keinen Selbstzweck verfolgen.

4.

Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Stellungnahme eingeräumt, dass das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen während den Sendungen zum America’s Cup zeitweise für das Fernsehpublikum erkennbar gewesen sei. Dies habe aber keineswegs auf vertraglichen Abmachungen beruht. Die Beschwerdegegnerin habe auf der Basis von Alinghi im Hafen von Valencia auf eigene Kosten eine Plattform aufgebaut, die während des America’s Cup als Fernsehstudio für das Schweizer Fernsehen und für Télévision Suisse Romande (TSR) gedient habe. Aus Sicherheitsgründen habe für Aufnahmen von der Alinghi-Basis ausserhalb der Plattform der SRG ein Kameramann von Alinghi zugemietet werden müssen. Dieser habe sowohl Bilder für die SRG als auch für Alinghi selber gedreht. Der Einfachheit halber sei entschieden worden, dass dieser Kameramann einen dreiseitigen Mikrofonschutz mit den Logos von SF, TSR und Alinghi einsetze. Je nach beteiligtem Auftraggeber sollte das entsprechende Logo im Bild erschei-

-6-

nen. Da dieses Mikrofon jedoch auch in den Studiosendungen verwendet worden sei, bei welchen mehrere Kameras aus verschiedenen Blickwinkeln im Einsatz standen, sei das Alinghi-Logo zeitweise tatsächlich auch für das Fernsehpublikum sichtbar gewesen. 4.1

Während der umfangreichen Übertragungen des Schweizer Fernsehens taucht das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen häufig auf. Die Dauer der entsprechenden Sequenzen variieren, wie auch die Sichtbarkeit des Logos, welches gemäss Darstellung der Designerin zwei Boote symbolisiere. Insbesondere auf dem Mikrofon des SF-Journalisten S, der im Gespräch mit dem Experten C regelmässig die Vorschau und die Analysen der Rennen bestreitet, ist das Alinghi-Logo wiederholt deutlich sichtbar (siehe beispielsweise „Alinghiaktuell“ vom 20., 21. und 22. Juni 2007). Beim Experten ist mit einigen wenigen Ausnahmen hingegen jeweils nur das SF-Logo erkennbar, wie auch bei B, dem Alinghi-Präsidenten, welcher S im provisorischen Studio ebenfalls Red und Antwort steht. Beim Alinghi-Mitglied M wiederum kommt das Logo im Interview gut ersichtlich ins Fernsehbild. Das TSR-Logo ist im Gegensatz zu demjenigen von Alinghi dagegen praktisch nie sichtbar.

4.2

Die Beschwerdegegnerin weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass unter der Marke Alinghi weder Produkte noch Dienstleistungen auf dem Markt seien. Es würden damit die Voraussetzungen fehlen, dass für diese Marke überhaupt Werbung im Sinne des RTVG gemacht werden könne. Entsprechend sei es auch nicht möglich, Schleichwerbung für Alinghi zu betreiben. Dies trifft jedoch nicht zu. Alinghi wurde 2000 gegründet und gewann gleich bei seiner America’s Cup-Premiere 2003 in Auckland die geschichts- und prestigeträchtige Segeltrophäe. Wie der Experte C in den Übertragungen des Schweizer Fernsehens erwähnt, generieren die teilnehmenden Syndikate riesige Budgets und stellen gewissermassen multinationale Unternehmen dar. Neben dem eigentlichen Segelteam besteht Alinghi denn auch aus einem Design-, Land-, Wetterteam, einer Administration, einer Rechts- und Marketingabteilung. Im Merchandisingbereich bietet Alinghi ein reichhaltiges Angebot an, welches insbesondere Kleider, Accessoires und Modellboote umfasst. Alinghi ist daher auch ein Unternehmen bzw. eine Marke, welche sich als Werbeträger im Sinne der Definition von Werbung gemäss Art. 2 Bst. k RTVG eignet. Diese Bestimmung erfasst im Übrigen nicht nur die „Förderung des Abschlusses von Rechtsgeschäften über Waren und Dienstleistungen“, sondern auch die „Unterstützung einer Sache oder einer Idee“ oder die Erzielung einer anderen Wirkung.

4.3

Das Erkennen eines Logos im Rahmen einer redaktionellen Sendung bringt für das betreffende Unternehmen bzw. die betreffende Marke einen Werbeeffekt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich beim

-7-

America’s Cup 2007 um eine „vollständig kommerzialisierte SportVeranstaltung“ handelt, wie die Beschwerdegegnerin argumentiert. Das Fernsehpublikum ist zwar mit zahlreichen Werbebotschaften auf Booten, Segeln, T-Shirts oder Gebäuden konfrontiert worden, wie dies in vergleichbarer Weise auch bei einem Fussballspiel oder einem Automobilrennen vorkommt. Dabei handelt es sich aber um die „realitätsgerechte“ Kulisse, wie sie auch für das Publikum im Hafen von Valencia sichtbar gewesen ist. Das Logo auf den Mikrofonen in den Übertragungen des SF gehört hingegen nicht zu den Gegebenheiten, die vor Ort vorgefunden werden. Diese Kennzeichnung dient dazu, die betreffenden Mitarbeitenden einem Veranstalter bzw. einem Programm zuzuordnen, und damit auch dem Fernsehpublikum Transparenz über die redaktionelle Verantwortlichkeit zu vermitteln. Das auf Mikrofonen ungewohnte Alinghi-Logo dürfte deshalb auch aufgefallen sein. Es kommt insbesondere hinzu, dass dieses nicht nur ein- oder zweimal kurz bei einem Kameraschwenk, sondern häufig und während längerer Zeit sichtbar gewesen ist. Die umfassende Berichterstattung des Schweizer Fernsehens und anderer Medien über den America’s Cup hat schliesslich dazu geführt, dass das Fernsehpublikum das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen auch als solches erkannt hat. 4.4

Das Alinghi-Logo vermittelt dem Publikum keine sachdienlichen Informationen, welche den Werbeeffekt im Sinne der Rechtsprechung der UBI zu unentgeltlicher Schleichwerbung aufwiegen würden (siehe dazu etwa UBIEntscheid b. 563 vom 19. Oktober 2007 E. 4.5f. [„Roséweine“]). Das Schweizer Fernsehen hat zwar sein Studio auf dem Dach der Alinghi-Basis eingerichtet, worauf in den Übertragungen wiederholt hingewiesen worden ist. Überdies hat es teilweise Bilder von der Kameracrew von Alinghi übernommen, und in den Titeln der Spezialsendungen taucht der Name Alinghi ebenfalls auf (z.B. „Alinghiaktuell“). Ein sachlicher Bezug dieser Umstände zum Logo der Marke „Alinghi“ auf den Mikrofonen besteht aber nicht.

4.5

Das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen ist vielmehr geeignet, beim Publikum Unsicherheit über dessen Bedeutung zu schaffen. Das Publikum ist sich gewohnt, dass das Logo Transparenz über die Identität des Senders des betreffenden Reporters bzw. die redaktionellen Verantwortlichkeiten vermittelt. S, bei welchem das Alinghi-Logo am häufigsten und längsten zu sehen ist, dürfte beim eigentlichen Sportpublikum von SF als Moderator von Sportsendungen bekannt sein. Dieses dürfte sich aber gewundert haben, warum beim Mikrofon des Moderators nicht nur das SF-Logo, sondern auch dasjenige von Alinghi so deutlich und wiederholt erkennbar gewesen ist. Bei einem professionellen Sportreporter kann und muss das Publikum davon ausgehen, dass dies in dieser Häufigkeit nicht versehentlich geschieht und eine Information damit verbunden ist, was aber nicht der Fall war.

-8-

4.6

Der America’s Cup 2007 hat weit über das eigentliche an Sportereignissen interessierte Publikum Anklang gefunden. Es dürften deshalb auch viele die Übertragungen angeschaut haben, welche die eigentlichen Sportsendungen des Schweizer Fernsehens nicht bzw. nicht regelmässig verfolgen und entsprechend auch nicht das Moderatorenteam kennen. Für diesen Teil des Publikums, dem S nicht als Sportmoderator des SF bekannt war, ist das Logo deshalb irreführend, weil es die damit verbundene vermeintliche Information - nämlich die Zugehörigkeit des Moderators zum AlinghiTeam - ebenfalls nicht oder aber falsch verstanden hat.

4.7

Ingesamt ist festzuhalten, dass das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen nicht nur keinen Informationswert hatte, sondern das Publikum über dessen Bedeutung irregeführt hat. Es beeinträchtigte die Transparenz über die Identität des Moderators als Vertreter des Schweizer Fernsehens und die redaktionellen Verantwortlichkeiten, wie dies bei Logos auf Mikrofonen üblicherweise der Fall ist, sondern war reiner Selbstzweck. Die damit verbundenen nicht unerheblichen Werbeffekte stellen unzulässige unentgeltliche Schleichwerbung und damit eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots von Art. 4 Abs. 2 RTVG dar. Überdies ist auch das Sachgerechtigkeitsgebot im engeren Sinne verletzt, indem das Publikum das Logo als vermeintliche Information wahrgenommen hat. Es konnte sich dazu keine eigene Meinung bilden. Da das Alinghi-Logo auf den Mikrofonen während den Übertragungen zum America’s Cup häufig gut sichtbar gewesen ist, handelt es sich nicht um einen Nebenpunkt, der programmrechtlich irrelevant wäre. Journalistische Sorgfaltspflichten wurden verletzt, in dem es das Schweizer Fernsehen versäumt hat, mit der ausschliesslichen Platzierung des SF-Logos auf den Mikrofonen in korrekter Weise Transparenz über die Zugehörigkeit der Moderatoren zum eigenen Sender und die redaktionellen Verantwortlichkeiten zu vermitteln.

5.

Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Das Verfahren nach festgestellten Rechtsverletzungen richtet sich nach Art. 89 Abs. 1 Bst. a RTVG.

-9-

Aus diesen Gründen wird beschlossen: 1.

Die Beschwerde von R vom 31. Juli 2007 wird mit 4:3 Stimmen gutgeheissen und es wird festgestellt, dass das Schweizer Fernsehen im Rahmen der Berichterstattung über den America’s Cup 2007 mit den AlinghiLogos auf den Mikrofonen das Sachgerechtigkeitsgebot (Art. 4 Abs. 2 RTVG) verletzt hat.

2.

Die SRG SSR idée suisse wird aufgefordert, die UBI innert 60 Tagen seit Eröffnung dieses Entscheids bzw. innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft von Ziffer 1 (festgestellte Rechtsverletzung) über die im Sinne von Art. 89 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 und 2 RTVG getroffenen Vorkehren zu unterrichten.

3.

Verfahrenskosten werden keine erhoben.

4.

Zu eröffnen: - (…)

Im Namen der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen

Rechtsmittelbelehrung Entscheide der UBI können gemäss Art. 99 RTVG in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 Bst. a, 86 Abs. 1 Bst. c und 89 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (SR 173.110) innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden. Versand: 20. Juni 2008