Ehrlichkeit und Handel

Esra Urmoneit Ehrlichkeit und Handel Was bedeutet ehrlicher Handel nach Cicero? Kann in der heutigen Zeit ehrlicher Handel betrieben werden? Betreut...
Author: Guido Fuhrmann
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Esra Urmoneit

Ehrlichkeit und Handel Was bedeutet ehrlicher Handel nach Cicero? Kann in der heutigen Zeit ehrlicher Handel betrieben werden?

Betreut von Frau Brülls Im Fach Latein (Elisabeth- Gymnasium Halle)

Schochwitz, 01.04.2008

Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................................. 3 Übersetzung ...................................................................................................................... 4 Interpretation .................................................................................................................... 7 Die Mittel, die Cicero verwendet, um seine Intention deutlich zu machen................ 10 Vergleich mit eigenen Erfahrungen ................................................................................ 12 Fazit ................................................................................................................................ 14 Quellen- und Literaturangabe ......................................................................................... 15 Versicherung über die selbstständige Anfertigung der Arbeit ....................................... 15

Vorwort Um Ciceros Auffassung vom ehrlichen Handel beurteilen zu können und um eine Aussage darüber, ob in der heutigen Zeit ehrlicher Handel möglich ist, treffen zu können, muss ehrlicher Handel zunächst einmal definiert werden. Handel bedeutet allgemein ein Tausch von Waren.1 Dabei ist jeder Händler bestrebt, beim Handeln Gewinn zu erzielen. Ehre ist eine Wertschätzung, die Menschen anderen Menschen erweisen können, wenn diese etwas Bedeutendes getan haben, was den anderen Menschen gefällt.2 Ehrlich bedeutet demzufolge, dass jemand etwas tut, wofür er Ehre verdient. Wenn nun jeder Händler versucht, aus dem Handel einen Gewinn für sich zu erzielen, gefällt das anderen Menschen oft nicht. Besteht dann nicht ein Widerspruch zwischen Handel und Ehre? Kann denn überhaupt ein ehrlicher Handel betrieben werden? Was bedeutet das eigentlich ganz genau? Oder scheint der Widerspruch nur so? Was sagt denn Cicero dazu? Kann man seine Ansicht auch auf die heutige Zeit übertragen? Die vorliegende Arbeit versucht diese Fragen zu beantworten. Die Untersuchung wird anhand des Ausschnitts 49b bis 60 des dritten Buches von Ciceros Werk „De officiis“ durchgeführt.

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vgl. Brockhaus: Brockhaus. In drei Bänden. Sonderausgabe Mannheim, Augsburg 2000. Band 2 GPPHNOM, S. 43 2 vgl. Brockhaus: Brockhaus. In drei Bänden. Sonderausgabe Mannheim, Augsburg 2000. Band 1 AGOZ, S. 372

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Übersetzung Deshalb soll es dabei bleiben, dass, was schimpflich ist, niemals nützlich ist, noch nicht mal dann, wenn du das erreicht hast, von dem du glaubst, dass es nützlich ist; denn es ist nämlich gerade unheilvoll etwas für nützlich zu halten, was schimpflich ist. (50) Aber oft treten Fälle ein, wie ich oben gesagt habe, wenn der Nutzen den Ehrenhaften zu widerstreiten scheint, sodass man sich fragen muss, ob es wirklich ein Widerspruch ist oder ob er (der Nutzen) mit der Ehre verbunden werden kann. Fragen dieser Art sind: Wenn zum Beispiel ein angesehener, guter Mann aus Alexandria während einer Hungersnot der Rhodier und nach einer Teuerung der Marktpreise eine große Menge an Getreide nach Rhodos gebracht hat, und wenn derselbe weiß, dass ziemlich viele Kaufleute aus Alexandria losgesegelt sind und er gesehen hat, dass die Schiffe mit Getreide an Bord nach Rhodos segeln, wird er das den Rhodiern sagen oder wird er, ohne etwas zu sagen, sein Getreide möglichst teuer verkaufen? Wir stellen uns einen guten und weisen Mann vor; mit dessen Erwägungen und Fragen wir uns beschäftigen, der den Rhodiern das nicht verheimlichen wird, wenn er es für schlecht hält, aber zweifelt, ob es schlecht ist. (51) In derartigen Fällen pflegt dem Diogenes aus Babylonien, einem großen und bedeutenden Stoiker. etwas anderes als richtig zu scheinen, als seinem Schüler, dem Antipater, einem scharfsinnigen Menschen; laut Antipater muss alles offengelegt werden, damit der Käufer auf keinen Fall etwas nicht weiß, was der Verkäufer weiß; laut Diogenes muss der Verkäufer nur solche Mängel angeben, soweit es durch das Bürgerrecht festgelegt ist, und muss alles andere ohne Hinterhältigkeiten machen, und darf- da er ja Verkäufer ist- möglichst gut verkaufen wollen. „Ich brachte herbei (meine Ware), ich lud (sie) ab, ich verkaufe sie nicht teurer als die anderen, vielleicht sogar billiger, wenn der Vorrat größer ist; wem wird dadurch unrecht angetan?“ (52) Die Argumentation von Antipater erscheint auf der anderen Seite: „Hör mal! Obwohl du für die Menschen sorgen musst und der menschlichen Gesellschaft dienen musst und unter diesen Gesetzen geboren bist und diese Prinzipien der Natur hast, die du einhalten sollst und denen du folgen musst, damit dein Nutzen der gemeinsame Nutzen ist und umgekehrt der gemeinsame Nutzen deiner ist, wirst du den Menschen geheim halten, was an Vorteil und Vorrat da ist?“ Diogenes wird vielleicht so antworten: „Verheimlichen ist etwas anderes als Schweigen, und ich verheimliche dir nicht, wenn ich dir jetzt nicht sage, was die Natur der Götter ist, was das höchste Gut ist, welche Erkenntnisse dir mehr von Nutzen sind als ein niedriger Preis des Weizens. 4

Aber nicht alles, was für dich von Vorteil ist zu hören, ist für mich notwendig zu sagen.“ (53) „Aber natürlich ist es wichtig (wird jener (Antipater) sagen), wenn du dich erinnerst, dass es unter den Menschen eine Gesellschaft, die von Natur aus geknüpft wurde, gibt.“ „Ich denke daran“, wird jener sagen, „aber ist die Gesellschaft derart beschaffen, dass man ohne Eigentum ist? Wenn es aber so ist, dann kann gar nichts verkauft werden, sondern muss verschenkt werden.“ Du siehst, dass in dieser ganzen Erörterung jenes nicht gesagt wird: „ich soll es machen, da es ja vorteilhaft ist, obwohl es schändlich ist“, aber dass es so von Vorteil ist, dass es nicht schimpflich ist, auf der anderen Seite jedoch, da es schimpflich ist, dies nicht getan werden darf. (54) Ein guter Mann würde ein Haus wegen irgendwelcher Schäden, von denen er weiß, die anderen kennen sie aber nicht verkaufen, es (das Haus) sei ungesund, würde aber als gesund gelten, es sei nicht bekannt, dass in allen Gemächern Schlangen erscheinen, dass es schlecht gebaut und baufällig sei, was aber niemand außer jenes Hausherrn wisse; ich frage nun, wenn der Verkäufer dies dem Käufer nicht sagt und das Haus zu einem viel höheren Wert verkauft, als er glaubt, es verkaufen zu können, handelt er dann ungerecht und unverschämt? „Jener gewiss, sagt Antipater. „Was soll das anderes bedeuten, als einem Umherirrenden den Weg nicht zu zeigen, was in Athen mit einem öffentlichen Fluch bestraft wird, wenn das bedeutet, den Käufer zu schaden und ihn durch Täuschung in den größten Betrug hineinlaufen zu lassen. Denn es bedeutet nämlich mehr als den Weg nicht zu zeigen, denn es bedeutet, bewusst den anderen in einen Betrug hereinfallen zu lassen.“ (55) Diogenes erwidert: „Hat denn einer dich zum Kauf gezwungen, der dich noch nicht einmal ermuntert hat? Jener hat es (das Haus), weil es ihm nicht mehr gefiel, angeboten, du hast es gekauft, weil es dir gefallen hat. Wenn also diejenigen bekannt geben, dass das Haus gut ist und gut gebaut wurde, die noch nicht den Ruf haben, betrogen zu haben, wenn aber jenes (Haus) weder gut noch mit Vernunft gebaut wurde, dann (haben diesen Ruf) viel weniger die das Haus nicht lobten. Wo denn ein Urteil des Käufers ist, kann dort Betrug des Verkäufers sein? Wenn aber jedoch das Gesagte nicht gewährleistet ist, glaubst du, dass das, was nicht gesagt wurde, gewährleistet ist? Was ist dümmer, als dass der Verkäufer die Fehler der Sache, die er verkaufen will, aufzählt? Was ist jedoch sinnloser, wenn auf Befehl des Herrn ein Herold sagt: „Ich verkaufe ein schlechtes Haus“? (56) Das Ansehen wird so wegen gewissen zweifelhaften Gründen zum einen verteidigt, zum anderen wird so von der Nützlichkeit gesprochen, da es scheint, weil es zu tun nicht nur ehrenhaft ist, 5

sondern auch es nicht zu tun schändlich ist. Das ist der scheinbare Streit, der um nutzen und Ehre oft geführt wird. Dies muss entschieden werden; wir erörtern nämlich nicht, damit wir noch mehr Fragen haben, sondern damit wir erklären. (57) Also scheint mir, dass weder der Getreidekaufmann den Rhodiern, noch der Verkäufer des Hauses dem Käufer dies hätten verbergen dürfen. Auch ist es nämlich nicht Verheimlichen, wenn du keine Antwort gibst, aber dann, wenn du es zu deinem Vorteil verschweigst und die anderen nicht wissen, was du weißt. Wer sieht nicht ein, welcher Art das Verschweigen angehört und welcher Mensch dabei verrät? Sicher nicht ein offenherziger, natürlicher, anständiger, gerechter und guter Mann, sondern ein listiger, undurchschaubarer, hinterlistiger, trügerischer, boshafter, verschlagener, böswilliger und verschmitzter Mann. Ist es etwa nicht schlimm, so viele Namen der Fehler und noch andere mehr zu erdulden? (58) Wenn die zu tadeln sind, die etwas verschwiegen haben, welche sind dann zu verurteilen, die im Gespräch Lügen verwendet haben? Als C. Canius, ein römischer Ritter, nicht plump und sehr schriftkundig, nach Syrakus zum Faulenzen ging, wie er selbst gewohnt war zu sagen, nicht wegen des Handeltreibens, wie er wiederholend zusammenfasste, dass er einen Park kaufen will, in den er Freunde einladen und ohne ungebetene sich unterhalten kann. Als das bekannt wurde, sagte Pythius, der eine Silbergrube in Syrakus betreibt, dass er keinen Park zum Verkaufen hat, erlaubte aber Canius, seinen Park zu benutzen, wenn er will und lud diesen Mann (Canius) gleichzeitig für den nächsten Tag zum Essen ein. Als jener zugesagt hatte, rief Pythius, der als Silberschmied in allen Schichten beliebt war, Fischer zu sich zusammen und verlangte von ihnen, am folgenden Tag vor seinem Park zu fischen, so viel sie wollen, sagte er. Kurz darauf kam Canius zum Essen; ein von Pythius reichliches zubereitetes Gastmahl, vor seinen Augen eine Menge Boote, jeder (Fischer) brachte so gut erkonnte, was er gefangen hat; die Fische wurden vor die Füße von Pythius geschleudert. (59) Da sagte Canius: „Ich frage, was ist das Pythius? So viele Fische? So viele Boote?“ Und jener antwortete: „Natürlich! Von diesem Ort bekommt Syrakus seine Fische, von hier holt man das wasser, sie können nicht auf diese Villa verzichten.“ Der begeisterte Canius bemühte sich mit Leidenschaft um Pythius, damit er verkaufe. Jener ist zunächst nicht begeistert. Was erzählen? Er erhielt es. Der leidenschaftliche und reiche mann kaufte so viel, wie Pythius wollte und er kaufte (auch) die Einrichtung. Er unterschrieb, er vollendete das Geschäft. Canius lädt seine Freunde zum nächsten Tag ein, kam selbst sehr früh, sah (aber) keine Spur von einem Boot. Er fragte seinen nächsten Nachbarn, ob nun irgendein Ruhetag der Fischer sei, weil er keinen sah. „Nicht dass ich wüsste“, sagte jener. 6

„Aber keine der Fischer kommen gewöhnlich her.“ (60) „Daher verwunderte es mich neulich, was geschehen war.“ Canius war verärgert, aber was brachte es? Noch hat C. Aquilius, mein Kollege und Freund, eine Abhandlung über arglistige Täuschung veröffentlich; als er gefragt worden war, was denn eine arglistige Täuschung sei, antwortet er: wenn etwas getan wird, indem es verstellt ist. Das ist sicherlich in der Tat besser gesagt, von einem erfahrenen Menschen der Definition. Also sind sowohl Pythius, als auch alle, die etwas anderes tun als sie vorgeben, ruchlos, ruchlos und boshaft. Folglich kann keine ihrer Taten nützlich sein, wenn sie mit so vielen Fehlern beschmutzt sind.

Interpretation Die Bücher „De officiis“ verfasste Cicero ungefähr ein Jahr vor seinem Tod. Er schrieb sie als Brief an seinen Sohn Marcus, der zu der Zeit in Athen studierte und sein Leben fern von der Heimat ausschweifend genoss, in der Hoffnung, dass er sich bessert.1 Cicero beginnt seine Ausführung in dem von mir bearbeiteten Teil mit einer These. Seiner Meinung nach ist alles, was schlecht ist, auf keinen Fall nützlich. Auch dann nicht, wenn man glaubt, dass es nützlich ist („[...] quod turpe sit, id numquam esse utile, ne tum quidem, cum id, quod utile esse putes[...]“.)2 Als nächstes merkt er an, dass es oft einen Widerspruch zwischen dem Nutzen und der Ehre gibt. Das heißt, was einem Nutzen bringt, bringt einem nicht unbedingt Ehre, weil die anderen Menschen keinen Vorteil davon haben und man sein Ansehen in der Gesellschaft verliert. Cicero allerdings ist der Meinung, dass man diesen Widerspruch aufheben kann und Nutzen und Ehre miteinander verbinden kann („[...] cum repugnare utilitas honestati videatur, ut animadvertendum sit, repugnetne plane an possit cum honestate coniungi.“; III,50) Das würde bedeuten, dass man ehrlich handelt und dass die anderen Menschen einem deswegen mit Respekt begegnen und auch in Zukunft mit einem handeln möchten, wovon man auf lange Sicht durch sichere Geldeinnahmen Nutzen hat. Auf der anderen Seite würden die anderen Menschen nicht mit einem handeln wollen, wenn man

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vgl. Atzert, Karl: Einleitung. Die Veranlassung des Werkes. In: Cicero. Vom pflichtgemässen Handeln. De officiis. Augsburg 1959. S,6 2 Das Zitat wurde entnommen aus dem dritten Buch von Ciceros Werk „De officiis“ ,Vers 49. Im Folgenden wird das dritte Buch mit einer römischen Drei und die Nummer des Verses mit der arabischen Zahl hinter dem Zitat abgekürzt.

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unehrlich war, um nicht noch einmal betrogen zu werden. So ist ehrlicher Handel möglich. Als Beispiel führt er einen alexandrinischen Getreidehändler an, der in Rhodos sein Getreide verkaufen will. Dieser Händler weiß, dass noch andere Getreidehändler nach Rhodos unterwegs sind ( vgl. III,50). Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Händler sagt seinen Kunden nicht, dass noch andere Händler unterwegs sind und verkauft sein Getreide teuer. Oder er sagt es seinen Kunden und verkauft sein Getreide nicht so teuer, damit die Kunden sein Getreide kaufen, bevor sie den Preis der anderen Händler wissen. Ersteres würde ihm viel Geld, aber keine Ehre einbringen, letzteres weniger Geld, dafür aber Ehre. Und die Kunden würden vielleicht auch als Dank für die Ehrlichkeit in Zukunft bei ihm kaufen. Somit würde er Ehre bekommen und auf lange Sicht Nutzen davon haben. Damit der Leser für sich leichter entscheiden kann, was besser ist, führt Cicero einen guten und weisen Mann, ein Ideal, an. Dieser Mann, wäre er der Getreidehändler, würde für sich erörtern, was gut und was schlecht ist. Dieser Mann würde den Rhodiern alles sagen, wenn er überzeugt ist, dass es gut ist, auch wenn er nicht völlig davon überzeugt ist, dass es schlecht ist, nichts zu sagen. Das heißt, er weiß, dass es für die anderen Menschen nützlich ist. Er weiß aber auch, dass es ihm Nutzen bringen würde, nichts zu sagen, denn dann hätte er mehr Geld. Trotzdem würde er es den Menschen sagen ( vgl. III,50). Somit wird deutlich, dass Cicero der Ansicht ist, dass alles, was den Mitmenschen Schaden zufügt oder Schaden zufügen kann, schlecht ist. Da Cicero aber nicht will, dass sein Sohn seine Meinung übernimmt, sondern sich eine eigene bildet, zitiert er eine Diskussion zwischen Antipater und seinem Schüler Diogenes, zwei bekannten Philosophen. Antipater ist der Meinung, dass ein Verkäufer dem Käufer alles sagen muss, auch wenn er keinen Nutzen davon hat („Antipatro omnia patefacienda, ut ne quid omnino, quod venditor norit, emptor ignorit“; III,51), da seiner Meinung nach jeder die Pflicht hat, seine Mitmenschen zu achten, damit die Gesellschaft erhalten bleibt („[...] cum hominibus consulere debeas et servire humanae societati[...]“; III,52). Diogenes ist anderer Meinung. Seiner Ansicht nach müssen nur Schäden der Sache, die jemand verkaufen will, bekannt gegeben werden, wenn es im Bürgerrecht festgelegt ist („Diogeni venditorem, quatenus iure civili constitutum sit, dicere vitia oportere[...]“;

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III,51), da jeder Käufer, weil er freiwillig kauft, selbst verantwortlich ist und nachfragen muss, ob die Sache, die er kaufen will, in Ordnung ist oder nicht („ Ubi enim iudicium emptoris est, ibi fraus venditoris quae potest esse?“; III,55). Außerdem ist Verheimlichen nur das eine. Wesentlich schlimmer ist lügen („ Quod si vituperandi qui reticuerunt, quid de iis existimandum est, qui orationis vanitatem adhibuerunt?“; III,58), da durch Lügen der Käufer betrogen wird, in einer Situation, in der er nicht mehr selbst verantwortlich ist, weil ihm Informationen gegeben wurden. Cicero schlägt sich mit einer Meinungsäußerung am Ende dieser Diskussion auf die Seite von Antipater. Er betont noch mal, dass man alles, was nicht ehrenhaft ist, nicht tun soll, obwohl es Nutzen bringen könnte. Wenn es aber nicht schlecht ist, bringt es Nutzen und dann sollte man dies tun („[...] sed ita expedire, ut turpe non sit, ex altera autem parte, ea re, quia turpe sit, non esse faciendum.“; III,53). Antipater vertritt die Meinung, dass der Verkäufer dem Käufer nicht absichtlich betrügen darf, da er seinen Mitmenschen auf diese Weise keinen Respekt zeigt. Diogenes dagegen meint, dass der Verkäufer die Schäden nicht explizit aufzählen muss („ Quid autem tam absurdum quam si domini iussi ita praeco praedicet: „domum pestilentem vendo“?“; III,55); der Käufer muss danach fragen („ Ubi enim iudicium emptoris est, ibi fraus venditoris quae potest esse?“; III,55). Lügen darf der Verkäufer dann aber nicht. So wie sich diese beiden über Ehre und Nutzen streiten, kommt es öfter vor, dass man darüber entscheiden muss, was besser ist („ Haec est illa, quae videtur utilium fieri cum honesti saepe dissensio.“; III,56). Aber Cicero will nicht, dass sein Sohn über dieses Thema nachdenkt, damit dieser nicht noch mehr Fragen im Kopf hat, sondern damit er weiß, was besser ist („ Quae diiudicanda sunt; non enim, ut quaereremus, exposuimus, sed ut explicaremus.“; III,56), und dann auch dementsprechend handelt. Cicero betont im weiteren noch mal, dass der Getreidehändler und der Hausverkäufer den Käufern nichts hätten verschweigen dürfen, um davon einen Nutzen zu haben(„ [...] sed cum, quod tu scias, id ignorare emolumenti tui causa velis eos, quorum intersit id scire.“; III,57), weil es den Käufern schadet und das sich nicht gehört. Als nächstes beschäftigt sich Cicero mit dem absichtlichen Betrug. Hierfür gibt er zunächst das Beispiel von Canius und Pythius an. Canius möchte einen Park kaufen, um in Ruhe feiern zu können. Niemand kann ihm einen Park verkaufen, doch Pythius bietet ihm an, seinen Park zu nutzen. Er lädt ihn zum folgenden Tag zum Essen ein. Am Abend bittet Pythius viele Fischer, am nächsten Tag in dem Gewässer seines Parks zu 9

fischen. Diese tun das dann auch. Als Canius am nächsten Tag kommt und Pythius fragt, warum so viele Fischer hier fischen, antwortet Pythius, dass der ganze Bedarf an Fischen und Wasser durch sein Anwesen gedeckt wird. Canius sieht einen Chance, reich zu werden, und will das Haus mit allem, was dazu gehört, kaufen. Pythius willigt in den Kauf ein. Als Canius am darauffolgenden Tag kommt, arbeitet kein einziger Fischer auf dem See. Auf seine Frage antwortet der Nachbar, dass nie Fischer in dem Gewässer angeln (vgl. III,58-60). Pythius hat Canius also betrogen. Und das mit Absicht. Um deutlich zu machen, was ein „dolus malus“, eine arglistige Täuschung, ist, damit sein Sohn sie erkennt und umgeht, versucht er eine Definition zu finden. Dazu zitiert er seinen Freund und ehemaligen Praeturkollege C. Aquilius, den er als Autorität anerkennt( „[...] ut ab homine perito definiendi.“; III,60), der das Problem sehr treffend formuliert hat („ Hoc quidem sane luculente,[...].“; III,60). Dieser sagt, dass arglistige Täuschung ist, wenn jemand vorgibt, etwas zu tun, in Wirklichkeit aber etwas anderes tut („ [...]cum esset aliud simulatum, aliud actum.“; III,60). Das heißt, arglistige Täuschung ist absichtlicher Betrug. Zum Schluss zieht er noch ein Fazit zu den Beispielen, die er angebracht hat. Er sagt, da die in den Beispielen genannten Männer so viele Fehler machen und so viele schlechte Eigenschaften haben, kann ihr Handeln keinen Nutzen bringen („Nullum igitur eorum factum potest utile esse, cum sit tot vitiis inquinatum.“; III,60). Cicero ist also der Ansicht, dass man, wenn man Handel treibt, im Sinne seiner Mitmenschen handeln soll und nicht egoistisch, also zum eigenen Nutzen. Nur dann handelt man ehrlich und hat Ehre verdient. Und Cicero sagt das nicht einfach so, er macht es auch vor. Frau Brülls, meine Lateinlehrerin, meinte im Unterricht, als Cicero Quästor in Sizilien war, habe er im Gegensatz zu einigen anderen Quästoren seine Machtstellung nicht ausgenutzt, sondern sein Amt im Sinne der Inselbewohner ausgeführt. Deshalb hätten sie ihn gebeten, sie im Prozess gegen Verres als Kläger zu vertreten.

Die Mittel, die Cicero verwendet, um seine Intention deutlich zu machen Cicero will den Leser dazu bringen, einzusehen, dass man nur dann einen Nutzen hat, wenn man zum Nutzen der Mitmenschen und nicht für den eigenen Nutzen handelt.

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Um unehrenhaftes Handeln zu veranschaulichen, benutzt er drei Beispiele. So kann sich Marcus vielleicht besser mit den Themen beschäftigen und darüber nachdenken und ändert vielleicht seine Meinung. Das erste Beispiel behandelt das Ausnutzen zum eigenen Nutzen, das zweite Verschweigen von Mängeln und das dritte schließlich den absichtlichen Betrug. In den Beispielen ist eine Steigerung zu erkennen. Beim ersten Beispiel ist der Schaden der Opfer recht gering, beim zweiten schon etwas größer und beim dritten Beispiel ist der Schaden der Opfer sehr groß. Denn Canius hat sehr viel Geld für das Anwesen ausgegeben, vielleicht sogar alles, was er hatte, und hat somit nichts und bekommt auch nichts. Auf der anderen Seite ist auch eine abfallende Klimax zu erkennen, da die Ehrlichkeit der genannten Händler mit jedem Beispiel abnimmt. Durch die Steigerung der Beispiele, steigert sich auch der gesamte Inhalt seiner Ausführung. Im ersten Beispiel haben die Kunden und auch die Leser von Ciceros Ausführung Zweifel, ob das Handeln des Händlers richtig ist. Im zweiten Beispiel ist ihnen bewusst, dass das Handeln des Händlers falsch war und im dritten Beispiel lehnen sie das Handeln ab, weil Pythius Canius absichtlich betrogen hat und absichtlicher Betrug schlimm ist. So verwandelt sich der anfängliche Zweifel der Leser in Ablehnung des Verhaltens der in den Beispielen angeführten Personen. Außerdem benutzt Cicero rhetorische Fragen. Auf diese Fragen erwartet er keine Antwort, da sich die Fragen aus dem Kontext heraus selber beantworten. Diese Fragen, zum Beispiel: „ Quod si vituperandi qui reticuerunt, quid de iis existimandum est, qui orationis vanitatem adhibuerunt?“(III,58), verdeutlichen Ciceros Meinung, indem durch das Stellen der Frage klar wird, dass die Antwort richtig ist und jeder das annehmen muss. Die Ausführung besteht aus drei großen Abschnitten, wie an den drei Beispielen zu erkennen ist. Diese Abschnitte beginnen jeweils mit einer These, dann folgt ein Beispiel und zum Schluss zitiert Cicero ein Teil der Diskussion zwischen Antipater und Diogenes. Dieses Zitieren beruht auf dem dialogisch- dialektischem Prinzip, das in einer Dialogform stattfindet und gleichzeitig auch die Antithese erwähnt, um diese dann indirekt zu widerlegen, weil sie erwähnt wurde. Außerdem sollen die Zitate dem Leser zeigen, dass auch bekannte Philosophen wie Antipater, die für Cicero eine Autorität darstellen, der gleichen Meinung wie Cicero selbst sind und dass dadurch die Meinung über Betrug nicht nur die eines einzelnen ist. Was Marcus dazu bringen könnte, ernsthaft darüber nachzudenken 11

Vergleich mit eigenen Erfahrungen Cicero sagt, dass man nie so handeln soll, dass die Mitmenschen zu Schaden kommen können. Man soll seinen Nächsten Respekt zeigen. Nach der Ethik des Christentums würde das bedeuten, dass man im Sinne der Nächstenliebe handeln soll, das bedeutet, dass man seinen Nächsten wie sich selbst lieben soll und ihn so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden möchte. Doch ist in der heutigen Zeit ein Handel im Sinn der Nächstenliebe und somit ein ehrlicher Handel überhaupt möglich? Die Preise klettern, unter anderem auch durch die erhöhte Mehrwertsteuer, in die Höhe. Die Löhne dagegen bleiben gleich oder sinken. Durch die hohe Arbeitslosigkeit müssen viele Menschen sogar von Hartz IV leben. Auf Grund dessen sind viele Leute zwangsweise dazu verpflichtet, Preise und Leistungen zu vergleichen und soviel es geht zu sparen. Daher kaufen sie meist das billigste. Nur recht wenige Menschen achten auch darauf, dass die Produkte, die sie kaufen, aus einem ehrlichen Handel stammen. So ein ehrlicher Handel ist zum Beispiel TransFair. Dadurch erhalten auch die Bauern aus der dritten Welt einen kleinen Lohn und werden nicht völlig ausgebeutet. Da das vielen aber durch eine schlechte finanzielle Lage nicht möglich ist, müssen sie billige Produkte aus unehrlichem Handel kaufen. Durch den Handel mit diesen Produkten werden zum Beispiel Kaffeebauern aus Afrika ausgebeutet. Sie müssen sehr viele Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche arbeiten und bekommen so gut wie kein Geld dafür. Mit Nächstenliebe hat das nichts mehr zu tun. Aber nicht alle Menschen können sich Produkte aus ehrlichem Handel, die teurer sind, leisten. Bei Bioprodukten ist es ähnlich. Diese sind meist teurer als herkömmliche Produkte und werden deswegen nicht so häufig gekauft. Manche Firmen weisen ihre Produkte fälschlicherweise als Bioprodukte aus, obwohl sie aus chemischen Stoffen hergestellt worden sind, damit sie etwas teurer verkauft werden können, um dann den Firmen mehr Geld einzuspielen. Das hat etwas mit dem Konkurrenzkampf zu tun. Das Prinzip der freien Marktwirtschaft ist darauf ausgelegt, dass zwischen den Händlern ein Konkurrenzkampf besteht. Jeder von ihnen strebt danach, auf dem Markt bestehen zu können, und versucht so, seine Produkte möglichst so zu verkaufen, dass möglichst viel Gewinn dabei erzielt wird. 12

Deshalb sind alle Händler bestrebt, ihre Ware anzupreisen, damit sie von den Kunden gekauft wird. Das führt unter anderem dazu, dass zum Beispiel Gammelfleisch verkauft wird, dessen Haltbarkeitsdatum schon lange abgelaufen ist und trotzdem verkauft wird. Oder auch dass saure Milch verkauft wird. Wenn man Einzelstücke verkaufen will, zum Beispiel bei eBay, dann muss man die Sachen in ein positives Licht rücken, damit die Leute heutzutage kaufen. Denn fast jeder überlegt heutzutage, ob, und wenn ja, wie viel Geld er ausgibt. Um dann nicht den Konkurrenzkampf zu verlieren, vertuschen Händler Schäden, wie der Mann mit dem schadhaften Haus aus einem von Ciceros Beispielen. Die Verbraucher müssen entscheiden, ob sie Produkte aus ehrlichem Handel kaufen und etwas mehr Geld ausgeben, oder ob sie lieber billige Produkte kaufen, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie aus anderen Stoffen hergestellt sind, als auf der Verpackung zu lesen ist. Ersteres wäre im Sinne der Nächstenliebe und auch im Sinne von Cicero. Letzteres dagegen wäre zwar wirtschaftlicher, aber im Sinne Ciceros und der Nächstenliebe unehrenhaft. Doch aufgrund der finanziellen Situation vieler Menschen ist heute ein ehrlicher Handel im Sinne Ciceros nicht vollständig möglich, da nicht alle Menschen diesen Handel praktizieren können, Handel heutzutage global geführt wird und der Staat, zum Beispiel durch die Mehrwertsteuer, Einfluss in die Wirtschaft nimmt. Am schlimmsten ist der absichtliche Betrug. Dieser Meinung ist auch Cicero, wie er durch das Beispiel von Pythius und Canius deutlich gemacht hat. Ich habe absichtlichen Betrug einmal erlebt, als ich mit meiner Familie in New York war. Wir waren dort angekommen und wollten mit dem Taxi zum Hotel fahren. Ein Taxifahrer eines schwarzen Taxis hat uns angesprochen und wollte uns zu unserem Hotel fahren. Da wir ziemlich hilflos waren, sind wir mit ihm mitgefahren. Am Ende wollte er von uns siebenundachtzig Dollar, obwohl wir nur hätten fünfundzwanzig bezahlen müssen. Wir haben uns ausgebeutet und ausgenutzt gefühlt. Man fragt sich, wenn man weiß, dass man betrogen wurde, was man falsch gemacht hat und warum gerade man selbst betrogen wird. Die Antwort auf diese Fragen ist, dass man das Pech hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, denn an absichtlichem Betrug ist nur der Betrüger schuld. Den Schaden müssen aber andere tragen.

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Beim absichtlichen Betrug handelt jemand mit dem Vorsatz zum eigenen Vorteil und zum Schaden der Kunden zu handeln. Diese Art zu handeln widerspricht der Nächstenliebe und auch Ciceros Meinung zum ehrlichen Handel vollständig, weshalb diese Art schlimm ist. Außerdem ist der Betrüger sich die ganze Zeit über bewusst, welche Tat er begeht. Deswegen ist absichtlicher Betrug der schlimmste Betrug überhaupt. Und diese Aussage kann sowohl zur Zeit Ciceros, wie auch in der heutigen Zeit angewendet werden.

Fazit Zusammenfassend kann man sagen, dass nach Cicero ein ehrlicher Handel ist, wenn man so handelt, dass die Mitmenschen keinen Schaden dabei erleiden müssen. Handelt man so, gibt es auch keinen Widerspruch mehr zwischen Handel und Ehre, da man aufgrund eines Handels im Sinne der Mitmenschen Ehre von den anderen Menschen erwiesen bekommt. Man kann Ciceros Definition von ehrlichem Handel auch auf die heutige Zeit übertragen. Cicero definiert ehrlichen Handel als ein Ideal, das nur selten erreicht wird, sowohl damals als auch heute, da es nur dann erreicht werden kann, wenn man auf die beschriebene Art und Weise handelt. Und leider gibt es immer Menschen, die nur an sich denken und nur zu ihrem Nutzen handeln, da diese egoistische Charakterzüge aufweisen und sich für wertvoller als andere Menschen halten, zum Beispiel arme Menschen in der dritten Welt, die keinen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung haben. Die egoistischen Menschen nutzen die armen, hilflosen Menschen aus. Das ist eine großes Problem der Globalisierung. Denn dadurch gibt es die Möglichkeit, Handel mit Ländern der dritten Welt zu führen. Doch es kommt, wie gesagt, zur Ausbeutung der Armen, die von manchen Menschen als wertlos angesehen werden, weswegen einige Menschen Gegner der Globalisierung sind. Weil diese Art zu Handeln aber nicht mehr der Ehrlichkeit entspricht, ist es Aufgabe der Politik und aber auch aller Menschen, dem entgegen zu steuern.

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Quellen- und Literaturangabe Brockhaus: Brockhaus. In drei Bänden. Sonderausgabe Mannheim, Augsburg 2000. Band 1 A- GOZ, Band 2 GP-PHNOM Cicero: De officiis. Vom pflichtgemäßen Handeln. Lateinisch/ Deutsch. Stuttgart 1976 Cicero: Vom pflichtgemässen Handeln. De officiis. Augsburg 1959 Joseph, Stowasser: Stowasser. Lateinisch- deutsches Schulwörterbuch. Wien, München 1994

Versicherung über die selbstständige Anfertigung der Arbeit Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Hilfe Dritter angefertigt habe, alle von mir angeführte Literatur als solche kenntlich gemacht habe und belegt habe.

Schochwitz, 30.03. 2008

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