DRG-Akzeptanz verbessern

5/2006 Klinische Leistungsgruppen Prof. Dr. Norbert Roeder/Dr. Ludwig Siebers/Michael Frie/ Dr. Holger Bunzemeier DRG-Akzeptanz verbessern Kliniker...
Author: Jonas Baumhauer
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5/2006

Klinische Leistungsgruppen

Prof. Dr. Norbert Roeder/Dr. Ludwig Siebers/Michael Frie/ Dr. Holger Bunzemeier

DRG-Akzeptanz verbessern Kliniker erreichen mit klinischen Leistungsgruppen Für die transparente und übersichtliche Darstellung der diagnostischen und therapeutischen Leistungen eines Krankenhauses zum Zwecke der Planung, Überwachung und Steuerung derselben, bedarf es einer überschaubaren Anzahl von Leistungsgruppen, die insbesondere aus klinischer Sicht auch leicht zu überblicken sind. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die inzwischen 954 Fallgruppen des G-DRG-Systems hierfür nicht gut geeignet sind, da DRGs als medizinökonomische Leistungsgruppen den Leistungsvorstellungen klinisch tätiger Ärzte nicht gerecht werden können. In der Folge leidet die Akzeptanz der DRG-basierten Darstellung des Leistungsspektrums bei den am Patienten tätigen Ärzten, aber auch bei Krankenhausmanagern und Kostenträgern. Die jährlichen Veränderungen des DRG-Katalogs erschweren darüber hinaus Zeitreihenvergleiche. Um die Akzeptanz der als Folge der veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen verstärkt notwendigen Planung und Steuerung von medizinischen Leistungen zu verbessern, wurde zur Ergänzung der DRG-Fallgruppen in Münster ein überschaubares klinisches Leistungsdarstellungssystem entwickelt, welches einen praxisorientierten Überblick ermöglicht, der sowohl von Ärzten als auch von der Krankenhausleitung zur Planung, Weiterentwicklung und Überwachung des Leistungsportfolios genutzt werden kann. Als Folge der Einführung eines fallpauschalierten Vergütungssystems stehen bei den jährlichen Leistungs- und Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern nun Leistungsmengen und Leistungsarten statt Budgets im Mittelpunkt. Die den Verhandlungen zugrunde liegende Leistungsplanung findet zurzeit in den meisten Krankenhäusern auf der Basis von DRGs statt. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass DRGs als rein medizinökonomische Leistungsgruppen leider nicht die Anforderungen erfüllen, die an ein Instrument zur transparenten und für alle Beteiligten nachvollziehbaren Darstellung klinischer Fallgruppen zu stellen sind und daher auf dieser Basis zumindest mit den Klinikern kaum geplant werden kann.

Besondere Schwächen zeigen DRGs 1. bei der Leistungsplanung und -steuerung aus klinischer Sicht, 2. bei der Darstellung, Überwachung und Verbesserung der medizinischen Qualität, 3. bei der Gesundheitsberichterstattung und Bedarfsplanung für Krankenhausleistungen und

390

4. beim Vergleich des medizinischen Leistungsspektrums verschiedener Krankenhäuser (Benchmark).

Wahrscheinlich aus diesen Gründen ist es in vielen Krankenhäusern bisher kaum gelungen, die Kliniker für die DRG-Klassifikation zu begeistern und sie damit zu erreichen. Angesichts der hohen Komplexität des Systems verursacht die Einarbeitung in die DRG-Systematik einen erheblichen Zeitaufwand, der bei der zum Teil bereits sehr starken Arbeitsbelastung häufig eine hohe Hürde darstellt. Es ist jedoch unverzichtbar, dass sich Ärzte mit der Planung, Überwachung und Steuerung ihres Leistungsangebotes konstruktiv auseinandersetzen, damit auf dieser Grundlage gemeinsam mit den Ökonomen Strukturen und Prozesse so ausgestaltet werden können, dass auch künftig medizinisch hochwertige Leistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen zum Nutzen für die Patienten angeboten werden können. Dazu ist es auch notwendig, dass auf einer für alle Beteiligten nachvollziehbaren Basis Zielvereinbarungen hinsichtlich der zu erbringenden Leistungsmengen und -arten getroffen und eingehalten werden.

Leistungsplanung und -steuerung über DRGFallgruppen? Mit der Einführung des DRG-Systems in Deutschland wurde das Ziel verfolgt, die stationären Leistungen der Krankenhäuser transparent darzustellen, sie vergleichbar zu machen und auf dieser Basis eine leistungsgerechte Vergütung sicherzustellen. Von der durch die DRGs erreichten Transparenz versprachen sich alle Beteiligten insbesondere auch verbesserte Möglichkeiten zur Planung von Krankenhausleistungen und zur Darstellung der leistungsbezogenen Qualität. Das deutsche G-DRG-System befindet sich noch in einem erheblichen Anpassungsprozess, der jährlich zu tief greifenden Veränderungen der Systematik und der Fallgruppenstruktur führt. Daher ist es sehr schwierig, jahresübergreifend Zeitreihenvergleiche zur Leistungsentwicklung auf DRG-Basis zu erstellen. Häufig müssen die Daten aus den Vorjahreszeiträumen durch eine Nachkodierung aufbereitet werden, um sie für die aktuelle DRG-Systematik zur Gruppierung vorzubereiten. Eine Krankenhausplanung auf der Basis von DRG-Fallgruppen ist ebenfalls schwierig. Hierfür wäre es notwendig, zum Beispiel den bevölkerungsbezogenen Bedarf an Hüftendoprothetik zu kennen und zu planen, ohne sich in den vielen verschiedenen DRG-Definitionen für diesen Eingriff zu verlieren.

Klinische Leistungsgruppen Nach mehrjähriger Erfahrung mit den G-DRGs muss leider festgestellt werden, dass das Ziel der Herstellung von Transparenz zumindest für Leistungsbeschreibungen aus medizinischer Perspektive mit der DRG-Einführung nur teilweise erreicht wurde. Die G-DRGs in der aktuellen Version 2006 sind zum großen Teil ausgezeichnet geeignet, um die Leistungen der deutschen Krankenhäuser nach Aufwandskriterien darzustellen und zu vergüten. Sie bilden jedoch keine Basis für eine Planung und Steuerung von Leistungen aus klinischer Sicht und erst recht keine Basis für Zwecke der Qualitätsdarstellung und Qualitätsverbesserung. Ursächlich dafür sind einerseits die Aggregation unterschiedlichster medizinischer Leistungen in einer DRG, andererseits die Streuung klar definierbarer medizinischer Leistungen auf unterschiedlichste DRGs. Diese Aggregation unterschiedlichster Leistungen auf der Ebene einer DRG kann exemplarisch an der DRG F24B „Implantation eines Herzschrittmachers, Zwei-Kammersystem oder perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit perkutaner Angioplastie, ohne äußerst schwere CC“ dargestellt werden. Wie am Titel der DRG abzulesen ist, beinhaltet sie sowohl Fälle mit Implantation eines Herzschrittmachers als auch Fälle mit perkutan-transluminalen Koronarinterventionen. Für das Krankenhaus ist die Fallzahl innerhalb dieser DRG sowohl für die medizinische als auch für die ökonomische Planung nicht verwertbar, da unterschiedlichste Fallspektren mit sehr differenten Sachkostenanteilen in derselben DRG nach dem Kriterium einer Gesamtkostenhomogenität zusammengefasst werden. Eine weitere Schwierigkeit der Leistungsplanung über DRG-Fallgruppen besteht darin, dass durch die Beatmungs-DRGs der Prä-MDC zahlreiche Fälle vor Zuordnung zu einer organ- bzw. eingriffsspezifischen DRG abgefangen werden. Die Fälle der Prä-MDC-Beatmungs-DRGs entziehen sich vollständig einer zweckmäßigen Leistungspla-

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nung, weil das gruppierungsrelevante Kriterium Beatmungszeit keine planbare Leistung ist und sich darüber hinaus in diesen DRGs unterschiedlichste Behandlungsfälle verbergen. Neben der Prä-MDC-Zuordnung lässt sich die Streuung von Fällen eines Leistungsbereiches auf unterschiedlichste DRGs auch in zahlreichen anderen Konstellationen aufzeigen. Beispielhaft ist dies an der Leistung Hüftendoprothetik darstellbar. Die Implantation oder der Wechsel einer Hüftendoprothese verteilen sich im G-DRGSystem 2006 auf 7 primäre „Hüft-DRGs“ (Abbildung 1). Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass sich in Abhängigkeit von Sekundärkriterien wie die Beatmungszeit, der intensivmedizinische Aufwand oder die Hauptdiagnose die Hüftendoprothetik auch noch auf unterschiedliche PräMDC-DRGs und auf die Fehler-DRGs verteilen kann. Eine ähnliche Situation findet sich bei den Frühreha-DRGs, die operierte oder nicht operierte Fälle ausschließlich nach dem Kriterium der Frührehabilitation in jeweils einer DRG innerhalb einer MDC zusammenfassen, ohne zwischen den unterschiedlichen Behandlungen der eigentlichen Erkrankung zu differenzieren. Wird zum Beispiel in einem Krankenhaus nach einer Hüftendoprothetik regelmäßig auch die Frührehabilitation gemäß den Kriterien der gruppierungsrelevanten OPS-Kodes durchgeführt, ist der Primäreingriff aus den resultierenden Frühreha-DRGs nicht ableitbar. Damit ist die eigentliche chirurgische Leistung für den Zweck der Planung, Steuerung und Präsentation der Leistungen nicht darstellbar. Also ist es fast unmöglich, auf DRG-Ebene die genaue Anzahl der zu implantierenden Hüftgelenke zu planen und zu überwachen. Gleiches gilt für andere klar definierte chirurgische und internistische Leistungskomplexe. Gerade Leistungen wie die Hüftendoprothetik gehören jedoch zu den plan- und steuerbaren Leistungen und sind aufgrund des hohen Sachkostenanteils einerseits von den Kranken-

Abbildung 1: DRGs, die Hüftendoprothetik enthalten (Langzeitbeatmung und Fehler-DRGs noch nicht berücksichtigt)

I01Z Beidseitige Eingriffe oder mehrere große Eingriffe an Gelenken der unteren Extremität mit komplexer Diagnose

I03Z

I05Z

I08A

Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes mit komplizierender Diagnose oder Arthrodese […]

[…] Ersatz des Hüftgelenkes ohne komplizierende Diagnose, ohne Arthrodese, ohne komplexen Eingriff, mit äußerst schweren CC

Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, mit komplexer Prozedur oder Diagnose und mit äußerst schweren CC

I46Z

I47Z

I48Z

Prothesenwechsel am Hüftgelenk

Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes ohne komplizierende Diagnose, ohne Arthrodese, mit komplexem Eingriff, ohne äußerst schwere CC

Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes ohne komplizierende Diagnose, ohne Arthrodese, ohne komplexen Eingriff, ohne äußerst schwere CC

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Klinische Leistungsgruppen

Abbildung 2: Definition einer Leistungsgruppe am Beispiel Endoprothetik

Keine Zuordnung

In einem ausschließlich auf DRGs basierenden Bericht müsste sich zum Beispiel ein Orthopäde seine Falldaten Leistungszahlen zu der Hüftendonach § 21 prothetik aus den unterschiedliOPS Titel chen DRGs „zusammensuchen“. Osteosynthese von Knochen: Durch internes 5-786.j Das klinische LeistungsklassiVerlängerungs- oder Knochentransportsystem Implantation Endoprothese Hüftgelenk 5-820* fikationssystem dagegen definiert Wechsel Endoprothese Hüftgelenk 5-821.[1-6,f,x]* Endoprothetik eindeutig und stellt Implantation Endoprothese am Kniegelenk 5-822* Wechsel Endoprothese Kniegelenk nein 5-823.[1-5]* den Leistungsbereich in einer für Implantation Endoprothese obere Extremität 5-824* Endoprothetik? den Kliniker verständlichen und Wechsel Endoprothese obere Extremität 5-825[1-6]* Implantation Endoprothese untere Extremität 5-826* nachvollziehbaren Form dar. Die Wechsel Endoprothese untere Extremität 5-827[1-3]* Leistungen und die leistungsreja Implantation, Wechsel Knochenteilersatz und 5-828[0,1,3,4,]* Knochentotalersatz levanten Kennzahlen einer FachImplantation oder Wechsel Tumorendoprothese 5-829.c abteilung oder des gesamten Implantation oder Wechsel von modularen 5-829.d Endoprothesen Krankenhauses werden in diesem System also nicht mehr primär Zuordnung zur Leistungsgruppe über DRGs, sondern komplett Endoprothetik über die klinischen Leistungsgruppen dargestellt. Grundlage häusern, andererseits aber auch von den Kostenträgern für das hier vorgestellte Leistungsklassifikationssystem sind genau zu beobachten. Die Leistungsplanung muss sich die im Krankenhaus dokumentierten ICD- und OPS-Kodes aus ärztlicher Sicht über einen inhaltlich klar definierten für Diagnosen und Prozeduren sowie weitere aus der klinischen Leistungsbereich erstrecken. Routinedokumentation verfügbare Daten. Zur Darstellung der Leistungen einer Fachabteilung reichen in der Regel 15 ☛ Da aus vielen DRGs das darin abgebildete klinische bis 20 Gruppen aus. Eine Beschränkung auf maximal 20 Fallkollektiv nicht hinreichend abgeleitet werden kann, eig- Leistungsgruppen gewährleistet eine gute Übersichtlichkeit nen sich diese nur sehr eingeschränkt für die Leistungs- und lässt Leistungsveränderungen auf einen Blick deutlich planung und -steuerung. DRGs stellen eine Differenzierung werden. des Fallspektrums in ökonomisch homogene Gruppen mit dem Schwerpunkt Aufwandsbewertung und Leistungsver- Für 25 Betten führende Fachabteilungen des Universitätsgütung dar, die aber weder für die Qualitätsdarstellung und klinikums Münster sind so etwa 200 Gruppen entstanden, -berichterstattung noch für die Leistungsplanung oder für die es erlauben, das vielseitige Leistungsspektrum eines ein multizentrisches Leistungsbenchmarking aus klinischer Maximalversorgers in medizinisch nachvollziehbare BereiPerspektive gut verwendbar sind. che zu gliedern. Für Krankenhäuser, die weniger Fachabteilungen betreiben (zum Beispiel nur Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie), genügt eventuell schon eine Differenzierung des Leistungsgeschehens in etwa 40 bis 50 klinische Gruppen. Dieses Leistungsklassifikationssystem Um einheitliche, planbare und für den Kliniker nachvollzieh- ist von den verschiedenen Versionen des DRG-Systems bare Leistungsgruppen zu definieren, müssen Fälle unab- unabhängig und geeignet, Leistungsentwicklungen über hängig von DRGs in klinisch orientierten Leistungsgruppen mehrere Jahre hinweg zu vergleichen. zusammengefasst werden. Hierzu wurde ein klinisches Leistungsdarstellungssystem entwickelt, welches DRG- „Geschäftsgrundlage“ für diese Systematik ist, dass jeder unabhängig ist und die Ansprüche der Kliniker an eine Dar- Fall nur genau einer Leistungsgruppe zugeordnet wird. stellung ihrer Leistungen erfüllt. Basis des hier beschriebe- Dies gilt auch für Fälle, die den auf ICD- und OPS-Basis nen klinischen Leistungsgruppensystems ist der Datensatz festgelegten Definitionskriterien mehrerer Gruppen entnach § 21 KHEntgG, den jedes Krankenhaus problemlos aus sprechen würden. Um eine eindeutige Zuordnung sicherseinem Klinikinformationssystem (KIS) exportieren kann. In zustellen, müssen die Leistungsgruppen nach einer vorgediesem Datensatz sind alle Diagnosen, Prozeduren und in- gebenen Hierarchie abgefragt werden, die so aufgebaut ist, ternen Fachabteilungsverlegungen eines Patienten enthal- dass zunächst komplexe Leistungsbereiche und danach in ten. Die Verwendung dieses standardisierten Datensatzes absteigender Reihenfolge weniger komplexe bzw. konsermacht es möglich, ohne großen Aufwand eine Auswertung vative Gruppen abgefragt werden. Abbildung 2 zeigt beider klinischen Leistungsgruppen unterschiedlicher Kranken- spielhaft die Definition der Leistungsgruppe Endoprothetik, häuser durchzuführen und diese in einem von der DRG-Re- die auf OPS-Kodes basiert. search-Group am Universitätsklinikum Münster entwickelten Benchmarking zu vergleichen. Dieses System fußt ebenso Für die einer klinischen Leistungsgruppe zugeordneten wie das DRG-System auf Diagnosen, Prozeduren und ande- Fälle werden wiederum DRGs und effektive Bewertungsren Patientenvariablen und ordnet im Rahmen eines Grup- relationen sowie verschiedenste weitere Kennzahlen ermitpierungsprozesses die Behandlungsfälle nach hierarchisch telt. Daraus ergibt sich ein Gesamt-Casemix (CM) für eine aufgebauten klinisch orientierten Leistungsgruppen. Was un- klinische Leistungsgruppe, der den Anteil dieses Leistungssegmentes am Gesamt-Casemix eines Krankenhauterscheidet diese Leistungsgruppen von DRGs?

Innovation in der Leistungsdarstellung: Klinische Leistungsgruppen

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Klinische Leistungsgruppen

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Abbildung 3: Überblick über die Fallzahl- bzw. Casemix-Entwicklung einer Abteilung dargestellt nach klinischen Leistungsgruppen

Restgruppe (nicht operativ)

Biopsien

Restgruppe mit operativem Eingriff

Gesamt

Metallentfernungen

Arthroskopische Eingriffe

WirbelsäulenEingriffe

Endoprothetik

Frakturversorgung Knochenchirurgie

den. Da in den meisten Krankenhäusern eine Verlegung der Patienten zwischen den Leistungsentwicklung am Beispiel Orthopädie Fachabteilungen nicht die Regel ist, ist eine Leistungspla60 nung auf Fachabteilungsebe48,0 50,28 ne oder auch auf der Ebene 50 von Zentren zu empfehlen. Zur 40 standardisierten Fachabteilungszuordnung wurde ein Al30 27 gorithmus entwickelt, der so20,3 wohl für Maximalversorger mit 20 20 zahlreichen Fachabteilungen 11 als auch für kleinere Kranken9 9,9 7 7,1 10 häuser eine nachvollziehbare 3,0 4 3 und verlässliche Zuordnung 0 der Fälle zu Leistungsplanungs- und zu Leistungsüber-10 wachungszwecken ermög-11 -11,0 -13,0 -16 licht. Hauptkriterien sind dabei -20 -14,0 das Vorliegen eines operativen Fälle Case-Mix Eingriffs bzw. die längste Verweildauer in einer Fachabteises bzw. einer Fachabteilung ausdrückt. Ebenso wird ein lung. Dazu kommen Ausnahmeregelungen, die eine korrekCasemix-Index (CMI) errechnet, der den durchschnittlichen te Zuordnung von Sonderfällen (Polytrauma, KMT, NeugeErlös für einen Fall einer Leistungsgruppe angibt. Einen borene, Defibrillatoren etc.) sicherstellen. Über diesen AlÜberblick über die Fallzahl- bzw. über die Casemix-Ent- gorithmus wird die Gesamtleistung nur einer einzigen wicklung einer Abteilung vermittelt Abbildung 3. Hauptfachabteilung zugewiesen, auch wenn der Patient während des Aufenthaltes intern verlegt wurde. Ausgehend von den so definierten Gruppen werden die DRGs und die einzelnen Fälle aus den Leistungsgruppen mit allen notwendigen Kennzahlen dargestellt. Abbildung 4 enthält einen Auszug aus einer Leistungsdarstellung nach Zur Darstellung der ökonomischen Wertigkeit von Behanddiesem System. In der höchsten Aggregationsstufe sind lungsfällen wird in der Regel der Casemix (Summe der die Leistungen der gesamten Fachabteilung (zum Beispiel Bewertungsrelationen) herangezogen. Dieser spiegelt nach der Orthopädie) mit wichtigen Kennzahlen dargestellt. In Multiplikation mit dem Basisfallwert des Krankenhauses der zweiten Ebene werden die einzelnen Leistungsbereiche den Gesamterlös der Fälle wider. Bei dieser Betrachtungs(zum Beispiel die Endoprothetik) – wiederum anhand einer weise wird oft vernachlässigt, dass sich der Gesamterlös klinischen Einteilung – weiter differenziert (Abbildung 5), aus unterschiedlichen Erlösanteilen zusammensetzt. Bei den Kosten, die den Erlösberechnungen der unterschiedwenn dies notwendig erscheint. lichen Fallpauschalen zugrunde liegen, können im WesentZusätzlich erfolgt die Darstellung der zusatzentgeltfähigen lichen Personal- und Sachkosten bzw. Kosten für die meLeistungen, die genauso wie die fallbezogenen Gesamtleistungsdarstellungen Abbildung 4: Übersicht über das Fachgebiet Orthopädie gemonitort werden müssen. Ein ProMittlere Mittlere blem bilden noch die Neuen Untersu- Leistungsspektrum Fälle Casemix CMI VWD VWD (nach Differenz chungs- und Behandlungsmethoden (Inlier) Katalog) (NUB), da diese nicht immer nach OPS 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 Fälle eff. CM kodierbar sind und sich damit der Ana- Endoprothetik 42 49 158,6 178,9 3,777 3,651 14,9 14,1 18,0 18,8 7 20,3 lyse entziehen. Dies ist bei der InterpreWirbelsäulen-Eingriffe 30 41 102,1 150,0 3,402 3,659 11,4 12,0 16,9 18 11 48,0 tation der Ergebnisse zu berücksichtigen, wenn NUBs im betrachteten Kran- Frakturversorgung Knochenchirurgie 23 26 63,0 49,0 2,739 1,885 11,8 9,2 14,0 13,6 3 -14,0 kenhaus eine Rolle spielen.

Darstellung der Sachkostenanteile

Ermittlung des Hauptbehandlers Abhängig davon, wie das Berichtswesen eines Krankenhauses aufgebaut ist, kann die Leistungsplanung auf der Ebene von Fachabteilungen, von Zentren oder des Gesamthauses aufgebaut wer-

Arthroskopische Eingriffe

47

31

41,1

28,1 0,874 0,905

4,0

5,2

5,4

6,1

-16 -13,0

Metallentfernungen

18

7

15,1

4,1 0,838 0,584

5,9

5,2

5,6

6,2

-11 -11,0

Restgruppe mit operativem Eingriff

15

19

22,0

29,1 1,468 1,531

9,1

9,0

11,1

11,8

4

7,1

Biopsien

21

30

20,1

23,1 0,955 0,770

4,2

3,0

9,0

9,9

9

3,0

40

12,1

22,0 0,604 0,550

4,0

3,7

7,4

6,4

20

9,9

243 434,0 484,3 2,009 1,993

8,5

8,4

11,3

12,4

Restgruppe (nicht operativ) Gesamt

20 216

27 50,28

393

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Klinische Leistungsgruppen

Abbildung 5: Differenzierung des Leistungsbereiches Endoprothetik

um die gemäß InEK-Kalkulationen in den Bewertungsrelationen enthaltenen Mittlere Mittlere Sachkosten, stellt sich die Entwicklung Leistungsspektrum Fälle Casemix CMI VWD VWD (nach Differenz (Inlier) Katalog) anders dar: Sachkostenbereinigt weist die Fachabteilung nur ein Plus von 32,9 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 Fälle eff. CM Casemix-Punkten auf. Die eigentliche Prothesenwechsel-/ Wertschöpfung in der Erbringung mediRevision Knie 10 11 51,0 47,0 3,594 3,007 16,9 15,0 19,7 20,7 1 -4,0 zinischer Leistungen liegt in der optimaProthesenwechsel-/ len Erbringung der Leistung, also den Revision Hüfte 8 11 42,8 56,0 3,600 3,164 18,2 15,1 21,1 20,8 3 13,2 Strukturen und Prozessen, und nicht im Prothesen Knie 9 7 23,1 15,1 2,063 2,063 14,1 15,7 15,0 15,0 -2 -8,0 Verbrauch von Sachmitteln. Sachmittel Prothesen Hüfte 9 11 24,8 28,8 2,751 2,616 14,7 12,5 17,1 16,3 2 4,0 sind selbstverständlich notwendig, stelSonstige Prothetik 6 9 17,0 32,0 2,084 3,058 8,9 12,7 17,0 19,8 3 15,0 len aber eine andere LeistungskomGesamt 42 49 158,6 178,9 3,777 3,651 14,9 14,1 18,0 18,8 7 20,3 ponente als die Personalleistung dar und sind daher gesondert zu analysiedizinische und die nichtmedizinische Infrastruktur unter- ren und zu betrachten. schieden werden. Die Sachkosten stellen variable Kosten dar, die fallbezogen bei jedem einzelnen Behandlungsfall Weitere Verwendungsmöglichkeiten anfallen. Personal- und Infrastrukturkosten sind weitgehend Fixkosten, die unabhängig vom Einzelfall entstehen für klinische Leistungsgruppen und nur mittel- bzw. langfristig angepasst werden können. Neben der Leistungsplanung und -steuerung können die klinischen Gruppen auch zu anderen Zwecken verwendet Ein Casemix-Punkt – beispielhaft mit einem Basisfallwert (Er- werden. So können über die Darstellung der Leistungslös) von 2 900 € bewertet – kann sich aus unterschiedlichen gruppen auf Krankenhausebene hinaus auch VersorgungsAnteilen zusammensetzen. Sollte die Behandlung mit hohen landkarten erstellt werden, die das Versorgungsangebot Sachkosten (zum Beispiel Implantate etc.) verbunden sein, und damit den Zugang zu diesen Versorgungsangeboten so könnte der Sachkostenanteil des Casemix-Punktes bei 70 für potenzielle Patienten bzw. Zuweiser nachvollziehbar Prozent und somit bei 2 030 € liegen. In anderen Fällen ist darstellen. Bei der Bildung der Leistungsgruppen ist darder Sachkostenanteil gering (zum Beispiel 10 Prozent) und auf zu achten, dass nicht zu stark differenziert wird. Ziel ist macht so nur 290 € vom Gesamterlös aus. Da zur Berech- es nicht, kleinste voneinander abgrenzbare Leistungskomnung des Deckungsbeitrages die variablen Kosten von den plexe differenziert darzustellen. Ziel ist es vielmehr, die Erlösen abgezogen werden müssen, ist ein Casemix-Punkt Leistungen für den Kliniker, aber auch für Patienten und im sachkostenlastigen Bereich für ein Krankenhaus nicht von Zuweiser sowie Krankenversicherungen, gut nachvollziehgleichem Wert wie ein Casemix-Punkt einer personalinten- bar und übersichtlich aufzuzeigen. siven Leistung. Die Entwicklung der Personal- und der Infrastrukturkosten ist nicht so stark vom Einzelfall abhängig wie Auch für ein Benchmarking eignen sich die klinischen Leisdie Sachkosten, sodass eine Erlössteigerung in diesem Be- tungsgruppen exzellent. Es ist damit endlich möglich, die reich nicht unmittelbar mit einer Kostensteigerung einher- Leistungen von Fachabteilungen oder Krankenhäusern auf geht. Bei der Casemix-Entwicklung muss der Sachkosten- der klinischen Leistungsebene vergleichbar zu machen. anteil entsprechend berücksichtigt werden, weshalb die je- Dadurch gelingt es erst, wirkliche Leistungsunterschiede weiligen Sachkostenanteile im hier dargestellten System für und auch die ökonomischen Konsequenzen zu demaskiejede Leistungsgruppe gesondert ausgewiesen werden (Ab- ren und kausalanalytisch zu hinterfragen. bildung 6). Sie zeigen erhebliche Unterschiede zwischen den Leis- Abbildung 6: Beispiel Sachkostenberechnung SachkostenSachkostenSachkostentungsgruppen. Während der BeFälle Casemix CMI Anteil bereinigter bereinigter reich Endoprothetik rund 35 Pro- Leistungsspektrum Casemix CMI zent Sachkostenanteil aufweist, 2005 2006 Diff. 2005 2006 Diff. 2005 2006 2005 2006 2005 2006 Diff. 2005 2006 beinhalten die Erlöse aus dem Be42 49 7 158,6 178,9 20,3 3,777 3,651 34,5% 34,4% 103,9 117,4 13,5 2,473 2,395 reich „Arthroskopische Eingriffe“ Endoprothetik nur etwa 15 Prozent Sachkosten. Wirbelsäulen-Eingriffe 30 41 11 102,1 150,0 48,0 3,402 3,659 29,5% 29,1% 72,0 106,4 34,5 2,399 2,596 Zusätzlich erfolgt eine Darstellung der Entwicklung des um die Sachkosten bereinigten Casemix einer Abteilung. Im dargestellten Beispiel ist der Gesamt-Casemix der Abteilung um 50,3 Punkte gestiegen. Dieser Zuwachs spiegelt jedoch in erster Linie eine Fallzahlsteigerung in der Endoprothetik und der Wirbelsäulenchirurgie von 7 bzw. 11 Fällen wider. Bereinigt 394

Frakturversorgung Knochenchirurgie

23

26

3

63,0

49,0 -14,0 2,739 1,885 16,0% 16,0%

Arthroskopische Eingriffe

47

31

-16

41,1

Metallentfernungen

18

7

-11

15,1

Restgruppe mit operativem Eingriff

15

19

4

22,0

29,1

Biopsien

21

30

9

20,1

23,1

20

40

20

12,1

22,0

216

243

Restgruppe (nicht operativ) Gesamt

52,9

41,2 -11,7 2,300 1,583

28,1 -13,0 0,874 0,905 15,0% 15,8%

34,9

23,6 -11,3 0,742 0,762

4,1 -11,0 0,838 0,584 15,2% 14,4%

12,8

3,5

-9,3 0,711 0,500

7,1 1,468 1,531 15,5% 14,7%

18,6

24,8

6,2 1,241 1,307

3,0 0,955 0,770 14,1% 13,1%

17,2

20,1

2,8 0,821 0,669

9,9 0,604 0,550 12,6% 14,8%

10,6

18,7

8,2 0,528 0,469

50,3 2,009 1,993 24,4% 24,5% 322,8 355,7

32,9 1,495 1,464

27 434,0 484,3

Klinische Leistungsgruppen

DRGs und medizinische Qualitätsdarstellung Ein weiterer Einsatzbereich der klinischen Leistungsgruppen könnte die Qualitätssicherung sein. So sollte zum Beispiel die Qualitätsberichterstattung anstelle von DRGs auf klinische Kollektive zurückgreifen. Die klinischen Leistungsgruppen sind hierfür sehr gut geeignet. Sterblichkeitsraten bzw. bestimmte Komplikationsraten, Verweildauern etc. können für jede Gruppe ergänzend dargestellt werden, wobei eine Risikoadjustierung zur Schärfung der Aussage notwendig ist. Während für die Leistungsplanung die Definition der Leistungsgruppe „Hüftendoprothetik“ ausreichend ist, muss diese Gruppe zum Zwecke der Qualitätsdarstellung zum Beispiel nach Altersstruktur und OPIndikation Arthrose (elektiv) bzw. Fraktur (akut) differenziert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass in den Vergleich auch klinisch vergleichbare Fallspektren eingehen. Die Schwäche einer Qualitätsberichterstattung auf DRGBasis ist in den im Jahr 2005 von den Krankenhäusern veröffentlichten medizinischen Qualitätsberichten nach § 137 SGB V erkennbar, da zum Beispiel eine Leistungsdarstellung über die 10 häufigsten DRGs je Fachabteilung erfolgen soll. Am Beispiel einer kardiologischen Fachabteilung kann die Folge dieser Schwäche verdeutlicht werden: In den geforderten TOP-10-DRGs einer großen kardiologischen Fachabteilung finden sich in der Regel mehrere DRGs aus dem Leistungsbereich Koronarinterventionen, da diese Leistung oft in hoher Frequenz erbracht wird. Aus Sicht eines sich mit Hilfe der Qualitätsberichte über das Leistungsgeschehen der Fachabteilung informierenden Patienten ist eine Differenzierung des Leistungsbereiches in ökonomisch homogene Gruppen – nichts anderes sind DRGs – wenig relevant und kaum nachvollziehbar. In den derzeit vorliegenden Qualitätsberichten, die auf den Daten

Abbildung 7: Basis-DRGs aus dem Bereich koronarer Interventionen TOP 10 DRGs der Fachabteilung Rang

DRG

1

xy

Text ,,,

153

2

F57

Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention

140

3

xy



123

4

xy



106

5

F56

Perkutane Koronarangioplastie mit hochkomplexer Intervention

90

6

xy



88

7

xy



76

8

F52

Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose

70

9

xy



62

10

xy



41

11

F58

Andere perkutane Koronarangioplastie

30

12

F24

Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit perkutaner Angioplastie

25

… 20

F15

Perkutane Koronarangioplastie mit komplizierenden Prozeduren

Fallzahl

5/2006

des Jahres 2004 beruhen, ist der Leistungsbereich Koronarinterventionen entsprechend der DRG-Logik des Jahres 2004 auf 4 DRGs aufgeteilt. In der 2007 anstehenden Neuauflage der Qualitätsberichte auf der Basis der Daten des Jahres 2006 wird die Differenzierung entsprechend der Weiterentwicklung des DRG-Systems fortschreiten. Dies wird auch den Effekt haben, dass in den TOP-DRGs der Fachabteilung nur ein Teil des entsprechenden Leistungsbereiches abgebildet sein wird. Unter der Annahme, dass die zehnthäufigste DRG eine Fallzahl von 41 im berichtenden Krankenhaus umfasst, würden an dem in Abbildung 7 gezeigten Beispiel die 3 unteren Basis-DRGs und somit insgesamt 61 Koronarinterventionen nicht berücksichtigt. Es wäre viel sinnvoller, auch hier klinisch relevante und gut an die Adressaten (zum Beispiel Patienten, Zuweiser etc.) kommunizierbare Leistungsbeschreibungen zur Grundlage der Leistungsdarstellung zu machen. Hierzu wäre es allerdings notwendig, dass von der Selbstverwaltung eine Festlegung der Leistungsgruppen und der Kriterien erfolgt, nach denen Behandlungsfälle den Leistungsgruppen zugeordnet werden. Nur dann ist auch eine krankenhausübergreifende Vergleichbarkeit der Leistungsmengen in den einzelnen Leistungsgruppen möglich. Auf jeden Fall kann empfohlen werden, im medizinischen Qualitätsbericht zusätzlich zur Leistungsdarstellung über DRGs eine Darstellung über aussagekräftige Leistungsgruppen vorzunehmen. Wenn die Selbstverwaltung sich nicht auf Leistungsgruppen und deren Definitionen verständigen kann, könnte dies eventuell in Krankenhausverbünden, Zweckverbänden und/oder Krankenhausgesellschaften gelingen, sodass zumindest für Regionen eine Vergleichbarkeit sichergestellt werden kann. Klinische Leistungsgruppen sind sehr geeignet, leistungsgruppenbezogene Qualitätsmerkmale darzustellen. Die Nutzung der DRGs als Basis für die Qualitätssicherung wurde schon bei der Umstellung der nach § 137 SGB V vorgeschriebenen extern vergleichenden Qualitätssicherung (BQS-Verfahren) auf das DRG-System diskutiert. Wegen der eingeschränkten Nutzbarkeit der DRGs als Grundlage für die externen Qualitätssicherungsverfahren wurde der so genannte BQS-Filter eingeführt, der nichts anderes ist als eine DRG-unabhängige Klassifikation zum Zwecke der leistungsbezogenen Qualitätsdarstellung. Das hier vorgestellte Leistungsklassifikationssystem kann die BQS-Filter jedoch nicht nutzen, da dort über Ein- und Ausschlusskriterien die Fallgruppen unabhängig von der tatsächlich erbrachten chirurgischen Leistung eingeschränkt werden. Diese Einschränkung ist jedoch für Leistungsplanungszwecke nicht sinnvoll. Selbstverständlich können die BQS-Filter in einer weiteren Ebene in dieses Leistungsdarstellungssystem integriert werden, wodurch die BQSLeistungen Subgruppen einer klinischen Leistungsgruppe darstellen.



Darstellung der klinischen Leistungsgruppen im Intranet

6

Um die Leistungen den adressierten Krankenhausmitarbeitern im Alltag und vor Ort zu präsentieren, wurde eine Tech395

5/2006 nologie gewählt, die eine Darstellung mit einem gebräuchlichen Internetbrowser, zum Beispiel im krankenhauseigenen Intranet, ermöglicht. So kann das Leistungsspektrum von der Übersicht über das Gesamtklinikum Schritt für Schritt bis hinunter auf den Einzelfall exploriert werden. Abbildung 8 enthält eine Übersicht über die verschiedenen Hierarchieebenen. Die einzelnen auswählbaren Intranet-Seiten stellen Schritt für Schritt die verschiedenen Ebenen der hier gezeigten Hierarchie dar. Berücksichtigt sind in den Daten eines Jahres jeweils alle Fälle, die im entsprechenden Zeitraum entlassen wurden. Somit sind auch so genannte Jahresüberlieger (vor dem 1. Januar eines Jahres aufgenommen) berücksichtigt.

Klinische Leistungsgruppen Abbildung 8: Hierarchieebenen im klinischen Leistungsgruppensystem DRG 1 DRG 2 DRG 3

Gruppe 2

Fachabteilung A

DRG 4

Gruppe 3

Gruppe 4

Fachabteilung B

Krankenhaus

Gruppe12

Fall Fall

DRG 7

Fall Fall

DRG 9 DRG 10

...

Fall Fall

DRG 5

DRG 8

Gruppe 5

Fall

DRG 3

DRG 6

Etc. Fall

DRG 11 Etc.

Fall

Fall

Gruppe 13

Fachabteilung C

Gruppe 14

Gruppe 15

Fachabteilung D

Gruppe16

Etc.

Etc.

Die erste Hierarchieebene stellt sehr übersichtlich die relevanten Kennzahlen aller Fachabteilungen eines Krankenhauses dar. Diese Ansicht informiert in erster Linie die Klinikleitung über die Casemix- und Fallzahlentwicklung des Krankenhauses, Casemix-Verschiebungen zwischen einzelnen Abteilungen können beobachtet werden. Die zweite Ebene zeigt die differenzierte Fachabteilungsübersicht mit Darstellung der Leistungsgruppen und ihrer Kennzahlen (Abbildung 4). Diese Ebene nutzt der Kliniker zur Überwachung und Steuerung seines Leistungsangebotes. Falls eine weitere Differenzierung sinnvoll ist, können einzelne Leistungsgruppen noch Untergruppen aufweisen, was am Beispiel der Leistungsgruppe Endoprothetik aufgezeigt wurde (Abbildung 5). Solche Untergruppen existieren nicht für jede Leistungsgruppe. In der dritten Ebene werden die DRGs dargestellt, die in einer Leistungsgruppe aggregiert wurden (Abbildung 9). Diese Darstellung ist besonders wichtig, wenn sich innerhalb eines Leistungsbereiches Verschiebungen zwischen Fallzahl und Casemix, zum Beispiel gegen den Plan oder das Vorjahr, ergeben. Eine steigende Fallzahl bei konstantem oder rückläufigem Casemix bedarf ebenso einer Detailanalyse der Leistungsgruppen wie ein Anstieg des Casemix bei stagnierender Fallzahl (veränderte Fallkomplexität). Ursächlich können zum Beispiel Kodierfehler, Verlagerungen leichterer Fälle in den ambulanten Bereich oder Zuweisungen besonders komplexer Fälle aus anderen Krankenhäusern sein. 396

Fall

Gruppe 1

Die vierte und detaillierteste Ebene stellt die Einzelfälle dar, die in eine DRG innerhalb eines Leistungsbereiches eingruppiert wurden (Abbildung 10). Neben der DRG-Fallnummer und der Verweildauer werden alle Diagnosen und Prozeduren sowie weitere Daten eines Behandlungsfalles angezeigt. Die jeweilige Hauptdiagnose des Falles wird in der Diagnosenauflistung zuerst aufgeführt. Diese Darstellung unterstützt die Kausalanalyse bei Veränderungen im Fallmix. Veränderungen auf der Fachabteilungs- bzw. der DRG-Ebene können so ohne aufwändige Datenbankanalysen bis auf den Einzelfall von jedem für den Zugriff zugelassenen Nutzer leicht nachvollzogen werden. In der Einzelfalldarstellung werden schließlich die den DRGs bzw. den ICD- und OPS-Kodes hinterlegten Texte angezeigt. Hierfür wird eine Softwarelösung eingesetzt, die immer den entsprechenden Text zu einem Kode anzeigt, den der Nutzer gerade mit dem Mouse-Zeiger überfährt (Abbildung 11). Ohne die Übersichtlichkeit zu mindern, sind so alle notwendigen Informationen einschließlich der hausinternen Verlegungskette zum Einzelfall verfügbar. Somit liegt die besondere Stärke des Systems darin, dass die Darstellung sowohl einen schnellen orientierenden Überblick als auch eine detaillierte Analyse bis auf den Einzelfall ohne die Notwendigkeit der Durchführung zusätzlicher Analysen erlaubt. Auffälligkeiten in der Fallzahlentwicklung können vom Kliniker schnell nachverfolgt und analysiert werden, ohne umfangreiche Auswertungen im Medizincontrolling anfordern zu müssen. Abbildung 12 zeigt noch einmal alle Ebenen im Überblick.

Klinische Leistungsgruppen Abbildung 9: DRG-Übersicht für die Untergruppe Hüftendoprothetik (CMI = CasemixIndex, VWD = Verweildauer) DRG

Fälle

2005

Casemix

2006

2005

Mittlere VWD (Inlier)

CMI

2006

2005

2006

2005

Mittlere VWD (nach Katalog)

2006

2005

I48Z

3

5

7,1

11,9

2,373

2,373

11,7

12,3

15,2

I05Z

2

3

5,6

8,5

2,843

2,843

13,3

17,7

17,3

I47Z

2

2

4,9

4,9

2,458

2,458

13,5

11,5

14,5

I03Z

1

1

3,8

3,5

3,757

3,468

14,5

0,0

24,0

901B

1

0

3,4

0,0

3,364

32,0

0,0

20,6

Gesamt

9

11 24,756 28,778

2,751

14,7

12,5

17,1

2,616

5/2006

fenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dargestellt.

■ Daten nicht nur präsentieren, sondern auch diskutieren

Differenz

Klinikmanagern, Chefärzten/Klinikdirektoren und DRG-Beauftragten steht 15,2 2 4,7 mit dieser Lösung das notwendige Ins17,3 1 2,9 trument zur Planung, Überwachung und 14,5 0 0,0 Steuerung ihrer Leistungen und Prozesse zur Verfügung. Der Wert des Einsat24 0 -0,3 zes dieses Instrumentes wird aber noch 0 -1 -3,4 wesentlich gesteigert, wenn die Kenn16,3 2 4,0 zahlen regelmäßig (zum Beispiel monatlich oder einmal pro Quartal) mit den medizinischen Abteilungsleitern und ihren Mitarbeitern besprochen werden. Diese Gespräche dienen der Schärfung des Problembewusstseins und verbessern das Verständnis für die Notwendigkeit der Leistungssteuerung. Im Rahmen dieser Gespräche können die notwendigen Ressourcen, Ressourcenengpässe und Prozessprobleme sowie Verbesserungsoptionen thematisiert werden. Es erscheint sinnvoll, diese Gespräche unter Beteiligung der ärztlichen Direktion des Krankenhauses durchzuführen,

2006

Fälle

CM

Zusätzlich zur Standardpräsentation der Leistungsgruppen mit ihren Kennzahlen werden die Fehler-DRGs sowie im Bezug auf den Casemix besonders auffällige DRGs ausgewiesen. Auch zu den Fehler-DRGs können die Einzelfälle mit ihrer Kodierung dargestellt werden, wodurch sich die Möglichkeit der zügigen Auffälligkeitskontrolle eröffnet. Die Erfahrungen der DRG-Research-Group zeigen, dass Kodierfehler so extrem schnell aufgespürt und durch eine Korrektur der Daten in den Originalsystemen (zum Beispiel dem Klinikinformationssystem) beseitigt Abbildung 10: Fall-Übersicht DRG I48Z werden können. Fälle Vorjahr

Unter besonders auffälligen DRGs verstehen die Verfasser DRGs, bei denen die effektive Bewertungsrelation 50 Prozent über der nominalen Katalogbewertungsrelation liegt. Hierdurch ist ein schneller Zugriff auf Fälle möglich, für die besonders hohe Langliegerzuschläge entstanden sind. Die spezielle Betrachtung solcher Fälle ist gerade in hochspezialisierten Häusern oder in Häusern der Maximalversorgung notwendig, da diese Fälle den Casemix-Index, aber auch den Gesamt-Casemix, erheblich beeinflussen können. Auffällige Casemix- bzw. Casemix-IndexVeränderungen dürfen kein falsches Gewicht in der Bewertung von Leistungsveränderungen bekommen. Spezielle – hier nicht detailliert vorgestellte – differenzierte Sachkostenberichte runden die Darstellung der klinischen Leistungsgruppen und ihrer Kennzahlen ab. Ergänzend werden auch die Leistungen als gesonderte Gruppen ausgegeben, die der Mindestmengenregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses unterliegen.1) Hierzu werden die Vorjahresgesamtzahlen entsprechend der festgelegten Mindestmengenleistung und der ihnen zugrunde liegenden Definitionen ermittelt. Zusätzlich werden für diese Leistungen die aktuellen Zahlen des lau-

DRG

Fallnummer

Verweildauer

Alter Geschlecht

ICD-Kodes

OPS-Kodes

I48Z

143554

13

31

W M16.3 Z91.0

5-786.0 5-820.00 5-829.1

I48Z

143555

12

58

M M16.1 E11.90

5-820.00

I48Z

157616

10

66

M M16.1 I10.00

5-820.00

Fälle aktuelles Jahr Verweildauer

Alter Geschlecht

ICD-Kodes

OPS-Kodes

DRG

Fallnummer

I48Z

26543045

13

42

W M16.3 D62 I10.00

5-829.1 5-786.0 5-820.00

I48Z

26608694

13

64

M M16.1

5-820.00

I48Z

26697751

10

68

W M16.6 M35.3 M87.15

5-820.02

I48Z

26767121

14

59

W M16.7 K75.4

8-800.7f 5-820.01

I48Z

26772842

14

72

W M16.1 D62 I10.00 M65.85

5-820.01 5-800.5g 8-800.7f

Abbildung 11: Darstellung der DRG-, ICD- und OPS-Texte Fälle Vorjahr Revision oder Ersatz des Hüftgelenkes ohne komplizierende ohne Arthrodese, komplexen Eingriff, ohne äußerst Geschlecht ICD-Kodes DRG Diagnose, FallVerweilAlterohne schwere CC dauer nummer

OPS-Kodes

I48Z

143554

13

31

W M16.3 Z91.0

5-786.0 5-820.00 5-829.1

I48Z

143555

12

58

M M16.1 E11.90

5-820.00

I48Z

157616

10

66

M M16.1 I10.00

5-820.00

Fälle aktuelles Jahr Verweildauer

Implantation einer Endoprothese am Hüftgelenk: Totalendoprothese: Geschlecht Nicht zementiert ICD-Kodes Alter

OPS-Kodes

DRG

Fallnummer

I48Z

26543045

I48Z

26608694 13 64 Sonstige primäre Koxarthrose

M M16.1

5-820.00

I48Z

26697751

10

68

W M16.6 M35.3 M87.15

5-820.02

I48Z

26767121

14

59

W M16.7 K75.4

8-800.7f 5-820.01

I48Z

26772842

14

72

W M16.1 D62 I10.00 M65.85

5-820.01 5-800.5g 8-800.7f

13

42

W M16.3 D62 I10.00

5-829.1 5-786.0 5-820.00

397

5/2006

Klinische Leistungsgruppen

Fachabteilungs-Übersicht

Abbildung 12: Von der Gesamtübersicht zum Einzelfall

Fälle

Leistungsspektrum

Endoprothetik Wirbelsäulen-Eingriffe Frakturversorgung Knochenchirurgie Arthroskopische Eingriffe Metallentfernungen Restgruppe mit operativem Eingriff Biopsien Restgruppe (nicht operativ) Gesamt

Übersicht Endoprothetik

Leistungsspektrum

Gesamt

DRG-Übersicht

Mittlere VWD (Erwartet)

26 31 7

63,0 41,1 15,1

49,0 2,739 1,885 11,8 28,1 0,874 0,905 4,0 4,1 0,838 0,584 5,9

9,2 14,0 13,6 5,2 5,4 6,1 5,2 5,6 6,2

3 -16 -11

-14,0 -13,0 -11,0

15 21

19 30

22,0 20,1

29,1 1,468 1,531 23,1 0,955 0,770

9,1 4,2

9,0 11,1 11,8 3,0 9,0 9,9

4 9

7,1 3,0

20

40

12,1

22,0 0,604 0,550

4,0

3,7

6,4

20

9,9

216 243 434,0 484,3 2,009 1,993 8,5 8,4 11,3 12,4

27

50,28

CMI

Casemix

2005

2006

2005

2006

7,4

Mittlere VWD (Inlier)

Mittlere VWD (Erwartet)

2005 2006

2005 2006 Fälle eff. CM

10

11

51,0

47,0 3,594 3,007 16,9 15,0 19,7 20,7

8 9 9 6

11 7 11 9

42,8 23,1 24,8 17,0

56,0 15,1 28,8 32,0

Fälle

Differenz

23 47 18

Fälle

42

DRG

Mittlere VWD (Inlier)

CMI

2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 Fälle eff. CM 42 49 158,6 178,9 3,777 3,651 14,9 14,1 18,0 18,8 7 20,3 30 41 102,1 150,0 3,402 3,659 11,4 12,0 16,9 18 11 48,0

2005 2006 Prothesenwechsel/Revision Knie Prothesenwechsel/Revision Hüfte Prothesen Knie Prothesen Hüfte Sonstige Prothetik

Casemix

Differenz

1

-4,0

3,164 18,2 15,1 21,1 20,8 2,063 14,1 15,7 15,0 15,0 2,616 14,7 12,5 17,1 16,3 3,058 8,9 12,7 17,0 19,8

3 -2 2 3

13,2 -8,0 4,0 15,0

49 158,6 178,9 3,777 3,651 14,9 14,1 18,0 18,8

7

20,3

3,600 2,063 2,751 2,084

Mittlere VWD (Inlier)

CMI

Casemix

Mittlere VWD (nach Katalog)

Differenz

Fälle I48Z

2005 2006 3 5

CM

2005 7,1

2006 11,9

2005 2,373

2006 2005 2006 2005 2006 2005 2006 2,373 11,7 12,3 15,2 15,2 2 4,7

I05Z

2

3

5,6

8,5

2,843

2,843

13,3

17,7

17,3

17,3

1

2,9

I47Z

2

2

4,9

4,9

2,458

2,458

13,5

11,5

14,5

14,5

0

0,0

I03Z

1

1

3,8

3,5

3,757

3,468

14,5

0,0

24,0

24

0 -0,3

901B

1

0

3,4

0,0

3,364

32,0

0,0

20,6

0

-1 -3,4

Gesamt

9

11

24,756

28,778

2,751

2,616 14,7 12,5 17,1 16,3

2

4,0

Fälle Vorjahr oder Ersatz des Fall-Revision VerweilGe-Hüftgelenkes ohne komplizierende Alter ICD Kodes OPS-Kodes Diagnose, nummer dauerohne Arthrodese, schlechtohne komplexen Eingriff, ohne äußerst schwere CC I48Z 143554 13 31 W M16.3 Z91.0 5-786.0 5-820.00 5-829.1 I48Z 143555 12 58 M M16.1 E11.90 5-820.00 I48Z 157616 10 66 M M16.1 I10.00 5 -820.00

Fall-Übersicht

DRG

398

Fälle aktuelles Jahr

Implantation einer Endoprothese am Hüftgelenk:

FallVerweilGe- Totalendoprothese: Nicht zementiert DRG Alter ICD Kodes OPS-Kodes nummer dauer schlecht I48Z 26543045 13 42 W M16.3 D62 I10.00 5-829.1 5-786.0 8-800.7f 5-820.00 I48Z 26608694 64 M M16.1 5-820.00 Sonstige primäre 13 Koxarthrose I48Z 26697751 10 68 W M16.6 M35.3 M87.15 5-820.02 I48Z 26767121 14 59 W M16.7 K75.4 8 -800.7f 5-820.01 I48Z 26772842 14 72 W M16.1 D62 I10.00 M65.85 5-820.01 5-800.5g 8-800.7f

Klinische Leistungsgruppen

5/2006

damit diese zeitgleich über die Leistungsentwicklung informiert ist und, wo notwendig, aus der Perspektive des Gesamthauses steuernd eingreifen kann. Damit stellt der elektronische Leistungsbericht eine zentrale Kommunikationsschnittstelle zwischen Ökonomie und Medizin dar und kann die Basis für umfangreiche Maßnahmen zur Leistungsausrichtung, aber auch zur Effizienzverbesserung bilden. Weitere Kennzahlen stellen die Auslastung der verfügbaren Ressourcen (Betten, Stationen, Personal) dar, indem die verfügbaren Ressourcen auf entsprechende Kennzahlen (Sachkosten, Personalkosten etc.) heruntergebrochen und den Leistungsgruppen zugeordnet werden.

Bewertung Mit Beginn der Konvergenzphase im Jahr 2005 wird das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel „Geld folgt der Leistung“ zunehmend in der Praxis umgesetzt. Es ist sehr sinnvoll, Leistungen dort zu steigern, wo es den Patienten nützt und die Leistungssteigerung finanzierbar ist. Insbesondere sachkostenarme Leistungen können aus Finanzierungssicht problemlos gesteigert werden, wenn die Ressourcen (Betten, Personal etc.) dies zulassen. Mehrerlöse aus bundesweit einheitlich bewerteten DRGs verbleiben zu 35 Prozent beim Krankenhaus. Lediglich bei planbaren sachkostenlastigen Leistungen muss steuernd und eventuell limitierend eingegriffen werden.

☛ Anders als in komplexen rein DRG-bezogenen Berichten ist die wesentliche Stärke der neuen Darstellung darin zu sehen, dass Ärzte, und somit diejenigen, die Leistungsentwicklungen planen und beeinflussen können, ihr Patientenspektrum in einer Form dargestellt bekommen, wie sie es aus ihrer klinischen Perspektive erwarten. Dies motiviert zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Leistungsgeschehen ohne umfassende und komplexe Einarbeitung.

Das hier auszugsweise vorgestellte klinische Leistungsgruppensystem wird derzeit im Universitätsklinikum Münster und weiteren Krankenhäusern evaluiert. Die Darstellung der erbrachten und geplanten Leistungen über die klinischen Leistungsgruppen ist bei den Ärzten auf außerordentlich positive Resonanz gestoßen. Mit dieser Darstellung wurde erreicht, dass über Leistungen auch aus klinischer Perspektive diskutiert werden kann. Der „Abschreckungseffekt“, der durch eine DRG-bezogene Leistungsdarstellung entstanden war, konnte weitgehend negiert werden. Die Verfasser sind sicher, auf dieser Basis die nur gemeinsam mit den Klinikern mögliche Leistungsplanung und -steuerung wesentlich verbessern zu können.



Die zur Gewährleistung einer sachgerechten Vergütung aller Krankenhäuser zunehmende Komplexität des G-DRGSystems hat dazu geführt, dass DRGs immer weniger dazu geeignet sind, medizinische Leistungskomplexe transparent darzustellen. Um die Akzeptanz für die Leistungsplanung und -steuerung zu fördern, wurde daher ein Leistungsklassifikationssystem entwickelt, das diese Aufgabe besser unterstützt und die für eine verlässliche Leistungsplanung notwendige Übersichtlichkeit bietet.

399

5/2006

Klinische Leistungsgruppen

Auch für Ökonomen ist dieses System zum Zwecke der Leistungsplanung und -steuerung leichter verständlich und damit auch praktikabler im Einsatz. Ebenso lässt sich auf dieser Basis das Leistungsgeschehen für alle Beteiligten im Krankenhaus einschließlich der Entscheidungsträger nachvollziehbarer darstellen. Die Leistungsgruppen können und werden künftig zunehmend auch die Basis für die Zuweisung und Steuerung von Ressourcen (Personal, Sachmittel, Räumlichkeiten etc.) bilden. Durch den dargestellten Sachkostenindex kann jederzeit ein Bezug zu den tatsächlichen Sachkosten hergestellt werden. Details hierzu und zur differenzierten Entwicklung von leistungsgruppenbezogenen Kennzahlen werden in einem späteren Beitrag vorgestellt.

■ DRGs sind natürlich weiterhin notwendig Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, wird darauf hingewiesen, dass die hier vorgenommene Leistungsaggregation auf klinisch verständliche Gruppen lediglich zum Zwecke der Leistungsplanung und -steuerung sowie der Qualitätsdarstellung und -verbesserung vorgenommen wurde – als Ergänzung der DRG-basierten Leistungsdarstellung. Die Verfasser sind davon überzeugt, dass die DRGs als medizinökonomische Leistungsgruppen einen hohen Differenzierungsgrad ausweisen müssen, um die im Krankenhaus erbrachten Leistungen nach dem Kriterium des Aufwandes leistungsgerecht zu beschreiben und damit die Basis für eine sachgerechte Vergütung bilden zu können. Die DRGs sind auch als Grundlage für die leistungsrelevanten Kennzahlen innerhalb der klinischen Leistungsgruppen unverzichtbar. Ohne Berücksichtigung der DRGs und der DRG-relevanten Kennzahlen für die in einer klinischen Leistungsgruppe zusammengefassten Behandlungsfälle hätten die klinischen Leistungsgruppen nur eine eingeschränkte Aussagekraft. In der Kombination von klinischen Leistungsdarstellungen und leistungsbezogenen ökonomischen Kennzahlen liegt die wesentliche Stärke der vorgestellten Methodik. Es ist leider immer noch zu beobachten, dass der Personaleinsatz und die Sachkostenverbräuche (Implantate, Medikamente, Labor, Radiologie etc.) auf die Anzahl der behandelten Fälle oder die Anzahl von operativen Eingriffen ohne Berücksichtigung des Fallschweregrades oder des operativen Aufwandes bezogen werden. Die Division der Personal- oder der Sachkosten durch die Anzahl der behandelten Fälle oder Operationen ist im Jahr 2006 nicht mehr adäquat, da eine Aufwandsgewichtung mit DRGs ausgezeichnet möglich ist und daher Personal- und Sachkosten auch aufwandsgewichtet fallbezogen dargestellt werden können und müssen. Nur auf dieser Basis ist ein aussagekräftiger Vergleich zwischen Krankenhäusern möglich. Aus der Anwendung des vorgestellten klinischen Leistungsgruppensystems in der Praxis ergeben sich viele Vorteile, von denen einige aufgeführt werden sollen: 1. Die Akzeptanz für diese Darstellungsform ist bei den Klinikern erheblich besser als die Akzeptanz der Leistungs-

400

darstellung über DRGs. Die Ärzte lassen sich auf eine Leistungsplanung und -steuerung ein, wenn sie die in ihrem Einflussbereich erbrachten Leistungen nachvollziehbar dargestellt bekommen. Mit DRGs gelingt diese nachvollziehbare Darstellung leider nicht. 2. Die Leistungsgruppen können sowohl Grundlage für Prozessanalysen und -optimierungen als auch für die Erstellung von klinischen Behandlungspfaden sein. 3. Die Ausweisung von leistungsgruppenrelevanten Kennzahlen wie den mittleren Sachkostenanteilen, dem mittleren Personalkostenanteil etc. motivieren zur Vereinbarung und Einhaltung von Zielparametern. Solche Vereinbarungen sind allerdings auf rein planbare Leistungen beschränkt, die Vereinbarung von Zielparametern für die Notfallversorgung kann nicht vorgenommen werden. 4. Die klinischen Leistungsgruppen können Basis für ein Qualitätsmonitoring zum Zwecke der ständigen Qualitätsverbesserung sein. Auf der Grundlage dieser Leistungsgruppen lassen sich Zielvereinbarungen zu Qualitätskriterien treffen und hinsichtlich ihrer Erreichung überprüfen. 5. Über die Leistungsgruppen lassen sich Versorgungslandkarten für das von einem Krankenhaus oder einer Fachabteilung betreute Versorgungsgebiet herstellen. Diese Versorgungslandkarten ermöglichen die gezielte Analyse von Zuweisungsproblemen, welche wiederum die Grundlage für Optimierungsmaßnahmen bietet.

Die Verfasser sind überzeugt, dass durch die vorgestellte Darstellungsform Ärzte erheblich besser als über DRGs für die Beschäftigung mit den Leistungsinhalten und -mengen zu gewinnen sind. Dies ist unbedingt notwendig, da eine Auseinandersetzung mit solchen Fragen ebenso wie eine Auseinandersetzung mit den ökonomischen Konsequenzen medizinischen Handelns von vielen Ärzten als unärztlich empfunden wird und daher erhebliche Widerstände gegen die Beschäftigung mit diesen Themen bestehen. Es ist nicht unethisch, sich mit den Fragen der Finanzierbarkeit von medizinischen Leistungen auseinander zu setzen, um Wege zu finden, auch künftig eine hochwertige und umfassende Gesundheitsversorgung für Hilfe suchende Patienten sicherstellen zu können. Die dabei zu bearbeitenden Probleme sind medizinökonomische Probleme, die nur in guter Zusammenarbeit zwischen den medizinischen Leistungserbringern und der Administration, insbesondere dem Controlling, gelöst werden können. Jede medizinische Entscheidung ist auch eine ökonomische Entscheidung, weshalb die medizinische Leistungserbringung bei immer knapper werdenden Ressourcen nicht mehr von den ökonomischen Fragestellungen abgetrennt werden kann. Art und Umfang der Erbringung von diagnostischen und therapeutischen Leistungen sind nicht mehr allein durch das medizinisch Machbare, sondern auch durch die ökonomischen Rahmenbedingungen determiniert. Eine Leistungsdarstellung auf der Basis klinischer Gruppen ermöglicht es, die Kluft zwischen der medizinischen und der ökonomischen Perspektive zu überwinden und gewährleistet eine gemeinsame und einheitliche Diskussionsgrundlage für alle Beteiligten.

Klinische Leistungsgruppen Von der hierarchischen Gliederung und der Möglichkeit, innerhalb dieser Gliederung von der Leistungsgruppe über die DRGs bis zum einzelnen Fall die dargestellten Inhalte im Internet zu explorieren, profitiert eine große Anzahl von Anwendern im Krankenhaus. Die für ein Leistungsmonitoring notwendigen Informationen stehen sehr zeitnah und papierlos ohne den Einsatz aufwendiger Hard- und Software flächendeckend im Krankenhaus zur Verfügung und bieten die Basis für regelmäßige (zum Beispiel monatliche oder quartalsweise) Leistungsbesprechungen. Sind die Kennzahlen auf der obersten Ebene im „grünen Bereich“, besteht in der Regel kein Bedarf, sich mit den Details weiter auseinander zu setzen. Ergeben sich dagegen auffällige Abweichungen, besteht die Möglichkeit, die Informationen stufenweise bis auf den Einzelfall zu explorieren. Zu den Detailinformationen gehören die DRGs, durch die die in einer Leistungsgruppe aggregierten Fälle ausgelöst werden. Darüber hinaus gehören hierzu auch die notwendigen fallbezogenen Informationen (Alter, Geschlecht, Diagnosen, Prozeduren, DRG etc.), sodass bei Abweichungen jederzeit eine Einzelfallkontrolle möglich ist. Da es sich um ein reines Berichtssystem handelt, können Fehler in den Daten nur an der Datenquelle, also in der Regel im Klinikinformationssystem, korrigiert werden. Durch Nutzung aktueller html-Technologien können notwendige Zusatzinformationen (zum Beispiel die Texte zu den DRGs, den Diagnose- oder Prozedurenkodes oder die Verlegungshistorie des Patienten) kontextbezogen eingeblendet werden. Nach den von ihnen gemachten Erfahrungen halten die Verfasser die einfache Verfügbarmachung der Leistungsdaten nicht für ausreichend. Sie sehen eine begleitende Besprechung der Daten und eine gemeinsame Interpretation sowie die Ableitung der aus den Daten zu ziehenden Konsequenzen als unverzichtbar an. Das Controlling und die Fachabteilungen können in solchen Gesprächen neben den Leistungsentwicklungen auch die leistungsbezogenen Prozesse sowie die Sachkostenentwicklung thematisieren. Hierzu werden in einem weiteren Modul Sachkostenarten differenziert und leistungsbezogen aufgearbeitet. Als Leistungsäquivalent dienen die klinischen Leistungsgruppen und die ihnen zugrunde liegenden DRGs mit ihren entsprechenden Bewertungen. Fehlen eigene Kostenkalkulati-

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onen, erfolgt hilfsweise eine Bewertung über die vom InEK publizierten Kalkulationsdaten. Besser ist jedoch eine Bewertung der Leistungen über die Ergebnisse krankenhauseigener Kostenkalkulationen. Bezugsgrößen wie die Anzahl der behandelten Fälle mit oder ohne Verlegung innerhalb einer Fachabteilung bieten im DRG-Zeitalter keine Grundlage mehr für die Darstellung der Personalkosten, der Sachkosten, der Laboranforderungen etc. in einer Fachabteilung, da bei diesen Kennzahlen lediglich die Leistungsmenge, aber nicht die Leistungsqualität bzw. die Art der erbrachten Leistungen berücksichtigt werden.

Anmerkung 1) Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 137 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V für nach § 108 zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenvereinbarung) in der Neufassung vom 21. März 2006

Wir bedanken uns beim Team der DRG-Research-Group sowie den Kollegen und Kolleginnen des Universitätsklinikums Münster, die uns bei der Definition der klinischen Leistungsgruppen unterstützt haben. Echtes Teamwork hat dieses Ergebnis möglich gemacht. Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. Norbert Roeder ([email protected])/ Dr. Ludwig Siebers ([email protected])/ Michael Frie ([email protected])/ Dr. Holger Bunzemeier ([email protected]), DRG-Research-Group, Universitätsklinikum Münster, Domagkstraße 20, 48129 Münster ■

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