Elektronische Masterarbeiten

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Deutsche Hochschule der Polizei

Die Kommunikation zwischen Polizei und ausgewählten Organisationen nicht-polizeilicher Gefahrenabwehr bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen – Möglichkeiten eines Schnittstellenmanagements –

Masterarbeit von Ulrich Koch Studiengang 2006/2008

Erstprüfer:

KD Norbert Hausen, FHÖV Rheinland-Pfalz – FB Polizei –

Zweitprüfer: PD Volker Feige, Deutsche Hochschule der Polizei

Münster, 30.07.2008

Inhaltsverzeichnis 1.

Einleitung ....................................................................................................... 2 1.1

Methode und Untersuchungsfragestellung.......................................... 2

1.2

Begriffsbestimmungen ........................................................................ 3

2.

Grundlagen der Zusammenarbeit ............................................................... 4

3.

Kommunikation............................................................................................. 8

4

5

3.1

Theoretische Grundlagen .................................................................... 9

3.2

Organisationskommunikation ........................................................... 11

3.3

Bedeutung der Einsatzkommunikation ............................................. 12

3.4

Kommunikation in kritischen Situationen......................................... 14

3.5

Kommunikation und Stress ............................................................... 16

3.6

Rechtliche Grundlagen / Vorschriftenlage ........................................ 18

Einflussfaktoren auf die Kommunikation................................................. 22 4.1

Faktor Persönlichkeit und Erkennbarkeit .......................................... 22

4.2

Faktor Führung und Organisation ..................................................... 25

4.3

Faktor Fachlichkeit und Ausbildung ................................................. 30

4.4

Faktor Technik .................................................................................. 33

Kommunikationsfelder ............................................................................... 45 5.1

Kommunikation in den verschiedenen Einsatzphasen ...................... 45

5.1.1

Einsatzvorbereitung....................................................................... 46

5.1.2

Einsatzdurchführung ..................................................................... 49

5.1.2.1

Kommunikation zwischen Führungsorganen und Einsatzstelle 50

5.1.2.2

Kommunikation an der Einsatzstelle......................................... 53

5.1.2.3

Kommunikation in bzw. zwischen Führungsorganen ............... 55

5.1.3 5.2

6

Einsatznachbereitung..................................................................... 66 Abstimmung externer Kommunikation............................................. 67

5.2.1

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ................................................. 67

5.2.2

Personenauskunftsstellen............................................................... 72

5.2.3

Opfer- / Angehörigenbetreuung .................................................... 77

Zusammenfassung / Fazit ........................................................................... 78

Abkürzungsverzeichnis....................................................................................... 82 Literaturverzeichnis............................................................................................ 87 Verzeichnis der Anlagen ................................................................................... 102

1

Einleitung

1.

Größere Gefahren- und Schadenslagen sowie Katastrophen sind gerade in ihrer Anfangsphase von einem hohen Informationsaufkommen gekennzeichnet. Hieraus erwächst ein besonderer Kommunikationsbedarf zwischen den am Einsatz beteiligten Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Ein zielgerichteter Austausch sowie planvolles Zusammenführen unterschiedlichster Fachinformationen sind dabei mitverantwortlich für die Qualität der Bewältigung einer solch schwierigen Lage. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten hat sich hierbei in deren Kommunikation widerzuspiegeln, insbesondere wenn der Einsatz eine Dimension annimmt, die ein erfolgreiches Kooperieren von Polizei und anderen BOS unabdingbar macht. Bestehende kommunikative Schnittstellen gilt es dabei so zu verzahnen, dass sie einem reibungslosen und koordinierten Einsatzablauf nicht entgegenwirken sondern diesen fördern. Die Ziele der Masterarbeit sind daher, •

Einflussfaktoren auf die organisationsübergreifende Kommunikation, insbesondere zwischen Polizei und ausgewählten Organisationen nichtpolizeilicher Gefahrenabwehr festzustellen,



die wesentlichen Schnittstellen zu identifizieren,



praktikable Lösungsansätze zur Reduzierung von Nahtstellenproblemen1 in Form von Vermeidungs- oder Bewältigungsstrategien aufzuzeigen, die gleichermaßen für die alltägliche Einsatzbewältigung von Bedeutung sein können.

1.1

Methode und Untersuchungsfragestellung

Größere Gefahren- und Schadenslagen sowie Katastrophen stellen in Deutschland Ausnahmesituationen dar. Um die im Rahmen der Einsatzbewältigung auftretenden Kommunikationsprobleme interdisziplinär näher untersuchen zu können war es daher erforderlich, Literatur auszuwerten, die sich sowohl auf die generelle Zusammenarbeit zwischen Polizei und anderen BOS als auch auf Einsatzerfahrungen der verschiedenen Organisationen in konkreten Lagen sowie daraus resultierende Kommunikationsprobleme erstreckt. 1

Entsprechend dem Gebot der PDV 100, Nr. 4.15.1.6

2

Ergänzend hierzu wurden Experteninterviews mit Verantwortungsträgern des Katastrophenschutzes und der Polizei durchgeführt. Hierbei, sowie bei erforderlichen

landesspezifischen

Betrachtungen,

wurde

der

regionale

Schwerpunkt auf das Land Rheinland-Pfalz gelegt. Darüber hinaus wurden Erkenntnisse von Vertretern ausländischer Polizeien mittels Fragebogen zu konkreten Einsatzsituationen erhoben, um einen Vergleich zum internationalen Katastrophenmanagement herstellen zu können. Abschließend erfolgte eine Auswertung von Teilakten dreier Strafverfahren, deren Ursprung in Meinungsverschiedenheiten über das einsatztaktische Vorgehen der Feuerwehr

bei

Bränden

Feuerwehreinsatzleitern lag.

zwischen

eingesetzten

Polizeibeamten

und

2

Der Arbeit liegen dabei die folgenden Untersuchungsfragestellungen zu Grunde: -

Warum ist die Kommunikation zwischen Polizei und anderen BOS erfolgsentscheidend für die Gesamteinsatzabwicklung?

-

In welchen Bereichen gibt es kommunikative Schnittstellen im Einsatz?

-

Was beeinflusst die Einsatzkommunikation und woraus resultieren ihre Defizite?

-

Welche Möglichkeiten eines praktikablen und Erfolg versprechenden Schnittstellenmanagements bestehen?

-

Welche besondere Bedeutung hat der Einsatz von Verbindungskräften / -personen und wie kann er gestaltet werden?

1.2

Begriffsbestimmungen

Im Text werden diverse Begriffe verwendet, die im Sinne eines einheitlichen Verständnisses hier kurz erläutert werden. Auf die Interpretation von „Kommunikation“ wird dabei im Abschnitt 3 näher eingegangen. Die Definitionen zur Abgrenzung der behandelten Lagen (größere Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen) ergeben sich aus der PDV 1003 und werden daher hier nicht wiedergegeben. Es sei darauf hingewiesen, dass andere Organisationen auch weitere Begriffe verwenden, die sich jedoch in der o.g. Definition

2

StA Koblenz, Az.: 2101 Js 7521/97 und 2101 Js 9002/97 („Fall Kobern-Gondorf“) sowie StA Mainz, Az.: 301 Js 8665/97 („Fall Zornheim“) 3 PDV 100, Nr. 4.15.1 bis 4.15.3

3

wiederfinden, so etwa das Großschadensereignis oder der Massenanfall von Verletzten. Wer dem Begriff der „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“ zuzuordnen ist, ergibt sich aus § 4 BOS-Funkrichtlinie4. Da der Schwerpunkt der Arbeit allerdings auf der Betrachtung von Feuerwehr, Polizei, Rettungs-/ Sanitätsdienst und THW liegen soll, sind diese hiermit auch primär angesprochen. Dementsprechend synonym sind auch die aus Gründen der Lesbarkeit gewählten Bezeichnungen

„nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr“ oder „Einheiten des

Katastrophenschutzes“ zu betrachten, sofern sich aus dem Kontext nicht etwas anderes erschließt. Soweit Personen- und Funktionsbezeichnungen aus Gründen der Lesbarkeit nur in der männlichen Form verwendet werden, gelten sie gleichermaßen für Frauen.

2.

Grundlagen der Zusammenarbeit

Die Gefahrenabwehr in der Bundesrepublik Deutschland wird im Wesentlichen – neben der polizeilich-ordnungsbehördlichen Komponente – von den Säulen der militärischen Verteidigung, des Bevölkerungsschutzes5 sowie der Nachrichtendienste getragen (in Anlehnung an BBK 2007: 12). Die Zuständigkeiten, den Bevölkerungsschutz betreffend, sind dabei zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. So obliegt der Zivilschutz (also die Abwehr von Gefahren für die Bevölkerung im Spannungs- und Verteidigungsfall) gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG dem Bund, der hierzu das Zivilschutzgesetz erlassen hat. Der Katastrophenschutz hingegen ist gem. Art. 30, 70 GG Aufgabe der Länder. Diese treffen hierzu Regelungen in den Katastrophenschutzgesetzen, wobei mit der Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben i.d.R. untere (Landkreise bzw. kreisfreie Städte), mittlere (Regierungspräsidien, in Rheinland-Pfalz die ADD) sowie obere Katastrophenschutzbehörden (Innenministerium) betraut sind. Sie werden dabei von öffentlichen Institutionen (z.B. den Feuerwehren, THW) und privaten Organisationen, die hierzu ihre Mitwirkungsbereitschaft erklärt haben (z.B. ASB, DLRG, DRK, JUH und MHD) unterstützt. 4

Bestimmungen für Frequenzzuteilungen zur Nutzung für das Betreiben von Funkanlagen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben 5 Dieser setzt sich zusammen aus dem Zivil- und dem Katastrophenschutz

4

Hinzu kommen noch die Hilfeleistungspotenziale, die der Bund vorhält und die im Wege der Amtshilfe um Unterstützung ersucht werden können (z.B. Bundespolizei6, Bundeswehr7 oder THW8). Die exakte Trennung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz erscheint jedoch nach Klink (2006: 294), seit den internationalen Terroranschlägen in den letzten Jahren nicht mehr zeitgemäß, weshalb die „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung“ als Überbegriff den Bevölkerungsschutz bevorzugt, ohne dabei jedoch die o.g. Zuständigkeiten verändern zu wollen. Es geht vielmehr um eine Verzahnung des bisherigen dualen Systems auf vertikaler und horizontaler Ebene zu einem „komplexen Hilfeleistungssystem“ (BVA 2003: 16). Zu dieser engen Verknüpfung der Organisationen äußerte sich der Präsident des BBK, Herr Christoph Unger, anlässlich des 9. Europäischen Polizeikongresses 2006 in Berlin wie folgt: „[…] weg vom begrenzten Zuständigkeits-Denken und hin

zu

einem

System

der

integrierten

und

umfassenden

zivilen

Sicherheitsvorsorge unter Beteiligung der Polizeien, der Bundeswehr aber auch der Dienste.“ Dabei ergänzen sich optimalerweise Fachlichkeit, Erfahrung sowie technische, rechtliche und personelle Möglichkeiten der einzelnen Organisationen. Ziel ist also „die Optimierung der Zusammenarbeit und Vernetzung von Behörden, Institutionen und Organisationen bei der Gefahrenvorsorge- und der Gefahrenabwehrplanung auf und zwischen allen Verwaltungsebenen“ (BVA 2003: 20). Wichtig hierfür ist insbesondere „der Ausbau von verbindlichen innerund interbehördlichen Kooperationsnetzwerken, schneller und zielgerichteter Informationsflüsse und eines effektiven Informations- und Kommunikationsmanagements“ (a.a.O.) sowie „ein schnelles und zielgerichtetes Handeln ohne Kompetenzprobleme“ (a.a.O.: 31). Konkurrenzen wären hier also fehl am Platz. Einen Beitrag hierzu stellt die Unterhaltung eines gemeinsamen Melde- und

6

Gem. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministers des Innern über die Verwendung der Bundespolizei bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unfall sowie zur Hilfe im Notfall (BPOLKatHiVwV) 7 Gem. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG 8 Gem. § 1 Abs. 2 THW-HelfRG

5

Lagezentrums des Bundes und der Länder (GMLZ) dar, welches die länder- und organisationsübergreifende Informationssteuerung gewährleisten soll.9 Wann soll dies nun aber greifen? In Deutschland existiert kein einheitlich festgelegter Begriff der Katastrophe. Kennzeichnend für die Annahme einer solchen scheint aber immer zu sein, dass die Lage mit den vorhandenen Kräften und Mitteln nicht bewältigt werden kann und daher einer besonderen Koordinierung bedarf. Das rheinland-pfälzische Katastrophenschutzgesetz (LBKG) nimmt dabei bspw. eine besondere Stellung ein, da es den Begriff der Katastrophe gar nicht kennt und entsprechende Lagen als Gefahren größeren Umfangs10 bezeichnet. Eine klassische Ausrufung des Katastrophenfalls – wie in anderen Bundesländern üblich – erfolgt somit hierzulande ebenfalls nicht. Wer in solchen Fällen Einsatzleiter ist, richtet sich nach § 24 Abs. 1 LBKG. In der Regel dürfte diese Funktion jedoch bei entsprechend großen Lagen dem Oberbürgermeister bzw. Landrat zufallen. Bei ihm handelt sich um den sog. politisch Gesamtverantwortlichen (auch HVB), der sich – je nach Alarmstufe – zweier

gleichberechtigter

Komponenten,

nämlich

des

operativ-taktischen

Führungsstabes (auch TEL) und des administrativ-organisatorischen Verwaltungsoder Krisenstabes (mit dem Stab HVB) bedient (Plattner / Schröder 1999: 918).11 Dabei sind in einer Großschadenslage lediglich die Hilfeleistungspotenziale der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr als Fachdienste führungstechnisch in dieser Struktur zusammengefasst. In Rheinland-Pfalz führt nämlich das sog. Trennungssystem dazu, dass die Polizei neben der allgemeinen Verwaltung eine eigene, unabhängige Sparte bildet und somit auch bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen nicht Teil der allgemeinen Verwaltung wird, sondern parallel zu dieser eigenständig bleibt und die ihr originär obliegenden Aufgaben wahrnimmt. Sie ist demnach auch kein Fachdienst i.S.d. § 19 LBKG und es bestehen keinerlei gegenseitige

9

Vgl. http://www.bbk.bund.de/cln_027/nn_402322/DE/00__Home/TopThema/ TT__2008/Leistung-BBK__Teil-5-GMLZ.html [Stand 24. Juni 2008] 10 § 1 Abs. 1 Nr. 3 LBKG 11 Vgl. auch DV 100 (RP), Nr. 3.2.4.3 sowie „Aufgaben und Zusammensetzung der Führungsstäbe – Katastrophenschutz“ (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 11.07.1985; Ministerialblatt Nr. 17)

6

Weisungsbefugnisse oder Über-/Unterordnungsverhältnisse (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 12). Allenfalls in Eilzuständigkeit12 nimmt sie Gefahren abwehrende Aufgaben wahr, die originär anderen Institutionen obliegen (z.B. Brandbekämpfung und Menschenrettung), sofern diese nicht dazu in der Lage sind. Sie übergibt diese Zuständigkeit und Verantwortung jedoch, sobald die an sich zuständige Stelle tätig werden kann.13 Dabei erfordert die Tatsache, dass Behörden neben dem Katastrophenschutz weiterhin eigenverantwortlich tätig werden, eine besonders enge Abstimmung (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 8). Die Mitwirkung der Polizei beim Katastrophenschutz in Deutschland stellt sich aufgrund der Länderhoheit für diese beiden Bereiche bundesweit betrachtet unterschiedlich dar. Es gilt jedoch eine grundsätzliche Pflicht zur Zusammenarbeit und Unterstützung, die sich – neben den Regelungen zur Amtshilfe14 – aus dem Programm für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland 197415, dessen Fortschreibung 199416 sowie der PDV 10017 ergibt. In Rheinland-Pfalz wird dies noch durch § 2 Abs. 4 LBKG untermauert. Bereits im Rahmen der Alltagsroutine sind die verschiedenen Organisationen nebeneinander eingesetzt, bspw. bei Verkehrsunfällen. Eine gegenseitige Weisungsbefugnis ist auch hier nicht vorgesehen. Jeder handelt im Rahmen seiner Zuständigkeiten Daseinsvorsorge

eigenständig. vorgehaltenen

Dabei und

ist

für

den

i.R.d.

öffentlichen

individualmedizinisch

orientierten

Rettungsdienst das RettDG18 (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 16) und für die Feuerwehren das LBKG19 maßgeblich. Kommt es jedoch zu einer größeren Gefahren- und Schadenslage, so ist allein das LBKG als Rechtsgrundlage ausschlaggebend. Zwar tritt auch das allgemeine Polizeirecht hinter dieser spezialgesetzlichen Regelung zurück (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 7),

12

§ 1 Abs. 7 POG Vgl. hierzu auch PDV 100, Nr. 4.15.1.4 14 Art. 35 GG, §§ 4 VwVfG ff. i.V.m. § 1 Abs. 1 LVwVfG 15 Abschnitt IV, Nr. 6.1 (S. 19) 16 Abschnitt III, Nr. 1 (S. 38) 17 PDV 100, Nr. 1.7.1, 1.7.2.1 und 4.15.1.6 18 Samt Landesrettungsdienstplan und RAEP Gesundheit 19 Samt Feuerwehrverordnung 13

7

allerdings ist die Polizei nicht deren Adressat, sodass sich ihr gesetzlicher Auftrag nach wie vor aus § 1 POG sowie § 163 StPO ergibt.20 Gerade die Anfangsphase einer größeren Gefahren- und Schadenslage wird als die Stunde der Hilfs- und Rettungsdienste bezeichnet. Dabei ist wichtig, dass die Polizei – neben ihren originären Gefahrenabwehr-, Strafverfolgungs- und Verkehrsaufgaben – deren Einsatz ermöglicht und unterstützt (Amft / Granitzka 1997: 2), z.B. durch das Freimachen und -halten von Aktionsräumen sowie An- / Abmarschrouten bzw. die Durchführung von Absperrungen oder Platzverweisen. Die Grenzen der Zusammenarbeit formuliert dabei § 5 Abs. 2 und 3 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 LVwVfG; hier sind bspw. Geheimhaltungsgründe oder die Gefährdung der eigenen Aufgaben genannt. Kooperation ist allerdings das Herzstück und Erfolgsrezept zur Bewältigung größerer Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen. Das gilt sowohl in vertikaler wie auch in horizontaler Ausrichtung. Ein Zusammenwirken aller staatlichen Behörden und nicht-staatlichen Organisationen aus Bund, Ländern und Gemeinden sowie zunehmend auch benachbarten europäischen Staaten21 verschafft erst die Möglichkeit der effizienten Ausschöpfung des vorhandenen Hilfeleistungspotenzials der Katastrophenhilfe und somit der effektiven Katastrophenabwehr.

3.

Kommunikation

Eine koordinierte Zusammenarbeit setzt Absprachen zwischen den Beteiligten voraus. Daher stellt die Kommunikation im Wesentlichen die Grundlage von Kooperationen dar. Der Begriff geht auf das lateinische communicatio ‚Mitteilung’ zurück. Heute gibt es hierfür vielfältige Definitionen und Interpretationen. Dieser Arbeit liegt das Verständnis zugrunde, dass es sich um

20

Konkrete polizeilich zu veranlassende Maßnahmen bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen ergeben sich dabei insb. aus der PDV 100, Nr. 4.15.5 und 4.15.6 sowie aus der PDV 389 (Vermisste, unbekannte Tote, unbekannte hilflose Personen) 21 Auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe u EG-Vertrag erfolgt auch auf der EU-Ebene eine Abstimmung zwischen den verschiedenen Ressorts (einschließlich der Polizei) in Sachen Katastrophenschutz (Europäische Kommission 2002: 18)

8

die Übermittlung von Nachrichten bzw. Informationen zwischen Menschen handelt, auch wenn diese sich hierzu technischer Mittel bedienen.22 Die folgenden Ausführungen dieses Abschnitts sollen die Grundlagen und zugleich den Rahmen der Kommunikation darstellen und ergeben zusammenfassend hierdurch ein Modell der idealen einsatzbezogenen Kommunikation. 3.1

Theoretische Grundlagen

In komplexen Situationen, zu denen zweifelsohne auch größere Gefahren-, Schadenslagen, Katastrophen gehören, ist der Kommunikation größte Bedeutung beizumessen, obwohl die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen am ungünstigsten sind. Anfängliche Informationsdefizite hinsichtlich der Lage bei gleichzeitiger Informationsüberflutung (z.B. durch Notrufe), hohe Erwartungshaltungen, Zeitdruck, der Blick der Öffentlichkeit, das Arbeiten in teils ungewohnten Organisationsformen23 und Gruppen sowie die psychischen Belastungen sind nur einige Beispiele hierfür. Um die allgemein i.R.d. Kommunikation auftretenden Probleme besser verstehen, aber auch vermeiden zu können, erfolgt hier eine kurze theoretische Betrachtung ihrer Grundregeln. Als Grundlage dient hierbei das sog. „Sender-EmpfängerModell“ (vgl. Berndt 1989: 74 f.). Während dieses Prozesses des Informationsaustausches können sich leicht Störungen und Fehler ergeben, etwa beim Codieren, Übermitteln, Decodieren oder Interpretieren der Botschaft. Beispielhaft sei hier die Verwendung von Fachtermini genannt, die dem Gesprächspartner nicht bekannt sind oder eine aufgrund schlechter technischer Funkverbindung nur bruchstückhafte Nachrichtenübertragung. Über dieses Modell hinaus haben Watzlawick / Beavin / Jackson (1993: 50 ff.) fünf Grundannahmen der Kommunikation, sog. „pragmatische Axiome“ erforscht. Wesentlich erscheint hierbei zunächst die Erkenntnis, dass es für Menschen unmöglich ist, nicht zu kommunizieren. Dies wird daraus abgeleitet, dass nicht

22

Die PDV 100, Anlage 20 versteht unter Kommunikation die Weitergabe bzw. den Austausch von Informationen; diese wiederum werden als zielorientiert ausgewertete und aufbereitete Erkenntnisse für einen bestimmten Empfängerkreis definiert 23 Z.B. Besondere Aufbauorganisationen

9

nur die Sprache, sondern bspw. auch „paralinguistische Phänomene“ (a.a.O.: 51) oder Körpersignale, also schlichtweg alle Verhaltensweisen, Kommunikation darstellen. Weiterhin wird angenommen, dass jede Mitteilung nicht nur Inhalts- sondern auch Beziehungsaspekte beinhaltet, wobei Letztere die Inhaltsaspekte dominieren. Unter Inhalten wären die reinen Sachinformationen, unter Beziehungen die Art und Weise, wie sie der Sender verstanden haben will zu fassen. Schulz von Thun / Ruppel / Stratmann (2001: 33 ff.) haben dies noch weiter aufgeschlüsselt und gehen davon aus, dass über die Inhalts- und Beziehungsebene hinaus auch eine Appell- sowie eine Selbstoffenbarungsebene vorhanden ist. Dabei stellt der Appell eine Aufforderung an den Gesprächspartner dar, wohingegen es sich bei der Selbstoffenbarung um die Preisgabe eigener Empfindungen handelt. Jede Nachricht wird also (bewusst oder unbewusst) mit vier verschiedenen Deutungsweisen übermittelt und dementsprechend auch empfangen, wobei sich die beabsichtigte oder wahrgenommene Ebene zwischen Sender und Empfänger unterscheiden kann. Schmalzl (1996: 155 ff.) versucht, unter diesen Gegebenheiten den Rahmen für eine erfolgreiche Kommunikation in folgenden Prinzipien darzustellen: -

Kongruenz: was gesagt wird, muss auch so getan werden,

-

Kooperation: eine offene, transparente und berechenbare Kommunikation an den Tag legen,

-

Verlässlichkeit: durch Kommunikation Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen und

-

Einmaligkeit: sich auf jeden Gesprächspartner und jede Situation von Neuem einstellen.

Dass es bei der Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten und Fehlerquellen, die im Verlaufe eines Gesprächs auftreten können, dennoch leicht zu Missverständnissen kommen kann, ist nachvollziehbar. Daher setzt Knill (2007) auf die Verwendung einfacher, kurzer und strukturierter Aussagen, in denen Wichtiges klar und erkennbar gemacht wird und die sich auf Wesentliches konzentrieren. An derartigen Grundsätzen orientiert sich bspw. auch die Abwicklung des Sprechfunkverkehrs. 10

Berndt (1989: 76 f.) ergänzt dies um folgende Elemente: aktives Zuhören, Sprechen der gleichen Sprache (also auch Klarheit über verwendeten Begriffe), Nutzung positiver Begriffe, Berücksichtigung des Wissensstandes des Gegenübers sowie Gewährleistung von Rückkopplungsmöglichkeiten. Dabei ist „Sprachkommunikation […] die ausgeprägteste aller Kommunikationsformen. Sie ermöglicht eine rasche Weitergabe bzw. einen raschen Austausch von Informationen und lässt z.B. bei Missverständnissen im gleichen Augenblick Rückfragen und Klarstellungen zu“ (Technische Kommission des AK II 1991: 10). Diese Grundlagen bilden die Basis jeder Form von Kommunikation. Ihre Berücksichtigung in der Gesprächsführung ist somit Voraussetzung für deren Erfolg. 3.2

Organisationskommunikation

Auch die Kommunikation in oder zwischen Organisationen lässt sich unter die o.g. Definition subsumieren, da es sich hierbei letztlich immer um eine Interaktion zwischen Menschen handelt. Allerdings verläuft sie hier i.d.R. hierarchisch, wird also bestimmt durch die jeweilige Aufbau- und Ablauforganisation24 (Thielmann 2005: 1.3_7), wobei grds. keine Hierarchieebene übergangen werden darf (Ferch / Melioumis 2005: 88). Durch die Anzahl der zwischen Quelle und Empfänger liegenden Vermittlungsstellen können sich allerdings Auswirkungen auf die Qualität der Mitteilung ergeben, z.B. durch Verzögerung, Filterung oder Verzerrung der Inhalte (Thielmann 2005: 1.3_19). Hieraus kann geschlossen werden, dass Informationswege mit wachsender Länge einen proportionalen Verlust an Informationen zur Folge haben. Zudem birgt die steigende Anzahl informationsbedürftiger Verbindungsstellen das Risiko, dass der Informationsgehalt von Nachrichten an diese immer allgemeiner gehalten wird. Es empfiehlt sich daher, permanent kurze Besprechungen mit allen Beteiligten durchzuführen. (Altmann 1976: 170-172). Ferner werden (bewusst oder unbewusst) sog. Fayol’sche Brücken gebildet, die eine unmittelbare Querinformation (z.B. innerhalb einer BAO) zulassen, um im Einzelfall Effektivitätsverlusten vorzubeugen. Hierbei darf jedoch nicht vergessen 24

Vgl. PDV 100, Nr. 1.4.3

11

werden, die hierarchisch darüber liegenden Ebenen unverzüglich nachträglich ebenfalls in Kenntnis zu setzen. Kommunikation bildet somit die Basis für die interne und die organisationsübergreifende Kooperation. Hierbei gelegentlich auftretende Schwierigkeiten, vor allem im Bereich der Katastrophenabwehr, sind allerdings keineswegs ein deutsches Phänomen. Als Beleg hierfür sei die defizitäre Kommunikation bei den Anschlägen auf das World Trade Center in New York City (Dwyer / Flynn 2006: 80 f.) sowie beim Hurrikan Katrina in New Orleans genannt.25 Amerikanische Studien (vgl. Auf der Heide 1989) haben gezeigt, dass Kommunikationsprobleme i.d.R. eher menschlicher als technischer Natur sind. Hauptsächlich wurde folgendes festgestellt: -

Menschen sehen primär die Bedürfnisse ihrer eigenen Organisation und nicht die der benachbarten („Robinson-Crusoe-Syndrom“),

-

organisationsbedingte

Unterschiede

sind

kausal

für

mangelnde

Vertrautheit, -

es existiert kein einheitliches Informationsmanagement,

-

Informationsbedürfnisse der anderen Institutionen sind unbekannt.

Dabei hat sich gezeigt, dass die Kommunikation zwischen solchen Organisationen am besten ist, die sich am ähnlichsten sind (a.a.O.). Vergleichbar wäre hier etwa das Verhältnis zwischen Länder- und Bundespolizei. 3.3

Bedeutung der Einsatzkommunikation

Elementarer Bestandteil des Katastrophenmanagements ist vor allem der Informationsaustausch sowie die Kommunikation zwischen den an der Lagebewältigung Beteiligten (Siedschlag 2007: 12). Die Abstimmungen, die zwischen den beteiligten Organisationen zu treffen sind, können dabei so vielseitig sein wie die Ereignisse selbst, die diese Absprachen erforderlich machen.

Dabei

stehen

gerade

in

der

Anfangsphase

viele

kritische

Entscheidungsprozesse an, die den gesamten Verlauf des Einsatzes bestimmen können und somit eine ständige gegenseitige Information erforderlich machen.

25

Vgl. http://dir.salon.com/story/news/feature/2005/09/09/comm_meltdown/ [Stand 24. Juni 2008]

12

Typischerweise sind folgende Kontakte denkbar:26 -

gegenseitige Alarmierungen,

-

gemeinsame Lagefeststellungen,

-

Austausch über Ursachen, bestehende Gefahren und eingetretene Schäden,

-

Feststellungen

zur

Gefahrenausbreitung

und

Festlegung

eines

Gefahrenbereichs sowie zu veranlassende Folgemaßnahmen, -

Abstimmungen zur Vorgehensweise und Eigensicherung am Ereignisort,

-

Bestimmung von Verantwortlichkeiten für Maßnahmen, z.B. Evakuierung,

-

Vereinbarung über Not- und Rettungswege sowie Bereitstellungs- / Aktionsräume,

-

gegenseitiger Austausch von Lageerkenntnissen,

-

gemeinsame Durchführung von Maßnahmen, z.B. Retten, Bergen, Evakuieren und Warnen der Bevölkerung,

-

Absprachen zur Pressearbeit.

Die ausgeübte Kommunikation kann somit über Erfolg und Misserfolg des Einsatzes entscheiden, aber auch die Sicherheit von Menschen und Motivation der Kräfte beeinflussen. Insofern kann ihr Stellenwert nicht hoch genug bemessen werden. Das wird auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie in den Führungsgrundsätzen als Voraussetzung für erfolgreiches Führen gesehen wird.27 Die Schnittstellen, die sich aus dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Institutionen28 ergeben, stellen potentielle Schwachstellen dar, die es zu überwinden gilt.29 Informationsverluste oder fehlende Absprachen sind bei der Bedeutung solcher Lagen nicht hinnehmbar, zumal die Bürger einen berechtigten Anspruch auf eine professionelle Einsatzvorbereitung und -durchführung haben. Es ist allgemein anerkannt, „dass […] Kommunikation den Schlüssel für eine erfolgreiche Bekämpfung von Unwettern, Großbränden und Unglücken darstellt“ (Ferch / Melioumis 2005: 5).

26

Streif (2004) unterscheidet grds. vier Kommunikationsbedürfnisse: Anordnungen, Lagemeldungen, Anforderungen und Informationen 27 PDV 100, Nr. 1.5.3.2 28 Je größer das Schadensausmaß, desto mehr BOS sind i.d.R. beteiligt (Dieckmann 1982: 9) 29 Nahtstellen sind gem. PDV 100, Nr. 4.15.1.6 so gering wie möglich zu halten

13

Auch Decker (1987: 207) führt aus, dass der Einsatzerfolg von verschiedenen Faktoren abhängt, wovon einer die „sozialen Beziehungen und Prozesse“ darstellt, die vor allem von Kommunikation und Kooperation dominiert werden. Paralleles Agieren im gleichen Einsatzraum, ggf. mit Auswirkungen auf die Maßnahmen der benachbarten Kräfte erfordert aufeinander abgestimmtes Handeln. In solchen Fällen sind die polizeilichen Maßnahmen grundsätzlich im Einvernehmen mit den benachbarten Kräften durchzuführen (Wössner 1994: 36). Zudem sind die Erkenntnisse der Fachdienste, die für die Polizei und ihre Lagebeurteilung bedeutsam sein können (Thielmann 2005: 1.3_13 sowie Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski 2006: 1.5.2_11) zu erheben und in die eigene Lagebeurteilung aufzunehmen. Folglich ist der Kommunikation m.E. ein hoher Stellenwert i.R.d. organisationsübergreifenden Zusammenarbeit einzuräumen, gerade bei größeren Schadensereignissen, wo von ihrem Funktionieren Menschenleben abhängen können. Fehlt es an dieser Kommunikation und folglich auch an Kooperation, kann dies zu „Unstimmigkeiten und taktischem Fehlverhalten“ im Einsatz führen (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 3) und fatale Folgen nach sich ziehen. Es stellt sich also nunmehr die Frage, wie Kommunikation im Einsatz gestaltet werden kann. Hierzu folgen zunächst einige allgemeine Ausführungen. 3.4

Kommunikation in kritischen Situationen

In kritischen Situationen finden – abgesehen von klaren Anweisungen oder Befehlen – sog. „defensive Gesprächstechniken“ i.d.R. guten Anklang. Wesentlicher Kern dieser non-direktiven Gesprächsführung ist das „aktive Zuhören“ (Dubbert 2005: 98). Paradoxerweise wenden jedoch viele Menschen (Polizisten, aber auch solche in „Helferberufen“) die verinnerlichte direktive Gesprächsform an. Sie sind darauf fixiert, Ursachen für Probleme zu erkennen und Lösungen anzubieten. Darüber hinaus ist es erforderlich, einen Perspektivwechsel durchführen und eine Betrachtung aus dem Blickwinkel des Gegenübers vornehmen zu können, um dessen Sorgen und Nöte zu verstehen. Dies erfordert Empathie, was nicht zwangsläufig damit gleichzusetzen ist, die Sicht des anderen auch als eigene zu übernehmen (a.a.O.: 97). 14

Gefragt ist zudem häufig Teamarbeit, etwa im Führungsstab; dabei besteht die Gruppe meist aus Menschen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen und Kenntnissen, was eine gewisse Koordination erfordert. Hinzu kommt, dass mehrere Organisationen oder Einheiten zusammenarbeiten müssen; es existieren demnach Schnittstellen. „Da diese Schnittstellen hinsichtlich Aufgaben, Zielen und Verantwortlichkeiten oftmals intransparent und nicht eindeutig definiert sind, bedeutet jede Schnittstelle ein potenzielles Kommunikationsproblem. […] Die häufigsten negativen Folgen von Kommunikationsproblemen sind mangelnder Informationstransfer und mangelhaftes Schnittstellenmanagement zwischen verschiedenen Berufsgruppen“ (Badke-Schaub 2005: 7). Hierzu wird ausgeführt, dass insb. die folgenden Bedingungen für die Kommunikation in kritischen Situationen bedeutsam sind (a.a.O.): Zunächst wird ein gemeinsames Verständnis von der Lage und deren Bewältigung, ein sog. „shared mental model“ gefordert, sodass alle stets auf gleichem Wissensstand sind, was ein offenes und vertrauensvolles Gesprächsklima voraussetzt, in dem auch konstruktive Kritik geübt werden kann. Ferner soll Kommunikation dort standardisiert werden, wo dies möglich ist, etwa durch checklistenartiges Abarbeiten oder routinemäßiges Erteilen von Feedbacks. Dies beugt Missverständnissen vor und kann die Kommunikation reduzieren. Darüber hinaus ist auf die Genauigkeit der getroffenen Aussagen zu achten. Nachteilig wirkt sich bei der Kommunikation in größeren Gefahren- und Schadenslagen bzw. Katastrophen aus, dass Informationen durch die anfängliche Flut von Nachrichten, den bestehenden Zeitdruck und die dynamische Entwicklung des Einsatzgeschehens häufig derart extrem reduziert werden, dass dies zu Missverständnissen führen kann. Daher sollte man unmittelbar vor der Übermittlung die Aufmerksamkeit des Empfängers wecken (z.B. durch Hinweis auf die Wichtigkeit der Botschaft bzw. Abfrage der Aufnahmebereitschaft) und anschließend nachprüfen, ob die Nachricht auch tatsächlich angekommen ist (Decker 1987: 221 f.).

15

Der Informationsverlust ist bei mündlicher Übermittlung am größten (Decker 1987: 221). Dieses Risiko lässt sich durch (ggf. parallele) Verschriftung oder Visualisierung verringern, was auch die Gegenwartsdauer im Gedächtnis gegenüber einer rein auditiven Übermittlung erhöht (Ungerer 1999: 49). Bei beiden Komponenten lässt sich auch im Nachhinein noch einmal der Inhalt der Nachricht abrufen. Für einen schnellen Rückgriff auf bereits erfolgte Mitteilungen erscheint dies praktikabler als bspw. Tonaufzeichnungen von Telefonaten anzufertigen, sodass zumindest wichtige und vermutlich künftig noch relevante Daten auf diese Weise dokumentiert werden sollten. Derartiges Gesprächsverhalten muss jedoch eintrainiert und automatisiert werden, wenn es im Ernstfall angewandt werden soll, sodass es m.E. bei Stabsrahmenübungen Eingang finden sollte. 3.5

Kommunikation und Stress

Die Bewältigung kritischer Situationen bedeutet vielfach das Vorhandensein von Stress. Ungerer (a.a.O.: 19 ff.) stellt eine Verknüpfung zwischen Stress und Informationsmanagement her. Bereits aus diesen grundlegenden Feststellungen lässt sich nicht nur ableiten, dass Stress eng mit Kommunikation zusammenhängt, sondern dass er sogar durch sie ausgelöst werden kann. Als Ursachen für Stress kennzeichnet er: -

Informationsüberflutung,

-

Informationsdefizite,

-

subjektive Bewertung dieser Informationsprobleme.

Ein nicht mehr zu verarbeitendes Zuviel an Informationen, etwa ununterbrochen einlaufende Lagemeldungen, ohne dass die vorherigen bereits hätten zur Kenntnis genommen werden können oder gänzlich fehlende Einsatzinformationen, obwohl diese zur Beurteilung der Lage notwendig wären, führen demnach schnell zu einem Zustand befürchteten Versagens, etwa hinsichtlich der Einsatzbewältigung, oder zu Unsicherheiten – je nach individueller Bewertung des Betroffenen. Dabei gilt es zu beachten, dass der menschlichen Informationsaufnahme natürliche Grenzen gesetzt sind (a.a.O.: 22 ff.). Jede Wahrnehmung, gleich ob bewusst oder unbewusst, muss vom Gehirn verarbeitet werden, was jedoch nur bis 16

zu einer gewissen Anzahl von Informationen oder Reizen möglich ist. Hierbei entstehende Fehler liegen meist in einer Kapazitätsüberschreitung begründet. Hinzu kommt, dass dieses Aufnahmevermögen durch (innere oder äußere) Belastungen noch weiter reduziert wird. Für die sprachliche Übertragung von Informationen (etwa bei Funkgesprächen) wurde festgestellt, dass über eine Zeitdauer von vier Sekunden, vergleichsweise also Sätze mit acht bis zehn Wörtern, eine sichere Übermittlung angenommen werden kann. Werden diese Vorgaben überschritten besteht die Gefahr, dass die Inhalte nicht vollständig aufgenommen werden. An eine solche Kommunikationseinheit sollte sich daher eine Sprechpause von etwa zwei Sekunden Dauer anschließen, um eine weitere entsprechende Nachricht senden zu können (a.a.O.: 48 f.). Auch diese Werte verringern sich mit steigender Belastung. Es wird daher empfohlen, wichtige Gesprächsinhalte unmittelbar nach ihrer Übermittlung und dann erneut, ca. 20 Sekunden später zu wiederholen. Bei Mitteilungen, die Aufträge enthalten, sollen außerdem im Satzbau Verb und Objekt nahe beieinander liegen. Darüber hinaus soll die Sprache möglichst frei von Emotionen sein (a.a.O.: 84). Aber Kommunikation ist nicht nur Ursache für Stress, sie kann auch durch ihn beeinträchtigt werden. So besteht die Möglichkeit, dass sich Auswirkungen auf die Person und ihr Sozialverhalten zeigen, was sich z.B. in psychischen Blockaden äußern kann (Decker 1987: 173 f.). Es gilt also den erkannten Ursachen entgegenzuwirken. Dies könnte wie folgt geschehen: a) Informationsüberflutung Einer Informationsflut kann durch eine gewisse Vorsortierung oder Sichtung Einhalt geboten werden. So besteht z.B. die Möglichkeit, Informationen nach Dringlichkeit und Bedeutungsgrad zu kennzeichnen (Berndt / Altmann 1981: 95 f.). Hinsichtlich der sprachlichen Informationsübermittlung ist darüber hinaus eine Beachtung der o.g. Erkenntnisse erforderlich (Ungerer 1999: 84). Diese müssen allerdings bereits im Vorfeld von Einsätzen (z.B. im Rahmen von Sprechfunkausbildungen) den Kräften vermittelt werden. Zudem sollte 17

eine „knappe Anweisungs- und Meldesprache“ genutzt werden (Weismor 1994: 271). b) Informationsdefizite Informationsdefiziten ist durch regelmäßigen Austausch von Erkenntnissen unter Einbeziehung aller Informationsträger (z.B. Fachdienste, Berater) und Nutzung aller verfügbaren Quellen im Rahmen von Besprechungen entgegenzuwirken. c) Subjektive Bewertung dieser Informationsprobleme Nicht Angst oder Überforderung sollen die Bewertung der Lage dominieren, sondern sie soll nach Ungerer (1999: 29 f.) als Herausforderung betrachtet werden. Dabei wird die Einordnung einer Lage oder Gefahr wesentlich von bereits gemachten Erfahrungen abhängen. Dies können neben den Einsatzerfahrungen auch solche aus Ausbildungsveranstaltungen sein. Demnach unterstützen Übungen u.Ä. die Stressstabilität im Einsatz, denn „was gedacht, geistig durchgespielt und als Teil des Berufes akzeptiert wurde, kann nicht mehr überraschen, erschrecken und hilflos machen“ (Weismor 1994: 269). Darüber hinaus sollte den bei entsprechenden Lagen eingesetzten Kräften die Möglichkeit des Besuchs von Stressbewältigungsseminaren eingeräumt werden, bei denen auch Techniken im Umgang mit auftretendem Stress vermittelt werden. Außerdem reagiert der Mensch auf unklare Ereignisse mit einer Suche nach Bekanntem oder Orientierung (Schrodt 1994: 257); hier können vorbereitete Planentscheidungen und -unterlagen hilfreich sein, da hierdurch die kognitiven Fähigkeiten für andere Überlegungen nutzbar bleiben und nicht an vorplanbare oder Routinemaßnahmen verschwendet werden müssen. 3.6

Rechtliche Grundlagen / Vorschriftenlage

Über die in Abschnitt 2 bereits genannten Rechtsgrundlagen für die Zusammenarbeit hinaus, beschäftigen sich auch einige Vorschriften konkret mit der Kommunikation zwischen den BOS. Diese dürfen bei der Gesamtbetrachtung 18

des Themas ob ihres bindenden Charakters für die betreffenden Organisationen nicht unberücksichtigt bleiben. Schließlich bestimmen sie das Recht oder die Pflicht zur Kommunikation bzw. die Art und Weise ihrer Durchführung und somit den Rahmen dieser. Rettungsdienst- / Katastrophenschutzrecht So fordert § 2 Abs. 3 LBKG die Beteiligung derjenigen Behörden, deren Belange im Einsatz berührt werden. Konkretisiert wird dies durch § 25 Abs. 1 Satz 2 LBKG, wonach Bedürfnisse der anderen beteiligten Stellen durch die Einsatzleitung zu berücksichtigen sind, sowie § 25 Abs. 2 LBKG, der ein Einvernehmen zwischen dieser und der Polizei hinsichtlich zu veranlassender Sicherheitsmaßnahmen fordert. Polizeiliche Aktionen sind demnach mit dem Einsatzleiter abzustimmen (FHöV 1998: 69). Speziell für Rettungsleitstellen ergibt sich aus § 7 Abs. 4 Satz 1 RettDG die Pflicht, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus führt die FwDV 100 (die in Rheinland-Pfalz als DV 100 eingeführt wurde und somit für den gesamten Katastrophenschutz gültig ist) in ihrer Nr. 3.1 die Führungsgrundsätze aus, zu denen auch gehört, die Zusammenarbeit mit anderen, nicht unterstellten Kräften und Stellen zu gewährleisten. Polizeiliche Vorschriftenlage Wird die Polizei im Zuge ihrer Eilzuständigkeit für eine andere Institution tätig, so entsteht hieraus die Pflicht zur Unterrichtung dieser Stelle gem. § 1 Abs. 7 Satz 2 POG. Auch die PDV 100 misst der Kommunikation große Bedeutung bei. Sie bezeichnet sie als Voraussetzung für erfolgreiches Führen30 und widmet ihr einen eigenen (allgemeinen) Abschnitt31. Für den Fall einer größeren Gefahren- und

30 31

PDV 100, Nr. 1.5.3.2 a.a.O., Nr. 1.3

19

Schadenslage, Katastrophe konkretisiert sie ihre Aussagen indem sie zur gegenseitigen Beratung32 und Verbindungsaufnahme33 verpflichtet. Noch detaillierter wird bei Gefährdungen durch Gefahrstoffe der LF 45034, der Absprachen mit den zuständigen Stellen bei der Festlegung des Gefahrenbereichs, die Einbeziehung von Informationen der Fachdienste in die eigene Aufklärung, die Mitteilung eigener Erkenntnisse dorthin sowie eine Rücksprache mit den originär Zuständigen bei zu veranlassenden Maßnahmen empfiehlt.35 Datenschutzregelungen Auch

die

Übermittlung

personenbezogener

Daten

(etwa

mit

der

Personenauskunftsstelle) kann Bestandteil der Kommunikation sein. Hierfür finden grundsätzlich die Landesdatenschutzgesetze Anwendung, sofern nicht bereichsspezifische Datenschutzregelungen spezielle Ermächtigungen enthalten. Im vorliegenden Fall existiert eine solche Lex specialis, nämlich § 39 LBKG. Seinem Absatz 3 folgend, dürfen personenbezogene Daten an andere Stellen (also bspw. die Polizei) z.B. zur Gefahrenabwehr, Bearbeitung von Alarm- und Einsatzplänen oder Strafverfolgung übermittelt werden. Hierbei handelt es sich um Regelbeispiele.36 Auch umgekehrt (also von der Polizei an die im Katastrophenschutz tätigen Organisationen) ist demnach eine Datenübermittlung statthaft, sofern dies für die gem. § 1 Abs. 1 LBKG zu erfüllenden Aufgaben erforderlich ist.37 Trotz

dieser

Regelung

und

der

Unterstützungspflicht

bei

der

Opfer-

identifizierung38 ergeben sich im Einzelfall Probleme, weil sich an der Einsatzbewältigung beteiligte Ärzte und deren Hilfspersonal trotz dieser bestehenden Datenschutzvorschriften auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht gem. §§ 53, 53a StPO39 berufen.40 Der Umfang dieses Rechtes ist dabei auf die bei der Berufsausübung anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen begrenzt, kann sich jedoch auch auf die Tatsache und die Art des Kontaktes zwischen Arzt und 32

a.a.O., Nr. 4.15.1.6 a.a.O., Nr. 4.15.6 34 Gefahren durch chemische, radioaktive und biologische Stoffe 35 LF 450, Nr. 1.6.1, 1.6.2 und 1.6.5 36 Drucksache 14/3502 des Landtags Rheinland-Pfalz, S. 53 37 Gem. § 29 Satz 4 RettDG gilt § 39 LBKG für die Datenübermittlung im Rettungsdienst analog 38 Vgl. RAEP Gesundheit, Ziff. 3.2 39 Gem. § 9a Abs. 3 POG gelten diese Vorschriften auch bei präventiv-polizeilichen Befragungen 40 Vgl. Experteninterview mit Herrn Leidecker in der Anlage 33

20

Patient erstrecken und ist somit sehr weit gefasst. Seine besondere Bedeutung wird noch dadurch unterstrichen, dass der Bundesgesetzgeber mit der Schaffung des § 203 StGB41 für bestimmte Berufsgruppen (u.a. Ärzte) das widerrechtliche Offenbaren beruflich erlangter Geheimnisse unter Strafe stellt. Zwar obliegt es dem Berufsgeheimnisträger grundsätzlich selbst, über die Datenübermittlung zu entscheiden, er kann jedoch auch durch den Patienten von seiner Schweigepflicht entbunden werden. Da dies jedoch in einer entsprechenden Lage aus gesundheitlichen Gründen häufig nicht möglich sein dürfte, bleibt m.E. nur ein weiterer Weg, die erforderlichen Daten zu erlangen – das Melderecht. § 28 Abs. 3 Satz 3 MG verpflichtet nämlich die Leiter von Krankenhäusern zur Erteilung von Auskünften über die Identität aufgenommener Patienten, sofern dies zur

Gefahrenabwehr,

Strafverfolgung

oder

Vermisstensachbearbeitung

erforderlich ist. Strafrechtliche Schutznormen Über den bereits bezeichneten § 203 StGB hinaus wird die dienstliche Kommunikation u.a. durch § 201 StGB42, der auch Dienstgespräche umfasst sowie § 353b StGB43 geschützt. Diese Vorschriften haben die Einhaltung der den Amtsträgern und sonstigen für den öffentlichen Dienst Verpflichteten obliegenden Verschwiegenheit zum Ziel. Aber auch gegen die unbefugte Kenntniserlangung durch Aktivitäten Dritter außerhalb der BOS, insbesondere den Funkverkehr betreffend, besteht ein strafrechtlicher Schutz. Hier ist § 89 i.V.m. § 148 TKG44 einschlägig. Verfahrensregelungen Aus einer Vielzahl weiterer Vorschriften ergeben sich ferner Verfahrens- sowie technische Regelungen zu speziellen Bereichen der organisationsübergreifenden Kommunikation, etwa der Funk- oder E-Mail-Kommunikation.

41

Verletzung von Privatgeheimnissen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes 43 Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht 44 Abhörverbot und Strafvorschriften 42

21

Beispielhaft seien hier die BOS-Funkrichtlinie, die PDV’en 80045, 810.146, 810.247 bzw. FwDV 810.348 genannt, auf die im späteren Verlauf teils näher eingegangen wird. Diese Rechtsgrundlagen haben auch im Arbeitsalltag der BOS Bedeutung – nicht nur bei größeren Schadenslagen. Aus diesem Grund sollten sich die verschiedenen Institutionen daher bereits im täglichen Dienst auseinandersetzen und ggf. Einzelthemen (wie z.B. die ärztliche Schweigepflicht) im Rahmen des Dienstunterrichtes vertiefen.

4

Einflussfaktoren auf die Kommunikation

In diesem Abschnitt werden diejenigen Bedingungen beleuchtet, die sich auf die allgemeine Kommunikation zwischen den BOS auswirken und diese dadurch fördern oder auch erschweren können. Sie rühren von Erfahrungen aus dem alltäglichen Miteinander der Organisationen her. Die Auswirkungen dieser Einflussfaktoren sowie etwaige Lösungsvorschläge übertragen sich dabei m.E. auch begünstigend auf die spezielle Kommunikation im Rahmen von größeren Gefahren- und Schadenslagen. 4.1

Faktor Persönlichkeit und Erkennbarkeit

Soziale Kompetenz, insb. die Kommunikationsfähigkeit ist für den Einsatz von enormer Bedeutung (Weismor 1994: 270). Als wesentlichen Faktor für die Kommunikation nennt Berndt (1989: 71) das Vertrauen, welches allerdings zunächst aufgebaut werden muss. Der Erfolg der Kommunikation liegt dabei im gegenseitigen persönlichen Kennen49 der Gesprächspartner (a.a.O.: 76 f.). Diese Auffassung teilen im Übrigen auch alle interviewten Experten.50 Dabei darf das Kennenlernen der 45

Fernmeldemittel Formelle elektronische Kommunikation 47 Sprechfunkverkehr; diese besteht laut Beschluss des AK II vom 22.02.2005 bis zur Einführung des Digitalfunks nur noch aus der Nr. 7 (Durchführung des Sprechfunkverkehrs) der vorherigen PDV 810 (Fernmeldebetriebsdienst) 48 Sprechfunkdienst 49 Das Kennenlernen der benachbarten Organisationen wird in Abschnitt 5.1.1 näher behandelt 50 Vgl. Experteninterviews (Anlagen) 46

22

Führungskräfte der verschiedenen Organisationen nicht dem Zufall überlassen bleiben (Fritzen 1994: 21), sondern sollte gezielt und frühzeitig – bereits im Arbeitsalltag – einsetzen; während der Lagebewältigung fehlt hierfür i.d.R. die nötige Zeit. Schließlich ist dies mitentscheidend für das Gelingen einer guten Zusammenarbeit (Von Kirchbach et al. 2003: 202). Die Repräsentation der eigenen Dienststelle bei formellen oder informellen51 Anlässen anderer Stellen scheint besonders geeignet, dies zu fördern. Wenn sich Führer und Kräfte der verschiedenen eingesetzten Organisationen bereits aus dem Alltagsgeschäft kennen, kann dies die Effektivität der Zusammenarbeit steigern (Wölker 1993: 28). Dabei wäre eine „Kontinuität bei der Besetzung von Ansprechpartnern […] in Schlüsselpositionen“ (Hüls / Oestern 1999: 179) anzustreben, um die Kommunikation längerfristig zu erleichtern. Eine deutliche Steigerung des gegenseitigen Kennens und der freundschaftlichen Beziehungen stellt dabei eine eventuelle (ehrenamtliche) Tätigkeit in einer benachbarten Organisation dar. Dies wird von Auf der Heide (1989) als kommunikationsförderlich gesehen; hieraus erwächst jedoch u.U. auch eine Unvereinbarkeit (zumindest im aktiven Einsatzdienst oder hinsichtlich der Besetzung von Führungsfunktionen), die gleichwohl in einigen Katastrophenschutzgesetzen zum Ausdruck gebracht wird. Kennt man andererseits sein Gegenüber nicht, erhöht dies den Kommunikationsbedarf im Einsatz erheblich. Hinzu kommt, dass man dann sein Pendant identifizieren können muss, um sich abzustimmen, was eine Wahrnehmbarkeit von Personen als Verantwortliche bedingt. Die Bedeutung der Erkennbarkeit steigt somit mit dem Grad der Unbekanntheit bei den (benachbarten) Kräften. Dabei sollte es sich um einheitliche Kennzeichnungen handeln, die auch allen Organisationen klar und für sie erkennbar sind (Hüls / Oestern 1999: 224), damit es nicht zu einem „bunten Bild von je nach Organisation […] unterschiedlich gekennzeichneten Führungskräften“ (a.a.O.: 213) kommt, wie z.B. nach dem Einsatz in Eschede berichtet wurde.

51

Z.B. Sportwettkämpfe oder Grillfeste

23

Mit dieser Thematik hat sich insbesondere die Feuerwehr bereits intensiv auseinandergesetzt und festgestellt, dass die bislang ausschließlich verwandte Helmkennzeichnung sich nicht als praktikabel erwiesen hat, weshalb der Deutsche Feuerwehrverband eine zusätzliche Lösung mittels wechselbaren Überwurfwesten empfiehlt,52 die zwischen Einsatz-, Abschnittsleitern, Zugführern sowie Pressesprechern und Fachberatern differenzieren lassen. Die FührungsdienstRichtlinie53 ergänzt dies noch um die Verwendung von Rückenschildern mit Funktionsbezeichnungen. Dabei ist darauf zu achten, dass Kennzeichnungen nicht dauerhaft aufgebracht sind, sondern sich im Einsatz auch leicht entfernen lassen (a.a.O.: 214), so dass es bspw. nicht zur Mehrfachkennzeichnung der gleichen Funktion kommt bzw. die Möglichkeit besteht, einen Führungswechsel sichtbar zu machen. Diese Ausführungen gelten analog für die Kennzeichnung von vor Ort befindlichen Führungsfahrzeugen54 oder -stellen, denn es muss stets (auch für überörtliche / unbekannte Kräfte) klar sein, wer Funktionsträger ist. Nicht selten finden sich bei entsprechenden Großlagen z.B. mehrere Fahrzeuge mit der Aufschrift EINSATZLEITUNG vor Ort. Es ist daher eine abgestimmte Kennzeichnung anzustreben (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 59). Als regional unterschiedliche Lösungsansätze werden zum Teil beschriftete Leuchtballons oder bunte Rundumkennleuchten verwandt (Klösters / Sölken 2006: 69). Die Erkennbarkeit der Polizei bildet dabei keine Ausnahme, sondern stellt sich m.E. eher defizitär dar. Nicht nur, dass gerade in der Übergangsphase, in der viele Länder die Uniformierung ihrer Polizei umstellen eine gewisse Verwirrung durchaus denkbar ist, sondern vor allem in der Kenntlichmachung der verantwortlich Handelnden vor Ort. So handeln in der Anfangsphase häufig mehrere Funkstreifenwagenbesatzungen im Einsatzgeschehen nebeneinander und gleichberechtigt, ohne dass ein EA-Führer oder ein Einsatzleiter Ort benannt wurde oder sich als solcher zu erkennen gibt (FHöV 2002: 57). Hinzu kommt, dass innerhalb der Polizeien kaum Regelungen existieren, die eine Kennzeichnung dieser Personen zum Gegenstand haben.55 52

Fachempfehlung Nr. 4/2004 Richtlinie für den Führungsdienst im Brandschutz, in der Allgemeinen Hilfe und im Katastrophenschutz (Rheinland-Pfalz), Nr. III.4 54 Vgl. Führungsdienst-Richtlinie, Nr. III.5 55 Dienstgradabzeichen alleine spiegeln i.d.R. weder Funktion noch Verantwortungsbereich wider 53

24

In besonderem Maße von diesem Problem betroffen ist der Einsatz von Zivilkräften (z.B. Kriminalbeamten). Auch hier könnten Überwurfwesten, Armbinden,

Anstecklichtbildausweise

und

Fahrzeugmarkierungen

(z.B.

Rundumlicht mit Magnetaufsatz) Lösungsmöglichkeiten bieten (vgl. Keller 1976: 256). Die Verwendung von Kennwörtern stellt hier keine echte Alternative dar, da sie eine Erkennbarkeit erst nach Ansprache bietet. Ein bestehender Mangel an der Kennzeichnung der Kräfte kann dabei allenfalls dadurch ein wenig ausgeglichen werden, dass man sich persönlich kennt (Hüls / Oestern 1999: 17), was den Blick wieder zum Anfang dieses Abschnitts lenkt. Zusammenfassend kann demnach festgestellt werden, dass es ein elementarer Bestandteil der organisationsübergreifenden Kommunikation ist, sich gegenseitig persönlich zu kennen und im Einsatzfall zu erkennen. Es gilt daher, jede sich bietende Gelegenheit zum Kennenlernen der Verantwortungsträger benachbarter Stellen zu nutzen und bspw. selbst entsprechende Treffen in die Wege zu leiten. Hierzu bieten sich etwa Einladungen zu bzw. Vorstellungen unmittelbar nach Amtseinführungen an. Darüber hinaus muss die Wahrnehmbarkeit polizeilicher Funktionsträger deutlich verbessert werden. Hierfür eignet sich m.E. die Nutzung verschiedenfarbiger Überwurfwesten analog denen der Katastrophenschutzeinheiten, deren Kolorit sich jedoch deutlich von diesen unterscheidet. 4.2

Faktor Führung und Organisation

Hier soll dargestellt werden, ob und wie sich Führungsstrukturen oder organisatorische Unterschiede auf die Kommunikation auswirken. Führungsstruktur Auf

die

bestehenden

unterschiedlichen

Zuständigkeiten

und

Führungs-

verantwortlichkeiten von Polizei und Katastrophenschutz wurde bereits in Abschnitt 2 näher eingegangen. Wie die Erfahrungen allerdings zeigen, sind Unklarheiten hierüber immer wieder Reibungspunkte in der Kommunikation.56 So ging es in den strafrechtlich nachbereiteten Fällen von Zornheim und Kobern-

56

Z.B. Einsatzanlässe, deren Bewältigung nicht eindeutig einer Organisation zugeschrieben oder wo Zuständigkeitsüberschneidungen gegeben sind

25

Gondorf57 u.a. darum, dass die eingesetzten Polizeibeamten bei Bränden eine von der Feuerwehr abweichende Lagebeurteilung vorgenommen hatten und nicht mit deren Durchführung der einsatztaktischen Maßnahmen einverstanden waren, was in Kompetenzstreitigkeiten endete – ein Umstand, der vor dem Hintergrund einer professionellen Einsatzbewältigung nicht hinnehmbar ist. Dies verdeutlicht, wie wichtig gegenseitige Kenntnisse über bestehende Zuständigkeitsregelungen, Führungsverantwortlichkeiten58 sowie Befugnisse sind. Dabei sind die unterschiedlichen Führungsphilosophien von Polizei und Katastrophenschutz zu berücksichtigen. So wird sich ein Feuerwehr-Einsatzleiter, der (je nach Lage) ggf. sogar Gesamteinsatzleiter sein kann, mit seiner TEL vor Ort einrichten und dort die einsatzrelevanten Entscheidungen treffen. Der Polizeiführer agiert mit seinem Führungsstab hingegen „von hinten“, also i.d.R. aus einer polizeilichen Liegenschaft heraus. Nur in Einzelfällen wird der Polizeiführer sich vor Ort begeben; dies obliegt vielmehr dem Führer des EA Schadensort. Dabei wird eine Vielzahl der operativ-taktischen als auch der administrativ-organisatorischen Entscheidungen der Polizei überwiegend im Führungsstab vorbereitet, sodass dem Feuerwehr-Einsatzleiter nicht immer der äquivalente Ansprechpartner der Polizei gegenübersteht. Anderen Organisationen fehlt es hingegen nahezu gänzlich an Struktur. So ist z.B. der Rettungsdienst in seiner Alltagsarbeit nicht in Hierarchien eingebunden und hat daher ggf. Probleme, seine Rolle und seinen Platz im Gefüge des Katastrophenschutzes zu finden (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 26). Dies entsprechend zu organisieren obliegt u.a. dem LNA59 als Führer des EA Gesundheit gemeinsam mit dem OrgL60. Vor allem Letzterem obliegt auch die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den anderen Fachdiensten und der Polizei (a.a.O.: 27 ff.). In der Anfangsphase sollen diese Rollen vorübergehend von der Besatzung des ersteintreffenden Notarzteinsatzfahrzeugs übernommen werden. Hierbei ist nicht ungewöhnlich, dass durch diese Personen mangels Kenntnis bestimmte Informationswege nicht eingehalten werden (a.a.O.: 37). 57

Vgl. Abschnitt 1.1 sowie Experteninterview mit den Herren Plattner / Gräff in der Anlage Vor Ort wird zumeist ein Beauftragter des politisch Gesamtverantwortlichen die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr führen (z.B. Kreis-/Stadtfeuerwehrinspekteur oder Wehrleiter) 59 Vgl. § 25 Abs. 1 Satz 3 LBKG sowie RAEP Gesundheit, Nr. 3.1 60 Vgl. RAEP Gesundheit, Nr. 3.1 58

26

Unterschiedliche Führungsstrukturen müssen jedoch nicht zu einem Problem werden (a.a.O.: 61). Eine gut gestaltete Kommunikation ist durchaus in der Lage, diese auszugleichen. Zusätzlich fordert Schmidt (1990: 238) gegenseitige „Respektierung, Rücksichtsnahme und den uneingeschränkten Willen zu koordiniertem Vorgehen“. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme, abgestimmte Verfahrensweisen sowie der Austausch von Informationen in der ersten Phase reduzieren

bereits

deutlich

die

Gefahr

einer

negativ

beeinträchtigten

Zusammenarbeit. Insbesondere ein frühzeitiger Austausch von Verbindungspersonen61 zwischen den Organisationen würde diese Bestrebungen m.E. begünstigen. Hinzu kommt, dass jede Einsatzkraft über Grundkenntnisse der benachbarten BOS, insbesondere hinsichtlich deren Aufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse verfügen muss, um Kompetenzstreitigkeiten von vornherein zu vermeiden. Organisationsentwicklungen Über dies hinaus existieren auch Überlegungen, ob eine – wie auch immer geartete – Zusammenlegung von Polizei und Katastrophenschutz (auch kommunikative) Vorteile mit sich bringt, sei es durch gemeinsame Stabsarbeit62 oder gesamtorganisatorisch betrachtet. In Niedersachsen hat man diesbezüglich neue Wege beschritten. Dort wurden im Innenministerium die Bereiche Polizei und Brand-/Katastrophenschutz zu einer Abteilung zusammengefasst63 und dementsprechend die Polizeidirektionen neu gegliedert. Ähnliche, nicht ganz so weit reichende Tendenzen sind auch in Sachsen64 und Mecklenburg-Vorpommern65 festzustellen. Begründet wird dies u.a. mit der bestehenden Sachnähe beider Bereiche sowie der operativen

61

Vgl. Abschnitt 5.1.2.3 Vgl. hierzu die Ausführungen von Fritzen (2004) unter Abschnitt 5.1.2.3 63 Landespräsidium für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz; vgl. http://cdl.niedersachsen.de/ blob/images/C39674111_L20.pdf [Stand 27. Juni 2008] 64 Einbindung des Referates „Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“ in die Abteilung „Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Landespolizeipräsidium“; vgl. http://www.smi. sachsen.de/download/SMI/OrgSMI.pdf [Stand 27. Juni 2008] 65 Landesamt für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand- und Katastrophenschutz; vgl. http://www.polizei.mvnet.de/index.php?option=content&task=view&id=37&Itemid=73 [Stand 27. Juni 2008] 62

27

Erfahrung der Polizeibehörden.66 Konsequenterweise wird dieser Schritt in Niedersachsen

auch

bei

Einsätzen

umgesetzt,

sodass

dem

klassischen

polizeilichen Stabsmodell67 ein Stabsbereich 5 (Brand- / Katastrophenschutz) angegliedert ist, dessen Fachlichkeit auch in den Stabsbereichen Lagezentrum und Öffentlichkeitsarbeit abgebildet ist. Die AGBF (2005: 3) verweist jedoch deutlich auf die Trennung von Polizei und Katastrophenschutz. Sie hält eine Zusammenfassung mit bzw. eine Unterordnung der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr für „fachlich kontraproduktiv und politisch unvertretbar“. So sieht sie u.a. die Einflüsse der Länder in kommunale Strukturen sowie das Ansehen des Katastrophenschutzes in der Bevölkerung als Problem (a.a.O.: 7 f.). Zudem seien die Führungsstrukturen sowie die Arbeitsgebiete gänzlich unterschiedlicher Natur, sodass in einer Zusammenlegung keine Synergien erkennbar seien.68 Die AGBF setzt daher auf eine enge Kooperation auf allen Führungsebenen (a.a.O.: 16). Verkürzt man jedoch die Betrachtungsweise rein auf die Kommunikation muss festgestellt werden, dass eine derartige Fusion sicherlich – alleine schon durch die entstehende Nähe der Organisationen zueinander – engere Kontakte und bessere Kenntnisse über die Partner mit sich bringen würde, was eine vertrauensvolle Zusammenarbeit grundsätzlich begünstigt. Allerdings dürften ähnliche Effekte m.E. auch durch die schlichte Schaffung räumlicher Nähe im Alltag, also bspw. die Unterbringung in gemeinsamen Liegenschaften bei Aufrechterhaltung der organisatorischen Trennung, erreichbar sein. Ehrenamt im Katastrophenschutz In den Einheiten und Organisationen der Katastrophenabwehr Deutschlands setzt man auf Freiwilligkeit und Ehrenamt; hier engagieren sich 1,8 Millionen Bürger in ihrer Freizeit für den Dienst am Menschen.69

66

Drucksache 15/3460 des Landtags Niedersachen PDV 100, Anlage 6 68 Eine Zusammenfassung der wesentlichen Argumente ist in der Anlage zu finden 69 Behörden Spiegel, Sonderausgabe Zivilschutzarchitektur, Dezember 2003, 50. Woche 67

28

Fraglich ist, ob dieser Umstand im Einsatz zu kommunikativen Problemen mit anderen, hauptamtlich agierenden Organisationen (namentlich der Polizei) führen kann. Im Freiwilligensurvey von 1999 (Von Rosenbladt 2001: 121) gaben immerhin 13% ehemaliger Ehrenamtlicher an, ihre Tätigkeit deshalb aufgegeben zu haben, weil sie Differenzen mit Hauptamtlichen hatten. Dabei sehen Letztere sich offenbar häufig als „Vorgesetzte und Meister“ der Ehrenamtlichen (a.a.O.: 208). Auch Decker (1987: 225) deutet darauf hin, dass aufgrund von Spezialisierungen, Gruppenegoismen oder Konkurrenzen Spannungen zwischen haupt- und ehrenamtlich Tätigen entstehen können, was sich auch als Kompetenzgerangel darstellen kann. Zumindest die Führungsfunktionen der Feuerwehren betreffend bestätigt dies auch eine Untersuchung der Freien und Hansestadt Hamburg (2004: 67). Hier wurden gegenseitiges Misstrauen und mangelnde sachliche Auseinandersetzungen beklagt. Zudem bestätigen Holle / Pohl-Meuthen (2002: 69) Konkurrenzen zwischen Haupt- und Ehrenamt, allerdings auch der Organisationen untereinander. Bei all diesen Feststellungen handelt es sich jedoch um organisations- bzw. sparteninterne Unstimmigkeiten, die keinerlei Bezüge zur Polizei aufweisen. Belege für diesbezügliche Probleme konnten nicht gefunden werden. Diese scheinen (unabhängig von haupt- oder ehrenamtlicher Betätigung) vereinzelt nur dann aufzutreten, wenn es Bezüge zur Strafverfolgungsaufgabe der Polizei gibt, sie also etwa gegen ein Mitglied einer benachbarten Organisation ermittelt oder dies in der Vergangenheit tun musste.70 Plattner / Gräff71 bezeichnen diesen Umstand als „Janusköpfigkeit“ der Polizei. Hierdurch besteht die Gefahr, dass sich Einzelne aus der Kommunikation mit der Polizei zurückziehen. Um

diesem

möglichen

Vermeidungsverhalten

seitens

der

Hilfs-

und

Rettungsdienste vorzubeugen, scheint es m.E. erforderlich, ein gegenseitiges Aufgaben- und Organisationsverständnis zu entwickeln. Den Fachdiensten sollte 70

Etwa wegen der missbräuchlichen Benutzung von Fernmeldeanlagen; vgl. http://www.ffjettingen.de/polfme.html [Stand 06. Juni 2008] 71 Vgl. Experteninterview in der Anlage

29

dabei insb. die Strafverfolgungsrolle der Polizei näher gebracht und diesbezüglich für Verständnis geworben werden. 4.3

Faktor Fachlichkeit und Ausbildung

Dombrowsky / Brauner (1996: 13) kommen in ihrer Untersuchung zu folgendem verheerenden Urteil: „Katastrophenschutz in Deutschland ist sprachlos oder intern.

[…]

innerhalb

der

beteiligten

Organisationen

wird

Kommunikationsmangel neben Führungsmängeln am meisten beklagt. Gerade Katastrophen-Management bedarf jedoch erhöhter Kommunikation […]. Hier bestehen enorme Ausbildungs-, Fortbildungs- und Ausstattungsdefizite.“ Zwar formuliert bspw. die PDV 20172, dass Polizeibeamte kommunikativ zu beschulen sind, um sie als Gesprächspartner sowie zum Abfassen von Meldungen zu

befähigen,

solcherlei

Maßnahmen

scheinen

jedoch

nicht

in

allen

Organisationen in ausreichendem Maße zu erfolgen. Hinzu kommt, dass die

verwandte Fachsprache der einzelnen BOS nicht

aufeinander abgestimmt ist. Dabei muss nach Pfeiffer (1996: 15 f.) eine kommunikative Kompatibilität, also sprachliches Verständnis als Grundlage vorhanden sein; was nutzt die beste Fachsprache, wenn das Gegenüber sie nicht versteht?

Gerade

in

„extremen

Situationen

zeigt

sich

[…],

dass

Informationsaustausch nur zwischen Personen möglich ist, die gleiche Begriffe und Begriffsinhalte verwenden“ (Berndt / Altmann 1981: 54). In diesem Zusammenhang wird insb. auf die Grundbegriffe der PDV 10073 verwiesen. Die Verwendung solcher Fachtermini bietet dabei vielfältige Vorteile: sie verkürzen die Kommunikation auf ein notwendiges Maß, sie vereinheitlichen das Verständnis

(z.B.

beim

Einsatz

überörtlicher

Kräfte)

und

beugen

Missverständnissen vor. Außerdem wirken sie sich auch auf die Funkgespräche aus. Fachsprache dient vielfach dazu, komplexe Sachinhalte für den Empfänger zu reduzieren. Hierdurch verringert sich auch die Übermittlungsdauer und somit die Belastung des Funkverkehrs (Berndt / Altmann 1981: 97 und Schmiedel / Unterkoffer 1993: 48). Ausschlaggebend ist jedoch, dass jeder diese Begriffe 72

Aus- und Fortbildung für die Verwendung in Einsatzeinheiten (die gem. Nr. 1.1 grds. auch für alle anderen Polizeibeamten gilt), Nr. 5 73 PDV 100, Anlage 20; eine Ergänzung der Grundbegriffe erfolgt durch die sog. Fachbegriffe

30

(sowie deren Bedeutungsinhalte) auch kennt; nur dies beugt Missverständnissen vor. Häufig ist dies allerdings nur innerhalb von Organisationen gegeben, nicht jedoch zwischen verschiedenen Institutionen. Schließlich verfügt jeder Bereich über seinen eigenen Sprachgebrauch, so z.B. die Begriffe aus dem Rettungs-74 oder Feuerwehrwesen75. Zwar können diesbezüglich Verbindungspersonen kurzfristig Abhilfe schaffen und begriffliche Unklarheiten aufklären bzw. beseitigen (Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski 2006: 1.5.2_11), dennoch sollte auch hier grundsätzlich eine einheitliche Terminologie Verwendung finden (Holle / PohlMeuthen 2002: 71 und AGBF 2005: 4). Bemüht um eine solche einheitliche Fachsprache für den Katastrophenschutz hatte die SKK bereits vor Jahren eine Projektgruppe mit diesem Thema betraut, die nunmehr bereits in zweiter Auflage das „Wörterbuch für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ herausgegeben hat, um diesem Ansinnen Rechnung zu tragen (SKK 2006). Bedauerlicherweise hat an diesem Werk allerdings kein polizeilicher Vertreter mitgewirkt. Ergänzend zu den erläuterten sprachlich-inhaltlichen Problemen sei noch erwähnt, dass diese auch im Bezug auf Einsatzmittel oder Funktionsbezeichnungen76 der verschiedenen Einheiten existent sind.77 Dabei wird nicht zwingend verlangt, dass jeder – über die gängigen hinaus – alle Begriffe und Abkürzungen kennen muss, dann sollte man allerdings diesbezüglich auch sprachliche Zurückhaltung bspw. bei der Anforderung benachbarter Kräfte walten lassen. Über dies hinaus sollte auch dem Sprechfunkverkehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Defizite bei der Wahrung von Funkdisziplin werden immer wieder beanstandet (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 37), wenngleich hier (bedingt durch gemeinsame Dienstvorschriften) bereits ein hoher einheitlicher Standard vorherrschen müsste. Zuweilen im Funkverkehr verwandte Codes (z.B. 74

DIN 13050 DIN 14011 76 Beispielhaft seien hier die Unterschiede zwischen Notarztwagen und Notarzteinsatzfahrzeug, sowie zwischen Wehrleiter und Wehrführer genannt 77 Dies gilt sodann erst recht für den Einsatzwert dieser Mittel bzw. Personen 75

31

Statusmeldungen) sollten dabei ebenfalls organisationsübergreifend einheitlich in ihrer Bedeutung sein (Auf der Heide 1989). Ähnlich der Fachsprachenproblematik kommt der Verwendung einheitlicher taktischer Zeichen, wie sie die PDV 10278 regelt, Bedeutung zu. Die Nutzung dieser Symbole wird inzwischen in der Ausbildung kaum noch berücksichtigt. Dabei stellen sie eine Möglichkeit der Visualisierung auf gemeinsamen Lagekarten dar, was den Einsatz bspw. in einer Führungsstelle plastischer werden ließe und gleichzeitig die Gegenwartsdauer im Gedächtnis gegenüber mündlichen Mitteilungen erheblich erhöhen und dadurch eine bessere Kommunikation schaffen würde (Krebs 1988: 80). Doch auch über das rein Sprachliche hinaus sollte ein Gesamtverständnis für die benachbarten BOS vorhanden sein. Hierzu gehören gegenseitige Kenntnisse, etwa über Aufgaben und Zuständigkeiten, Ausstattung und Möglichkeiten sowie Qualifikationen und Leitungsfunktionen. Dabei sollte jede Stelle bei sich selbst mit der Überlegung beginnen, was die anderen von ihr wissen sollten (Baldarelli / Brunn 1990: 462). Zur Vermittlung solcher fachlichen Inhalte können verschiedene Aus- und Fortbildungsmethoden genutzt werden. Denkbar wären z.B. die Mitwirkung bzw. Teilnahme an der Ausbildung der jeweils anderen BOS, die gemeinsame Gestaltung von Dienstunterrichten, der Austausch von Lehrpersonal, Infoveranstaltungen auf Leitungsebene, gegenseitige Hospitationen oder Besuche während der Regeldienstzeiten (Baldarelli / Brunn 1990: 463 f.). Für Führungskräfte wird darüber hinaus eine institutionalisierte regelmäßige Besprechungsrunde vorgeschlagen, auf die man sich zielgerichtet vorbereiten könnte. Derartige Treffen dürfen jedoch nicht ausschließlich der Problembewältigung dienen; diese sollten unmittelbar nach ihrer Entstehung ausgeräumt werden (a.a.O.: 465). Einen weiteren wichtigen Aspekt der Vorbereitung auf das Einsatzgeschehen und die Weiterbildung stellen Übungen dar. 79 Hierbei dürfte die Polizei jedoch zu den 78

Taktische Zeichen Auch die PDV 230 (Übungen) stellt in Nr. 1 auf einen ganzheitlichen Ansatz ab und formuliert in Nr. 2.2 die Erprobung der Zusammenarbeit mit anderen BOS als Ziel 79

32

Organisationen gehören, die – möglicherweise ob ihrer Alltagsbelastungen – mitunter am wenigsten üben. Auch gemeinsame Übungen werden zu wenig durchgeführt (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 61). Eine Ursache hierfür könnte in den Übungszeiten liegen.80 Dort wo Ehrenamtliche tätig sind, wird vielfach an Wochenenden oder in den Abendstunden geübt, für mehrheitlich hauptamtlich besetzte Dienststellen eine eher ungünstige Konstellation. Dennoch sollte immer wieder auf örtlicher und regionaler Ebene eine Integration aller BOS, insbesondere der Polizei angestrebt werden. Gerade die im Einsatz (auch zwischen den verschiedenen Institutionen) einzuhaltenden Informationswege sowie die korrekte Nachrichtenübermittlung müssen als integraler Bestandteil von Übungen immer wieder trainiert werden (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 59). Ferner sollte in diesem Rahmen festgestellt werden, ob getroffene Absprachen und Verfahrensabläufe verinnerlicht und wirksam sind. All diesen genannten Möglichkeiten der Kooperation ist immanent, dass sie helfen Vorurteile abzubauen und Chancen bieten, ein Vertrauen in die Fachkompetenzen der Partner zu entwickeln – Grundlagen für eine reibungslose Kommunikation

im

Einsatz.

Als

Wesentlich

erscheint

demnach

die

Weiterentwicklung einer gemeinsamen Fachsprache unter Beteiligung der Polizei sowie die Durchführung gemeinsamer Aus- und Fortbildungsvorhaben im weitesten Sinne. 4.4

Faktor Technik

Die unmittelbare Kommunikation zwischen Menschen kann immer dann erfolgen, wenn die Gesprächsteilnehmer zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind. Immer wenn dies nicht der Fall ist, aber dennoch ein Kommunikationsbedürfnis besteht, ist der Einsatz von Informationstechnologie erforderlich (Krcmar 2000: 165). Pfeiffer (1996: 15 f.) kommt zu dem Ergebnis, dass Kommunikation wechselseitig verlaufen muss, was voraussetzt, dass die Gesprächspartner auch tatsächlich miteinander Kontakt aufnehmen können und nicht etwa durch ausgefallene oder 80

Vgl. Experteninterview mit Herrn Bernhard in der Anlage

33

überlastete Technik daran gehindert werden. Der Einsatz von IuK-Technik bietet hierzu Möglichkeiten und dient darüber hinaus dem schnellen, sicheren und effektiven Informationsaustausch (Unterwallney 1988: 43 und 49). Der Katastrophenschutz kennt folgende Mittel der Informationsübertragung (BZS 1988a: LA 1, 7 sowie LA 4, 3 f.): -

Besprechungen81

-

Fernmeldemittel82 Sie dienen der Sprach-, Video-, Daten-, Bild- oder Schriftübertragung über eine Distanz und lassen sich wie folgt unterteilen: o (leitergebundene) Drahtverbindungen Sie kommen insb. zwischen bzw. innerhalb von Führungsstellen oder bei Punktlagen zum Tragen, wenn die Art oder Dauer des Einsatzes

dies

erfordert.

Außerdem

können

mit

ihnen

Funkverbindungen überlagert oder ersetzt werden. o (nicht leitergebundene) Funkverbindungen Sie dienen vor allem dem beweglichen Einsatz und stellen – obwohl ihre Verwendung auf ein unumgängliches Maß beschränkt sein soll – das am häufigsten genutzte und bedeutendste Führungsmittel dar. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, die im Einzelfall erwogen werden müssen. Nicht selten wird man die Kommunikationsmittel auch kombinieren. -

Verbindungsorgane (z.B. Verbindungspersonen, Melder oder Kuriere), deren Einsatz u.a. der Entlastung der Telekommunikationsmittel dient (DRK 1981: 185).

Die Entscheidung für ein bestimmtes Kommunikationsmittel bestimmt dabei zugleich die Übertragungsqualität der Nachricht, z.B. das Rauschen im Funk (Schmiedel / Unterkoffer 1993: 64).

81

Ferch / Melioumis (2005: 36 ff.) ergänzen diese „direkte Kommunikation“ um non-verbale (z.B. Führungszeichen) und schriftliche Übermittlungen (z.B. im Führungsstab); denkbar ist jedoch auch ein klassischer Sicht- oder Rufkontakt 82 Heute eher als Kommunikationsmittel bezeichnet

34

Wichtig erscheint jedoch das Bewusstsein darüber, dass Technik unterstützen soll, d.h. sie muss einfach bedienbar sein, optimalerweise in die Alltagsarbeit integriert sein (damit der Umgang mit ihr routiniert erfolgt) und eine Erleichterung darstellen. Fakt ist allerdings, dass alle technischen Systeme Kapazitätsgrenzen haben, die in einer entsprechenden Lage schnell erreicht oder überschritten werden können, was bis zum Totalausfall führen kann (Glass 2005: 27). Zudem kann dies auch durch lagebedingte Ereignisse (z.B. Stromausfall bei Unwettern oder terroristische Anschläge) verursacht werden. Daher ist es erforderlich, für solche Fälle Rückfallebenen einzuplanen. Führungskräfte sollten aus diesem Grund mit mehreren verschiedenen Fernmeldemitteln ausgestattet sein, wobei die Bedienung dieser optimalerweise Führungsassistenten83 überlassen werden sollte, um sich auf den Informationsgehalt und nicht auf die Technik zu konzentrieren (Crespin et al. 1996: 131).84 Ein Mangel an Kommunikationsmitteln, wie er z.B. in Eschede aufgetreten ist (Hüls / Oestern 1999: 193), ist nicht akzeptabel. Vielmehr ist darauf zu achten, dass die von den verschiedenen Stellen eingesetzte Fernmeldetechnik kompatibel ist.85 Analogfunk Das derzeit in Deutschland bei den verschiedenen Institutionen noch flächendeckend verfügbare und meistgenutzte Kommunikationsmittel stellt der Analogfunk dar, der jedoch erfahrungsgemäß in Großschadenslagen immer wieder Probleme aufwirft. Und dies, obwohl die BOS-Funkrichtlinie in ihrem § 1 Abs. 2 den Anspruch formuliert, dass den Bedarfsträgern zur Aufgabenerfüllung ausreichende Funkverbindungen gesichert und gegenseitige Störungen verhindert werden sollen. Dabei besteht die Forderung, dass auch zwischen den BOS Funkverbindungen bestehen sollen (Hüls / Oestern 1999: 224).86 Diesbezüglich wäre ein Umschalten 83

Dieser Begriff taucht in der der PDV 100 nicht (mehr) auf, dennoch bedient man sich immer wieder entsprechender Funktionsträger im Einsatz; sie stehen dabei dem jeweiligen Führer zur Seite. Ihnen obliegt neben der Kommunikation mit den Stäben u.a. die Bereithaltung von FEM, die evtl. Terminüberwachung bei Aufträgen sowie die Dokumentation (Berndt / Altmann 1981: 91) 84 Empfohlen wird zudem eine Ausstattung der Führungs-/Fachkräfte mit Funkmeldeempfängern, um sie zu wichtigen Besprechungen alarmieren zu können (Hüls / Oestern 1999: 213) 85 Einer fehlenden Kompatibilität ist ggf. durch den Austausch von FEM entgegenzuwirken 86 Diese geht laut Krampe (2006: 5) auf einen IMK-Beschluss aus dem Jahre 1976 zurück

35

zwischen den BOS-Kanälen unproblematisch; eine Kommunikation auf dem Funkkanal einer benachbarten BOS ist nämlich dann zulässig, wenn sich die Notwendigkeit hierzu aus der Zusammenarbeit ergibt.87 Alternativ wäre auch an ein Zusammenschalten mehrerer Funkverkehrskreise zu denken,88 allerdings darf bezweifelt werden, ob es sinnvoll und leistbar wäre, einen gemeinsamen Einsatzkanal zu bedienen bzw. zu verfolgen – zu unterschiedlich sind die einzelnen Mitteilungen und zu hoch wäre die Kapazitätsanforderung an diesen. Möglich erscheint jedoch die Nutzung eines gemeinsamen Führungskanals, etwa über die dem Katastrophenschutz zur Verfügung gestellten Frequenzen. Dies würde auch den Einsatzfunk der einzelnen Organisationen entlasten (Schmiedel 2002: 321). Auch in London ist bspw. für Großschadensfälle ein organisationsübergreifender Führungskanal vorgesehen (LESLP 2007: 30). Wünschenswert wäre sicher die Verfügbarkeit eines eigenen Funkkanals für jeden Einsatzabschnitt, was aber kaum der Realität entsprechen dürfte. Daher ist in diesem Bereich effizient zu arbeiten. Werden also gemeinsame Funkfrequenzen vereinbart, ist es von Bedeutung, dass diese auch den benachbarten Organisationen bekannt sind (Hüls / Oestern 1999: 196).89 Optimal wäre auch die Verwendung einheitlicher Funkkennungen für Einsatzfahrzeuge; diese erlauben Aufschlüsse über den Einsatzwert anreisender überörtlicher Kräfte und erleichtern somit die Einsatzkoordination (a.a.O.: 213). Grundsätzlich erscheint es erforderlich, den Funk des täglichen Dienstes von der Sonderlage zu trennen (Schmidt 1990: 243), was ggf. durch die Nutzung von Sonderkanälen realisiert werden kann. Dabei besteht die Möglichkeit, den Einsatz oder auch den Alltagsdienst auf diese zu verlegen. Dazu berichtet Walser (2003: 4), dass beim Flugzeugabsturz in Überlingen im Jahr 2002 bewusst auf das Schalten eines Sonderkanals verzichtet wurde, um die anreisenden Kräfte vor Informationsdefiziten zu bewahren und die im Alltagsgeschäft tätigen Beamten ebenfalls fortlaufend informiert zu halten. Zu Überlastungen des Funkverkehrs sei

87

Vgl. FwDV 810.3 – Sprechfunkdienst sowie § 7 Abs. 1 BOS-Funkrichtlinie In RP wäre dies durch ein „Landesweites Verbindungsnetz der Polizei“ von jeder Führungszentrale eines PP aus möglich; vgl. Polizeikurier 03/2007, S. 1 89 Kanäle, Rufnamen und sonstige Erreichbarkeiten sollten den benachbarten BOS in Form von Kommunikationsplänen übermittelt werden 88

36

es aus dem Grund nicht gekommen, da viele Gespräche über Telefon abgewickelt worden seien. Solchen Belastungen kann darüber hinaus durch folgende Maßnahmen entgegengewirkt werden: -

die Nutzung eines landesweiten Anrufkanals90 entlastet den Einsatzfunk von überörtlichen, auf der Anfahrt befindlichen Kräften. Diese können hier (ohne lange nach Frequenzen suchen zu müssen) empfangen werden (Auf der Heide 1989),

-

Alarmierungen91 sollten möglichst auf einem separaten Kanal (Volkmann 2001: 87), ggf. dem Alltagskanal erfolgen,

-

Lageeinweisungen und Lotsungen über Funk belasten diesen unnötig; hierzu sollten Kräftesammelstellen genutzt werden,

-

unnötiges Funken, die Wiederholung bekannter Sachverhalte und Überaktivitäten (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 37) müssen unterbunden werden; Funkdisziplin und die Beschränkung auf wichtige Mitteilungen sind zwingend zu beachten,

-

FMS-Kurztextübertragungen92 entlasten ebenfalls den Funkverkehr und reduzieren zusätzlich Übertragungsfehler bzw. Missverständnisse,93

-

bei Bestehen einer gewissen Vorlaufzeit94 ließen sich auch durch die Freischaltung weiterer Kanäle, die Installation von Relaisstellen oder Telefonnutzung entsprechende Überlastungen minimieren sowie weitere Störungen reduzieren (Volkmann 2001: 87).

Neben den geschilderten Kapazitätsgrenzen können auch Reichweitenprobleme95 auftreten (AG Hochwasser 2003: 110), sodass z.B. der Einsatzstellenfunk über 2m-Band, die Kommunikation zwischen eingesetzten Luftfahrzeugen oder diesen und den am Boden agierenden Kräften (Volkmann 2001: 86) beeinträchtigt sein kann. Hier ist an die bedarfsabhängige Schaffung zusätzlicher Relaisstellen oder

90

In Rheinland-Pfalz umgesetzt als Not- und Anrufkanal auf Kanal 444 Z.B. via Funkmeldeempfänger oder Sirenen 92 Vgl. Technische Richtlinie der BOS – Funkmeldesystem 93 Zu diesbezüglichen Untersuchungen vgl. Schmiedel (2002: 174) 94 Bspw. bei Großveranstaltungen, anlässlich derer man sich auch auf größere Schadenslagen vorbereitet 95 In Form von Überreichweiten oder Unterversorgung 91

37

den Unterstützungseinsatz von Personal zur Funküberwachung/-aufklärung zu denken. Können Überlastungen oder Störungen des Funks nicht verhindert oder unmittelbar abgestellt werden, wird häufig auf eine Nutzung von Mobiltelefonen umgeschwenkt. Mobiltelefon Der Einsatz von Mobiltelefonen im Rahmen von Großeinsätzen ist nicht unumstritten; auch hierbei existieren Vor- und Nachteile, die es abzuwägen gilt. So wurde die Handynutzung bspw. beim Busunglück in Donaueschingen als hilfreich bewertet (Wölker 1993: 30). Kritiker hingegen konstatieren, dass der Gebrauch von Mobilfunkgeräten grundsätzlich keine echte Alternative zu überlastetem Sprechfunkverkehr darstellt, da auch Dritte (z.B. Betroffene oder Medienvertreter96)

diese

Netze

nutzen

und

schon

dadurch

deren

Kapazitätsgrenzen erreicht sein können.97 Es empfiehlt sich demnach, mit Vorrangschaltungen98 zu arbeiten (Engel 1999: 589 f.). Die rechtlichen Regelungen hierzu beinhaltet die sog. TelekommunikationsSicherstellungs-Verordnung (TKSiV)99. Ihr Ziel besteht gem. § 1 Nr.1 u.a. darin, die Telekommunikation auch bei Katastrophen sicherzustellen, z.B. durch Gewährung vorrangiger Verbindungen (§ 3 Abs. 2). Nach § 4 Abs. 1 steht dieses Recht

mitunter

Behörden,

Rettungsdiensten

und

Katastrophenschutz-

organisationen zu. Es muss jedoch im Vorfeld beim Telekommunikationsunternehmen beantragt werden (§ 6 Abs. 1), damit diese vorbereitete Maßnahme bei Gefahr im Verzug umgesetzt werden kann (§ 8). Ein weiteres Problem ergibt sich allerdings für die gemeinschaftliche Gesamtkommunikation (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 59), da außer den unmittelbaren Gesprächsteilnehmern niemand sonst am Nachrichtenaustausch 96

Gelegentlich sogar durch sog. Standleitungen Eine denkbare Alternative bietet die Telekommunikation über Satellit (Hüls / Oestern 1999: 24); hierzu liefen im Jahr 2007 Studien der European Space Agency (ESA) in Frankreich; vgl. http://harfordmedlegal.typepad.com/forensics_talk/2008/01/efficiency-of-s.html sowie http:// telecom.esa.int/telecom/www/object/index.cfm?fobjectid=12846 [Stand 24. Juni 2008] 98 Sog. Preemption ‚Bevorrechtigung’ 99 Erlassen auf Grundlage des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes (PTSG) 97

38

beteiligt wird, was zur Folge hat, dass eine nachträgliche Informationssteuerung zusätzlich erforderlich wird. Der Einsatz von Mobiltelefonen sollte daher auf ein notwendiges Maß beschränkt werden. Darüber hinaus herrscht vor allem in ländlichen Regionen teils noch immer eine schlechte

Netzabdeckung

und

es

kann

bei

Elektrizitätsausfällen

zu

Kommunikationsschwierigkeiten kommen, da dies das Aufladen der Akkus sowie die Netzversorgung100 beeinträchtigen kann (Von Kirchbach et al. 2003: 183 ff.). Festnetztelefon Aufgrund der vielfach festgestellten Überlastung der Mobilfunknetze (u.a. Hüls / Oestern 1999: 213) sowie des Sprechfunks sollte – zumindest bei längerfristigen Einsätzen mit Befehlsstellen – auf drahtgebundene Telekommunikationsmittel zurückgegriffen werden (Maurer et al. 2001: 25). Diese bieten neben einer sicheren Verbindung zusätzlich eine Datenübertragungsmöglichkeit (Ferch / Melioumis 2005: 38). Insbesondere haben sich Telefonschaltkonferenzen (AG Hochwasser

2003:

117)

sowie

die

Nutzung

nicht

veröffentlichter

Telefonanschlüsse für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen (Klee 2003: 10) bewährt. Das öffentliche Telefonnetz ist allerdings bspw. bei Stromausfällen extrem störanfällig (Von Kirchbach et al. 2003: 183 ff.), sodass darüber hinaus durch die BOS eine Nutzung bestehender Fernsprechsondernetze (Unterwallney 1988: 20) oder eine Verbindung mittels Feldkabel101 bedacht werden sollte. Dabei ist auch hier zu berücksichtigen, dass Mitteilungen über diese Medien zunächst nur den beteiligten Gesprächspartnern zugänglich sind und ggf. anschließend weiterkommuniziert werden müssen. Chancen durch EDV Funktionierende Kommunikation ist untrennbar mit Informationsmanagement verknüpft, das durch EDV unterstützt werden kann. Ihr Vorteil liegt vor allem 100

Die Sendemasten benötigen Elektrizität Dies dient der Herstellung zusätzlicher oder dem Ersatz ausgefallener Fernsprechverbindungen (BZS 1988b: LA 18.1, 3) 101

39

darin, dass Daten zentral erfasst, aber dezentral abrufbar sind und dadurch Redundanzen vermieden werden. Zudem erlaubt sie, Daten schneller und in viel größerem Umfang auszutauschen bzw. verfügbar zu halten, als dies sonst möglich wäre (Busch et al. 1985: 117). Nach Auffassung von Wächter / Kalmes (2001: 36) besitzt die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie Potenziale, das Katastrophenmanagement deutlich zu unterstützen, was allerdings derzeit noch nicht umfassend genutzt wird. Die EDV bietet über Rückgriffe auf Datenbanken102 hinaus Möglichkeiten der Visualisierung sowie der Audio-, Video- und Datenübertragung, der Alarmierung, der Personal- und FEM-Verwaltung sowie der Berichterstattung zwischen beteiligten Stellen (Kaiser / Schindler 1992: 100 ff.). Sie kann dadurch Kommunikationsbedürfnisse reduzieren oder aber zumindest die gegenseitige Verständigung unterstützen. Neben Systemen für Personenauskunftsstellen103 wäre auch ein organisationsübergreifender

Zugriff

auf

Führungs-

und

Informationssysteme104,

z.B.

Einsatzleit-, Lagedarstellungs- oder geografische Informationssysteme denkbar. Ob der unterschiedlichen IT-Strukturen der einzelnen BOS dürfte dies allerdings eine Herausforderung darstellen (Wein 2006: 10). Der Informationsaustausch muss daher durch kompatible Datenübertragungsmöglichkeiten (Schaffung elektronischer Schnittstellen) unterstützt werden (Soetbeer 2000: 199). Für besondere Anlässe, zu denen auch die größeren Gefahren- und Schadenslagen gehören, ist der Polizei auferlegt, Import- und Exportschnittstellen zur Beteiligung anderer Behörden und Stellen einzurichten.105 Die Mitbenutzung eigener Kommunikationsverbindungen durch andere BOS ist für Fälle vorgesehen, in denen sich eine Notwendigkeit hierzu aus der Zusammenarbeit ergibt.106

102

z.B. Einsatz-, Objektakten, Vereinbarungen, Maßnahmenkataloge, Gesetze, Nachschlagewerke, Karten- und Bildmaterial 103 Vgl. hierzu Abschnitt 5.2.2 104 Im Gegensatz zu herkömmlichen Durchschreibsatz-Verfahren kann hierdurch eine größere Anzahl von Empfängern in viel kürzerer Zeit erreicht werden; Fehlermöglichkeiten (wie unleserliche Schrift, Ablese- und Übermittlungsfehler) werden zusätzlich reduziert (Lüdemann 2006: 16). 105 PDV 810.1, Nr. 1.3 106 a.a.O., Nr. 2.4.2.1

40

Sinnvoll erscheint auch die Verfügbarkeit von Inter- und Intranet (AG Hochwasser 2003: 103). Koch / Harnasch / Lee (2005: 88) sehen darin vor allem Vorteile bei deren Nutzung vor Ort. Zum einen würde dies die Aktualität und den Vollzugriff auf Datenbestände sichern, zum anderen aber auch die ansonsten notwendige Übermittlung via herkömmlicher Mittel wie Funk oder Telefon mit all ihren Problemen reduzieren und diese Kommunikationskanäle entlasten.107 Zudem besteht so die Möglichkeit zur Durchführung von Online-Konferenzen (AG Hochwasser 2003: 117). Die genutzten EDV-Systeme dürfen allerdings nicht so kompliziert sein, dass deswegen auf ihre Verwendung verzichtet wird, wie beim Hochwasser in Sachsen geschehen (Von Kirchbach et al. 2003: 229 f.). Der Aufwand für ihre Verwendung darf demnach nicht größer sein als der hierdurch erbrachte Nutzen. Ihr Einsatz erfordert also eine gewisse Akzeptanz sowie eine Übungsroutine bei den Nutzern. Außerdem verweist Hamm (2006: 476) in diesem Zusammenhang auf die Einigung hinsichtlich einer „interpretationsfreien Fachsprache“, die bspw. eine Recherche in gemeinsamen Datenbanken für alle ermöglichen soll. Die allen BOS zugängliche Fachinformationsdatenbank und Kommunikationsplattform des Bundes und der Länder „deNIS IIplus“ wurde bspw. für großflächige Einsatzlagen entwickelt. Jede Ebene und jede Behörde hat die Möglichkeit, hier eigene Datenbanken für sich einzupflegen. Wesentlich ist, dass die Möglichkeit gemeinsamer Lagebilddarstellung besteht, dass überregional Hilfeleistungspotenziale aufgezeigt werden können und dass das Meldewesen hierüber abgewickelt werden kann (Corr 2006: 24 f.). Auch die EU setzt auf ein gemeinsames Kommunikations- und Informationssystem für Notfälle.108 Die Nutzung der EDV ist in der heutigen vernetzten Welt allerdings nicht nur von Vorteilen geprägt; viele sehen sich einer kaum noch überschaubaren Menge an Informationen gegenüber. Das gilt zum einen für die abrufbaren Daten, z.B. aus dem Internet, aber auch für elektronisch übermittelte Nachrichten, die nicht selten mit einer Vielzahl von Datenanhängen versehen sind (Krcmar 2000: 39 ff.). Bei 107

Derzeit werden die erforderlichen Daten i.d.R. noch bei der Leitstelle erfragt, möglicherweise sogar durch jede Organisation unabhängig voneinander, was Ressourcen bindet 108 CECIS – Common Emergency Communication and Information System

41

der Versendung von Informationen ist daher darauf zu achten, dass diese hinsichtlich Wichtigkeit und Thema binnen kürzester Zeit erkennbar sowie inhaltlich ohne größeren Aufwand erfassbar sind.109 Außerdem ist festzustellen, dass der persönliche Kontakt zwischen den Menschen (z.B. innerhalb eines Stabes) leichter verloren geht (Buchner 2006: 4). Der Blick auf den Bildschirm lässt schnell die Kommunikationspartner vergessen, selbst wenn sie im gleichen Raum sitzen. Dadurch können Synergieeffekte verloren gehen, die gerade die Stärke einer Gruppe ausmachen. Darüber hinaus wird befürchtet, dass die sich bietenden technischen Möglichkeiten enorme Zeit und Arbeitskraft verschlingen. Buchner (a.a.O.: 5) macht dies deutlich, indem er der Nutzung von klassischen Lagekarten eine aufwändig animierte Lagepräsentation gegenüberstellt. Ferner gibt Weisschnur (2006: 8) zu bedenken, dass auch die IT immer nur unterstützen kann und auch mit ihrem Ausfall gerechnet werden muss. Daraus folgt, dass trotz zur Verfügung stehender Technik immer noch Alternativen (z.B. Durchschreibsätze für das Belegflussverfahren) vorgehalten und eingeübt werden sollten (Albert 2006: 30). Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass der Einsatz von EDV die organisationsübergreifende Kommunikation – insb. bei Großschadenslagen – erleichtern kann. Bei ihrer Nutzung ist jedoch darauf zu achten, dass zum einen benutzerfreundliche Systeme zur Anwendung kommen und zum anderen ihr Einsatz auf ein notwendiges Maß beschränkt bleiben sollte; ein großer Aufwand durch sich neu eröffnende technische Möglichkeiten kann nämlich nur bei ausreichenden Personalressourcen erbracht werden. Chancen durch Einsatzunterstützung Werden verschiedene BOS gemeinsam eingesetzt, soll der Fernmeldeeinsatz durch einen verantwortlichen IuK-Sachbearbeiter koordiniert werden.110 Zudem ist stets zu überprüfen, inwiefern benachbarte Fernmeldedienste den Einsatz unterstützen können111 und wo die Schnittstellen liegen. 109

Vgl. Experteninterview mit den Herren Wolschendorf / Mees in der Anlage PDV 800, Nr. 1.1.18 111 a.a.O., Nr. 1.3.2.4 110

42

Dabei orientiert sich die Fernmeldetaktik der verschiedenen Organisationen an deren Bedürfnissen und unterscheidet sich daher (Ferch / Melioumis 2005: 35). Die Entscheidung für oder gegen bestimmte Kommunikationsmittel sollte daher stets abgestimmt und einzelfallbezogen entschieden werden. Zur Unterstützung bei fernmeldetechnischen Problemen im Einsatz sind u.U. Spezialkräfte heranzuziehen (Von Kirchbach et al. 2003: 247). Die noch bis vor wenigen Jahren bundesweit vorgehaltenen, auf dieses Fachgebiet spezialisierten Einheiten des Katastrophenschutzes wurden indessen nahezu gänzlich aufgelöst. Allerdings verfügen i.d.R. alle Organisationen über eigenes Fachpersonal, das in gewissem Umfang Hilfestellung bieten kann. Die rheinland-pfälzische Polizei wird diesbezüglich z.B. von der IuK-Gruppe der Technischen Einsatzeinheiten der Bereitschaftspolizei unterstützt. Diese verfügen u.a. über Befehlskraftwagen zur Einrichtung von Führungsstellen vor Ort, über einen Funktrupp UKW zur Errichtung zusätzlicher Funkverkehrskreise im Einsatzraum sowie mobile digitale Telefonanlagen, mit der ein eigenes Telefonnetz aufgebaut werden kann. Darüber

hinaus

unterhält

das

THW

Fachgruppen

für

den

Bereich

Führung/Kommunikation, die auf Anforderung112 auch für alle anderen Gefahrenabwehrbehörden in Amtshilfe tätig werden und diese fernmeldetechnisch unterstützen (Bundesanstalt THW 1997: 301).113 Die Hilfeleistung erstreckt sich z.B. auf die telekommunikative Verbindung der BOS untereinander, die Errichtung von Funk- oder Relaisstellen, die Installation von Feldtelefonen (auch digital), die Ausstattung von Befehlsstellen mit modernster IT oder das Betreiben mobiler

Befehlsstellen.

Auch

personell

erfolgt

in

diesen

Fällen

eine

Unterstützung; die Fachgruppe ist nämlich in der Lage, Melder sowie einen kompletten Stab114 zu stellen. Diese werden im Bedarfsfall der anfordernden Organisation unterstellt, die jedoch deren Führung zu übernehmen hat.115 Ergänzend hierzu existieren bundesweit vier sog. Weitverkehrstrupps, die u.a. über größere Entfernungen (via Funk) Telefon- und Datenleitungen verlängern

112

Über die Leitstelle oder den THW-Ortsbeauftragten Ihr Einsatz wurde beim Zugunglück in Eschede ob ihrer Möglichkeiten zur Errichtung feldmäßiger Kommunikation besonders hervorgehoben (Hüls / Oestern 1999: 178) 114 In der Gliederung S1, S2, S3, S4 sowie S6 (vgl. Abschnitt 5.1.2.2) 115 Vgl. www.fk-mainz.de [Stand 24. Juni 2006]. 113

43

sowie eigenständige Telekommunikationsnetze aufbauen können (Bundesanstalt THW 2006: 23 f.). Die Kooperationsmöglichkeiten mit solchen Spezialkräften sind häufig nicht in ausreichendem Maß bei den Organisationen bekannt und sollten daher – zumindest auf Führungsebene – verbreitet und eingeübt werden. Chancen durch Digitalfunk Bereits das Programm Innere Sicherheit116 bekennt sich zu dieser Technologie, mit deren bundesweiter Einführung eine Vielzahl der o.g. technischen Problemstellungen entfallen dürfte. Ziele des Digitalfunks sind jederzeitige Verfügbarkeit und Verbindungssicherheit und das, obwohl alle Organisationen in einem Netz kommunizieren. Dabei wird grundsätzlich durch jede Institution (wie bislang auch) auf einem eigenen Organisationskanal gefunkt. Die Vorteile gegenüber dem Analogfunk liegen allerdings auf der Hand:117 -

es besteht sowohl die Möglichkeit, individuelle Empfänger als auch Gruppen (wie z.B. die Organisationskanäle) anzusprechen,

-

es können beliebig Gruppen erstellt und zusammengeschaltet werden,

-

eine veränderte Technik erhöht die Kanalkapazitäten,

-

die Übertragungsqualität ist deutlich erhöht, u.a. durch einen Filter gegen sprachfremde Geräusche,

-

es bestehen deutlich bessere Datenübertragungsmöglichkeiten als bislang, bis hin zum Zugriff auf EDV-Systeme und Dateien (Krampe 2006: 7),

-

mit dem Gerät kann eine Einwahl in das öffentliche Telefonnetz erfolgen,

-

die Kanalauswahl erfolgt vollautomatisch, stattdessen muss nur die gewünschte Kommunikationsbeziehung ausgewählt werden (Beckebanze 2003: 7 f.),

-

eine Roaming-Funktion ermöglicht es, auch über größere Distanzen oder in der Bewegung mit der jeweiligen Führungsstelle in Verbindung zu bleiben (Krampe 2006: 20); Kanalwechsel werden somit entbehrlich.

116

(Fortschreibung 1994), Abschnitt I, Nr. 7.2 (S. 33 f.) Vgl. http://www.bdbos.bund.de/nn_422252/DE/Bundesanstalt/Projekt__Digitalfunk/projekt__ digitalfunk__node.html?__nnn=true [Stand 06. Juni 2008] 117

44

Deutschland hat sich hinsichtlich der Technik – wie viele andere europäische Staaten auch – für das Bündelfunksystem TETRA118 entschieden. Allerdings zeichnet sich ab, dass bei der Einführung der Digitalfunktechnik verschiedene Lösungen gewählt werden und das auch noch in verschiedenen Zeitintervallen (Bergmann 2005: 8). Solange sich die verschiedenen Organisationen (auch über Ländergrenzen hinweg) hinsichtlich der Anbieter nicht einig werden,119 bleibt auch in Zukunft eine gemeinsame Funkkommunikation bei Großlagen unmöglich.120 In der Bundesrepublik wird daher eine (zumindest nationale) Einheitlichkeit durch die Bundesanstalt für den Digitalfunk der BOS121 unter Beteiligung aller Bedarfsträger gewahrt. Diese Zusammenarbeit wurde mit einem Verwaltungsabkommen122 beschlossen. Aufbau und Inbetriebnahme sollen bis Ende des Jahres 2010 abgeschlossen sein. In dieser Übergangsphase werden die BOS teils analog, teils digital und somit inkompatibel funken. Hier gilt es technisch bedingten Informationsbrüchen, z.B. durch einen Parallelbetrieb von Analog- und Digitalfunk entgegenzuwirken.

5

Kommunikationsfelder

Der folgende Abschnitt behandelt die bei größeren Gefahren- und Schadenslagen bzw. Katastrophen konkret erforderliche Kommunikation zwischen den beteiligten Organisationen. 5.1

Kommunikation in den verschiedenen Einsatzphasen

Die Kommunikation zwischen den BOS dient in erster Linie dem koordinierten Einsatzmanagement sowie der Übermittlung von Lageerkenntnissen (vgl. Nr. 5.1.2); schließlich erhält man viele Informationen ausschließlich durch Kommunikation. Außerdem sollte der organisationsübergreifenden Gesprächs-

118

terrestrial trunked radio, eigentlich TETRA 25 Die verschiedenen Digitalfunksysteme sind nicht miteinander kompatibel 120 Obgleich Art. 44 SDÜ sogar grenzüberschreitende Systeme vorsieht 121 http://www.bdbos.bund.de/ [Stand 06. Juni 2008] 122 Verwaltungsabkommen über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern beim Aufbau und Betrieb eines bundesweit einheitlichen digitalen Sprech- und Datenfunksystems für alle BOS in der Bundesrepublik Deutschland 119

45

führung auch i.R.d. Vor- (vgl. Nr. 5.1.1) und Nachphasen (vgl. Nr. 5.1.3) von größeren Gefahren- und Schadenslagen ausreichend Beachtung geschenkt werden. 5.1.1

Einsatzvorbereitung

„Je schneller und unverhoffter eine Katastrophe eintritt, umso wichtiger ist es, dass die organisatorischen Vorbereitungen als ständige Aufgaben der Behörden so getroffen sind, dass die Verantwortlichen ohne Gerangel um Kompetenzen, ohne hektische Suche nach Organisationsmitteln und ohne Fragezeichen hinter Führungsansprüchen der hierarchischen Ebenen sich sofort um die Sache kümmern können“ (Von Kirchbach et al. 2003: 219). U.a. deswegen hat sich die Polizei konzeptionell auf die Abwehr künftiger Gefahren vorzubereiten. Die PDV 100 trifft hierzu in ihrer Nr. 4.15.4 Maßnahmenvorschläge. Der rheinland-pfälzischen Polizei ist darüber hinaus auch gesetzlich durch § 1 Abs. 1 Satz 2 POG die sog. Gefahrenvorsorge aufgegeben. Speziell zur Kommunikation merkte das

BVA (2003: 41) an: „Vor allem

besonders komplexe Gefahrenlagen […] bedingen eine lange vor den Ereignissen aufgebaute Kommunikations- und Informationsinfrastruktur, geübte Zusammenarbeit und Kompetenzfestlegung zwischen Behörden […] sowie die Kooperation und Kommunikation mit den operativen Diensten und den Medien“. Hieraus folgt, dass Informationsbedürfnisse und Meldewege zwischen den Organisationen bereits vor einem Einsatz besprochen und vereinbart werden müssen. Die Seltenheit entsprechender Einsatzlagen führt allerdings i.d.R. dazu, dass es diesbezüglich – entgegen dem Alltagsgeschehen – an Erfahrung und erforderlicher Routine mangelt (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 70). Dies sollte umso mehr durch eine entsprechende Vorsorge ausgeglichen werden. Es ist nicht akzeptabel, dass Katastrophen als unwahrscheinlich oder gar schicksalhaft abgetan werden und daher auf eine Vorbereitung verzichtet oder diese vernachlässigt wird. Professionelles Einsatzmanagement erfordert eine gründliche antizipative Vorbereitung. Hierzu zählt u.a. die Reduktion eventuell auftretender Schnittstellenprobleme zwischen den eingesetzten BOS (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_4). 46

Es geht also darum zu überlegen, wie bestimmte Lagen bewältigt werden können und hierzu gemeinsame Konzepte zu erarbeiten. Besteht diesbezüglich Einvernehmen zwischen den verschiedenen Stellen, müsste zunächst jede Organisation festlegen, wer für sie diese Absprachen treffen sollte.123 Anschließend müsste mit den Experten der Nachbarinstitutionen Kontakt aufgenommen werden (Mayer 2003: 121 ff.). Für die Konzeptarbeit eignen sich besonders örtliche Netzwerke, bspw. runde Tische,124 „Sicherheitsausschüsse auf kommunaler Ebene“ (BVA 2003: 21) oder Arbeitsgruppen. Die hier erarbeiteten Ergebnisse sollten in die Erstellung und Fortschreibung aufeinander abgestimmter Alarmierungs- und Einsatzunterlagen münden (FHöV 1998: 164). Hierbei wären auch Absprachen hinsichtlich bestehender Bedürfnisse und Vorgehensweisen,125 Zielsetzungen und Prioritäten der einzelnen Fachdienste in entsprechenden Lagen, sowie Erwartungshaltungen126 an die Ablauforganisation der benachbarten Stellen einzubeziehen. Auch eine Festlegung klarer Zuständigkeitsabgrenzungen127 oder die gemeinsame Vorbereitung auf potentielle künftige Gefahren128 könnten hier einfließen.

Schließlich

schaffen

klare

Absprachen

und

standardisiertes

Einschreiten Vertrautheit bei den Nachbarn (Auf der Heide 1989) und ersparen lange Erklärungen im Einsatzfall. Außerdem sollten gemeinsame Kommunikations- und Informationsstrukturen für den Einsatzfall vorbereitet werden, etwa durch die Festschreibung von Meldewegen, abgestimmte Kommunikationspläne, sowie den Einsatz kompatibler FEM.129

Hierzu

Ansprechpartner

zählt

auch

(Weismor

eine

1994:

persönliche 272)130

Vorstellung

sowie

ein

potenzieller

Austausch

deren

Erreichbarkeit im Einsatz (Berndt / Altmann 1981: 54).131

123

Z.B. Führungskräfte, Kalenderführer oder Verbindungspersonen Vgl. Experteninterviews mit den Herren Plattner / Gräff und Wolschendorf / Mees in der Anlage 125 Aufstellung der Einsatzfahrzeuge, taktisches Vorgehen, Einsatzgrundsätze u.Ä. 126 Alarmierungskriterien, An-/Abmarschrouten, erforderliche Aktionsflächen etc. 127 Vgl. Experteninterview mit Herrn Tietz in der Anlage 128 Z.B. durch Ortsbegehungen oder die Erstellung von Einsatzakten zu ortsfesten Gefahrenquellen 129 Ggf. kann dies auch im Wege einer gemeinsamen Beschaffung erfolgen 130 Vgl. Abschnitt 4.1 131 Zur Erfassung in Alarmunterlagen oder Vorprogrammierung in Telefon-/EDV-Systemen 124

47

Insbesondere der Planung und Durchführung gemeinsamer Stabsrahmen- und Vollübungen132 und sonstigen Fortbildungsveranstaltungen133 kommt im Rahmen der Vorbereitung auf größere Gefahren- und Schadenslagen besondere Bedeutung zu, denn sie dienen der Erprobung getroffener Vereinbarungen, schaffen gegenseitiges Verständnis und zeigen das Leistungsspektrum der Partner, sowie Optimierungspotentiale in der Zusammenarbeit (Brandt 1994: 66). Hierzu kann auch die gemeinschaftliche Auswertung und Besprechung vergangener (eigener und fremder) Einsatzlagen gehören. Darüber hinaus benötigt jeder Helfer „ein Basiswissen über die neben seinem eigenen Fachdienst in der Gefahrenabwehr operierenden Einheiten“ (Kern 2002: 4). Weil man sich diesem Thema in den vergangenen Jahren nicht ausreichend gewidmet hat (SKK 2003), wurde der Lehrgang „Zusammenwirken der Einheiten in der Gefahrenabwehr“ bei der AKNZ und den Katastrophenschutzschulen der Länder ins Leben gerufen, der diese Inhalte zumindest abstrakt vermitteln soll, der auch Führungskräften der Polizei offen steht und besucht werden sollte. Auch dieses Vorhaben kann durch die Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Gremium unterstützt werden. Beispielhaft sei hier auf die Tätigkeit des Arbeitskreises „Aufklärung – Prävention – Sicherheit“ in Worms unter Beteiligung von ASB, DRK, Feuerwehr, MHD, THW, evangelischer und katholischer Kirche, Ordnungsamt, Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen und Polizei hingewiesen, der sich eine Intensivierung der Kontakte, gegenseitige Fortbildung, gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und Projektplanung zum Ziel gesetzt hat.134 Ergänzend hierzu käme auch eine Einbindung der benachbarten Fachdienste in die täglichen Informationsabläufe (z.B. Mitarbeiterzeitungen, Fachinformationen, Lagebilder) der eigenen Dienststelle in Betracht. Zusammengefasst ist es also – über den persönlichen Kontakt zu verantwortlich Handelnden hinaus – von Bedeutung, die eingesetzten Fachdienste und ihre Organisation, Arbeitsweisen, Möglichkeiten und Grenzen, Zuständigkeiten, 132

Übungszweck von LÜKEX ist z.B. u.a. das „integrative Zusammenführen von polizeilicher und nicht-polizeilicher Gefahrenabwehr“ (Klink 2006: 295) 133 Vgl. Abschnitt 4.3 134 Vgl. „Ehrgeizige Ziele für schnelle Hilfe. Neuer Arbeitskreis der Hilfsorganisationen“, Wormser Zeitung vom 06.04.2002

48

Ausstattung, Führungsprinzipien und Einsatzgrundsätze, Rechtsgrundlagen, Befugnisse, Führer und Kräfte sowie deren Einsatzwert zu kennen (u.a. Amft / Granitzka 1997: 2 f.). Entsprechende Informationsdefizite sind im Einsatz nur schwer auszugleichen (Jape 2004), denn nur wer sich vorher kennt und miteinander auseinandersetzt, kann auch „Absprachen, generelle Vereinbarungen und konkrete Regelungen für den gemeinsamen Einsatz […] entwickeln“ (Amft / Granitzka 1997: 3). Solche Absprachen reduzieren im Bedarfsfall die notwendige Kommunikation über Grundsätzliches. Sie sollten im Anschluss den operativ tätigen

Kräften

auf

geeignete

Weise

(z.B.

durch

Niederschriften

in

Einsatzunterlagen) zugänglich gemacht und verfügbar gehalten werden, um deren Berücksichtigung im Einsatz auch zu gewährleisten. Zudem sollte stets die Katastrophenschutzbehörde beteiligt werden.135 Es gilt also, sich bereits mit der Übernahme einer neuen Stelle mit der Struktur der Hilfs- und Rettungsorganisationen im eigenen Zuständigkeitsbereich vertraut zu machen und frühzeitig die Kontakte dorthin sicherzustellen. 5.1.2

Einsatzdurchführung

Gerade Katastrophen sind gekennzeichnet durch ein hohes Informationsaufkommen bei gleichzeitig unklarer Lage in der Anfangsphase. Dies resultiert aus der Vielzahl von Mitteilungen durch Nicht-Fachleute, der Unübersichtlichkeit der meisten Einsatzstellen sowie der dynamischen Lageentwicklung. Aufgrund der Masse der eingehenden Informationen ist es notwendig, von Anfang an die sofortige Einrichtung einer Nachrichtensammel- und Informationsstelle zu berücksichtigen (Altmann 1976: 185 f.). Zur effektiven und zielgerichteten Kommunikation ist es wichtig, festgelegte Meldewege einzuhalten, um Mitteilungen kanalisiert an die richtigen Stellen zu leiten, wo sie bewertet bzw. weitergesteuert werden können (Tecl 1990: 30). Dafür ist es entscheidend zu wissen, für welche Bedarfsträger welche Informationen von Bedeutung sind (Thielmann 2005: 1.3_25). Da es die Kräfte häufig nicht gewohnt sind in den

135

Auch diese muss sich auf entsprechende Lagen vorbereiten. Das ist nicht immer festzustellen (Von Kirchbach et al. 2003: 220 ff.). Hier werden immer wieder ungenügende Kommunikationsmöglichkeiten, mangelndes Informationsmanagement sowie fehlende Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter in den Verwaltungsstäben beklagt (AG Hochwasser 2003: 63 f.)

49

besonderen Aufbaustrukturen einer Großschadenslage zu agieren, könnte es diesbezüglich allerdings zu Anlaufschwierigkeiten kommen. Als Voraussetzungen für einen permanenten Informationsfluss nennen Ferch / Melioumis (2005: 91) den Aufbau einer Kommunikationsstruktur, die Festlegung von Kommunikationswegen sowie den Einsatz geeigneter Kommunikationsmittel. Besondere Bedeutung kommt ferner einer sicheren Kommunikationsverbindung zwischen den BOS zu. Der Ausfall der Elektrizitätsversorgung erschwert dies allerdings zuweilen deutlich, was ein geordnetes Zusammenwirken der unterschiedlichen Kräfte erheblich erschwert (Von Kirchbach et al. 2003: 225 ff.). Es sollte daher eine drahtgebundene und -lose IuK-Struktur für die Kommunikation mit den benachbarten Einheiten geschaffen werden (Soetbeer 2000: 198). Grundsätzlich hat die Polizei die Kommunikation mit den anderen eingesetzten BOS aufzunehmen und zu halten (Amft / Granitzka 1997: 2). Hierfür ist von Bedeutung zu wissen, wo sich deren Führungsstellen befinden und wer die handelnden Verantwortlichen sind.136 Auch die Bildung gemeinsamer Einsatzleitungen, zumindest jedoch die Verbindung aller Führungsebenen über Telekommunikationsmittel wird für erforderlich erachtet (Hüls / Oestern 1999: 223). Ein gemeinsamer Führungskanal (Brandt 2000), eine organisationsübergreifende Lagebilddarstellung137 sowie der Einsatz von Verbindungspersonen (Ferch / Melioumis 2005: 124) unterstützen die Einsatzkommunikation. 5.1.2.1 Kommunikation zwischen Führungsorganen138 und Einsatzstelle / -kräften Es ist immer eine Verbindung zur Leitstelle zu halten (Ferch / Melioumis 2005: 80) lautet ein einsatztaktischer Grundsatz. Dies gilt bei der Einrichtung einer BAO m.E. auch für diese. Dabei kontaktieren und koordinieren die einzelnen Führungsstellen grundsätzlich nur ihre eigenen Kräfte; es erfolgt also i.d.R. keine Kommunikation mit Kräften der benachbarten Organisationen, da jede ihre

136

Vgl. Abschnitt 4.1 Vgl. Experteninterview mit den Herren Plattner / Gräff in der Anlage 138 PDV 100, Nr. 1.5.2.1: Führungsstäbe, Führungsgruppen, Leitstellen 137

50

eigenen Befehlsstellen hat; regelmäßig wird es jedoch Berührungspunkte zwischen den betreffenden Leitstellen geben. Leitstellen Es gehört zur Aufgabe der Leitstellen, die Zusammenarbeit mit den Partnerleitstellen sicherzustellen und ständigen Kontakt dorthin zu unterhalten (Decker 1987: 37-39). Dies wird vornehmlich über Telefon139 oder Funk erfolgen. Da sich die Gesprächspartner dabei häufig aus vorangegangenen Vorgängen bekannt sind und sich der Inhalt der Nachricht auf einen konkreten Sachverhalt bezieht, verläuft dieser Dialog i.d.R. auch unproblematisch (Schmiedel / Unterkoffer 1993: 47 f.). Über diesen (alltäglichen) Kontakt hinaus, sprechen sich viele für die Einrichtung gemeinsamer Leitstellen aus.140 Diese „[…] erleichtern das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit“ (Amft / Granitzka 1997: 3), u.a. durch eine engere Kommunikation – auch bei Großschadensereignissen. In Rheinland-Pfalz befürwortet man hingegen das System der Integrierten Leitstellen – weg von getrennten Rettungs- und Feuerwehrleitstellen (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 23), was dazu beitragen soll, dass medizinische und technische Rettung besser und effektiver koordiniert werden. Denkt man hingegen an eine Zusammenführung der Leitstellen polizeilicher und nichtpolizeilicher Gefahrenabwehr, sollte sich dies u.a. an dem Nutzen für die beteiligten Organisationen orientieren. In der Umsetzung lassen sich folgende Modelle unterscheiden (Maurer 2005: 233): -

Kombinierte Leitstelle (räumlich und technisch zusammengefasste Polizei- und integrierte Leitstelle, wobei in jedem Bereich eigenes Fachpersonal eingesetzt und eigenständig geführt wird; die Notrufannahme erfolgt getrennt nach Notrufen durch das jeweils spezifische Fachpersonal)

139

Meist dürften Direktleitungen geschaltet sein Als Beispiel sei hier die Leitstelle Nord genannt; vgl. http://leitstelle-nord.de [Stand 04. Juni 2008] 140

51

-

Gleichgeschaltete Leitstelle141 (eine Kombinierte Leitstelle, bei der zusätzlich eine organisatorische und personelle Zusammenfassung erfolgt, allerdings unter einheitlicher Führung; die Notrufannahme entspricht der Kombinierten Leitstelle)

-

Gleichgeschaltete Leitstelle mit undifferenzierter Notrufdisposition (eine Gleichgeschaltete Leitstelle, bei der die Notrufe zusammengelegt und durch Dispatcher für beide Bereiche angenommen werden)

Es wird jedoch angeführt, dass die Unterschiede hinsichtlich bestehender Aufgaben, Führungsstrukturen sowie Aufbau- und Ablauforganisation einer Zusammenlegung grundsätzlich widersprechen.142 Anderer Ansicht ist hingegen Wehe (2006: 472), der konstatiert, dass die Bürger eine kompetente Hilfeleistung erwarten, ohne auf behördliche Zuständigkeiten achten zu müssen. Insgesamt betrachtet gelangt jedoch auch er zu der Auffassung, dass eine Zusammenlegung nicht diejenige gesteigerte Effizienz erbringt, die Befürworter vielleicht prognostizieren;

eine

Personalreduktion

oder

größere

Einsparungen

im

technischen Bereich seien dadurch nicht zu erwarten (a.a.O.: 473). Fakt ist jedoch, dass es – unabhängig von der Organisationsform – auf ein zielgerichtetes Zusammenwirken ankommt, bei dem die anderen mitwirkenden Institutionen schnell und umfassend unterrichtet werden (Berndt / Altmann 1981: 94), was bedeutet, dass der gegenseitigen Information der Leitstellen untereinander – insbesondere bei größeren Schadenslagen – eine hohe Priorität eingeräumt werden muss. Gerade die Anfangsphase von Sofortlagen stellt dabei für die Leitstellen der BOS immer wieder eine besondere Herausforderung dar. Dort laufen regelmäßig die ersten Hilfeersuchen ein und hier werden auch die ersten richtungsweisenden Entscheidungen für die Einsatzbewältigung getroffen. Der Einsatzerfolg wird dabei häufig von der frühzeitigen, umfassenden und richtigen Verständigung bestimmt. Bei Notrufen sind daher auch die Informationen für andere Fachdienste abzufragen oder die Gespräche dorthin weiterzuleiten (FHöV 2002: 55). Ggf. sind die benachbarten Hilfsdienste im Anschluss daran unverzüglich zu alarmieren (Keller 1976: 196 und Schmiedel 2002: 298); eine eigene vorherige 141 142

Umgangssprachlich auch als „bunte Leitstelle“ bezeichnet Eine detaillierte Gegenüberstellung der Argumente hierzu sind als Anlage beigefügt

52

Lageerkundung ist nicht opportun (Baldarelli / Brunn 1990: 462). Schließlich hängen von der Schnelligkeit und Präzision der Lageinformationsübermittlung zwischen den Leitstellen mitunter die wichtigsten zu veranlassenden taktischen Überlegungen und Erstmaßnahmen, wie Entsendung der Kräfte, Eigensicherung und einzusetzende FEM ab (Amft / Granitzka 1997: 3). Dabei erlauben die teils abweichenden oder ungenauen Meldungen meist keine klare Lagebeurteilung (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 56). Zudem sind die Leitstellen i.d.R. personell und technisch nicht in der Lage, alle ihnen obliegenden Aufgaben parallel zu erfüllen, sodass sie bereits mit der Entgegennahme der Notrufe sowie dem Alarmierungsgeschehen in der Anfangsphase überfordert sein dürften (a.a.O.: 56). Es ist insofern erforderlich, für den Großschadensfall eine personelle Verstärkung und materiell angemessene Ausstattung (Klösters / Sölken 2006: 97) sowie ggf. spezielle Räumlichkeiten vorzusehen (Schmiedel 2002: 319). Bis zu deren Verfügbarkeit erscheint es daher m.E. erforderlich, nach der Entgegennahme der ersten Notrufe das Schwergewicht der weiteren Vorgehensweise unverzüglich auf die Alarmierung der eigenen Kräfte, sowie der benachbarten (Feuerwehr- und Rettungs-)Leitstellen zu setzen. Eine gewisse Erleichterung würde hierbei durch aktuelle Alarmierungsunterlagen, vorprogrammierte Telekommunikationsanlagen, die Nutzung EDV-gestützter Alarmierungen sowie eingeübte routinierte Alarmverfahren geschaffen. 5.1.2.2

Kommunikation an der Einsatzstelle

Organisatorisch betrachtet findet man hier i.d.R. bei entsprechend großen Schadenslagen eine TEL, unter der die Kräfte der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr vereint sind und die sich wie folgt gliedert:143 -

S1: Personal / Innerer Dienst (Alarmierung / Anforderung anderer BOS)

-

S2: Lage (Informationsbeschaffung (auch bei benachbarten Institutionen), Unterrichtung anderer Stellen und der Bevölkerung, Durchführung von Lagebesprechungen)

-

S3: Einsatz (Angliederung der Verbindungspersonen)

-

S4: Versorgung

143

Sachgebietsgliederung ergibt sich aus der DV 100 (RP), Nr. 3.2.2.2; die Klammervermerke zeigen die jeweiligen Aufgaben mit Berührungspunkten zur Polizei (in Anlehnung an Notfallvorsorge 4/2006, S. 11-29)

53

-

S5: Presse- und Medienarbeit – optional (Medieninformation und -betreuung, Warnung der Bevölkerung)

-

S6: Informations- und Kommunikationswesen – optional (Planung und Durchführung

des

Kommunikationseinsatzes

ein-schließlich

der

Sicherstellung von Kontakten zu IuK-Diensten anderer BOS) Die Polizei hingegen agiert vor Ort i.d.R. mit einer Abschnittsbefehlsstelle des EA Schadensort.144 Die Zusammenarbeit vor allem dieser beiden Einrichtungen ist enorm

wichtig

und

sollte

möglichst

durch

den

Austausch

von

Verbindungspersonen145 unterstützt werden. Die konkrete Kommunikation zwischen den Organisationen vor Ort wird dabei u.a. dadurch bestimmt, inwiefern bereits Vorabsprachen getroffen wurden. Insbesondere kommt jedoch eine Abstimmung hinsichtlich der Gefahreneinschätzung in Betracht, um voneinander abweichende, unabgestimmte oder überzogene Maßnahmen einzelner Stellen zu verhindern (Baldarelli / Brunn 1990: 461), aber auch andere Absprachen zur Vorgehensweise oder gemeinsame Lagebesprechungen mit den benachbart eingesetzten Kräften (Keller 1976: 196) sind hier erstrebenswert. Wichtig für die zuerst vor Ort Tätigen ist es, umfassend über das weitere Vorgehen Bescheid zu wissen; dies schafft ein geordnetes Handeln und wirkt Hektik und eventuell vorhandenen Rivalitäten entgegen (a.a.O.: 254). Sie sollten ferner nachrückende Kräfte in die Lage einweisen. Die Kommunikation zwischen den beteiligten Kräften an der Einsatzstelle erfolgt dabei meist entweder persönlich oder über Sprechfunkverbindungen146. Hierbei nutzen Feuerwehr und Katastrophenschutz überwiegend das 2-m-Band für die Einsatzstellenkommunikation, wobei die Reichweite und somit das flächenmäßige Schadensausmaß ausschlaggebend für diese Entscheidung sind. Der 4-m-Funk dient hingegen eher der Kontaktaufnahme mit rückwärtigen Führungseinrichtungen. Für die Zusammenarbeit der BOS ist eigens bundesweit ein Kanal 144

In der Schweiz wird bei einem „Großereignis“ bspw. vor Ort ein gemeinsamer „Führungsstab Front“ eingerichtet, der aus je einem Vertreter von Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst besteht und von einem Gesamteinsatzleiter geführt wird (Zürcher 2006: 9) 145 Vgl. Abschnitt 5.1.2.3 146 Z.B. im Wege des Querverkehrs

54

festgelegt (Engel 1999: 588), der z.B. als Führungskanal Verwendung finden könnte. Eine besondere Problemstellung im Einsatzraum kann sich ggf. aus der hohen Geräuschkulisse durch Motorenlärm o.Ä. entwickeln, die die Kommunikation beeinträchtigen kann (Band / Gessmann 2001: 259). Hier bieten Hör-/ Sprechgarnituren Möglichkeiten zur Abhilfe (Wössner 1994: 46). 5.1.2.3

Kommunikation in bzw. zwischen Führungsorganen

„Der Schlüssel für die Bewältigung einer Katastrophe liegt […] in […] dem möglichst geordneten Zusammenwirken aller Beteiligten. Sichern kann man das durch Zusammenwirken in Stäben“ (Hüls / Oestern 1999: 97). In Frage kommen hier insbesondere die beiden evtl. beim Katastrophenschutz eingerichteten Stäbe, nämlich TEL und Verwaltungsstab147 sowie der parallel agierende polizeiliche Führungsstab (samt Polizeiführer) bzw. die Abschnittsbefehlsstellen (mit EA-Führern). Die detaillierte Gliederung der polizeilichen BAO richtet sich in Rheinland-Pfalz nach den AuE 5.0148 bzw. 3.4149. Dabei dienen die Führungsstellen der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr u.a. der „schnellen und gegenseitigen Information aller an der Katastrophenabwehr beteiligten Sachbereiche und der Koordinierung der Maßnahmen […]“ (Franke 2006: 25). Erfahrungsgemäß vergeht zwar bis zur Arbeitsfähigkeit des Verwaltungsstabes eine relativ große Zeitspanne (Keller 1976: 197), in ihm sind dann jedoch alle am Einsatzgeschehen Mitwirkenden durch ihre Leiter oder Beauftragte vertreten (a.a.O.: 199). Vor dem Hintergrund dass hier folglich alle beteiligten Ämter und Institutionen an einem Tisch sitzen, die interdisziplinär an der Lagebewältigung arbeiten, darf eine polizeiliche Beteiligung hier nicht fehlen. Die Entsendung von Verbindungspersonen ist demnach unabdingbar. In den USA bspw. hält seit einigen Jahren eine etwas andere Stabs- und Einsatzführungsstruktur namens „Incident Command System“ (ICS) Einzug, unter deren Gesamtleitung alle verschiedenen Organisationen zusammengefasst sind. Dadurch sollen Probleme der ansonsten organisationsbedingt unterschiedlich 147

Vgl. Abschnitt 2 Größere Gefahren- und Schadenslagen / Katastrophen 149 Terroristische Anschläge 148

55

praktizierten Vorgehensweisen überwunden und somit die Kooperation und Koordination verbessert werden (Jendsch 2004: 1 f.). Diese Struktur sieht einen Einsatzleiter

und

einen

Führungsstab,

bestehend

aus

Pressesprecher,

Verbindungs- und Sicherheitsoffizier sowie die Abteilungen Einsatzplanung, Logistik und Verwaltung (a.a.O.: 3) vor. Fritzen (2004) führt hingegen aus, dass die Bildung gemeinsamer Stäbe von Polizei und nicht-polizeilicher Gefahrenabwehr im operativ-taktischen Bereich aufgrund der unterschiedlichen Kernaufgaben, Führungsphilosophien und -ebenen eher nicht in Frage käme.150 Als Ausnahmen formuliert er bspw. lang andauernde oder planbare, sog. Zeitlagen. Es sollte daher zumindest auf eine enge räumliche Anbindung zwischen TEL und EA Schadensort der Polizei geachtet werden, um eine schnelle Informationsübermittlung zu gewährleisten (Tecl 1990: 29), denn schließlich bilden Informationen das Fundament jeder Lagebeurteilung. Der Stabsbereich Lagezentrum bzw. das Sachgebiet S2151 stellt hierbei den „kommunikativen Mittelpunkt“ der Stäbe dar. Ihnen kommt als Nachrichtensammel- und Informationsstelle besondere Bedeutung zu. Diesen Stellen obliegt u.a. die Gewährleistung des Informationsflusses, auch an die benachbarten Organisationen. Es ist daher notwendig zu wissen, wer im Einsatz welches Informationsbedürfnis aufweist (Berndt / Altmann 1981: 51). Jede Stelle soll schließlich die für sie bedeutsamen Erkenntnisse erlangen (a.a.O. 94). Die Kommunikationsverbindungen zwischen dem Stab und anderen am Einsatz beteiligten Stellen soll in einem Kommunikationsplan dargestellt werden (a.a.O.: 98), denn nur wenn allen Beteiligten die Informations- und Meldewege bekannt sind, werden diese bei Bedarf auch entsprechend bedient (Thielmann 2005: 1.3_10 f.). Sie sind daher frühzeitig zu regeln und festzulegen (Altmann 1976: 188). Innerhalb des polizeilichen Führungsstabes ergeben sich folgende Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Information und Kommunikation zwischen den Ressorts (Berndt / Altmann 1981: 80 ff.): 150 151

Polizeiführer: Stichprobenkontrolle

Eine detaillierte Gegenüberstellung der Argumente ist als Anlage beigefügt Vgl. Abschnitt 5.1.2.2

56

-

Leiter Führungsstab: Leitung

-

Leiter Lagezentrum / Leiter Stabsbereiche: Veranlassung / Steuerung

-

Sachbearbeiter (insb. LZ 01): Initiative / verantwortliche Ausführung, aber auch das Abverlangen von Informationen externer Stellen

-

Verbindungsbeamte: Berichten

-

Innerer Dienst: Unterstützung der Ausführung

Primär erfolgt eine organisationsübergreifende Stabskommunikation im Rahmen von Besprechungen, die regelmäßig abgehalten werden sollen (Hüls / Oestern 1999: 164) und an denen auch Verbindungspersonen und Fachberater teilnehmen, um dort fachliche Beiträge zu leisten oder sich am Informationsaustausch zu beteiligen (Berndt / Altmann 1981: 113). Diese Gesprächsrunden sind aber auf einen eng begrenzten Kreis der Teilnehmer zu beschränken. Bei einer Gasexplosion in Walluf etwa waren bei Stabsbesprechungen ca. 80 Personen (einschließlich Pressevertreter) im Raum anwesend, was die Arbeitsfähigkeit massiv einschränkte (Tecl 1990: 28). Für die Kommunikation in Krisenstäben erteilen Horn / Strohschneider (2005: 107 ff.) folgende Hinweise: Zunächst ist es wichtig, im Stab (in dem u.U. viele Personen mitwirken, die entsprechendes Arbeiten und die Bewältigung solcher Einsätze nicht gewohnt sind) ein gemeinsames Lageverständnis (z.B. über Gefahren, Bekämpfung und Prioritäten) zu entwickeln, um gedanklich auf eine Höhe zu kommen. Außerdem muss jedem klar sein, welche Rolle und Aufgaben er innehat, wie die Einsatzstruktur vor Ort gestaltet ist und wie die Kommunikationswege festgelegt sind. Als klassische Probleme hierbei werden (a.a.O.: 111) z.B. Missverständnisse (bspw. durch unterschiedliche Fachsprachen, Übermittlungsfehler oder falsch verstandene Anweisungen), „Kreuz- und Quer-Debatten über den Tisch hinweg“, das Einbringen von Informationen ohne konkreten Adressaten, das ausbleibende Äußern berechtigter Bedenken oder Kompetenzgerangel genannt. Hiergegen helfen Vorbereitungen und Übungen, in denen bereits klare Rollenund Verantwortungszuteilung sowie klare ablauforganisatorische Strukturen festgelegt werden. Zudem soll darauf geachtet werden, externe Störquellen (z.B. Telefon,

Funk)

möglichst

fernzuhalten,

die

Kommunikation

sachlich, 57

zielorientiert und kurz zu halten (z.B. durch Redezeitbegrenzung), Aufträge wiederholen zu lassen und auf persönliche Befindlichkeiten der Stabsmitglieder zu achten (a.a.O.: 114 ff.). Bei der Planung der Stabsarbeit empfiehlt es sich darüber hinaus auch einige organisatorische Dinge zu berücksichtigen, die die Kommunikation positiv beeinflussen können.152 So sollten bspw. feste Stabsräume vorbereitet werden; hierbei sollte auf eine räumliche Nähe sowie eine enge Kommunikation zwischen den parallel eingerichteten Stäben geachtet werden. So hatte man bspw. anlässlich der Fußball-WM zwischen dem Einsatzstab der Feuerwehr Hamburg (2006: 8) und dem polizeilichen Führungsstab eine telefonische Standleitung errichtet sowie eine Verbindungsperson der Feuerwehr zur Polizei entsandt. Die Anzahl der ständig anwesenden Stabsmitglieder in einem Raum sollte auf ein notwendiges Minimum reduziert werden (Hörnig 2004); andere sollten aus in der Nähe liegenden Büros die Kommunikation im Stab (z.B. audio-visuell) mitverfolgen können. Es sollten ausreichende Kommunikationsmittel (EDV, Telefon153, Telefax sowie ggf. Funk) zur Verfügung stehen, wobei sich die Funkund Telefontechnik außerhalb des Stabsraumes befinden sollte. Alle eingehenden Mitteilungen sollten über einen Sichter laufen, der diese filtern, bedarfsgerecht steuern und dadurch den Stab vor einer Informationsüberflutung bewahren könnte. Neben dem partnerschaftlichen Zusammenwirken der Führungsstellen vor Ort hat vor allem die Entsendung bzw. der Austausch von Verbindungspersonen günstige Auswirkungen (Hüls / Oestern 1999: 165). Die Kommunikation zwischen den Stäben ist durch ihren Einsatz sicherzustellen.154 Dies stellt m.E. einen Kernbereich der Einsatzkommunikation dar, der näherer Betrachtung bedarf. Verbindungswesen Besondere Lagen lassen sich nur bewältigen, wenn alle Fachinstitutionen an einem Tisch sitzen, ihren Sachverstand zur Lagebeurteilung einbringen und

152

Vgl. ADD Rheinland-Pfalz; http://www.add.rlp.de/icc/ADD/broker?uMen=59121b20-7a9a5019-5990-613e9246ca93 153 Optimalerweise DECT-Technologie 154 IMK-Beschluss vom 29.08.1978 (Grundsätze für Polizeiführungsstäbe)

58

darstellen,

welche

Möglichkeiten

sie

haben,

an

der

Lagebewältigung

mitzuarbeiten. Hierfür sind insbesondere Verbindungsfunktionen von Bedeutung (BMVBW 2000: 78). Ihnen kommt „eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Schnittstellen der normalen Polizeiarbeit mit der Arbeit der Katastrophenbehörden“ zu (Von Kirchbach et al. 2003: 238). Zunächst sollte eine begriffliche Klärung herbeigeführt werden. So kennt die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr bspw. die Verbindungspersonen sowie die (externen) Fachberater,155 wobei eine klare und einheitliche Differenzierung hinsichtlich deren Auftrags nicht getroffen wird. Vielmehr kann es sein, dass die Polizei beide Funktionen innehaben kann. Es darf jedoch angenommen werden, dass der Fachberater i.d.R. ein Experte mit Spezialwissen für besondere Problemstellungen ist und dieses Know-how sowie Lösungsansätze dem Stab, dem er zugewiesen wird zur Verfügung stellt. Seine Tätigkeit dürfte sich daher schwerpunktmäßig auf Beratungen und Empfehlungen erstrecken (Ferch / Melioumis 2005: 185 f.). Verbindungspersonen hingegen werden regelmäßig durch solche Stellen entsandt, deren Personal bzw. FEM dem aufnehmenden Stab nicht unterstellt sind, deren Tätigkeiten aber im Zusammenhang mit Einsatzmaßnahmen stehen können (a.a.O.: 184). Im polizeilichen Sprachgebrauch unterscheidet man Verbindungskräfte156 und Verbindungspersonen157. Innerhalb der Verbindungskräfte wird nach Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski (2006: 1.5.2_10) nochmals zwischen Verbindungsberatern158 und Verbindungsbeamten159 differenziert. Ergänzt werden diese noch durch die sog. Berater (außerhalb der Polizei)160. In der vorliegenden Betrachtung liegt der Schwerpunkt – aus der Perspektive der aufnehmenden Stäbe – auf den Verbindungspersonen. Optimalerweise erfolgt ein wechselseitiger Austausch von Verbindern zwischen den einzelnen Führungsstellen der benachbarten BOS. Dabei wäre vor allem 155

Vgl. bspw. THW DV 1-100, Nr. 4.3.1.8 und 4.3.1.9 und FüRi, Nr. IV 3.1 und IV 3.4 Polizeibeamte oder sonstige Mitarbeiter der Polizei 157 Kräfte anderer Behörden / Organisationen 158 Berater des Polizeiführers bzw. des Führungsstabes 159 Kontaktpersonen zu den vor Ort tätigen Kräften 160 Personen mit speziellen Kenntnissen bzw. Fähigkeiten, die hiermit zur Auftragsbewältigung beitragen können (Berndt / Altmann 1981: 75) 156

59

wichtig und sinnvoll, einen Austausch zwischen Verwaltungs- und polizeilichem Führungsstab, zwischen TEL und dem polizeilichen EA Schadensort sowie zwischen Personenregistrierung / -auskunftsstelle161 und dem EA KrimKatKom zu veranlassen. Vor allem an diesen Stellen dürften erfahrungsgemäß die Informations- und Abstimmungsbedürfnisse am größten sein, wenngleich einer Entsendung von Verbindungspersonen auch in andere tragende Einsatzabschnitte nichts entgegensteht. Wichtig in diesem Zusammenhang ist lediglich, dass die hierbei getroffenen Absprachen auch Dritten mitgeteilt werden, sofern sie deren Belange berühren.162 Daher ist es auch möglich, von verschiedenen Abschnitten aus Verbinder an eine Stelle zu entsenden oder aber einem Beamten dort (in verschiedenen Rollen) die Aufgabenerledigung für mehrere Bedarfsträger aufzugeben (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_13 f.). Dieses Auftrags muss er sich dann allerdings bewusst sein.163 Verbindungspersonen vertreten im Stab ihre Organisation und sind deren Auge, Ohr und Mund. Zu dieser ist während des Einsatzes Verbindung aufzunehmen und zu halten. Hierbei obliegt den Verbindern die Information des aufnehmenden Stabes über die Entscheidungen des Entsendestabes und umgekehrt, sodass eine gegenseitige Berücksichtigung der jeweiligen Maßnahmen in der eigenen Planung erfolgen kann (Berndt / Altmann 1981: 75). Die Aufgabenzuweisung für das Verbindungspersonal erfolgt explizit durch die PDV 100.164 In der Literatur finden sich darüber hinaus noch weitere detaillierte Aufgabenbeschreibungen, die nachfolgend aufgelistet sind: -

Schaffen von Entscheidungsvoraussetzungen,

-

Veranlassen notwendiger Maßnahmen, um die sie ersucht wurden,

-

Mitteilen von Maßnahmen, die durch die eigene Behörde / Organisation beabsichtigt sind,

-

Abgleichen

von

Erkenntnissen

sowie

Hinweisen

auf

inhaltliche

Differenzen bei Besprechungen (Ferch / Melioumis 2005: 179),

161

Z.B. bei der Triage; vgl. Abschnitt 5.2.2 So können bspw. Informationen, die zwischen TEL und EA Schadensort ausgetauscht werden, auch für den polizeilichen Führungsstab von Interesse und Bedeutung sein 163 Vgl. Experteninterview mit Herrn Tietz in der Anlage 164 PDV 100, Nr. 1.5.2.1 162

60

-

Klärung von Fragen, die die eigene Organisation betreffen oder zumindest Klärung veranlassen,

-

Erkennen sog. „atmosphärische Entwicklungen“ (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_60),

-

Beschaffen und Bewerten von Informationen,

-

Mitarbeit und Beratung bei der Lagebeurteilung,

-

Kenntnisnahme von Lagevorträgen und Anordnungen,

-

Anfertigung von Berichten (Berndt / Altmann 1981: 80),

-

Entgegennahme,

Weiterleitung

und

Ausführungsüberwachung

von

Ersuchen an die eigene Organisation, -

Halten permanenter und enger Verbindung zu eigenen Befehlsstellen,

-

Beratung und Erteilung von Auskünften (Keller 1976: 199; 210),

-

Veranlassen von Maßnahmen bei ihrer Entsendestelle (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 29),

Es

Dokumentation. handelt

sich

also

nie

um

eine

einseitige

und

ausschließliche

Nachrichtenübermittlung, sondern um einen wechselseitigen Austausch von Informationen

aller

betroffenen

Führungsstellen,

zwischen

denen

die

Verbindungsperson fungieren soll, einschließlich einer fachlich beratenden Tätigkeit hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und -möglichkeiten ihrer eigenen Behörde / Organisation. Dabei wird vielfach auch ein gewisser Einfluss auf die eigene Organisation gefordert. Über diese einsatzspezifischen Aufgaben hinaus stellt sich die Frage, ob Ihnen nicht auch (sofern es sich um planmäßig vorbestimmte Verbindungspersonen handelt) im dienstlichen Alltag gewisse Aufgaben diesbezüglich übertragen werden sollten, wie bspw. die Führung und Aktualisierung gemeinsamer Einsatzakten, die Mitarbeit in entsprechenden Arbeitskreisen165 oder gar die Repräsentation der eigenen Dienststelle bei Dienstbesprechungen der anderen BOS. Solche Maßnahmen schaffen m.E. Vertrautheit mit den im Einsatzfall relevanten Personen und Themen.

165

Vgl. Abschnitt 5.1.1

61

Zur Frage, wann Verbindungspersonal eingesetzt werden sollte, kann festgestellt werden, dass ein Austausch immer dann empfohlen wird, „wenn ein hoher Informationsbedarf über einen längeren Zeitraum oder ein hoher Koordinationsbedarf besteht“, auch wenn moderne Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen. Zumindest sollte der Polizei dann daran gelegen sein, Verbindungskräfte zu den Fachdiensten zu entsenden (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_59 f.). Sie überwinden die Schnittstellen zu den Bereichen, mit denen regelmäßig eine besonders enge Verknüpfung erfolgt. Dabei dürfte die Polizei zu den Organisationen zählen, deren Anwesenheit ständig erforderlich ist. Allein schon zu Übungszwecken sollte daher bereits bei kleineren Lagen ein entsprechender Einsatz erfolgen (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 13). Geht es um die Auswahl von Verbindungskräften (sei es im Einsatz oder auch bereits i.R.d. Vorplanungen166), stellt sich also die Frage nach deren persönlicher Eignung. Tietz, Leidecker und Bernhard haben hierzu folgende Punkte geäußert, die aus ihrer Sicht wesentlich erscheinen.167 Demnach sollen sie -

die Fachsprachen der Organisationen beherrschen,

-

ein gutes Verhältnis zu beiden Führern (also dem eigenen und dem zugewiesenen) haben,

-

nicht reiner Nachrichtenmittler, aber auch nicht zweiter Polizeiführer sein,

-

die Denkweise des Polizeiführers kennen und berücksichtigen,

-

über eine starke Persönlichkeit sowie intellektuelle Fähigkeiten verfügen,

-

befugt sein, Grundsätzlichkeiten zusagen zu können,

-

gute Kenntnisse der eigenen Organisationsabläufe bei größeren Gefahrenund Schadenslagen, Katastrophen haben,

-

eine gewisse Einflussnahme in die eigene Organisation entfalten können,

-

die Rechtsgrundlagen für das Handeln ihrer Institution kennen,

-

in die ihnen obliegenden Aufgaben sowie die der anderen BOS eingewiesen sein,

-

über Einsatz- bzw. Übungserfahrung verfügen,

166

Eine Vorherplanung schafft die Möglichkeit einer geeigneten Personalauswahl; wird dies versäumt, kann davon das Gelingen des Einsatzes abhängen; vgl. Experteninterview mit Herrn Leidecker in der Anlage 167 Vgl. deren Experteninterviews in der Anlage

62

-

den BOS bereits vor einem Einsatz bekannt und in Vorgespräche bzw. Planungen einbezogen sein.

Hinsichtlich allgemeiner Anforderungsprofile oder Schlüsselkompetenzen sind zum

Personenkreis

der

Verbindungskräfte

und

-personen

keine

Ver-

öffentlichungen bekannt, sodass diese entweder neu zu entwickeln oder ggf. von anderen, ähnlichen Funktionen abzuleiten wären. Hier bieten die Ausführungen von Schmiedel / Unterkoffer (1993: 55 ff.) und Decker (1987: 38) zu Leitstellendisponenten bzw. von Berndt / Altmann (1981: 113 und 121 ff.) oder dem BBK (2005: 105) zu Stabsmitarbeitern allgemein Ansatzpunkte.168 Darüber hinaus erscheint es m.E. zweckmäßig, bei der Funktionszuweisung auf Freiwilligkeit und ggf. Vorkenntnisse169, zumindest jedoch auf die Bereitschaft zur Aus- und Fortbildung in diesem Bereich zu achten. Sinnvoll erscheint zudem, dass diese Beamten der Ereignisdienststelle entstammen und somit über die erforderlichen Orts-, Struktur-, Ablauf- und Personenkenntnisse verfügen. Ob dieser vielfältigen Anforderungen dürfte es unumgänglich sein, eine Personalauswahl nicht erst im Einsatzfall, sondern bereits im Vorfeld vorzunehmen und eine bestimmte Anzahl an Beamten planmäßig hierfür vorzusehen. Hierfür könnten die Planunterlagen des PP Münster170 beispielgebend sein. Danach wäre allenfalls in der Anfangsphase einer Lage eine Besetzung der Funktion ad hoc nach dem Grundsatz „Verfügbarkeit vor Eignung“ denkbar; diese wäre jedoch bei Eintreffen eines vorher ausgewählten und eingewiesenen Beamten durch diesen zu übernehmen oder zumindest zu unterstützen. Ferner stellt sich immer wieder die Frage nach der Laufbahnzugehörigkeit der Verbindungskräfte. Da diesen Einfluss auf ihre eigene Organisation (s.o.) sowie eine gewisse Äquivalenz der ausgeübten Funktion abverlangt wird bietet es sich

168

Eine Zusammenfassung dieser Qualifikationsmerkmale ist als Anlage beigefügt Bspw. durch eine (ggf. frühere) ehrenamtliche Tätigkeit bei den Hilfs-/Rettungsorganisationen 170 Androhung von Anschlägen, Anschläge, Größere Gefahren- und Schadenslagen / Katastrophen; Anlage 8.3 (Checkliste für Verbindungsbeamte zur Einsatzleitung der Feuerwehr vor Ort) sowie 8.4 (Checkliste für Verbindungsbeamte Polizei zum Krisenstab des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt); VS-NfD. 169

63

an, zumindest im Verwaltungsstab mit einem Beamten des höheren Dienstes vertreten zu sein.171 Organisatorisch aufnehmenden

ist

das

Stabes

Verbindungspersonal

zugeordnet.172

Von

formell

ihm

erhält

dem es

Leiter auch

des seine

Mitwirkungsersuchen; im Übrigen gilt dieser auch für seine eigenen entsandten Verbindungsbeamten als Auftraggeber (Berndt / Altmann 1981: 83). Für die externen Verbinder begründet sich hierdurch zwar kein Unterstellungsverhältnis,173 allerdings verpflichten sie sich, an der Bewältigung der Gesamtsituation im Stab mitzuarbeiten (Ferch / Melioumis 2005: 162). Ihre Beratungstätigkeit erfolgt dabei stets gegenüber dem Stab und nicht etwa an diesem vorbei (a.a.O.: 75), um nicht unmittelbar und ohne dessen Bewertung den jeweiligen Führer zu beeinflussen (Thielmann / Papenfuß 2006: 47). Umgekehrt muss natürlich auch eine vollständige Einbindung dieser Kontaktpersonen in die stabsinterne Kommunikation, also bspw. den Belegfluss erfolgen (Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski 2006: 1.5.2_12). Der Einsatz von Verbindungspersonal sollte letztlich allerdings nicht dazu führen, dass ansonsten keinerlei persönliche Kontakte mehr zwischen den Führern der einzelnen Organisationen bestehen174 oder dass Meldungen an die übergeordneten Stellen unterbleiben. Verbindungskräfte und -personen müssen für ihre Aufgabe professionell aus- und fortgebildet werden175 und in der aufnehmenden Organisation bekannt sein (Jape 2004). Die Bedeutung der Fortbildung dieser Kräfte wurde besonders anlässlich der sächsischen Flutkatastrophe im Jahr 2002 deutlich. Diesbezüglich wurde ein „dringender Bedarf“ gesehen (Von Kirchbach et al. 2003: 203). Lehrgänge, die jedoch gezielt das Verbindungswesen zum Inhalt haben, sind derzeit noch nicht flächendeckend existent. Lediglich einige Feuerwehrschulen176 haben sich dieses 171

Vgl. Experteninterview mit Herrn Leidecker in der Anlage Tatsächlich erfolgt der Kontakt zumeist jedoch über das Sachgebiet 3 (Verwaltungsstab) bzw. den Stabsbereich 11 (polizeilicher Führungsstab) 173 Folglich entsteht auch grds. kein Weisungsrecht 174 Vgl. Experteninterview mit Herrn Tietz in der Anlage 175 Wenngleich die FüRi, Nr. IV 3.1 und 3.4 als Formulierung der Qualifikationsforderung „Fach-/ Führungskräfte“ für ausreichend hält 176 Beispielhaft sei hier die Brand- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge genannt; vgl. http://www.inneres.sachsen-anhalt.de/bks-heyrothsberge/bks_neu/restplatz/katalog/pdf/V_13.pdf [Stand 04. Juni 2008] 172

64

Themas angenommen, weshalb für Herbst 2008 an der AKNZ eine entsprechende Musterausbildung177 initialisiert werden soll. Notwendig aufgrund der o.g. Anforderungen

und

Aufgabenstellungen

erscheint

jedoch,

dass

das

Verbindungspersonal über Stabserfahrung verfügt; dies könnte im Rahmen eines entsprechenden Fortbildungsangebotes vermittelt werden.

Zudem

dürften

Lehrgänge im Stressmanagement sowie zum „Zusammenwirken in der Gefahrenabwehr“178 eine Bildungsmöglichkeit darstellen. Ergänzt werden sollte dies z.B. durch die Teilnahme an Aus- und Fortbildungen sowie Stabsrahmenübungen oder Hospitationen bei den benachbarten BOS. Der Einsatz von Verbindungskräften und -personen sollte auch logistischtechnisch vorbereitet werden, um ihre ständige kommunikative Anbindung und die verzugsarme Weitergabe von Informationen zu gewährleisten. Das bedeutet, dass im Arbeitsumfeld der Verbinder möglichst die üblichen Kommunikationseinrichtungen (wie Festnetztelefon oder Telefax) vorhanden sein sollten. Darüber hinaus wäre ein vorbereiteter EDV-Einsatz (z.B. durch Schaffung funktionaler Postfächer, die in Verteiler aufgenommen sind sowie Internetanschlussmöglichkeiten) wünschenswert.179 Auch einheitliches Kartenmaterial und Kommunikationspläne sollten verfügbar gemacht werden. Darüber hinaus benötigen die Verbindungskräfte persönliche Telekommunikationsmittel, die es ermöglichen, mit der eigenen Organisation losgelöst von der durch den Stab zur Verfügung gestellten Technik kommunizieren zu können.180 Hierfür bieten sich Funkgerät, Handy und Laptop an. Letzterer könnte sodann via VPN an das jeweils organisationseigene Netzwerk angeschlossen und auch auf diesem Wege von dort in die Informationssteuerung einbezogen werden. Zur Arbeitsfähigkeit sollten ferner Vorschriften (z.B. Gesetze, Dienstvorschriften oder AuE) und Erreichbarkeitslisten der eigenen Institution sowie Büroausstattung mitgeführt werden. Der Einsatz von Verbindungspersonal ist in vielfacher Hinsicht vorteilhaft. So können hierdurch bspw. mangelhafte Meldewege teilweise ausgeglichen (Von Kirchbach et al. 2003: 232 f.) und Informationswege verkürzt werden.

177

Vgl. Experteninterview mit Herrn Tietz in der Anlage Vgl. bspw. http://www.lfks-rlp.de/new07/lehrgaenge2008/ZwG.pdf [Stand 02. Juli 2008] 179 Vgl. Experteninterview mit den Herren Wolschendorf / Mees in der Anlage 180 PDV 800, Nr. 3.1.1.4 178

65

Nachrichten werden in der benachbarten Organisation zielgerichtet dorthin übermittelt, wo sie hingehören (Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski 2006: 1.5.2_11). Die somit entstehenden unmittelbaren Kontakte ermöglichen schnellere Reaktionen auf plötzlich auftretende Lageveränderungen, ein kontinuierliches Abstimmen der verschiedenen taktischen Konzepte und schaffen zudem Verständnis für etwaige vorrangig zu erledigende Aufträge und Aufgaben (Keller 1976: 254 f.). Auch im Ausland bedient man sich entsprechender Verbindungsbeamter (liaison officers) der Organisationen (LESLP 2007: 30). Deren Rolle unterscheidet sich jedoch in Teilen erheblich von der ihrer deutschen Kollegen. So vertritt bspw. ein Verbindungsoffizier im o.g. „Incident Command System“ alle beteiligten Organisationen in der Einsatzleitung und bei Besprechungen, berät über deren Einsatzmöglichkeiten, nimmt ihre Interessenvertretung wahr und verantwortet deren problemlose Zusammenarbeit (Jendsch 2004: 6 f.). 5.1.3

Einsatznachbereitung

Vielfach geht aus Erfahrungsberichten nach Einsätzen hervor, dass die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen nicht reibungslos funktionierte. Eine

organisationsübergreifende

Einsatznachbereitung

sollte

daher

bei

bedeutsamen Ereignissen, denen größere Gefahren-, Schadenslagen und Katastrophen zweifelsohne zuzurechnen sind, obligatorisch sein und sich an die interne Nachbereitung anschließen (Amft / Granitzka 1997: 3).181 Dies meint eine Besprechung zur sog. Schwachstellenanalyse, aber auch zur Darstellung erzielter Erfolge in der organisationsübergreifenden Kooperation. Hierbei sollten Vertreter aller am Einsatz beteiligten Institutionen ihre Erkenntnisse einbringen (Wölker 1993: 30). Ziel dabei ist nicht etwa eine Schuldzuweisung oder Verurteilung, sondern das Bestreben um permanente Optimierung der Einsatzbewältigung. Solche Gespräche bedürfen ob ihres kritisierenden Charakters jedoch einer „konstruktiven Fehlerkultur“ (Jape 2004) sowie eines offenen, vertrauensvollen Umgangs miteinander und gegenseitiger Achtung. Im Kreise der Beteiligten sollte auch darüber gesprochen werden, wo gelungene und defizitäre Kommunikation im Einsatz vorherrschte und was hierfür kausal

181

Vgl. auch PDV 100, Nr. 4.15.7.2

66

war. Es handelt sich hierbei um sog. „Metakommunikation“ (Schulz von Thun / Ruppel / Stratmann 2001: 123 ff.), also das Sprechen über die stattgefundene und künftige Kommunikation miteinander. Dies soll die Arbeitsatmosphäre dauerhaft verbessern und die Chance bieten, aus Erfahrungen zu lernen. Dabei sollten alle Beteiligten in etwaige Problemlösungsprozesse eingebunden werden. Die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse müssen in der Folge in die künftige Einsatzbewältigung (Thielmann / Papenfuß / Wawrzynski 2006: 1.5.2_7 f.), z.B. in Form von Konzeptionen, sowie in die Aus- und Fortbildung einfließen. Darüber hinaus können diese Lehren und Erfahrungen auch einem weiteren Kreis potenziell ähnlich Betroffener in künftigen Lagen nützlich sein und sollten diesem zugänglich gemacht werden; dies könnte z.B. im Wege von Vorträgen oder Veröffentlichungen geschehen. Die Brücke, die hierdurch von der Einsatznachbereitung zur -vorbereitung geschlagen wird, spiegelt einen Zyklus der Einsatzkommunikation wider. Schließlich gilt es auch nach dem Abschluss einer Großlage die Einsatz- und Kommunikationsfähigkeit über die Organisationsgrenzen hinweg zu erhalten oder gar noch zu verbessern, denn „nach dem Einsatz stehen wir bereits wieder vor dem nächsten Einsatz“ (Amft / Granitzka 1997: 3). 5.2

Abstimmung externer Kommunikation

Die Unterschiedlichkeit der Aufgaben der einzelnen an der Einsatzbewältigung Beteiligten

kann

zu

verschiedenen

Interessenlagen

in

der

externen

Kommunikation, also den Kontakten mit Dritten (i.d.R. der Bevölkerung) führen. Daher können ggf. vorherige Abstimmungen erforderlich sein, um ein professionelles Einsatzmanagement „aus einem Guss“ zu demonstrieren. 5.2.1

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Warnung der Bevölkerung

Größere Schadenslagen sind von großem (oft sogar internationalem) Interesse. Dies bringt es mit sich, dass unzählige Pressevertreter die Geschehnisse mitverfolgen und darüber berichten. Hierfür benötigen sie Auskünfte seitens der einsatzverantwortlichen Behörde. § 6 Abs. 1 LMG eröffnet ihnen das Recht hierauf.182 Die Betreuung dieser Journalisten bindet somit viel Personal. Schon 182

Grenzen des Informationsrechts regelt § 6 Abs. 2 LMG

67

aus diesem Grund wäre vermutlich eine Organisation alleine überfordert, die Medienarbeit zu leisten – es geht folglich nur gemeinsam. Allerdings besteht die Gefahr von Widersprüchen, wenn mehrere Stellen parallel Auskünfte an die Medien erteilen, was die Bevölkerung verunsichern und zu einem Misstrauen gegenüber den eingesetzten Institutionen und deren professioneller Einsatzabwicklung führen könnte (Schmiedel 2002: 299). Dennoch ist eine Beteiligung aller Akteure anzustreben (BBK 2005: 173). Dies stellt nicht zuletzt deshalb eine Herausforderung dar, weil diese es aus ihrem Alltag gewohnt sind, ihre Pressearbeit autark durchzuführen. Es ist demnach eine Klärung darüber erforderlich, welche Inhalte auf welchem Weg und durch wen zu übermitteln sind (a.a.O.: 184). Die Öffentlichkeitsarbeit sollte daher frühzeitig von einer zentralen Stelle aus einsetzen, um Medienanfragen an nichtzuständige Stellen zu vermeiden, die stets die Gefahr von Fehlinterpretationen in sich bergen; dabei wären die Fakten dezentral zu erheben, aber zentral zu bewerten, um einheitliche Auskünfte zu gewährleisten (BMVBW 2000: 88). Diese Aufgabe sollte der Einsatzleitung zukommen. In Eschede wurde bspw. kritisiert, dass es zu organisationsspezifischen Verlautbarungen ohne eine Rücksprache mit dieser gekommen sei; auf organisationseigene Medienarbeit daher verzichtet werden (Leitner 2006: 88), es sei denn sie beschränkt sich ausschließlich auf die eigene Zuständigkeit (Crespin et al. 1996: 209). Sofern eine TEL tätig wird, sollte jedoch grds. dieser auch das Auskunftsrecht gegenüber der Presse obliegen; alle anderen sollten sich dem fügen (Hüls / Oestern 1999: 215). Der Sachbereich S5183 sollte daher koordinierend tätig werden und einen sog. „Vertrauensverbund“ zwischen den Pressesprechern der BOS aufbauen, die sich gegenseitig unterstützen und abgestimmte Grundinformationen vermitteln sollen. Darüber hinaus sollte aus jedem Fachbereich wechselweise ein Vertreter für Interviews oder Rückfragen zur Verfügung stehen (Maaß 2005: 4 f.). Im Rahmen einer Pressekonferenz besteht sodann die Möglichkeit, die Sprecher aller beteiligten Institutionen zu Wort kommen zu lassen. Von polizeilicher Seite aus sollte dabei auch immer die Rolle der Staatsanwaltschaft bedacht werden, da hier bei Schadenslagen nicht selten Zuständigkeiten gegeben sind.

183

Vgl. Abschnitt 5.1.2.2

68

Auch Einsatzkräfte müssen zu ihrem Verhalten gegenüber der Presse ein- / angewiesen werden; erfahrungsgemäß werden sie im Einsatz zu interviewen versucht oder gar nach Einsatzende noch bedrängt (Holle / Pohl-Meuthen 2002: 62). Daher haben Presseinformationen grds. nur durch hierzu autorisiertes Personal zu erfolgen. Zugänge zu sonstigen Einsatzräumen sollten gesichert werden (Tecl 1990: 32). In Eschede bspw. wurde den Einsatzkräften die Erteilung von Presseauskünften untersagt (Hüls / Oestern 1999: 209). Letztlich ermöglicht erst eine konzeptionelle Vorbereitung „das effektive, behördenübergreifende Zusammenwirken der in die Krisenkommunikation einbezogenen Behörden“ im Einsatz (BBK 2005: 175). Die gemeinsame Vorgehensweise und Kooperation der Pressesprecher sollte daher durchdacht und logistisch184 präpariert werden. So wurde bspw. anlässlich der Vorbereitungen auf die Fußball-WM 2006 am Spielort Kaiserslautern zwischen Stadtverwaltung und Polizei eine gemeinsame Pressearbeit vereinbart. Man installierte ein gemeinsames Pressezentrum, in dem permanent Vertreter beider Behörden präsent waren und so aufeinander abgestimmte Pressemitteilungen herausgeben konnten. Dies diente nicht nur der Einheitlichkeit der Berichterstattung, sondern beinhaltete auch medienfreundliche Aspekte, da hier an einer Stelle alle relevanten behördlichen Informationen zur Verfügung gestellt wurden. Darüber hinaus bereitete man sich bereits im Vorfeld auf eine evtl. Risiko- und Krisenkommunikation vor (Schmitt 2006: 43). Eine entsprechende Umsetzung dürfte grds. auch im Rahmen von Sofortlagen möglich sein. So berichten z.B. Band / Gessmann (2001: 259) von einer zwischen den Beteiligten abgesprochenen und koordinierten Pressearbeit beim Bahnunfall in Brühl. Medienberichterstattung muss also im Sinne einer one-voice-policy zentral gebündelt und einheitlich erfolgen, es gilt demnach ‚mit einer Stimme’ zu sprechen, denn „es geht vor allem um die kommunikative Kompetenz von Organisationen und ihren Repräsentanten. Häufig genug führt gerade die kommunikative Inkompetenz eines Einzelnen zum Risiko der Kommunikation 184

Bspw. Klärung von Zuständigkeiten, Festlegung geeigneter Räumlichkeiten für gemeinsame Pressezentren, Bereithalten mobiler Pressestellen, technische Ausstattung, Vorbereitung von Bürgertelefonen, Mitarbeiterbeschulungen und Überführung der Pressearbeit in die AAO

69

für Organisationen“ (Schulz 2002: 25) und fehlerhafte Medienberichterstattung lässt sich im Nachhinein nicht mehr einfangen.185 Somit ist die Abstimmung der zu vermittelnden Inhalte das Hauptanliegen in diesem Themenfeld. Dazu gehört, dass nur gesicherte und ständig aktualisierte Informationen, z.B. über die Anzahl Verletzter und Getöteter, herausgegeben werden dürfen (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_50). Dem kommt besondere Bedeutung zu, wenn mehrere dislozierte Pressestellen eingerichtet werden müssen. Hierbei ist dafür Sorge zu tragen, dass alle den gleichen Wissensstand haben und die gleichen Informationen verlautbaren (Hüls / Oestern 1999: 144). Zur Sicherung dieser Abstimmungen und somit zum Erhalt der eigenen Kommunikationsfähigkeit, sollten sich die verschiedenen Pressestellen des Einsatzes Rufnummern für ihre Erreichbarkeit untereinander freihalten, die nicht an die Medien weitergegeben werden (a.a.O.: 141). Zur

Genehmigung

von

Pressemitteilungen,

Wahrung

einer

inhaltlichen

Übereinstimmung sowie zur Unterrichtung aller beteiligten Stellen wurde an der Landesfeuerwehrschule

Baden-Württemberg

entwickelt, die beispielgebend sein könnte.

eine

sog.

„Sprachregelung“

186

Auf jeden Fall zu vermeiden sind Auseinandersetzungen oder gar offene Streitigkeiten zwischen Behörden und Organisationen vor der Presse. Diese schaffen nicht nur ein schlechtes Klima, sondern schaden auch dem Image und vor allem der Vermittlung des Eindrucks einer professionellen Lagebewältigung (AG Hochwasser 2003: 93). Warnung der Bevölkerung Öffentlichkeitsarbeit dient jedoch nicht nur der reinen Information der Bevölkerung. Seit dem weitgehenden Wegfall der Sirenenalarmierung kommt u.a. dem Rundfunk bei großen Gefahrenlagen die Aufgabe der Warnung der Bevölkerung zu. Auch hier gilt es, sich zwischen den BOS rechtzeitig vor Herausgabe der Warnmeldung abzustimmen. So sollte zunächst eine von allen getragene Gefahreneinschätzung vorgenommen werden, bevor überhaupt gewarnt wird (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 32) und auch die Inhalte der Warnungen 185

Vgl. Experteninterview mit den Herren Plattner / Gräff in der Anlage Vgl. http://www.lfs-bw.de/servlet/PB/show/1262557/SPRACHREGELUNG.doc [Stand 24. Juni 2008]. 186

70

sowie die erteilten Verhaltenshinweise, die an die Bevölkerung gesteuert werden, sind mit den Fachdiensten zu besprechen (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_51 f.). Fritzen (1994: 23) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei den Abstimmungen über die Warnung „Übertragungs- und Verständnisfehler“ beachtet werden müssen, die zu unterschiedlich gewichteten Aussagen gegenüber der Öffentlichkeit führen könnten. Ferner ist darauf zu achten, dass die verschiedenen Organisationen ein einheitliches Verhalten und Handeln an den Tag legen und nicht die Bevölkerung, etwa durch völlig voneinander abweichende Eigensicherungsmaßnahmen verunsichern. Baldarelli / Brunn (1990: 461 f.) verdeutlichen dies mit einem Beispiel, in dem Feuerwehrleute an einem Schadensort ohne besondere Schutzausstattung, die in der Nähe agierenden Polizeibeamten aber mit Atemschutzmasken tätig wurden. Einsatzbegleitende Lageorientierung Untrennbar mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verbunden ist die einsatzbegleitende Lageorientierung der eingesetzten Kräfte, wenngleich diese nicht unmittelbar externe Kommunikation darstellt. Auch hier bestehen organisationsübergreifende kommunikative Möglichkeiten, auf die an dieser Stelle kurz eingegangen werden soll. Einsatzergebnisse können dadurch verbessert werden, „[…] dass alle eingesetzten Kräfte rechtzeitig und ausreichend über die breite Informationsbasis verfügen, auf der sie optimale Entscheidungen treffen können“ (Altmann 1976: 185). Zudem kann sich dies auch fördernd auf deren Motivation auswirken. Als Hilfsmittel könnte hier ein gemeinsamer Infokanal für alle Kräfte oder ein Botendienst eingerichtet werden, über den die erforderlichen Informationen (organisationsübergreifend) übermittelbar wären. Zum einen geht es dabei darum, die Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit auch unverzüglich gegenüber den Kräften bekannt zu geben, damit es hier nicht zu Uninformiertheit und Unstimmigkeiten vor Ort kommt.187 Zum anderen könnten auf diesem Weg – je nach Intensität der Kooperation – auch allgemeine, interne Kenntnisse (z.B. über Lageentwicklungen, Ablösezeiten, Versorgung oder Angebote psychosozialer Unterstützung188) vermittelt werden. 187

So wären z.B. Auseinandersetzungen zwischen (nicht informierten) Absperrkräften und – ob der Presseverlautbarungen – zurückkehrenden Evakuierten denkbar (AG Hochwasser 2003: 139) 188 Vgl. Helmerichs 1999: 364

71

Ein letzter, nicht zu vernachlässigender Punkt zwischen der internen und externen Öffentlichkeitsarbeit liegt darin, dass BOS-Angehörige, die mit Dokumentationsaufgaben betraut sind, für andere Kräfte als solche auch erkennbar sind (Hüls / Oestern 1999: 145), um Irrtümer und Konflikte zu vermeiden. 5.2.2

Personenauskunftsstellen

Personenauskunftsstellen haben den Zweck, zentral die Daten aller von einer Katastrophe

betroffenen

Opfer189

sowie

eingehende

Vermissten-

bzw.

Suchanfragen zu sammeln, sodass ein Abgleich erfolgen und Auskunft über den Verbleib dieser Personen erteilt werden kann. Hinsichtlich des Betreibens von Personenauskunftsstellen bestehen derzeit allerdings unterschiedliche und uneinheitliche Einrichtungen bzw. Vorschriften parallel.190 So ist die Aufgabe, Auskunftsstellen einzurichten in manchen Bundesländern den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten zugewiesen.191 Daneben betreibt in der Regel die Polizei im Rahmen ihrer BAO meist eine sog. Vermisstenstelle als Unterabschnitt, so z.B. innerhalb des EA KrimKatKom in Rheinland-Pfalz. Die Zuständigkeiten der Polizei, insb. bei der Vermisstensachbearbeitung sowie den Todesermittlungen richten sich – über § 1 POG und § 159 StPO hinaus – nach der PDV 100192 sowie der PDV 389193, die auch bei größeren Gefahren- und Schadenslagen ihre Gültigkeit behält.194 Die hier zugewiesenen Aufgaben umfassen neben dem Auffangen und Identifizieren von Personen,

der

Einrichtung

von

Sammelstellen

und

der

Klärung

der

Geschehensumstände auch die Nutzung der Datei VERMI/UTOT195. Als weitere Besonderheit hat sich die Einrichtung „GAST-EPIC“ am Flughafen „Franz Josef Strauß“ in München erwiesen, die ihre Dienste als „Call-Center“

189

Z.B. Evakuierte, Verletzte, Getötete Eine einheitliche Lösung wird derzeit im Rahmen einer Projektgruppe bundesweit versucht zu erzielen (s. unten) 191 Vgl. z.B. § 31 FSHG Nordrhein-Westfalen 192 PDV 100, Nr. 4.15.5.2 193 Vermisste, unbekannte Tote, unbekannte hilflose Personen 194 PDV 389, Nr. 1.1 195 = Vermisste / unbekannte Tote 190

72

nicht nur bei Flugunfällen, sondern bei allen möglichen größeren Schadensereignissen anbietet.196 Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch das DRK im Rahmen seiner Suchdienstaufgaben entsprechende Zuständigkeiten beansprucht. Nach den Bestimmungen der Art. 122 der III. sowie Art. 136 der IV. Genfer Konvention197 obliegt der Bundesregierung im Falle bewaffneter Konflikte die Einrichtung eines sog. „amtlichen Auskunftsbüros“. Die Planung und Vorbereitung dieser nationalen Auskunftsstelle hat sie jedoch gem. Art. 2 des Gesetzes zu den Zusatzprotokollen I und II zu den Genfer Rotkreuz-Abkommen von 1949 vom 11. Dezember 1990 an das DRK übertragen.198 Das Rote Kreuz ist darüber hinaus der nicht unumstrittenen Auffassung, dass auch in Friedenszeiten, etwa bei Katastrophenfällen, das Auskunftsbüro in seinen Aufgabenbereich fällt und somit zum Einsatz kommt.199 Diese Auffassung wird offenbar in der sog. „Suchdienstvereinbarung“200 von der Bundesregierung geteilt. Dort heißt es, dass u.a. die Suche nach Personen, die durch Katastrophen voneinander getrennt wurden, zu den dem DRK übertragenen Aufgaben gehört. Viele Bundesländer haben

daher

dem

Roten

Kreuz

auch

rechtlich

(im

Rahmen

von

Verwaltungsvorschriften) die Möglichkeit eingeräumt, in solchen Fällen seine Tätigkeit aufzunehmen. Verfahrenstechnisch ist dabei vorgesehen, dass das DRK im Einvernehmen oder auf Anordnung der Katastrophenschutzbehörde grundsätzlich auf Kreisebene eine „Gemeinsame Auskunftsstelle der Hilfsorganisationen“ einrichtet, bei der manuelle und elektronische Katastrophendateien geführt sowie Suchanträge entgegengenommen und Auskünfte erteilt werden. Über die Aufnahme dieser Tätigkeit unterrichtet das DRK neben der Bevölkerung auch die Behörden sowie andere Hilfsorganisationen.201 Die Zusammenarbeit mit der Auskunftsstelle richtet sich nach den in den Bundesländern getroffenen Erlassen der Innenminister und -senatoren. Bemerkenswert erscheint jedoch, dass in all diesen Anweisungen festgelegt wurde, dass die Aufgaben der Polizei hiervon unberührt bleiben. 196

URL http://www.gast-epic.de/aufgabenbereich.htm [Stand 15. Mai 2008] III. Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen sowie IV. Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten 198 Schreiben des BMI vom 08.09.1966, Az.: VII A 1 – 740 542/1 199 DRK (1974), Vorbemerkung, Ziff. 4 200 Vereinbarung zur Durchführung der Suchdiensttätigkeiten vom 08.06.2001 201 DRK (1974: 51 ff.) 197

73

Allerdings macht das DRK auch klar, dass seine Tätigkeit lediglich eine sinnvolle Ergänzung der polizeilichen Vermisstensachbearbeitung darstellen will (DRK 2008: 7) und dass vertrauensvolle Zusammenarbeit und Datenabgleich die Kooperation von Polizei und DRK auszeichnen (Hörl 2006: 19). Der Einsatz mehrerer Auskunftsstellen schafft für die betroffenen Bürger im Bedarfsfall allerdings Unsicherheiten und führt zudem zwischen diesen Stellen meist zu einem kaum auszugleichenden Informationsstand hinsichtlich der Anzahl und Daten Betroffener. Hier ist also eine enge Abstimmung erforderlich (Frank 1990: 200 f.). Zudem führt diese Uneinheitlichkeit immer wieder zu Problemen zwischen den Institutionen, was vielfach beklagt wird. So fühlen sich einzelne schlichtweg vergessen oder mangelnd beteiligt und fordern eine bessere Koordination und Kooperation (Glass 1999: 10). Ziel sollte daher die Errichtung einer „Zentralen Auskunftsstelle“ von Polizei und Hilfsorganisationen sein, wie dies auch anlässlich der Fußball-WM 2006 angedacht war.202 Zumindest jedoch hat eine enge Zusammenarbeit zwischen der polizeilichen Vermisstenstelle und der Auskunftsstelle zu erfolgen, ggf. auch durch das Entsenden von Verbindungskräften dorthin (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 21 f.). Die Grundlage solcher Auskunftseinrichtungen stellen die Datenerhebungen durch die Registrierung der Betroffenen, insb. hinsichtlich ihrer Personendaten, ihres Gesundheitszustandes und ggf. ihres Transportziels dar. Eine solche Erfassung erfolgt i.d.R. durch die Hilfs- und Rettungsorganisationen im Rahmen der Sichtung bzw. an Sammelstellen. Hierbei werden vielfältige Daten erhoben, die aber auf den jeweiligen Bedarfsträger zugeschnitten sind, was dazu führt, dass nicht immer alle erforderlichen Informationen aufgenommen werden und dadurch Doppelerfassungen notwendig werden. Zudem kann es bei mangelnder Absprache zu Redundanzen kommen, etwa weil Betroffene sowohl durch den Rettungsdienst als auch die Polizei angetroffen und registriert werden. Dies zeigte sich bspw. bei einer Katastrophenschutzübung in Hamburg (Brand 2000). Es erscheint demnach sinnvoll, bereits bei der Erfassung die Bedürfnisse der jeweils anderen BOS (insb. der Polizei) zu berücksichtigen. Dies könnte bspw. 202

Vgl. „Sicherheitskonzeption der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz anlässlich der FußballWM 2006“ (VS-NfD), Nr. 12.4 (S. 143 ff.)

74

dadurch geschehen, dass ihnen ein Durchschlag der Verletztenanhängekarte o.Ä. zugedacht wird oder aber Beamte der KrimKatKom als Verbindungspersonen stationär im Sichtungsbereich des Behandlungsplatzes oder am Krankenwagenhalteplatz tätig werden und die Daten unmittelbar entgegennehmen (Eisinger / Gräff / Imo 2000: 6-500, 21 f.). Um in diesem Sinne im Einsatz frühzeitig Kontakte zu den Rettungsdiensten aufbauen zu können, wurde bspw. bei der KrimKatKom in Koblenz ein sog. „Vorauskommando“ eingerichtet, das noch vor der Arbeitsfähigkeit des gesamten EA bereits vor Ort die unmittelbare Anbindung bei LNA und OrgL suchen soll.203 Bereits im Vorfeld sollten solche Abläufe und Zuständigkeiten besprochen, sowie die

Zusammenarbeit

zwischen

den

Dienstleistern

vereinbart

werden.

Wünschenswert wären ferner klare Regeln zu deren Zuständigkeit sowie Inanspruchnahme im Einsatz. Auch der Umgang mit Daten, die bei anderen Dienststellen (außerhalb der Auskunftsstellen) auflaufen, z.B. Vermisstenanfragen über Notruf,204 sollten konzeptionell bedacht werden. Unterstützt werden sollte dies durch eine praxisorientierte Lösung, die gemeinsame Erfassung und Nutzung von Datenbeständen betreffend. Hier bieten EDV-Systeme Möglichkeiten, um Doppelerfassungen und Redundanzen zu vermeiden. Dabei sollte im Sinne einer Übereinstimmung und Einheitlichkeit von Auskünften (auch wenn diese von verschiedenen Stellen gegeben werden) darauf geachtet werden, dass eine zentrale Speicherung und Vorhaltung der Daten erfolgt,

auf

die

alle

Beteiligten

Zugriff

haben.

Datenschutzrechtliche

Bestimmungen stehen dem m.E. nicht entgegen. Als geeignet hierfür hat sich insbesondere die Software GSL.web erwiesen, die sowohl bei der GAST-EPIC als auch in einigen Länderpolizeien und Katastrophenschutzeinheiten Verwendung findet. In Nordrhein-Westfalen wurde dieses System von einer Arbeitsgruppe der Polizei unter Beteiligung von Feuerwehren / Rettungsdiensten geschaffen, um den Belangen aller Rechnung zu tragen. Hier werden die für alle Bedarfsträger erforderlichen Daten erfasst und statistisch ausgewertet (damit es auch bei Presseverlautbarungen nicht zu widersprüchlichen Angaben über die Anzahl Betroffener kommt). Das Programm 203 204

Vgl. AuE 5.0: „Aufbau- und Ablauforganisation des EA KrimKatKom beim PP Koblenz“ Vgl. Experteninterview mit Herrn Leidecker in der Anlage

75

wurde den Beteiligten zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Es wurde realisiert über eine sichere Internetverbindung, lässt aber auch eine Arbeit im OfflineBetrieb zu, um im Falle der Nichtverfügbarkeit von Netzwerkverbindungen die Daten erfassen und nachträglich einspeisen zu können. Die Daten stehen so zeitnah zentral zur Verfügung, was die Wartezeit besorgter Angehöriger auf Auskunft deutlich minimiert. Ein modularer Aufbau des Systems gewährleistet darüber hinaus, dass jede Organisationseinheit nur den Bereich bedient, für den sie autorisiert wurde (Roosen 2004: 137 ff.). Falls neben diesem System auch andere zum Einsatz kommen (z.B. durch die Hilfsorganisationen), so sollte zumindest eine Kompatibilität zum Datenaustausch gegeben sein. Aus diesem Grund wurden mittlerweile elektronische Schnittstellen zwischen der Datenbankanwendung des DRK (Xenios) und der polizeilichen Komponente (GSL.web) realisiert. Aktuell befasst sich eine bundesweite Projektgruppe (unter Beteiligung von AK II und AK V) mit den Personenauskunftsstellen, die u.a. folgende taktischen Anforderungen formuliert hat:205 -

es muss eine organisatorische Einbindung in den Einsatz erfolgen,

-

der Informationsfluss zur Polizei muss gewährleistet sein, ggf. auch durch Verbindungspersonen,

-

die IT-Systeme sollen verbundfähig mit denen anderer Auskunftsstellen sein, um bestimmte Szenarien (z.B. Kapazitätsprobleme, Parallellagen, Mehrfachzuständigkeiten) abdecken zu können.

Dabei sollte jedes Bundesland über mindestens eine Personenauskunftsstelle verfügen, wobei offen gelassen wurde, ob diese durch die Polizei oder den Katastrophenschutz einzurichten ist. Die IT wird nach derzeitigem Stand auf Basis des o.g. GSL.net geplant. Länder, die bereits über andere Systeme verfügen, sollen mittels Schnittstelle den Datenaustausch gewährleisten. Die derzeit laufenden Abstimmungsgespräche hinsichtlich einer rheinland-pfälzischen Lösung erfolgen federführend durch die Polizei unter Beteiligung der für den Katastrophenschutz zuständigen Abteilung des Innenministeriums. 205

Bericht über taktische und fachliche Anforderungen an eine Personenauskunftsstelle sowie Vermerk zum Sachstand der Personenauskunftsstellen bei Großschadenslagen in den Bundesländern und Rheinland-Pfalz (Schreiben des ISM vom 28.04.2008)

76

5.2.3

Opfer- / Angehörigenbetreuung

Durch Katastrophen, insbesondere wenn sie plötzlich und unerwartet auftreten, werden Betroffene psychisch enorm beansprucht. Eigene Verletzungen, der Verlust von Angehörigen oder von Hab und Gut sowie die schrecklichen Bilder, die sich nachhaltig in den Gedanken festsetzen, tragen hierzu bei. Es gibt also ein dringendes Bedürfnis, diese Personen zu betreuen (Marhauer / Kubera / Ziegler 2007: 4.15_21). Zugleich handelt es sich bei all diesen Menschen um wichtige Zeugen, die bspw. Aussagen zur Unglücksursache treffen oder Angehörige identifizieren können. Ein Auftrag an die Polizei zur Betreuung dieser Personen ergibt sich aus der PDV 100.206 Dieser ist jedoch als taktische Betreuung zu verstehen und sollte nicht als psychosoziale Nachsorge missverstanden werden. In eben diesem Arbeitsfeld sind nämlich andere Institutionen (z.B. Betreuungsdienste der Hilfsorganisationen, Kriseninterventionsteams, Notfallseelsorge und Psychologen) tätig.207 Aus der Tatsache, dass einerseits eine psychologische Betreuung der Betroffenen zwingend erforderlich ist, andererseits aber die Ermittlungen (ggf. sogar mit dem Ziel der Abwehr weiterer Gefahren) unverzüglich aufgenommen werden müssen und hierzu der Unterstützung eben dieses Personenkreises bedürfen, ergeben sich Schnittstellen, die durch eine koordinierte Zusammenarbeit besser verzahnt werden sollten. Beim Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall wurde bspw. ein gemeinsamer EA Betreuung unter Beteiligung aller in diesem Bereich Tätigen eingerichtet, der durch die Polizei geführt wurde. Hierbei übernahm jede Organisation den Bereich, für den sie auch besonders qualifiziert war. Alle arbeiteten in einem Betreuungszentrum zusammen.208 Auch beim Flugzeugabsturz in Überlingen oblag der Polizei auf Weisung des baden-württembergischen Innenministeriums die Gesamtverantwortung für den EA Betreuung (Walser

206

PDV 100, Nr. 4.15.5.2; in Rheinland-Pfalz obliegt diese Aufgabe der Verhandlungsgruppe der Polizei, die gem. AuE im EA KrimKatKom einen Unterabschnitt Betreuung betreibt 207 Problematisch in diesem Zusammenhang erscheint, dass diese Dienste i.d.R. keinen festen Platz (z.B. als EA) innerhalb des Einsatzgefüges einnehmen und hierfür auch keine einheitlichen Ausbildungsstandards existieren 208 Vortrag von Herrn Hammerl, 08.02.2008 an der DHPol

77

2003: 7). Die Auffassung, die bislang weitgehend unkoordinierte psychosoziale Unterstützung in einem eigenen EA zu strukturieren, wird auch vom BMI geteilt (Schutzkommission beim BMI 2006: 53). Das DRK sieht daher bspw. in seiner Dienstvorschrift sogar explizit den Verbund seines Betreuungsdienstes mit entsprechenden Einheiten anderer Fachdienste vor (DRK 2005: 18). Um die Zeugen bzw. Angehörigen einer qualifizierten psychologischen Betreuung zuzuführen, sollten diese daher entweder unmittelbar nach ihrer Erstbefragung durch die Polizei an die Fachdienste überstellt oder aber von dort der Polizei zugeführt werden; ggf. kommt auch der Einsatz gemischter Teams (Polizei und Betreuer) in Betracht. Solche Notwendigkeiten und Verfahrensabläufe müssen allerdings vorbereitet und abgestimmt werden – schwierig, angesichts der Vielzahl verschiedener, uneinheitlich ausgebildeter und strukturierter Hilfsdienste.

6

Zusammenfassung / Fazit

Die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen bei der Abwehr größerer Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen bedarf einer starken Vernetzung, um ein koordiniertes Vorgehen und dadurch eine effektive Einsatzbewältigung gewährleisten zu können. Gerade die Tatsache, dass die Polizei hierbei vielfach selbständig bleibt und parallel zu den Strukturen des Katastrophenschutzes agiert, erfordert eine besonders enge Kooperation. Die Grundlage dieser Zusammenarbeit stellt die Kommunikation zwischen den beteiligten BOS dar. Ihr kommt hierbei eine herausragende Rolle zu, da sie mitunter Entscheidungsprozesse nach sich zieht, die den gesamten Einsatzverlauf bestimmen können. Ein gegenseitiger Informationsaustausch kann dabei insb. die Kooperation zwischen den Fachdiensten erleichtern, die Koordination taktischer Maßnahmen optimieren, aber auch für die Sicherheit und das Vertrauen der Bevölkerung in die Katastrophenabwehr maßgeblich sein. Zudem dient Kommunikation der Vermeidung fehlender oder falscher Informationen.

78

In ihrer Anwendung folgt sie bestimmten psychologischen Grundregeln. Über diese hinaus sind auch Besonderheiten hinsichtlich des Informationsaustauschs zwischen Organisationen, sowie bei der Gesprächsführung in Krisen- und Stresssituationen zu beachten. Um sie sicher im Einsatz anwenden und hierdurch eine erfolgreiche Kommunikation gewährleisten zu können, müssen diese Grundsätze bei allen BOS im Rahmen von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen vermittelt und anlässlich von Übungen immer wieder trainiert werden. Dabei beeinflussen verschiedene Faktoren diese Kommunikation. Im Bezug auf die Einsatzkommunikation konnten insb. die folgenden als wesentlich festgestellt werden: der persönliche Bekanntheitsgrad der verschiedenen Verantwortungsträger untereinander, deren Erkennbarkeit an der Einsatzstelle, die unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Fachtermini, sowie die verwendeten Telekommunikationsmittel. Bedeutend für eine erfolgreiche Kommunikation ist demnach zunächst die Tatsache, ob die Gesprächspartner, die im Einsatz aufeinander treffen, sich bereits vorher persönlich bekannt sind. Ein gegenseitiges Kennenlernen sollte daher frühzeitig angestrebt und fortwährend vertieft werden. Darüber hinaus sollten die Verantwortungsträger an der Einsatzstelle auch als solche erkennbar sein, um zielgerichtet mit ihnen Kontakt aufnehmen zu können. Hierbei erscheint gerade die Kennzeichnung von Polizeikräften defizitär und optimierungsbedürftig. Ferner sollten funktionierende Kommunikations- und Informationsstrukturen zwischen den verschiedenen Stellen aufgebaut werden,

um die bestehenden

organisationsbedingten Unterschiede ausgleichen zu können. Dies sollte durch eine gegenseitige Berücksichtigung der jeweiligen Belange, sowie eine enge Kooperation unterstützt werden. Eine gemeinsame Fachterminologie könnte darüber hinaus ebenfalls zu einer Erleichterung der Kommunikation beitragen; diese sollte – unter stärkerer Beteiligung der Polizei – fortentwickelt werden. Hinsichtlich der einzusetzenden Informations- und Kommunikationstechnik sollte eine

gemeinsame

Einsatzdurchführung

angestrebt

werden,

wobei

auch

Systemausfälle und Alternativlösungen einzuplanen wären. Dabei sollte auf die Verwendung einfacher und betriebssicherer Kommunikationsmittel geachtet werden. Die Einführung des Digitalfunks lässt den Wegfall einer Vielzahl immer wieder auftretender technischer Probleme erwarten. Sie erscheint daher als eine 79

der erfolgversprechendsten technischen Verbesserungen, die weiter voranzutreiben ist. Auf

die

Zusammenarbeit

bei

größeren

Gefahren-

und

Schadenslagen,

Katastrophen müssen sich die Organisationen vorbereiten. Eine koordinierte Lagebewältigung, der Aufbau einer gemeinsamen Kommunikationsstruktur und eine gegenseitige Unterstützung bedürfen vorheriger Absprachen. Da hierfür während eines Einsatzes kaum mehr Zeit bleibt, sind diese bereits im Rahmen der Einsatzvorbereitungen zu treffen. Hierzu können örtliche Zusammenschlüsse, wie z.B. Arbeitskreise, hilfreich sein. Dabei ist besonders bedeutsam, die Bedürfnisse, Zielvorstellungen und Erfordernisse der benachbarten BOS zu erheben und mit den eigenen abzugleichen, sowie gemeinsame Vorgehensweisen festzulegen. Solche Abstimmungen sollten in gemeinsamen Einsatzakten ihren Niederschlag finden. Ihre Vermittlung und Erprobung sollte im Wege gemeinsamer Fortbildungsveranstaltungen und Übungen erfolgen. Darüber hinaus sollte das gegenseitige Kennenlernen der zusammenwirkenden Organisationen, also bspw. ihrer Zuständigkeiten, Möglichkeiten, Befugnisse und Taktiken auf allen Ebenen weiter intensiviert werden, um hierdurch ein gemeinsames Einsatzverständnis zu entwickeln

und

Entscheidungen

transparenter

zu

machen.

Eine

enge,

vertrauensvolle Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den tragenden Akteuren der Gefahrenabwehr muss folglich bereits vor dem Eintritt eines Schadensereignisses einsetzen, um sich positiv auf dieses auswirken zu können. Bei der Einsatzdurchführung selbst kommt gerade in der Anfangsphase den Leitstellen große Verantwortung zu. Sie haben u.a. dafür zu sorgen, dass frühzeitig und möglichst umfassend die eigenen, aber auch die benachbarten Kräfte alarmiert und informiert werden. Hierauf sollten sie entsprechend vorbereitet werden. Eine organisationsübergreifende Einsatzunterstützung kann hierbei u.a. durch einen gemeinsamen Führungskanal erreicht werden. Mitunter der größte Kommunikationsbedarf zwischen den BOS bei größeren Schadenslagen dürfte jedoch zwischen den verschiedenen Stäben auftreten, weshalb auf eine räumliche Nähe dieser Einrichtungen geachtet werden sollte. Zudem erscheint bedeutsam, für den Aufbau eines funktionierenden gegenseitigen Kommunikations- und Informationsmanagements zu sorgen. Den Lagesach80

bearbeitern (LZ bzw. S2), sowie den eingesetzten Verbindungspersonen kommt hierbei eine wichtige Rolle zu; schließlich sind sie die Schaltstellen der zielgerichteten Informationssteuerung zwischen den verschiedenen Stellen. Ergänzend hierzu sollten regelmäßig Besprechungen unter Beteiligung aller Organisationen durchgeführt werden. Gerade der gegenseitige Austausch von Verbindungspersonen spielt hierbei eine zentrale Rolle. Ihr Einsatz bietet neben kurzen Kommunikationswegen und hierdurch schnellen Reaktionsmöglichkeiten einen gewissen Ausgleich von Defiziten in der Kenntnis der jeweils anderen Organisation bzw. deren Fachsprache. Den Verbindungspersonen obliegen darüber hinaus vielfältige Aufgaben auf die sie zielgerichtet vorbereitet werden sollten. Es ist m.E. daher unabdingbar, diesen Personenkreis schon im Vorfeld einer auftretenden Lage auszuwählen, auszubilden und in Planentscheiden explizit ihrer Rolle zuzuweisen, damit auch eine entsprechende Identifikation mit diesem Auftrag erfolgen kann. Eine Ausstattung der Verbindungspersonen, sowie eine logistische Vorbereitung ihres Einsatzes in den aufnehmenden Stäben würden zusätzlich deren taktischen Einsatzwert erhöhen. Auch im Bezug auf die Kommunikation mit der Bevölkerung ergeben sich Schnittstellen zwischen den BOS. So ist zum einen auf eine koordinierte und abgestimmte Pressearbeit zu achten, die grds. von einer zentralen Stelle (nämlich der TEL) ausgehen sollte; hieran sollten sich alle involvierten Organisationen beteiligen. Zum anderen sollte – statt Insellösungen – eine zentrale und gemeinsam betriebene Personenauskunftsstelle eingerichtet werden, die sich einer einheitlichen und verbundfähigen EDV-Anwendung bedient. Weiterhin sollte bei Katastrophen auch eine einheitlich strukturierte Opferbetreuung, bspw. durch die Einrichtung eines entsprechenden Einsatzabschnittes, unter Berücksichtigung der polizeilichen Belange stattfinden. Abschließend sollte nicht unerwähnt bleiben, dass auch eine gemeinsame Einsatznachbereitung, insb. zur Analyse aufgetretener Probleme und Kommunikationsdefizite obligatorisch sein sollte. Hilfreich wäre, die hierbei festgestellten Ergebnisse in die künftige Einsatzvorbereitung münden zu lassen.

81

Abkürzungsverzeichnis AAB

Amtliches Auskunftsbüro

AAO

Allgemeine Aufbauorganisation

a.a.O.

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

ADD

Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz

AG

Arbeitsgruppe

AGBF

Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland

AK

Arbeitskreis der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder

AKNZ

Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz

Art.

Artikel

ASB

Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.

AuE

Alarm- und Einsatzunterlagen

Az.

Aktenzeichen

BAO

Besondere Aufbauorganisation

BASF

Badische Anilin- und Soda-Fabrik

BBK

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

BMI

Bundesministerium des Innern

BMVBW

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

BOS

Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben

bspw.

beispielsweise

BVA

Bundesverwaltungsamt

BZS

Bundesamt für Zivilschutz

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

DECT

Digital Enhanced Cordless Telecommunications ‚digitale verbesserte schnurlose Telekommunikation’

deNIS

deutsches Notfallvorsorge- und Informationssystem

d.h.

das heißt

DHPol

Deutsche Hochschule der Polizei 82

DIN

Deutsches Institut für Normung e.V.

DLRG

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.

Dr.

Doktor

DRK

Deutsches Rotes Kreuz e.V.

DV

Dienstvorschrift

EA

Einsatzabschnitt

EDV

elektronische Datenverarbeitung

EG

Europäische Gemeinschaft

EPS

Einsatz-Protokoll-System

et al.

et alii ‚und andere’

EU

Europäische Union

e.V.

eingetragener Verein

evtl.

eventuell /-e /-en /-er /-es

f.

folgende (Seite)

FB

Fachbereich

FEM

Führungs- und Einsatzmittel

ff.

folgende (Seiten)

FHöV

Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz

FMS

Funkmeldesystem

FSHG

Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung Nordrhein-Westfalen

FüRi

Richtlinie für den Führungsdienst im Brandschutz, in der Allgemeinen Hilfe und im Katastrophenschutz RheinlandPfalz

FwDV

Feuerwehrdienstvorschrift

GAST-EPIC

Gemeinsame Auskunftsstelle - Emergency Procedure Information Center

gem.

gemäß

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

ggf.

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

grds.

grundsätzlich

GSL

größere Schadenslage

Hg.

Herausgeber 83

HVB

Hauptverwaltungsbeamter

ICE

Intercity Express

i.d.R.

in der Regel

IMK

Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder

insb.

insbesondere

i.R.d.

im Rahmen der / des

i.S.d.

im Sinne der / des

ISM

Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz

IT

Informationstechnologie

IuK

Information und Kommunikation

i.V.m.

in Verbindung mit

JUH

Johanniter-Unfall-Hilfe

KatS

Katastrophenschutz

KatSL

Katastrophenschutzleitung

KD

Kriminaldirektor

KG

Kommanditgesellschaft

KrimKatKom

Kriminalpolizeiliche Katastrophenkommission

LA

Lernabschnitt

LBKG

Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz Rheinland-Pfalz

LESLP

London Emergency Services Liaison Panel ‚Verbundsystem der Londoner Notfalldienste’

LF

Leitfaden

LMG

Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz

LNA

Leitender Notarzt

LÜKEX

Länderübergreifende Krisenmanagementübung (Exercise)

LVwVfG

Landesverwaltungsverfahrensgesetz Rheinland-Pfalz

LZ

Lagezentrum

m

Meter

MANV

Massenanfall Verletzter

m.E.

meines Erachtens

MG

Meldegesetz Rheinland-Pfalz

MHD

Malteser Hilfsdienst 84

Nr.

Nummer

o.Ä.

oder Ähnliches

o.g.

oben genannte / -n / -r / -s

OrgL

Organisatorischer Leiter (Rettungsdienst)

österr.

österreichisch

PD

Polizeidirektor

PDV

Polizeidienstvorschrift

PFA

Polizei-Führungsakademie

Pkt.

Punkt

POG

Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz

PP

Polizeipräsidium

PTSG

Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation

RAEP Gesundheit

Rahmen-,

Alarm-

und

Einsatzplan

„Gesundheitliche

Versorgung und Betreuung bei Schadenslagen nach RettDG und LBKG im Rahmen des Rettungs-, Sanitäts- und Betreuungsdienstes“ RettDG

Landesgesetz über den Rettungsdienst sowie den Notfallund Krankentransport Rheinland-Pfalz

RP

Rheinland-Pfalz

S

Sachgebiet

S.

Seite

s.

siehe

SDÜ

Schengener Durchführungsübereinkommen

SKK

Ständige

Konferenz

für

Katastrophenvorsorge

und

Katastrophenschutz s.o.

siehe oben

sog.

so genannte /-n /-r /-s

StA

Staatsanwaltschaft

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

TEL

Technische Einsatzleitung

THW

(Bundesanstalt) Technisches Hilfswerk

85

THW-HelfRG

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk

TKG

Telekommunikationsgesetz

TKSiV

Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme

u.a.

unter anderem

u.Ä.

und Ähnliches

UKW

Ultrakurzwelle

URL

Uniform Resource Locator ‚einheitlicher Quellcode’

USA

United States of America ‚Vereinigte Staaten von Amerika’

u.U.

unter Umständen

vgl.

vergleiche

VPN

Virtual Private Network ‚virtuelles privates Netz’

VS-NfD

Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WM

Weltmeisterschaft

z.B.

zum Beispiel

Ziff.

Ziffer

86

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sowie

über

den

Funktionsstandard

bei

der

Fahrzeugpräparierung“. In: Konsequenzen aus der Geiselnahme von Gladbeck;

hier:

Sicherstellung

des

Informationsaustausches

bei

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101

Verzeichnis der Anlagen •

Interviewleitfaden



Experteninterview mit o Herrn Hans-Peter PLATTNER und Herrn Gerd GRÄFF o Herrn Heinz WOLSCHENDORF und Herrn Alwin MEES o Herrn Franz LEIDECKER o Herrn Michael BERNHARD o Herrn Klaus-Dieter TIETZ



Fragebogen von o Herrn Frans POST zur Explosion einer Munitionsfabrik in Enschede (Niederlande) am 13. Mai 2000 o Herrn Karl WOCHERMAYR zum Seilbahnunglück in Kaprun (Österreich) am 11. November 2000



Zusammenfassung der „Argumente zu neuen Organisationsformen der polizeilichen und nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr“



Zusammenfassung

der

„Qualifikationsmerkmale

für

Verbindungs-

personal“

102

Interviewleitfaden

Rahmenbedingungen

Konkrete Einsatzkommunikation

Verbindungskräfte / -personen

Kommunikation „nach außen“

Optimierungsmöglichkeiten

 Begrüßung / Vorstellung von Person und Thema  wie ich an Sie als Experte komme  wieso ist nach Ihrer Erfahrung die Kommunikation zwischen den an Einsätzen beteiligten Organisationen so wichtig?  in welchen Bereichen gibt es überhaupt aus Ihrer Sicht kommunikative Schnittstellen?  worin liegen nach Ihrer Einschätzung die Ursachen für gelegentlich benannte „kommunikative Probleme“ (zwischen den beteiligten Organisationen) im Einsatz?  welche die Kommunikation beeinflussenden Probleme sieht Ihre Organisation bzw. sehen Sie auf Seiten der Polizei?  was sind nach Ihrer Einschätzung die wesentlichen Rahmenbedingungen / Voraussetzungen für eine gute Einsatzkommunikation zwischen den diesen Organisationen?  (wie) wirkt sich Ihrer Meinung nach Einsatzstress auf die Kommunikation aus?  (auf welche Weise) stellen Sie / die durch Sie vertretene Organisation die ständige Kommunikation zu benachbarten Organisationen sicher… • …vor Einsätzen? • …während des Einsatzes… o in/zwischen Führungsorganen? o zwischen Führungsorganen und Einsatzstelle? o an der Einsatzstelle? • …nach Einsätzen?  wie sind diesbezüglich Ihre eigenen Erfahrungen in konkreten Einsatzlagen?  (wie) erfolgt bei Ihnen eine Auswahl dieses Personenkreises?  (wie) werden diese Funktionsträger aus-/ fortgebildet?  welche Erwartungshaltung haben Sie an solche Funktionsträger?  welche Vor-/Nachteile sehen sie bei… • gemeinsamer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit? • gemeinsamen Personenauskunftsstellen? • gemeinsamer Opferbetreuung?  (wo) sehen Sie Optimierungspotenzial hinsichtlich der organisationsübergreifenden Kommunikation?  welche Lösungsansätze lassen sich hierfür andenken?  haben Sie das Gefühl, dass Aspekte zum Thema unerwähnt / unberücksichtigt blieben?  Dankeschön

103

Experteninterview mit dem Leiter des Referates 351 (Feuerwehr und Katastrophenschutz, Finanzielle Förderung) und Landesfeuerwehrinspekteur, Herrn Hans-Peter Plattner sowie dem Leiter des Referates 352 (Rettungsdienst, Krisenmanagement-Land, Zivile Verteidigung, Schutz vor Gefahrstoffen), Herrn Gerd Gräff, beide Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz am 28.05.2008

„Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste sind auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen.

So

handelt

zwar

grundsätzlich

jeder

in

seinem

eigenen

Aufgabenbereich, allerdings hat man ein gemeinsames Ziel: die Gefahrenabwehr. Die hierbei zu bewältigenden Aufgaben werden ‚auf Augenhöhe’ verfolgt und erledigt. Hierbei bedienen sich alle Beteiligten gleichberechtigt nebeneinander stehender Rechtsgrundlagen, nämlich die Polizei des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes, die Feuerwehren des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sowie die Rettungsdienste des Rettungsdienstgesetzes. Nicht zuletzt aus diesen Gesetzen sowie weiteren Vorschriften wie bspw. der PDV 100 heraus besteht auch eine rechtliche Pflicht zur Zusammenarbeit für die Organisationen. Beispielhaft sei hier § 25 LBKG angeführt, demgemäß der Einsatzleiter der Feuerwehr Einvernehmen über zu veranlassende Sicherheitsmaßnahmen mit der Polizei herstellen und die Belange anderer betroffener Fachbehörden berücksichtigen soll. Gleiches gilt auch umgekehrt. Hierzu ist zwingend eine enge Kommunikation erforderlich! Insgesamt kommt der Polizei eine besondere Rolle zu, da sie häufig in Eilkompetenz tätig wird, was auch gut und notwendig ist, allerdings zu neuen Schnittstellen führt.

104

Wichtig ist, dass die Kommunikation zwischen den Organisationen frühzeitig einsetzt und Informationen ausgetauscht werden. Dies beginnt bereits auf der Ebene der Leitstellen. So sind z.B. terroristische Simultananschläge unter Umständen nur daran zu erkennen, dass diese Stellen die ihnen vorliegenden Informationen zusammenführen. Aber auch in alltäglicheren Lagen spielt die Kommunikation eine bedeutende Rolle. So gilt es z.B. an einer Unfallstelle -oder besser noch im Vorfeld- Absprachen über das taktisch günstige Auf- bzw. Abstellen

der

Einsatzfahrzeuge

ohne

größere

Beeinträchtigung

der

Partnerorganisationen zu treffen oder aber bei austretenden Gefahrstoffen die Polizei fachlich zu beraten. Abgestimmtes Vorgehen ist nicht nur für die Eigensicherung

der

Einsatzkräfte

unerlässlich,

sondern

auch

für

vertrauensbildende Maßnahmen bei der Bevölkerung. Wenn nach Auskunft des Feuerwehr-Einsatzleiters bei Freisetzung von Gefahrstoffen keine akute Gefahr für die Bevölkerung droht, Polizeibeamte dann aber in voller ABCSchutzausrüstung den Verkehr regeln, wird dies nicht das Vertrauen der Bevölkerung in die behördlichen Maßnahmen erhöhen. Der Informationsaustausch ist jedoch nicht nur zwischen (integrierten) Leitstellen, den

Feuerwehreinsatzzentralen

Lagezentralen

bedeutsam;

er

und spielt

den

polizeilichen

vielmehr

auf

Führungs-

allen

Ebenen

und der

Zusammenarbeit eine große Rolle, also auch bei der Arbeit vor Ort, etwa mit der Technischen

Einsatzleitung

sowie

auf

Kreisebene

mit

der

Katastrophenschutzleitung. Fakt ist, dass bei größeren Schadenslagen alle beteiligten Behörden und Organisationen ein sofortiges Informationsbedürfnis haben. Um dieses zu befriedigen, ist ein Zusammenführen aller vorhandenen Erkenntnisse von Nöten. Dabei könnte eine gemeinsame Lagebeurteilung bzw. die Erstellung eines gemeinsamen Lagebildes ein Erfolgsfaktor sein. So würden sich alle Organisationen auf die gleiche Faktenlage stützen und lediglich die einzelnen daraus abzuleitenden, durch diese Einheiten in eigener Zuständigkeit zu treffenden Maßnahmen würden differieren. Aus diesem Grund sollten auch die Einsatzleitungen von Feuerwehr und Polizei möglichst eng zusammen liegen und kooperieren – bis hin zu einer räumlich zusammen gefassten "gemeinsamen 105

Einsatzleitung", soweit dies unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Führungskonzepte möglich ist. So werden Feuerwehreinsätze so ortsnah wie möglich geführt. Maßgeblich hierbei ist vor allem aber, dass sich die handelnden Personen gegenseitig kennen; auch das gilt für alle Ebenen, also lokal ebenso wie auf Kreisebene. Das kann bspw. dadurch erreicht werden, dass man sich im Vorfeld des Einsatzgeschehens zusammensetzt, um gemeinsam Einsatzvorbereitungen zu treffen. Auch eine gegenseitige Teilnahme an Dienstbesprechungen ist denkbar. Ferner sollten die ablauforganisatorischen Regelungen der Rahmenalarm- und Einsatzpläne der verschiedenen Aufgabenträger aufeinander abgestimmt werden; aktuell erfolgt dies bspw. im Bezug auf das gemeinsame Vorgehen bei Amoklagen. Darüber hinaus haben uns die Anschläge vom 11. September 2001 in New

York

dazu

veranlasst,

den

Kommunen,

die

im

Rahmen

ihrer

Selbstverwaltung für den Katastrophenschutz originär zuständig sind zu empfehlen, sog. ‚runde Tische’ einzurichten. Im Bereich des Landkreises MainzBingen wurde dies bspw. mit einer ‚AG BOS’ umgesetzt. Neben dem Aspekt des gegenseitigen Kennenlernens soll hierbei das Ziel sein, alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, aber auch darüber hinaus weitere Fachbehörden, wie u.a. aus dem Gesundheits- oder Veterinärbereich sowie das Militär regelmäßig zusammenzuführen, um Einsatzstrukturen abzustimmen sowie Bedürfnisse, Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Organisationen darzustellen.

Nicht

Fortbildungsmaßnahmen

zuletzt das

fördern Kennen

auch

gemeinsame

von

und

Aus-

und

Vertrauen

auf

Partnerorganisationen. Ein Beispiel hierfür sind die Lehrgänge ‚Zusammenwirken in der Gefahrenabwehr’ an der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule, bei denen wir uns eine noch größere Beteiligung der Polizei wünschen würden. Im Einsatzfall selbst kommt natürlich dem gegenseitigen Austausch von Verbindungsbeamten bzw. Fachberatern eine zentrale Rolle zu. Der Einsatz dieser ‚Verbinder’ erfolgt -je nach Alarmstufe- in unterschiedlichen Bereichen der Aufbauorganisation. Hinsichtlich der Funktion und Ausbildung dieser Kräfte finden sich Regelungen in der Führungsdienstrichtlinie.

106

Ebenfalls von Bedeutung ist eine gemeinsame und abgestimmte Pressearbeit. Eine einheitliche Auskunftserteilung, z.B. zum Ausmaß der Gefährdung, trägt wesentlich zur Beruhigung der Bevölkerung sowie zur Vertrauensbildung in die beteiligten Behörden und Organisationen bei. Dabei sollte sich jede Organisation auf ihre Fachlichkeit beschränken, sodass bspw. die Feuerwehr z.B. bei Gefahrstofffreisetzungen

die

Beurteilung

naturwissenschaftlicher

Fakten

vornimmt, die Polizei hingegen zur Ursachenermittlung Stellung bezieht. Schließlich lassen sich fehlerhafte, über- oder untertriebene Medieninformationen, sind sie einmal ausgesprochen, nicht mehr einfangen. Hinsichtlich der Zusammenarbeit bei Personenauskunftsstellen finden derzeit Abstimmungsgespräche zwischen dem AK II und dem AK V statt, wie diesbezüglich in Zukunft vorgegangen werden soll. Fraglich erscheint, ob es sich hierbei um eine Aufgabe des Katastrophenschutzes handelt. Zwar ergeben sich hier Schnittmengen, da bspw. von verletzten oder transportierten Personen teilweise Daten erhoben werden, die für die Auskunftsstellen bedeutsam sind, aber hier scheint doch eher die Polizei mit ihrer KrimKatKom über eine gut vorbereitete

Ablauforganisation

zu

verfügen,

sodass

die

Katastrophenschutzorganisationen lediglich als Dienstleister ihre Informationen beisteuern sollten. Zumindest in Rheinland-Pfalz liegt auch die gesetzliche Zuständigkeit für das Personenauskunftswesen bei Gefahrenlagen aller Art nicht bei dem Katastrophenschutz, sondern bei der Polizei, die auch bessere und weitergehende Aufklärungsmöglichkeiten hat. Schließlich sollten an einer Stelle -optimalerweise einem Meldekopf der Polizei- die verfügbaren Daten schnell und zentral zusammenlaufen, um so der Erwartungshaltung der Bürger nach zügiger und kompetenter Auskunft aus einer Hand Rechnung zu tragen. Die Rolle, die dem DRK oder anderen Hilfsorganisationen im Rahmen der so genannten "Gemeinsamen Auskunftsstelle der Hilfsorganisationen" zukommt, lässt sich einzig aus dem entsprechenden Auftrag der Bundesregierung im Rahmen des Suchdienstes ableiten, der sich allerdings insbesondere auf eventuelle bewaffnete Konflikte beschränkt. Der Bund hat keine eigenen Kompetenzen für Katastrophenschutzaufgaben im Frieden. Dennoch sollten die Kapazitäten der Hilfsorganisationen in diesem Bereich mitgenutzt und so eng wie möglich mit

107

denen der Polizei verzahnt werden, um ein möglichst einheitliches Lagebild auch in diesem Bereich zu gewährleisten. Die Einsatzkommunikation darf natürlich nicht am Einsatzende abrupt enden. Vielmehr gilt es hier, eine Schwachstellenanalyse hinsichtlich der bewältigten Lage vorzunehmen und gemeinsam nachzubereiten, ohne dass eventuelle Kritikpunkte in die Öffentlichkeit getragen werden. Bei partnerschaftlicher Organisation der Gefahrenabwehr redet man nicht übereinander, sondern miteinander über Problemlösungen. Trotz allen Bemühens um eine gute Zusammenarbeit kann es in Einzelfällen doch immer wieder zu Problemen kommen. So ereigneten sich in den letzten Jahren zwei herausragende Ereignisse in Zornheim bzw. Kobern-Gondorf, bei denen die Polizeibeamten vor Ort nicht mit der Einsatztaktik der jeweiligen Freiwilligen Feuerwehr einverstanden waren und die Situationen in freiheitsentziehenden Maßnahmen

sowie

Ermittlungsverfahren

Einsatzleiter

gipfelten.

Dabei

waren

zum die

Nachteil

der

Konstellationen

Feuerwehrin

beiden

Fallgestaltungen ähnlich; immer handelte es sich um ‚städtische’ Polizeibeamte, die eine Zusammenarbeit mit Berufsfeuerwehren gewohnt waren, aber in der konkreten Lage mit ehrenamtlichen Funktionsträgern in ländlichen Strukturen konfrontiert wurden. Die hierbei gelegentlich in der Anfangsphase eintretende personelle und materielle Ressourcenknappheit führte zu taktisch anderen Entscheidungen, als die Beamten dies gewohnt waren. Hinzu kam, dass die Polizeibeamten die originäre Zuständigkeit der Feuerwehr verkannten, was ggf. in der scheinbaren, durch ihre Eilfallkompetenz vermittelte ‚Allzuständigkeit’ der Polizei begründet sein könnte. Derartige Zwischenfälle sind in Rheinland-Pfalz nicht

mehr

aufgetreten,

seitdem

die

Zusammenarbeit

zwischen

den

Ausbildungsstätten der Polizei und der Feuerwehr intensiviert wurde und der Rechtskundeunterricht entsprechend erweitert wurde. Ein weiteres Hemmnis in der vertrauensvollen Kommunikation könnte sich in Einzelfällen auch daraus ergeben, dass die Polizei durch ihre Aufgabenzuweisung eine gewisse ‚Janusköpfigkeit’ innehat. Sie ist neben der Gefahrenabwehr nämlich auch für Strafverfolgung zuständig und kann daher leicht -bei etwaigem 108

Fehlverhalten im Einsatz, aber auch privat- zum ‚Gegner’ werden. Dies könnte dazu führen, dass sich vereinzelt Einsatzkräfte der gegenseitigen Kommunikation entziehen. Bundesweit kritisch diskutiert werden derzeit neben der Aufwertung der Polizeiausbildung im Sinne des Bologna-Prozesses und einer fehlenden vergleichbaren Entwicklung bei den Feuerwehren auch die zunehmenden ‚Vereinnahmungstendenzen’ der Polizei, in deren Zuge Feuerwehrzuständigkeiten und

-organisationseinheiten

bestimmten

Polizeidienststellen

zu-

bzw.

untergeordnet werden; ein Paradebeispiel hierfür ist das Land Niedersachsen. Was die technische Kommunikation zwischen den Organisationen angeht, gibt es hierzulande kaum Probleme. Vielfach finden zum einen an Einsatzstellen unmittelbare Gespräche statt bzw. sind in den Führungsstellen ‚Verbinder’ eingesetzt

oder

man

bedient

sich

-vorwiegend

in

‚höheren

Stäben’-

drahtgebundener Kommunikationsmittel, zum anderen werden bei Bedarf funktechnisch

einfach

durch

die

Kräfte

Kanalwechsel

zur

jeweils

anzusprechenden Einheit vollzogen. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass es in Rheinland-Pfalz noch viele für die Feuerwehr-Erstalarmierung zuständige Polizeidienststellen

gibt

und

hinsichtlich

der

Verfügbarkeit

spezieller

Katastrophenschutzkanäle, die ebenfalls genutzt werden können unproblematisch. Im Zuge der Einführung des Digitalfunks wäre allerdings auch der Betrieb gemeinsamer Arbeits- und Führungskanäle wünschenswert. Vor dem Hintergrund denkbarer Schadensszenarien ist es jedoch wichtig, auf die Vorbereitung von Ausfallsicherheiten zu achten. So müssen Führungsstellen jederzeit, also bspw. auch bei Stromausfall miteinander kommunizieren können. Für den Bereich Telefonie und E-Mail-Kommunikation sind in Rheinland-Pfalz Redundanzen im Rahmen von Richtfunkverbindungen vorgesehen, falls die leitungsgebundenen Netze nicht verfügbar sein sollten (z.B. bei Stromausfall oder Hochwasser).“

109

Experteninterview mit dem Leiter des Referates 22 (Brand- und Katastrophenschutz), Herrn Heinz Wolschendorf sowie dem stellvertretenden Referatsleiter, Herrn Alwin Mees, beide Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz am 29.05.2008

„Der wichtigste Faktor der Kommunikation zwischen den an der Bewältigung von Schadenslagen beteiligten Behörden und Organisationen ist das gegenseitige persönliche Kennenlernen. Wer vor einem Schadensereignis schon einmal zwanglos zusammen gesessen und sich ausgetauscht hat, dem geht im Einsatz die gegenseitige Kommunikation besser von der Hand als jemandem, der dann den Telefonhörer abheben muss und erstmals mit dem Vertreter einer benachbarten Organisation spricht, ohne diesen vorher schon einmal gesehen zu haben. Dies ist allerdings eine Tatsache, die sich auf alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bezieht. Dass es dennoch -vor allem auf der Arbeitsebene- in Einzelfällen Probleme gibt, etwa Kompetenzgerangel um die Einsatzleitung, ist meist personenabhängig. Kommunikation ist nun mal eine zwischenmenschliche Sache. Im Zuge der Vorbereitungen zur Fußball-WM 2006 wurde unsere Behörde, der normalerweise originär die Einsatzleitung bei kerntechnischen Unfällen obliegt, durch das Innenministerium mit der landesweiten Koordination und Planung der nicht-polizeilichen

Gefahrenabwehr

beauftragt.

Hierbei

wurden

alle

Verantwortungsträger der verschiedenen Organisationen an einen Tisch geholt. Dieses Forum diente vor allem dem gegenseitigen Austausch und fand großen Zuspruch, so dass auch nach der Weltmeisterschaft der Wunsch bestand, dieses netzwerkartige Geflecht der Gefahrenabwehrbehörden weiterleben zu lassen und zu institutionalisieren. Dem wurde entsprochen durch die Einrichtung der AG OPTAU

(operativ-taktische

Zusammenarbeitslösungen

für

Unterstützung). denkbare

kritische

Dort

sollen

landkreisübergreifende 110

Gefahrenszenarien und das gemeinsame einsatztaktische Vorgehen vorbereitet werden. Derzeit

laufen bspw. Gespräche hinsichtlich eines potenziellen

Flugzeugabsturzes im Bereich des Flughafens Hahn. Zum Verbindungswesen sind in unserer Behörde spezielle Verfahren festgelegt worden. Das hier ortsansässige Polizeipräsidium Trier hat eine kleine Anzahl namentlich

festgelegter

Polizeibeamter,

die

uns

im

Einsatzfall

als

Verbindungspersonen in unserem Führungs- und Lagezentrum unterstützen. Diese sind während einer Lage voll in den Informationsfluss eingebunden. Ihre Funktion versteht sich hierbei nicht als Entscheidungsträger, sondern vielmehr als ‚Dolmetscher’ der Polizei. Für uns ist wichtig, dass diese Beamten die polizeilichen Strukturen gut kennen und wissen, wer in ihrer Organisation wo sitzt, wie er erreichbar ist und für was er zuständig ist. Sie sollen also schlichtweg den beiderseitigen Informationsfluss zwischen der Polizei und der ADD sicherstellen, bspw. durch Übermittlung von Lagebildern. Hierbei haben sich die Beamten, die ausschließlich dem gehobenen Dienst angehören, bewährt. Sie werden neben den Einsätzen auch regelmäßig in das Übungsgeschehen unserer Behörde eingebunden. Ihnen wird in entsprechenden Fällen ein festgelegter Büroraum mit der üblichen Technik zur Verfügung gestellt, d.h. sie haben die Möglichkeit über EDV (mit eigenem funktionalem Postfach), tragbares Telefon oder Telefaxgerät, bei Bedarf auch über Funk mit ihren Dienststellen Kontakt aufzunehmen bzw. zu halten. Die genutzten Büroräume sind darüber hinaus mit einer Live-Videoübertragung aus dem Stabsraum sowie der Möglichkeit der Lagedarstellung ausgestattet, sodass Lagen und Entscheidungen in Echtzeit mitverfolgt werden können. Ein gegenseitiger Austausch von Verbindungspersonen kann unsererseits meist aufgrund der begrenzten personellen Ressourcen allerdings nicht geleistet werden. Bei

besonderen

Lagen

wie

bspw.

einer

Hochwasserlage

oder

einem

Kernkraftwerksunfall richten wir allerdings eine sog. ‚Verbindungsstelle Katastrophenschutz’

ein,

also

einen

mobilen

Verbinder

zur

Katastrophenschutzleitung.

111

Eine im Einsatzfall erforderliche Pressearbeit wird hier im Hause durch die Pressestelle gewährleistet, die dann in den Führungsstab eingegliedert ist. Sie ist neben dem Schadensereignis der ‚zweite Kriegsschauplatz’ und genießt daher in der ADD große Bedeutung. Wichtig ist hierbei, dass Presseberichte gegenseitig abgestimmt sind. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn auch ausländische Stellen betroffen sind oder aber mehrere Ressorts bzw. Organisationen eigene Presseerklärungen abgeben; hier dürfen sich keine Widersprüche ergeben. Als Negativbeispiel ist mir da die Havarie des Frachtschiffes Pallas in Erinnerung. Hier drängte sich einem durch die Pressearbeit der Eindruck auf, dass die Gefahrenabwehr nicht funktioniere; ein Zustand der untragbar ist! Aus diesem Grund setzt sich auch die bereits erwähnte AG OPTAU unter Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten mit diesem Themenfeld auseinander. Hinsichtlich Personenauskunftsstellen wurde das DRK vor vielen Jahren von der Bundesregierung mit dem Betreiben solcher beauftragt, allerdings nur für den Fall bewaffneter Konflikte. Die DRK-Bundesversammlung hat diesen Auftrag eigenständig auf Katastrophen erweitert, um hierdurch Übung zu erlangen, aber auch um die vorgehaltenen Potenziale nutzbar zu machen. Die Polizei hingegen nutzt vermehrt das Angebot von GAST-EPIC am Münchener Flughafen. Wichtig erscheint hierbei, dass sich die entsprechenden Verantwortungsträger auf Landesebene hier abstimmen, um Konflikten vorzubeugen. Es erscheint also insgesamt wichtig, dass Dinge die im Vorfeld geklärt werden können, wie bspw. Zuständigkeiten, auch geregelt werden sollten. Dies minimiert im konkreten Einsatzfall Schnittstellen und damit Konfliktpotenzial. Zentrale Vorleistung ist dabei -und damit sind wir wieder am Ausgangspunkt- ist das gegenseitige Kennen der Verantwortungsträger. Zudem können eine gewisse Einsatz- und Übungserfahrung des Einsatzleiters so manchen Konflikt kompensieren. Hinsichtlich von Defiziten, die kommunikativ auf Seiten der Polizei zu beklagen wären, gibt es wenig zu kritisieren. Auch hier tragen inzwischen gegenseitiges Kennenlernen, gemeinsame Übungen und die gute Ausbildung der Führungskräfte dazu bei, dass es kaum noch Schwierigkeiten gibt. Hier sind eher Probleme im 112

Bereich der Bundespolizei erkennbar. Hier kommt es -scheinbar durch eine andere Sicht der Dinge- eher zu Kompetenzgerangel um die Einsatzleitung; vielleicht geben aber auch die geringen Berührungspunkte zu dieser Organisation zu wenig Gelegenheit, dies zu optimieren. Optimierungspotenzial sehen wir darin, dass man sich vermehrt -sofern es themenmäßig sinnvoll und zulässig erscheintgegenseitig zu Dienstbesprechungen einlädt. Dies schafft Gelegenheiten, das Verständnis für die Aufgaben der anderen Organisationen zu verbessern. Hier wäre auch an gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen oder Lageaufbereitungen zu denken. Bei solchen Anlässen sollten dann auch vor allem Darstellungen aus der Sicht einer jeden beteiligten Behörde erfolgen. Hinsichtlich unserer technischen Ausstattung verfügen wir über ein Führungsund Lagezentrum mit einer vorgeschalteten Informationssichtungsstelle sowie über eine Informations- und Kommunikationszentrale, die die ein- und ausgehenden Nachrichten steuern. Als Rückfallebene verfügen wir ferner über eine Richtfunkstrecke zum Innenministerium sowie über Satellitentelefone. Unsere Alarmierung verläuft über EDV vollautomatisch. Auch die Lageerfassung und -abwicklung erfolgt über die vernetzten Computer an den Arbeitsplätzen. Hierdurch hat sich das elektronische Versenden von E-Mails gegenüber dem Belegflusssystem durchgesetzt. Dies hat allerdings nicht nur Vorteile! Wichtig ist, dass die transportierten Informationen auch in kurzer Zeit erfasst werden können; Computer verleiten jedoch geradezu dazu, viele elektronische Anhänge mit den EMails zu versenden, die aber nicht in adäquater Zeit gesichtet werden können. Zudem muss man darauf achten, dass in der Betreffzeile auch klar das Thema der E-Mail zum Ausdruck kommt, um diese schon frühzeitig in ihrer Bedeutung für die Lageabwicklung einstufen zu können. Schlichtweg hat man sich aber beim Belegfluss immer kurz gefasst – das scheint nun vorbei zu sein. Darüber hinaus darf die Technik bzw. die Beherrschung dieser z.B. bei einem Serverausfall nicht die Stabsarbeit und damit auch die Kommunikation zum Erlahmen bringen.“

113

Experteninterview mit dem Leiter der Abteilung Polizeieinsatz, Herrn Franz Leidecker, Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen am Rhein am 03.06.2008

„Wenn ein Ereignis Dimensionen annimmt, dass ein Einsatzleiter nach § 26 LBKG erforderlich wird, hat jede beteiligte Einheit ihre Teilaufgaben zu erfüllen; der Polizei obliegt in diesem Fall bspw. die Errichtung einer Vermisstenstelle. Letztlich müssen sich aber alle Beteiligten im Klaren darüber sein, dass sie ein gemeinsames Ziel verfolgen. Vor diesem Hintergrund ist eine enge Abstimmung und Absprache wichtig. Erst am letzten Rosenmontag kam es während des laufenden Fastnachtsumzuges und in dessen unmittelbarer Nähe -am Danziger Platz in Ludwigshafen- zu einem Wohnhausbrand, bei dem mehrere tote und verletzte türkische Staatsangehörige zu beklagen waren. Innerhalb kürzester Zeit waren dort -neben anderen BOSetwa 100 Polizeibeamte im Einsatz. In der Folge ergab sich der Bedarf, die Ermittlungen im Rahmen einer BAO zu führen. Dieses Ereignis entwickelte insbesondere aus den Reihen der türkischstämmigen Bevölkerung unserer Stadt allerdings eine derartige Dynamik, die wir in der Form nicht erwartet hätten. Nicht nur, dass ein fremdenfeindlicher Anschlag vermutet und der Polizei einseitige Ermittlungen vorgehalten wurden; auch der Feuerwehr warf man vor, sie sei bewusst verzögert angerückt, was in der Folge sogar zu Angriffen gegen Feuerwehrleute führte. Auch auf internationaler politischer Ebene handelte es sich um ein bedeutsames Unglück, das nicht zuletzt auch den türkischen Ministerpräsidenten veranlasste, die Ermittlungen genauestens zu verfolgen. Aus diesem Grunde wurden vier hochrangige Verbindungsoffiziere der türkischen Polizei hierher entsandt, die die Ermittlungen beobachten und unterstützen sollten. Diese

114

-anfangs nicht vorbehaltlose- Maßnahmen erwies sich allerdings sehr bald als äußerst hilfreich und partnerschaftlich. Hinsichtlich der Einsatzabwicklung und der Kommunikation zu den benachbarten Organisationen muss ich jedoch zugeben, dass es insgesamt eine ungünstige Personalentscheidung gab, die den Austausch von Verbindungsbeamten betraf. So halte ich im Nachhinein sowohl den Verbinder, den die Feuerwehr zur Polizei entsandte, als auch den Polizeibeamten, der unsere BAO im Stab der Oberbürgermeisterin vertrat für ungeeignet in dieser Funktion. Von einem Verbindungsbeamten erwarte ich, dass er über gute Kenntnisse seiner eigenen Organisation verfügt; für Polizeibeamte in einer größeren Schadenslage bedeutet das, dass sie z.B. das System der Vermisstenstelle sowie der entsprechenden Sachbearbeitung innerhalb der BAO verstanden haben, dass sie die Akteure sowie die Rechtsgrundlagen ihres Handelns kennen müssen. Dies war leider im geschilderten Einsatz nicht der Fall. Darüber hinaus hat es sich bei dem Einsatz anlässlich des Flugzeugabsturzes in Ramstein 1988, bei dem ich als Leiter des Einsatzabschnittes KrimKatKom fungierte als positiv erwiesen, dass die Verbindungsperson

auch

eine

gewisse Wirkmöglichkeit

innerhalb

ihrer

Organisation entfalten konnte. Dort wurde seitens der amerikanischen Streitkräfte ein ranghoher Offizier entsandt, dessen Wort auch ein gewisses Gewicht bei den Militärs hatte. Dies spricht im Optimalfall dafür, dass zumindest als polizeilicher Vertreter in der Katastrophenschutzleitung ein Beamter des höheren Dienstes tätig sein sollte. Die Rolle eines Verbindungsbeamten sollte sich nicht auf das reine Übermitteln von Informationen beschränken; vielmehr muss er die zu veranlassenden Maßnahmen gedanklich durchdringen und verstehen und dies entsprechend in seiner Organisation umsetzen können. Beim Brand am Danziger Platz wurde vor Ort kein Verbindungsbeamter zur TEL eingesetzt; dies war dem Umstand geschuldet, dass TEL und der polizeiliche Einsatzabschnitt Schadensort gemeinsam vor Ort in einem Zelt untergebracht waren, was die Kontakte maßgeblich erleichterte. Normalerweise sollte man das Verbindungswesen vor einem Einsatz organisieren und regeln. Das haben wir bislang noch nicht getan, planen dies jedoch für die 115

Zukunft aufgrund der geschilderten Erfahrungen; wie ich weiß, haben andere Polizeipräsidien dies bereits umgesetzt. So sollte eine sorgfältige Personalauswahl nach den bereits dargelegten Kriterien stattfinden und eine Einweisung dieser Kräfte in ihr potenzielles Aufgabengebiet erfolgen. Sinnvollerweise sollten durch diesen Personenkreis zu ihren Gegenstellen der benachbarten Organisationen auch außerhalb eventueller Einsätze Kontakte bestehen. Darüber hinaus müssten ihnen die Aufgaben der anderen BOS näher gebracht werden. Dies könnte bspw. durch eine Teilnahme an deren Aus- und Fortbildungen geschehen; gewinnbringend erscheint mir auf jeden Fall der Besuch eines entsprechenden Lehrganges zur Zusammenarbeit der Behörden und Organisationen an der AKNZ oder der Landesfeuerwehrschule. Das

Hauptproblem

bei

der

Kommunikation

zwischen

den

beteiligten

Organisationen liegt meines Erachtens vor allem darin, dass viele nur sich selbst und ihre Zuständigkeit sehen, aber zu wenig Verständnis für die gemeinsame Aufgabe und die daraus erwachsenden Nöte der anderen Organisationen zeigen. Ein kürzlich aufgetretenes Problem ist z.B. die ärztliche Schweigepflicht; die Bedeutung dieser Daten für andere Organisationen, z.B. die Vermisstenstelle der Polizei, wird häufig verkannt. Gerade dieses Themenfeld einschließlich der unter der Leitung des Leitenden Notarztes durchgeführten Triage und damit verbundenen Registrierung sollte vor einem Einsatz abgestimmt werden. So sollte bspw. ein Vordrucksystem Verwendung finden, das auch einen Durchschlag mit den

erforderlichen

Daten

für

die

Polizei

vorsieht.

Leider

zeigt

die

Einsatzerfahrung, dass gerade die Registratur von Verletzten in der Anfangshektik vernachlässigt wird, was in der Folge einen deutlich erhöhten Ermittlungsaufwand nach sich zieht. Aus diesem Grunde sollte ein Verbindungsbeamter der KrimKatKom ständig an der Seite des LNA zum Einsatz kommen, um die dort erhobenen Daten zeitgleich für polizeiliche Zwecke zu erhalten. Hinsichtlich der Organisation von Personenauskunftsstellen ist aus meiner Sicht eine klare polizeiliche Zuständigkeit gegeben, die sich aus der PDV 100 ableiten lässt. Gleichzeitig besteht allerdings auch eine Zuständigkeit des DRK, das gleichfalls vom Innenministerium Rheinland-Pfalz mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragt wurde. Sinnvoll wäre da sicherlich, eine einheitliche 116

gemeinsame Lösung herbeizuführen, bspw. durch die Bekanntgabe einer einheitlichen Rufnummer einer Hotline und dem Betrieb einer gemeinsamen Vermissten- und Auskunftsstelle. Zentrales Anliegen ist jedoch, dass die überall anfallenden Daten auch zusammengeführt werden. Hinsichtlich der Nutzung von GAST-EPIC und einer EDV-Anwendung habe ich allerdings Zweifel, ob dies in der Realität funktionieren kann. Nicht nur, dass die Bevölkerung bis zur Erteilung einer befriedigenden Auskunft in ihrer Not alle veröffentlichten Bürgertelefone anwählen wird, so wird sie auch über Amtsleitungen und Notrufe, ggf. sogar durch persönliches Erscheinen am Unglücksort oder der für den Ereignisort bzw. ihren Wohnort zuständigen Polizeidienststelle um Informationen bemüht sein. Es fallen also an vielen Orten, die teilweise gar nicht über die o.g. EDV-Systeme verfügen, Anfragen und somit auch Spuren an, die es zusammenzuführen gilt. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die im Einsatz verwandte Software im Arbeitsalltag keine Verwendung findet; somit fehlt den Beamten trotzt Beschulung ein routinierter Umgang mit dieser Technik. Nicht zuletzt kann die Nutzung von Computern auch zu einer Informationsüberflutung führen; dies zeigte sich bei dem erwähnten Brand und der angewandten Lagesoftware. Durch die Masse eingepflegter Daten verlor man hier leicht den Überblick. Am wichtigsten beim Betrieb einer Vermisstenstelle erscheint mir daher die starke personelle Ausstattung dieser Organisationseinheit. Beim Einsatz in Ramstein wurden dort bspw. aus der 80-köpfigen KrimKatKom allein 55 Beamte eingesetzt und das hätten auch noch mehr sein können. Technisch betrachtet ist auch eine Überlastung der Telefonleitungen, wie wir sie beim Flugunfall erlebten zu berücksichtigen. Bezüglich der Pressearbeit haben wir bei dem Einsatz am Danziger Platz gute Erfahrungen gemacht. Alle Äußerungen der tätigen Behörden und Organisationen wurden auf den Rahmen von Pressekonferenzen beschränkt, an denen neben der Oberbürgermeisterin auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft beteiligt waren. Sämtliche Beiträge wurden vorher untereinander abgestimmt. Vereinzelt eigenständige Presseerklärungen gab es nur, sofern ausschließlich die Belange einer einzigen Organisationseinheit betroffen waren, wobei die Berichte der Polizei allesamt über die Staatsanwaltschaft veröffentlicht wurden. Eine besondere Bedeutung erlangte für diesen Einsatzabschnitt die permanente 117

Betreuung hochrangiger politischer Vertreter des In- und Auslandes, die teilweise erhebliche Menschenansammlungen verursachten. Eine Einflussnahme auf die politischen Äußerungen und Presseverlautbarungen erfolgte nicht und wäre auch nicht möglich gewesen. Zudem hatte auch die Staatskanzlei vor Ort eine eigene Pressestelle aufgebaut. Eine gemeinsame Informationssteuerung an alle eingesetzten -also auch benachbarten- Kräfte im Sinne einer Lageorientierung nach innen stelle ich mir in einer Ermittlungslage schwierig vor. Zum einen sind teilweise -sogar internGeheimhaltungserfordernisse vorhanden, zum anderen setzt man sich mit der steigenden Anzahl informierter Kräfte der Gefahr aus, dass unberechtigt Informationen an die Medien gelangen. Wollte man dies berücksichtigen und somit lediglich Grundinformationen vermitteln, müsste eine vorherige Filterung der Erkenntnisse erfolgen; damit würde man aber diejenigen Beamten beschneiden, die darüber hinaus noch weitere Infos haben sollten. Für eine Versorgung der benachbarten Organisationen mit Basisinfos dürfte daher meiner Meinung nach die jeweilige Verbindungsperson ausreichend sein. Weiterhin bei solchen Einsatzlagen wichtig ist eine gute psychosoziale Unterstützung. Dies betrifft insbesondere die eingesetzten Beamten und Kräfte aller Organisationen gleichermaßen, deren Gesunderhaltung uns am Herzen liegt. Aus den Erfahrungen des Vietnamkrieges ist bekannt, dass ca. 20% der dort eingesetzten Soldaten psychische Erkrankungen davongetragen haben; dies deckt sich mit Beobachtungen bei Schadensereignissen. Um diese Zahl zu minimieren, lässt sich entsprechende Hilfe bereits im Vorfeld solcher Einsätze organisieren. Aber auch die Angehörigen- und Opferbetreuung ist ein wichtiges Anliegen. Dies dürfte zwar in erster Linie eine Aufgabe der örtlichen Kriseninterventionsdienste darstellen, jedoch sind auch hier Interessen der Polizei zu berücksichtigen. Schließlich handelt es sich bei besagtem Personenkreis um potenzielle Zeugen von Unglücksfällen oder Straftaten, deren Aussagen es schnellstmöglich zu erheben gilt. Darüber hinaus sind Todesnachrichten zu übermitteln oder Betreuungen

von

Personen

durchzuführen,

die

sich

in

einer

akuten

Ausnahmesituation wartend vor der polizeilichen Vermisstenstelle befinden.

118

Zusammenfassend kann ich feststellen, dass jede beteiligte Organisation ihre Aufgaben und Grenzen kennen muss. Zusammenarbeit und damit auch die Kommunikation müssen im Vorfeld von Einsätzen geregelt werden, bspw. durch gemeinsame

Besprechungen,

Diskussionen

über

abgeschlossene

Lagen,

Planbesprechungen, Übungen und Fortbildungen. Dies wird in der Polizei leider immer noch stiefmütterlich behandelt. Dabei wäre es wichtig, die Kontakte systemisch und auf allen Ebenen aufzubauen, sodass jeder – von der Arbeitsebene bis zur Behördenspitze – sein Pendant kennen sollte. In der Folge des Unglücks von Ramstein wurden solche Festschreibungen zwischen Polizei, Militär und Kommunen sogar in einem Abkommen durch das Innenministerium getroffen. Leider ist jedoch bei Personalwechseln häufig auch ein Stillstand in solchen Belangen festzustellen. In Ludwigshafen erfolgt eine ähnliche Abstimmung auf Ebene

der

Inspektionsleiter

im

Rahmen

der

Alltagsgeschäfte.

Fest

institutionalisiert ist dies hier lediglich mit der BASF-Werksfeuerwehr. Auch dies ließe sich sicher noch, ähnlich wie in anderen Polizeipräsidien weiter ausbauen, sodass auch andere Anlässe wie bspw. Beförderungsfeiern zum gegenseitigen Kennenlernen

genutzt

werden.

Letztlich

ist

dies

jedoch

auch

eine

zwischenmenschliche Sache, die auch davon abhängt, ob man mit dem Gegenüber klar kommt. Auch Einsatznachbereitungen können im Einzelfall gute Gelegenheiten bieten, Probleme zwischen den Organisationen aus der Welt zu schaffen. Anlässlich des zurückliegenden Brandes wurde dies jedoch nicht für erforderlich erachtet, obgleich es auch hier kleinere Unstimmigkeiten gab, wie z.B. die Diskussion über die Weitergabe von Personaldaten Verletzter und Verstorbener sowie den Abzug von Feuerwehrkränen, die für polizeiliche Zwecke noch dienlich gewesen wären. Hier dürften jedoch auch aufgrund der Anspannungen der Lage atmosphärische Störungen eine Rolle gespielt haben. Vielleicht wird es daher später, wenn man freier von belastenden Emotionen ist, eine entsprechende Nachbereitung noch geben.“

119

Experteninterview mit dem Organisatorischen Leiter des Landkreises Kaiserslautern, Herrn Michael Bernhard, am 05.06.2008

„Bei Großschadensereignissen muss immer Vieles zwischen den beteiligten Institutionen abgestimmt werden. Das reicht -gerade die Polizei betreffend- von notwendigen Absperrmaßnahmen über das Festlegen von Rettungsrouten bis hin zu Schnittstellen, die sich bei der Arbeit der KrimKatKom ergeben. Zuweilen agieren

hier

nämlich

unter

Umständen

zwei

Auskunftsstellen,

das

Kreisauskunftsbüro des DRK sowie die Vermisstenstelle der Polizei. Beide sind dabei größtenteils auf die gleichen Daten angewiesen. Dies führt bei der Erhebung im Rahmen der Registrierung und der Verarbeitung allerdings zu Redundanzen, die vermeidbar wären. Hier sollte eine einheitliche Lösung gefunden werden. Weitere Schnittstellen ergeben sich bspw. bei der Rettung von Personen; gerade wenn im Rahmen eines Massenanfalls von Verletzten die individualmedizinische Versorgung aufgegeben werden muss, sind auch die Mitarbeiter anderer Organisationen gefordert, die knappen rettungsdienstlichen Personalressourcen zu unterstützen. Aber auch die Freisetzung von Gefahrgut oder Epidemien rufen die Kooperation und Kommunikation mit anderen Behörden und Institutionen hervor, hier z.B. Feuerwehr oder Gesundheitsamt. Bei dieser Zusammenarbeit treten häufig die gleichen grundsätzlichen Fragestellungen auf. Oft ist nämlich nicht allen klar, was die genauen Aufgaben und Befugnisse der anderen Beteiligten sind. Es erscheint mir daher wichtig, dass alle Organisationen dieses Thema aufgreifen und noch stärker in ihre Aus- und Fortbildung implementieren. Dabei sollte auch die Vermittlung bestimmter Fachbegriffe eine Rolle spielen. Dies fördert das gegenseitige Verständnis und reduziert unnötige Diskussionen und somit Stressfaktoren im Einsatzfall.

120

Ein weiteres Grundsatzproblem sind die unterschiedlichen Führungsstrukturen der Beteiligten; so führt die Polizei bspw. von hinten, die Feuerwehr von vorn und der Rettungsdienst ist es gar nicht gewohnt, geführt zu werden. All diese unterschiedlichen Organisationen mit ihren Abläufen und Gewohnheiten, ihren Kommunikationswegen und -sprachen unter einen Hut zu bringen, ist die schwierige Aufgabe der TEL. Dabei ist wichtig, dass bei allen Institutionen klar ist, wer in welcher Funktion als Ansprechpartner bzw. Verantwortlicher zur Verfügung steht. Seitens der Polizei bestehen aus meiner Sicht dahingehend Defizite, dass meist beim Eintreffen mehrerer Funkstreifen vor Ort niemand als ‚Einsatzleiter Ort’ benannt wird oder fungiert; alle handeln gleichberechtigt, was jedoch die Kommunikation beeinträchtigen kann. Darüber hinaus führte in der Vergangenheit die fehlende Kenntlichmachung der eingesetzten Kriminalbeamten bspw. im Rahmen der KrimKatKom zu unnötigen und zeitraubenden Diskussionen mit den anderen, im Einsatzraum handelnden Kräften. Aus meiner Sicht würde ich diesbezüglich eine Ausstattung mit Armbinden oder Überwurfwesten begrüßen. Der Faktor, dass viele der eingesetzten Helfer ehrenamtlich tätig sind, bereitet nach meiner Erkenntnis eher keine Probleme; hier kann man allenfalls feststellen, dass Veranstaltungen der ehrenamtlichen Organisationen, wie bspw. Übungen meist an Wochenenden stattfinden. Dies wiederum scheint es für die überwiegend hauptamtlich besetzten Institutionen hinsichtlich einer Teilnahme schwierig zu sein. Viel problematischer erscheinen mir hingegen gelegentlich auftauchende Vereins- bzw. Organisationsegoismen. Die Sicherung der rettungs- bzw. sanitätsdienstlichen Kommunikation im Einsatz erfolgt zunächst -nach der Alarmierung- über Funk mit der integrierten Leitstelle. Vor Ort wird dann gemeinsam mit dem Leitenden Notarzt ein ‚Einsatzabschnitt Gesundheit’ eingerichtet, der die Kommunikation an der Einsatzstelle organisiert. So wird im Schadensbereich mittels 2-m-Funk und zur Leitstelle über 4-m-Funk kommuniziert. Dies funktioniert im Landkreis Kaiserslautern auch ohne nennenswerte Störungen. Hierzu trägt u.a. ein entsprechend ausgestatteter Führungskraftwagen bei. Darüber hinaus bedienen wir uns überall dort 121

drahtgebundener Telekommunikationsmöglichkeiten, wo diese auch vorhanden sind. Weiterhin ist ein ausgebildeter Organisatorischer Leiter zusätzlich als Verbindungsperson und ‚Fachberater Sanitätsdienst’ in der TEL vertreten, bei Bedarf auch in Begleitung eines LNA in einer eventuellen polizeilichen BAO. Nach Abschluss des Einsatzes wäre mir eine ehrliche gemeinsame Nachbereitung mit allen Beteiligten wichtig. Hier kann geklärt werden, was anders hätte laufen müssen, wo und welche Probleme aufgetreten sind und ob ein Bedarf an psychosozialer Nachsorge bei den Kräften besteht. Eine ggf. erforderliche Krisenintervention wird in Kaiserslautern organisationsübergreifend angeboten, was sich auch bewährt hat. Wenn im Einsatz Verbindungspersonen eingesetzt werden, erwarte ich von ihnen, dass sie die Strukturen der anderen, ebenfalls eingesetzten Organisationen kennen. Sie müssen getroffene Entscheidungen nachvollziehen können. Hierzu ist auch eine gewisse Einsatzerfahrung notwendig. Außerdem sollten sie in der Lage sein, gewisse Entscheidungen auch selbst treffen oder aber zumindest -ohne lange Umwege über einen Führungsstab zu nehmen- zeitnah eine solche herbeiführen zu können. Dies bedingt gute Verbindungen in die BAO hinein. Mit einem reinen Nachrichtenmittler wäre dem Stab, in dem die Verbindungsperson sitzt nicht gedient. Es ist daher durchaus sinnvoll, sich schon vor einer Einsatzlage Gedanken darüber zu machen, wer diese Funktion bei Bedarf wahrnehmen soll. Der Vorteil wäre, dass diese Kräfte schon im Vorfeld an Besprechungen mit den anderen Organisationen teilnehmen und deren Befindlichkeiten kennen lernen könnten. Zwar kann es auch dann immer noch vorkommen, dass aus Gründen der Verfügbarkeit zunächst eine andere Person diese Funktion wahrnimmt, es sollte aber

geprüft

werden,

ob

später

ein

Personalaustausch

ohne

große

Informationsbrüche erfolgen kann. Bezüglich erforderlicher Öffentlichkeitsarbeit kann ich feststellen, dass dies in Kaiserslautern gut funktioniert. Hier gibt es eine gemeinsame Pressearbeit, d.h. entweder wird die Berichterstattung abgestimmt und es gibt nur einen einzigen Auskunftsberechtigten oder aber man veranstaltet eine Pressekonferenz unter Beteiligung aller im Einsatz befindlicher Institutionen. Es darf nicht passieren, 122

dass bspw. wie beim Flugtagunglück in Ramstein Polizei, Kreisverwaltung und Hilfsorganisationen

jeweils

eigene

und

voneinander

abweichende

Presseerklärungen herausgeben. Es erscheint mir besser, anfangs keine statt zwei voneinander abweichende Aussagen zu treffen. Das größte Optimierungspotenzial sehe ich in der Ausbildung der einzelnen Organisationen; dies hatte ich bereits ausgeführt. Es muss den Einsatzkräften vermittelt werden, was ‚die anderen’ können, müssen und dürfen und wie sie organisiert sind. Dieses Wissen darf nicht nur auf der Führungsebene vorhanden sein, sondern muss auch auf der Arbeitsebene vermittelt werden. Dies könnte z.B. im

Rahmen

gemeinsamer

Übungen,

Besprechungen

oder

sonstiger

Veranstaltungen informeller Art stattfinden. Ferner ist es notwendig, Alarm- und Einsatzunterlagen der verschiedenen Organisationen gemeinsam zu erstellen bzw. aufeinander abzustimmen, um so z.B. die Verteilung von Bereitstellungsräumen für die Bedarfsträger bereits im Vorfeld zu klären. Alles was ablauforganisatorisch vor einem Einsatz geklärt werden kann, mindert später Diskussionen und ggf. Streitereien. Auch

die

Durchführung

verbesserungswürdig.

Häufig

gemeinsamer werden

jedoch

Einsatznachbereitungen aufgetretene

Fehler

ist nicht

eingestanden. Dies dürfte damit zusammen hängen, dass man nicht schon frühzeitig miteinander geredet hat und so kein Vertrauensverhältnis vorhanden ist, in dessen Rahmen dies möglich wäre. Bezüglich der Datenerhebung durch die KrimKatKom würde ich empfehlen, dass sich Beamte von dort an der Registrierungsstelle mit Vertretern der Hilfsorganisationen zusammen an eine Erfassungsstelle begeben; dies verhindert Redundanzen und sorgt dafür, dass jeder die für ihn erforderlichen Informationen unmittelbar erhält. Abschließend möchte ich jedoch feststellen, dass es im Rahmen der alltäglich anfallenden

Einsätze

kaum

Probleme

gibt.

Problematisch

wird

die

Kommunikation meist dann, wenn es sich um eine größere und schwerer zu 123

überblickende Einsatzstelle handelt. Wer sich nicht sieht, spricht auch nicht miteinander! Hinzu kommt, dass sich die handelnden Führungskräfte nicht immer kennen und dass die Leitstellen in der frühen und chaotischen Phase auch nicht immer die ersten erforderlichen Abstimmungen treffen. Fakt ist, dass eine gute Vorbereitung auf eventuelle Lagen das Geschehen vor Ort und die Kommunikation wesentlich und positiv beeinflussen kann. Schließlich sind größere Schadenslagen für die Bevölkerung immer erst dann ein Thema, wenn sie sich ereignet haben; für uns sollten sie aber schon vorher eines sein!“

124

Experteninterview mit dem Dozenten für polizeiliche Einsatzlehre, Herrn Klaus-Dieter Tietz, AKNZ in Bad Neuenahr-Ahrweiler am 09.06.2008

„Kommunikation im Einsatz ist für mich ein Erfolgsgarant! Das Motto beim Einsatz anlässlich größerer Schadenslagen muss lauten: ‚Tut’s gemeinsam!’, denn jede Organisation ist für sich betrachtet nicht in der Lage, ein solches Ereignis alleine zu bewältigen. Jeder hat seine originären Aufgaben, die er erfüllen muss, diese sind jedoch nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Aufträgen der anderen BOS zu sehen. Zur Einsatzbewältigung bedienen sich sowohl die Polizei, als auch die Einheiten des Katastrophenschutzes i.d.R. des Aufbaus einer BAO, es wird also parallel gearbeitet. Hierbei ist maßgeblich, dass Aufträge nicht doppelt oder gar nicht erledigt werden. Insofern ist eine gute Kommunikation zwischen den Organisationen wichtig. In Großbritannien ist es beispielsweise so, dass bei entsprechenden Lagen die Einsatzleitung stets bei der Polizei liegt und Feuerwehr, Sanitätsdienst sowie Verwaltung sich hierunter eingliedern; in der Schweiz wiederum wird hinsichtlich der Leitung zwischen Polizei, Feuerwehr und Sanität eine

Schwergewichtsentscheidung

getroffen.

Welches

Modell

zur

Einsatzbewältigung auch gewählt wird, erscheint mir nur zweitrangig; alle haben Vor- und Nachteile. Maßgeblich ist, dass die Kommunikation stimmt, dann spielt die Einsatzstruktur nur noch eine untergeordnete Rolle. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass für alle anfallenden Aufträge jemand zuständig ist und zwar nur einer! Eine besondere Bedeutung bei der Einsatzabwicklung kommt allerdings aus meiner Sicht dem Austausch von Verbindungsbeamten in beide Richtungen zu, denn zielgerichtetes Handeln erfordert Absprachen und Abstimmungen. Meldewege helfen darüber hinaus bspw. auch, Gefahren für eingesetzte Kräfte zu minimieren. Hierbei dürfen jedoch die benachbarten Kräfte 125

nicht vergessen werden! Das Schwierige daran ist allerdings, immer die Schnittstelle zu erkennen. Ob es allerdings sinnvoll ist, aus einem Gremium heraus zu führen, also gemeinsame Stäbe einzurichten, bezweifle ich. Hiergegen spricht die Größe, die der Führungsstab annehmen würde und die zur Arbeitsunfähigkeit führen könnte. Zudem sind auch die wahrzunehmenden Aufgaben sehr spezifisch und unterschiedlich; man denke an die polizeiliche Rolle als Strafverfolger, die letztlich auch rechtliche Probleme in sich bergen kann.

So etwa, wenn

Geheimhaltungsinteressen gegenüber nicht verpflichteten Angehörigen der Hilfsorganisationen gewahrt werden müssten, bspw. bei Informationen zu einem Einsatz von Spezialeinheiten nach einem Terroranschlag. Viel wichtiger ist daher eine gute Verzahnung der Gremien. Diese kann z.B. durch dicht beieinander liegende Räumlichkeiten begünstigt werden. Zudem kann es auch für einen Polizeiführer oder die Katastrophenschutzleitung Sinn machen, bspw. bei einer übersichtlichen Punktlage vor Ort zu führen und somit -wie beim Einsatz

in

Eschede-

eine

enge

Abstimmung

in

einem

gemeinsamen

Besprechungszelt zu gewährleisten. Ein

typisches

Problemfeld

neben

fehlenden

Kenntnissen

über

die

Partnerorganisationen ist das häufig nicht vorhandene Rollenverständnis. Viele denken nur in ihrer Sparte und lassen dabei die Problemstellungen Dritter außen vor. So haben viele Polizeibeamte keine Vorstellung davon, wie im Katastrophenschutz geführt und gearbeitet wird. Gleiches gilt natürlich auch für die anderen Organisationen umgekehrt. So gibt es bspw. in beiden BAO’en sowohl territoriale als auch funktionale Gliederungen. Wenn dem Gegenüber diese Strukturen bekannt und klar sind, erleichtert dies die Abstimmungen erheblich. Hinzu kommt, dass die Stabsstruktur der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr eine andere ist, was die Kommunikation mit den äquivalenten polizeilichen Stellen nicht gerade erleichtert. Ein weiterer Punkt wäre das Entsenden von Verbindungspersonal: Der Katastrophenschutz führt i.d.R. mit einer TEL vor Ort; darüber hinaus kann ein Verwaltungsstab zum Einsatz kommen. Je nach dem ob dies so ist, muss der Verbindungsbeamte wissen, für wen er wie tätig wird. So besteht die Möglichkeit, 126

dass er als Verbinder zwischen TEL und dem EA Schadensort, zwischen Katastrophenschutzleitung und dem Führungsstab des Polizeiführers oder aber aus der TEL heraus für beide polizeilichen Stellen tätig wird; diese Rolle muss ihm bewusst sein. Speziell auf Seiten der Polizei sehe ich die Problemfelder ‚Habitus’ und ‚Rollenwahrnehmung’. So haben sich viele Polizeiführer ein Auftreten der Stärke und Dominanz angeeignet, das sie nicht einfach anlässlich einer Schadenslage ablegen können. Das dürfte daher rühren, dass diese Beamten es gewohnt sind, größere Lagen wie Geiselnahmen oder Demonstrationen zu bewältigen, in denen sie ‚die Macher’ sind. Diese Erfahrungen bringen sie auch in größeren Gefahrenund Schadenslagen / Katastrophen mit ein, obwohl sich ihre Rolle hier -abgesehen von den originären Aufgaben- auf Dienstleistungen für die nicht-polizeilichen Partner reduziert. Dieser Rollenwechsel ist ungewohnt und wird daher nicht immer vollzogen, so dass einige Polizeiführer davon ausgehen, sie seien die Gesamteinsatzleiter. Diese Erkenntnis führte in den vergangenen Jahren dazu, dass der Fokus der benachbarten BOS immer mehr in der polizeilichen Führungskräfteausbildung Berücksichtigung fand. Dies hat bereits spürbar das gegenseitige Verständnis verbessert. Der Weg sollte jedoch dahin gehen, dass die einzelnen Polizeibehörden professionell ausgebildete und auch auf größere Gefahren- und Schadenslagen / Katastrophen vorbereitete Polizeiführer planmäßig festlegen. Bevor es überhaupt

zu einem Einsatz kommt, sollte zudem bereits

ebenenspezifisch geklärt sein, wer für wen der Ansprechpartner in den Organisationen ist. Hierauf sollten anschließend gemeinsame Treffen oder regelmäßige Besprechungen folgen, denn Vertrauen und Sympathie spielen in der Kommunikation eine große Rolle. Diese Faktoren können anlässlich informeller Treffen dann weiter gefestigt werden. Ist die Polizei als Repräsentant geladen, so sollten in diesem Rahmen Themen zur Sprache kommen, die die BOS auch berühren. Darüber hinaus gilt es, Pläne -wie Katastrophenschutzkalender oder Alarm- und Einsatzunterlagen- gemeinsam zu entwickeln oder abzustimmen, Checklisten zu 127

erarbeiten und Verbindungsbeamte im Vorfeld festzulegen. Auf Zuruf eines Einsatzstichwortes muss jedem klar sein, was er zu tun hat und was die anderen tun. Den jeweiligen Aktenführern kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Um diese Absprachen zu überprüfen eigenen sich Übungen, die gemeinsam vorbereitet, durchgeführt, beobachtet, ausgewertet und nachbereitet werden. Im Einsatzfall dienen schließlich die Verbindungspersonen der gegenseitigen Kommunikation. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass die persönliche Abstimmung den höchsten Stellenwert genießt, weshalb die Einsatzleiter von Polizei

und

Katastrophenschutz

sich

auch

von

Zeit

zu

Zeit

ohne

zwischengeschalteten Dritten verständigen sollten. Ferner können Systeme die Kommunikation unterstützen, z.B. durch das Führen einer gemeinsamen

Lagekarte.

Informationen

Partner

der

zu

Dies

bietet

die Möglichkeit,

partizipieren,

z.B.

von

hinsichtlich

den einer

Schadstoffausbreitung. Auch an eine gemeinsame EDV-Nutzung wäre zu denken. Hierzu müssten die erforderlichen Schnittstellen und der Zugriff Dritter auf das elektronische Belegflussverfahren geschaffen werden. Als Beispiele seien hier die gemeinsame Nutzung von EPS.web bei der Fußballeuropameisterschaft 2008 in Österreich oder die Computersysteme der Personenauskunftsstellen, etwa GSL.web in Bayern oder GSL.net in Nordrhein-Westfalen genannt. Die hierarchieübergreifende

Verfügbarkeit

von

Informationen,

wie

virtuelle

Bibliotheken, Nachschlagewerke oder Kartenmaterial bieten eine große Unterstützung. Die Anwendung ‚deNIS II’ bietet hier erste Möglichkeiten, allerdings kommt aus Gründen der Geheimhaltung lediglich die Übermittlung ‚freigegebener’ Informationen in Frage. Während des Einsatzes einzusetzende Verbindungsbeamte sollten im Vorfeld bereits ausgewählt werden, was bislang noch kaum institutionalisiert ist. Man sollte als Polizeiführer nicht abwarten, wer im Einsatz übrig bleibt und dann auf Hoffnung und Zufall setzen; dies wäre nicht zielführend. Die mit dieser Aufgabe betrauten Beamten sollten entsprechend ausgebildet und ausgestattet sein; ihr Einsatz müsste zudem auch technisch vorbereitet werden, z.B. durch die Anbindung an entsprechende EDV-Anwendungen. Sie sollten eine gewisse Affinität zum Thema mitbringen und ‚beide Sprachen’ sprechen, also den 128

Fachjargon des Katastrophenschutzes als auch der Polizei beherrschen. Sie sollten ein Rollenverständnis für beide Seiten ihrer Verbindung mitbringen und zu beiden Führern möglichst ein Vertrauensverhältnis haben. Die Funktion der Verbindungsperson wird häufig falsch verstanden. So gibt es einerseits das Extrem, dass diesem Beamten eine rein filternde und übermittelnde Rolle ohne jede eigene Entscheidungskompetenz und nur beschränkter Beratungstätigkeit

zugeschrieben

wird.

Dies

ist

meines

Erachtens

Ressourcenverschwendung. Andererseits kristallisieren sich Verbinder auch leicht zum zweiten heimlichen Polizeiführer heraus, der alles zusagt und regelt. Auch das ist sicher nicht wünschenswert. Sinnvoll dürfte da ein Mittelweg sein. Der Beamte sollte auf jeden Fall die eigene Struktur sowie die eigenen Fähigkeiten und Zuständigkeiten seiner Einsatzorganisation kennen. Er sollte ferner wissen, wie der Polizeiführer denkt, wie man mit Leitlinien und taktischen Zielen umgeht und in diesem Rahmen auftragstaktisch beraten können. Er muss in der Lage sein, Grundsätzlichkeiten ohne große Rücksprachen klären zu können; falls eine Rückkopplung erforderlich wäre, sollte er eine positive Rückmeldung in Aussicht stellen und diese (oder Alternativen) einholen. Zur Ausübung dieser Funktion sind eine starke Persönlichkeit und intellektuelle Fähigkeiten erforderlich. Derzeit finden noch kaum Beschulungen für Verbindungskräfte statt. Aus diesem Grund hat sich die AKNZ mit der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz jetzt entschlossen, im November diesen Jahres ein dreitägiges Pilotseminar zum Thema unter Beteiligung der Partnerorganisationen durchzuführen, in dessen Rahmen ein Musterlehrplan entstehen soll. Ein letzter, noch anzusprechender Punkt wäre die Öffentlichkeitsarbeit. Diese muss zwingend gemeinsam, ggf. unter einheitlicher Leitung durchgeführt werden. Sie kann z.B. im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz erfolgen, an der alle Organisationen beteiligt werden. Wichtig hierbei ist, dass sich jeder Einzelne seiner Rolle und Aufgabe bewusst ist und schwerpunktmäßig nur Aussagen zu seinem Fachgebiet macht. Hierbei veröffentlichte Zahlen, Daten und Fakten müssen zwingend einheitlich sein! So darf bspw. die Zahl eventueller Toter nie zu hoch angegeben werden; es muss daher im Zweifel eine Einigung zwischen den BOS auf die gesicherten Zahlen als gemeinsame Basis erfolgen! Dabei ist frühzeitig vor der Veröffentlichung die Fachsprache hinsichtlich unterschiedlicher 129

Definitionen abzugleichen; so ist bspw. nach medizinischen Kriterien jemand schwer verletzt, wenn vitale Funktionen bedroht sind, die Polizei orientiert sich allerdings -unabhängig davon- eher an der stationären Aufnahme in einem Krankenhaus. Dies kann durchaus zu unterschiedlichen Zählweisen führen, was zwingend verhindert werden muss! Somit wird deutlich, dass eine Zusammenarbeit zwischen Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdienst und Verwaltung unabdingbar und zwingend erforderlich für den Einsatzerfolg ist.“

130

Fragebogen zur Führungskommunikation bei Großschadenslagen (Herr Frans Post, Polizei Enschede)

Wie findet bei Ihnen im Großschadensfall die Führungskommunikation beziehungsweise der Informationsaustausch zwischen den Fachdiensten (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst) statt? In die Niederlande gibt es bei Grosschadenslage einen Multi-disciplinaire Aufbaustruktur, wobei die Leitenden auf verschiedene Ebene sich treffen und wo Informationen geteilt werden, in dem Sinne, dass nur geteilt wird was auch für die andere Partner wichtig / notwendig ist. * Auf der Unfalsstelle treffen sich die Officier von Dienst von der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienst. Wir nennen das ein COPI , auf holländisch heisst das Commando Plaats Incident = Kommando zur Stelle. * Gibt es ein sogenannten Brunnen und Effektgebied wird ein ROT (Regionales Operationellen Team) zur Unterstutzung des COPI formiert, wo auf taktische Ebene die Unterstützung geregelt wird von Polizei, Feurerwhr, Rettungsdienst und Gemeinde (welcher in geografischer Betracht betroffen ist) . Bei der Polizei bedeutet das, das unseren BAO tätig wird. Wir nennen das ein SGBO (Staf Grootschalig en Bijzonder Optreden) geführt von einem Algemeen Commandant (Polizei Führer). Die Führer der Dienste treffen sich im ROT und teilen die vorhandene Informationen, beraten sich auf die Entwikkelung der Lage und bereiten ettliche Scenarien vor die sich möglich apspielen könnten. * Der Haubtverantwortlicher bei Grossschadenslagen ist der Burgemeister. Er hat seinen Stab zur verfügung. In der Stab (Gemeentelijke Rampenstaf= Gemeinde Krisis Stab) ist der Burgermeister der Vorsitzende und haben die Ortzcommandanten der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst und betroffene übrige Dienste (zb. Bundesbahn, Kernkraftwerk uzw) sitzung.

Spielen hierbei Verbindungspersonen eine Rolle und wie werden diese gegebenenfalls im Vorfeld auf ihre Tätigkeit vorbereitet und ausgestattet? [Anmerkung: unter Verbindungspersonen versteht man in Deutschland Fachkräfte anderer Behörden / Organisationen (zum Beispiel der Feuerwehr), die im Führungsstab der Polizei sitzen und deren Aufgabe es ist, den Einsatzleiter der Polizei zu beraten sowie den Kontakt zu ihrer Behörde / Organisation aufrecht zu erhalten]

Informationen sind die wichtigste Komponenten der Führung. Im normalen Berufsausbildung ist das in der Akademie selbstverständlich ein Thema. Bei der Polizei gibt es in der BAO ein Haubt Information (CHIN = Chef Informatie) der verantwortlich ist für die versammlung und veredlung der Informationen. Es gibt in dem Bereich ein Spezialleergang.

131

Welche Kommunikationsprobleme zwischen den beteiligten oben genannten Organisationen sind gegebenenfalls beim Einsatz in Kaprun aufgetreten? Damals gab es nog kein digitale Funksystem womit die unterschiedlichen Dienten einfach mit einander Kontakt haben könnten. Auch gaf es nog kein gemeinsame Struktur wie bei frage 1 ist beschrieben.

Welche Folgerungen haben Sie für die künftige Einsatzbewältigung hieraus gegebenenfalls gezogen beziehungsweise welche Empfehlungen können Sie für ähnlich gelagerte Fälle geben? Auf grund der Auskunfte der Untersuchungskommisionen Alders (Volendam Silvester 2001) und Oosting (Enschede mai 2000) entwikkelte sich die Struktur (frage 1). Bei der Polizei wurder das Knopfmodel eingeführt, das der Aufbau unserem BAO beschreibt, complet mit Kompetenzen, bereitschaft der Teilnehmer und Ausbildung.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.

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Fragebogen zur Führungskommunikation bei Großschadenslagen (Herr Karl Wochermayr, Polizei Salzburg)

Wie findet bei Ihnen im Großschadensfall die Führungskommunikation beziehungsweise der Informationsaustausch zwischen den Fachdiensten (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst) statt? In Österreich hat sich in der Vergangenheit die „Integrierte Stabsarbeit“ bewährt bzw. entwickelt. Ziel ist, dass innerhalb des polizeilichen Einsatzstabes alle Blaulichtorganisationen sowie das österreichische Bundesheer vertreten sind. Der Einsatzkommandant wird in der Stabsarbeit durch 6 Sachgebiete unterstützt. Diese Sachgebiete erfassen, be- und verarbeiten alle für die Führungsarbeit erforderlichen Informationen in arbeitsteiliger Weise. Die sogenannten S-Funktionen (S1 = Personal, S2 = Lage, S3 = Einsatz, S4 – Versorgung, S5 = Öffentlichkeitsarbeit, S6 = Kommunikation) werden seit längeren von den Blaulichtorganisationen und dem österr. Bundesheer verwendet. Aus Gründen der Kompatibilität bzw. um die „Integrierte Stabsarbeit“ zu ermöglichen, wurde in diesem Jahr - noch vor der “Euro2008“ – dieses System vom österr. Innenministerium übernommen.

Spielen hierbei Verbindungspersonen eine Rolle und wie werden diese gegebenenfalls im Vorfeld auf ihre Tätigkeit vorbereitet und ausgestattet? [Anmerkung: unter Verbindungspersonen versteht man in Deutschland Fachkräfte anderer Behörden / Organisationen (zum Beispiel der Feuerwehr), die im Führungsstab der Polizei sitzen und deren Aufgabe es ist, den Einsatzleiter der Polizei zu beraten sowie den Kontakt zu ihrer Behörde / Organisation aufrecht zu erhalten]

Wie in Pkt. 1 angeführt ist der Einsatz von Verbindungspersonen ein wesentlicher Faktor in der „„Integrierten Stabsarbeit“. Bei den bisherigen Schadens- und Sonderlagen sind immer wieder verantwortliche bzw. informierte Funktionsträger der verschiedenen Organisationen als Verbindungspersonen eingesetzt worden. Eine gewisse Vorbereitung hat es in Form von gemeinsamen Übungen gegeben. In der Vorbereitungsphase zur “Euro2008“ kam es erstmals zu gemeinsamen Ausbildungen von Führungskräften der Polizei und der Blaulichtorganisationen in Form von Planspielen (Theorie und Übungen).

Welche Kommunikationsprobleme zwischen den beteiligten oben genannten Organisationen sind gegebenenfalls beim Einsatz in Kaprun aufgetreten? Im Einsatz Kaprun hat es meines Erachtens keinerlei Beeinträchtigungen - weder in der Führungskommunikation noch im operativen Einsatz - gegeben.

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Eigentlich wurde bereits damals das Modell „Integrierte Stabsarbeit“ praktiziert. Im Führungsstab waren sämtliche maßgeblichen Leiter der Organisationseinheiten und Behörden vertreten. Auf der operativen Ebene wurden die auf der strategischen Ebene „Führungsstab“ vereinbarten Maßnahmen eigentlich ohne Diskussion umgesetzt. Und dies passierte auch in dem kritischen Bereich „Medienarbeit“, was in Österreich nicht immer selbstverständlich ist.

Welche Folgerungen haben Sie für die künftige Einsatzbewältigung hieraus gegebenenfalls gezogen beziehungsweise welche Empfehlungen können Sie für ähnlich gelagerte Fälle geben? Bei den meisten bisherigen GSL bzw. Katastrophen wurde der Einsatz von der Polizei geführt. “Integrierte Stabsarbeit“ muss gelebt werden. Es ist daher besonders wichtig, dass auch die anderen involvierten Organisationen gleichberechtigt am Einsatz teilnehmen können. Jeder hat seine spezifische Fachkompetenz und erfüllt seine Arbeit professionell. Es ist unabdingbar, dass eine erfolgreiche Einsatzbewältigung von gegenseitigem Vertrauen geprägt sein muss. Nur mit einer umsichtigen Medienstrategie kann der Eindruck vermieden werden, dass sich eine Einsatzorganisation in den Vordergrund drängen kann und andere an die Wand spielt.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung.

134

Zusammenfassung der „Argumente zu neuen Organisationsformen der polizeilichen und nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr“ Die Zusammenlegung von Organisationseinheiten der polizeilichen sowie der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr ist immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Nachfolgend sollen daher die hierbei ausgetauschten Argumente zusammengefasst und übersichtlich dargestellt werden. Eine Differenzierung hinsichtlich ihres Bezugs zu Gesamtorganisation, Leitstellen oder Führungsstäben ergibt sich aus dem jeweiligen Kontext. Contra: -

Der Einsatzleiter des Katastrophenschutz führt vor Ort, der Polizeiführer i.d.R. „von hinten“, was eine Abstimmung erschwert (Fritzen 2004).

-

Die Gliederung von Einsatzabschnitten ist nicht kongruent (a.a.O.).

-

Der Führungsstab des Polizeiführers nimmt sowohl operativ-taktische als auch administrativ-organisatorische Aufgaben wahr (bewegt sich also auf der Ebene von KatSL und TEL gleichzeitig), ist aber vor Ort, wo der Katastrophenschutz operativ-taktisch führt, lediglich mit einem EA vertreten (Maurer 2005: 231).

-

Die Zuständigkeitsgrenzen der Polizei sind nicht immer an Gebietskörperschaften orientiert. Dies ist bei den kommunal aufgestellten Katastrophenschutzeinheiten anders, sodass eine politische Zuordnung und eine einheitliche Lagebilderstellung nicht immer ohne Weiteres möglich wäre.

-

Die unterschiedlichen Aufgaben (Daseinsvorsorge gegenüber Eingriffsverwaltung209) widersprechen einer Fusion (a.a.O.: 234), wohingegen das Zusammenlegen von medizinischer und technischer Rettung durchaus Sinn macht, da es sich um ähnliche Dienstleistungen handelt.

-

Die fehlende fachliche Qualifikation sowie teilweise erforderliche Geheimhaltungsinteressen stehen einem gemeinsamen Disponieren insb. polizeilicher Einsätze entgegen. Eine somit erforderliche Weiterleitung eines Hilfeersuchens an die zuständige Stelle würde hingegen zu u.U.

209

So sind bspw. Anordnungen, Befragungen oder Datenabgleiche denkbar

135

wesentlichen

zeitlichen Verzögerungen führen; statt Synergien wären

neue Schnittstellenprobleme zu befürchten (a.a.O.: 236). -

Das getrennte Vorhalten von Leitstellen sichert zudem eine Rückfallebene für den Ausfall einer anderen, z.B. durch einen Terroranschlag oder technische Defekte (a.a.O.: 236).

-

Die Daten über Sachverhalte und Personen (z.B. Mitteiler) würden organisationsübergreifend bekannt und ggf. verarbeitet, was datenschutzrechtlich bedenklich sein könnte. Zudem stellt das Legalitätsprinzip die Polizei vor weitere Verpflichtungen: dort wo unbedacht Äußerungen mit strafrechtlich relevanten Bezügen getätigt würden, wäre die Polizei häufig zu Ermittlungen aufgerufen, was einen Vertrauensverlust der Bürger in die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr befürchten ließe.

-

Aus staatsrechtlichen als auch historischen Gründen soll keine Vermischung von polizeilicher und nicht-polizeilicher Gefahrenabwehr erfolgen (a.a.O.: 238).

-

Die Zusammenlegung bringt zudem nicht die gesteigerte Effizienz, die Befürworter vielleicht erwarten würden; eine Personalreduktion oder größere Einsparungen im technischen Bereich sind nicht zu erwarten (Wehe 2006: 473).

-

Der Stab würde durch die Anwesenheit aller Vertreter der bisherigen Einheiten zu groß und in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt.210

Pro: -

Die Bürger eine kompetente Hilfeleistung erwarten, ohne auf behördliche Zuständigkeiten achten zu müssen (Wehe 2006: 472).

-

Die Zusammenlegung verspricht eine verbesserte Koordination im Einsatzfall sowie eine effektivere Aufgabenerledigung (Schünemann 2005: 4).

-

Es ist von einer Kostenersparnis auszugehen (a.a.O.: 5).

-

Eine Fusion fördert „die kurzen Entscheidungswege untereinander, […] das gemeinsame Lagemanagement bei größeren Einsatzlagen sowie ein gemeinsames spartenübergreifendes Aufgabenverständnis“ (Hamm 2006: 475).

210

Vgl. auch Experteninterview mit Herrn Tietz in der Anlage

136

Zusammenfassung der „Qualifikationsmerkmale für Verbindungspersonal“211 -

Belastbarkeit und Motivation,

-

Fachkompetenz,

-

System-organisatorische Kompetenz (also das Kennen der eigenen und benachbarten Einsatzabwicklung sowie das Beherrschen der eigenen FEM),

-

sprachliche und inhaltliche Verständlichkeit,

-

soziale Kompetenz und sozial-emotionales Verhalten,

-

Wille zur Teamarbeit,

-

Grundlagenkenntnisse der Kommunikation sowie der Vortragstechnik,

-

Fachkenntnisse in ihrer eigenen Organisation sowie Berufserfahrung,

-

Führungserfahrung, zumindest dann, wenn sie in solchen Fragen auch beratend tätig werden,

211

-

kreativ-analytisches Denken,

-

Belastbarkeit und Stressresistenz,

-

Courage und Selbstvertrauen,

-

Loyalität, Kooperationsbereitschaft und Kontaktfähigkeit,

-

Bereitschaft zur Arbeit in der Anonymität,

-

Beherrschung der Stabsarbeit,

-

Fähigkeit zur ganzheitlichen Betrachtungsweise von Lagen sowie

-

schnelle Auffassungs- und Umsetzungsgabe.

Abgeleitet von Profilen für Leitstellen- und Stabspersonal

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