Eine Bildergeschichte

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen AlltagsKultur! www.alltagskultur.info Der 1. Weltkrieg – Sortierte Erinnerungen Eine Bildergeschichte Von Susann...
11 downloads 0 Views 6MB Size
Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Der 1. Weltkrieg – Sortierte Erinnerungen Eine Bildergeschichte Von Susanne Zahn Bad Staffelstein/Tübingen

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

1. Der Fund: ein Postkartenalbum 1 Es fiel mir bei einer ‚Entdeckungstour‘ im Haus meiner Familie in Oberfranken zufällig in die Hände - ein Postkartenalbum aus der Zeit des Weltkriegs. Es war im doppelten Boden eines alten Bauernschrankes verstaut, zusammen mit verschiedenen Erinnerungsstücken, mit denen zwar keiner aus der Familie mehr persönliche Erinnerungen verbindet, die aber trotzdem niemand wegwerfen will. Es stammt also gewissermaßen aus den Sedimenten der Familienerinnerung 2 . An ein solches Postkartenalbum können viele Detailfragen gestellt werden. Es stellte sich aber im Laufe der Untersuchung heraus, dass das Album als Ganzes betrachtet werden muss. Denn nur im Gesamtblick wird erkennbar, wer der Urheber war und welche Absichten er hatte, und das erscheint in diesem Fall wesentlich spannender, als beispielsweise das Album in den Kontext von Feldpostkarten oder Postkartensammeln einzuordnen. Mithilfe einer dichten Beschreibung werde ich versuchen nachzuweisen, dass mein Urgroßvater Georg Zahn (1888 – 1974; im Folgenden nur Georg) die Kartenmotive benutzt hat, um seine Erinnerungen an die Erlebnisse im Ersten Weltkrieg in ein Bildnarrativ zu verwandeln. Diese dichte Beschreibung dient dazu „die komplexen, oft übereinander gelagerten und ineinander verwobenen Vorstellungsstrukturen herauszuarbeiten und dadurch einen Zugang zur Gedankenwelt der untersuchten Objekte zu erschließen“. 3 Weil alle beteiligten Personen mittlerweile verstorben sind und über das Album hinaus kaum mündlich und keine schriftlich überlieferten Informationen über sie vorhanden sind, muss die Rekonstruktion eine, wenn auch fundierte, Annahme bleiben und ist letztlich nicht eindeutig beweisbar, die „Indizien“ sprechen jedoch eine eindeutige Sprache. Im Anschluss an die Beschreibung werde ich deren

1

Redigierte Fassung der Bachelor-Arbeit „Gedanken sortieren – ein Postkartenalbum als Medium der erinnerung an den 1. Weltkrieg“ Ludwig-Uhland Institut, Tübingen 2013. 2 Weil es ein derart persönliches Thema ist, habe ich entschieden, die Ich-Perspektive im Text nicht durch Umschreibungen zu vermeiden, weil es erstens konstruiert klingt und den Lesefluss erschwert und zweitens der persönliche Bezug ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist, der nicht verschleiert werden soll. 3 Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur. In: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt 1994, S. 2.

2

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Befunde mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Kriegserinnerung in der Weimarer Republik und der Theorie der Erinnerung vergleichen. 2. Die Postkarten: eine Auswahl Das Album enthält 76 Postkarten. Davon stammen 66 von meiner Urgroßmutter Anna Zahn (geborene Fischer; 1889 – 1925; im Folgenden nur Anna), die sie vor ihrer Heirat mit Georg ab etwa 1907 bis Mitte 1915 gesammelt hat. Das Postkartensammeln war in dieser Zeit eine alle Gesellschaftsschichten übergreifende Sammelleidenschaft 4 . Der Großteil der Karten (insgesamt 41) besteht aus Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg, die restlichen Karten sind fast alle aus der Zeit zwischen 1907 und 1914. Einige Karten stammen aus der Zeit nach Annas Tod 1925, das heißt, jemand hat dieses Album weitergeführt. Das Album wurde aber nicht nur fortgeführt, es wurde neu zusammengestellt und selektiert. Die Ordnung der Postkarten im Album ist nicht chronologisch und folgt auf den ersten Blick keinen inhaltlichen Kriterien. Es fällt auf, dass zwischen den Karten häufig größere zeitliche Abstände sind. An einem anderen Ort im Haus habe ich weitere Karten gefunden, die aus dem Zeitraum zwischen 1907 und 1915 stammen und an Anna Fischer adressiert sind. Sie gehörten also ebenfalls zur Sammlung, wurden aber aus irgendwelchen Gründen nicht ins Album aufgenommen. Sehr wahrscheinlich hat Georg nach dem frühen Tod seiner Frau ab 1925 die Auswahl getroffen. Indizien dafür sind u. a. aussortierte Karten, die an Anna geschrieben wurden – und Anna diese Karten wohl nicht aussortiert hätte: insbesondere die Karten ihres Freundes, der vermutlich 1915 im Krieg gefallen war. Nach 1915 bricht Annas Sammeltätigkeit ab. Die Karten aus der Zeit ab 1917 sind nicht mehr an Anna adressiert, sondern von und an Georg und an verschiedene Personen in dessen Umfeld. So darf als gesichert gelten, dass das Album von meinem Urgroßvater Georg gestaltet wurde. Aus den Bildmotiven hat er ein Narrativ gebildet, das den Krieg

4

Vgl. Anett Holzheid: Das Medium Postkarte. Eine sprachwissenschaftliche und mediengeschichtliche Studie. Berlin 2011. S.250.

3

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

und seine eigenen Wünsche und Sehnsüchte nach Liebe und Geborgenheit in Familie und Heimat zum Inhalt hat – eine Rekonstruktion, eine Rückschau, die ganz persönliche Erinnerungen spiegeln. Erinnerungen, die er so oder so ähnlich wohl mit vielen jungen Männern seiner Generation geteilt haben dürfte. 3. Das Album Man sieht dem Album an, dass es oft benutzt wurde: Der Einband ist verblichen, abgenutzt und angestoßen. Auch im Inneren weist es viele Gebrauchsspuren auf. Die Einstecklaschen für die Karten sind besonders im vorderen Teil vielfach gerissen, so dass die Karten zum Teil nur noch wenig Halt an ihrem vorgesehenen Platz finden. Letzteres könnte darauf hindeuten, dass jemand einzelne Karten nicht besonders sorgfältig herausgenommen hat, oder die Karten besonders oft entnommen wurden. Auf einigen Seiten sind die Laschen dagegen kaum beschädigt. Sie wurden entweder mit mehr Sorgfalt behandelt oder, was wahrscheinlicher ist, weniger oft herausgeholt.

4

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

3.1. Einleitung des Narrativs

Die Einleitung für die Bilderzählung im Album ist in den ersten drei Seiten. Drei lose beigelegte Karten erweitern die erste Seite zu einer Doppelseite, denn auf der Deckelinnenseite sind keine Einstecklaschen angebracht.

Seite 1

Die ersten sechs Motive zeigen allesamt fotografische Aufnahmen. Auf jeder Seite sind zwei Stadtansichten, also ortsgebundene Karten angebracht. Die verbleibenden beiden Karten zeigen Personen: auf der linken Seite (also bei den losen Karten) ein Mädchenportrait und rechts unten die Fotografie eines jungen Liebespaares. Während die anderen Fotografien schwarz-weiß sind, wird es mit dieser Karte bunt, denn die Aufnahme ist in kräftigen Farben koloriert. Die Bildanordnung wirkt so inszeniert und fiktional, dass die vermeintliche Authentizität, die der Fotografie normalerweise anhaftet, verloren geht. 5 In der Szene tritt der Mann schräg von hinten an die Frau heran und fasst sie unter den Achseln. Dabei sieht er ihr ins Gesicht während das Mädchen entweder seitlich nach unten schaut oder die Augen geschlossen hat. 5

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 87.

5

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Ihr Blick könnte als keusch interpretiert werden, wenn nicht fast genau im Bildzentrum seine Fingerspitzen zu sehen wären, mit denen er unter ihren Armen hindurch den Brustansatz seiner Geliebten berührt. Das Arrangement strahlt nicht nur durch Aufbau und Farbgebung Intimität aus, sondern bekommt so auf den zweiten Blick eine erotische Konnotation.

Seite 2

Das Liebespaar leitet über zur nächsten Doppelseite, die ganz im Zeichen der Liebe steht. Das Paar taucht noch zweimal auf, das heißt mit denselben Requisiten und in derselben Kleidung, aber in anderen Posen und anderen Farben. Es tritt im weiteren Verlauf des Albums noch insgesamt dreimal in Erscheinung, das heißt es ist eine sechsteilige Serie eines Motivs in verschiedenen Varianten. Diese Serien waren sehr beliebt und lehnen sich in ihrer szenischen Darstellung am neuen Medium Film an. 6 Auf der linken Seite steht er wieder hinter ihr und berührt sie am Rücken. Diesmal wendet sie sich aber von ihm ab und beschäftigt sich mit dem Blumenarrangement. Umgeben

6

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 87. Im Album gibt es außerdem zwei weitere Bildserien: ‚Kriegers-Abschied‘ und ‚Steh ich in finst’rer Mitternacht‘.

6

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

ist diese Aufnahme diesmal nicht von Stadtansichten, sondern von einer romantisch-pathetischen Druckgrafik mit Veilchen, und einem eingeprägten geschwungenen Rahmen, der ein schmachtendes Gedicht 7 umrahmt. Ein sanft rosa koloriertes Mädchenportrait beendet diese Seite. Die junge Frau hält einen Strauß Blumen an ihre Brust gedrückt. Untertitelt ist die Aufnahme mit ‚Affection Sincere‘, also ‚Tiefe Zuneigung‘. Die Karte wurde demnach während des Krieges aus dem besetzten Frankreich geschickt und stammt offensichtlich aus französischer Postkartenproduktion. Es ist unwahrscheinlich, dass Georg (oder Annas Bruder Andreas), der diese Karte geschickt hat, wusste, was diese Worte bedeuten, allerdings lässt sich der Sinn auch nicht allzu schwer erraten: Das Mädchen blickt träumerisch auf den rechten unteren Bildrand und herzt die Blumen, die vermutlich ein Geschenk ihres Geliebten sind und hier in fotografischer Form an die Empfängerin versendet wurden. Auf der gegenüberliegenden Seite hat der junge Mann der Postkartenserie sein Ziel erreicht: er darf die junge Frau küssen. Dem folgt das Motiv einer Brieftaube auf himmelblauen wolkenlosen Grund, die mit einem Brief und einem Blumenzweig im Schnabel über einem floralem Arrangement fliegt. Auf der zweiten Karte ist eine Standuhr aus Mohn- und Margeritenblüten abgebildet, mit einem kleinen Mädchen im Vordergrund.

7

Die Veilchen blühen im Tale, Ihr Duft betäubt meinen Sinn, Da ist mir mit einem male(sic!), Als ob ich bei dir bin!

7

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Die zwölf Karten zu je drei Einheiten haben unzweifelhaft eine Romanze zum Inhalt, die Georg erlebt hat und mit der Vorkriegszeit verbindet. Da Anna kurz vor dem Krieg in einer anderen Beziehung war 8 , handelte es sich dabei vermutlich nicht um sie. Im ersten Schritt zeigt er ein Mädchenportrait, dem die Orte Meeder und Staffelstein beigeordnet werden. Staffelstein, von Georgs Wohnort Unnersdorf aus die nächste Stadt, spielte in seinem Alltag sicher eine bedeutende Rolle, weil dort viele wichtige infrastrukturelle Anlaufpunkte lagen, wie der Bahnhof, Banken, größere Händler usw. Meeder liegt etwa 30 Kilometer entfernt. Anna hatte einen Cousin, der ihr öfter von dort schrieb, aber was Georg mit dem Ort verband ist nicht mehr ersichtlich. Auf jeden Fall dürfte er noch im persönlichen Erfahrungsraum Georgs liegen. Dasselbe trifft für Kaltenbrunn zu, das auf der nächsten Seite eingeordnet wurde, nicht aber ohne weitere für Dramburg. Dramburg war bis 1945 eine Gemeinde in der Provinz Pommern und liegt heute im Nordwestlichen Polen. Es ist nicht mehr zu rekonstruieren, was Georg mit diesem Ort verband. 9 In dieser zweiten Karteneinheit findet eine Steigerung der Romanze statt, denn nun ist ein Paar zu sehen, zwischen dem es knistert und das durch seine Farbigkeit aus der Anordnung hervorsticht und damit überleitet zu der nächsten Doppelseite. Dort kommt es nun zu einer Art Explosion der Gefühle: alle Karten sind bunt, sentimental und romantisch-kitschig. Wenn man das Paar als Gradmesser der Beziehung nimmt, so wird aus dem vorsichtigen Flirtversuch der zweiten Karteneinheit, in der dritten eine ernsthafte Annäherung und auf der vierten Seite endet die Szene in einem Kuss. Auf den Kuss folgte offensichtlich eine räumliche Trennung, denn die beiden folgenden Karten zeigen eine Brieftaube, die auf konnotativer Ebene für Entfernung und brieflichen Kontakt steht, sowie eine Uhr, die vermutlich für die Zeit steht, die verging, bis sie sich wiedersahen. Damit endet die Einleitung, die die heile und romantische Welt der Vorkriegszeit zeigt. Auf der nächsten Doppelseite wird es wieder mehrheitlich schwarz-weiß und der Krieg wird ein Thema.

8

Viele der an sie adressierten Feldpostkarten sind von Ivo Beck und lassen keinen Zweifel an einer Liebesbeziehung zwischen den beiden. 9 Die Karte ist adressiert an Loni Zahn, möglicherweise Georgs und Annas 1923 geborene Tochter. Die Karte wurde allerdings erst am 3.2.35 verschickt, und gibt damit einen Hinweis auf eine Überarbeitung des Albums nach 1935.

8

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

3.2. Militär und Krieg im Kontext 3.2.1. Kriegsbeginn

Seite 3, Kriegsbeginn

Auf der dritten Doppelseite beginnt der ernste Teil des Narrativs. Das wurde visuell deutlich gemacht, indem die Karten nach der intensiven Farbigkeit der vorhergehenden Seite nun wieder überwiegend schwarz-weiß sind. Die dominierenden dunklen Töne verleihen dem Arrangement eine düstere Atmosphäre. Eine Druckgrafik mit violetten Veilchen gibt dem Ganzen eine melancholische Wirkung. Der Kriegsausbruch wird durch die gedeckten Farben, als in erster Linie negativ besetztes Ereignis im Leben von Georg dargestellt. 10 Die Doppelseite ist nicht voll besetzt, links unten bleibt eine Lücke. Die erste Karte links oben zeigt die Fotografie einer gestellten Szenerie. Den Hintergrund bildet eine idyllische ländliche Szenerie mit Bäumen und einem Holzhaus auf einer Wiese. Auf einem Zaun sitzt ein Mädchen in einem trachtenähnlichen

10

Weiter hinten kommt eine farbige Zeichnung vom Auszug marschierender Truppen, die das ‚Augusterlebnis‘ fröhlich bunt wiedergibt. Für Georg war diese hier aber offensichtlich unpassend. Sie steht bei ihm sogar, die Bildunterschrift ignorierend, für die Rückkehr der Truppen.

9

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Kleid mit Schürze und einer Blume in der Hand. Die hat ihr wohl der junge Soldat in voller Rüstung geschenkt, der neben ihr auf den Zaun gestützt steht. Ihre Gesichter scheinen sich zum Kuss aufeinander zu zubewegen. Untertitelt ist die Szene mit „Kriegers-Abschied“ und den Versen „Ich weiß ich werde allerwärts Dir unvergessen sein Und ich zur Labung für Dein Herz, Gedenke immer Dein.“ Das Mädchen verspricht also ihrem Geliebten, ihn durch ihre Treue aus der Ferne zu unterstützen, während er weg ist. Die Kernaussage der Verbindung aus Text und Bild ist nicht militärisch, sondern thematisiert die Liebesbeziehung, die trotz der Umstände weiter bestehen soll. Die Trennung vom geliebten Menschen wird so als die schlimmste Auswirkung des Krieges dargestellt und nicht die Sorge um das Leben des Soldaten. 11 Diese Karte ist wie das Liebespaar Teil einer sechsteiligen Serie und wird noch mehrmals auftauchen.

Die zweite Karte auf dieser Seite erlaubt eine zeitliche Einordnung der Seite, denn sie erschien anlässlich des Todes des Erbprinzen Luitpold von Bayern am 27. August 1914, also kurz nach Kriegsbeginn. Der jugendliche Prinz ist zwar nicht gefallen (er war erst 13 Jahre alt), aber der Krieg ist trotzdem das Hauptthema der Karte, denn der Tote war, wie die Bildunterschrift erläutert „ältester Sohn des Kronprinzen Rupprecht, des Siegers der Lothringer Schlacht.“ Das Bild zu dem Anlass zeigt das Kind dann auch nur klein in der unteren Bildecke. Ein Engel ergreift seine Hand und führt ihn nach oben, wie er mit seiner linken erhobenen Hand andeutet. Im Hintergrund und das ist die 11

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 83.

10

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Hauptaussage des Bildes, wird die Schlacht von Lothringen dargestellt, mit dem Vater des Verstorbenen als siegreichen Feldherren. 12 Diese Schlacht fand vom 20. - 22. August 1914 13 statt, also nur wenige Tage vor dem Tod des Erbprinzen. Die Karte markiert an dieser Stelle einerseits den Kriegsbeginn im Allgemeinen, andererseits die von der heimischen Presse bejubelten Anfangserfolge der deutschen Armee, für die hier paradoxerweise der Tod eines Kindes als Aufhänger dient. Auf der zweiten Einheit der Doppelseite ist noch einmal eine Variante von ‚Kriegers-Abschied‘ zu sehen, diesmal eine Nuance positiver, denn das Mädchen lächelt nun verliebt. Dieser Abschiedsszene folgt die farbige Druckgrafik, die ein Luftschiff aus Veilchen mit zwei Turteltäubchen als Passagiere zeigt. Verbal begleitet wird das Motiv in zarten Pastellfarben von einem schmachtenden Gedicht. 14 In Zusammenhang mit dem Bild vom Abschied eines Paares steht es wohl für die phatische Kommunikation 15 zwischen den räumlich getrennten Partnern und damit für die Aufrechterhaltung der Beziehung über große Entfernungen. Darunter ist eine Stadtansicht von Salzburg, die allerdings erst 1949 versendet wurde und deren Format für die vorgestanzten Laschen zu groß ist, so dass sie nur lose beiliegt. Es ist unwahrscheinlich, dass Georg persönliche Erinnerungen mit Salzburg verband, insbesondere da es in Österreich liegt. Vermutlich ist die räumliche Verortung die intendierte Aussage und es steht in diesem Szenario vom Kriegsanfang für den österreichischen Anteil daran. Diese Seite verdeutlicht ein Grundprinzip des Albums: Der Krieg steht nicht für sich, sondern wird immer in Kontext zu einem zivilen Thema gestellt. Meistens sind das Abbildungen von oder mit Frauen, die nicht nur für eine bestimmte Frau in Georgs Leben stehen, sondern auch allgemein für die in der Heimat 12

Tatsächlich verfehlte die Schlacht ihr eigentliches Ziel, nämlich die französischen Truppen vom Rest der vorrückenden deutschen Truppen fernzuhalten. Vgl.Wilhelm Deist: Die Kriegführung der Mittelmächte. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 249–271. Hier S. 250. 13 Vgl. Susanne Frank: Chronik 1914-1918. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 1009– 1018. Hier S. 1011. 14 „Wonne, süsses Leben, Kann nur die Liebe geben, Denn im ew’gen Frühlingsschein, Schließt sie einen Himmel ein.“ 15 A. Holzheid: Das Medium Postkarte, S. 149f.

11

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

zurückgebliebenen Menschen. In dem Album gibt es vor allem diese drei Hauptgruppen an Motiven: Die Soldaten, die Frauen, sowie Druckgrafiken mit floralen Motiven und Liebesbotschaften. Je nach Zusammenhang bekommen sie leicht abweichende Konnotationen, aber sie markieren die Grundrisse, innerhalb derer sich die einzelnen Erzählmuster im Album bewegen. Die Ausgangssituation des Krieges war also eine Trennung der Soldaten von ihrem zivilen Lebensumfeld und sie versuchten durch schriftlichen Kontakt eine Beziehung aufrecht zu erhalten. Ihr häufiges Auftreten zeigt welche Rolle dem schriftlichen Austausch für die phatische Kommunikation zwischen Front und Heimat zukam. 16 Die meisten Motive sind der sogenannten ‚Dienstmädchenlyrik‘ zuzuordnen, die von Kritikern verhasst, in der Bevölkerung aber äußerst beliebt waren. Die pathetisch-kitschigen Liebespostkarten waren die mit Abstand am häufigsten versendeten Bildmotive im Ersten Weltkrieg 17 , ihr Repertoire umfasst im Atelier inszenierte Szenen, mit romantischem und/oder einen heldenhaft-kriegerischen Kontext, häufig ergänzt durch Gedichte. Sie machen, wie zu sehen sein wird, den Großteil der Karten im Album aus und spiegeln das Bedürfnis der Menschen nach der Sicherheit familiärer Beziehungen. 18 Ergänzt wird diese Grundproblematik durch Stadt- und Landschaftsansichten, mit deren Hilfe eine räumliche Verortung vorgenommen werden kann, religiöse Motive und nationalistische Sinnsprüche, durch die die Kriegserfahrungen in ein Sinnsystem eingebunden werden. Unterschwellig schwingt in der ‚KriegersAbschied‘-Szene die Verpflichtung des Mannes mit, zur Verteidigung des Vaterlandes und damit auch von Frauen und Kindern auszurücken. 19 Ein nationaler Sinnspruch, wie er im Album weiter hinten öfter vorkommt, und der das nationale Pflichtbewusstsein sehr gut zum Ausdruck bringen würde, taucht im Kontext des Kriegsbeginns allerdings nicht auf.

16

Vgl. Ebd. Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 50f. 18 Vgl. Ebd. S. 240. 19 Vgl.Ebd. S. 87. 17

12

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Seite 4, Kriegsbeginn

Die folgende Doppelseite zeigt eine sehr merkwürdige Bildanordnung. Da gibt es zunächst drei farbige Postkarten im Hochformat: Eine kolorierte Fotografie zeigt erneut eine Inszenierung in einem Atelier: Ein deutscher Soldat (zu erkennen vor allem an der Pickelhaube) steht vor einem gemalten architektonischem Element, möglicherweise einer Burg. Es scheint zu dämmern und er trägt ein Gewehr. Die Karte illustriert das Gedicht „Steh ich in finstrer Mitternacht“ in dem der Soldat beschreibt, wie er während der einsamen Nachtwache an seine Geliebte denkt und hofft, dass sie ihm treu sei. 20 Dabei erscheint im rechten oberen Bild eine Art Traumbild seiner Freundin, die an einem Tisch sitzt und Näharbeiten macht. Diese Karte thematisiert in erster Linie Einsamkeit und Sehnsucht, Trennung und Treue. 21 Unter dem Soldaten ist die Zeichnung eines inbrünstig betenden kindlichen Engels. Dem Engel gegenüber auf der linken Seite ist ein Kartenmotiv mit einer Sektflasche aus 20

„Steh ich in finstrer Mitternacht, So einsam auf der stillen Wacht, So denk ich an mein fernes Lieb, Ob’s mir auch treu und hold verblieb.“ 21 Unterschwellig erlaubt es natürlich auch äußerst interessante Aussagen über Geschlechterverhältnisse und die an traditionellen Bildkonventionen orientierte Darstellung des Soldaten, die so gar nichts mit der Realität dieses Krieges zu tun hat. Vgl.C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 83 ff.

13

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Vergissmeinnichtblüten eingeordnet, aus deren Hals goldene Herzen und vierblättrige Kleeblätter strömen. Dieses überaus fröhliche Motiv, dem ein ebenfalls fröhliches Gedicht zur Seite gestellt ist 22 , passt weder farblich noch inhaltlich zu den melancholischen Motiven der anderen Seite. Wenn man davon ausgeht, dass die Motive auf der rechten Seite für einen sehnsüchtigen Wunsch stehen, so ist die Sektflasche der Gegenstand des Wunsches/Gebets nach Fröhlichkeit und Unbeschwertheit. Dieser Friedenswunsch wird völlig unpolitisch, fast schon naiv zum Ausdruck gebracht. Nicht die Nation oder ein Mensch soll helfen, sondern Gott. Da Georg diese Anordnung rückblickend konstruiert hat, zeigt, dass die Sehnsucht nach Frieden und die Hoffnung durch Gebete ein bestimmendes Element seines Kriegseinsatzes war. Diese Einheit wird ganz an den Anfang des Kriegsnarrativs gestellt, was die Bedeutung der Hoffnung auf Frieden durch Gott für Georg im Kriegseinsatz unterstreicht. Was diese Seite aber ganz besonders merkwürdig macht, ist das lose eingelegte Portrait von Adolf Hitler. Das Bild ist etwa DIN A 4 groß und etwas schief in der Mitte geknickt, wodurch die glänzende Farbschicht zerstört wurde und sich ein weißer Streifen quer über das Bild zieht. Hitler wird gemäß den Bildkonventionen eines Herrscherportraits dargestellt. Bildaufbau, Größe und Drucktechnik legen die Vermutung nahe, dass es sich um ein Portrait handelt, das gerahmt an der Wand hing bevor es ins Album gelangte. Meine Vermutung ist daher, dass das Bild in keinem direkten inhaltlichen Zusammenhang mit dem Rest des Albums steht, sondern nach dem Ende der Nationalsozialistischen Herrschaft vor dem Einmarsch der alliierten Besatzer in einer Art damnatio memoriae 23 aus dem Wohnraum entfernt und im Album archiviert wurde. Dass das Bild gerade in diesem Album landete und nicht im Feuer oder an einem anderen Ort, zeigt, dass es als Erinnerungsgegenstand eingeschätzt wurde und als solcher mit Krieg in Verbindung gebracht wurde. Bei der Aufbewahrung nahm man außerdem keine Rücksicht auf die Unversehrtheit der Abbildung, denn es hätte auch ohne Knick gerade so in das Album gepasst. Das erklärt 22

„In Wald, in Feld und Garten, Giebt’s (sic!) Blumen aller Arten, Blaublümchen wählte ich für Dich, Dass es Dir sage „Vergiss mein nicht“. 23 Zum Begriff vgl. "Damnatio memoriae." Der Neue Pauly. Herausgegeben von: Hubert Cancik, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). http://www.brillonline.nl/entries/der-neue-pauly/damnatio-memoriae-e310400 (Zuletzt eingesehen am 17.09.2013.)

14

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

zwar nicht, warum es gerade an dieser Stelle liegt, aber es scheint mir die einzig mögliche Erklärung für seine Anwesenheit zu sein.

3.2.2.Krieg und Gesellschaft

Seite 5, Krieg und Gesellschaft,

Auf der folgenden Doppelseite steht erneut ein Bild der Serie ‚Steh ich in finst’rer Mitternacht‘. Demgegenüber steckt eine Glückwunschkarte zum Namenstag. Von floralen Motiven umrankt zeigt sie eine kleine Dorfkirche mit Weiher. Eine gestellte Fotografie unten links präsentiert eine junge Frau. Sie denkt an ihren Freund, der in Uniform in einem Traumbild über ihr erscheint. Die Trennung wird aber in der Karte nicht negativ konnotiert, die junge Frau macht keinen traurigen Eindruck und die Bildunterschrift „Ich hab dich im Traum gesehen“ enthält keine Wertung. Auch die beiden anderen Mädchenportraits auf der Doppelseite wirken fröhlich. Der wachende Soldat steht in diesem Arrangement rechts oben. Direkt unter ihm ist eine Karte mit sehr nationalistischer Bildsprache eingeordnet, die zum Jahreswechsel 1914/15 verschickt wurde. In einem Lorbeerkranz (Konnotat: Sieg) mit einem Eisernen 15

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Kreuz steht die Jahreszahl 1915. Der Kranz scheint vor einer verschneiten Gebirgslandschaft zu schweben. Darunter die Bildunterschrift „Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der Welt. Neujahrsgruß aus großer Zeit“. Die Farben dieser Karte sind Schwarz-Weiß-Rot. Da der Soldat in der rechten oberen Ecke ist, wird er durch das nationalistische Motiv und die stilisierte Dorflandschaft von den Frauenportraits getrennt, als ob die Nation und die Landschaft (die in diesem Zusammenhang wohl für die abstrakte Idee der Heimatsteht) den Soldaten vom zivilen Leben, hier symbolisiert durch die Frauen, trennt.

Seite 6, Krieg und Gesellschaft

Auf der nächsten Seite findet diese Trennung nicht statt. Dem Soldaten, diesmal in der linken unteren Ecke wird auf der rechten Seite ein Neujahrsgruß mit einem ein Saiteninstrument spielenden Engel gegenübergestellt. Darüber sind zwei Zeichnungen mit Vergissmeinichtmotiven und -gedichten und zwei kolorierte Mädchenfotografien einsortiert. Die einander entsprechenden Motive wurden über Kreuz angebracht. Diese Anordnung ermöglicht die Gegenüberstellung ähnlicher Motive aufzuheben und die Doppelseite als 16

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Einheit zu betrachten, in die das religiöse Motiv und der Soldat einbezogen werden. Direkt über dem Soldaten ist eines der jungen Mädchen mit einem üppigen Blumenstrauß in den Armen. Es wird also keine visuelle Trennung zwischen dem Soldaten und der Frau eingezogen. In dieser Konstellation steht der Soldat zwar nicht über allem, sondern unten. Dafür ist er aber in das Gesamtbild eingebunden. Diese beiden Doppelseiten sind vom Aufbau her nahezu parallel: Es gibt den Soldaten und die Mädchen, die die Trennung von männlicher und weiblicher Sphäre zum Hauptthema machen, und es gibt die Grußkarten. Der Hauptunterschied liegt in der Anordnung der Karten und der Konnotation der Glückwunschkarten. Wenn letztere als Signifikanten für die Ideen ‚Heimat‘ 24 ‚Nation‘ und ‚Kirche‘ genommen werden, und der parallele Aufbau legt diesen Schluss nahe, so kommt man zu der Annahme, dass Georg auf diesen Seiten ihren Einfluss auf den Soldaten und dessen Beziehung zu den Frauen bzw. den zivilen Lebensbereichen darstellte. Während der Krieg im Interesse von Nation und Heimat von ihm eine Trennung verlangte, konnte er im religiösen Rahmen entweder mit den Frauen verbunden bleiben, die Religion wurde dann vor allem als gemeinschaftsstiftende Instanz betrachtet. Eine andere Deutung wäre, dass er die Wiedervereinigung vom Einfluss Gottes abhängig machte und diesen damit als Herr über sein Schicksal anerkannte. Die Frauenabbildungen stehen hier eindeutig nicht nur für eine einzige Frau, sondern als Symbol für die sozialen Bindungen des Soldaten an Freunde und Familie. Die Fotografien zeigen nicht ein bestimmtes, sondern mehrere Mädchen und bis auf das Mädchen das von seinem Soldatenfreund träumt, sind sie in keinster Weise militärisch oder kriegerisch konnotiert. Es bleibt dahingestellt, ob Georg außerdem auch eine Wertung der verschiedenen Bereiche vornahm, oder nur ihr Vorhandensein feststellte. Er kennzeichnet möglicherweise eine Hierarchisierung des Soldaten in den unterschiedlichen Modellen, indem er den Soldaten im nationalistischen Kontext über alle anderen stellt, während er im religiösen eine untergeordnete Position einnimmt.

24

Hier repräsentiert durch die Ansicht einer Dorfkirche.

17

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

3.2.3.Familie

Seite 7, Familie

Die nächste Doppelseite ist leer bis auf ein einzelnes Bild, das unter dem Titel Liebeszauber ein junges Paar zeigt. Die Frau sitzt auf einer Chaiselongue, legt den Kopf kokett zur Seite und blickt in die Kamera, während der Mann schräg neben ihr auf der Lehne sitzt, den Oberkörper zu ihr hinüber beugt und ihre Hände hält. Die Bildunterschrift lautet „Hast mit zauberischen Banden Mich unmerklich so umstrickt“ Das Bild erinnert vom Aufbau ein wenig an das klassische fotografische Bildrepertoire von Familienportraits, das eine Person sitzend, die anderen um sie herum stehend zeigt. Es entstammt ganz offensichtlich dem zivilen Lebensbereich und wird lediglich durch seine Einordnung innerhalb der Kriegserzählung kontextualisiert.

18

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Seite 8, Familie

Auf der folgenden Doppelseite gibt es wieder die Gegenüberstellung von Militär und Frauen. Für das Militär steht erneut der wachende Soldat und eine Zeichnung von Soldaten in Pickelhaube. Sie kündigt die „Letzte Wache“ an, ehe der Absender als Reservist zurück nach Hause kommt. 25 Hier wird der Militärdienst junger Männer in der Zeit vor dem Krieg thematisiert, denn während des Krieges wären die Reservisten nur zum Urlaub, verwundet oder durch das Kriegsende nach Hause gekommen. Gegenüber stehen ein Mädchenportrait sowie eine weitere Variante des Liebespaares von der Einleitung. Unter dieser Gegenüberstellung sind zwei Karten mit je einem Kinderpaar einsortiert. Das Thema dieser Seite ist ‚Familie‘, das wird aus der Kombination Mann, Frau, Kinder deutlich. Die Karte vom Ende der Militärzeit ordnet diese Bildeinheit zeitlich vor dem Krieg ein. Das alleinstehende Bild auf der vorhergehenden Seite fungiert dann als Titel, indem es die Bildsprache eines klassisch bürgerlichen Familienportraits imitiert.

25

Auch Georg war Reservist, denn seine Militärzeit war schon 1909-11.

19

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Wenn man die Bilder nun wie einen Text liest, so ergibt sich das Narrativ: Der Soldat ist beim Militärdienst, wo er von seiner Geliebten träumt (wachender Soldat), diese ist in der Zeit alleine (Mädchenportrait), nach der Zeit beim Militär kommt der Mann nach Hause (Letzte Wache), er wechselt von der militärischen in die zivile Sphäre, die beiden werden offiziell ein Paar (Liebespaar), und gründen eine Familie (Kinder). Der Mann zeichnet sich hier offensichtlich durch seinen Militärdienst aus, der ihn befähigt eine Familie zu gründen. 26

Seite 10, Familie

Zwei Doppelseiten weiter gibt es eine ähnliche Anordnung: Die beiden Kinderbilder in leuchtend bunten Farben stehen nun oben. In Zusammenhang mit der vorangegangenen Bildanordnung können sie als ein Zeichen für Familie gelesen werden. Die Beziehung der Eltern wird darunter geschildert. Zwei Frauenportraits stehen alleine. Das eine wird einer ‚Kriegers-Abschied‘-Szene gegenübergestellt, das andere einem weiteren Soldaten „in finst’rer

26

Laut Ziemann hat der Militärdienst vor dem Krieg auch die Funktion eines Initiationsritus für junge Männer. Vgl. B. Ziemann: Front und Heimat, S. 47.

20

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Mitternacht“. Die durch den Krieg verursachte Trennung verhindert das Familienleben. Hier wurde eindeutig eine Wertung vorgenommen, denn die bunten Kinderbilder und die in dunklen Farben dargestellten getrennten Paare bilden einen starken Kontrast, während die vorhergehende Schilderung der Familiengründung in durchweg bunten Farben gehalten ist. Erneut erscheint die Trennung von der Familie als die schlimmste Folge des Krieges und nicht Tod und Zerstörung.

Seite 9, Unklare Zuordnung

Zwischen diesen beiden Darstellungen gibt es eine Seite die ich nicht entschlüsseln konnte. In der Doppelseite liegen ungeordnet zwei Postkarten und drei Zettel. Das sind ein Sterbebildchen von Margareta Schütz vom 1. August 1924, ein Beichtzettel zum „Andenken an die hl. Mission“ und ein zerknitterter und teilweise gerissener kleiner karierter Notizzettel, der mit drei Elementen versehen ist, die gleichermaßen unverständlich sind: auf einer Seite ist nicht besonders sorgfältig eine Grundtonleiter mit dazugehörigen Notennamen gemalt, die andere Seite trägt den handschriftlich mit Bleistift geschriebenen Schriftzug „Johann Fischer in Stadel“. Darüber gedruckt ist nicht 21

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

sehr professionell aber mehrfarbig ein Vogel Strauß. 27 Das Bildchen scheint für Georg einen hohen Erinnerungswert besessen zu haben, weil er es aufbewahrt hat. Das Format und das Bild haben mich ein wenig daran erinnert, wie manchmal bei Veranstaltungen Gruppen in einzelne Einheiten oder Paare aufgeteilt werden, indem durch Los, Bezeichnungen zugeteilt werden und diejenigen mit demselben Motiv/derselben Zahl bilden ein Team.

Auch die beiden Karten sind nicht leicht auf einen Nenner zu bringen: Die eine ist aus dem Krieg, es handelt sich um die oben beschriebene letzte Karte von Ivo an Anna, die eine schlichte Zeichnung eines Soldaten in Pickelhaube zeigt, der von seiner Frau mit winkendem Tüchlein verabschiedet wird. Betitelt ist das Bild mit „Gruß aus Frankreich (Vogesen)“ und einem Durchhaltespruch, der Friedenssehnsucht zum Ausdruck bringt 28 , sowie dem Wunsch „Glück auf! Auf Wiederseh’n! Vom Weltkrieg 1914-15.“ Handschriftlich fügte Ivo an diese letzte Zeile „Vielleicht auch 1916“ an, was seine Resignation widerspiegelt. Außer dieser Karte gibt es noch eine Künstlerkarte, also eine von einem Künstler als Unikat gefertigte Karte. Es handelt sich um eine Perlenmalerei von C. Köhler, die ein Herz in einemstilisierten Strauß darstellt, in das mit winzigen Glaskügelchen und Klebstoff „Aus Liebe“ geschrieben wurde. Darunter steht in farbigen Perlenlettern Annas Name. Die Karte ist von Annas Cousin Andreas von 1914 und eindeutig ohne Zusammenhang mit Krieg oder Militär.

27

Dass der Druck nach dem Schriftzug aufgebracht wurde erkennt man daran, dass keine Bleistiftlinien auf der Druckfarbe zu erkennen sind. 28 „Wir werden hier nicht zugrunde gehen, Und hoffen auf ein Wiedersehen, Einmal wird die Stunde schlagen, Wo wir vor Freud einander sagen: ‚Wenn Frieden herrscht auf der ganzen Welt, Dann sind wir Deutsche wohl gestellt!“

22

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Diese fünf Erinnerungsstücke sind nicht auf einen Nenner zu bringen, dazu fehlen die persönlichen Erinnerungen, die Georg damit verband. Es ist auch nicht ersichtlich, warum sie gerade an dieser Stelle eingeordnet wurden und die beiden Doppelblätter trennen, die thematisch dem Thema Familie zugeordnet werden können. Die beiden Karten haben visuell keine Gemeinsamkeit, aber Andreas und Ivo die Schreiber der beiden Postkarten waren offenbar vor Georg mit Anna liiert. Wenn sie deshalb auf dieser Seite stehen, wäre hier erstmals auf die Rückseiten bzw. die Empfänger der Karten Bezug genommen worden. Aber wie passen der Beichtzettel und der Totenzettel dazu, von dem kleinen Vogel-Druck ganz zu schweigen? Ein mögliches, aber äußerst spekulatives Oberthema, wäre auch Tod. 29 Die Karte von Ivo ist chronologisch die letzte von ihm in der vorliegenden Sammlung, möglicherweise war sie sein letztes Lebenszeichen. Das setzt allerdings voraus, dass Georg Details aus der Beziehung von Anna und Ivo bekannt waren. Das Totenzettelchen spricht für sich und der Beichtzettel könnte in Zusammenhang mit einer Geschichte stehen, die in der Familie von Annas Bruder weitergegeben wurde und die mir seine Tochter erzählt hat: angeblich bekam Anna in einer Beichte von einem Priester die Anweisung, kein Kind mehr zu bekommen, weil das ihr Leben kosten würde. Sie wurde trotzdem schwanger und starb mit dem Kind. Der Beichtzettel datiert auf vier Monate vor Annas Tod am 26.7.1925. 30 Wenn Georg den Beichtzettel allerdings symbolisch für den Tod seiner Frau nahm, dann hätte sich der schon ereignet und es gäbe ein Totenbildchen, das die symbolische Aussage viel besser erfüllen würde. Damit bleibt dieses Bildarrangement weiterhin ungelöst und genauso unklar bleibt der Zusammenhang zu den Familiendarstellungen.

29

Wenn dies zuträfe, so wäre dies die einzige Stelle in diesem Kriegserinnerungsalbum, in dem der Tod thematisiert würde. Dann allerdings in einem vor allem zivilen Kontext. 30 Interview mit Veronika Büttner am 15.4.2013.

23

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Seite 11, Familie

Nach den Familiendarstellungen, die von der rätselhaften Devotionaliensammlung unterbrochen werden, folgt ein weiteres Mann-FrauKind-Ensemble, bestehend aus drei kolorierten Fotografien, die in der linken Hälfte einer Doppelseite einsortiert sind. Mit diesen geht die Kriegsdarstellung in eine neue Phase über, denn alle drei Personenportraits können durch eine französische Bildunterschrift mit Frankreich in Verbindung gebracht werden. Ihnen gegenüber stehen Stadtansichten von Péronne und Lille, begleitet von einem ‚Kriegers-Abschied‘. Auf dieser Doppelseite findet erstmals seit der Einleitung wieder eine räumliche Verortung statt. Außer der ‚KriegersAbschied‘-Szenekann man alle diese Karten eindeutig mit Frankreich und speziell Péronne und Lille in Verbindung bringen. Zumindest in Lille war Georg nachweislich stationiert, da es eine Karte von ihm aus dieser Stadt gibt. Die Gegenüberstellung von zivilen französisch konnotierten Personen und den französischen Stadtansichten, die weitgehend menschenleer sind, deutet daraufhin, dass Georg hier die leeren Straßen mit Zivilisten bevölkerte. Eine besondere Aussagekraft kommt dem sechsten Motiv, nämlich dem KriegersAbschied zu. In dem Kartenarrangement ist es der einzige Hinweis auf den 24

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Krieg. Die Frage ist, welcher Krieger hier seine Frau verlassen muss: identifizierte sich Georg selbst mit dem Soldaten, der seine Heimat verlässt und räumlich bei den französischen Familien und Städten verortet wird? Oder bezieht sich die Situation auf die französischen Familien, die ebenfalls vom Krieg auseinandergerissen wurden? Unter den aussortierten Karten befindet sich auch eine Aufnahme aus der zerstörten Stadt Roye, die sehr gut in die Erzählung vom deutschen Soldaten in Frankreich passen würde. Georg wählte hier also eine explizit zivile Darstellung, die außerdem direkt auf die Schilderung der durch den Krieg veränderten Familienverhältnisse aus der Innenperspektive folgt, daher ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Situation auf die französische Familien übertragen wurde. Bemerkenswert ist auch, dass das Männerportrait auf dieser Seite, abgesehen von den Liebespaaren die einzige Darstellung eines männlichen Zivilisten im Album ist. 3.2.4. Verwundung und Urlaub

Seite 12, Verwundung und Urlaub

Auf der folgenden Doppelseite taucht erneut zweimal der wachende Soldat auf, der bisher stets als Synonym für das Soldatsein gelesen werden konnte. 25

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Gegenübergestellt wird dieser abstrakten Zustandsbeschreibung die Abbildung eines verwundeten Soldaten, der gerade von einem Sanitätshund gefunden wird. Dieses Kartenpaar macht ganz besonders deutlich, dass die Kriegsdarstellungen auf den Postkarten nichts mit den tatsächlichen Kriegsverhältnissen zu tun hatten, ein Befund, der auf die meisten Postkarten mit grafisch illustrierten oder gestellten Atelierszenen aus dem Krieg zutrifft. 31 Die Motive orientierten sich an den Bildkonventionen bisheriger Kriege. Der wachende Soldat steht in voller Kriegsmontur samt Pickelhaube vor einer Burg. Bewaffnet ist er mit einem Gewehr, das gleichzeitig seine wichtigste Requisite ist. Die Situation ist so entspannt, dass er, von Mondlicht beschienen, von seiner Geliebten träumen kann. Keine Spur von Schützengräben, Stellungskampf, Schmutz und Maschinengewehren. Auch der Verwundete scheint aus einer anderen Zeit zu stammen. Er liegt, etwas unnatürlich verdreht, unter Bäumen im weißen Schnee. Seine Verwundung wird lediglich durch die Bildunterschrift „Sanitätshund beim Suchen Verwundeter“ zum Ausdruck gebracht, es gibt weder Blut noch irgendwelche offensichtlichen Verletzungen, ganz zu schweigen von abgerissenen Gliedmaßen oder ähnlichem. Abgesehen von ihm und dem Hund sind keine Lebewesen zu sehen. Auch diese Darstellung geht an der Realität von Schützengräben, Massengräbern und modernen Kriegswaffen vorbei. 32 Unter diesem Bildpaar steht eine weitere Darstellung des wachenden Soldaten, zusammen mit einer Vergissmeinnicht-Gedicht-Kombination, die nach der bisherigen Bildsprache des Albums die phatische Kommunikation zwischen dem Soldaten und seinen Angehörigen schildern. Damit wird übergeleitet zu der Darstellungen einer jungen Frau, die fröhlich lachend im Bikini über eine Düne springt und einer Ansicht des Kursaals in Ostende. Ostende war während des Krieges bei den deutschen Soldaten ein beliebter Urlaubs- und Erholungsort. 33 Die beiden Motive stehen daher eindeutig für eine Urlaubssituation und bilden damit vor allem zu dem Verwundeten einen großen Kontrast. Die Karte vom Kursaal Ostende hat Georg selbst an Anna und ihre Schwester geschrieben, Georg verband also ganz konkrete Erinnerungen an diesen Ort. Ob die Frau für

31

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 239. Das entspricht ebenfalls den gängigen Bildkonventionen, Vgl. ebd., S. 246. 33 Vgl. R. Opsommer: Kriegsimpressionen aus Westflandern,S. 347. 32

26

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

ein bestimmtes Person steht oder hier nur überschwängliche Lebensfreude symbolisiert bleibt dahingestellt. Die Vermutung liegt nahe, dass sich auch die Verwundung auf ein reales Ereignis bezieht. Die Doppelseite erzählt dann, wie Georg als Soldat verletzt wurde. Zwischen der Verletzung und dem Erholungsurlaub in Ostende stehen aber noch der zweite wachende Soldat und das Vergissmeinnicht-Motiv. Entweder bezeichnen diese einen Zeitraum dazwischen, oder die vier letzten Karten sind als Einheit zu sehen. Georg war dann als Soldat in Ostende. Das Dünenmädchen und die Vergissmeinnicht schildern in dieser Argumentationslinie die emotionalen Qualitäten des Urlaubs, nämlich Fröhlichkeit, Lebendigkeit, Kommunikation mit der Heimat und möglicherweise auch Sehnsucht nach den geliebten Menschen.

Seite 13, Urlaub

Auf der nächsten Seite sind hochformatig eingeordnet die kolorierten Fotografien von drei Liebespaaren. Nach den auf Gegensätzen basierenden Darstellungen der vorhergehenden Seiten und den düsteren Schilderungen von Trennung und Sehnsucht, ist diese Kartenanordnung dominiert von Harmonie und Liebe. Die Reihenfolge der Karten folgt erneut einer Erzählung: Einem 27

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

romantischen Stelldichein im Wald folgen zwei weitere Karten aus der Serie ‚Paar und Blumen‘. Sie befinden sich also erneut in einem Zimmer, die Frau arrangiert die Blumen und wendet sich dem Mannschräg hinter ihr zu wobei sie mit einer Hand das Dekolleté ihres Kleides nach unten zu ziehen scheint. Auf dem dritten Bild küssen sich die beiden wieder und die Hand des Mannes liegt, halb verdeckt von ihrem Arm, auf ihrer Brust. Diese Doppelseite ist einzigartig im Album und bildet den Höhepunkt von Georgs Erzählung. Das erste und einzige Mal sind die Paare in keinen Zusammenhang mit anderen Themen gestellt und schwelgen in Liebe und Harmonie. Die Kartenanordnung ist derart emotional und intensiv in ihrer Ausstrahlung, dass sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein konkretes Ereignis bezieht. Diese Liebesgeschichte fand aber vermutlich nicht in Ostende statt. Das war ein Erholungsziel für deutsche Soldaten und es dürfte schwer möglich gewesen sein, sich dort den militärischen Einflüssen derart zu entziehen. Außerdem wäre es dann logisch gewesen, die Darstellung von Ostende mit in diese Anordnung zu integrieren. Wahrscheinlicher ist, dass Georg sich im Heimaturlaub in ein Mädchen verliebte. Die Soldaten mit landwirtschaftlichem Hintergrund definierten sich, wie weiter unten näher erläutert werden wird, weiterhin stark über ihre regionale Zugehörigkeit. Die Gebundenheit an das familiäre Lebensumfeld war demnach trotz längerer kriegsbedingter Abwesenheit so selbstverständlich, dass es hier keiner expliziten Verortung bedurfte. 3.2.5. Kriegsende

Nach diesem aufwühlenden Zwischenspiel, dem man sich weder beim Betrachten, noch beim Beschreiben und sicher am allerwenigsten als Gestalter ganz entziehen konnte, kommt eine Unterbrechung der Erzählung in Form einer Leerseite.

28

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Seite 15, Kriegsende

Darauf folgt das letzte Kapitel im Kriegsnarrativ. Die Anordnung besteht aus drei Elementen zu je zwei Motiven. Die Erste Karte enthält den Leitspruch „Treu in der Pflicht, Wahr in Rat, Fest in der Tat!“ und Neujahrswünsche. Durch Eichenlaub, ein eisernes Kreuz und ein schwarz- weiß-rotes Farbschema, bekommt die Karte eine deutlich nationalistische Aussage. Demgegenüber steht eine fotografische Ansicht, die „Das Schlachtfeld in den französischen Vogesen“ zeigt. Allerdings nicht, wie man zunächst vermuten könnte, Aufnahmen von zerstörten Häusern, Schützengräbern oder leere Landschaften, sondern von einer friedlichen Mittelgebirgslandschaft, mit der Kleinstadt Senones im Zentrum. Im Vordergrund ist ein intaktes Fabrikgelände mit Schornstein zu erkennen, am Horizont ist die Lage der Orte Etival, Moyonmoutier und Celles angezeichnet. Gäbe es nicht die Bildüberschrift käme niemand auf die Idee, dass auf dieser Karte ein Schlachtfeld dargestellt wird. Die zweite Karteneinheit zeigt erneut ein Schlachtfeld, diesmal die grafische Darstellung einer Kampfszene im Vogesental bei Schirmeck. Auch dieses Motiv ist, wie der wachende Soldat, an überkommenen Bildtraditionen angelehnt. Die Soldaten auf dem Bild kämpfen Mann gegen Mann mit Bajonetten an einer 29

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Wegkreuzung in gebirgigem Gelände. Die Grausamkeit des Krieges wird nicht völlig ausgeblendet: Man sieht Mündungsfeuer von Gewehren, getroffene Soldaten und auch einige Verwundete oder Tote. Im Zentrum des Bildes wird die französische Flagge von einem deutschen Soldaten weggetragen, was den Sieg für die Deutschen bedeutet. An diesem fröhlich-bunten Bild gibt es so gut wie nichts, was sich im tatsächlichen Kampf so abgespielt haben könnte. Das ist für Zeichnungen von Kampfhandlungen nicht untypisch, vor allem, weil die Zeichner häufig keine Fronterfahrung hatten. 34 Gegenüber diesem Bild steht ein weiterer nationalistischen Sinnspruch: „Einig und stark! Das sind die alten Schwerter noch, das ist das deutsche Herz, die schlagt ihr nimmermehr ins Joch, sie dauern fest wie Erz.“ Am Ende der Kriegserzählung steht also ein Rückgriff auf deutsche Siege im Krieg und auf Ideale wie Einigkeit, Stärke, Unbeugsamkeit, Entschlossenheit usw. Im letzten Bildpaar wird schließlich die Rückkehr in die Heimat gezeigt. Das linke Bild zeigt zwei junge Frauen und es ist nicht ganz ersichtlich, ob es sich um eine Fotografie oder eine Zeichnung handelt. Gegenüber ist eine Zeichnung von Soldaten, die durch eine Stadt marschieren und dabei von der Zivilbevölkerung bejubelt werden. Die Bildunterschrift lautet „Abmarsch aus der Heimat“, die Position im Album macht aber eindeutig, dass es hier für den Einmarsch zurück in der Heimat steht. Die schriftliche Bildaussage wird also komplett umgedeutet. So stehen die fröhlichen und jubelnden Massen am Ende des Krieges, während der Beginn eher in düsteren Farben geschildert wird. Dieses letzte Kriegskapitel erscheint wie ein Resümee des Krieges. Das legen vor allem die beiden Karten, auf denen die kriegerischen Ideale beschworen werden, nahe. Georg blickte zurück darauf, dass er in Erfüllung seiner Pflicht in Frankreich gekämpft und sein Leben aufs Spiel gesetzt hat. Völlig irrelevant scheint allerdings die Kriegsniederlage, die in keinster Weise thematisiert wird. Die Anordnung ließe genauso gut die Deutung zu, dass er siegreich nach Hause zurückgekehrt ist. Außer Acht gelassen wird außerdem, dass Georg sich in englischer Kriegsgefangenschaft befand, und das Kriegsende, je nach dem

34

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 175.

30

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

wann er frei kam, mit einiger Wahrscheinlichkeit gar nicht in Deutschland erlebt hat. Auf diese Weise wird die Gewalt und Zerstörungskraft des industrialisierten Krieges zugunsten einer idealisierenden Vorstellung vom ‚edlen‘ Krieg ausgeblendet. 35 ‚Deutsche Werte‘ und Moral werden zur Hauptmotivation erklärt, und der Krieg damit zur Notwendigkeit gemacht. 3.3. Schluss des Narrativs

Seite 17, Ende

Nach dem Kriegsfinale kommt erneut eine Leerseite, ehe Georg auf den letzten drei Seiten die Erzählung ausklingen ließ. Die letzte Doppelseite zeigt zunächst eine Osterkarte mit dem auferstandenen Christus und darunter eine Stadtansicht von Altötting, einem bekannten Marienwallfahrtsort in Bayern. Außerdem gibt es eine Ansicht des Stadtparks in Bamberg, bei der ebenfalls nicht eindeutig ist, ob sie gemalt oder fotografiert und koloriert wurde, eine fotografische Stadtansicht von Berlin und eine kolorierte Fotografie des Heidelberger Schlosses. Der sechste Platz auf dieser Seite bleibt frei. Die 35

Vgl. C. Brocks: Die bunte Welt des Krieges, S. 245.

31

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Zusammenhänge zwischen diesen Karten sind nicht eindeutig: Die Christusdarstellung und Altötting sind eindeutig religiös konnotiert. Den anderen Orten ist lediglich gemeinsam, dass sie in Deutschland liegen. Dadurch stehen sie im Gegensatz zu den vorherigen Verortungen in Frankreich und Ostende und können in einem weiter gefassten Sinn für das zu Hause stehen, in das Georg nach dem Krieg zurückkehrt und in dem Religion, hier symbolisiert durch Christus, eine wichtige Rolle spielt. Möglicherweise zeigt die Karte aber auch Orte auf, die Georg nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft aufgesucht hat. Der Christus und Altötting sind dann zusammen als Wallfahrt zu verstehen, die er zum Dank für seine Rückkehr gemacht hat. 36 Bamberg ist eine der größeren Städte in der Gegend und war vermutlich Zwischenstation auf dem Weg nach Hause. Heidelberg und Berlin liegen schon deutlich außerhalb von Georgs Erfahrungsraum, aber nichts spricht dagegen, dass er nach seiner Rückkehr aus irgendeinem Grund dort war.

Seite 18, Ende

36

Das war in der ländlichen Bevölkerung eine geläufige Reaktion. Vgl. Ziemann, Front und Heimat, S.252.

32

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Die beiden letzten Karten zeigen schließlich Landschaften, die mit keinem Ort konkret verknüpft sind. Auf der oberen Karte ist ein idyllisches Bauernhaus abgebildet. Eine Frau macht sich mit Krug und Rechen auf den Weg zur Feldarbeit, begleitet von einem Hund. Die Karte darunter zeigt einen alleegesäumten Weg durch einen Wald in der Dämmerung. Bauernhof, Feldund Waldarbeit waren elementare Bestandteile von Georgs Alltag als Landwirt. Diese beiden Motive schaffen also den Übergang zurück in ein friedliches Leben als Zivilist. 4. Gedanken sortieren – ein Postkartenalbum als Medium der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg Kriegserleben und Erinnerungsdiskurs in der Weimarer Republik Im Mittelpunkt des Albums stehen die individuellen Erinnerungen eines fränkischen Landwirts an Krieg und Militär aus der Perspektive der Weimarer Republik. Um das Album in den wissenschaftlichen und theoretischen Kontext einzuordnen, soll an dieser Stelle auf die Problematik und die Konfliktlinien zwischen persönlichen Erleben und nachträglichem Erinnern in Bezug auf den Ersten Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit aus der Perspektive der Landbevölkerung eingegangen werden. Der Schilderung der historischen Situation werde ich einige theoretische Überlegungen aus der Gedächtnisforschung folgen lassen um diese Befunde anschließend mit den Ergebnissen aus der Untersuchung des Albums abzugleichen. Der Erste Weltkrieg wird in der Regel vor allem als eine große Zäsur beschrieben und zwar auf militärischer, politischer und sozialer Ebene. Der Krieg mobilisierte nicht nur die Massen, er veränderte sie auch und hinterher war nichts, wie es vorher war, so die gängige Darstellung. 37 Benjamin Ziemann vertritt allerdings in seiner Studie ‚Front und Heimat. Ländliche Kriegserfahrungen im südlichen Bayern 1914-18‘ 38 zumindest für die Landbevölkerung eine andere These: Die Soldaten mit landwirtschaftlichen

37

Vgl. Dick Geary: Arbeiter. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 142–154. Hier S. 142. 38 Benjamin Ziemann: Front und Heimat. Ländliche Kriegserfahrungen im südlichen Bayern 1914-1923. Essen 1997.

33

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Berufen waren demnach in der Lage eine Kontinuitätslinie zu ziehen von der Vorkriegssituation über den Krieg in die Weimarer Republik 39 , so dass der Krieg zwar als einschneidendes Erlebnis, aber nicht als Zäsur erlebt wurde. 40 Das untersuchte Postkartenalbum untermauert diese Behauptung eindrücklich, da darin der Krieg in eine Erzählung eingeordnet wird, die die Vor- und Nachkriegszeit mit einbezieht. Die Bevölkerung der ländlichen Gebiete stand dem Krieg überwiegend ablehnend gegenüber. Das fing schon damit an, dass die Mobilmachung im Sommer 1914 mitten in der Erntezeit und damit zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt geschah. Besonders die eingezogenen Reservisten, zu denen Georg gehörte, da er seinen Wehrdienst bereits 1909 bis 1911 abgeleistet hatte, zogen nicht mit Begeisterung in den Krieg und ließen ihre Familien mit der Arbeit alleine zurück, sondern empfanden allenfalls Pflichtbewusstsein und die Notwendigkeit ihr Land zu verteidigen. Mit ‚das Land‘ ist hier weniger das ideologisch aufgeladene Vaterland gemeint – die Bindung an den Nationalstaat war in Bayern eher schwach ausgeprägt. Vielmehr ging es den Bauern darum, ganz konkret ihre Besitzungen vor der Zerstörung durch Krieg zu retten. Besonders die Verwüstungen und Einquartierungen während der napoleonischen Kriege waren in der kollektiven Erinnerung der Landbevölkerung noch sehr präsent. 41 Da der Landwirtschaft im sogenannten totalen, also alle Gesellschaftsbereiche erfassenden Krieg die elementare Rolle der Nahrungssicherung zukam, genossen die Bauern als Soldaten gewisse Sonderkonditionen. Sie erhielten zum Beispiel regelmäßiger und häufiger als andere Heimaturlaub, vor allem zur Erntezeit, und waren dadurch weiter in die saisonale Rhythmisierung des bäuerlichen Jahres eingebunden. Feldpostbriefe geben Zeugnis davon, dass sie auch von ihrem Einsatzort aus an den anstehenden Arbeiten zu Hause teilnahmen, indem sie sie nicht nur verfolgten und kommentierten, sondern auch Anweisungen gaben. Arbeit und Familie liefen in der Landwirtschaft nicht in getrennten Sphären ab, weil die Höfe von der Familie gemeinschaftlich 39

Vgl. Ebd., S. 243. Ziemann bezieht sich dabei zwar vor allem auf Südbayern, seiner Ergebnisse dürften allerdings in weiten Teilen auf die Situation in Oberfranken übertragbar sein, zumal die Region ebenfalls stark katholisch geprägt ist. 41 Vgl. B. Ziemann: Front und Heimat, S. 43f. 40

34

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

bewirtschaftet wurden. Deshalb nahmen die Landwirte im Fronturlaub nicht nur ihre gewohnte Arbeit nahtlos auf, sondern waren auch weiterhin in die familiären Strukturen eingebunden. Dadurch war es ihnen möglich Familie und Beruf als vorrangiges Identifikationsmuster beizubehalten. 42 Das Album untermauert diese These, weil es darin gerade um das Verhältnis von Familie und Soldat geht und um das Dilemma, in dem der Soldat durch die Trennung von seinen Angehörigen steckt. Weil sie weiterhin stark in ihrer zivilen Identität und der Bindung an ihre Familie und ihre Arbeit verhaftet blieben, hatten die Bauern im Krieg ganz besonders mit Heimweh zu kämpfen. 43 Auch Georg maß den häufig sehnsuchtsvollen Darstellungen von (Liebes-)Beziehungen und Familie größte Bedeutung bei und nahm fast immer mindestens eine in ein Bildarrangement auf. Einzig die religiösen/katholischen Deutungsmuster 44 waren während des Krieges gewissen Schwankungen unterworfen. Mit zunehmender Dauer der Kriegshandlungen, brach ein Teil der Soldaten aus den ländlichen katholischen Gebieten aus den traditionellen Glaubens- und Lebensgewohnheiten aus, indem sie Zweifel äußerten oder den Gottesdiensten fernblieben. 45 Für mindestens ebenso viele Soldaten blieb der Glauben allerdings auch weiterhin ein wichtiger Faktor der Identitätsbildung und Krisenbewältigung. Dieser Kontinuitätsbruch setzte sich nach dem Krieg allerdings nicht fort, da die Kirche ihre angestammte Rolle als wichtigste moralische Instanz schnell wieder einnehmen konnte. Das Ende des Krieges wurde von der Landbevölkerung mit großer Erleichterung begrüßt. Darin unterschied sie sich nicht wesentlich vom Rest der deutschen Bevölkerung: Im Herbst 1918 war das die dominierende Haltung in der deutschen Bevölkerung, trotz der Aussicht auf harte

42

Vgl. B. Ziemann: Front und Heimat, S. 243. Dieses Phänomen war dermaßen verbreitet, dass Ziemann ihm ein ganzes Kapitel widmet. Vgl. B. Ziemann: Front und Heimat, S. 230–246.Vgl. auch Heidrun Alzheimer-Haller: Zum Verhältnis von Soldaten und Seelsorgern im Ersten Weltkrieg. In: Dies.(Hrsg.), Glaubenssache Krieg, S.265-270. 44 Die protestantische Perspektive bleibt hier außen vor, weil Ziemann sich in seiner Studie auf das katholische Südbayern bezieht und auch der Wirkungskreis des Albums auf eine katholische Region beschränkt bleibt. 45 Vgl. B. Ziemann: Front und Heimat, S. 252f. 43

35

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Friedensbedingungen. 46 Dennoch konnten später Mythen wie die Dolchstoßlegende und vom ‚im Felde unbesiegten Heer‘ eine ungeheure Wirkmacht erfahren, weil vor allem die rechtsgerichtete Presse sie durch eine aggressive nationalistische und revanchistische Berichterstattung und Erinnerungspolitik verbreitete und dadurch die subjektiven Erinnerungen vieler Menschen überschrieb. Die Zeit der Weimarer Republik war geprägt von heftigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen politischen Akteuren. Dabei ging es vor allem um die symbolische und damit auch emotionale Besetzung der Politik. 47 Die kollektive Erinnerung an den Krieg spielte in den Konflikten eine ganz besondere Rolle, war er doch die Ausgangslage für die Republik. Um eine national konsensfähige Form der Erinnerung zu finden musste eine identitätsstiftendes und integratives Narrativ für die vielen individuellen Erinnerungen gefunden werden, die je nach gesellschaftlicher Position, Einsatzort, persönlichem Kriegserleben und politischer Ausrichtung stark variierten. Dieses an sich schon schwierige Unterfangen wurde zusätzlich erschwert durch die Niederlage. Statt sich gemeinsam über einen Sieg zu freuen, mussten die Deutschen sich mit der Frage nach der Verantwortung auseinandersetzen und sahen sich mit dem Urteil der Siegermächte konfrontiert, eben nicht für eine ‚gerechte Sache‘ gekämpft zu haben. Bekanntermaßen waren vor allem die nationalistischen rechten Kräfte äußerst erfolgreich in der symbolischen Inanspruchnahme des Krieges, wie die wirkmächtigen Narrative vom ‚Augusterlebnis 1914‘ und der ‚Dolchstoßlegende‘ beweisen. Die Vertreter der Republik schienen dagegen eher etwas hilflos. Sie waren nicht in der Lage eine symbolische Repräsentation für die Republik zu finden und versuchten mit Fakten zu widerlegen, was sich in den Köpfen der Menschen als Geschichte(n) längst eingenistet hatte. 48 Der Kampf um die Erinnerung wurde auch visuell geführt: Fotografische Veröffentlichungen und filmischen Inszenierungen prägten das Bild des Ersten 46

Vgl. Bernd Ulrich, Benjamin Ziemann: Krieg im Frieden. Die umkämpfte Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Frankfurt a.M. 1997. S. 8. 47 Vgl. Einleitung. In: Ute Daniel, Inge Marszolek, Wolfram Pyta, Thomas Welskopp (Hg.): Politische Kultur und Medienwirklichkeit in den 1920er Jahren. München 2010. S.7-23. Hier S.11. 48 Vgl. Boris Barth: Dolchstoßlegenden und politische Desintegration. Das Trauma der deutschen Niederlage im ersten Weltkrieg. Düsseldorf 2003. S. 559.

36

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Weltkrieges (bis heute!) und schufen ein kollektives Bildgedächtnis von Mondlandschaften, Granattrichtern und Schützengräben. 49 Soweit die offizielle Darstellung der allgemeinen politischen Lage in der Weimarer Republik. Nun darf man aber nicht vergessen, dass die subjektive Deutung der Erlebnisse im vorliegenden Album von einem Landwirt stammt. Für diese Bevölkerungsgruppe kann nicht die beschriebene allgemeine Situation als Maßstab genommen werden, da die Erkenntnisse darüber vor allem aus in urbanem Zusammenhang entstandenen Quellen stammen. Das ist nicht weiter verwunderlich, war es doch für Landwirte nicht üblich ihre Erlebnisse und Ansichten schriftlich niederzuschreiben. Rückschlüsse auf ihre Einschätzung der Lage kann man für die Kriegszeit aus ihren Feldpostbriefen ziehen, weil die schriftliche Kommunikation die einzige Möglichkeit war den Kontakt mit der Familie aufrecht zu erhalten. Andere Quellen zur Situation der Menschen in ländlichen Gebieten stammen daher eher von im Schriftgebrauch geübten Personen, wie Pfarrern oder Beamten. Das Postkartenalbum ist nicht nur eine besondere Quelle, weil es auf eine einzigartige Weise populäre Bilder mit Erinnerung verknüpft. Es ermöglicht auch einen seltenen Einblick in die Erinnerung an und Deutung des Ersten Weltkriegs durch einen Landwirt. Theorie der Erinnerung Um den Erinnerungsbegriff für diese Arbeit nutzbar zu machen, werde ich nun kurz die Theorien aus der Gedächtnisforschung auf die in dem Album vorliegende Erinnerungssituation anwenden. Im Fokus stehen die Zusammenhänge zwischen den Faktoren Individuum, Erlebnis, Erinnerung, Bilder, Erzählung. Davon ausgehend möchte ich entlang von an Aleida Assmanns Erinnerungsbegriff und Harald Welzers kommunikativem Gedächtnis fünf Grundannahmen aufstellen: Erstens: Bereits die Wahrnehmung der Ereignisse, die erinnert werden, ist kulturell geprägt. Das klingt sehr banal, sollte aber nicht außen vor gelassen 49

Vgl. Gerhard Paul: Bilder des Krieges, Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges. Paderborn, München 2004. S. 133.

37

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

werden. Georg erlebte den Krieg als fränkischer, katholischer Landwirtssohn des Jahrgangs 1889 etc. und seine Wahrnehmungen unterscheiden sich von denen eines protestantischen Hamburger Arbeiters. Zweitens: Erinnerungen sind niemals nur individuell, sondern sozial und kulturell geformt. Jedes Individuum gleicht seine eigenen Erfahrungen und Erinnerungen in Kommunikation und Interaktion innerhalb von sozialen Gruppen mit den Erfahrungen und Erinnerungen anderer Individuen ab. Auf diese Weise entsteht ein gemeinsamer sozialer Gedächtnisrahmen, innerhalb dessen das Individuum sich und seine Erinnerungen verorten kann. Da jeder mehreren sozialen Gruppen angehört, z.B. Landwirtssohn, religiöse Gemeinschaft, Familie, Stammtisch usw. ist jedes Individuum Teil mehrerer solcher Bezugsrahmen, in die es seine Erinnerungen einhängen kann. Diese Form der Erinnerung ist aber gebunden an die Verbindung mehrerer individueller Erinnerungen durch Kommunikation. Mit den Individuen sterben auch die sozialen Erinnerungen. Zusätzlich dazu gibt es noch die kulturell geprägte Erinnerung, die nicht auf Kommunikation sondern auf materiellen (z.B. Architektur, Bilder, Texte etc.) und symbolischen (z.B. Riten, Feste etc.) Repräsentationen beruht. Das kulturelle Gedächtnis ist weniger an Individuen und die Zeit, als an die Träger und Vermittler gebunden, die die kulturellen Erinnerungen innerhalb einer Gesellschaft vermitteln. Diese Vermittlung und damit auch die Konstruktion der kulturellen Erinnerung erfolgt auf institutioneller Ebene, zum Beispiel in Schulen, Museen, Vereinen usw. Sowohl Georg als Erinnernder, also auch ich als Forscherin sind Bestandteil mehrerer Erinnerungskomplexe, die unsere Wahrnehmung der Vergangenheit beeinflussen. Die von Georg versuche ich zu rekonstruieren, was vor allem dadurch erschwert wird, dass mir seine Erinnerungsrahmen nicht zugänglich sind und ich versuchen muss, anhand der verfügbaren materiellen Zeugnisse (damit sind nicht nur die Postkarten gemeint, sondern auch die wissenschaftliche Literatur, die mir hilft die Karten zu verstehen) Rückschlüsse auf die Konstruktion seiner individuellen Erinnerung zu ziehen. Drittens: Erinnerung ist nicht nur abhängig von den Gruppen innerhalb derer man sich bewegt, sondern auch vom Zeitpunkt, zu dem auf vergangene Ereignisse zurückgeblickt wird. Je nach aktueller Situation und Erfahrung

38

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

bewertet man ein Erlebnis der Vergangenheit anders. 50 Georg hat also Mitte der 20er Jahre aus der Perspektive der Weimarer Republik den Ersten Weltkrieg anders erinnert, als 30 Jahre später in der frühen Bundesrepublik. Viertens: Bilder prägen Erinnerung.Vor allem medial vermittelte Bilder (und die Postkarten als eines der ersten visuellen Massenmedien gehören dazu) prägen ganz maßgeblich unsere Wahrnehmung von Vergangenheit. Durch sie kann eine spezifische Sicht auf ein Ereignis (und damit auch dessen Deutung) einer Gruppe zugänglich gemacht werden, und dadurch wirksam in einen sozialen oder kulturellen Erinnerungskomplex integriert werden. 51 Fünftens: Erinnerung wird sprachlich vermittelt. Einzelne Erinnerungen sind für sich genommen nur kurze Gedankenblitze, die erst dann Sinn ergeben, wenn man sie ordnet und strukturiert. Dies geschieht, indem man aus einzelnen Erinnerungen eine Erzählung konstruiert. 52 Im sogenannten ‚memory talk‘ also dem kommunikativen Aushandeln von Erinnerung, lernen wir die kulturell geformten Grundmuster, die den Erinnerungserzählungen zugrunde liegen. 53 Georg hat in seinem Album die Erinnerungen in eine Erzählung verwandelt. Allerdings, und das ist das erstaunliche, ist diese Erzählung in erster Linie visuell und nicht sprachlich in Form eines Textes. Auch für diese visuellen Erzählungen scheint es Grundmuster zu geben, denn ein Fotoalbum mit privaten Fotografien aus dem Zweiten Weltkrieg folgt ähnlichen Kriterien, indem zum Beispiel Landschaftsaufnahmen als Einleitung und Schluss verwendet werden. 54 Dafür gibt es mehrere potentielle Erklärungen. Möglicherweise fühlte sich Georg in der Schriftsprache nicht heimisch genug, um damit komplexe und emotional gefärbte Sachverhalte auszudrücken. Vielleicht waren die Erlebnisse, die er schilderte zu traumatisch, als dass er sie in Worte fassen konnte oder wollte. Auf jeden Fall müssen die Bilder für ihn eine so starke symbolische

50

Vgl. Harald Welzer: Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung. München 2008.. S.217f. 51 Vgl. Aleida Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Bonn 2007. S.30. 52 Vgl. Ebd., S. 25. 53 Vgl. H. Welzer: Das kommunikative Gedächtnis, S. 185f. 54 Vgl. Maja Naef: Augen_Zeugen. Geordnete Erinnerung. Das Fotoalbum eines Wehmachtsoldaten. In: Heiko Haumann (Hrsg.): Erinnerung an Gewaltherrschaft. Selbstzeugnisse - Analysen - Methoden. Frankfurt, M, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, NY, Oxford, Wien 2010. S. 79–100.

39

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Aussagekraft besessen haben, dass sie ihm geeignet erschienen, eine komplexe Weltdeutung zu konstruieren. 55 Sechstens: Erinnerungen machen Identität. „Die eigenen biografischen Erinnerungen sind unentbehrlich, denn sie sind der Stoff, aus dem Erfahrungen, Beziehungen und vor allem das Bild der eigenen Identität gemacht ist“. Georg hat in seinem Album einen kleinen Teil seiner Identität im wahrsten Sinne des Wortes abgebildet, nämlich seine Identität als Soldat und Weltkriegsteilnehmer. Vermutlich konnte er seine Erinnerungen kaum oder gar nicht sprachlich vermitteln. 56 Daher hatte das Album für ihn geradezu existentielle Bedeutung, war es doch eine Möglichkeit die Erinnerungen zumindest in einer einseitigen Kommunikationssituation zu sortieren. Die Postkarten fungieren hier als Medium der Erinnerung weil massenmediale Produkte zur Konstruktion einer individuellen Erinnerung herangezogen wurden. 57 Das Album bildete den Rahmen für die Erinnerungsarbeit und bot durch vorgegebene Anordnungsmöglichkeiten wie Einstecklaschen und Seiteneinteilung die Möglichkeit, die einzelnen Karten zu einer Struktur in Form eines Narrativs zu verknüpfen. Da Narration eine der Grundmerkmale für Erinnerung ist, ermöglichte erst die begrenzende und strukturierende Wirkung des Albums eine sinnvolle Verbindung der Motive zu einer Vergangenheitskonstruktion. Synthese Georg stellte den Erste Weltkrieg nicht als einen ‚großen Bruch‘ im Leben dar, sondern bettete ihn ein in eine Kontinuitätslinie mit Vor- und Nachkriegszeit. Vor allem mithilfe inszenierter Fotografien von Soldaten, die sich an den Bildkonventionen früherer Kriege statt am industrialisierten Massenkrieg orientierten, wurde der Krieg als die Erfüllung der männlichen Pflicht dargestellt. Er steht aber nie alleine: Den militärischen Motiven stehen immer Abbildungen 55

Laut den Berichten meines Vaters, hat Georg in der Familie nicht über den Krieg gesprochen. In meiner Familie war nicht einmal bekannt, dass Georg in englischer Kriegsgefangenschaft war, das konnte ich nur mithilfe von überlieferten Fotografien ermitteln. Mir ist daher auch nicht bekannt, ob er das Album jemandem gezeigt oder erklärt hat, was die Kommunikationssituation verändern würde. 56 A. Assmann: Der lange Schatten der Vergangenheit, S. 24. 57 Vgl. Astrid Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart 2005. S.149.

40

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

von Frauen und/oder Kindern zur Seite. Weniger häufig kommen auch illustrierte nationalistische Sinnsprüche vor. Die militärische Pflichterfüllung diente demnach in erster Linie der Verteidigung der Familien und in zweiter Linie der Nation. Infrage gestellt wird die nationalistische Argumentation an keiner Stelle, sie wird aber auch nicht übermäßig euphorisch vertreten. Durch vorwiegend düstere Farbgebung, die Betonung der als schwer empfundenen Trennung und die schicksalhafte Rolle, die der Religion zugewiesen wird, erscheint der Krieg wie eine Naturgewalt, die zwar nicht erwünscht, aber auch nicht zu verhindern war. Maßgeblichen Anteil hatte daran Georgs Auffassung vom Militär als einem wichtigen Teil der männlichen Identität, in Abgrenzung zu den Frauen, die teilweise synonym für den zivilen Lebensbereich gesetzt wurden. In der gesamten Sammlung gibt es nur zwei Abbildungen von männlichen Zivilisten alleine: davon steht eine für einen französischen Mann, die andere wurde nicht einsortiert. Abgesehen davon zeigt nur die Bilderserie von einem Liebespaar den Mann in einem zivilen Zusammenhang. Auch in der Vorkriegszeit war der Militärdienst für Georg elementarer Bestandteil eines idealen männlichen Lebenslaufs, der dem eigentlichen Lebensziel Familiengründung vorgeschaltet war. Die Behinderung von Familienplanung und –gründung durch den Krieg war für ihn ein existentielles Problem. Selbst in der Erinnerung blieb dabei der Wunsch nach Familie und familiärer Sicherheit rückwärtsgerichtet auf die Vorkriegszeit, obwohl er sich in der Gegenwart des Erinnerns bereits erfüllt hatte. Diese sozialen Folgen des Krieges übertrug Georg nachträglich auch auf die französischen Familien und erkannte sie dadurch gleichsam als Leidensgenossen an. Um das Motiv der Trennung zu verorten, bediente er sich Ansichtskarten von französischen Städten und Porträts mit französischer Bildunterschrift. Zahlreiche Grafiken mit floralen Motiven (vorzugsweise Vergissmeinnicht) und romantischen Gedichten repräsentieren die phatische Kommunikation zwischen den militärisch männlichen und zivilen weiblichen Lebensbereichen. Eine wichtige verbindende Funktion hatte auch der Glaube an einen schicksallenkenden Gott, der die getrennten Sphären wieder vereinen sollte. Dem konnte natürlich besonders aus der Rückschau eine besondere 41

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Bedeutung beigemessen werden, da Georg überlebt hat, seine Gebete also offensichtlich erhört worden sind. Insgesamt wird den religiösen Motiven in dem Album aber verhältnismäßig wenig Platz eingeräumt, weshalb die weltdeutende Funktion der Religion für ihn entweder selbstverständlich war, oder sich auf den Schutz des Lebens und die Bindung an die traditionellen heimischen Lebenszusammenhänge beschränkte. Georg stützte seine Erinnerungen vor allem auf Bildpostkarten, die der ‚Dienstmädchenlyrik‘ zugeordnet werden können. Sie zeichnen sich durch pathetisch-kitschige Motive und Bildunterschriften aus und unterscheiden sich ästhetisch kaum von den Postkarten zu Friedenszeiten. Seine Kriegsdeutung basierte also ästhetisch wie inhaltlich auf Erklärungsmustern der Vorkriegszeit und sie fokussierte auf die Einbindung der militärischen Erfahrung in die zivilen Lebenszusammenhänge. Gewalt und Zerstörung, die Georg durch eine Verwundung auch am eigenen Leib erfahren hat, werden nicht einmal ansatzweise in ihrer traumatisierenden Dimension gezeigt, sondern als Anlass für einen Heimaturlaub, bei dem er eine Geliebte (wieder)getroffen hat. Die Faktoren, die den Ersten Weltkrieg zum ersten industrialisierten Massenkrieg gemacht haben, bleiben außen vor. Obwohl Georg den Kriegsgegner benannte und sogar Mitgefühl für ihn zeigte, gibt es doch nur zwei Karten, die kriegerische Auseinandersetzungen thematisieren: die geschönte Darstellung der Verwundung und die ebenfalls unrealistisch gezeichnete Kampfszene. Georg schien Gewalt, Tod und Zerstörung systematisch auszublenden und sich von diesen traumatischen Erfahrungen auch visuell zu distanzieren, indem er die einzigen beiden fotografisch-dokumentarischen Abbildungen von der Front aus dem Narrativ heraushält. Für seine Kriegsdeutung waren diese wesentlich weniger relevant als die Trennung von der Familie und die rückwärtsgerichtete Sehnsucht nach Frieden und Sicherheit. Konsequenterweise war die Darstellung des Kriegsendes bei Georg ausschließlich positiv konnotiert. Er thematisierte die Rückkehr in die Heimat und in die Familie nach der gewissenhaften Pflichterfüllung im Dienst der Nation und bewertete den Krieg auch im Nachhinein als moralisch richtig und notwendig. Möglicherweise fiel dieses Fazit auch deshalb so positiv aus, weil er in der Kriegsgefangenschaft die desolaten Zustände an der Front in der letzten 42

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Kriegsphase nicht selbst miterlebte. Offen bleibt, ob er die Kriegsniederlage in der Argumentationsweise des Dolchstoßmythos negierte, oder ob sie für ihn angesichts des ersehnten Friedens nur untergeordnete Relevanz hatte. Insgesamt zeigt das Album, dass man die Rolle der Postkartenmotive für die Kriegsdeutung der unteren Gesellschaftsschichten kaum unterschätzen kann: Unser heutiges Bild vom Ersten Weltkrieg basiert vor allem auf Fotografien, deren Grundlage die Aufnahmen in den Weltkriegsalben und Filmen der 1920er Jahren bilden. Für die Weltdeutung eines Zeitgenossen wie Georg waren die offensichtlich nicht besonders bedeutsam. Abgesehen davon, dass er möglicherweise keinen Zugang zu dokumentarischen Fotografien hatte, ordnete er zwei Motive, die in diese Kategorie passen 58 , nicht in das Album ein. Für ihn haben die Karten mit kitschig-pathetischem Inhalt wesentlich mehr Relevanz, und da sie insgesamt am häufigsten verkauft wurden, dürfte das auch für große Teile der restlichen Bevölkerung gelten. Mithilfe der konventionellen Bildsprache der Vorkriegszeit konnte das Bedürfnis der Menschen nach der emotionalen Sicherheit familiärer Beziehungen zum Ausdruck gebracht werden. Für Georgs Kriegserinnerungen war die Einbindung in soziale und zivile Lebenszusammenhänge und seine Rolle darin wichtiger, als die Erinnerung an Tod und Zerstörung.

58

Eine Fotografie von Soldaten im Schützengraben und eine Ansicht der zerstörten Stadt Roye. Die Karten befinden sich unter den unsortierten Motiven des Konvoluts.

43

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Abbildungsverzeichnis Die Urheberrechte für alle Fotografien in dieser Arbeit liegen bei der Autorin.

Literaturverzeichnis Alzheimer, Heidrun (Hrsg.): Glaubenssache Krieg. Religiöse Motive auf Bildpostkarten des Ersten Weltkriegs. Bad Windsheim 2009. Alzheimer, Heidrun: Zum Verhältnis von Soldaten und Seelsorgern im Ersten Weltkrieg. In: Dies.(Hrsg.), Glaubenssache Krieg. Religiöse Motive auf Bildpostkarten des Ersten Weltkriegs. Bad Windsheim 2009. S.265-270. Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Bonn 2007. Barth, Boris: Dolchstoßlegenden und politische Desintegration. Das Trauma der deutschen Niederlage im ersten Weltkrieg. Düsseldorf 2003. Brocks, Christine: Der Krieg auf der Postkarte - Feldpostkarten im Ersten Weltkrieg. In: Spilker, Rolf;Ulrich, Bernd;Brockel; Manfred (Hrsg.): Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg, 1914-1918. Eine Ausstellung des Museums Industriekultur Osnabrück im Rahmen des Jubiläums "350 Jahre Westfälischer Friede," 17. Mai23. August 1998. Bramsche 1998. S. 154–163. Brocks, Christine: Die bunte Welt des Krieges. Bildpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg 1914-1918. Essen 2008. Brocks, Christine: Bildquellen der Neuzeit. Stuttgart 2012. Daniel, Ute u.a. (Hrsg.): Politische Kultur und Medienwirklichkeit in den 1920er Jahren. München 2010. Deist, Wilhelm: Die Kriegführung der Mittelmächte. In: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 249–271. Erll, Astrid: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart 2005. Frank, Susanne: Chronik 1914-1918. In: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 1009–1018.

44

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Geary, Dick: Arbeiter. In: Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008, S. 142–154. Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur. In: Ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt 1994, Hax, Iris: "Gut getroffen, wie der Isaac schmunzelt, nicht wahr?". Zur Medien- und Rezeptionsgeschichte antisemitischer Postkarten, in: Gold, Helmut; Backhaus, Fritz (Hrsg.), Abgestempelt. Judenfeindliche Postkarten. Auf der Grundlage der Sammlung Wolfgang Haney. Eine Publikation der Museumsstiftung Post und Telekommunikation und des Jüdischen Museums Frankfurt am Main. Heidelberg 1999, S. 97–123. Hirschfeld, Gerhard u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe. Stuttgart 2008 Holzheid, Anett: Das Medium Postkarte. Eine sprachwissenschaftliche und mediengeschichtliche Studie. Berlin 2011. Naef,Maja: Augen_Zeugen. Geordnete Erinnerung. Das Fotoalbum eines Wehmachtsoldaten. In: Haumann, Heiko (Hrsg.): Erinnerung an Gewaltherrschaft. Selbstzeugnisse - Analysen - Methoden. Frankfurt a. M 2010, S. 79–100. Opsommer, Rik: Kriegsimpressionen aus Westflandern. Feldpostkarten des Ersten Weltkriegs als alltagsgeschichtliche Quellen. In: Didczuneit, Veit u.a. (Hrsg.), Schreiben im Krieg - Schreiben vom Krieg. Feldpost im Zeitalter der Weltkriege. Essen 2011, S. 333–350. Oster, Sandra: Das Gesicht des Krieges. Der Erste Weltkrieg im Foto-Text-Buch der Weimarer Republik. in: Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie. Vol. 30 (2010), S. 23–32. Paul, Gerhard: Bilder des Krieges, Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges. Paderborn, München 2004. Spilker Rolf; Ulrich, Bernd; Brockel, Manfred (Hrsg.): Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg, 1914-1918 : eine Ausstellung des Museums Industriekultur Osnabrück im Rahmen des Jubiläums "350 Jahre Westfälischer Friede," 17. Mai23. August 1998. Bramsche 1998. Tropper, Eva: Bild.Störung. Beschriebene Postkarten um 1900. in: Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie., Vol. 30 (2010), S. 5–16.

45

Susanne Zahn Sortierte Erinnerungen

AlltagsKultur! www.alltagskultur.info

Ulrich, Bernd; Ziemann, Benjamin: Krieg im Frieden. Die umkämpfte Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Frankfurt a.M. 1997. Walter, Karin: Die Ansichtskarte als visuelles Massenmedium, in: Maase, Kaspar (Hrsg.), Schund und Schönheit. Populäre Kultur um 1900. Köln, Weimar, Wien 2001, S. 46–61. Welzer, Harald: Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung, München 2008. Ziemann, Benjamin: Front und Heimat. Ländliche Kriegserfahrungen im südlichen Bayern 1914-1923. Essen 1997.

Internetquelle: "Damnatio memoriae." Der Neue Pauly. Herausgegeben von: Hubert Cancik, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). http://www.brillonline.nl/entries/der-neue-pauly/damnatio-memoriae-e310400 (Zuletzt eingesehen am 17.09.2013.)

46

Suggest Documents