Dissident*innen im Kampf gegen den 218

Humboldt-Universität zu Berlin Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien M.A.-Arbeit ...
Author: Paula Koenig
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Humboldt-Universität zu Berlin Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien

M.A.-Arbeit Geschlechterstudien / Gender Studies

Dissident*innen im Kampf gegen den § 218 Beiträge feministischer Theolog*innen in den deutsch-deutschen Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 – Eine diskurstheoretische Analyse Dissidents battling against § 218 Contributions of feminist theologians in the East and West German discussions connected with abortion between 1971 and 2001 – A theoretical discourse analysis

Erstgutachterin: Prof*in Dr*in Hildegard Maria Nickel Zweitgutachterin: Prof*in Dr*in Ulrike Auga

Sonja Kristina Weeber Matrikelnummer: 522 463 Anschrift: Eisenbahnstraße 38, 10997 Berlin Telefon: 0176 636 642 33, E-Mail: [email protected]

eingereicht am 22. September 2014 0

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................................................................... 1 2 Kritik, Diskurs, Geschlecht – Theoretische Grundlagen................................................... 9 2.1 Anliegen und Kontexte feministischer Forschungen........................................................ 9 2.2 Perspektiven diskurs- und machttheoretischer Ansätze ................................................. 12 2.3 Was bedeutet „kritisch-feministisch“? – Annäherungen ................................................ 15 2.4 Spezifizierung der Analysekategorien und Forschungsfragen ....................................... 18 3 „Die unendliche Geschichte des § 218“ – Gesellschaftliche, politische und kirchliche Auseinandersetzungen seit den 1970er Jahren in DDR und BRD .................. 28 3.1 Die (un-)endliche Vorgeschichte von der Antike bis zur Nachkriegszeit ...................... 29 3.2 Erste Gesetzesreformen in den 1960er und 1970er Jahren in BRD und DDR ............... 30 3.3 Auseinandersetzungen um eine gesamtdeutsche gesetzliche Neuregelung in den 1980er und 1990er Jahren..................................................................................................... 36 3.4 Aktuelle Entwicklungen der Diskussionen und Zusammenfassung der kirchlichen und feministischen Diskurspositionen ............................................................... 42 4 Feministische Theologien in BRD und DDR und das Thema Schwangerschaftsabbruch – Textkorpus und analytischer Rahmen ................................ 44 4.1 Entstehung und Entwicklung Feministischer Theologien in DDR und BRD ................ 44 4.2 Der Schwangerschaftsabbruch als Thema feministisch-theologischer Debatten ........... 47 4.3 Auswahl der Analysetexte und Erstellung des Textkorpus ............................................ 50 4.4 Spezifizierung und Erläuterung der Diskursanalyse-Schritte ......................................... 55 5 Dissident*innen im Kampf gegen den § 218 – Analyse des feministischtheologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch ...................................... 58 5.1 Kritische Inhalte des feministisch-theologischen Diskurses .......................................... 60 5.2 Entwerfende Inhalte des feministisch-theologischen Diskurses .................................... 65 5.3 Diskursive Normierungen und Leerstellen – Anwendung der Analysekategorien ........ 71 5.4 Der feministisch-theologische Diskurs als „kritisch-feministische“ Alternative? – Zusammenfassung der Analyseergebnisse ........................................................................ 79 6 Ausblick auf ein Weiterkämpfen in neuen Bündnissen ................................................... 83 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 88 Anhang .................................................................................................................................... 99 Eidesstattliche Erklärung zur M.A.-Arbeit ....................................................................... 120

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1 Einleitung „Keep your laws off my body“ lautete der Titel einer Veranstaltung im Berliner queer_feministischen Café „k-fetisch“ im September 2013. Anlass war der seit 2008 jährlich in der Hauptstadt und anderen deutschen Städten von sogenannten LebensschützerInnen initiierte „Marsch für das Leben“. Aktivist*innen1 und Interessierte diskutierten die Aktualität und Notwendigkeit feministischer Kritik an der Art und Weise der (Nicht-)Thematisierung des Schwangerschaftsabbruchs2 sowie an dessen rechtlicher Regelung in Deutschland.3 Gefordert wurde eine erneute kritische Auseinandersetzung und damit eine Beendigung der aktuellen „Sprachlosigkeit“ in Bezug auf das Thema Schwangerschaftsabbruch, die vor allem im politischen Bereich, aber auch im Privaten erlebt werde, wovon feministische und linke Kontexte explizit nicht auszunehmen seien. Es wurde außerdem kritisiert, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch nur selten und dann fast ausschließlich im Zusammenhang mit Aktionen von AbtreibungsgegnerInnen, Spätabbrüchen oder reproduktionsmedizinischen Fragen öffentlich wahrgenommen werde. Demgegenüber bieten die gesellschaftlichen Debatten der letzten Monate, z.B. zum rezeptfreien Erhalt der „Pille danach“ oder zur Verabreichung der selbigen in katholischen Kliniken an Betroffene von Vergewaltigung, verschiedentliche Anknüpfungspunkte, die das Thema Schwangerschaftsabbruch betreffen, jedoch – entsprechend der Kritik und den Forderungen der Veranstaltung – keine grundlegenden Auseinandersetzungen anstoßen. Auffällig ist, dass gerade von konservativer, christlich-religiös geprägter oder christlich-kirchlicher Seite das Thema in den öffentlichen Diskussionen immer wieder aufgegriffen wird. So erneuerte beispielsweise Papst Franziskus in seinem im November 2013 veröffentlichten apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ die kategorische Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs von Seiten der katholischen Kirche. Er räumte zwar ein, „wenig getan [zu] haben, um die 1

Ich verwende in Anlehnung an den sogenannten „Gender_Gap“ eine Sternchen-Schreibweise, um damit einerseits auf die soziale Konstruktion von Zweigeschlechtlichkeit kritisch Bezug zu nehmen und andererseits die Vielfalt geschlechtlicher Positionierungen zu symbolisieren (z.B. in „Aktivist*innen“). Beschreibe ich Kontexte, in denen explizit von einer heteronormativen Geschlechterordnung ausgegangen wird, nutze ich die Schreibweise des Binnen-Is (z.B. in „LebensschützerInnen“). Darüber hinaus verwende ich an manchen Stellen Unterstriche innerhalb oder zur Verknüpfung von Wörtern, um deren konventionalisierte Wahrnehmung herauszufordern oder auf eine besondere Wechselwirkung hinzuweisen (z.B. in „queer_feministisch“) (z.B. AG Feministisch Sprachhandeln der Humboldt-Universität zu Berlin 2014). 2

Ich benutze im Folgenden den Begriff des Schwangerschaftsabbruchs in Abgrenzung zum Begriff der Abtreibung, mit dem ursprünglich eine kriminelle Handlung bezeichnet wurde, und zum inhaltlich häufig falsch verstandenen Begriff der Schwangerschaftsunterbrechung (Mantei 2004, 15). 3

Eine Zusammenfassung der Auseinandersetzungen mit den sogenannten „Märschen für das Leben“ aus feministischer Perspektive sowie eine Darstellung linker und queer_feministischer Gegenproteste finden sich bei Gisela Notz (2012) und Kirsten Achtelik (2012).

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Frauen angemessen zu begleiten, die sich in sehr schweren Situationen befinden“ (2013, 191), bekräftigte jedoch gleichzeitig, „dass ein menschliches Wesen immer etwas Heiliges und Unantastbares ist, in jeder Situation und jeder Phase seiner Entwicklung“ (ebd., 190), weshalb auf Grundlage katholischen Ermessens Schwangerschaftsabbrüche heute und in Zukunft abzulehnen seien. Weit zurückhaltender äußerte sich demgegenüber der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland in seiner im Juni 2013 verabschiedeten Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“. Dort ist ebenfalls von seelsorgerlicher und spiritueller Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen die Rede, jedoch werden die Angebote der Einrichtungen der evangelischen Kirchen und Diakonie in der Schwangerschaftskonfliktberatung explizit genannt und als weiterhin unterstützungswürdig bewertet (Kirchenamt der EKD 2013, 137). Diese beiden Positionen bilden das aktuelle konservative Meinungsspektrum der zwei größten christlichen Kirchen in Deutschland zum Thema Schwangerschaftsabbruch einigermaßen zutreffend ab.4 In seiner Gesamtheit betrachtet, kann die Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland seit der Aufnahme des § 218 in das Strafgesetzbuch von 1871 hinsichtlich der anhaltenden, kontroversen öffentlichen und politischen Diskussionen der sozialen Ursachen und Folgen, der ethisch-moralischen Bewertung sowie der rechtlichen Regelung als „unendlich“ bezeichnet werden (Ockel 2000). Die insbesondere in der Bundesrepublik der 1970er Jahre sowie nach der „Vereinigung“5 in den 1990er Jahren erneut geführten heftigen Auseinandersetzungen fanden mit dem Inkrafttreten des sogenannten „Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes“ (SFHÄndG) 1995 ihren vorläufigen Abschluss (Kohler-Weiß 2003, 14). Die aktuelle Regelung des Schwangerschaftsabbruchs sieht demnach eine Fristenlösung mit Beratungspflicht vor bzw. verweist in spezifischen Situationen auf eine Indikatio4

Spreche ich im Folgenden von den beiden großen bzw. größten christlichen Kirchen in Deutschland, beziehe ich mich dabei auf die in 27 rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Diözesen gegliederte katholische Kirche in Deutschland (Katholische Kirche in Deutschland 2014) sowie auf den Zusammenschluss der ebenfalls selbstständigen zwanzig lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) (Evangelische Kirche in Deutschland 2014). Mit gemeinsam knapp 48 Mio. Mitgliedern sind beide Kirchen die größten (christlichen) Religionsgemeinschaften in Deutschland und als Körperschaften öffentlichen Rechts staatlich anerkannt. Nehme ich im Weiteren auf Positionen beider Kirchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch Bezug, so betrachte ich dabei ausschließlich die von den höchsten Repräsentationsorganen beider Kirchen vertretenen Positionen: für die katholische Kirche in Deutschland die der Deutschen Bischofskonferenz und für die Evangelische Kirche in Deutschland die des Rates der EKD bzw. der jeweils angegliederten Verwaltungen. Beide Kirchen verfügen darüber hinaus mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie den Synoden der EKD und ihrer Landeskirchen über Mitbestimmungsstrukturen für Lai*innen. Nicht berücksichtigt wird die Vielzahl kleinerer christlicher Religionsgemeinschaften in Deutschland, wie z.B. die orthodoxen Kirchen und Freikirchen, unabhängig von ihrer rechtlichen Verfasstheit. 5

Ich setze die Bezeichnung „Vereinigung“ in Anführungszeichen, um damit auf das den gesamten „Vereinigungsprozess“ kennzeichnende Machtungleichgewicht zwischen beiden deutschen Staaten hinzuweisen (vgl. Abschnitt 3.3).

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nenregelung. Ein Schwangerschaftsabbruch ist dabei mit § 218 StGB grundsätzlich rechtswidrig, bleibt jedoch bei Inanspruchnahme einer gesetzlich verpflichtenden Beratung – der sogenannten Schwangerschaftskonfliktberatung – innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft straffrei.6 Liegt demgegenüber eine medizinische oder kriminologische Indikation vor, z.B. bei schwerwiegender Beeinträchtigung der Gesundheit der Schwangeren oder einer Schwangerschaft in Folge von Vergewaltigung, ist ein Schwangerschaftsabbruch nach ärztlicher Feststellung und Beratung nicht rechtswidrig.7 Diese Kombination aus unterschiedlichen Regelungen ist auf mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts zurückzuführen, die einen „Konflikt zwischen dem Lebensschutz des Ungeborenen und der abtreibungswilligen Schwangeren“ beschreiben und daraus eine grundsätzliche „Rechtspflicht zur Austragung einer Schwangerschaft“ folgern (Urteil des Ersten Senats des BVerfG vom 25. Februar 1975 und Urteil des Zweiten Senats des BVerfG vom 28. Mai 1993). Diese sogenannte „Rechtspflicht“ wird jedoch gleichzeitig durch die genannten Indikationen wieder einschränkt, da ein Schwangerschaftsabbruch in spezifischen Situationen nicht rechtswidrig ist und im Falle einer medizinischen Indikation auch über die 12-Wochen-Frist hinaus möglich bleibt. Diese kompliziert anmutende und nicht widerspruchsfreie rechtliche Lage kann ebenfalls als Abbild des schwierigen und langwierigen Gesetzgebungsprozesses und den dahinter liegenden gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen gedeutet werden (Gerhards et al. 1998, 21f.). Die öffentlichen Auseinandersetzungen um das Thema Schwangerschaftsabbruch bzw. das Inkrafttreten neuer gesetzlicher Regelungen fanden in beiden deutschen Staaten vor 1990 sowie nach der „Vereinigung“ unter reger Beteiligung der beiden großen evangelischen und katholischen Kirchen statt bzw. wurden von ihnen zumindest intern kritisch begleitet und nach außen kommentiert (Mantei 2004, 15ff. und 168f.). Wie bereits angedeutet, lassen sich die offiziellen kirchlichen Positionen als konservativ bis kategorisch ablehnend einstufen. Besonders deutlich wird dies in Bezug auf die Frage nach der Freigabe des Schwanger6

Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient nach § 218a StGB auf der einen Seite „dem Schutz des ungeborenen Lebens“ und soll nach § 219 StGB „die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen“. Auf der anderen Seite ist sie nach § 5 SchKG „ergebnisoffen zu führen“ und soll „nicht belehren oder bevormunden“. Die Beratungen werden von staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen angeboten, die zur Ausstellung des für die straffreie Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs notwendigen „Beratungsscheins“ befugt sind (§ 219 StGB). 7

Mit der Unterscheidung zwischen Fristenlösung mit Beratungspflicht und Indikationenregelung gehen ebenfalls unterschiedliche Vorschriften zur Kostenübernahme einher: Während die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs nach Indikationsstellung von den Krankenkassen getragen werden, müssen die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs in Folge der Beratungsregelung von der Betroffenen selbst bezahlt werden, bei „sozialer Bedürftigkeit“ ist wiederum eine Kostenerstattung vorgesehen (Gerhards et al. 1998, 22).

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schaftsabbruchs (in den ersten drei Monaten), die in der DDR staatlich ermöglicht war und in der BRD von feministischen Bewegungen sowie liberalen politischen Kräften gefordert wurde. Die Positionen und Versuche einer politischen Einflussnahme von Seiten der beiden großen katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland nach 1945 wurden bereits in verschiedener Form – wenn auch noch nicht systematisch integriert – wissenschaftlich aufgearbeitet (Demel 1995, Kohler-Weiß 2003, Lippold 2000, Mantei 2004 und Spieker 2001). Im Anschluss an diskurstheoretische Überlegungen können diese Arbeiten als Ausdruck des „hegemonialen Diskurses“ der kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch konzeptualisiert werden (z.B. Jäger 20126, 85). Sie sind zugleich Teil dieses Diskurses und strukturieren ihn machtvoll, indem sie bestimmte Themen, Positionen und Akteur*innen als hegemonial und andere als abweichend bzw. dissidentisch herstellen oder durch Nicht-Benennung sogar gänzlich ausschließen. So analysiert beispielsweise Sabine Demel (1995) in ihrer Arbeit „Abtreibung zwischen Straffreiheit und Exkommunikation“ das Zusammenspiel strafrechtlicher Bestimmungen zum Thema Schwangerschaftsabbruch im kirchlichen und weltlichen Recht; Simone Mantei (2004) beschäftigt sich in „Nein und Ja zur Abtreibung“ anhand einer historisch-kritischen Quellenanalyse mit dem Beitrag der evangelischen Kirche zum öffentlichen und politischen Meinungsbildungsprozess um eine gesetzliche Neuregelung des § 218 in den 1970er Jahren in der BRD. Auch wenn wie im Falle der Arbeit von Christine Kohler-Weiß (2003) das Ziel der Entwurf einer „Ethik des Schwangerschaftsabbruchs“ explizit aus Frauenperspektive darstellt, verbleiben die inhaltlichen Analysen und theologischen Verweise der genannten Publikationen trotz weniger Ausnahmen insgesamt innerhalb eines weiß-männlich8 geprägten wissenschaftlichen Diskurses. Christine KohlerWeiß (2003) widmet sich beispielsweise im Hauptteil ihrer Arbeit ausschließlich der Analyse prominenter evangelischer Theologen, wie z.B. Karl Barth und Helmut Thielicke. Der hegemoniale Diskurs der kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch wird – wie die erwähnten wissenschaftlichen Aufarbeitungen zeigen – inhaltlich im Wesentlichen durch die von offiziellen Leitungspositionen der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland sowie durch die von namhaften Vertreter*innen traditioneller Theologie in die Debatten eingebrachten Positionen bestimmt. Gleichwohl hat es jenseits dieses hegemonialen kirchlichen Diskurses immer auch theologische Auseinandersetzungen und 8

Ich nutze die kursive Schreibweise des Begriffs weiß um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei nicht um eine Identitätskategorie, sondern um eine soziale Konstruktion sowie um eine analytische Kategorisierung von über (Kolonial-)Rassismus privilegierten Personen handelt (z.B. AG Feministisch Sprachhandeln der HumboldtUniversität zu Berlin 2014).

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politische Diskussionen innerhalb und an den Rändern der christlichen Kirchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch gegeben – und gibt es weiterhin –, die sich sowohl kritisch mit den offiziellen Positionen der beiden großen Kirchen als auch mit der gesellschaftlichen Thematisierung auseinandersetz(t)en (z.B. Mantei 2004, 127 und 132). Aus diskurstheoretischer Perspektive lassen sich diese Debatten als dissidentische, widerständige oder Gegendiskurse bezeichnen (z.B. Auga 2007, 14f.). Solch ein Beispiel eines dissidentischen Diskurses stellen die Beiträge feministischer Theolog*innen innerhalb der kirchlichen bzw. theologischen Diskussionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch dar, mit denen ich mich aus folgenden Gründen in meiner Arbeit beschäftigen möchte: Zum einen fehlt bislang eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Positionen – in den genannten Publikationen finden sie kaum bis gar keine Erwähnung.9 Zum anderen erscheinen sie mir aufgrund der Selbstpositionierung der Feministischen Theologien10 in Deutschland zwischen feministischen Bewegungen und christlichen Kirchen, die in den Auseinandersetzungen um das Thema Schwangerschaftsabbruch häufig die beiden Pole der gesellschaftlichen Diskussionen symbolisieren, als relevant. Nicht zuletzt marginalisieren die über Jahrhunderte tradierten patriarchalen Strukturen der christlichen Kirchen sowie der wissenschaftlichen Theologie eben solche nicht aus hegemonial-männlicher Perspektive vorgebrachten Positionen. Darüber hinaus verstehe ich meine Arbeit als Beitrag gegen die eingangs kritisierte „Sprachlosigkeit“ zum Thema Schwangerschaftsabbruch innerhalb queer_feministischer Bewegungen – eine „Sprachlosigkeit“, die sich ebenfalls für die Auseinandersetzung mit Feministischen Theologien sowie ihrer Spiritualität und politischen Praxis konstatieren lässt (z.B. Qualbrink 2008). Vor diesem Hintergrund möchte ich aus diskurstheoretischer Perspektive der Frage nachgehen, inwiefern die Beiträge feministischer Theolog*innen eine „kritisch-feministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen katholischen und evangelischen Kirchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den deutsch-deutschen Diskussionen darstellen. In diesem Zusammenhang möchte ich einerseits die Beiträge feministischer Theolog*innen aufarbeiten und sichtbar machen. Andererseits möchte ich mich mit ihnen zu Grunde liegenden Vorannahmen und Konstruktionen, die möglicherweise neue bzw. erneute diskursive Normierungen und Leer9

Einzige Ausnahme stellt eine Arbeit von Rose Wecker (1998) dar, die sich aus der Perspektive feministischtheologischer Ethik mit den Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch innerhalb konfessioneller Frauenverbände im Kontext der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegungen des Kaiserreichs beschäftigt. 10

Ich verwende die Begriffe „Feministische Theologien“ sowie „feministische Theolog*innen“ jeweils im Plural, um auf die Vielfalt feministisch-theologischer Ansätze und Praxen zu verweisen (Auga 2010, 303). Gleichzeitig bleibe ich zur Beschreibung der Akteur*innen meiner Analyse bewusst bei der in den 1970er Jahren entstandenen und für die meisten der betrachteten Theolog*innen weiterhin gültigen Selbstbezeichnung als „feministisch“ (Gasser-Schuchter und Nutt 2014, 32). Auf neuere Begriffe und Perspektiven, wie z.B. der theologischen Geschlechterforschung, werde ich in Kapitel zwei näher eingehen.

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stellen innerhalb des feministisch-theologischen Diskurses hervorbringen, kritisch auseinandersetzen. Die Geschichten zweier deutscher Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellen dabei meine Arbeit vor eine besondere Herausforderung. Zu berücksichtigen sind auf der einen Seite die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs und die damit – innerhalb zweier unterschiedlicher politischer Regime – einhergehenden gesellschaftlichen, feministischen und kirchlichen Auseinandersetzungen in DDR und BRD vor 1990. Auf der anderen Seite prägen die Auswirkungen der deutsch-deutschen Teilung die Diskussionen um das Thema im Zuge der „Vereinigung“ sowie der darauf folgenden Gesetzesnovellierung. Vor diesem Hintergrund besteht die Notwendigkeit, den Analysekontext meiner Arbeit einzugrenzen bzw. zu konkretisieren. Da sich meine Fragestellung an den in unterschiedlicher Form öffentlich gemachten, wenn auch mitunter nicht wahrgenommenen bzw. bewusst ignorierten Auseinandersetzungen feministischer Theolog*innen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch und damit in vielen Fällen zwangsläufig mit den konservativen Positionen der beiden großen evangelischen und katholischen Kirchen orientiert, stellt der Kontext öffentlicher, gesellschaftlicher bzw. innerkirchlicher Debatten ein wichtiges Kriterium dar, da dieser wiederum den Ausgangs- und Bezugspunkt der feministischen Diskussionen bildet.11 Daraus lassen sich für meine Arbeit folgende Entscheidungen ableiten: Zeitlich werde ich meine Analyse auf die Jahre zwischen 1971 und 2001 beschränken, die mit der sogenannten „Selbstbezichtigungskampagne“ in der Zeitschrift „Stern“ 1971 in der BRD bzw. der rechtlichen Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs in der DDR 1972 beginnen. Beide Ereignisse riefen in unterschiedlicher Form gesellschaftliche sowie innerkirchliche Reaktionen und Debatten hervor. Für den Kontext der BRD markierten sie sogar den Auftakt zu langjährigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen.12 Den Endpunkt meiner Analyse und den 11

Aus diskurstheoretischer Perspektive muss selbstverständlich ergänzt werden, dass alle thematischen Beiträge unabhängig von der Form und Öffentlichkeit ihrer Publikation bzw. Verlautbarung als Teil des (Gesamt-)Diskurses der kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch zu betrachten sind. Die Strukturierung und Hierarchisierung der einzelnen Elemente verdeutlicht dabei die für Diskurse konstitutiven Machtwirkungen. Entsprechend ist meine Setzung ebenfalls als Teil des genannten Diskurses und gleichzeitig als machtvolle Strukturierung desselben anzusehen. 12

Gleichwohl gab es bereits vor dem Beginn der 1970er Jahre in beiden deutschen Staaten immer wieder auf verschiedenen Ebenen und aus unterschiedlichen Anlässen Diskussionen um die jeweils gültigen rechtlichen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs und seiner gesellschaftlichen und medizinischen Praxis, wie z.B. der Katalog „Unter anderen Umständen“ der gleichnamigen Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden eindrucksvoll dokumentiert (Staupe und Vieth 1993). Materialien der (verborgenen) politischen Auseinandersetzungen, die 1972 zur Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch der DDR und zur Verabschiedung eines neuen „Gesetzes über den Schwangerschaftsabbruch“ führten, wurden in einmaliger Form von Kirsten Thietz in „Ende der Selbstverständlichkeit? – Die Abschaffung des § 218 in der DDR“ (1992) zusammengetragen.

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vorläufigen Abschluss der genannten Diskussionen stellt der Ausstieg der katholischen Kirche aus der „Schwangerschaftskonfliktberatung“ mit gleichzeitiger Neuordnung der katholischen Beratungsarbeit und Gründung des Lai*innen-Vereins „donum vitae“ bis 2001 dar.13 In Bezug auf das Analysematerial, das ich bislang unter dem Stichwort „Beiträge feministischer Theolog*innen“ zusammengefasst habe, greife ich auf Texte und Stellungsnahmen zurück, die von Vertreter*innen Feministischer Theologien zum Thema Schwangerschaftsabbruch im genannten Untersuchungszeitraum veröffentlicht wurden. Insgesamt liegen mir für die Analyse 16 Beiträge, die zwischen 1971 und 2001 entstanden sind, vor. Die Autor*innen stammen sowohl aus der BRD als auch aus der DDR und gehören entweder der evangelischen oder der katholischen Kirche an. Dennoch bleiben in der Textauswahl, insbesondere in Bezug auf die deutsch-deutsche Herkunft der Autor*innen, Ungleichgewichte bestehen, die mich vor die besondere Herausforderung einer kontinuierlichen Reflexion der seit der „Vereinigung“ in die öffentlichen, kirchlichen, wissenschaftlichen und feministischen Diskussionen eingeschriebenen Ungleichheitsverhältnisse in der Berücksichtigung und Bewertung der Lebenswirklichkeiten in beiden deutschen Staaten stellen, deren Reproduktion es entgegenzuwirken gilt. Zur Beantwortung meiner nunmehr zeitlich sowie hinsichtlich des Kontextes und Analysematerials konkretisierten Forschungsfrage nach den Beiträgen feministischer Theolog*innen in den deutsch-deutschen Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 aus „kritisch-feministischer“ Perspektive möchte ich folgendermaßen vorgehen: Ausgehend von einer Einbettung meiner eigenen Arbeit in die Tradition feministischer Forschungen (Abschnitt 2.1), werde ich in einem ersten Schritt den von mir gewählten diskurstheoretischen Rahmen erläutern (Abschnitt 2.2). Vor diesem Hintergrund werde ich mein Verständnis einer „kritisch-feministischen“ Perspektive konkretisieren (Abschnitt 2.3) und sie in Bezug zu vier zentralen Analysekategorien (Geschlecht und Geschlechterverhältnisse, Autonomie und Selbstbestimmung, Gottesbild und Gottesbeziehung sowie Theologie und Kirche als politische Projekte) setzen, die ich für die spätere Herausarbeitung von dem feministisch-theologischen Diskurs zugrunde liegenden Vorannahmen und sich daraus ggf. ergebenden Normie13

Die Debatte kann natürlich mitnichten als gänzlich abgeschlossen betrachtet werden, setzt sie sich doch innerkirchlich und gesellschaftlich – wenn auch in geringerer Intensität –, wie die eingangs beschriebenen Beispiele zeigen, fort. Auch die feministisch-theologischen Diskussionen gehen weiter, wie z.B. zahlreiche Nennungen und Verweise in Artikeln der deutschsprachigen feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“ nach 2001 belegen (vgl. dazu auch Kapitel vier). Insgesamt kommt es sowohl in den gesellschaftlichen als auch in den feministisch-theologischen Debatten zunehmend zu Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch im Kontext der Thematisierung von Reproduktionsmedizin und Präimplantations- sowie Pränataldiagnostik – Themen, die in den feministisch-theologischen Bewegungen bereits seit den 1980er Jahren eine zentrale Rolle spielen (z.B. Pelkner 2001).

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rungen und Leerstellen heranziehen möchte (Abschnitt 2.4). Im folgenden Kapitel werde ich mit einem Abriss der „unendlichen“ Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs in DDR und BRD unter Berücksichtigung der Positionen und Versuche der politischen Einflussnahme von Seiten der beiden großen christlichen Kirchen die inhaltlichen Ausgangs- und Bezugspunkte der feministisch-theologischen Auseinandersetzungen abstecken. Deren eigene Geschichte wird im Anschluss Gegenstand sein: In Kapitel vier werde ich die Entstehung und Entwicklung der Feministischen Theologien im deutschsprachigen Raum nachzeichnen (Abschnitt 4.1) sowie einen ersten Überblick über den Schwangerschaftsabbruch als Thema feministischtheologischer Debatten geben (Abschnitt 4.2). Daran anschließend werde ich die Auswahl der Analysetexte erläutern und eine erste Charakterisierung des Textkorpus vornehmen (Abschnitt 4.3) sowie die Arbeitsschritte für die anschließende Diskursanalyse spezifizieren (Abschnitt 4.4). Im folgenden Kapitel werden die Analyseergebnisse im Mittelpunkt stehen: Entsprechend meiner Forschungsfragen werde ich den dissidentischen Diskurs der deutschdeutschen Feministischen Theologien zum Thema Schwangerschaftsabbruch herausarbeiten (Abschnitt 5.1 und 5.2), ihn anhand der vier zentralen Analysekategorien auf Vorannahmen, Normierungen und Leerstellen hin untersuchen (Abschnitt 5.3) sowie eine Bewertung als mögliche „kritisch-feministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen christlichen Kirchen vornehmen (Abschnitt 5.4). Im abschließenden zusammenfassenden Fazit möchte ich insbesondere zum einen auf die eingangs konstatierte aktuelle gesellschaftliche sowie innerhalb queer_feministischer Kontexte erlebte „Sprachlosigkeit“ in Bezug auf das Thema Schwangerschaftsabbruch eingehen. Zum anderen möchte ich vor dem Hintergrund der Analyseergebnisse die Frage nach der ebenfalls bereits angedeuteten „Sprachlosigkeit“ zwischen Feministischen Theologien und queer_feministischen Bewegungen aufgreifen und Möglichkeiten produktiver Verknüpfungen – nicht nur im gemeinsamen Kampf gegen den § 218 – aufzeigen.

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2 Kritik, Diskurs, Geschlecht – Theoretische Grundlagen Im vorliegenden Kapitel werde ich in einem ersten Schritt die wesentlichen theoretischen Grundlagen meiner Arbeit erläutern und dadurch ihre spezifische Verortung in bestimmten epistemologischen, disziplinären, forschungspraktischen und politischen Kontexten offenlegen. Ausgehend von den Anliegen feministischer Forschungen und Wissenschaftskritik, werde ich die Perspektiven diskurs- und machttheoretischer Ansätze vorstellen und auf ihre produktive und zugleich herausfordernde Verknüpfung mit feministischen Forschungsanliegen einerseits und (de-)konstruktivistischen Gender-Konzepten andererseits hinweisen. Zentrale Aspekte aus diesen Vorarbeiten zusammenfassend, werde ich anschließend versuchen, die „kritisch-feministische“ Perspektive meiner eigenen Arbeit auszuformulieren und in Bezug auf verschiedene Analysekategorien für die spätere Auseinandersetzung mit den Beiträgen feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch zu spezifizieren. Abschließend erfolgt eine Konkretisierung meiner Forschungsfragen. 2.1 Anliegen und Kontexte feministischer Forschungen Feministische Forschungen beschäftigen sich seit ihren Anfängen in den 1970er Jahren einerseits mit der Sichtbarmachtung von „abgewerteten und vernachlässigten sozialen Erfahrungen von Frauen“ (Nickel 20062, 125), andererseits mit dem „wie“ und „warum“ der sozialen Konstruktion von Geschlechtern bzw. Geschlechterdifferenzen (Hark 20113, 383) – auch und insbesondere in der Wechselwirkung mit anderen sozialen Kategorien und Marginalisierungen (Dietze et al. 20122). Gleichzeitig sind sie geprägt von einer weitreichenden Kritik am hegemonialen Verständnis von wissenschaftlicher Theoriebildung und Praxis (Castro Varela 2007, 93ff.). Zentral ist dabei eine grundlegende Infragestellung von Objektivität, Neutralität und Unabhängigkeit wissenschaftlicher Forschungsergebnisse. Aus feministischer Perspektive ist Wissenschaft stets in patriarchal geprägte gesellschaftliche Machtstrukturen eingebunden und wird von diesen durchzogen. Diese Machtstrukturen wiederum werden von wissenschaftlicher Seite – bewusst oder unbewusst – entweder gestützt oder aufgebrochen. Demnach ist „[j]ede Forschung […] als Eingriff in bestehende Verhältnisse zu verstehen und keineswegs nur objektive Deskription“ (ebd., 94). Damit geht einerseits die Vorstellung einher, „dass jede wissenschaftliche Erkenntnis als prinzipiell sprach-, handlungs- und interpretationsabhängig zu begreifen ist“ (Singer 2004, 257), d.h. dass alle Wissenssubjekte und alles wissenschaftlich produzierte Wissen ausschließlich kontextabhängig und als „situiert“ verstanden werden können. Andererseits wird wissenschaftliches Arbeiten als ein Eingreifen in gesellschaftliche 9

Verhältnisse betrachtet und mit dem explizit politischen Anspruch verknüpft, zu einer „Verbesserung der Lebensbedingungen“ beizutragen (Castro Varela 2007, 96). Als Konsequenz stellen feministische Wissenschaftler*innen an sich selbst und alle wissenschaftlich Arbeitenden den kritischen Anspruch, „wissenschaftliche Forschung mit Interaktion und Verantwortlichkeit, sowie Wahrheits- und Objektivitätsansprüche mit Positionierung und Parteilichkeit zusammen zu denken“ (Singer 2004, 265). Dementsprechend fordern sie eine durchgängige, offene Reflexion des gesamten Forschungshandelns – auch in Bezug auf eigene Privilegierungen im Forschungsprozess, z.B. gegenüber den empirischen Forschungssubjekten oder der Auswahl und Vernachlässigung von Themen und Fragestellungen (Dietze et al. 20122, 13 und 21). Weiterhin besteht der Anspruch auf eine kritische Kontextualisierung sämtlicher Forschungsergebnisse, deren Ausgangspunkt immer das Kriterium der Erfahrung marginalisierter Personen und Gruppen sein sollte und deren Ziel auf die Stärkung von Handlungsfähigkeit und Verantwortlichkeit gerichtet ist (Castro Varela 2007, 95f.). Diese Paradigmen feministischer Forschungen in Bezug auf Kritik und Kontextualisierung unterstützen seit den 1990er Jahren eine verstärkte produktive und zugleich herausfordernde Hinwendung zu (de-)konstruktivistischen und diskursanalytischen Ansätzen (z.B. Hark 20113). Geschlecht – sowie andere soziale Kategorien und Marginalisierungen – wird demzufolge nicht mehr als ontologische Konstante betrachtet, deren gesellschaftliche Ungleichheitswirkungen es aufzubrechen gilt, sondern als durch Sprache, Wissen und Diskurse in einem unablässigen Prozess von Wiederholungen hergestellte und damit veränderbare soziale Konstruktion konzeptualisiert (ebd., 381). Damit stellt sich eine zweifache Herausforderung: Einerseits gilt es, die Wiederherstellung von Geschlechtern und Geschlechterdifferenzen durch feministische Forschungen selbst – auch als Ausgangpunkt feministischer Politik – kritisch zu reflektieren (ebd., 381f.). Diese Reflexionsleistung muss andererseits ebenfalls auf die eigenen, hegemonialen Vorstellungen von Geschlecht angewandt werden, wie sie aus postkolonialer und queerer Perspektive in Frage gestellt werden (ebd., 385). Die Anerkennung dieser ständigen Gleichzeitigkeit von Dekonstruktion und Rekonstruktion bzw. Infragestellung herkömmlicher und Produktion neuer Wahrnehmungsmöglichkeiten ist eine der Grundideen diskursanalytischer Ansätze (ebd., 394). Dieser unausweichlichen Grundproblematik gilt es damit zu begegnen, „immer wieder die Anstrengung [zu unternehmen], gerade die Bedingungen des eigenen Sprechens transparent zu machen“ (ebd., 395).

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Ein weiterer zentraler Aspekt, der sich aus den Paradigmen feministischer Forschungen ergibt, ist die Infragestellung disziplinärer Grenzen androzentrischer Wissenschaft, auf die vielfach mit der inter- bzw. transdisziplinären Ausrichtung feministischer Forschungen reagiert wird. Damit wird nicht nur der wissenschaftliche Anspruch verfolgt, Theorieansätze, Forschungsgegenstände, Analysemethoden und Erkenntnisperspektiven neu und produktiv miteinander zu verknüpfen, sondern ebenfalls einen kritischen „Dialog mit sich selbst und dem eigenen Anderen“ jenseits disziplinärer Wissenschaftsorganisation zu führen (Dietze et al. 20122, 21). So entsteht beispielsweise die vorliegende Arbeit an der Schnittstelle der Sozialwissenschaften bzw. der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung, den Gender Studies sowie Feministischer Theologien – die gleichzeitig Gegenstand dieser Arbeit sind – bzw. der theologischen Geschlechterforschung.14 Darüber hinaus möchte ich meine Arbeit explizit in den Kontext politischer, feministischer und wissenschaftskritischer Forschungen stellen. Zum einen geht es mir in feministischer Tradition um die Aufarbeitung und Sichtbarmachung von im hegemonialen Kontext von Kirche, Gesellschaft und Wissenschaft vernachlässigten und abgewerteten feministischen bzw. sich auf die Erfahrungen von Frauen* beziehenden Auseinandersetzungen und Wissensproduktionen. Zum anderen möchte ich an diese Diskussionen aus wissenschaftskritischer, (de-)konstruktivistischer und diskursanalytischer Perspektive Fragen bezüglich ihrer eigenen unbenannt bleibenden Vorannahmen und dadurch wirkenden Normierungen herantragen. So verstehe ich meine Arbeit in mehrfachem Sinne als politische Intervention: erstens in den hegemonialen Diskurs der kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch, zweitens in den dissidentischen Diskurs feministischtheologischer Beiträge innerhalb dieser Diskussionen und drittens in die feministischtheologische und religiöse Aspekte im Allgemeinen vernachlässigenden politischen Auseinandersetzungen aktueller queer_feministischer Bewegungen. Zusammenfassend lassen sich mein Anliegen, meine inter_trans_disziplinäre Verortung und mein Vorgehen vielleicht am ehesten mit der von Heike Walz vorgeschlagenen Formulierung einer „feministisch positionierten theologischen Geschlechterforschung“ charakterisieren, die sich unter Einbeziehung (de-)konstruktivistischer, postkolonialer und selbstreflexiver Perspektiven als kritische und

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Ich selbst habe zuerst ein Bachelorstudium in den Sozialwissenschaften abgeschlossen und werde diese Arbeit in den Gender Studies einreichen (M.A.). Studienbegleitend habe ich die Weiterbildung „Fernstudium Feministische Theologie“ des Studienzentrums der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie, dem Verband Evangelische Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) und der Evangelischen Arbeitsstelle Fernstudium/Comenius-Institut absolviert.

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konstruktive theologische Auseinandersetzung mit Geschlecht und Geschlechterverhältnissen beschreiben lässt (2008, 11ff.).15 2.2 Perspektiven diskurs- und machttheoretischer Ansätze Im Kontext des französischen Strukturalismus und Poststrukturalismus beginnt der Philosoph und Historiker Michel Foucault in den 1960er Jahren seine Arbeiten zu Diskursbegriff und Diskursanalyse. Er entwirft im Rahmen zahlreicher Publikationen eine „kritische Ontologie der Gegenwart und unserer Selbst“ (Bührmann und Schneider 2008, 33f.), indem er sich der Analyse des Wirkens und Entstehens von Macht durch und innerhalb von Diskursen für die Herstellung von sozialer Wirklichkeit, gesellschaftlichen Institutionen und Subjektkonstitutionen widmet (Seier 1999, 75). Im Zuge dessen legt er jedoch weder ein abgeschlossenes Konzept der Diskursanalyse noch eine eindeutige Definition des Diskursbegriffs vor, sondern versteht seine Arbeiten vielmehr als ein „offenes Konzept“, als das Füllen einer „Werkzeugkiste“ (Jäger 20126, 8). Aus der Rekonstruktion Foucaultscher Arbeiten können im Anschluss an Jürgen Link und Siegfried Jäger Diskurse als „geregelte, ansatzweise institutionalisierte Redeweisen als Räume möglicher Aussagen, insofern sie an Handlungen gekoppelt sind und dadurch Machtwirkungen ausüben“ (Jäger 20126, 26), umschrieben werden. In diesem Zusammenhang geht Foucault davon aus, dass Diskurse nicht als bloße Ansammlung rein sprachlicher Benennungen vorhandener Wissensordnungen und Gegenstände betrachtet werden dürfen, sondern diese selbst „in einer komplexen gesellschaftlichen Praxis“ hervorbringen (Bublitz 1999, 24). Diskurse stellen damit ein spezifisches Wissen zur Verfügung, das „Gegenstände auf eine bestimmte Weise erfahrbar macht und in diesem Sinne soziale Wirklichkeit erst erschafft“ (Seier 1999, 76f.); es kann nach diesem Verständnis also durchaus von einer „Materialität von Diskursen“ gesprochen werden (Bublitz 1999, 23). Diskurse bringen jedoch nicht nur Wissen, Gegenstände, Institutionen und Subjekte hervor, sondern wirken machtvoll auf deren Konstitution, indem sie den Bereich des „Sagbaren“ und „Wahren“ über den Ausschluss des „Abweichenden“ und „Anderen“ auf der Grundlage binärer, hierarchisierter Oppositionsstrukturen definieren und in Form von Normierungsprozessen gesellschaftliche Macht ausüben (Bublitz 1999, 25 und 35). Macht und Wissen sind demnach eng miteinander verwoben – wenn auch nicht identisch – und die Analyse von Diskursen 15

Auf die Verortung Feministischer Theologien in der Tradition feministischer Forschungen weisen Heike Walz und Claudia Rakel (2003) hin. Exemplarische Forschungsprojekte an der Schnittstelle sozialwissenschaftlicher und theologischer Frauen- und Geschlechterforschung werden in „Frauen Leben Religion – Ein Handbuch empirischer Forschungsmethoden“ von Edith Franke, Gisela Matthiae und Regina Sommer (2002) vorgestellt.

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stellt entsprechend immer auch eine Analyse von Macht dar (Bublitz et al. 1999, 11). Ebenso wie die Herstellung von sozialer Wirklichkeit auf der Grundlage von Wissen immer wieder aufs Neue diskursiv erfolgen muss, kann nach Foucaultschem Verständnis Macht weder endgültig angeeignet, noch von bestimmten Personen, Gruppen oder Institutionen besessen und auch nicht eindeutig lokalisiert werden (Bührmann 1995, 18f.). Macht wirkt vielmehr an allen Punkten des Diskurses zugleich repressiv und produktiv (Seier 1999, 78).16 Einerseits sind alle und ist alles innerhalb des Diskurses machtvollen Normierungsprozessen unterworfen, die gleichzeitig regulierenden Versuchen zur Teilhabe an gesellschaftlicher Macht ausgesetzt sind (Bublitz et al. 1999, 11). Andererseits bringt der Diskurs über die Herstellung des „Normalen“ immer auch das potentiell destabilisierende „Andere“ hervor und ermöglicht an jedem Punkt der notwendigen Machtwiederholungen etwaige Abweichungen (Bublitz 1999, 12). Foucault schreibt: „Es handelt sich um ein komplexes und wechselhaftes Spiel, in dem der Diskurs gleichzeitig Machtinstrument und -effekt sein kann, aber auch Hindernis, Gegenlager, Widerstandspunkt und Ausgangspunkt für eine entgegengesetzte Strategie. Der Diskurs befördert und produziert Macht; er verstärkt sie, aber er unterminiert sie auch, er setzt sie aufs Spiel, macht sie zerbrechlich und aufhaltsam.“ (1986, 122)

In diesem Sinne schließt eine Analyse von Diskursen nicht nur die Analyse von Macht mit ein, sondern auch die Analyse von Widerständen, als das „nicht wegzudenkende Gegenüber der Macht“ (Bührmann 1995, 17). Sowohl der „de-ontologisierende Charakter“ des Foucaultschen Diskursverständnisses (Bublitz et al. 1999, 14) als auch die „Hinwendung zu lokalen und unterworfenen Wissensarten“ (Bührmann 1995, 215), ermöglichen eine produktive Verknüpfung diskursanalytischer Vorgehensweisen mit feministischen Forschungsanliegen. Gleichzeitig verweisen die machttheoretischen Überlegungen Foucaults feministische Forscher*innen ebenfalls auf die Situiertheit des eigenen Forschungshandelns sowie der Forschungsgegenstände als innerhalb des Diskurses und damit als in Machtfelder eingewoben. So lässt sich die diskursanalytische Perspektive für mein Forschungsvorhaben einerseits dafür nutzen, die verschiedenen kirchlichen, theologischen und feministisch-theologischen Diskussionen innerhalb der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland konzeptuell als miteinander verwobene hegemoniale und 16

Foucault unterscheidet zwischen Macht und Herrschaft. Von Herrschaft spricht er in Abgrenzung zu Macht immer dann, „wenn die Machtverhältnisse größere Dimensionen annehmen, etwa auf staatlicher Ebene“ und „um auf eine Blockierung im freien Spiel der Machtverhältnisse hinzuweisen“ (Jäger 2012 6, 47).

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dissidentische Diskurse im Rahmen eines kirchlichen Gesamtdiskurses um die Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch zu begreifen. Außerdem wird eine Analyse der Diskursinhalte sowie der darin wirkenden Machtmechanismen in Bezug auf Marginalisierungen und Normierungen möglich. Andererseits nehme ich die Situiertheit meines eigenen Forschungshandelns innerhalb des beschriebenen Diskurses als besondere Herausforderung wahr. Aus diskursanalytischer Perspektive kann ich somit von meiner Position aus nicht nur widerständiges Wissen unterstützen und die vermeintlichen Wahrheiten des hegemonialen Diskurses in Frage stellen, ich bin ebenfalls gezwungen, mein machtvolles Mitwirken an der ständigen Re_Produktion des Diskurses zu berücksichtigen. Ich muss z.B. davon ausgehen, dass ich nicht nur den dissidentischen feministisch-theologischen Diskurs erst in meiner Beschäftigung damit erschaffe, sondern auch den hegemonialen kirchlichen Diskurs durch diese Benennung immer wieder als solchen herstelle. Ich befinde mich in meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung also in einem Prozess ständiger Dekonstruktion, Produktion und Reproduktion des beschriebenen Diskurses aus dem politischen Wunsch und Anspruch heraus, ihn durch die Veränderung von Wahrnehmungsmöglichkeiten in eine bestimmte Richtung verschieben zu können. Die von Andrea Bührmann 1995 veröffentlichte Dissertation „Das authentische Geschlecht – Die Sexualitätsdebatte der Neuen Frauenbewegung und die Foucaultsche Machtanalyse“ bewegt sich in einem ähnlichen Spannungsverhältnis, weshalb ich mein eigenes Vorgehen auf diese Arbeit beziehen möchte. Bührmann analysiert die Sexualitätsdebatte der westdeutschen zweiten Frauenbewegung in den 1970er Jahren und richtet – neben der Aufarbeitung und Sichtbarmachung von deren Beiträgen – vor dem Hintergrund des kritischen und widerständigen Selbstverständnisses der Debatte als „Ausgangspunkte der Befreiung von Individuen“ (1995, 22) an diese die Frage, „inwiefern die Frauenbewegung zur Produktion der Geschlechterverhältnisse beiträgt und welche taktische Rolle sie für die Machtbeziehungen spielt“ (ebd., 21). Sie kann in ihrer Analyse zeigen, dass die Sexualitätsdebatte „nicht nur den Beginn einer Liberalisierung des sexuellen Klimas für Frauen und einen zentralen Beitrag zur Befreiung der Frauen dar[stellt]. Vielmehr kann sie [die Sexualitätsdebatte; Einfügung S.W.] als Normalisierungsinstanz betrachtet werden und lässt sich insofern in die Tradition mächtiger Normalisierungs- und Disziplinierungsmechanismen einordnen.“ (Ebd., 23)

Als Beispiele nennt Bührmann die Festschreibung einer binären Konstruktion von Natur und Kultur, einer biologischen Zweigeschlechtlichkeit sowie der Idee, dass Geschlechter anhand 14

ihrer Geschlechtsorgane eindeutig zu differenzieren und identifizieren seien (ebd., 133). Dies geschehe im Kontext der Herstellung einer neuen Authentizitätsnorm für Frauen* als Mutter oder Lesbe, die in frauenbewegter Tradition mit dem Motto „Feminismus ist die Theorie und Authentisierung ist die Praxis“ beschrieben werden könne (ebd., 192). Bührmann stellt ihrer Analyse der Sexualitätsdebatte der westdeutschen zweiten Frauenbewegung im Rückgriff auf die Arbeiten von Foucault eine umfangreiche Analyse des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Sexualitätsdiskurses voran. Im Anschluss daran arbeitet sie die Wissenskonstruktionen und Normalisierungsmechanismen für die Debatten im Kontext der Frauenbewegung heraus. Ich hingegen möchte den Fokus meiner ansonsten weitestgehend ähnlich angelegten Arbeit in der Analyse der feministisch-theologischen Beiträge zum Thema Schwangerschaftsabbruch stärker auf die diesen zugrundliegenden Vorannahmen und daraus resultierenden Normierungstendenzen richten. Vor dem Hintergrund einer kritischfeministischen Perspektive frage ich, inwiefern die Beiträge feministischer Theolog*innen eine ebensolche „kritisch-feministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen katholischen und evangelischen Kirchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den deutsch-deutschen Diskussionen darstellen. Insgesamt orientiere ich mich also im Vergleich zu Bührmann weniger stark an den Inhalten und Wirkungen des hegemonialen kirchlichen Diskurses – auch wenn dieser zentraler thematischer und analytischer Rahmen bleibt – sondern vielmehr an einer normativen Annäherung an die Frage eines „kritisch-feministischen“ Standpunktes, den ich im folgenden Abschnitt zunächst skizzieren möchte. 2.3 Was bedeutet „kritisch-feministisch“? – Annäherungen Die oben beschriebenen produktiven – und zugleich herausfordernden – Verknüpfungen feministischer Forschungsprämissen und diskursanalytischer Ansätze in (de-)konstruktivistischer Tradition rücken die Frage nach dem politischen Anspruch wissenschaftlicher Forschungen und der damit einhergehenden Formulierung normativer Kriterien als Ausgangspunkt, Richtungsbestimmung und Maßstab gesellschaftlicher Veränderung in den Mittelpunkt. Ist eine solche Formulierung normativer Kriterien weiterhin notwendig und unterstützenswert oder vielmehr aufgrund der darin immer bereits eingeschriebenen Ausschlüsse von vorneherein abzulehnen? Alle oben genannten diskursanalytisch arbeitenden Wissenschaftler*innen beziehen sich in ihren Ausführungen explizit auf ein Verständnis von Diskursanalysen als politische Interventionen (z.B. Seier 1999, 76) und weisen auf Möglichkeiten zur Anwendung normativer Kriterien hin. Jedoch können sich als Konsequenz „mögliche Partei15

nahmen auch nicht auf (letzte) Gewissheiten oder Wahrheiten – seien sie noch so einleuchtend – berufen, sondern sie sind selbst als Effekt historisch spezifischer Praktiken zu fassen und entsprechend auszuweisen.“ (Bührmann und Schneider 2008, 41f.) Hannelore Bublitz, Andrea Bührmann, Christine Hanke und Andrea Seier halten beispielsweise eine ethische Haltung „ausgerichtet auf Freiheit, Kritik und Wandel“ (1999, 14) für einen unerlässlichen Bestandteil diskursanalytischer Forschungen. Siegfried Jäger (20126) nennt zur Betonung dieses Aspekts den Gesamtentwurf seines Analysekonzepts sogar „Kritische Diskursanalyse“. Für die praktische Umsetzung schlagen Andrea Bührmann und Werner Schneider eine „Strategie der ‚reflektierten Optionen‘ für normative Kriterien der Kritik“ vor (2008, 41), deren Auswahl und Begründung zum einen vor der eigentlichen Diskursanalyse erfolgen und zum anderen in ihrer eigenen Kontextualität und Kontingenz kenntlich gemacht werden solle (ebd., 41f.). Dieser Position schließe ich mich mit der vorliegenden Arbeit an und werde dafür den genannten Strategievorschlag in Bezug auf mein weiteres Vorgehen nutzen. Darüber hinaus möchte ich die Formulierung normativer Kriterien – die ich im Folgenden unter der Bezeichnung „kritisch-feministisch“ zusammenfasse – mit einer weiteren Begründung stark machen: Aus meiner Sicht besteht für die Aufnahme eines politischen Projekts und den damit zusammenhängenden Kämpfen nicht nur die Notwendigkeit einer kritischen Analyse gesellschaftlicher Ungerechtigkeitsverhältnisse und der Entwicklung wirksamer Widerstandsformen, sondern auch die gemeinsame Verständigung über ein Ziel bzw. die Vorstellung von einer gerechten, gewaltfreien Welt, auf die es hinzuarbeiten gilt. Diese verschiedenen Aspekte finden sich auch in einer Konzeptualisierung von Feminismus bei Ingrid Kurz-Scherf, Julia Lepperhoff und Alexandra Scheele, auf die ich mich im Folgenden beziehen möchte: „Feminismus ist ein Diskurs- und Politikfeld, in dem es um die Bearbeitung der wechselseitigen Verschränkung von Herrschaft und Geschlecht, um die Kritik an und die Überwindung von herrschaftlich geformten Geschlechterverhältnissen und geschlechtlich fundierten Herrschaftsverhältnissen geht. […] Feminismus [wird verstanden; Einfügung S.W.] als eine sozial-emanzipatorische Bewegung an der Schnittstelle von Herrschaft und Geschlecht, die von „Unrechtserfahrungen“ ausgelöst [wird] und sich aus dem Begehren nach Gleichheit, Freiheit und Solidarität speist.“ (2009, 291)

Wesentliche Merkmale dieser Vision von Feminismus als politisches Projekt sind ein Verständnis von Geschlecht – sowohl in der hierarchischen Anordnung der Geschlechterverhältnisse als auch in Form des Zwangs zu Zweigeschlechtlichkeit und heteronormativen Begeh16

rensstrukturen – als sozial konstruiert, die Zurückweisung von auf abwertenden Konstruktionen des „Anderen“ basierenden essentialisierenden Identitätskategorien im Anschluss an postkoloniale und queere Kritiken, die Berücksichtigung des intersektionalen bzw. interdependenten Zusammenwirkens verschiedener sozialer Kategorien und gesellschaftlicher Machtverhältnisse sowie in diesem Kontext die Reflexion eigener Privilegierungen bzw. des eigenen Täter*innen-Seins in einer globalen Perspektive (Kurz-Scherf et al. 2009, 279ff.). In diesem Sinne bedeutet Feminismus eine umfassende Herrschaftskritik mit dem Anspruch an die eigene Kritik- und Politikfähigkeit (ebd., 281). Um in diesem Prozess sensibel für das Entstehen möglicher neuer Ausschlüsse zu bleiben und die eigenen Annahmen daraufhin immer wieder zu überprüfen und in Frage zu stellen, füge ich deshalb den Zusatz „kritisch“ in meine Formulierung einer „kritisch-feministischen“ Perspektive ein, die – in Ergänzung einer theologischen Sicht – „für uns alle eine andere konsequentere Radikalität des Herzens, aber auch des Kopfes“ im Hinblick auf „eine andere Art von Leben“ will (Sölle 2003, 14f.). Wie oben bereits angedeutet, möchte ich meine Analyse der Beiträge feministischer Theolog*innen in den deutsch-deutschen Diskussionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch auf eben diese „kritisch-feministische“ Perspektive ausrichten und danach fragen, inwiefern sie eine „kritisch-feministische“ Alternative zu den Positionen der beiden großen christlichen Kirchen darstellen. Mit diesem Vorgehen möchte ich einerseits kritische Fragen an die Beiträge aus den Feministischen Theologien richten – in diskurstheoretischer Tradition und in Anlehnung an die Arbeit von Andrea Bührmann nach zugrundeliegenden Vorannahmen und Re_Produktionen von Normierungen. Andererseits möchte ich auf das mögliche utopische bzw. entwerfende Potenzial (Auga 2007, 17ff.) dieser Beiträge in Annäherung an die zuvor definierte „kritisch-feministische“ Perspektive hinweisen. Die Beträge feministischer Theolog*innen können dabei als Alternative zu den hegemonialen kirchlichen Positionen verstanden werden und Anknüpfungspunkte für Bündnisse mit säkularen queer_feministischen Bewegungen bieten. Um neben einer allgemeinen Darstellung der Inhalte der feministisch-theologischen Beiträge zum Thema Schwangerschaftsabbruch meine Analyse in Bezug auf Kritik und Entwurf stärker zu fokussieren, wähle ich verschiedene Themenkomplexe bzw. Analysekategorien aus, die mir auf Grundlage meiner Beschäftigung mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch aus der Perspektive einer feministisch positionierten theologischen Geschlechterforschung als relevant erscheinen. Dies vereinfacht meinen Versuch einer Kritik der zugrundeliegenden Vorannahmen und Re_Produktionen von Normierungen. Die Analysekategorien sind aus dem 17

Forschungsfeld der Gender Studies kommend erstens die Frage nach der Vorstellung von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen sowie zweitens die Frage nach der Konzeptualisierung von Autonomie und Selbstbestimmung, aus dem Forschungsfeld Feministischer Theologien kommend drittens die Frage nach dem Gottesbild bzw. der beschriebenen Gottesbeziehung und viertens die Frage nach dem Verständnis von christlicher Theologie und Kirche als politische Projekte. Die Analysekategorien beziehen sich zum einen auf zentrale Aspekte der gesellschaftlichen, feministischen, wissenschaftlichen und kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch. Zum anderen greifen sie wesentliche Grundfragen der Gender Studies sowie Feministischer Theologien auf, die die beiden Forschungsfelder meiner eigenen disziplinären Verortung darstellen. Darüber hinaus besitzen sie für mich hinsichtlich eines Verständnisses von Wissenschaft als politische Intervention und mit dem Ziel, zu gesellschaftlichen Veränderungen beizutragen, besondere Relevanz. Was jeweils eine „kritisch-feministische“ Perspektive in Bezug auf diese vier Analysekriterien aus meiner Sicht bedeuten kann, möchte ich im nächsten Abschnitt näher ausführen. 2.4 Spezifizierung der Analysekategorien und Forschungsfragen Für die Auseinandersetzung mit den vier Analysekategorien lässt sich die beschriebene „kritisch-feministische“ Perspektive in vereinfachender Form auf folgende Frage verkürzen: Werden durch die Inhalte der feministisch-theologischen Beiträge in Bezug auf die Analysekategorien jeweils Ungerechtigkeitsverhältnisse stabilisiert oder im Sinne einer „anderen Art von Leben“ aufgebrochen? Im Folgenden werde ich die ausgewählten Kategorien entlang für mein Forschungsanliegen zentraler Aspekte kurz erläutern und entsprechend dieser Frage für die Analyse spezifizieren. Um mein jeweiliges Verständnis der Analysekategorien aus „kritisch-feministischer“ Perspektive besser veranschaulichen zu können, werde ich am Ende jedes Abschnitts Beispielfragen formulieren, die die aus meiner Sicht wesentlichen Aspekte nochmals zusammenfassen und damit die Analyserichtung verdeutlichen. In der Analyse soll es entsprechend auch nicht darum gehen, diese Einzelfragen auf alle Analysetexte in Detail anzuwenden. Schließen möchte ich diesen Abschnitt mit einer Zusammenfassung und Konkretisierung meiner Forschungsfragen. Geschlecht und Geschlechterverhältnisse Wie im vorigen Abschnitt bereits angedeutet, gehe ich von einer (de-)konstruktivistischen Perspektive auf Geschlecht und Geschlechterverhältnisse als sozial konstruierte Wirklichkeit 18

aus. In diesem Sinne ist Geschlecht auch zu verstehen als „diskursives Regime, das – in Foucaultscher Terminologie – systematisch die Gegenstände bildet, von denen es spricht: die Erfahrung unserer Körper, unser Begehren, unser Handeln, unsere sozialen Beziehungen, unsere kulturellen Ordnungen“ (Hark 20113, 387). Geschlechter und ihr Verhältnis zueinander werden nicht nur als diskursive Normierungsinstanzen auf spezifische Art und Weise hervorgebracht, ihre Konstruktion dient innerhalb einer diskursanalytischen Formulierung gleichzeitig zur machtvollen Aufrechterhaltung des hegemonialen Diskurses (Auga 2007, 190ff.). Dieser Aspekt wird von Foucault selbst völlig vernachlässigt, wie z.B. Andrea Bührmann in ihrer eigenen Herausarbeitung eines sogenannten „Geschlechterdispositivs“ kritisiert (1995, 50). Die feministischen Auseinandersetzungen mit der Konzeptualisierung von Geschlecht als sozialer Konstruktion werden seit Anfang der 1990er Jahre eng mit den sich auf Foucaultsche Ansätze beziehenden Arbeiten der US-amerikanischen Philosoph*in und Literaturwissenschaftler*in Judith Butler in Verbindung gebracht. Butler versteht sowohl „sex“ als auch „gender“ als diskursive Effekte, die in einem unablässigen Prozess möglichst identischer Wiederholungen hervorgebracht werden und die den Regeln und Sanktionsmechanismen einer sogenannten „heterosexuellen Matrix“ folgen (Schippert et al. 2008, 107ff.). Die heterosexuelle Matrix fordert innerhalb einer zweigeschlechtlichen Struktur die Übereinstimmung von „sex“ und „gender“ sowie ein darauf bezogenes heterosexuelles erotisches Begehren („desire“) und macht die „Deckungsgleichheit“ dieser drei Dimensionen zur vermeintlichen Bedingung einer gelingenden Subjektwerdung (ebd.). Butler weist gleichzeitig auf die konstitutive Instabilität des notwendigen Wiederholungsprozesses hin und fordert dazu auf, „die Möglichkeiten, anders zu wiederholen, Störungen zu verursachen, Unfälle und Abweichungen auszunutzen, um die Natürlichkeit [von sex, gender und desire; Einfügung S.W.] zu hinterfragen und die damit verbundenen Machtstrukturen zu entlarven und zu verändern“ (ebd., 111; Hervorhebungen beseitigt). Im Zuge dessen formuliert sie* nicht nur wesentliche Aspekte der „Queer Theory“, sondern schreibt auch am politischen Programm der LesbianGayBiTrans*Inter*Queer (LGBT*I*Q)-Bewegung mit. „Queer Theory“ bezieht sich neben der Zurückweisung einer Vorstellung von natürlicher Zweigeschlechtlichkeit sowie der Infragestellung des Monopols von Heterosexualität insbesondere auf eine radikale Kritik an Identitätskonstruktionen, die sie aufgrund der damit stets zusammenhängenden Vereinnahmungs-, Ausschluss- und Hierarchisierungsmechanismen zurückweist und demgegenüber Vielfalt und Widersprüchlichkeiten befürwortet (Engel 20072). Interventionen gegen eine homogen gedachte Gruppe „Frauen“ gehen im Kontext der 19

feministischen Bewegungen bereits seit den 1970er Jahren ebenfalls von Migrant*innen, Schwarzen Frauen*, Jüd*innen, Lesben* und Frauen* mit BeHinderungen aus und werden auf theoretischer Ebene in postkolonialen und intersektionalen bzw. interdependenten Ansätzen formuliert. Sie setzen sich zum Ziel, einerseits auf eine Thematisierung von Hierarchieverhältnissen zwischen Frauen* hinzuwirken und andererseits die Berücksichtigung der theoretisch und gesellschaftlich nicht aufhebbaren Wechselwirkungen von Geschlecht mit anderen sozialen Kategorien und Machtverhältnissen einzufordern (Walgenbach 20122). Die Gemeinsamkeit aller genannten – (de-)konstruktivistischen, queeren, postkolonialen und intersektionalen – Ansätze bezieht sich damit auf den Versuch, das Nachdenken über Geschlecht und Geschlechterverhältnisse im Kontext feministischer Forschungen sowie die Ausrichtung politischen Handelns innerhalb queer_feministischer Bewegungen so zu gestalten, dass es nicht zu einer Stabilisierung von gesellschaftlichen Ungerechtigkeitsverhältnissen kommt, sondern dass diese umfassend kritisiert, in Bewegung gebracht und bestenfalls aufgebrochen werden.17 Im Sinne einer solchen „kritisch-feministischen“ Perspektive lässt sich die Analysekategorie „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse“ anhand folgender Beispielfragen in Bezug auf die Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch umreißen: -

Welches Verständnis von Geschlecht liegt den Texten zugrunde? Wird von zwei abgeschlossenen und stabilen Geschlechtskategorien „Frau“ und „Mann“ gesprochen oder wird von einer Vielfalt der Geschlechter ausgegangen?

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Wie wird die Herstellung von Geschlecht begründet? Wird auf biologistische Argumentationen oder auf (de-)konstruktivistische Perspektiven zurückgegriffen?

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Welche Begehrensformen werden thematisiert? Kommt es zu einer Re_Produktion heterosexueller Normen?

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Über welche Personen wird gesprochen_geschrieben, welche Perspektiven werden ausgeblendet? Wird im Vergleich dazu die Position, aus der gesprochen_geschrieben wird, als solche kenntlich gemacht?

Autonomie und Selbstbestimmung „Autonomie“ und „Selbstbestimmung“ sind Schlüsselbegriffe der feministischen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch. In den westdeutschen Debatten der 17

Zusammenfassende Einführungen zu postkolonialen Theorien finden sich z.B. bei María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan (2009), zu intersektionaln Ansätzen bei Birgit Rommelspacher (2009) sowie zu den Arbeiten Judith Butlers bei Eveline Kilian (2010).

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1970er Jahre um eine Neuregelung des § 218 sind es Aktivist*innen der feministischen Bewegungen, die erstmals das „Selbstbestimmungsrecht von Frauen“ als Begründung für eine Liberalisierung bzw. Aufhebung der strafrechtlichen Sanktionierung des Schwangerschaftsabbruchs einbringen (Mantei 2004, 31). Beide Begriffe sind ebenfalls konstitutiv für die „zweite bzw. autonome westdeutsche Frauenbewegung“ selbst (Moser 2008, 110f.). Autonomie und Selbstbestimmung wurden von ihr sowohl auf politisch-inhaltlicher Ebene, z.B. in Bezug auf das Thema Schwangerschaftsabbruch, als auch auf der Ebene der eigenen Organisierung vor dem Hintergrund männerdominierter linker Strukturen und institutionalisierter Politik gefordert (ebd.) und dabei als sogenanntes „negatives Schutz- und Abwehrrecht“ gegen patriarchale Fremdbestimmung formuliert (Pelkner 2001, 46). Aufgrund des Bewegungskontextes wurden Autonomie und Selbstbestimmung bewusst nicht individualistisch (Moser 2008, 111) und entsprechend nicht als unbegrenztes „positives Anspruchsrecht“ in Bezug auf persönliche Freiheiten gedacht (Pelkner 2001, 256). Dennoch werden die Konzepte von Autonomie und Selbstbestimmung beginnend in den 1980er Jahren aus dem Bereich feministischer Erkenntnistheorie und Ethik (Moser 2008, 113) sowie im Kontext technikkritischer Auseinandersetzungen mit neuen reproduktionstechnologischen Möglichkeiten einer innerfeministischen Kritik unterzogen (Pelkner 2001, 46f.). Die Auseinandersetzungen beziehen sich insbesondere auf zwei Aspekte: Zum einen wird eine auf Immanuel Kant zurückgehende Vorstellung eines rationalen, männlichen Subjekts (ebd.) als „eines allein stehenden, von Beziehungen und sozialen Zusammenhängen losgelösten Selbst“ (Moser 2008, 115) in Frage gestellt. Zum anderen wird auf die Grenzen und Gefahren eines statischen Verständnisses von Autonomie und Selbstbestimmung hingewiesen (Pelkner 2001, 47f.). Als Beispiele werden die neoliberale Vereinnahmung und Umdeutung feministischer Autonomie-Konzeptionen in Richtung eines individualistischen Besitz- und Kontrollrechts am eigenen Körper sowie die Verwirklichung von Emanzipationsansprüchen kaufkräftiger Frauen* des globalen Nordens auf Kosten und durch die Ausbeutung von „anderen“ Frauen* innerhalb eines globalisierten Weltwirtschaftssystems genannt (ebd.). Vor dem Hintergrund dieser Kritiken und Entwicklungen bemühen sich feministische Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen um eine Re_Formulierung der Konzeptionen von Autonomie und Selbstbestimmung. Im Zentrum der Überlegungen steht dabei die Beschreibung eines Befreiungsbegriffs, der erneute Ausschließungsprozesse verhindert und den Gefahren einer neoliberalen Vereinnahmung entgegenwirkt. Vielfach wird eine mögliche Antwort im Zusammendenken von Autonomie und Selbstbestimmung mit Relationalität, Be21

ziehungshaftigkeit, Angewiesensein und Abhängigkeit als zentrale Kategorien menschlichen Seins gesehen (z.B. Pelkner 2001, 267). Eine solche Verknüpfung fordert auf einer gesellschaftspolitischen sowie ethischen Ebene einerseits die Berücksichtigung der Konsequenzen selbstbestimmter Entscheidungen innerhalb einer von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen durchzogenen globalisierten Welt (Hofmann 1999, 67 und 273) und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln ein (Moser 2008, 110). Andererseits verweist sie auf epistemologischer Ebene auf die Ideen (de-)konstruktivistischer und diskurstheoretischer Ansätze, die das Subjekt – und seien die von außen angenommenen und von innen erfahrenen Handlungsmöglichkeiten noch so prekär – zugleich als „ein geformtes und formendes, ein behandeltes und handelndes“ begreifen (Moser 2008, 126; Hervorhebungen im Original). Beide Aspekte stehen in enger Beziehung zu der von mir zuvor formulierten „kritischfeministischen“ Perspektive, aus der ich die Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch analysieren möchte. Diese lassen sich in folgenden Beispielfragen zusammenfassen: -

Welche Konzeptionen von Autonomie und Selbstbestimmung liegen den Texten zugrunde? Ist in diesem Zusammenhang eine Definition als „negatives Schutz- und Abwehrrecht“ oder eine als „positives Anspruchsrecht“ insbesondere im Sinne eines individualistischen Besitz- und Kontrollrechts zu erkennen?

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Wird auf die innerfeministische Kritik an beiden Konzeptionen und auf die Grenzen und Gefahren eines statischen, individualistischen Autonomie- und Selbstbestimmungsverständnisses Bezug genommen?

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Werden relational gedachte Autonomie-Konzepte formuliert? Werden sie gezielt genutzt, um Ungerechtigkeitsverhältnisse zum Thema Schwangerschaftsabbruch in einer globalen Perspektive kritisieren und aufbrechen zu können?

Gottesbild und Gottesbeziehung Eines der zentralen Themen Feministischer Theologien ist die kritische Auseinandersetzung mit den androzentrisch-herrschaftlichen Gottesbildern der patriarchalen christlichen Tradition – die sich in Bezeichnungen wie „Vater“, „Herr“ oder „Allmächtiger“ wiederspiegeln – und ihren Auswirkungen (Preising 2003). Für feministische Theolog*innen weisen diese Fragen dabei über den Kontext von christlicher Religion und kirchlichen Institutionen hinaus, da sie sich in einem engen Wechselverhältnis mit gesellschaftlichen Strukturen und individuellen 22

Identitätskonstruktionen befinden (ebd., 86). So geht es Vertreter*innen Feministischer Theologien beispielsweise nicht nur um eine Kritik an der Ausgrenzung von Frauen* aus kirchlichen Ämtern, sondern z.B. ebenfalls um die Analyse der Anrufung eines männlichen Herrscher-Gottes zur Legitimierung gewaltvoller Geschlechterbeziehungen.18 Gleichzeitig begeben sich feministische Theolog*innen auf die Suche nach neuen oder wiederentdeckten – insbesondere Frauen* – befreienden Gottesbildern, die eine andere – nicht gewaltvoll geprägte – Beziehung zu Gott erlebbar machen. Aber: „Neue Vorstellungen vom Göttlichen müssen […] in der Lage sein, die Gottesebenbildlichkeit der Frauen zum Ausdruck zu bringen, ohne allerdings ein bestimmtes Bild von Weiblichkeit erneut idealisierend festzuschreiben.“ (Preising 2003, 86f.) Dies ist ein Anspruch, der jedoch nicht immer eingelöst wird bzw. der ebenfalls hinsichtlich einer Vielfalt von Geschlechtern erweitert werden muss. Vor diesem Hintergrund sind neben der Wiederentdeckung der großen Anzahl an unterschiedlichen biblischen Gottesbildern – sowohl in Bezug auf weibliche Personifikationen als auch hinsichtlich transpersonaler Bilder – und der Suche nach einer sogenannten „Göttinnenspiritualität“, für mich in Anknüpfung an die beiden vorigen Analysekategorien und die Frage nach einer befreienden, „kritisch-feministischen“ Perspektive, insbesondere relationale sowie (de-)konstruktivistische Gottesbegriffe und -bilder von Bedeutung, da sie über die bloße Ergänzung „männlicher“ Gottesebenbildlichkeit hinausweisen und zu einer „Reflexion der grundlegenden Strukturen des Glauben“ auffordern (ebd., 89). Feministische Beziehungstheologien begreifen Gott mit Carter Heyward demnach als „Macht in Beziehung“ (Preising 2003, 88). Dabei wird der hierarchische Dualismus einer absoluten Gottheit und eines einsamen menschlichen Ichs mit dem Hinweis auf die Relationalität von Gott und Menschen aufgelöst (Pelkner 2001, 38). Gott- und Menschwerdung geschieht vielmehr in zwischenmenschlichen Beziehungen, die von Angewiesensein und Gegenseitigkeit geprägt sind und sich gegen Herrschaft und Unterdrückung wenden (Sölle 2003, 19). (De-) konstruktivistische und queere Ansätze versuchen dagegen herkömmliche Gottesbilder bewusst aus ihren gesellschaftlichen und theologischen Kategorien und Festschreibungen – insbesondere in Bezug auf Geschlecht und Sexualität – zu befreien (Preising 2003, 89). Marcella 18

Auch andere gesellschaftliche Machtverhältnisse wurden bzw. werden mit einem solchen patriarchalen Gottesbild stabilisiert, so z.B. durch die Rolle von christlicher Religion und ihren Kirchen in Kolonisierungsprozessen oder aktuellen geopolitischen Auseinandersetzungen. Der Verweis auf die Gottesebenbildlichkeit des Mannes bzw. des Menschen hat ebenfalls zu einer christlich legitimierten Ausbeutung von Tieren, Pflanzen und natürlichen Ressourcen beigetragen. An diesem Punkt steht auch im Moment in der überwiegenden Anzahl feministisch-theologischer Arbeiten eine grundlegende Auseinandersetzung mit den eigenen speziesistischen Vorannahmen noch aus (Schäfer-Bossert und Bossert 2012).

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Althaus-Reid spricht_schreibt z.B. in ihrer „Indecent Theology“ als einer Theologie „without underwear“ (2004, 86) von „Gott auf der Grenze“ (ebd., 146) und Gisela Matthiae entwirft im Prozess einer „feministischen Dekonstruktion des Göttlichen“ das vieldeutige Bild einer „Clownin Gott“ (20012). Am Beispiel des Themas Schwangerschaftsabbruch wird der enge Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Gottesbild und daraus abgeleiteten theologischen Aussagen insbesondere in Bezug auf die Konzeptionen von Schuld und Sünde deutlich. Während die patriarchale christliche Theologie in ihrer spezifischen Interpretation des sogenannten „Sündenfalls“ den weiblichen Körper generell als potenziell sündhaft und minderwertig auffasst und zu einer negativen Bewertung aktiver weiblicher Selbstbestimmung kommt, machen feministisch-theologische Ansätze auf diese unterdrückerischen Zusammenhänge aufmerksam und re_formulieren den Sünde-Begriff aus machtkritischer Perspektive (Hartlieb und Preising 2003): Sünde wird dann vielmehr „als ungerechte Machtausübung und Unterdrückung anderer, aber auch als Verstrickung in und Verantwortung für entsprechende gesellschaftliche Strukturen bis hin zur Einwilligung in die eigene Ohnmacht verstanden“ (ebd., 287). Diese Haltung spiegelt sich in den feministisch-theologischen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch insbesondere in einer Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen wider und richtet sich gegen ein Verharren in Schuldzuweisungen an Einzelne. Generell lässt sich die Ausrichtung der Analysekategorie „Gottesbild und Gottesbeziehung“ durch folgende Beispielfragen charakterisieren: -

Welche Gottesbilder werden in den Texten benutzt und welche Gottesbeziehung kommt dadurch zum Ausdruck?

-

Werden hierarchische Machtverhältnisse und dualistische Vorstellungen von Geschlecht wieder eingeschrieben oder wird Gott relational bzw. vielfältig gedacht?

-

Werden spezifische Konzeptionen von Schuld und Sünde benannt? Auf welche der beschriebenen Auffassungen nehmen diese Auslegungen Bezug?

Theologie und Kirche als politische Projekte In meinen bisherigen Ausführungen habe ich versucht, mein eigenes Verständnis von Feminismus und Wissenschaft in Anknüpfung an die Tradition feministischer Wissenschaft(skritik) als genuin politische Projekte deutlich zu machen. Gleiches gilt aus feministisch-theologischer Perspektive ebenfalls für Theologie und Kirche, da von einem konstitutiven Zusam24

menhang von Politik, privatem Alltag und theologischer Arbeit auszugehen ist (Schäfer-Bossert und Hartlieb 2012, 10). Zurückgegriffen wird dabei u.a. auf die von Dorothee Sölle 1982 formulierte Konzeption einer „Politischen Theologie“, die „Politik als de[n] umfassende[n] und entscheidende[n] Raum, in dem die christliche Wahrheit zur Praxis werden soll“ versteht (1982, 64f.). Die Herausgeberinnen des 2012 erschienenen Sammelbandes „Feministische Theologie – Politische Theologie“ Stefanie Schäfer-Bossert und Elisabeth Hartlieb erneuern und erweitern dieses Selbstverständnis in Bezug auf eine wissenschaftskritische Reflexion der eigenen theologischen Arbeit und ihrer Auswirkungen auf kirchliche und spirituelle Praxen sowie im Hinblick auf eine angemessene Berücksichtigung praktischer Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit theologischen Fragestellungen (2012, 13). In diesen Re_Formulierungen von „Feministischer Theologie als Politische Theologie“ wird nicht nur der Bezug auf die wissenschaftskritische Herangehensweise feministischer Theolog*innen und ein Verständnis der Kontextualität und Verwobenheit der eigenen Theologie und Praxis deutlich, sondern sie verweisen ebenfalls auf die politische Rolle von Theologie und Kirche. Einerseits mahnen sie eine kritische Reflexion gegenseitiger machtstabilisierender Mechanismen von Theologie bzw. Kirche und Politik an. Andererseits rufen sie die (politische) Botschaft des christlichen Glaubens ins Gedächtnis, die unter dem Stichwort „Befreiung“ zusammengefasst werden kann und die immer mit einer Kritik an herrschenden Ungerechtigkeitsverhältnissen und einer Parteilichkeit für die „Marginalisierten“ einhergehen muss. Gleichwohl lassen sich aus den biblischen Texten keine generalisierbaren politischen Programme ableiten, sie weisen vielmehr auf eine Berücksichtigung des jeweiligen historischen und sozialen Kontextes in der Formulierung spezifischer ethischer Normen hin. Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland sehen ihr politisches Engagement in einem sogenannten „Öffentlichkeitsauftrag“, als einer „kirchliche[n] Selbstverpflichtung zur aktiven Beteiligung am öffentlichen Diskurs über den politischen Weg und das soziale Wohl der Gesellschaft“ (Mantei 2004, 20) verwirklicht, über dessen genaue Ausgestaltung jedoch innerkirchliche sowie gesellschaftliche Uneinigkeit herrscht (ebd., 41f.). Neben den sozialen und seelsorgerlichen Aufgaben, reicht die Wahrnehmung des „politischen Mandats der Kirchen“ von der Formulierung von Gedankenanstößen bis hin zur Veröffentlichung von Stellungnahmen zu konkreten politischen Fragen und der Lancierung politischer Kampagnen, wie im folgenden Kapitel das Beispiel der Auseinandersetzungen um die rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs zeigen wird. Gleichzeitig wird deutlich werden, dass viele der politischen Interventionen von kirchlicher Seite im Sinne feministischer (Befreiungs-)Theolo25

gien und aus Sicht einer „kritisch-feministischen“ Perspektive nicht auf eine „andere Art von Leben“ ausgerichtet sind, die gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse grundlegend in Frage stellt und hinter sich lässt. Vor diesem Hintergrund möchte ich die Analysekategorie zum politischen Selbstverständnis von Theologie und Kirche mit Hilfe folgender Beispielfragen spezifizieren: -

Begreifen die Autor*innen der Texte ihre eigene theologische Arbeit sowie ihr Engagement innerhalb kirchlicher Strukturen als politische Projekte?

-

Verknüpfen sie dies mit einer kritischen Reflexion der eigenen politischen Einflussnahme sowie einer Kritik an gesellschaftlichen – auch kirchlich und theologisch gestützten – Ungerechtigkeitsverhältnissen?

Zusammenfassung und Konkretisierung der Forschungsfragen An dieser Stelle möchte ich abschließend unter Verweis auf meine in diesem Kapitel erläuterten theoretischen Grundlagen in Bezug auf feministische Wissenschaft(skritik), diskurstheoretische Ansätze sowie eine (de-)konstruktivistische Perspektive auf gesellschaftliche Kategorien und Machtverhältnisse meine Forschungsfragen zusammenfassend konkretisieren. Ausgehend von der Frage, inwiefern die Beiträge feministischer Theolog*innen eine „kritischfeministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen katholischen und evangelischen Kirchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den deutsch-deutschen Diskussionen zwischen 1971 und 2001 darstellen, möchte ich folgende Aspekte bzw. Analyseschritte berücksichtigen: 1. Eine Aufarbeitung und Sichtbarmachung des dissidentischen Diskurses der deutschdeutschen Feministischen Theologien zum Thema Schwangerschaftsabbruch. 2. Eine Herausarbeitung spezifischer Vorannahmen bzw. diesen Beiträgen zugrunde liegenden Konstruktionen in Bezug auf die Analysekategorien Geschlecht und Geschlechterverhältnisse, Autonomie und Selbstbestimmung, Gottesbild und Gottesbeziehung sowie in Bezug auf Theologie und Kirche als politische Projekte. 3. Eine Auseinandersetzung mit den durch die Beiträge neu bzw. erneut diskursiv hervorgebrachten Normierungen und Leerstellen aus „kritisch-feministischer“ Perspektive. Im folgenden Kapitel werde ich dazu zunächst den rechtlichen und politischen Rahmen der gesellschaftlichen und kirchlichen Auseinandersetzungen um die sozialen Ursachen und Fol26

gen, die ethisch-moralische Bewertung sowie insbesondere die rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der vergangenen Jahrzehnte in DDR und BRD rekonstruieren. Im Zuge dessen werde ich ebenfalls die von „offiziellen“ Stellen innerhalb der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland vertretenen Positionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch als sogenannten hegemonialen kirchlichen Diskurs herausarbeiten. Dieser kann gemeinsam mit den Auseinandersetzungen auf politischer Ebene als zentraler Bezugspunkt für die im Anschluss zu analysierenden Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch, die ich als dissidentischen Diskurs innerhalb der kirchlichen Debatte fasse, betrachtet werden.

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3 „Die unendliche Geschichte des § 218“ – Gesellschaftliche, politische und kirchliche Auseinandersetzungen seit den 1970er Jahren in DDR und BRD Für die Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch, die innerhalb des westlichen Kulturkreises mit der griechisch-römischen Antike beginnen, verweisen Historiker*innen auf mehrere Konstanten: Sie stellen erstens fest, dass es immer – lange Zeit überwiegend weibliches – Wissen über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und ihre Praxis gegeben hat (Jütte 1993, 9ff.). Zweitens unterlagen Schwangerschaftsabbrüche gleichzeitig stets gesellschaftlichen Regulierungen und sittlichen Bewertungen, die fast ausschließlich von Männern geprägt wurden (ebd.) und dabei „zu keinem Zeitpunkt der Geschichte als ein der Schwangeren fraglos zukommendes Recht verstanden worden ist“ (Mantei 2004, 27). Über die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen fand somit drittens immer auch eine patriarchale Definition und Kontrolle des weiblichen Körpers sowie der Geschlechterverhältnisse insgesamt statt (Jütte 1993, 9ff.). Neben diesem aus feministischer Perspektive zentralen Analyseergebnis ist außerdem festzuhalten, dass zum einen die sittlichen und ethischen Bewertungen von Schwangerschaftsabbrüchen stets eng – wenn auch nicht immer intendiert bzw. unmittelbar ersichtlich – mit den Moralvorstellungen der christlichen Tradition und Kirchen verbunden sind und waren (Mantei 2004, 15). Zum anderen werden die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema insbesondere seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hauptsächlich im Kontext der Änderung strafrechtlicher Regelungen geführt (Lippold 2000, 12). Vor diesem Hintergrund werde ich im Folgenden die „unendliche Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs“ (Ockel 2000) mit einem Schwerpunkt auf die seit den 1970er Jahren in DDR und BRD vorherrschenden Debatten in ihrem Zusammenhang mit den gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Auseinandersetzungen rekonstruieren. Im Hinblick auf die Fragestellung meiner Arbeit richte ich dabei den Fokus einerseits auf die Interventionen feministischer Bewegungen, andererseits auf die Einflussnahmen der beiden großen christlichen Kirchen, da diese den Bezugsrahmen für die im Anschluss zu analysierenden Beiträge feministischer Theolog*innen darstellen. Hinsichtlich der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen kann ich auf eine Fülle an Publikationen unterschiedlichster Disziplinen zurückgreifen. Für detailliertere Beschreibungen der kirchlichen Positionen stütze ich mich auf die bereits in der Einleitung vorgestellten Arbeiten. Meine Zusammenfassung stellt nicht nur in Bezug auf den Fokus der Forschungsfrage bereits einen bestimmten Ausschnitt der Ereignisse dar, sondern ist ebenfalls durch meine eigene feministische Perspektive geleitet und beansprucht keinesfalls Vollständigkeit. 28

3.1 Die (un-)endliche Vorgeschichte von der Antike bis zur Nachkriegszeit Die in der griechischen Philosophie sowie im römischen Recht stark bevölkerungspolitisch bzw. vaterrechtlich geprägte Perspektive auf das Thema Schwangerschaftsabbruch, verändert sich mit der Verbreitung des frühen Christentums in den ersten Jahrhunderten hin zu einer personalen Argumentationstradition (Jerouschek 1993, 26), die dem jüdisch-christlichen Gott die Allein- und Letztentscheidung über Leben und Tod zuspricht (Klöti 2007, 153f.). Obwohl weder die Hebräische Bibel noch das Neue bzw. Zweite Testament einen expliziten Hinweis auf die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs enthalten, wird mit dem Verweis auf das Tötungsverbot des sechsten Gebots – „Bring niemand um“ (BigS 20073, Exodus 20, 13) – sowie auf verschiedene Reinheitsgebote der Thora (ebd., Leviticus 12, 1-5) ein – über die ersten drei Schwangerschaftsmonate hinausgehendes – biblisches Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen begründet (Fechter und Sutter Rehmann 2009, 4f.). Dieses wird außerdem seit einer anzunehmenden bewussten Falschübersetzung der Hebräischen Bibel ins Griechische um das Jahr 100 – der sogenannten „Septuaginta“ – in Bezug auf eine Regelung der Ahndung einer durch Gewalteinwirkung ausgelösten Fehlgeburt (BigS 20073, Exodus 21, 2225) und unter Rückgriff auf das Konzept der „Sukzessivbeseelung“ bei Aristoteles gefestigt (Fechter und Sutter Rehmann 2009, 4f.). Auf dieser Grundlage werden die ersten kirchenrechtlichen Beschlüsse im Jahr 306 von der „Synode von Elvira“ erlassen und bestrafen einen vorsätzlich und erfolgreich durchgeführten Schwangerschaftsabbruch mit dem Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, wofür ab dem 13. Jahrhundert der Begriff der „Exkommunikation“ als sogenannte „Tatstrafe“ geprägt wird (Demel 1995, 80ff.). Die weltliche Gerichtsbarkeit trifft für den Schwangerschaftsabbruch dagegen bis zum Erlass der „Peinlichen Gerichtsordnung“ 1532 durch Karl V. – die die Abtreibung der belebten Leibesfrucht als eine schwere Form des Totschlags einstuft, den Zeitpunkt der Beseelung jedoch offen lässt – keine Regelung (Klöti 2007, 154). Da bis ins 19. Jahrhundert aus medizinischen Gründen eine Schwangerschaft nicht zweifelsfrei jenseits der ersten Kindsbewegungen festgestellt werden kann, sind der Strafverfolgung in der Praxis jedoch enge Grenzen gesetzt (Jütte 1993, 17). Das Wissen um Schwangerschaftsabbruchs- und Verhütungsmethoden wird vielmehr mit Magie und „Hexerei“ in Verbindung gebracht und auf diesem Weg durch die Folter und Morde der Inquisition tausendfach bestraft (Klöti 2007, 155). Die in der Tradition der „Aufklärung“ stehenden Strafrechtsreformen des 19. Jahrhunderts kehren schließlich zu einer bevölkerungspolitischen Perspektive auf die Thematik zurück und formulieren 1871 mit dem Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches den bis heute bestehenden 29

§ 218, der in seiner ersten Fassung Schwangerschaftsabbrüche mit bis zu fünf Jahren Zuchthaus bestraft (Jütte 1993, 23). Vor dem Hintergrund der vielfach schlimmen Folgen illegal durchgeführter Abbrüche, fordern radikale und bürgerliche Feminist*innen bereits um die Jahrhundertwende die Streichung des Paragraphen und prangern ihn in den 1920er Jahren mit Unterstützung der linken Parteien und namhafter Künstler*innen der Weimarer Republik als „Klassenparagraphen“ an (Gerhard-Teuscher 1993, 106 und 110). 1926 kann auf diesem Weg eine Strafgesetzänderung erreicht werden: Schwangerschaftsabbrüche werden von einem „Verbrechen“ in ein „Vergehen“ umgewandelt und die Bestrafung damit von Zuchthaus auf Gefängnis abgemildert (ebd., 111). Ein Grundsatzurteil des Reichsgerichts erklärt 1927 darüber hinaus Schwangerschaftsabbrüche, die aus medizinischen Gründen vorgenommen werden müssen, für zulässig (Dienel 1993, 149f.). Die rassistische und antisemitische Politik der NS-Herrschaft führt demgegenüber ab 1933 zu erneuten strafrechtlichen Verschärfungen in zweifacher Hinsicht: Einerseits werden – vielfach gegen den Willen der Betroffenen gewaltsam durchgeführte – (Zwangs-)Sterilisierungen zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ erlaubt, andererseits Schwangerschaftsabbrüche mit dem Argument der Bedrohung der „Lebenskraft des deutschen Volkes“ bis hin zur Todesstrafe verfolgt (Klöti 2007, 157). Nach Kriegsende werden die NS-Gesetze von den alliierten Besatzungsmächten außer Kraft gesetzt und somit gelten abermals die Regelungen der Weimarer Republik (Gerhard-Teuscher 1993, 112f.). Aufgrund der zahlreichen von Besatzungssoldaten verübten Vergewaltigungen werden regionale Rechtsprovisorien gebildet, um Schwangerschaftsabbrüche zu ermöglichen (Gante 1993, 173), wogegen jedoch von Seiten der katholischen Kirche mit Verweis auf das bereits 1917 reformierte Kanonische Recht – wenn auch ohne Erfolg – protestiert wird (Spieker 2001, 18). Das neue kirchliche Gesetzbuch sieht als deutliche Verschärfung erstmals keine Unterscheidung zwischen beseelter und unbeseelter Leibesfrucht mehr vor und verhängt außerdem weiterhin für jeden erfolgreich durchgeführten Schwangerschaftsabbruch gegenüber allen Getauften die schwerste Kirchenstrafe – die Tatstrafe der Exkommunikation (Demel 1995, 232ff.). 3.2 Erste Gesetzesreformen in den 1960er und 1970er Jahren in BRD und DDR Die weitere Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs nimmt ab 1949 mit der Gründung zweier deutscher Staaten unterschiedliche Wege. Während in der Bundesrepublik Deutschland trotz einer 1954 ergebnislos angestoßenen Strafrechtsreform bis in die 1970er Jahre das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen nach § 218 sowie die noch in der Weimarer Republik gerichtlich ermöglichte medizinische Indikation gilt (Gante 1993, 175f.), werden in der sow30

jetischen Besatzungszone und später in der Deutschen Demokratischen Republik bis 1950 der § 218 aufgehoben und länderspezifische Indikationenregelungen erlassen (Aresin 1993, 86f.). Im gleichen Jahr folgen mit dem „Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau“ die erste einheitliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs sowie die umfassende Außerkraftsetzung des § 218 für das gesamte Gebiet der DDR (ebd., 87ff.). Schwangerschaftsabbrüche sind nun nach medizinischer und eugenischer Indikationsstellung durch eine zuständige Kommission erlaubt (ebd.). Ergänzend werden mit dem Gesetz soziale Maßnahmen verfügt, wie z.B. der Aufbau von Beratungsstellen und Kinderbetreuungseinrichtungen, mit dem Ziel, Frauen* vor den gesundheitlichen Risiken illegaler Abbrüche zu schützen und gleichzeitig eine Zunahme der Geburtenrate herbeizuführen (ebd.). Aufgrund anhaltender Diskussionen um eine Erweiterung des Indikationenkatalogs wird im Oktober 1963 eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Frauenkommission des Zentralkomitees der SED eingerichtet (Ockel 2000, 30f.) und 1965 mit einer „Instruktion des Ministeriums für Gesundheitswesen“ die sozialmedizinische Indikation ermöglicht (Fritzsche 1992, 20). Gleichzeitig wird der Zugang zu Verhütungsmitteln und Beratungsstellen verbessert, um der Devise, jedes Kind solle ein Wunschkind sein, umfassend gerecht zu werden und Schwangerschaftsabbrüche als Methode der Familienplanung möglichst auszuschließen (Aresin 1993, 90f.). Verglichen mit den Reformbemühungen in der DDR seit dem Ende der 1940er Jahre, kommt die Diskussion in der BRD erst mit 20-jähriger Verspätung und der ersten sozial-liberalen Regierungskoalition unter Willy Brandt 1969 wirklich in Gang (Gante 1993, 175). Im Rahmen einer umfassenden Strafrechtsreform soll der bisherige § 218 mindestens an die gängige Praxis einer verstärkt sozialmedizinischen Indikationsstellung angepasst werden (Lippold 2000, 45f.). Auf diese Ankündigung folgen 1970 einerseits die Veröffentlichungen mehrerer Gesetzentwürfe von Seiten einer Gruppe liberaler StrafrechtlerInnen (Gante 1993, 184f.) und der Humanistischen Union (Mantei 2004, 49), die von einer erweiterten Indikationenregelung bis hin zu einer Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten drei Monaten reichen, sowie die erste gemeinsame Denkschrift der evangelischen und katholischen Kirchen in der BRD. Darin warnen die höchsten Kirchenvertreter vor zu weitgehenden Reformen und plädieren für eine unbedingte Regelung sittlicher Wertvorstellung mit Hilfe des (Straf-)Gesetzes (ebd., 62ff.). Die katholische Kirche hatte bereits zuvor in einer eigenen Stellungnahme ihre ablehnende Haltung gegen jede Form des Schwangerschaftsabbruchs entsprechend der päpstlichen Lehrmeinung, die 1968 mit der „Enzyklika Humanae Vitae“ erneuert worden war (Klöti 2007, 158), erklärt (Mantei 2004, 51). Die evangelische Seite stand den Reformbemühun31

gen und einer Erweiterung des Indikationenkatalogs etwas aufgeschlossener gegenüber, für sie galt es vielmehr, eine gesetzliche Herbeiführung der Fristenregelung zu verhindern (ebd., 38 und 53). Wurde die Novellierung der strafrechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch bislang vorwiegend in „ExpertInnen-Gremien“ diskutiert, bricht die gesellschaftliche Diskussion im Juni 1971 los: Die Journalistin Alice Schwarzer initiiert nach französischem Vorbild in der Zeitschrift „Stern“ die öffentliche „Selbstbezichtigung“ von 374 Frauen* und die feministischen Bewegungen in der BRD fordern die ersatzlose Streichung des § 218 sowie ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht von Frauen* über ihren Körper (Mantei 2004, 111ff.). Diese gemeinsame Aktion wird nicht nur als die „Wiege der neuen deutschen Frauenbewegung“ (ebd., 112) bezeichnet19, sondern stellt ebenfalls den Auftakt für ein jahrelanges umfassendes „gesamtgesellschaftliche[s] Ringen um Emanzipation“ gegen konservative und kirchliche Kräfte im Land dar (ebd., 31), das insbesondere durch die zentrale Rolle der Medien befördert wird (ebd., 103).20 Das hohe Konfliktpotenzial der angestrebten Gesetzesnovelle zeigt sich bereits in den Reaktionen auf den offiziellen Referentenentwurf des Justizministeriums, der im Oktober 1971 veröffentlicht wird und eine erweiterte Indikationenregelung vorsieht: Die politischen Parteien sind tief gespalten – FDP und die Mehrheit der SPD sprechen sich für eine Fristenregelung aus, die CDU/CSU-Opposition votiert für minimale Veränderungen der bisherigen Regelung (ebd., 143ff.). Mitten in die Debatte – die in der DDR mit großem Interesse verfolgt und thematisch innerhalb des SED-Zentralkomitees von Irene Lange, der Vorsitzenden der Abteilung Frauen, auf die Tagesordnung gebracht wird – bricht im Dezember 1971 die Vorankündigung eines neuen Gesetzes zum Schwangerschaftsabbruch in Form einer Fristenregelung in der DDR (Ockel 2000, 35ff.). Sowohl die Entwicklungen in der BRD als auch der Druck von Frauen* im eigenen Land (Aresin 1993, 91) sowie die rechtlichen Liberalisierungen in den Nachbarländern

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Dennoch gab und gibt es immer wieder auch innerfeministische Kritik an den Inhalten sowie an der Absolutsetzung des Themas Schwangerschaftsabbruch innerhalb der feministischen Bewegungen: Von Frauen* mit BeHinderungen wird z.B. auf die Vernachlässigung einer Auseinandersetzung mit dem Thema (Zwangs-)Sterilisationen im Kampf um sexuelle Selbstbestimmung hingewiesen (Walgenbach 2012 2, 32), lesbische Frauen*, Trans*- und queere Personen kritisieren die Reduktion auf biologistische Argumentationen und die Unsichtbarmachung nicht-heterosexueller Lebensweisen (hornscheidt 2012, 106). 20

Vor diesem Hintergrund schlussfolgert Simone Mantei für mögliche Allianzen zwischen den „Bewegungsfrauen“ einerseits und feministischen Theolog*innen andererseits: „Durch die frühe Verquickung feministischer Kritik am § 218 StGB mit humanistisch-emanzipatorischen Anliegen hatten es fortan jene feministisch denkenden Frauen und Gruppen schwer, welche sich z.B. einem christlichen Kontext verbunden fühlten und die Kritik am Abtreibungsstrafrecht nicht notwendig mit einer antikirchlichen Haltung verbunden sahen.“ (2004, 109)

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Tschechoslowakei, Ungarn und Polen (Ockel 2000, 35ff.), bewegen die DDR-Führung zur Verabschiedung des „Gesetzes über die Unterbrechung der Schwangerschaft“ am 9. März 1972: „Zum ersten Mal hatten Frauen in Deutschland das Recht, über Anzahl, Zeitpunkt und zeitliche Aufeinanderfolge der Geburten selbst zu entscheiden. In den ersten 12 Schwangerschaftswochen waren sie berechtigt, von einem Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe den Schwangerschaftsabbruch in einer Klinik vornehmen zu lassen.“ (Ebd., 48)

Sowohl die katholischen Bischöfe als auch die evangelischen Landeskirchen in der DDR21 reagieren mit Ablehnung auf die Neuregelung (Lippold 2000, 57f.). Sie bitten die Frauen* im Land, von der Gesetzesnovelle keinen Gebrauch zu machen und erhoffen sich staatlichen Respekt für das Weigerungsrecht christlicher Ärzt*innen und medizinischer Angestellten (ebd.). Gesellschaftlich wird die Form der Fristenregelung als logische Konsequenz des gleichstellungspolitischen Anspruchs der DDR-Politik betrachtet (Ockel 2000, 41) und erreicht – wenn auch nicht öffentlich diskutiert – in der Bevölkerung in hohem Maße Akzeptanz (Jähnert 1994, 7). Der nachträgliche Vorwurf einer „Abtreibungsmentalität“ wird entschieden zurückgewiesen: „Die Mehrzahl der Frauen hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, sondern sich erst nach reiflicher Überlegung und verantwortungsbewusst dafür entschlossen.“ (Aresin 1993, 95) Dennoch wird auch Kritik an den kaum möglichen gesellschaftlichen und fehlenden privaten Auseinandersetzungen mit der Thematik (Thietz 1992, 10) und der häufig unzureichenden Beratung in Bezug auf Verhütung geübt (Aresin 1993, 95). Unterbrochen durch die Neuwahl des Bundestages im November 1972, kommt das Gesetzgebungsverfahren in der BRD erst wieder im Frühjahr 1973 mit der erneuten Beratung verschiedener Gesetzentwürfe in Gang (Gante 1993, 187f.): In dieser Runde verzichtet die Regierung auf einen eigenen Vorschlag und so stehen für die erste Lesung im Mai 1973 vier Entwürfe aus den unterschiedlichen Bundestagsfraktionen zur Debatte, die wiederum von einer liberalen Fristenlösung bis hin zu einer strengen Indikationenregelung reichen (Mantei 21

Die katholische Kirche in der DDR gliederte sich in zwei eigenständige Bistümer sowie verschiedene bischöfliche Ämter zur Verwaltung ostdeutscher Landesteile eigentlich westdeutscher Diözesen und blieb für den gesamten Zeitraum der DDR Mitglied in der Deutschen Bischofskonferenz (Feiereis 1996, 275). Da eine Teilnahme an den Sitzungen aufgrund der Reisebeschränkungen nicht möglich war, wurde im Juli 1950 eine zusätzliche eigene Bischofkonferenz gegründet (ebd.). Die katholische Theologie verfügte über keine staatliche Fakultät oder unabhängige Hochschule, sie stützte sich allein auf das „Katholische Priesterseminar“ in Erfurt (ebd., 276ff.). Die evangelische Kirche in der DDR gliederte sich in acht voneinander unabhängige Landeskirchen, die sich 1969 mit der Gründung des „Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR“ organisatorisch von der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ trennten (Kähler 1996, 17f.). Als Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen standen der evangelischen Theologie sechs theologische Fakultäten an Universitäten und drei Kirchliche Hochschulen zur Verfügung (ebd., 18).

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2004, 267ff.). Während sich die evangelische Kirche in einer Stellungnahme eher zurückhaltend und auf eine Kompromisslösung bedacht äußert, startet die katholische Kirche Ende März eine massive Plakat- und Briefkampagne gegen die Reformbemühungen, die in der Verlesung eines „Hirtenschreibens der deutschen Bischöfe zum Schutz des ungeborenen Lebens“ in allen Gottesdiensten kurz vor der Bundestagsdebatte Anfang Mai gipfelt (ebd., 228ff.). Durch die Beratungsarbeit im zuständigen Bundestagsausschuss beruhigen sich demgegenüber die öffentlichen Diskussionen in der zweiten Jahreshälfte, nur um im Vorfeld der Bundestagsabstimmung im April 1974 umso vehementer wieder aufzubrechen. Während der Fristenentwurf von SPD und FDP auf der Suche nach einer möglichen Kompromisslösung um eine Beratungspflicht ergänzt wird, startet die katholische Kirche – mit verhaltener Unterstützung von evangelischer Seite – eine Neuauflage ihres Aktionsprogramms vom Vorjahr und auch der Protest der feministischen Bewegungen nimmt mit einer zweiten Selbstbezichtigungskampagne sowie einem Aufruf zum Kirchenaustritt neuen Schwung auf (ebd., 260ff., 387 und 393). Am 26. April 1974 verabschiedet der Bundestag dennoch mit der Mehrheit der sozialliberalen Regierungskoalition die vorgeschlagene Fristenregelung mit Beratungspflicht (Gante 1993, 201), deren Inkrafttreten jedoch durch eine Verfassungsklage der CDU/CSUBundestagsfraktionen beim Bundesverfassungsgericht verhindert wird (Mantei 2004, 421). Das Gericht erweitert im Juni als Übergangsverordnung die bisherige Indikationenregelung um eine eugenische sowie eine ethische Indikation (ebd.). Die Reaktionen auf den Beschluss des Bundestages zeugen auf evangelischer Seite von Enttäuschung, gleichzeitig jedoch ebenfalls von Besonnenheit und Ausrichtung auf die diakonischen Aufgaben der Kirche (ebd., 404 und 416). Nach dem Vorbild der Kirchen in der DDR, richtet die evangelische Kirche in (West-)Deutschland außerdem die Bitte an alle Frauen*, von der vorerst verabschiedeten Fristenregelung keinen Gebrauch zu machen (ebd., 404). Die katholische Kirche hingegen setzt ihren scharfen Protest fort und erhält im November durch Papst Paul VI. Unterstützung für ihren vehementen Widerstand gegen eine Liberalisierung der strafrechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch. In der päpstlichen Verlautbarung heißt es: „Nichts – weder das Selbstbestimmungsrecht der Frau noch ihre Gesundheit oder auch ihr Leben – könnten jemals objektiv das Recht dazu geben […] über das beginnende Leben eines Dritten zu verfügen.“ (Ebd., 425) Am 25. Februar 1975 erklärt das Bundesverfassungsgericht – unter Abweichung von zwei RichterInnen – schließlich die vom Bundestag ein knappes Jahr zuvor verabschiedete Fristenregelung in ihrer damaligen Ausgestaltung für verfassungswidrig, da sie zu wenig am Lebens34

schutz orientiert sei (Gante 1993, 200). Der Embryo stehe als selbstständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung und sei damit für die gesamte Dauer der Schwangerschaft und auch gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht der Frau vom Staat durch geeignete – nicht unbedingt strafrechtliche – Maßnahmen zu schützen (ebd., 201f.). Darüber hinaus könnten jedoch Gründe für eine Unzumutbarkeit der Schwangerschaft, z.B. bei Gefahr für das Leben der Schwangeren, definiert und in diesem Falle Straffreiheit garantiert werden (ebd.). Mit diesem RichterInnenspruch haben die beiden großen christlichen Kirchen in der BRD auf unterschiedlichen Ebenen Erfolge erzielt: Die katholische Kirche sieht ihren uneingeschränkten Kampf für den Lebensschutz bestätigt (Spieker 2001, 32f.), die reformorientiertere evangelische Kirche hält ihr Anliegen der Verhinderung einer Fristenregelung für erreicht (Mantei 2004, 460). Gesellschaftlich beendet das Urteil die kontroversen Debatten der vergangenen Jahre: „Der Schwangerschaftsabbruch, so lautete das Ergebnis des Weltanschauungskampfes, sollte auch künftig nicht primär unter emanzipatorischen Aspekten als ein freies Recht der Frau betrachtet werden, sondern weiterhin unter ethischen Gesichtspunkten als ein Konflikt zweier hoher Rechtsgüter. Die Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs allein aus emanzipatorischen Gründen schied damit aus, und die allgemeine Norm des Abtreibungsverbots wurde von Neuem legitimiert.“ (Ebd.)

Die daraufhin wiederum ein weiteres Jahr später am 12. Februar 1976 vom Bundestag verabschiedete Indikationenregelung, spiegelt den Versuch der sozialliberalen Regierungskoalition wider, den Spielraum des Urteils – gegen den Protest und die Kompromissversuche der Opposition sowie der Kirchen – möglichst auszuschöpfen (Gante 1993, 204): Das neue Gesetz sieht demnach, neben einer medizinischen Indikation, eine kriminologische, eine eugenische sowie eine soziale Notlagenindikation vor. Der Schwangerschaftsabbruch bleibt straffrei, sofern mindestens drei Tage vor dem Eingriff eine Beratung stattgefunden hat und der Schwangerschaftsabbruch von einer Ärzt*in durchgeführt wird (Lippold 2000, 140). Während die katholische Kirche ankündigt, eine Umsetzung der neuen Regelung in katholischen Krankenhäusern zu untersagen und die evangelische Kirche die Gestaltung der Beratung als ihren neuen Wirkungsraum betrachtet (Mantei 2004, 526f.), fällt das Urteil auf feministischer Seite ambivalent aus: Insbesondere die neu eingeführte soziale Notlagenindikation wird als wesentliche Verbesserung im Hinblick auf einen medizinisch sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch betrachtet, insgesamt bleibt das Gesetz jedoch weit hinter den eigentlichen Forderungen – z.B. einer ersatzlosen Streichung des § 218 – zurück (Knecht 2006, 157f.). 35

3.3 Auseinandersetzungen um eine gesamtdeutsche gesetzliche Neuregelung in den 1980er und 1990er Jahren Trotz des konservativen Regierungswechsels im Oktober 1982 und verschiedenen Anläufen zu einer erneuten Verschärfung der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, kommt es in den 1980er Jahren in der BRD zu keiner weiteren Gesetzesänderung (Knecht 2006, 164f.). Dennoch setzen die bisherigen Konfliktparteien ihre Auseinandersetzungen fort, in deren Zentrum von beiden Seiten insbesondere eine Kritik an der Ausgestaltung und Handhabung der sozialen Notlagenindikation steht: Während diese von konservativer und kirchlicher Seite als „Einfallstor für die Rückkehr der Fristenregelung“ angeprangert wird (Spieker 2001, 35), machen feministische Aktivist*innen einerseits auf den von den Betroffenen als „demütigend und erniedrigend“ empfundenen „bürokratischen Hürdenlauf“ zur Indikationsstellung aufmerksam (Lippold 2000, 165ff.) und weisen andererseits auf die strukturelle Unterversorgung mit Beratungs- und Klinikangeboten in ländlichen sowie süddeutschen Regionen hin (Knecht 2006, 163). Als ab 1987 im sogenannten „Prozess von Memmingen“ erstmals wieder ein Arzt und mehrere Patient*innen vor Gericht stehen und für die illegale Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen Geld- und Gefängnisstrafen verhängt werden, kommt es von feministischer Seite zu bundesweiten Protestaktionen (ebd.). Die katholische Kirche initiiert dagegen bereits 1982 die Aktion „Wähle das Leben“ (Spieker 2001, 41) und wird in ihrem Engagement 1988 erneut durch eine Entscheidung aus Rom bestärkt, die einerseits in der kanonischen Rechtsauslegung bislang strittige Abbruchmethoden eindeutig dem Straftatbestand des Schwangerschaftsabbruchs zuordnet und außerdem sogenannte „Nidationshemmer“, wie z.B. die „Pille danach“, verbietet (Demel 1995, 272ff.). Die 1989 von evangelischer und katholischer Kirche gemeinsam veröffentlichte Stellungnahme „Gott ist ein Freund des Lebens – Herausforderungen und Aufgaben beim Schutz des Lebens“ fasst die öffentliche Debatte der 1980er Jahre in Bezug auf die Kritik an der sozialen Notlagenindikation abschließend von konservativer Seite zusammen (Spieker 2001, 49f.). Demgegenüber stehen in der DDR Ende der 1980er Jahre die Zeichen auf gesellschaftlichen Wandel: Bereits seit Anfang der 1980er Jahre findet im Verborgenen – vielfach unter dem Dach und in den Räumen der evangelischen Kirchen – eine Organisierung der politischen Opposition statt, darunter auch Frauen*gruppen und Zusammenschlüsse feministischer Theolog*innen, die sich mit ihrer Kritik am politischen System der DDR im Herbst 1989 in Massendemonstrationen Bahn bricht (z.B. Schäfer et al. 2011). In der Zeit zwischen der Öffnung der Grenze am 9. November 1989 und den Neuwahlen im März 1990 kommt es zu einer Wel36

le an politischen Treffen, Aktionen und Ideenausarbeitungen zur Neugestaltung der DDR (Ockel 2000, 58). Mit der Gründung des „Unabhängigen Frauenverbandes“ Anfang Dezember 1989 in der Berliner Volkbühne und der Verabschiedung des Manifests „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“ wird die „autonome ostdeutsche Frauenbewegung“ erstmals als gesellschaftspolitische Akteurin öffentlich sichtbar (z.B. Schäfer et al. 2011). Sie beansprucht politisches Mitsprache- und Entscheidungsrecht auf allen inhaltlichen und organisatorischen Ebenen und engagiert sich in der ersten Jahreshälfte 1990 insbesondere in den Gesprächen um einen Einigungsvertrag zwischen DDR und BRD u.a. für eine Beibehaltung der ostdeutschen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in Form einer Fristenregelung ohne Beratungspflicht, die in den Verhandlungen zum „Zünglein an der Waage“ wird (Gerhards et al. 1998, 19). Während die CDU/CSU-geführte Regierung der BRD versucht, die in Westdeutschland geltende Indikationenregelung auf das gesamte neue Bundesgebiet auszudehnen, leisten sowohl die Regierung de Maizière der DDR als auch sozialdemokratische Politiker*innen aus Westdeutschland erheblichen Widerstand und drohen sogar mit einem Scheitern der Gespräche, sollte die westdeutsche Regelung bereits im Einigungsvertrag festgeschrieben werden (Gante 1993, 206). Parallel zu den Verhandlungen und Interventionen auf politischer Ebene werden insbesondere durch ostdeutsche Feminist*innen, z.B. aus den Reihen des Unabhängigen Frauenverbandes, zahlreiche Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und Aktionen ins Leben gerufen, um für die Übernahme der ostdeutschen Fristenregelung einzutreten (Thietz 1992, 10). Große kirchliche und gesellschaftliche Aufmerksamkeit in Ost und West erfährt in diesem Zusammenhang eine Erklärung des „Arbeitskreises Feministische Theologie“, der bereits 1986 in der DDR gegründet wurde (Engelmann 1996, 44f.). Unter dem Titel „Christinnen für die Beibehaltung von § 153“ treten die Verfasser*innen explizit für die Beibehaltung der ostdeutschen Fristenregelung ein und wenden sich entschieden gegen eine Übernahme der westdeutschen Indikationenregelung (ebd.).22 Mit dieser Stellungnahme werden zum einen Feministische Theologien aus dem Kontext der DDR erstmals öffentlich sichtbar, zum anderen ist sie die erste und einzige Verlautbarung einer Gruppe feministischer Theolog*innen innerhalb des gesamten Untersuchungszeitraumes, die eine derartig große gesellschaftliche Resonanz erfährt.23 Unterstützung kommt ebenfalls aus feministischen Kreisen der 22

Paragraph 153 des Strafgesetzbuches der DDR garantierte die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten (Fristenregelung). 23

Auch von Gruppen westdeutscher feministischer Theolog*innen werden im Kontext der Debatte Anfang der 1990er Jahre zahlreiche Stellungnahmen verfasst und auf unterschiedlichen Wegen veröffentlicht, z.B. in der feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“. Einige dieser Texte werde ich in die anschließende Analyse miteinbeziehen (vgl. Kapitel vier und fünf).

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BRD, jedoch entstehen aus den ersten Begegnungen der feministischen Bewegungen in Ost und West vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erfahrungen und Ansprüche an feministische Politik ebenfalls Konflikte (z.B. Helwerth und Schwarz 1995). In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich die katholischen Bischöfe in West und Ost sowie die evangelische Kirche in Westdeutschland im Sommer 1990 demgegenüber für die Ausarbeitung einer am „Lebensschutz“ orientierten Indikationenregelung aus und lehnen eine Fristenlösung als mit dem „christlichen Glauben und der Kirche nicht vereinbar und gegen das Grundgesetz“ ab; eine Position, der der Evangelische Kirchenbund der DDR wiederum nicht bereit ist zuzustimmen (Spieker 2001, 50f.). Mit Artikel 31 des Einigungsvertrages wird die Entscheidung schließlich um zwei Jahre aufgeschoben und die gesetzgebende Instanz auf die Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Regelung in diesem Zeitraum verpflichtet, bis zu deren Inkrafttreten jedoch in beiden Landesteilen nach dem „Tatortprinzip“ die jeweiligen bisherigen Regelungen fortbestehen (Knecht 2006, 188). Mit dem expliziten Verweis auf eine Verbesserung des „Schutzes vorgeburtlichen Lebens“ ist dem zukünftigen Gesetz jedoch bereits eine klare Richtung vorgegeben (Ockel 2000, 73), was sich als exemplarisch für den gesamten „Vereinigungsprozess“ lesen lässt: Unter hohem Zeitdruck und unter Vernachlässigung insbesondere aus dem Kontext der DDR-Oppositionsbewegung hervorgegangener zivilgesellschaftlicher und darunter auch frauen*politischer bzw. feministischer Interessen wird der bloße „Beitritt“ der DDR zum politischen und wirtschaftlichen System der BRD mit der Übernahme des Grundgesetzes forciert und am 3. Oktober 1990 offiziell begangen (Berghahn 1992, 68ff.). Die Verhandlungen um eine gesamtdeutsche gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs beginnen im September 1991 unter großem öffentlichen Interesse mit der ersten Lesung insgesamt sechs unterschiedlicher Gesetzentwürfe im Bundestag (Ockel 2000, 73), die von einer strengen Indikationenregelung bis hin zu einer ersatzlosen Streichung des § 218 reichen (Schenk 1994, 135) und anschließend an den mehrheitlich mit CDU/CSU-Mitgliedern besetzten Sonderausschuss „Schutz des ungeborenen Lebens“ zur Beratung überwiesen werden (Ockel 2000, 73). In einer umfangreichen Anhörung erklärt die Mehrheit der eingeladenen Expert*innen, darunter auch feministische Aktivist*innen sowie VertreterInnen der Kirchen, ihre Ablehnung gegenüber einer Indikationenregelung sowie der Verankerung einer Zwangsberatung, zu deren Berücksichtigung es jedoch im weiteren Gesetzgebungsprozess keine Verpflichtung gibt (Schenk 1994, 137). So legt im Frühjahr 1992 die mitregierende FDP-Fraktion mit der Oppositionsfraktion der SPD einen gemeinsamen siebten Entwurf als Gruppenantrag vor, der im Hinblick auf eine Kompromissfindung eine Fristenregelung mit 38

Beratungspflicht vorsieht (Gerhards et al. 1998, 20). Während die katholische Kirche ähnlich wie in der BRD der 1970er Jahre ihren entschiedenen Kampf gegen jegliche Reformbemühungen lautstark fortsetzt (Lippold 2000, 228f.) und den Gruppenantrag als „ethisch unverantwortlich und verfassungswidrig“ bezeichnet (Spieker 2001, 71f.), kommt es innerhalb der feministischen Bewegungen entgegen des vorigen gemeinsamen Einsatzes für eine gesamtdeutsche Fristenregelung zu einer Spaltung: „Eine Minderheit von Feministinnen, darunter Alice Schwarzer, plädierte unter taktischen Gesichtspunkten für die Unterstützung des Gruppenantrags […]. Dagegen lehnte die Mehrheit der Feministinnen, darunter auch die Bundesweite Koordinierung gegen den § 218, Vertreterinnen feministischer Frauengesundheitszentren, der Unabhängige Frauenverband, der Demokratische Frauenbund und die Frauenarbeitsgemeinschaft der PDS, den Vorschlag rundweg ab.“ (Gerhards et al. 1998, 20; Hervorhebungen beseitigt)

Vor diesem Hintergrund bedeutet das nach einer 14-stündigen Bundestagsdebatte am 26. Juni 1992 verabschiedete „Schwangeren- und Familienhilfegesetz“ mit seiner Fristenregelung mit Beratungspflicht eine Niederlage für die Mehrheit der Feminist*innen sowie eine „drastische Verschlechterung“ für die Frauen* aus der ehemaligen DDR (Schenk 1994, 139), wohingegen die abweichende Gruppe westdeutscher Feminist*innen einen Erfolg in der Überwindung der bisherigen Indikationenregelung sieht (Ockel 2000, 103). Die Reaktionen der beiden großen christlichen Kirchen fallen ebenfalls gespalten aus: Während die katholische Kirche unmittelbar ihre kategorische Ablehnung kundtut, scheint sich die evangelische Position der als Kompromisslösung errungenen Beratungspflicht annähern zu können (Lippold 2000, 230f.). Auf politischer Ebene wiederholt sich in der Zwischenzeit das BRD-Szenario der 1970er Jahre: Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktionen verhindern unter Verweis auf die mögliche Verfassungswidrigkeit der Gesetzesnovelle mit einer einstweiligen Anordnung und Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht das uneingeschränkte Inkrafttreten der neuen Regelung (Gerhards et al. 1998, 21). Bis zur Gerichtsentscheidung gilt nun für das gesamte Bundesgebiet die westdeutsche Indikationenregelung von 1976 sowie Teile der neu verabschiedeten und von den KlägerInnen nicht beanstandeten Beratungsregelung (Ockel 2000, 104), was das Bistum Fulda bereits im September 1993 dazu veranlasst, aus der Schwangerschaftskonfliktberatung mit der Ausstellung von Beratungsscheinen auszusteigen (Spieker 2001, 80ff.). Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergeht schließlich am 28. Mai 1993 – erneut nur in Form eines Mehrheitsvotums – und bestätigt grundsätzlich die Möglichkeit einer Fristenregelung, fordert jedoch erhebliche Nachbesserungen in Bezug auf die „Schutzpflicht des Staates 39

für das Ungeborene“ (Lippold 2000, 235f.). Zum einen seien Schwangerschaftsabbrüche nach vorhergehender Beratung nach wie vor „rechtswidrig“, jedoch straffrei zu belassen, zum anderen seien sie – im Unterschied zu indizierten Abbrüchen – von der Krankenkassenfinanzierung auszunehmen (ebd.). Die Reaktionen auf das Urteil hätten unterschiedlicher nicht sein können: „Konservative Kreise sahen sich bestätigt und verknüpften ihre wohlwollende Kommentierung mit weitergehenden Forderungen […]. Die „Bewegungsfrauen“ sowie linke und liberale Gruppen in Parteien und Gewerkschaften antworteten mit […] Demonstrationen. Sie sahen das Selbstbestimmungsrecht der Frau verletzt und kritisierten das Urteil als Ausdruck einer Zweiklassengesellschaft. Ein Großteil der Stimmen aus der politischen Mitte scholt die Inkonsistenz des Urteils und die Missachtung des parlamentarischen Willens, der aus einer mühsamen und im Ergebnis für ‚vernünftig‘ gehaltenen Kompromissfindung resultierte.“ (Gerhards et al. 1998, 21f.)

Das im Herbst 1993 nun zum wiederholten Male neu aufgenommene Gesetzgebungsverfahren beschränkt sich aufgrund der umfänglichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf die Diskussion von Einzelfragen (ebd., 22). Nach einer erneuten Unterbrechung durch die Bundestagswahl im Oktober 1994 wird die aktuell bestehende Regelung schließlich am 29. Juni 1995 als „Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz“ verabschiedet (ebd.). Insbesondere die widersprüchlichen Aussagen des Gesetzes zur Ausrichtung der Beratung am Lebensschutz einerseits sowie am Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren andererseits (vgl. Einleitung dieser Arbeit) sorgen sowohl auf konservativer und kirchlicher Seite als auch in feministischen Kreisen für Kritik, dennoch bleiben größere Protestbewegungen aus (ebd., 22f.). In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre verlagert sich das öffentliche Interesse vielmehr auf den innerkatholischen Streit um einen Verbleib in der Schwangerschaftskonfliktberatung, der 1995 mit dem Erlass Vorläufiger Bischöflicher Richtlinien für die Beratung in Einrichtungen der Caritas sowie dem Sozialdienst katholischer Frauen erst einmal bestätigt wird (Spieker 2001, 124 und 137f.). In den zwischen Dezember 1995 und April 1997 mehrfach stattfindenden Gesprächen zwischen den deutschen Bischöfen auf der einen sowie dem Papst und Vertretern der vatikanischen Glaubenskongregation auf der anderen Seite werden die entgegengesetzten Positionen bezüglich eines katholischen Engagements in der bundesdeutschen Schwangerschaftskonfliktberatung immer deutlicher (Spieker 2001, 140ff.), sodass der Papst in einem offiziellen Schreiben im Januar 1998 das Ausstellen sogenannter „Beratungsscheine“ ausdrücklich untersagt (Ockel 2000, 111). Ein daraufhin von den Bischöfen erarbeiteter 40

Kompromissvorschlag wird im Juni 1999 aus Rom mit der Auflage beschieden, die katholischen Beratungsscheine mit folgendem Zusatz zu versehen: „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden.“ (Ebd., 112) Diese Aufforderung erntet scharfe öffentliche Kritik und verschiedene Landesministerien erklären, die derartig gestalteten Beratungsscheine trotzdem zur Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruches anzuerkennen (Spieker 2001, 165 und 169). Ein weiteres päpstliches Schreiben führt im November 1999 schließlich den Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz – gegen den Willen der Mehrheit der Katholik*innen in Deutschland – zum Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung herbei (ebd., 7). So hatten sich beispielsweise sowohl der Deutsche Caritasverband als auch der Sozialdienst katholischer Frauen klar für einen Verbleib in der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgesprochen und der Deutschen Bischofskonferenz Konzepte zu dessen Umsetzung vorgelegt (Thoma 2001). Außerdem wurden von katholischen Lai*innen ab 1998 verschiedene Vereine – z.B. „Frauenwürde“ und „Frauen beraten“ – zur Fortsetzung einer unabhängigen katholischen Schwangerschaftskonfliktberatung gegründet (Beckers und Laakmann 2001). Die tiefe Spaltung der katholischen Kirche kommt insbesondere durch die öffentlichkeitswirksame Gründung des Vereins „donum vitae“ als direkte Reaktion auf den Ausstiegsbeschluss der Deutschen Bischofskonferenz durch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken im November 1999 zum Ausdruck. Das Beratungskonzept von „donum vitae“ ist sowohl auf den Schutz des ungeborenen Kindes ausgerichtet – und deckt sich in diesem Sinne mit der „offiziellen“ Position der katholischen Kirche – als auch auf die Entscheidungskompetenz der betroffenen Frauen* und behält sich in diesem Zusammenhang eine Ergebnisoffenheit der Beratung vor (Frauenwürde e.V./Donum Vitae e.V. 2000). Parallel zum Aufbau dieses neuen Beratungsnetzes soll die bisherige katholische Beratungsarbeit im Laufe des Jahres 2000 umstrukturiert (Spieker 2001, 7) und mit dem Erlass Bischöflicher Richtlinien 2001 neu ausgerichtet werden (Beckers und Laakmann 2001). In diesem Kontext beschließt die Deutsche Bischofskonferenz im September 2000 eine „Kommunikationsoffensive“ in Form einer Plakatkampagne zur Bewerbung der katholischen Beratungsarbeit (Thoma 2001, 297f.). Von katholischen Frauen* wird sowohl an deren Inhalt als auch an deren Gestaltung massive Kritik geübt – so stehe beispielsweise das Motto „Wir helfen und beraten weiter“ in Widerspruch zu dem Verbot, ratsuchende Schwangere auf nicht-katholische Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zu verweisen – die allerdings auf offizieller Seite keine Berücksichtigung findet (ebd.). Die evangelische Kirche hingegen spricht sich seit der Verabschiedung des „Schwan41

geren- und Familienhilfeänderungsgesetz“ 1995 klar für eine Fortsetzung der eigenen Beratungsarbeit, auch im Schwangerschaftskonflikt, aus und betont die Begleitung von betroffenen Frauen* als christliche Verantwortung (z.B. Käßmann 2001). Die beiden großen christlichen Kirchen trennt damit an diesem Punkt insbesondere die unterschiedliche Beantwortung der Frage nach der Vermeidbarkeit oder Unvermeidbarkeit von persönlicher und gesellschaftlicher Schuld im Schwangerschaftskonflikt. 3.4 Aktuelle Entwicklungen der Diskussionen und Zusammenfassung der kirchlichen und feministischen Diskurspositionen Seit dem Ende der 1990er Jahre und der päpstlich verordneten Beilegung des katholischen Streits um die Schwangerschaftskonfliktberatung in eigener Trägerschaft verschiebt sich die gesellschaftliche Debatte zunehmend weg von einer Problematisierung der gesetzlichen Regelung und Praxis des Schwangerschaftsabbruchs hin zu verstärkten Auseinandersetzungen mit neuen Möglichkeiten der Reproduktionstechnologie, der Präimplantations- sowie der Pränataldiagnostik (Knecht 2006, 190). Schwangerschaftsabbrüche werden nun zunehmend im Kontext medizinischer bzw. eugenischer Indikationen und mit einem Fokus auf Spätabbrüche thematisiert (ebd., 189). Feministische Aktivist*innen warnen in dieser Debatte einerseits vor einer Verschärfung der generellen gesetzlichen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs (z.B. Wersig 2007) und weisen andererseits auf in Selbstbestimmungs- und Individualisierungsrhetoriken eingebettete patriarchale Kontrollansprüche über den weiblichen Körper sowie normierende Selektionsmechanismen in Bezug auf eine Kategorisierung von „Gesundheit“ und „BeHinderung“ hin (z.B. Trumann 2007). Vor diesem Hintergrund gilt seit 2010 mit einer Änderung bzw. Ergänzung des Gesetzes von 1995 zum einen die Pflicht zu einer von den behandelnden Ärzt*innen durchzuführenden Beratung bei allen Fällen von medizinischer Indikation (also auch nach pränataldiagnostischen Befunden), die z.B. eine Vermittlung an psychosoziale Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und/oder BeHindertenverbände beinhalten soll, zum anderen eine dreitätige (Bedenk-)Frist zwischen der ärztlichen Beratung und der zum Schwangerschaftsabbruch notwendigen eigentlichen Indikationsstellung (Klinkhammer 2009). Innerhalb der gesellschaftlichen Debatten, die diese Gesetzesänderung begleiten, finden sich überraschenderweise zunehmend VertreterInnen kirchlicher und konservativer Kreise und feministische Aktivist*innen – wenn auch aus unterschiedlichen Motivationen – auf der gleichen „Seite“ und mit ähnlichen Forderungen, z.B. nach einer rechtlichen Begrenzung präimplantationsmedizinischer Möglichkeiten, wieder – eine Diskussion, die sich aufgrund der aktuell schnell erfolgenden medizinischen Neuerungen in Zukunft fortsetzen wird. 42

Mit dieser Zusammenstellung der „unendlichen Geschichte des § 218“ und der mit ihr einhergehenden gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Auseinandersetzungen in DDR und BRD insbesondere seit den 1970er Jahren habe ich zum einen versucht, den hegemonialen Diskurs der kirchlichen Diskussionen und Positionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch herauszuarbeiten. Während für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre hinein eine weitest gehende Einigkeit zwischen den beiden großen christlichen Kirchen – sowohl in der BRD als auch in der DDR – mit einer Ausrichtung auf den unbedingten „Lebensschutz“ sowie einer auf gesetzlicher Ebene angestrebten möglichst begrenzten Indikationenregelung festgestellt werden kann, differenziert sich insbesondere die evangelische Position in den 1990er Jahren stärker aus und entfernt sich mit einer Unterstützung der Idee der Beratungsregelung von der bisherigen gemeinsamen und weiterhin katholischen Haltung einer grundlegenden Skepsis in Bezug auf eine Liberalisierung der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Dennoch bleibt auch sie mehrheitlich in Opposition zur Forderung einer ersatzlosen Streichung des § 218 der feministischen Bewegungen, was mich dazu veranlasst, die kirchlichen Positionen – vor dem Hintergrund beschriebener Differenzen – für die deutsch-deutschen Auseinandersetzungen seit den 1970er Jahren als insgesamt „konservativ“ zu bezeichnen. Zum anderen war es mir ein Anliegen innerhalb dieses Kapitels in der Gegenüberstellung sowohl der kirchlichen als auch der feministischen Interventionen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene den Bezugsrahmen der feministisch-theologischen Debatten hervorzuheben. Es ist einerseits festzustellen, dass beide Gruppen in ihren Stellungnahmen sowie in der Ausrichtung ihrer Aktionen die jeweils andere Gruppe häufig gezielt als Gegner*in in den öffentlichen Diskussionen ansprechen, andererseits wird eine solche polarisierte Gegenüberstellung jedoch in gleichem Maße diskursiv hergestellt. Vor diesem Hintergrund werden „Positionen dazwischen“ nicht nur ent-wahrgenommen, sondern sie stoßen auch in direkten politischen Auseinandersetzungen an (Kooperations-)Grenzen (vgl. Fußnote 20). Feministische Theologien im Allgemeinen und die Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch – am Beispiel der deutsch-deutschen Auseinandersetzungen seit den 1970er Jahren – im Besonderen befinden sich in genau diesem Spannungsfeld, das den Ausgangspunkt für meine Analyse des dissidentischen feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den folgenden Kapiteln darstellt.

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4 Feministische Theologien in BRD und DDR und das Thema Schwangerschaftsabbruch – Textkorpus und analytischer Rahmen „Als Feministinnen und Theologinnen leben wir in einem permanenten Widerspruch. Besonders deutlich wird dies im Zusammenhang mit der Diskussion um den § 218.“ Mit diesen Worten fassen die katholischen Theologinnen Hedwig Meyer-Wilmes-Müller und Renate Rieger 1984 in der westdeutschen feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“ ihre Position in den Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch zusammen (1984, 6). Das Zitat verweist nicht nur auf die beiden zentralen Ausgangs- und Bezugspunkte Feministischer Theologien – Feminismus und feministische Bewegungen einerseits, christliche Theologie, Kirche und Traditionen andererseits –, sondern hebt vor diesem Spannungsverhältnis ebenfalls die besondere Brisanz des Schwangerschaftsabbruchs für feministische Theolog*innen hervor. Beide Aspekte markieren den Beginn meiner eigenen Beschäftigung mit diesem Thema, wie ich sie in den Forschungsfragen für diese Arbeit formuliert habe, und geben möglicherweise erste Antworten auf die in der Einleitung getroffene Feststellung einer bislang fast völlig vernachlässigten Aufarbeitung und Sichtbarmachung der feministisch-theologischen Beiträge innerhalb des Diskurses der kirchlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch. Um mich diesen anzunähern, werde ich im folgenden Kapitel Entstehung, Entwicklung und Anliegen Feministischer Theologien im deutsch-deutschen Kontext sowie meine ersten Befunde zum Schwangerschaftsabbruch als Thema feministischtheologischer Debatten erläutern, um davon ausgehend sowohl die Kriterien für die Auswahl der Analysetexte als auch für die Konkretisierung der Analyseschritte zu entwerfen. Dabei werde ich versuchen, die von mir im Vorfeld der eigentlichen Textanalyse getroffenen Entscheidungen, die gemeinsam mit dem Offenlegen der persönlichen (Forschungs-)Perspektive bereits wesentlicher Bestandteil des diskursanalytischen Vorgehens sind, möglichst vollständig und transparent darzustellen. 4.1 Entstehung und Entwicklung Feministischer Theologien in DDR und BRD Zentrales Anliegen christlicher Feministischer Theologien ist die Verknüpfung von Feminismus und Theologie als kritische Intervention in beide Bereiche, die das jeweils andere häufig nicht wahrnehmen oder sogar dezidiert ablehnen (Rakel 2003, 25). Sie verfolgen aus feministischer Perspektive das Ziel eines „Neuentwurfs“ (Engelmann 1996, 40) für eine „Neugestaltung von Theologie, Kirche und Gesellschaft“ (Matthiae 2008, 378). Feministische Theologien verstehen sich mehrheitlich als explizit politische (Schäfer-Bossert und Hartlieb 2012, 9) 44

und bewusst kontextuelle Befreiungstheologien (Schneider-Ludorff et al. 20022, 149), die „die je nach Kontext unterschiedlichen Erfahrungen von Frauen zum Ausgangspunkt ihrer Reflexion [machen]“ (Rakel 2003, 25). Sie sind dabei stets interkonfessionell, also ökumenisch, und zunehmend auch interreligiös ausgerichtet (Mehlhorn 2008, 296). In der Entwicklung ihrer Ansätze und Themen spiegeln sich die Auseinandersetzungen innerhalb feministischer Bewegungen, Wissenschaften und Politiken der vergangenen Jahrzehnte wider: „Kennzeichnet die erste Phase der Feministischen Theologie vor allem der Gleichheitsund Differenzfeminismus […], so traten in der zweiten Phase Differenzierungen unter den Frauen in den Vordergrund sowie die sozialwissenschaftliche Erkenntnis der Konstruiertheit der Geschlechter. Inzwischen angekommen in der dritten Phase eröffnet sich mit dem Dekonstruktivismus die Perspektive auf die Vielfalt der Geschlechter.“ (Qualbrink 2008, 204)

Entsprechend stehen anfangs die (Wieder-)Entdeckung biblischer Frauen*gestalten und der eigenen Frauen*-Kirchen-Geschichte (Rieger-Goertz und Arzt 2003, 43) sowie die Abkehr von einem ausschließlich männlich gedachten christlichen Gott im Mittelpunkt (Kuhlmann 2011, 125f.). Zum Teil ist dieses Anliegen mit einer Hinwendung zu matriarchalfeministischen und gynozentrischen Gegenentwürfen verknüpft (Rakel 2003, 28). Insbesondere in den letzten Jahren rückt die Analyse der Konstruktion von Geschlecht in biblischen Erzählungen, theologischen Auslegungen und kirchlichen Strukturen zunehmend in den Fokus (Kuhlmann 2011, 125f.) und wird durch die umfassende machtkritische Perspektive postkolonialer und queerer Theologien ergänzt (Rakel 2003, 29 und 32). Heike Walz weist aus globaler Sicht auf zahlreiche weitere Feministische Theologien hin, wie z.B. „womanist theology“ und „mujerista theology“ (2008, 13), und Christine Gasser-Schuchter und Aurica Nutt fassen unter dem Stichwort „bewusste Vielfalt“ „ein zentrales Kennzeichen gegenwärtiger geschlechtertheologischer Forschung“ zusammen (2014, 34). Diese Vielstimmigkeit zeigt sich ebenfalls in einer Ausdifferenzierung der Bezeichnungen in theologische Frauen- bzw. Geschlechterforschung, theologische Gender Studies (Jost 2008, 14) und geschlechterbewusste Theologien (Auga 2010, 303). Die Anfänge Feministischer Theologien im deutschen Kontext lassen sich in den ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstehenden säkularen und kirchlichen Frauenbewegungen ausmachen (Rieger-Goertz und Arzt 2003, 42). Während die ersten konfessionellen Frauenverbände eher konservative Positionen vertreten und ihre Hauptaufgabe in sozialpolitischem Engagement sehen, stellen Frauenrechtler*innen schon früh die biblisch begründete Nach- und Unterord45

nung von Frauen* in Frage (Schneider-Ludorff et al. 20022, 144). Ab den 1960er Jahren befördern verschiedene gesellschaftliche und kirchliche Strömungen – die feministischen Bewegungen, die ökumenische Bewegung, die Frauen*ordinationsbewegung im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil, die Entstehung einer politischen Theologie sowie die lateinamerikanische Befreiungstheologie (Rieger-Goertz und Arzt 2003, 43) – die Entstehung erster feministisch-theologischer Auseinandersetzungen, insbesondere von katholischen Theolog*innen24 in den USA (Schneider-Ludorff et al. 20022, 145). Diese Arbeiten werden ab den 1970er Jahren von Frauen*- und Theolog*innengruppen in der BRD rezipiert und begründen das Entstehen Feministischer Theologien in Westdeutschland (Gasser-Schuchter und Nutt 2014, 32). Im Laufe der 1980er Jahre kommt es ausgehend von der ersten feministischtheologischen Werkstatt 1979 in Bad Boll (Wegener 2008, 31) zur Gründung zahlreicher Initiativen, wie z.B. der „Arbeitsgemeinschaft Feminismus und Kirchen“ 1981 und der feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“ 1983 (Röckemann 2008, 24), sowie zu umfassenden inhaltlichen Auseinandersetzungen, die im 1986 herausgegebenen ersten deutschsprachigen „Handbuch feministische Theologie“ zusammengefasst werden (Wacker 2012, 33f.). Im gleichen Jahr werden als zentrale Netzwerke die „Europäische Gesellschaft für theologische Forschung von Frauen“ (ESWTR) und ihre jeweiligen länderspezifischen Sektionen gegründet (Röckemann 2008, 24f.). In der DDR, wo feministisch-theologische Auseinandersetzungen seit dem Anfang der 1980er Jahre in Frauen*gruppen, Werkstätten und Kirchentagsveranstaltungen stattfinden, wird im Anschluss daran der „Arbeitskreis Feministische Theologie“ ins Leben gerufen, der sich in vier thematisch ausgerichtete Arbeitsgruppen gliedert, ein jährliches gemeinsames Treffen organisiert und den regelmäßig erscheinenden Informationsbrief „Das Netz“ herausgibt (Engelmann 1996, 42f.). Trotz den erschwerten Bedingungen der staatlichen Zensur und kirchlichen Aufsicht kann ab 1987 zusätzlich die feministisch-theologischen Zeitschrift „Lila Band“ erscheinen (ebd.). Die Ökumenische Dekade „Solidarität der Kirchen mit den Frauen“ bietet ab 1988 den Rahmen für ein umfangreiches thematisches Programm (Bohnet 1990, 30f.). Mit sehr viel weniger Engagement wird diese Initiative in der BRD aufgegriffen, wo die Impulse aus dem Ökumenischen Rat der Kirchen jedoch ebenfalls Lernprozesse insbesondere innerhalb kirchlicher Strukturen in Gang setzen (Matthiae und Wegener 2008, 209).

24

Renate Jost erklärt die Mehrheit katholischer gegenüber protestantischen Theolog*innen mit dem ihnen nicht zugänglichen Priester*innenamt, sodass die Wissenschaft als einzige Möglichkeit theologischen Arbeitens für Frauen* bleibt (2008, 17).

46

Unter ungleichen Bedingungen vollziehen sich ebenfalls die Versuche erster Institutionalisierungen an den Universitäten: Während in der BRD universitäre Arbeitsgruppen – anfangs autonom organisiert – die Arbeit aufnehmen, erste Ringvorlesungen stattfinden und bezahlte Lehraufträge erreicht werden (Rieger-Goertz und Arzt 2003, 44), kämpfen feministische Theolog*innen in der DDR mit den fehlenden und verhinderten Möglichkeiten zu selbstorganisiertem und interdisziplinären Arbeiten sowie mit dem staatlichen Postulat einer bereits verwirklichten Gleichberechtigung (Ritter 1991, 34f.). Gleichwohl werden auch wichtige Grundsteine für eine spätere Institutionalisierung feministisch-theologischer Einrichtungen gelegt, z.B. mit den im September 1989 beginnenden Bemühungen um ein Ökumenisches Frauenzentrum in Berlin (Röckemann 2008, 92).25 Mit der deutsch-deutschen „Vereinigung“ wird ein Austausch zwischen ost- und westdeutschen Theolog*innen möglich – anfangs hoffnungsvoll, dann zunehmend geprägt von westlicher Vereinnahmung (Engelmann 1996, 46), die sich ebenfalls in den neuen universitären Strukturen in Ostdeutschland sowie den die „Feministische Theologie in Deutschland“ repräsentierenden Publikationen der 1990er Jahre niederschlägt (Auga 2010, 317f.). 1991 erscheint die erste Ausgabe des „Wörterbuchs der Feministischen Theologie“, 1999 das „Kompendium Feministische Bibelauslegung“ (Röckemann 2008, 37ff.). In Bonn und Münster werden erste katholische Lehrstühle mit feministisch-theologischer Denomination eingerichtet, auf evangelischer Seite ist es erst 2003 an der Kirchlichen Hochschule in Neuendettelsau sowie 2007 mit einer Juniorprofessur an der Humboldt-Universität soweit (Janssen und Jost 2008, 235ff.). Insgesamt sind feministischtheologische Ansätze heute in vielen Bereichen von Kirche und Theologie vertreten, gleichzeitig bleibt ihre „Perspektive […] immer eine analytisch-kritische“, die teilweise zu heftigen – öffentlichen und innerkirchlichen – Kontroversen führt (Matthiae 2008, 378), wie in letzter Zeit z.B. die Übersetzung der 2006 veröffentlichten „Bibel in gerechter Sprache“ (BigS) gezeigt hat (Matthiae und Wegener 2008, 174ff.). 4.2 Der Schwangerschaftsabbruch als Thema feministisch-theologischer Debatten „Das Private ist politisch! Mein Bauch gehört mir! Ich habe abgetrieben!“ Diese zentralen Parolen der feministischen Bewegungen der 1970er Jahre bilden den Anfang einer die Entwicklungen und Auseinandersetzungen innerhalb Feministischer Theologien im deutschen Kontext nachzeichnenden Sprechmotette, die den 2012 herausgegebenen Sammelband „Fe25

„Evas Arche“ ist bis heute das erste und einzige ökumenische Frauen*zentrum in Deutschland. Die Institutionalisierungsgeschichte gleicht dem Entstehungsprozess des heutigen „Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien“ an der Humboldt-Universität, dessen Genese bei Hildegard Maria Nickel (2011) dokumentiert ist.

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ministische Theologie – Politische Theologie“ einleitet (Schäfer-Bossert und Hartlieb 2012, 14). Hier wird wie selbstverständlich eine Verortung Feministischer Theologien in den feministischen Bewegungen und eine Verknüpfung mit ihren Forderungen – z.B. der nach einer ersatzlosen Streichung des § 218 – vorgenommen.26 Auch Beverly W. Harrison, US-amerikanische Theologin und eine „der Mütter der Feministischen Theologie“ (Sölle 2003, 10), beschäftigt sich in ihren sozialethischen Arbeiten zentral mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch (z.B. Harrison 1991). Demgegenüber steht meine persönliche Beobachtung einer NichtThematisierung bzw. Marginalisierung der Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch innerhalb deutschsprachiger Feministischer Theologien. So enthält beispielsweise die erste Auflage des „Wörterbuchs der Feministischen Theologie“ keinen thematischen Beitrag diesbezüglich (Gössmann et al. 1991), die zweite Auflage spart neben den säkular-feministischen und kirchlich-konservativen Positionen sowie einer historischen Nachzeichnung eine explizit feministisch-theologische Perspektive – bewusst? – aus (Wecker 20022, 489f.). Auch der Studienbrief „Ethik“ des „Fernstudiums Feministische Theologie“ erwähnt das Thema nur am Rande und konzentriert sich auf andere feministisch-ethische Auseinandersetzungen, wie z.B. die der Gebärmutterentfernung (Buse und Plonz 2005, 62ff.). In der für Ende 2014 geplanten überarbeiteten Neuauflage geht das Thema Schwangerschaftsabbruch gänzlich in der Debatte um Pränataldiagnostik auf.27 Auch Christine Kohler-Weiß (2003, 21) und Helga Kuhlmann (1998) schließen sich dieser Beobachtung an und weisen auf „das weitgehende Schweigen deutscher Theologinnen zu diesem Thema“ hin (ebd., 274). Als möglichen Grund vermuten die beiden Autorinnen u.a. ebenfalls die spannungsreiche Position feministischer Theolog*innen zwischen Feminismus und Theologie – eine Konstellation, die feministische Theolog*innen in Vorbeugung eines doppelten „Schwesternstreits“ und „Streits unter Glaubensgeschwistern“ zur Zurückhaltung bewege (Kohler-Weiß 2003, 23). Meine Suche nach – vielleicht doch vorhandenen – Beiträgen feministischer Theolog*innen führt mich zunächst ins Archiv des Frauenforschungs-, -bildungs- und -informationszentrums (FFBIZ) in Berlin und zu den Ausgaben der seit 1983 im Rahmen einer autonomen Initiative erscheinenden westdeutschen, feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“. In allen 121 bis zu ihrer Einstellung 2013 veröffentlichten Ausgaben finde ich neben eher wenigen Artikeln, die sich explizit mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch beschäftigen, zahlreiche 26

Ein Verweis auf die Situation von Frauen* und Theolog*innen in der DDR sowie auf die sich dort entwickelnden Feministischen Theologien erfolgt allerdings nicht. 27

Während der 7. Feministisch-theologischen Sommerakademie auf Schwanenwerder (Berlin) Anfang Juli 2014 hatte ich die Möglichkeit, einen Vorabdruck des überarbeiteten Studienbriefs einzusehen.

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inhaltliche Verweise in anderen Beiträgen und kurze Notizen, die aktuelle gesellschaftliche Debatten – auch aus internationaler Perspektive – aufgreifen (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Diese Beobachtungen decken sich mit meinen bisherigen Befunden: Einerseits scheint es aufgrund des feministisch-bewegten Kontextes fast selbstverständlich zu sein, das Thema kontinuierlich aufzugreifen, andererseits bleibt eine tiefergehende Auseinandersetzung aus explizit feministisch-theologischer Perspektive nahezu aus. Die Verteilung der Fundstellen lässt sich darüber hinaus eng an die Spitzen der gesellschaftlichen Debatten rückbinden (z.B. Gerhards et al. 1998, 89f.). Einige inhaltliche Hinweise aus der „Schlangenbrut“ aufgreifend, beginne ich im Anschluss daran mit einer thematischen Recherche in verschiedenen Bibliothekskatalogen28, habe jedoch von den bereits gefundenen Beiträgen ausgehend mit einer „Schneeballtechnik“ mehr Glück, sodass sich bald eine Sammlung von etwa zwanzig Texten ergibt, die sich schwerpunktmäßig dem Thema Schwangerschaftsabbruch widmen. Dabei ist jedoch – entsprechend den oben beschriebenen westdeutschen Dominanz- und Vereinnahmungstendenzen – ein deutliches Ungleichgewicht zwischen aus west- und ostdeutscher Perspektive verfassten Beiträgen festzustellen, sodass ich meine Suche nach explizit im Kontext der DDR geführten Auseinandersetzungen sowie in den Jahren vor und nach der deutsch-deutschen „Vereinigung“ entstandenen Texten fortsetze. Aufgrund staatlicher Zensur und kirchlicher Aufsicht ist für feministische Theolog*innen in der DDR das Publizieren schwer bis gar nicht möglich (vgl. Abschnitt 4.1). Entsprechend gibt es keine frei zugänglichen feministisch-theologischen Publikationen oder Beiträge z.B. in Kirchenzeitungen (Engelmann 1996, 41). Ausschließlich eine Übersetzung von Catherina Halkes „Gott hat nicht nur starke Söhne“ mit einem Nachwort von Annemarie Schönherr ist in der DDR offiziell erhältlich (ebd.). Vor diesem Hintergrund sind die Arbeiten feministischer Theolog*innen kaum dokumentiert (Klank und Markert-Wizisla 1993, 15) bzw. heute nur als „graue Literatur“ in Archiven verfügbar, beispielsweise in den mit dem obligatorischen Hinweis „Nur für den innerkirchlichen Gebrauch“ versehenen feministisch-theologischen Publikationsheften „Lila Band“ und „Das Netz“. Deshalb nehme ich – analog zur westdeutschen Zeitschrift „Schlangenbrut“ – im der Robert-Havemann-Gesellschaft angegliederten Archiv der ostdeutschen Frauenbewegung „GrauZone“ in Berlin Einsicht in diese beiden Materialquellen: Insgesamt stehen die Ausgaben des zwischen 1988 und 1993 vom Arbeitskreis Feministische Theologie herausgegebenen Informationsbriefs „Das Netz“ (fünf Ausgaben) so28

Zum Beispiel im „Theologischen Schlagwortkatalog für Genderforschung“ (TSG) der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, abzurufen unter http://www.femtheol.ub.rub.de/.

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wie die zwischen 1987 und 1989 erschienene Zeitschrift „Lila Band“ (sechs Ausgaben) zur Verfügung. Während ich im „Lila Band“ keine thematischen Artikel oder inhaltlichen Verweise finde, kann ich meine bisherige Textsammlung mit zwei Beiträgen sowie verschiedenen Hintergrundinformationen aus „Das Netz“ ergänzen. So wird deutlich, dass sich die AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises Feministische Theologie in den 1980er Jahren in Auseinandersetzungen mit Arbeitspapieren des Ökumenischen Rates der Kirchen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch beschäftigt hat (Dietrich 1989, 14) und die Debatte insbesondere im Kontext der Verhandlungen und Kämpfe über die Ausgestaltung der deutschdeutschen „Vereinigung“ – wie in Abschnitt 3.3 dargestellt – wieder aufgegriffen wird.29 In diesem Kontext ist das Thema ebenfalls zentraler Diskussionsgegenstand während ost- wie westdeutscher feministisch-theologischer Tagungen (Zenke 1991, 15 und Wecker 1990, 23f.). 4.3 Auswahl der Analysetexte und Erstellung des Textkorpus Wie in der Einleitung dieser Arbeit bereits ausgeführt, möchte ich den Analysezeitraum in Anlehnung an die öffentlichen Diskussionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch auf die Jahre zwischen 1971 und 2001 beschränken und mich explizit für diese Jahrzehnte, die zum Teil von heftigsten gesellschaftlichen Auseinandersetzungen geprägt sind, dem dissidentischen feministisch-theologischen Diskurs annähern. Eine solche Herangehensweise lässt sich aufgrund des zeitlichen Längsschnitts in Bezug auf das interessierende Thema als „historischdiachrone Diskursanalyse“ bezeichnen, deren Anfangs- und Endpunkte von sogenannten „diskursiven Ereignissen“ – also für den Diskurs medial bedeutsame Vorkommnisse – markiert werden, die jedoch in Bezug auf die jeweilige Fragestellung – wie bereits erfolgt – auf einen bearbeitbaren und überschaubaren Zeitraum einzugrenzen sind (Jäger 20126, 121 und 125f.). Die im vorausgehenden Abschnitt beschriebenen Wege und Problematiken meiner Materialrecherche in Bezug auf den genannten Untersuchungszeitraum möchte ich an dieser Stelle nochmals zusammenfassen sowie daraus Entscheidungen für die Auswahl der Analysetexte ableiten: Für den Kontext der BRD liegen mir von Vertreter*innen der sich seit den 1970er Jahren entwickelnden Feministischen Theologien zwischen 1971 und 1990 eine kleine Anzahl an in Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlichten Beiträgen und Stellungnahmen vor, 29

Ursula Schröter und Renate Ullrich (2005) halten in ihrer geschlechtsspezifischen Dokumentenanalyse von (kultur-)soziologischen Forschungsergebnissen der DDR fest, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch – auch im wissenschaftlichen Kontext – „kaum öffentlich erwähnt oder gar diskutiert wurde, auch nicht in den [von den beiden Autorinnen untersuchten; Einfügung S.W.] SID-Heften [Soziologische Informationen und Dokumentationen; Einfügung S.W.], den grünen Heften [interdisziplinäre Informationshefte des Wissenschaftlichen (Bei)Rates „Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft“; Einfügung S.W.] und dem MITTEILUNGSBLATT zur „Geschichte des Kampfes der Arbeiterklasse um die Befreiung der Frau““ (23).

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die einen ersten Einblick in die feministisch-theologischen Debatten zum Thema Schwangerschaftsabbruch geben. Im Vergleich dazu stehen mir aus meiner Materialrecherche für den Kontext der Feministischen Theologien in der DDR für den Zeitraum vor 1990 keine Texte zur Verfügung. Die in Abschnitt 4.2 erwähnten Textfunde im feministisch-theologischen Informationsbrief „Das Netz“ gehen entweder nicht über kurze Nennungen des Themas hinaus oder sie wurden erst ab 1990 veröffentlicht. Deshalb werde ich unter Berücksichtigung der rechtlichen Regelung und der gesellschaftlichen Praxis des Schwangerschaftsabbruchs in der DDR meine Analyse für die ersten Jahre des Untersuchungszeitraumes auf den Kontext der BRD beschränken müssen. Demgegenüber kommt in den Diskussionen ab 1990 insbesondere den Beiträgen feministischer Theolog*innen aus der (ehemaligen) DDR eine entscheidende Rolle zu (vgl. Abschnitt 3.3), sodass ich für die zweite Hälfte des Untersuchungszeitraums – auf der entsprechend der Vielzahl vorliegender Texte der Fokus der Analyse liegen wird – vor dem Hintergrund der erneuten heftigen gesellschaftlichen, kirchlichen und (inner-)feministischen Auseinandersetzungen alle von feministischen Thelog*innen veröffentlichten Beiträge im „vereinigten“ Deutschland einbeziehen werde. Auf dieser Grundlage formuliere ich für die konkrete Auswahl der Analysetexte zur Erstellung des Textkorpus für diese Arbeit aus meiner bisherigen Recherche-Sammlung folgende Kriterien: Ich wähle Texte aus, -

die sich explizit mit dem Thema Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bzw. Schwangerschaftskonflikt beschäftigen,

-

die im Zeitraum zwischen 1971 und 2001 in der DDR und/oder der BRD „öffentlich“ publiziert wurden und

-

die von Vertreter*innen der deutschsprachigen Feministischen Theologien mit Bezug auf die deutsche Debatte veröffentlicht wurden.30

Des Weiteren beschränke ich mich für eine größtmögliche Perspektivenvielfalt pro Autor*in auf nur einen Text innerhalb des Analysezeitraums31, sodass sich als Textkorpus für meine Arbeit folgende 16 zentrale Analysetexte ergeben (vgl. auch Tabelle 1 im Anhang):

30

Als Vertreter*innen Feministischer Theologien bezeichne ich Personen, die sich im konkreten Text selbst als feministische Theolog*innen verorten, Feministischen Theologien im Hinblick auf die eigene Arbeit insgesamt zuzuordnen sind oder die in einem Medium publizieren, das sich als explizit feministisch-theologisch versteht. 31

Siegfried Jäger nennt einen begründet reduzierten Textkorpus „Dossier“ (20126, 93).

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1. Dorothee Sölle (1980): Für die Bejahung des Lebens – gegen die Bestrafung der Mutter. 2. Hedwig Meyer-Wilmes-Müller und Renate Rieger (1984): Frau und Kirche – Ein HerrSchaftsverhältnis. 3. AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theologie“ der Barmen-Konferenz im Juni 1984 (1984): Barmen 1934-1984.32 4. Arbeitskreis „Feministische Theologie“ (1990): Erklärung „Christinnen für die Beibehaltung von § 153“. 5. Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen Sommeruniversität Hofgeismar im August 1990 (1990): Die Resolution der Sommeruniversität in Hofgeismar. 6. VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg West (1990): Diskussionsbeitrag zum Thema Schwangerschaftsabbruch.33 7. Ellen Hoffmann, Susanne Kahl-Passoth und Rosemarie von Orlikowski (1990): Stellungnahme zur gegenwärtigen Debatte um den Schwangerschaftsabbruch. 8. Fachschaft Evangelische Theologie Marburg (1991): Resolution zum § 218. 9. Rose Wecker (1991): Der Schwangerschaftskonflikt als Thema feministisch-theologischer Ethik. Ein Perspektivenwechsel. 10. Dietlind Starke (1991): Gruppe (strategische)? 11. Oda-Gebbine Holze-Stäblein (1993): Vollmacht für das Leben. 12. AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“ (1993): Leben ist unteilbar. 13. Helga Kuhlmann (1998): Schwangerschaftskonflikte im Zeitalter humangenetischer Diagnostik – Das Recht von Frauen auf selbstbestimmte Schwangerschaft und das Recht des/der „Anderen“. 14. Annegret Laakmann (1999): Wie 27 alte Männer ihren Schwangerenkonflikt lösen. 15. Ina Praetorius (2000): Das Ungedachte: Zwei in Einer – Ein Essay zur Theologie der Schwangerschaft. 16. Britta Baas (2001): „Ohne Dich finde ich keinen Ort auf dieser Welt“ – Die kleine Geschichte einer Geburt und das Ungedachte: ‚Zwei in Einer‘.

32

Die „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche“ von 1934, kurz „Barmer Theologische Erklärung“, formuliert in sechs Thesen das theologische Fundament der Bekennenden Kirche in der NS-Zeit. Die Thesen beginnen jeweils mit einer Bibelstelle aus dem Neuen bzw. Zweiten Testament, denen sich ein positives Bekenntnis anschließt. Es folgt durch ein „wir verwerfen“ die Ablehnung „falscher“ Bekenntnisse. Diese Struktur spiegelt sich im hier untersuchten Text der Arbeitsgruppe wider. 33

Als „Vikariat“ wird in der evangelischen Kirche der zweite, praktische Teil der Ausbildung zum Pfarrer*innenberuf bezeichnet.

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Die ersten drei Texte markieren die Auseinandersetzungen im BRD-Kontext vor 1990; die Texte vier bis zwölf sind als größte Gruppe dem Zeitraum der „Vereinigung“ und der Debatte um eine neue gesamtdeutsche Gesetzesregelung zwischen 1990 und 1993 zuzuordnen; die letzten vier Texte spiegeln die Weiterführung der Debatte nach der Neuregelung 1995 im gesamtdeutschen Kontext zwischen 1998 und 2001 wider. Die ausgewählten Analysetexte wurden überwiegend in der feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“ (acht Texte) und dem feministisch-theologischen Informationsbrief „Das Netz“ (zwei Texte) veröffentlicht34 – was auch mit meinem Vorgehen bei der Materialrecherche zusammenhängen mag (vgl. Abschnitt 4.2). Als weitere Publikationsorte sind explizit feministische bzw. feministisch-theologische Sammelbände (drei Texte) sowie feministisch-theologische Schwerpunktausgaben herkömmlicher theologischer Zeitschriften und Sammelbände (drei Texte) zu nennen. Die Hälfte der insgesamt 16 Analysetexte wurde von einer namentlich genannten Autor*in verfasst; zwei Texte gehen auf die Co-Autor*innenschaft zwei bzw. drei namentlich genannter Personen zurück; die verbleibenden sechs Texte sind innerhalb größerer Kollektive in Arbeitsgruppen oder auf Tagungen entstanden. Letztere fallen – bis auf einen – alle in den Zeitraum zwischen 1990 und 1993 und verweisen auf die umfassende gesellschaftliche Debatte und die heftigen Kämpfe um eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Zuge bzw. in Folge der deutsch-deutschen „Vereinigung“. Während die Texte vor 1990 und nach 1995 gänzlich von Autor*innen aus der „alten“ Bundesrepublik bzw. aus Westdeutschland verfasst wurden, ist das Verhältnis zwischen 1990 und 1993 deutlich ausgewogener: Von insgesamt neun Texten wurden drei Texte von Autor*innen aus der „ehemaligen“ DDR bzw. aus Ostdeutschland veröffentlicht, weitere drei Texte von gemischten Gruppen bzw. von Autor*innen aus West-Berlin und wiederum drei Texte von Autor*innen aus der „alten“ BRD (vgl. Tabelle 2 im Anhang). In Bezug auf die konfessionelle Zugehörigkeit der Autor*innen und Gruppen überwiegt der Anteil evangelischer Beiträge mit neun Texten. Vier Analysetexte stammen aus ökumenischen Zusammenhängen, drei Texte wurden von katholischen Autor*innen verfasst. Soweit mir auf Grundlage meiner Recherchen bekannt, haben alle Autor*innen an einer Hochschule bzw. Universität studiert und mit Ausnahme eines Textes waren an allen Beiträgen ausgebildete Theolog*innen beteiligt. Somit werden im Zusammenhang mit der Bezeichnung „feministische Theolog*innen“ und dem von mir aus-

34

Bei sechs dieser acht Texte handelt es sich um Stellungnahmen zu den jeweils aktuellen politischen Auseinandersetzungen um eine gesamtdeutsche gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. Es ist entsprechend davon auszugehen, dass diese Texte zusätzlich an anderen Stellen veröffentlicht bzw. bestimmten Adressat*innengruppen explizit zugänglich gemacht wurden, um eine politische Einflussnahme zu erreichen.

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gewählten Analysematerial nur die Positionen einer spezifischen, durch ihr (Aus-)Bildungsniveau privilegierten Gruppe von Personen sichtbar. Mit dieser ersten Charakterisierung der von mir für die Analyse ausgewählten Texte und der bereits angedeuteten Einschränkungen, stellt sich die Frage nach der qualitativen Vollständigkeit der Materialgrundlage (Jäger 20126, 91). Durch die Erläuterungen in Abschnitt 4.2 habe ich versucht, meine Recherchewege möglichst transparent darzustellen, womit auch alle von mir nicht in die Suche einbezogenen Bereiche indirekt sichtbar werden, z.B. Archivbestände oder englischsprachige Beiträge. Insgesamt gibt es innerhalb der von mir ausgewählten Analysetexte häufig Bezüge auf bereits von anderen Autor*innen publizierte Beiträge zum Thema Schwangerschaftsabbruch, die von neueren Arbeiten nochmals gesammelt aufgegriffen werden (z.B. Kohler-Weiß 2003), sodass ich diesbezüglich von einer relativen Vollständigkeit ausgehen kann. Unausgewogenheiten ergeben sich vielmehr durch die sozialen Positionierungen der Autor*innen, wie am Beispiel des Qualifikationsniveaus deutlich geworden ist. 35 Des Weiteren schreiben sich Ungleichheiten bzgl. der ost- und westdeutschen Herkunft und Perspektive der ausgewählten Autor*innen fort, die verschiedene Fragen aufwerfen: Liegt die Tatsache, dass mir für die Jahre vor 1990 keine Texte aus dem Kontext der DDR vorliegen, daran, dass es um das Thema Schwangerschaftsabbruch in der DDR keine (öffentlichen) Auseinandersetzungen gab oder spielt die von mir gewählte Recherche- und Analysemethode eine wesentliche Rolle? Warum wurden die Anfang der 1990er Jahre verfassten Stellungnahmen feministischer Theolog*innen aus der „ehemaligen“ DDR nicht in die ursprünglich westdeutsche feministisch-theologische Zeitschrift „Schlangenbrut“ aufgenommen und ist das erneute Verschwinden ostdeutscher Autor*innen in den Beiträgen Ende der 1990er Jahre ein weiterer Hinweis auf westdeutsches Dominanzverhalten und ostdeutsche Marginalisierungserfahrungen innerhalb Feministischer Theologien in Deutschland (z.B. Auga 2010, 317f.)? Dies sind Fragen, die ich an dieser Stelle nicht beantworten kann, die mich jedoch kritisch in die anschließende Analyse begleiten werden. Außerdem klammere ich die Rolle und Positionen christlicher Frauenverbände sowie institutioneller Frauen*- und Gleichstellungsarbeit innerhalb der beiden großen evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland in meiner Bearbeitung weitestgehend aus, da sie zum einen für mich – insbesondere aus historischer Perspektive – nicht unmittelbar den Feministischen Theologien zuzurechnen sind, zum anderen weil sie nur punktuell in den Diskussionen 35

Auf die Frage nach der Reflexion der eigenen Positionierungen durch die Autor*innen innerhalb der Texte werde ich in Kapitel fünf in Bezug auf die Anwendung der Analysekategorien nochmals näher eingehen.

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um das Thema Schwangerschaftsabbruch in Erscheinung getreten sind (z.B. Matthiae und Wegener 2008, 105 und Thoma 2001). Des Weiteren hätte die Berücksichtigung dieser Akteur*innen eine inhaltliche und strukturelle Ausweitung meines Analysefokus notwendig gemacht, die ich im Rahmen dieser Arbeit nicht leisten kann. 4.4 Spezifizierung und Erläuterung der Diskursanalyse-Schritte Diskursanalysen ermöglichen die Ermittlung von Aussagen bzw. Ketten von Aussagen eines spezifischen Diskurses mit dem Ziel, die darin verwobenen Wissenskonstruktionen und deren Machtwirkungen sichtbar und sie auf diesem Weg kritisier- und veränderbar zu machen (Jäger 20126, 8f.). Die Diskurse selbst sind jedoch nicht klar umrissen in der Gesellschaft vorhanden, gefunden werden vielmehr „Monumente in ihrer Seltenheit, Singularität und in einem Feld der Äußerlichkeit“ (Bublitz 1999, 29), die erst durch ihre Zusammenführung und Benennung in der Analyse als Diskurse entstehen. Entsprechend ist der von mir erstellte Textkorpus nicht nur eine auf meine Recherchearbeiten und Kriterienformulierung zurückzuführende spezifische und mehr oder weniger zufällige Auswahl thematisch relevanter Texte, sondern stellt ebenfalls kein objektivierbares Abbild eines bereits vorhandenen Diskurses dar. Vielmehr entsteht der dissidentische feministisch-theologische Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch in seiner beschriebenen Form erst durch meine Bezeichnung innerhalb dieser Arbeit bzw. als Teil der Analyse. Als Konsequenz kann ich mich als Forscherin nicht als distanziertes Gegenüber verstehen, sondern präge durch meine Entscheidungen im Forschungsprozess nicht nur die Analyseschritte und -ergebnisse, sondern ebenfalls den von mir ausgewählten Analysegegenstand. Damit ermöglichen Diskursanalysen eine „De-Zentrierung und De-Konstruktion vorherrschender Forschungsperspektiven“ insgesamt (Bührmann 1995, 7). Wie in Abschnitt 2.2 bereits beschrieben, formuliert Michel Foucault für die auf ihn zurückgehende Idee der Diskursanalyse kein spezifisches Analyseraster, sondern er geht vielmehr von einem offenen Konzept – einer „Werkzeugkiste“ – aus, das an den jeweiligen Gegenstand und die Forschungsfragen entsprechend des Erkenntnisinteresses angepasst werden muss. Vor diesem Hintergrund formulieren verschiedene, sich jedoch alle an den Arbeiten Foucaults orientierende Autor*innen jeweils unterschiedliche Vorschläge zum diskursanalytischen Vorgehen. Andrea Bührmann, deren kritische Analyse der Sexualitätsdebatte innerhalb der zweiten, westdeutschen Frauenbewegung für Anliegen und Aufbau meiner Arbeit einen zentralen Referenzpunkt darstellt, schlägt beispielsweise in knappen Worten ein dreistufiges Verfahren vor: „[I]n einem ersten Schritt werde ich die Themengebiete ermitteln, in einem zweiten 55

Schritt die Argumentationsstrukturen analysieren und in einem dritten Schritt die Selbstdeutungen der Sprecherinnen veranschaulichen.“ (1995, 110f.) Siegfried Jäger hingegen legt mit seinem am Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung entwickelten Konzept der „Kritischen Diskursanalyse“ ein detailliertes Analysemodell vor, dessen explizit politische Ausrichtung, die wissenschaftliches Arbeiten als Möglichkeit zur Intervention in und Beteiligung an „diskursiven Kämpfen“ begreift (20126, 12), einen zweiten wichtigen Bezugspunkt für meine Arbeit bildet. Er schlägt insgesamt zehn Analyseschritte vor (ebd., 90ff.), ausgehend von der Auswahl des Gegenstandes, der Zielsetzung der Untersuchung sowie der Begründung des Zeitausschnittes und der Materialgrundlage (Schritte eins bis drei). Die in Schritt vier erfolgende „Strukturanalyse“ des gesamten Textkorpus umfasst – entsprechend der ersten Analysestufe bei Bührmann – eine Zusammenfassung zentraler inhaltlicher Themen und formaler Aspekte der Analysetexte. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden in Schritt fünf exemplarisch ausgewählte Texte einer „Feinanalyse“ unterzogen und vertiefend bzgl. inhaltlicher, sprachlich-rhetorischer, ideologischer und wirkungsbezogener Aspekte untersucht. Abschließend erfolgen eine zusammenfassende Einbettung in den größeren Diskurskontext, eine ethische Gesamtbewertung des Diskurses sowie die Formulierung politischer und wissenschaftlicher Implikationen der Analyseergebnisse (Schritte sechs bis zehn). Anders als bei Andrea Bührmann, orientiert sich das Konzept von Siegfried Jäger an der Analyse hegemonialer Diskurse, die es zu bekämpfen bzw. zu vermeiden gilt (20126, 91). Gemeinsam ist beiden Vorschlägen die Zusammenfassung zentraler inhaltlicher Themen des gewählten Diskurses in einem ersten konkret auf die Texte bezogenen Analyseschritt, sowie vertiefenden, stärker auf die jeweiligen Fragestellungen fokussierten weiteren Analyseschritten. Beide Aspekte spiegeln sich bereits in der Anordnung der von mir für diese Arbeit formulierten Forschungsfragen wider. So geht es mir einerseits um die Aufarbeitung und Sichtbarmachung des dissidentischen feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch im deutsch-deutschen Kontext. Andererseits möchte ich anhand der bereits in Abschnitt 2.4 erläuterten Analysekategorien diesen Diskurs auf Re_Produktionen von Normierungen und Leerstellen hin untersuchen, um eine zusammenfassende Bewertung des Diskurses aus „kritisch-feministischer“ Perspektive vornehmen zu können. Entsprechend werde ich – wie Bührmann und Jäger ebenfalls vorgeschlagen – auf mehrere Analyseschritte zurückgreifen. In einem ersten Schritt werde ich die zentralen inhaltlichen Themen des feministisch-theologischen Diskurses zusammenfassen, in einem zweiten Schritt die bereits vor der eigentlichen Textarbeit formulierten vier Analysekategorien auf die Texte anwenden – An56

drea Bührmann und Werner Schneider sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Strategie der ‚reflektierten Optionen‘ für normative Kriterien der Kritik“ (2008, 41) – und in einem dritten Schritt die Frage nach den „kritisch-feministischen“ Potenzialen des untersuchten Diskurses zu beantworten versuchen. Um insbesondere den Anforderungen des ersten Analyseschritts – die inhaltliche Zusammenfassung des feministisch-theologischen Diskurses – zu genügen und damit einen sicheren Grundstein für die weiteren Analyseschritte legen zu können, möchte ich aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ergänzend auf das von Philipp Mayring entwickelte Konzept der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ zurückgreifen, die als regelgeleitete, systematische Textanalyse verschiedene Techniken zur „Zusammenfassung“, „Explikation“ und „Strukturierung“ des Analysematerials anbietet (201011, 65). Ziel der „Zusammenfassung“ ist es, einerseits „das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben“ (ebd.) und diese andererseits in ein aus dem Material induktiv erarbeitetes Kategoriensystem zu überführen (ebd., 83ff.), das die formale und inhaltliche Struktur der Analysetexte abbildet („Strukturierung“) (ebd., 94). Mit der „Explikation“ kann außerdem an „interpretationsbedürftige […] Textstellen […] zusätzliches Material herangetragen [werden], um die Textstelle zu erklären, verständlich zu machen, zu erläutern, zu explizieren“ (ebd., 85). Konkret schlägt Mayring für die Zusammenfassung zentraler inhaltlicher Themen folgendes Ablaufmodell vor: (1) Paraphrasierung der inhaltstragenden Textstellen, (2) Generalisierung und Reduktion der Paraphrasen in Hinblick auf ein Kategoriensystem, (3) Plausibilisierung der erarbeiteten Kategorien mit Hilfe konkreter Textpassagen und (4) nochmalige Überprüfung und Überarbeitung des Kategoriensystems am Analysematerial (ebd., 68 und 84). Wie bereits ausgeführt, benutzt Mayring für die aus dem jeweiligen Textmaterial induktiv erarbeitete inhaltliche Zusammenfassung den Begriff „Kategoriensystem“. Diesen Terminus möchte ich im Folgenden vermeiden und schlicht von „zentralen inhaltlichen Themen“ sprechen. Diese Unterscheidung dient der möglichst deutlichen Abgrenzung zu den bereits vor der Analyse formulierten vier Analysekategorien und ihrer ebenfalls bereits in Abschnitt 2.4 erfolgten Spezifizierung durch Beispielfragen, die im zweiten Analyseschritt deduktiv zur Anwendung kommen sollen. Sprachlich-rhetorische sowie wirkungsbezogene Aspekte, deren Analyse Jäger und Mayring ebenfalls vorschlagen, werde ich zur Eingrenzung des Analyseaufwandes nur am Rande behandeln. Des Weiteren werde ich aufgrund der sehr unterschiedlichen Publikationsformen der Analysetexte auf eine zusätzliche Untersuchung des Textlayouts und ggf. dazugehöriger Bilder und grafischer Darstellungen verzichten (z.B. Jäger 20126, 63ff.). 57

5 Dissident*innen im Kampf gegen den § 218 – Analyse des feministischtheologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch Meine Analyse des dissidentischen feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch im deutsch-deutschen Kontext zwischen 1971 und 2001 verfolgt mehrere Ziele: Zum einen möchte ich diesen Diskurs zusammenfassend aufarbeiten und damit als solchen sichtbar machen. Zum anderen geht es mir um eine kritische Analyse möglicher Re_Produktionen von Normierungen und Leerstellen durch und innerhalb dieses Diskurses. Schlussendlich möchte ich versuchen die Frage zu beantworten, inwiefern die Beiträge feministischer Theolog*innen eine „kritisch-feministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen christlichen Kirchen in den Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch darstellen. Entsprechend werde ich in den ersten beiden Abschnitten dieses Kapitels die zentralen inhaltlichen Themen des feministisch-theologischen Diskurses zusammenfassen (Abschnitt 5.1 und 5.2). Unter Anwendung des von Philipp Mayring (201011) vorgeschlagenen Konzepts der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ in Bezug auf die Zusammenfassung und Strukturierung des Analysematerials (vgl. Abschnitt 4.4), konnte ich insgesamt zwölf zentrale inhaltliche Themen herausarbeiten (induktive Herangehensweise), die sich wiederum nochmals durch verschiedene Aspekte und Unterthemen näher bestimmen lassen.36 Die einzelnen Themen unterscheiden sich in Bezug auf den Umfang der ihnen zugeordneten inhaltlichen Punkte sowie bezüglich der Anzahl der Analysetexte, die die jeweiligen Themen ansprechen.37 Die Reihenfolge, in der ich die einzelnen Themen vorstellen werde, folgt allerdings nicht einem solch quantitativen Aufbau, sondern orientiert sich stärker an argumentativen, qualitativen Aspekten. Insgesamt lassen sich die zwölf Themen in die Abschnitte „Kritik“ und „Entwurf“ gliedern und spiegeln darin zwei zentrale Kennzeichen feministisch-theologischer Auseinandersetzungen wider (vgl. Abschnitt 4.1). Im Anschluss an die inhaltliche Zusammenfassung der Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch werde ich mich in Abschnitt 5.3 der kritischen Analyse 36

Jürgen Gerhards, Friedhelm Neidhardt und Dieter Rucht schlagen aus ihrer Analyse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung von 1970 bis 1994 zum Thema „Struktur öffentlicher Meinungsbildung am Beispiel der deutschen Diskussion zur Abtreibung“ insgesamt acht Deutungsrahmen (1998, 48) sowie fünf konkrete Sachthemen (ebd., 116) für eine inhaltliche Zusammenfassung der Debatten vor. 37

Die Analysetexte selbst sind z.T. sehr unterschiedlich lang, was sicherlich sowohl auf das jeweilige Anliegen der Autor*innen als auch auf das Publikationsmedium zurückzuführen ist. So beschäftigen sich einige Texte sehr ausführlich mit der Thematik und haben den Anspruch, eine umfangreiche Analyse vorzulegen, wohingegen sich andere auf nur wenige Aspekte beschränken, weil sie z.B. ihre Position in prägnanter Form in den politischen Auseinandersetzungen zum Ausdruck bringen möchten. Diese Unterschiedlichkeit erklärt auch vielfach die verschiedene Anzahl an Nennungen der einzelnen Texte in Bezug auf die zentralen inhaltlichen Themen.

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dieses Diskurses zuwenden. Dafür werde ich die bereits in Abschnitt 2.4 definierten vier Analysekategorien – Geschlecht und Geschlechterverhältnisse, Autonomie und Selbstbestimmung, Gottesbild und Gottesbeziehung sowie Theologie und Kirche als politische Projekte – auf die Analysetexte anwenden (deduktive Herangehensweise). Anhand der ebenfalls in Abschnitt 2.4 formulierten Beispielfragen werde ich versuchen, spezifische Vorannahmen bzw. diesen Beiträgen zugrunde liegende Konstruktionen in Bezug auf die Analysekategorien herauszuarbeiten, um auf mögliche Re_Produktionen von Normierungen und Leerstellen durch und innerhalb des Diskurses hinweisen zu können. Abschließend werde ich in Abschnitt 5.4 die Analyseergebnisse zusammenfassen, um zu einer Bewertung der Potenziale des feministisch-theologischen Diskurses als „kritisch-feministische“ Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen christlichen Kirchen in den deutsch-deutschen Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 zu kommen. Die Aussagen der Analysetexte werden sowohl durch die Zusammenfassung der zentralen inhaltlichen Themen im ersten Analyseschritt als auch durch die Anwendung der Analysekategorien im zweiten Schritt sehr stark verdichtet. Um meine einzelnen Analyseschritte nachvollziehbar zu gestalten und um auch Einzelaspekte dokumentieren zu können, werde ich in der Darstellung der Analyseergebnisse immer wieder auf zusätzliche Tabellen im Anhang dieser Arbeit verweisen. Diese enthalten in übersichtlicher Form für die einzelnen Analysetexte jeweils Angaben zum Entstehungskontext sowie zu den Positionen der Autor*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch (Tabelle 3), Angaben zu den Einzelaspekten der zentralen inhaltlichen Themen sowie zu den Fundstellen innerhalb der Analysetexte (Tabelle 4) und Angaben zur Auswertung der Analysetexte in Bezug auf die vier Analysekategorien (Tabelle 5). Darüber hinaus werde ich versuchen, die Autor*innen durch Zitate prägnanter Textstellen möglichst häufig selbst zu Wort kommen zu lassen – auch um einen besseren Eindruck des sprachlichen und rhetorischen Stils der Analysetexte vermitteln zu können.38

38

Im Unterschied zu meiner bisherigen Zitationsweise nutze ich für die Darstellung der Analyseergebnisse für fünf der Analysetexte eine vereinfachende und von der Auflistung in Abschnitt 4.3 sowie vom Literaturverzeichnis abweichende Schreibweise: Den Text der AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theologie“ der Barmen-Konferenz im Juni 1984 werde ich im Folgenden mit „AG Barmen“ abkürzen, den Text der Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen Sommeruniversität Hofgeismar im August 1990 mit „Sommeruniversität Hofgeismar“, den Text der VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in BerlinBrandenburg West mit „VikarInnenkonferenz“, den Text der Fachschaft Evangelische Theologie Marburg mit „Fachschaft Marburg“ sowie den Text der AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“ mit „AG Soziale Situation“.

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5.1 Kritische Inhalte des feministisch-theologischen Diskurses Feministischen Theolog*innen „geht es […] einerseits um die Kritik des androzentrischen Blicks, der Theologie und Ethik beherrscht, andererseits um die Neuformulierung theologischer Inhalte“ (Wecker 1991, 23). Diese beiden Aspekte – Kritik und Entwurf – prägen ebenfalls den dissidentischen feministisch-theologischen Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch, dessen Inhalte stets als Interventionen in theologische, kirchliche und gesellschaftliche Auseinandersetzungen gedacht sind (vgl. Tabelle 3 im Anhang). So wurden fast alle der bis Mitte der 1990er Jahre entstandenen Texte, die meiner Analyse zugrunde liegen, explizit als Stellungnahmen, öffentliche Plädoyers oder Diskussionsbeiträge in Reaktion auf die öffentlichen Diskussionen um die rechtliche (Neu-)Regelung des Schwangerschaftsabbruchs und die Rolle der Kirchen darin verfasst. Die Autor*innen beobachten diese Auseinandersetzungen mit „großer Sorge“ (z.B. Arbeitskreis Feministische Theologie 1990) und „Empörung“ (z.B. Hoffmann et al. 1990). Sie sehen sich außerdem zu Stellungnahmen aus weiblicher bzw. feministischer Perspektive „genötigt“ (z.B. VikarInnenkonferenz 1990), die sich insbesondere von den offiziellen Verlautbarungen der beiden großen christlichen Kirchen distanzieren und an diese konkrete Forderungen richten. Die beiden Texte von Hedwig Meyer-Wilmes-Müller, Renate Rieger und Rose Wecker nehmen diese Kritik auf und ergänzen sie explizit um den Entwurf feministisch-theologischer Positionen zum Schwangerschaftsabbruch. Im Vergleich zu den zuerst genannten Texten der 1980er und frühen 1990er Jahre wurden die Beiträge von Meyer-Wilmes-Müller, Rieger und Wecker allerdings als Artikel in der westdeutschen, feministisch-theologischen Zeitschrift „Schlangenbrut“ veröffentlicht und richten sich damit stärker an die Kolleg*innen innerhalb der Feministischen Theologien. Diese Tendenz zu innerkirchlichen bzw. innertheologischen Auseinandersetzungen prägt insbesondere die ab Mitte der 1990er Jahre veröffentlichten Analysetexte. Diese verstehen sich – im Vergleich zu den frühen Texten – weniger als (politische) Interventionen in öffentliche Debatten, sondern nehmen vielmehr aktuelle Themen, wie die Entwicklung der Pränataldiagnostik und den katholischen Streit um die Schwangerschaftskonfliktberatung, auf und diskutieren diese im Zusammenhang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch für ein Fachpublikum. Dennoch lassen sich bei ihnen ebenfalls Bezüge zu den beiden oben genannten Aspekten Kritik und Entwurf ausmachen. Insgesamt fällt der Abschnitt „Kritik“ mit sieben von zwölf der zentralen inhaltlichen Themen deutlich größer aus als der Abschnitt „Entwurf“, was vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Entstehungskontexte wenig verwunderlich ist. Immerhin schreiben die Autor*innen nicht nur gegen patriarchale Strukturen in Politik und

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Gesellschaft an, sondern kritisieren diese ebenfalls in Theologie und Kirchen. Entsprechend ist der Tonfall der Texte z.T. wütend und zynisch. In beiden Abschnitten werden jedoch gleichermaßen gesellschaftlich-politische sowie kirchlich-theologische Fragen thematisiert, worin sich der doppelte Bezugspunkt Feministischer Theologien widerspiegelt. Das erste zentrale inhaltliche Thema innerhalb des Abschnitts „Kritik“ umfasst die Kritik an der (jeweils gültigen) gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, wobei diese sich ausschließlich an die Gesetzeslage in der BRD bis 1990 bzw. die daran anschließenden Übergangsregelungen Anfang der 1990er Jahre sowie die gesamtdeutsche Neuregelung von 1995 richtet. Die Autor*innen nehmen die Argumentationen feministischer Bewegungen auf und prangern den § 218 als patriarchales Herrschaftsinstrument an (z.B. Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984). Sie kritisieren die dadurch erfolgende Kriminalisierung, Demütigung und Fremdbestimmung der Betroffenen: „Indem Schwangeren die Entscheidungskompetenz abgesprochen wird, wird ein Schwangerschaftskonflikt nicht gelöst, sondern verschärft.“ (Fachschaft Marburg 1991, 40) Die Autor*innen weisen außerdem darauf hin, dass die strafrechtliche Regelung ihr Ziel des Lebensschutzes sowie der Verringerung der Abbruchzahlen nicht erreicht hätte, sondern vielfach das Gegenteil bewirke (z.B. Holze-Stäblein 1993), was durch die fehlende finanzielle Absicherung zusätzlich verschärft würde (z.B. Sölle 1980). Diese Kritik wird von insgesamt der Hälfte der Analysetexte und damit im Vergleich häufig aufgegriffen. Das Thema zieht sich sowohl durch die Texte der 1980er Jahre sowie der frühen 1990er Jahre und ist selbst zum Beginn des neuen Jahrtausends weiterhin aktuell, was darauf hinweist, dass die im Laufe der Jahre erfolgten Gesetzesreformen aus feministischer bzw. feministisch-theologischer Perspektive keinesfalls zu einer zufriedenstellenden Lösung geführt haben. An diese Ausführungen schließt sich insbesondere in den aktuelleren Analysetexten ab dem Ende der 1990er Jahre und deutlich weniger häufig eine Kritik an der Entwicklung der medizinischen Praxis und Forschung in Bezug auf Schwangerschaftsvorsorge und Reproduktionsmedizin an. Dies bestätigt die bereits in der Einleitung dieser Arbeit thematisierte inhaltliche Verschiebung der öffentlichen Diskussionen um das Thema Schwangerschaftsabbruch. Hier steht ebenfalls die Fremdbestimmung weiblicher Körper im Fokus der Kritik, bezieht sich nun aber auf Medikalisierung, visualisierende Techniken und die daraus erwachsenden gesellschaftlichen Fragen hinsichtlich Embryonenschutz, genetischer Selektion, Spätabbrüchen und beHindertenfeindlichen Tendenzen (z.B. Kuhlmann 1998). Britta Baas resümiert: „Frauen ‚müssen‘ nach allgemeiner Erwartung in einer männlich strukturierten und organisierten Welt 61

zum ‚richtigen‘ Zeitpunkt die ‚richtigen‘ Kinder ‚richtig‘ gebären – oder es eben, bitte schön, bleiben lassen.“ (2001, 268) In diesem Zusammenhang wird ebenfalls angemahnt, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht gegen technikkritische Argumentationen auszuspielen, die in feministischen Auseinandersetzungen ebenfalls eine lange Tradition haben, wie z.B. der Text von Rose Wecker (1991) verdeutlicht. Es wird vielmehr eine differenzierte Position gefordert und dabei auf das Plädoyer aus der „Krüppelfrauen“-Bewegung für ein „Recht auf Abtreibung bei ungewollten Schwangerschaften bei gleichzeitiger Kritik der selektiven Abtreibungen“ (Kuhlmann 1998, 270) verwiesen. Es ist auffällig, dass viele der Texte die Frage des Schwangerschaftsabbruchs in eine umfassende Gesellschaftsanalyse einbetten, deren Ergebnis sich unter der Überschrift „Kritik an der gesellschaftlichen Situation von Frauen* (mit Kindern)“ als drittes zentrales Thema zusammenfassen lässt. Thematisiert werden dabei u.a. die Hauptzuständigkeit von Frauen* für die Reproduktionsarbeit, ihre damit zusammenhängenden schlechteren Arbeitsmarktchancen, fehlende Betreuungsmöglichkeiten, Gewalt gegen Frauen* und die weibliche Alleinverantwortung für Verhütungsfragen (z.B. AG Soziale Situation 1993). Vor dem Hintergrund der unzureichenden Selbstbestimmung von Frauen* im Schwangerschaftskonflikt wird folgendes Missverhältnis festgestellt: „Männer entziehen Frauen die Verantwortung der Entscheidung, laden ihnen aber die gesamte Last und Verantwortung für die Erziehung und Versorgung der Kinder auf.“ (VikarInnenkonferenz 1990, 43) Diese Kritikpunkte werden insbesondere zu Beginn der 1990er Jahre im Kontext der Verhandlungen um die deutsch-deutsche „Vereinigung“ sowie die dadurch notwendige Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgebracht. Gleichzeitig nimmt nur ein Text West-Berliner Autor*innen explizit auf die Situation von Frauen* in der (ehemaligen) DDR bzw. den neuen Bundesländern Bezug (Hoffmann et al. 1990) und ein Text eines internationalen Autor*innenkollektivs kritisiert die im Einigungsvertrag festgelegte Ausrichtung der geplanten Gesetzesnovelle (Sommeruniversität Hofgeismar 1990). Alle übrigen westdeutschen Autor*innen greifen diese Fragen nicht auf. Wiederum nur zwei der Analysetexte aus den frühen 1990er Jahren ergänzen ihre gesellschaftliche Perspektive um einen kritischen Blick auf die globalen Dimensionen reproduktiver Autonomie und reflektieren damit auch ihre eigene Rolle als weiße, westliche Theolog*innen (Sommeruniversität Hofgeismar 1990 und Wecker 1991). Rose Wecker fasst eindrücklich zusammen:

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„Während weiße, bürgerliche Frauen dazu gebracht werden sollen, ihre Schwangerschaften auszutragen, werden an schwarzen Frauen, Unterschichtsfrauen, Frauen, die in der „Zwei-Drittel-Welt“ leben, behinderten Frauen Abbrüche und Sterilisationen ohne deren Wissen durchgeführt. Oft werden Frauen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Notlage dazu gezwungen.“ (1991, 22)

Sehr häufig und über den gesamten Analysezeitraum hinweg kommt demgegenüber eine Kritik am kirchlichen Androzentrismus und christlichen Frauen*bild zur Sprache. Dieses fünfte zentrale inhaltliche Thema macht deutlich, dass die Kritik an der Institution Kirche in den Texten einen vergleichbaren Raum einnimmt wie rechtliche oder gesellschaftspolitische Fragen. Kirchliche Strukturen und theologische Positionen werden als androzentrisch angeprangert und ihre Legitimierung patriarchaler und kolonialer Herrschaftssysteme entlarvt (z.B. AG Barmen 1984). Die Grundlage dessen wird in der Verdammung des weiblichen Körpers und lustvoller Sexualität als per se sündhaft und deshalb schuldig gesehen, die wiederum die Kontrollfunktion des Mannes über die Frau* in der christlichen Ehe rechtfertige und gleichzeitig die Haltung der beiden großen Kirchen zum Schwangerschaftsabbruch plausibel mache: „So stellt sich der Verdacht ein, dass es gar nicht um das Leben der Menschen geht, sondern um eine ganz andere und finstere Angelegenheit: die Bestrafung der Mutter. Hat sie gesündigt, wie man das nennt, so soll sie auch darunter leiden und wenn sie sich dann weigert, ein unerwünschtes Kind in eine feindliche Welt zu setzen, dann soll sie wenigstens durch die Art der Konfliktlösung bestraft werden.“ (Sölle 1980, 93)

Die Autor*innen weisen ebenfalls auf die Auswirkungen dieses über Jahrhunderte tradierten Frauen*bildes auf ihre dadurch äußerst schwierigen und mit Schuldgefühlen behafteten Auseinandersetzungen mit der eigenen Sexualität hin (z.B. Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984). Gleichzeitig löst „das von Feministinnen skizzierte Bild der mündigen Frau […] auf kirchlicher Seite die Befürchtung aus, dass die Selbstständigkeit der Frau das alte Leitbild von Ehe und Familie in Frage stellen könnte“ (ebd., 9), was wiederum die heftige kirchliche Gegenwehr erklärt. Die Kritik an kirchlichen Entscheidungsstrukturen und Einflussnahmen am Beispiel der öffentlichen Diskussionen um das Thema Schwangerschaftsabbruch wird als weiteres zentrales Thema im Vergleich von den Autor*innen am häufigsten angesprochen. Einerseits wird die Nicht-Beteiligung von Frauen* innerhalb kirchlicher Entscheidungsstrukturen – insbesondere in der katholischen Kirche (z.B. Laakmann 1999) – sowie die Nicht-Berücksichtigung weiblicher Perspektiven in theologischen und ethischen Stellungnahmen kritisch hinterfragt und 63

damit z.B. „Protest gegen die Vereinnahmung durch die Kirche, die im Eintreten für eine Indikationslösung allzu väterlich ihre Glieder mit einschließt“ (Starke 1991, 4), geäußert. Andererseits bedauern die Autor*innen die von den beiden großen christlichen Kirchen in den Debatten eingegangenen Bündnisse und Koalitionen, z.B. mit erklärten AbtreibungsgegnerInnen und konservativen gesellschaftlichen Kräften (z.B. VikarInnenkonferenz 1990), und werfen ihnen außerdem gezielten Machtmissbrauch zur politischen Einflussnahme vor (z.B. Sölle 1980). Diese insgesamt am häufigsten und zeitlich unabhängig vorgebrachten Kritikpunkte lassen sich mit dem alltäglichen Kampf feministischer Theolog*innen um ein Verbleiben innerhalb christlich-kirchlicher Strukturen und dem ständigen Versuch, diese nach feministischen Prinzipien umzugestalten, erklären. Deshalb ist die Enttäuschung und der scharfe Ton mit dem Annegret Laakmann den Konflikt um die katholische Beteiligung an der Schwangerschaftskonfliktberatung kommentiert, nur verständlich: „Eines ist sicher, säßen Frauen als gleichberechtigt Mitbestimmende in entscheidenden Positionen in unserer Kirche, wäre dieses Problem schon vor einem Jahr gelöst worden: zugunsten des Verbleibs in der gesetzlichen Beratung ohne Wenn und Aber.“ (1999, 45) In Reaktion auf die kirchlichen Stellungsnahmen in den öffentlichen Auseinandersetzungen um die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (vgl. Kapitel drei), setzen sich viele der Analysetexte kritisch mit dem widersprüchlichen Eintreten der beiden großen christlichen Kirchen für den „Schutz des Lebens“ auseinander, der sich selbstverständlich nur auf das „ungeborene, gesunde, weiße, deutsche Leben“ (AG Soziale Situation 1993, 8) beziehe. Denn: „Die Forderung, Leben zu schützen, wird in der kirchlichen Öffentlichkeit fast ausschließlich im Zusammenhang mit der Abtreibungsfrage erhoben. Dagegen wird im Zusammenhang mit Krieg und Kriegsvorbereitung, ungerechter Weltwirtschaftsordnung, Zerstörung der Natur diese Forderung ausgeblendet.“ (AG Barmen 1984, 19)

Als äußerst widersprüchlich zum Lebensschutz-Paradigma werden außerdem die kirchlichen Positionen zu Verhütungsfragen empfunden, der kaum vorhandene Einsatz für das Wohl bereits geborener Kinder, der unzureichende Schutz der eigenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse sowie die Weigerung, Kriegsverbrecher zu exkommunizieren – wohingegen betroffene Frauen* und Schwangerschaftsabbrüche vornehmende Ärzt*innen sehr wohl mit der Exkommunikation bestraft würden (z.B. Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984). Es ist auffällig, dass diese Aspekte ausschließlich in den Texten der 1980er und frühen 1990er Jahre vorgebracht werden. Dies mag daran liegen, dass mit dem Abschluss des Gesetzgebungsver64

fahrens 1995 die gesellschaftlichen Diskussionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch abgenommen haben, womit diese argumentative Strategie an Bedeutung verlor. Des Weiteren hat zu mehreren der vorgebrachten Kritikpunkte insbesondere innerhalb der evangelischen Kirche im Laufe der 1990er Jahre ein Wandel stattgefunden, wie z.B. zuletzt die Debatte um die Ablehnung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan durch die damalige Ratsvorsitzende der EKD Margot Käßmann Anfang 2010 gezeigt hat. Insgesamt ist der feministisch-theologische Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch sehr stark von kritischen Tönen gegenüber dessen gesetzlicher Regelung, den gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen, dem christlich tradierten Frauen*bild sowie dem kirchlichen Einsatz für den „Schutz des ungeborenen Lebens“ geprägt und damit eng verwoben mit den Auseinandersetzungen innerhalb der feministischen Bewegungen. Die zentralen Kritikpunkte entsprechend der häufigsten Nennungen innerhalb der Analysetexte – Kritik an der gesetzlichen Regelung, an der gesellschaftlichen Situation von Frauen*, am kirchlichen Androzentrismus und christlichen Frauen*bild sowie an kirchlichen Entscheidungsstrukturen und Einflussnahmen – werden alle über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg vorgebracht und scheinen damit mitnichten gelöst. Tendenzen in Bezug auf die konfessionelle Zugehörigkeit der Autor*innen lassen sich nur schwer ausmachen. Die evangelischen Theolog*innen greifen überproportional häufig die Themen der medizinischen Entwicklung, der gesellschaftlichen Situation von Frauen* sowie der kirchlichen Entscheidungsstrukturen auf und nehmen damit eine stärker beteiligungsorientierte gesellschaftliche Perspektive ein. Ökumenische Autor*innengruppen setzen sich demgegenüber eher mit der gesetzlichen Regelung, den globalen Dimensionen sowie dem theologischen Androzentrismus auseinander – beschäftigen sich also mit weitestgehend konfessionsunabhängigen Aspekten.39 Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass keiner der aktuelleren Texte in einem ökumenischen Zusammenhang formuliert wurde, wie sie beispielsweise zu Beginn der 1990er Jahre häufig auf Tagungen oder in Arbeitsgruppen entstanden sind. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend aus dem Fokus feministischtheologischer Diskussionen verschwunden ist. 5.2 Entwerfende Inhalte des feministisch-theologischen Diskurses Neben den kritischen Auseinandersetzungen wenden sich alle Analysetexte des Untersuchungszeitraums ebenfalls entwerfenden Aspekten zu, indem sie aus feministisch-theologi39

Die Gruppe der katholischen Theolog*innen kann ich nicht vergleichbar zusammenfassend charakterisieren.

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scher Perspektive ihre Vorstellungen beispielsweise der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, der kirchlichen Aufgaben im Schwangerschaftskonflikt oder einer theologischen Betrachtung der Thematik formulieren. Diese Inhalte lassen sich in insgesamt fünf zentralen inhaltlichen Themen zusammenfassen (vgl. Tabelle 4 im Anhang), wobei ich mich mit der Frage nach einer explizit feministisch-theologischen Position zum Thema Schwangerschaftsabbruch in Bezug auf die gesetzliche Regelung und ihre gesellschaftliche Einbettung am Ende dieses Abschnitts ausführlicher beschäftigen möchte (vgl. Tabelle 3 im Anhang). Obwohl sich viele der Autor*innen in ihren Texten – in Abhängigkeit vom jeweiligen Publikationsmedium bzw. dem Adressat*innenkreis – explizit als feministische, amtliche oder zumindest weibliche Theolog*innen zu erkennen geben, nehmen nur zwei der frühen Analysetexte eine nochmalige Charakterisierung Feministischer Theologien vor (AG Barmen 1984 und Wecker 1991). Wie bereits in Abschnitt 4.1 zusammengefasst, betonen auch diese Autor*innen die Kritik an patriarchalen Strukturen in Kirche und Theologie, das Ziel einer erfahrungsbasierten Neuformulierung von Theologie und kirchlicher Praxis sowie den Anspruch von Kontextualisierung, Parteilichkeit und Selbstreflexivität, um der Unterschiedlichkeit von Frauen*erfahrungen Rechnung tragen zu können. Rose Wecker fasst zusammen: „Um nicht selber solche [die Trennung von öffentlicher und privater Sphäre betreffende; Einfügung S.W.] Unterdrückungsstrukturen zu tradieren, muss eine feministische Theologie deshalb vor allem fragen, wie sie ethische Positionen umschreiben kann, ohne selbst unterdrückerisch zu wirken. Deshalb müssen alle, die unter Unterdrückungsstrukturen leiden, zu Subjekten von Theologie und Ethik werden. Das heißt, dass ihre Erfahrungen bei ethischen Entscheidungsfindungen in den Blick genommen werden, und sie als ExpertInnen zur Sprache kommen müssen.“ (1991, 23)

Sehr viel häufiger nehmen dagegen wieder insbesondere die Texte der 1980er und frühen 1990er Jahre auf die feministischen Bewegungen Bezug. Sie würdigen deren gesellschaftliches Veränderungspotenzial und unterstützen vor allem die Forderungen nach weiblicher Selbstbestimmung in Bezug auf den eigenen Körper, Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung (z.B. VikarInnenkonferenz 1990). Vor dem Hintergrund der heftigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, die in diesem Zeitraum um das Thema Schwangerschaftsabbruch stattfinden, scheint den Autor*innen an dieser Stelle insbesondere die Bildung von Allianzen mit den Akteur*innen der säkularen feministischen Bewegungen wichtig zu sein. Gleichzeitig wird auch eine innerfeministische Kritik nicht gescheut, indem z.B. aus technikkritischer Perspektive auf die von den feministischen Bewegungen forcierte Trennung von Sexualität und 66

Fortpflanzung hingewiesen wird oder die Grenzen des Selbstbestimmungs-Paradigmas aufgezeigt werden: „Der Individualismus und die individuelle Selbstverwirklichung – ohne Interesse am Reich Gottes – ist ein psycho-kapitalistisches goldenes Kalb.“ (Sölle 1980, 98) Wie das zuletzt genannte Zitat weist auch das folgende Thema eine deutliche theologische Prägung – in Ergänzung zur feministischen Perspektive – auf: Das insgesamt zehnte zentrale inhaltliche Thema lässt sich unter den Stichworten „Würdigung des besonderen Lebensverhältnisses Schwangerschaft“ zusammenfassen. Die Autor*innen verweisen dabei einerseits auf die Ambivalenzen und die Prozesshaftigkeit des Schwangerseins und bieten andererseits theologische Interpretationen dieser besonderen Lebenserfahrung an (z.B. Holze-Stäblein 1993). Eine solche Thematisierung scheint überraschend, zum einen weil sie in den öffentlichen Diskussionen kaum eingenommen wird, zum anderen weil sie die – als androzentrisch kritisierte – Polarisierung zwischen Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch auflösen will, indem sie eine neue Sprache findet, um dieses „Dazwischen“ denken zu können (z.B. Baas 2001). Ina Praetorius macht folgende Vorschläge und plädiert dabei für eine differenzierte Sicht auf das Thema Schwangerschaftsabbruch: „Ein Fötus ist nicht Mensch, nicht Stoff, sondern Fötus, unvergleichbar, Werdendes im Gewordenen. Die Sprache, die für Gesetze taugt, so es denn welche braucht, ist noch nicht erfunden. Ein Fötus im lebendigen Leib ist jedenfalls nicht dasselbe wie ein Fötus im Glas. Das genuine Selbständig-Unselbständige ist nicht identisch mit dem künstlich Isolierten. Die Gleichung „Wer die Fristenlösung will, muss auch das Retortenbaby wollen“ geht nicht auf. Denn ein Reagenzglas zerbrechen ist etwas anderes als eine Frau zerbrechen. Es ist ein Unterschied, ob das, was umgibt, lebendig ist oder tot.“ (2000, 32)

Die Autor*innen weisen außerdem auf die durch die Schwangerschaft sichtbar werdende Beteiligung von Frauen* am göttlichen Schöpfungswunder hin (z.B. Holze-Stäblein 1993). Alle diese Aspekte werden allerdings insbesondere in den ganz frühen sowie den späten Texten des Analysezeitraums thematisiert. Ich vermute, dass derartig differenzierte und in den politischen Auseinandersetzungen uneindeutige Perspektiven in den stark umkämpften Debatten in der ersten Hälfte der 1990er Jahre nicht sprechbar waren bzw. eher kontraproduktiv gewesen wären. Die beiden letzten zentralen Themen – die Formulierung feministisch-theologischer Positionen zum Schwangerschaftsabbruch sowie die Benennung gesellschaftlicher und kirchlicher Aufgaben im Schwangerschaftskonflikt – habe ich aufgrund ihrer besonderen inhaltlichen 67

Wichtigkeit abweichend von meinem bisherigen Vorgehen in Tabelle 3 im Anhang für alle Analysetexte einzeln aufgelistet und werde sie nun etwas ausführlicher vorstellen. Rose Wecker fasst die von mir bereits mehrfach hervorgehobene besondere Situation feministischer Theolog*innen in Bezug auf die Formulierung einer spezifischen feministisch-theologischen Position zum Schwangerschaftsabbruch am Anfang ihres Textes zusammen: „Es ist ein Konflikt, der wie kein anderer geprägt ist vom Gegenüber von Frauenbewegung und Kirche. […] Eine Theologie, die als ihre Bezugspunkte einerseits die christliche Tradition, andererseits die Frauenbewegung benennt, kann ihre Position nur in diesem Spannungsfeld gewinnen.“ (1991, 21)

Unbestrittener Ausgangspunkt einer solchen Position ist das Selbstbestimmungsrecht von Frauen*, woraus von der überwiegenden Anzahl der Autor*innen die Forderung nach der ersatzlosen Streichung des § 218 bzw. die strikte Ablehnung dessen Wiedereinführung abgeleitet wird (z.B. Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984). Eine Gruppe von Autor*innen votiert vor diesem Hintergrund zumindest für eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs innerhalb der ersten drei Monate entsprechend der in der DDR langjährig praktizierten Regelung (z.B. Arbeitskreis Feministische Theologie 1990).40 Gegen eine uneingeschränkte Freigabe und für den Lebensschutz als staatliche Pflicht sprechen sich lediglich zwei Texte aus, sie betonen jedoch gleichzeitig ebenfalls das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* im Schwangerschaftskonflikt (Sölle 1980 und Baas 2001). Uneinigkeit besteht dagegen in Bezug auf die Frage einer obligatorischen Beratung im Vorfeld eines Schwangerschaftsabbruchs. Während die frühen Texte diese als Zwang verstehen und vielmehr die Verankerung eines Anspruchsrechts auf freiwillige Beratung und unvoreingenommene Begleitung befürworten (z.B. Fachschaft Marburg 1991), schlagen die aktuelleren Texte andere Töne an. Sie bewerten eine Beratungspflicht als dem Lebensschutz und dem aus ihrer Sicht subversiven Charakter der Beratungssituation unter Frauen* im einem geschützten Raum dienlich (z.B. Praetorius 2000). Diese Forderungen scheinen insbesondere von den zu diesem Zeitpunkt virulenten Diskussionen um einen möglichen Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerschaftskonfliktberatung und den Entwicklungen in der Pränataldiagnostik geprägt zu sein. Vielleicht spiegelt sich darin aber auch eine Gewöhnung an die mit der gesetzlichen Neuregelung von 1995 eingeführte verpflichtende Beratung wider. Insgesamt lässt sich die feminis-

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Zwei Analysetexte (Wecker 1991 und Laakmann 1999) äußern sich nicht explizit zur Frage der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Aus ihrem inhaltlichen Kontext lässt sich jedoch eine vergleichbare Position wie zuvor zusammengefasst erschließen.

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tisch-theologische Position zur gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs dennoch mit den Worten des Arbeitskreises Feministische Theologie auf eine einfache politische Formel bringen: „Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch muss als Voraussetzung für reale Gleichstellung von Frau und Mann erhalten bleiben“ (1990, 44f.) bzw. unbedingt realisiert werden. Theologisch weitergedacht ergibt sich daraus folgende Bewertung der westdeutschen gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs: „Frau und Mann sind gleichermaßen zum Ebenbild Gottes geschaffen und mit gleicher Verantwortung ausgestattet. Wer dieses verneint, verneint den Willen Gottes und entmündigt und kriminalisiert die Frau.“ (AG Soziale Situation 1993, 9) Mit der Ausnahme einer Autor*in (Laakmann 1999) stellen alle Analysetexte explizit derartige theologische Bezüge her und wenn sich die Autor*innen auch nur als Christ*innen oder Angehörige der christlichen Kirchen in Deutschland positionieren (z.B. Hoffmann et al. 1990). Wesentliches Kennzeichen der theologischen Auslegungen ist eine befreiungstheologische Perspektive, die „von der befreienden Kraft der christlichen Traditionen her für das Selbstbestimmungsrecht und eine umfassende Befreiung hin zu einer gerechten Welt“ eintritt (Sommeruniversität Hofgeismar 1990, 25). Die christliche Botschaft wird dabei außerdem mit der Bejahung eines würdigen und guten Lebens für alle Menschen in Liebe assoziiert und in Forderungen nach Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eingebettet (z.B. AG Soziale Situation 1993). Theologische Neuauslegungen und Konkretisierungen des Themas Schwangerschaftsabbruch nehmen die Autor*innen immer wieder in Bezug auf drei inhaltliche Aspekte vor: das biblische Tötungsverbot, die Weihnachtsgeschichte sowie die Begegnung von Jesus mit der „Ehebrecherin“. Für Dorothee Sölle lässt sich das Tötungsverbot nur auf ein Töten aus Hass und Aggression sowie zur Ausbeutung, Zerstörung und Bereicherung anwenden und sie zweifelt: „Gehören die Frauen, die abtreiben, in diese Kategorie? Zerstören sie das beginnende Leben aus Hass, aus Aggression, oder um sich zu bereichern? Die Frauen in dieser Lage, die ich kennengelernt habe, waren in Angst, Ratlosigkeit und Verzweiflung.“ (1980, 97) Eine Situation, die die biblische Maria und spätere Mutter von Jesus nur zu gut kennt, denn schließlich wird Maria am Beginn der Weihnachtsgeschichte ungewollt schwanger und sucht Rat bei ihrer älteren Freundin Elisabeth (BigS 20073, Lukas 1, 26-56). Ina Praetorius schließt an diese Feststellung aus feministisch-theologischer Perspektive bedeutsame Fragen an:

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„Was bedeutet es, dass Gott das Zwei in Einer für sich gewählt hat? Dass er sich einer anvertraut hat, die auch hätte Nein sagen können, die aber Ja gesagt hat, trotz widriger Umstände, in eigener Verantwortung? Wie verhält sich unser aller Ursprung in einem weiblichen Geistkörper zu unserem Ursprung in Gott? […] Wäre es eine evangelische Möglichkeit, einer anders gedachten Verehrung der Mutter Gottes wieder den Platz einzuräumen, den sie verdient?“ (2000, 34)

Immer wieder wird von den Autor*innen außerdem auf die durch den Satz „Welche unter euch ohne Unrecht sind, mögen als Erste einen Stein auf sie werfen“ berühmt gewordene Geschichte der Begegnung von Jesus mit der „Ehebrecherin“ verwiesen (BigS 20073, Johannes 8, 1-11) und eine Übertragung auf den Schwangerschaftskonflikt versucht, die aus meiner Sicht inhaltlich überzeugen kann: „Jesus zwingt der Frau keine Entscheidung auf. Er zwingt sie nicht, unter Androhung von Strafe zu einem Schritt, den sie nicht gehen kann. Er ermöglicht vielmehr der Frau, eine Entscheidung zu finden, mit der sie leben kann. Damit befreit er die Frau zum Leben.“ (VikarInnenkonferenz 1990, 45)

Deutlich schwieriger ist für die Autor*innen dagegen die Frage nach Sünde, Schuld und Vergebung und einfache, schnelle Antworten sind nicht zu erwarten, wie die Überlegungen von Oda-Gebbine Holze-Stäblein verdeutlichen: „Ich komme zu folgendem Schluss: Schwangerschaftsabbruch ist ein NichtannehmenKönnen dieses Lebens, dieser Liebeserklärung Gottes, dieses Geschenk Gottes an uns, und dies empfinde ich als Schuld. Es gehört zu meiner Vorstellung von Vollmacht der Frau über sich selbst und vom aufrechten Stand von uns Frauen vor Gott, dass wir auch Schuld nennen, was wir so empfinden. Aber: auch diese Schuld soll, kann und darf vor Gott gebracht werden.“ (1993, 374f.)

Es geht also nicht um ein Auflösen der Schuldfrage oder um ein routiniertes Freisprechen, sondern um ein Anerkennen der entstandenen individuellen und kollektiven Schuld, die nach gesellschaftlichen Veränderungen verlangt. Der Anspruch einer solchen verändernden Praxis wird nicht nur an das eigene christliche Handeln sowie an die Verantwortlichen innerhalb kirchlicher Strukturen gerichtet, sondern kommt ebenfalls in umfangreichen gesellschaftspolitischen Forderungen zum Ausdruck. So sprechen sich die Autor*innen mehrheitlich für Aufklärungsarbeit, selbststimmte Familienplanung, Verhütung als gesellschaftliche Aufgabe und umfassende medizinische Versorgung aus (z.B. Arbeitskreis Feministische Theologie 1990). Sie fordern ausreichende kirchliche und säkulare Beratungsangebote von Frauen* für Frauen* 70

und sehen die Kirchen insbesondere in Bezug auf Seelsorge, Liturgie und Trauerarbeit in der Pflicht (z.B. Holze-Stäblein 1993). Die Autor*innen plädieren außerdem für den Erhalt und Ausbau der Kinderbetreuung, eine gleichberechtigte Beteiligung der Väter an der Kindererziehung, Arbeitszeitverkürzungen, ausreichenden Wohnraum sowie insgesamt eine kinderund frauenfreundliche Gesellschaft, für die es ebenfalls auf globaler Ebene einzutreten gilt (z.B. VikarInnenkonferenz 1990). Darüber hinaus erwarten sie von ihren Kirchen sozialpolitischen Einsatz für eine ebensolche gerechte Welt und eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Machtstrukturen (z.B. Fachschaft Marburg 1991). Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass sich die Positionen feministischer Theolog*innen in Bezug auf die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs sowie hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Forderungen kaum von den Positionen der feministischen Bewegungen unterscheiden, der sich die Autor*innen explizit zugehörig fühlen. Ich konnte ebenfalls keine bedeutsamen Unterschiede in Bezug auf die Konfession sowie hinsichtlich der deutsch-deutschen Herkunft feststellen. Von äußerst differenzierter Betrachtung sind demgegenüber die von den Autor*innen vorgenommenen theologischen Auslegungen. Sie scheuen sich weder davor, ihre explizit feministischen Forderungen immer wieder an ihre christlichen Überzeugungen rückzubinden, noch lassen sie sich durch die traditionelle Auslegung von neuen und z.T. provokanten theologischen Bezügen abhalten. Auffällig ist allerdings, dass trotz der vielfachen Betonung der Erfahrungen von Frauen* als Ausgangspunkt feministischtheologischer Entwürfe keine der Autor*innen eine persönliche „Abtreibungserfahrung“ zu berichten bereit ist und dass ebenfalls nur sehr wenige Texte ihre Begegnungen mit Frauen*, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, schildern. An dieser Stelle möchte ich hinter die tatsächliche praktische Gestaltung des vielbeschworenen „Dazwischen“ vorerst ein kleines Fragezeichen setzen. 5.3 Diskursive Normierungen und Leerstellen – Anwendung der Analysekategorien Nach der Aufarbeitung des feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 im deutsch-deutschen Kontext möchte ich mich nun in einem zweiten Analyseschritt den spezifischen Vorannahmen bzw. den zugrunde liegenden Konstruktionen zuwenden, die diesen Diskurs prägen. Aus diskurstheoretischer Perspektive gehe ich davon aus, dass innerhalb von Diskursen nicht nur hegemoniale und dissidentische Stimmen miteinander verwoben sind, die beide spezifische Wahrheiten und Normierungen hervorbringen, sondern dass diese gleichzeitig immer auch das Gegenüber der jeweiligen 71

Normen definieren und damit Ausschlüsse produzieren, Leerstellen hinterlassen. Um mich einer solchen machtkritischen Bewertung anzunähern, habe ich in Abschnitt 2.4 bereits vier Analysekategorien ausgewählt und beschrieben, die für mich aus der Perspektive einer feministisch positionierten theologischen Geschlechterforschung für das Thema Schwangerschaftsabbruch besondere Relevanz haben: Geschlecht und Geschlechterverhältnisse, Autonomie und Selbstbestimmung, Gottesbild und Gottesbeziehung sowie ein Verständnis von Theologie und Kirche als politische Projekte. Anhand der ebenfalls in Abschnitt 2.4 zu jeder Analysekategorie formulierten Beispielfragen werde ich die Analysetexte nun nochmals im Hinblick auf eben solche diskursive Normierungen und Leerstellen durcharbeiten (vgl. Tabelle 5 im Anhang), um die auch innerhalb von dissidentischen Diskursen wirkenden Machtverhältnisse aufzuzeigen, an denen ich durch meine Interpretationsversuche kontinuierlich mitwirke. Geschlecht und Geschlechterverhältnisse In Bezug auf die Analysekategorie „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse“ wird sehr schnell deutlich, dass alle Texte des Untersuchungszeitraums implizit oder explizit von zwei abgeschlossenen und stabilen Geschlechtskategorien „Frau“ und „Mann“ ausgehen. Britta Baas beispielsweise spricht von der „Lebenserfahrung als Frau in einer maßgeblich von Männern geprägten und dominierten Gesellschaft und Kultur“ (2001, 268). Diese Annahme einer ausschließlichen Zweigeschlechtlichkeit wird in mehreren Texten ebenfalls durch die sprachliche Nutzung des Binnen-Is bzw. einer die weibliche und die männliche Form aufführenden Beidnennung unterstrichen (z.B. VikarInnenkonferenz 1990). Unklar bleibt, ob sich diese Annahme auf eine stärker biologistisch geprägte Perspektive stützt oder ob sie einer (de-)konstruktivistischen Sex-Gender-Unterscheidung folgt. Insgesamt wird Zweigeschlechtlichkeit als eindeutige Norm hergestellt und damit die Position von Inter*-, Trans*- und queeren Personen ausgeklammert. Die Mehrheit der Analysetexte schließt an diese Perspektive die heteronormative Überzeugung an, dass beide Geschlechter sich ausschließlich in heterosexuellen Begehrens- und Beziehungsstrukturen aufeinander beziehen, womit ebenfalls die Vorstellung einhergeht, dass nur „Frauen“ schwanger werden können und es sich in Bezug auf Schwangerschaft, Schwangerschaftskonflikt und Geburt um eine „ur-weibliche Erfahrung“ handelt (Baas 2001, 266). Hier bleiben erneut die Perspektiven von Inter*-, Trans*- und queeren Personen unberücksichtigt und gleichzeitig wird ein authentisches „Frausein“ auf problematische Weise mit Mutterschaft verbunden. Drei Texte aus den 1980er und frühen 1990er Jahren ver72

weisen hingegen auf homosexuelle und vielfältige Lebensformen (Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984, VikarInnenkonferenz 1990 und Wecker 1991) bzw. kritisieren ein gesellschaftliches Umfeld, „das Heterosexualität zum Zwang macht“ (Wecker 1991, 21). Eine solche kritische Perspektive scheint also nicht unbedingt etwas mit dem Entstehungszeitpunkt der Analysetexte zu tun zu haben. In Bezug auf die Geschlechterverhältnisse üben alle Analysetexte von einem feministischen Standpunkt aus klare Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, die „bestimmt [ist] von der Verfügungsgewalt der Männer über uns Frauen“ (AG Barmen 1984, 19). Des Weiteren nehmen mit der Ausnahme eines Textes (Laakmann 1999) alle Texte zeitlich unabhängig eine mehr oder weniger intersektionale Perspektive ein, d.h. sie verweisen auf die Verwobenheit von Geschlecht mit anderen Kategorien sozialer Ungleichheit und Marginalisierung in Bezug auf die Möglichkeiten und Zwänge eines Schwangerschaftsabbruchs (z.B. Sölle 1980). Neben der bereits genannten sexuellen Orientierung werden Klasse, Race, deutsch-deutsche und globale Unterschiede, BeHinderung sowie ökologische Aspekte angesprochen. Ich nehme an, dass sich diese bemerkenswert frühe Thematisierung einerseits auf die seit dem Beginn der feministischen Bewegungen geführten Auseinandersetzungen um die Vielfalt von Frauen*erfahrungen zurückführen lässt und dass sie sich andererseits in besonderem Maße aus dem Wissen der Autor*innen aus der weltweiten Ökumene speist, z.B. dem bereits 1968 vom Ökumenischen Rat der Kirchen beschlossenen Antirassismusprogramm. Von einigen Texten werden beide Aspekte der Patriarchatskritik sowie der intersektionalen Betrachtung in eine umfassender angelegte Kritik an einem dualistisch und hierarchisch geprägten Gesellschaftsund Denksystem eingebettet, „das männliche Erfahrungen als absolute, universale menschliche Erfahrungen beschreibt“ (Wecker 1991, 21). Bis auf drei Autor*innen(gruppen) (Fachschaft Marburg 1991, Laakmann 1999 und Praetorius 2000) machen alle Texte in irgendeiner Form die Position, aus der sie sprechen_schreiben, transparent. So beginnt der Text einer Gruppe beispielsweise mit: „[W]ir, die Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen Sommeruniversität 1990, Theologinnen aus Brasilien, Österreich, Schweiz, DDR, BRD und Berlin/West“ (Sommeruniversität Hofgeismar 1990, 25). Wie das Beispiel zeigt, ist dabei immer die Bezugnahme auf christliche Theologie und Kirchen von besonderer Bedeutung. Die Autor*innen scheinen sich explizit als Teil dieser verorten zu wollen, um den offiziellen Stellungnahmen aus dem Inneren von Theologie und Kirchen heraus ihre Perspektiven entgegensetzen zu können und um damit Anspruch auf eine gleichberechtigte Teilhabe zu erheben. Unter ausdrücklicher Nutzung der weiblichen 73

Sprachform – die in Bezug auf das Sprechen_Schreiben zum Thema Schwangerschaftsabbruch besondere Relevanz zu haben scheint – positionieren sie sich als „Christinnen“, „Theologinnen“, „Frauen in der Kirche“ bzw. „feministische (Befreiungs-) Theologinnen“, wobei der jeweilige Kontext bzw. die Adressat*innengruppen der Texte in Bezug auf die gewählte Selbstpositionierung eine besondere Rolle spielt (z.B. Hoffmann et al. 1990). Eine tatsächlich umfassende Reflexion der eigenen Privilegierungen und Diskriminierungen bleibt dagegen die Ausnahme und so nimmt allein Oda-Gebbine Holze-Stäblein auf die Kontextabhängigkeit und Prozesshaftigkeit ihrer eigenen Position Bezug: „Was ich vortrage, ist keine kirchenamtliche Verlautbarung. Es ist meine Sicht des Problems, und ich bin damit nicht fertig. Aber ich möchte für mich in Anspruch nehmen, auch ein Teil der Kirche zu sein.“ (1993, 371) Insgesamt bringen die Texte hinsichtlich der Analysekategorie „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse“ einerseits problematische diskursive Normierungen in Bezug auf Zweigeschlechtlichkeit, Heteronormativität sowie Mutterschaft hervor und schließen damit die Positionen von LGBT*I*Q-Personen oder Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Schwangerschaft erleben können_wollen, aus. Andererseits wird bereits ab einem erstaunlich frühen Zeitpunkt eine intersektionale Perspektive auf Geschlecht eingenommen, die es zu würdigen gilt, auch wenn diese für mich noch unzureichend in eine Reflexion der eigenen sozialen Positionierung übertragen wird. Autonomie und Selbstbestimmung Das Thema „Autonomie und Selbstbestimmung“ wird – für mich überraschend – nur von einigen wenigen Autor*innen explizit aufgegriffen. Aus den meisten anderen Texten lässt sich die jeweilige Konzeption von Autonomie bzw. Selbstbestimmung indirekt erschließen und es dominiert insgesamt die Perspektive der zweiten westdeutschen Frauenbewegungen, die Selbstbestimmung als negatives Schutz- und Abwehrrecht gegen patriarchale Kontrolle definieren, ohne dass dies von den jeweiligen Autor*innen näher ausgeführt wird. So heißt es beispielsweise in einem Text: „Die Vollmacht der Frau über sich selbst bedeutet, dass alles, was mit ihrem Körper geschieht, in ihrer Freiheit und Verantwortung liegt. Es kann keinen Fremdanspruch, keine Verfügungsgewalt von Mann, Gesellschaft oder Kirche über ihren Körper geben.“ (Holze-Stäblein 1993, 372)

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Demgegenüber wird von keinem der Analysetexte Selbstbestimmung als positives Anspruchsrecht konzeptualisiert. Von einigen Autor*innen wird eine solche Perspektive vielmehr mit kritischen Worten in Bezug auf die zerstörerischen Auswirkungen grenzenloser Autonomie sowie das individualistische Streben nach einer weiterhin männlich geprägten (Gleichstellungs-)Norm bedacht (z.B. Sölle 1980). Rose Wecker (1991) und Helga Kuhlmann (1998) verweisen dabei explizit auf die innerfeministischen Auseinandersetzungen und Helga Kuhlmann fasst am Beispiel der Reproduktionsmedizin den Diskussionsstand folgendermaßen zusammen: „Inzwischen lässt sich die feministische Position nicht mehr als eine einzige ausmachen und argumentieren auch die Vertreterinnen reproduktiver Autonomie differenzierter. Forderungen nach Reproduktionsautonomie unter Ausnutzung der von Frauen kontrollierten reproduktionstechnologischen und pränataldiagnostischen Möglichkeiten […] stehen Forderungen des Verzichts auf Pränataldiagnostik gegenüber.“ (Ebd., 269f.)

Wiederum andere Autor*innen versuchen das beschriebene Dilemma mit einer Verknüpfung der Forderung nach Selbstbestimmung und der Betonung von gleichzeitiger Verantwortungsübernahme für das eigene Handeln zu lösen. Eine solche Perspektive wird bereits 1984 von Hedwig Meyer-Wilmes-Müller und Renate Rieger eingenommen und ist 2001 bei Britta Baas immer noch aktuell, was sicherlich nicht unwesentlich davon beeinflusst ist, dass sich die Autor*innen der christlichen Maxime des „Dienstes an den Nächsten“ verpflichtet fühlen. Eine stärkere Verschiebung bzw. Ergänzung dieser Position ist insbesondere in den aktuelleren Texten vor dem Hintergrund der sich schnell weiterentwickelnden pränataldiagnostischen Möglichkeiten zu bemerken, die die etwas vage Formulierung von Verantwortlichkeit als „Recht des/der Anderen“ konkretisieren und dieses gleichrangig neben die feministische Forderung nach Selbstbestimmung setzen (z.B. Kuhlmann 1998). An dieser Stelle wird jedoch ebenfalls deutlich, wie sehr eine solche Position von einem Ringen um eine differenzierte Perspektive geprägt ist, die das grundlegende Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht aus den Augen verlieren darf. Wie bereits in Abschnitt 5.2 in Bezug auf die entwerfenden Potenziale des feministisch-theologischen Diskurses angedeutet, sind auch die Vorschläge und Ideen der Autor*innen zur praktischen Umsetzung Ausdruck eines ständigen (Ver-)Suchens. So wird einerseits darum gerungen, der patriarchalen Annahme eindeutiger Wahrheiten und linearer Lösungswege ein Neudenken vielfältiger, nicht-eindeutiger und unabgeschlossener Gesellschafts- und Handlungskonzepte entgegenzustellen (z.B. Praetorius 2000). Andererseits wird die Rolle von Gesprächen und Beratung im Schwangerschaftskonflikt in Bezug auf ein 75

Finden situationsabhängiger und verantwortungsvoller Entscheidungen betont (z.B. Baas 2001). Trotz der innerhalb des Analysezeitraums zunehmenden Bemühungen, das zuvor eher implizite feministische Verständnis von Selbstbestimmung als Abwehrrecht unter Berücksichtigung technikkritischer Stimmen in Richtung eines relational gedachten Autonomie-Konzepts zu konkretisieren, bleiben die kritischen Auseinandersetzungen der untersuchten Texte zu Autonomie und Selbstbestimmung eher zurückhaltend. Die Diskussionen sind insbesondere in den 1980er und frühen 1990er Jahren noch sehr stark vom Sprechen_Schreiben aus einer weiblichen „Betroffenen-Perspektive“ geprägt, die sich gegen patriarchale Ansprüche zur Wehr setzen muss. Dies drängt eine Reflexion der eigenen Privilegierungen in einer postkolonialen patriarchalen Gesellschaft – wenn auch nicht gänzlich – an den Rand und kann dadurch nicht verhindern, dass Selbstbestimmung als individualistisches Anspruchsrecht gesunder, weißer, westlicher Frauen* dennoch diskursiv normiert wird. Insbesondere in Bezug auf die globalen Dimensionen der Reproduktionsmedizin ist in den Jahren im Anschluss an den Untersuchungszeitraum aus feministisch-theologischer Perspektive sicherlich wichtige Arbeit geleistet worden, leider mit der Tendenz, Fragen des Schwangerschaftsabbruchs aus den Augen zu verlieren (vgl. dazu auch Abschnitt 4.2). Gottesbild und Gottesbeziehung Wie bereits in Abschnitt 5.2 erläutert, nimmt die Mehrheit der Analysetexte eine befreiungstheologische Perspektive ein, die Befreiung „als politische Befreiung aus der Unterdrückung, aber auch als Frei-Werden aus Zwängen, aus Macht- und Gewaltverhältnissen“ (MeyerWilmes-Müller und Rieger 1984, 14) versteht. Entsprechend gehen die Autor*innen davon aus, dass Gott an der Seite der Unterdrückten und Ausgebeuteten gegen gewaltvolle Herrschaftsstrukturen kämpft und sich für ihre Befreiung zum Leben einsetzt. In diesem Zusammenhang wird von zwei Texten explizit auf jüdische (Exodus-)Traditionen Bezug genommen und dabei die Verbindung zwischen Hebräischer Bibel und Neuem bzw. Zweitem Testament als gemeinsame Geschichte hergestellt (Sölle 1980 und VikarInnenkonferenz 1990). Die Autor*innengruppe der VikarInnenkonferenz (1990) versucht z.B. durch eine Würdigung jüdischer Diskussions- und Auslegungspraxis sowie des Verhaltens der jüdischen Schriftgelehrten in der Geschichte der Begegnung von Jesus mit der „Ehebrecherin“ antijudaistische Tendenzen – auch innerhalb Feministischer Theologien – aufzubrechen. Gott selbst wird unter Bezugnahme und in Abgrenzung zur gleichnamigen 1989 von den evangelischen und katholi76

schen Kirchen in der BRD gemeinsam veröffentlichten Stellungnahme (vgl. Abschnitt 3.3) mehrfach als „Freundin bzw. Freund des Lebens“ bezeichnet (z.B. Kuhlmann 1998). Die Stellungnahme kann diesen Anspruch aufgrund ihrer vehementen Ablehnung einer Fristenregelung aus feministisch-theologischer Perspektive jedoch nicht einlösen, denn für die Autor*innen zeichnet sich eine wirkliche „Freund*in des Lebens“ durch folgende Eigenschaften aus: Es werden keine absoluten Urteile gefällt, Gerechtigkeit kann es vielmehr immer nur in konkreten Kontexten und unter Berücksichtigung der individuellen und gesellschaftlichen Notsituationen geben; die menschliche Verstrickung in Schuldzusammenhänge wird anerkannt, Schuld kann vor Gott gebracht und Vergebung erfahren werden (z.B. VikarInnenkonferenz 1990). Auf die langjährigen feministisch-theologischen Diskussionen um neue, vielfältige Gottesbilder wird innerhalb der Analysetexte bedauerlicherweise erstaunlich wenig Bezug genommen. Allein aus der Kritik einer patriarchal geprägten Bibelauslegung sowie der Betonung der Gottesebenbildlichkeit von Frauen* bzw. allen Menschen kann auf den Anspruch einer Vervielfältigung des Gottesbildes geschlossen werden. Explizit „weibliche“ Aspekte und Eigenschaften Gottes werden ausschließlich mit Schwangerschaft als „Berührung mit Göttlichem“ (Holze-Stäblein 1993, 372) und der Menschwerdung Gottes in Jesus durch Maria, deren Rolle auch von evangelischer Seite neu als „Mutter Gottes“ betont wird, in Verbindung gebracht (z.B. Praetorius 2000). Wie bereits in Bezug auf die Analysekategorie „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse“ festgestellt, wird auch hier „Weiblichkeit“ einseitig durch Schwangerbzw. Mutterschaft normiert. Besonders erschreckend finde ich, dass gerade die aktuelleren Texte diesen Aspekt betonen (z.B. Baas 2001). Tatsächlich neue oder alternative Gottesnamen werden insgesamt so gut wie gar nicht verwendet und mehrere Autor*innen verbleiben sogar bei der explizit männlichen Gottesanrede. Ina Praetorius beispielsweise kritisiert diese zwar, nur um sie wenige Abschnitte später selbst erneut zu verwenden (2000, 30 und 34). Die Autor*innen der AG Soziale Situation des Arbeitskreises Feministische Theologie nutzen die bereits erwähnte Bezeichnung von Gott als „Freund des Lebens“ und werden durch eine nachträglich eingefügte Fußnote von der Redaktion für diese Formulierung gerügt (1993, 9). Aus meiner Sicht ermöglicht nur der wiederum an anderen Stellen sehr problematische Text von Britta Baas ein wirklich neues, „kritisch-feministisches“ Gottesbild, das auch dem bereits mehrfach betonten Anspruch einer differenzierten Position gerecht werden kann – sie spricht von Gott als einem „Dazwischensein“:

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„Vielleicht hat Gott ja dieses ‚Zwei in Einer‘ gewählt, weil er oder sie damit sagen wollte: Ich werde Mensch, weil ich in Dir bin. […] Ein ‚Dazwischensein‘, das nur in Dir seinen Platz finden kann. Ohne Dich finde ich keinen Ort in dieser Welt.“ (2001, 269)

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die befreiungstheologische Perspektive zwar vom patriarchalen Bild eines „allmächtigen Herrschergottes“ Abstand nimmt und die Gottesbeziehung im Hinblick auf Befreiung und Vergebung neu auslegt, gleichzeitig jedoch von den Analysetexten männliche Gottesbilder und zweigeschlechtliche, heteronormative Konstruktionen machtvoll eingeschrieben werden. Diese starke diskursive Normierung des Gottesbildes im Hinblick auf Geschlecht durch feministisch-theologische Autor*innen hätte ich nicht erwartet und ich frage mich, ob sich darin vielleicht die Absicht widerspiegelt, nach der abweichenden politischen Haltung zum Thema Schwangerschaftsabbruch durch das theologische Tabu der beispielsweise weiblichen oder queeren Gottesanrede nicht ein zweites Mal mit den kirchlichen Traditionen brechen zu wollen. Dennoch sei an dieser Stelle nochmals auf die ungemein wichtigen, zahlreichen, feministisch-theologischen Entwürfe eines vielfältigen und relationalen Gottesbildes der vergangenen 40 Jahre verwiesen (vgl. Abschnitt 4.1). Theologie und Kirche als politische Projekte Im Anschluss an die nun bereits mehrfach betonte befreiungstheologische Perspektive der Analysetexte sind alle Autor*innen des Untersuchungszeitraums der Meinung, dass Theologie und Kirche zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen müssen und begreifen diese durchaus als politische Akteur*innen. Diesen Anspruch lösen die Autor*innen durch ihre eigenen Texte zum Thema Schwangerschaftsabbruch selbst ein und erwarten eben solches auch von ihren Kirchenleitungen: „Wir Frauen in der Kirche fordern die Kirchen und ihre leitenden Gremien auf, sich eindeutig gegen eine Verschärfung des § 218 einzusetzen – mit dem Ziel einer ersatzlosen Streichung.“ (AG Barmen 1984, 19) Hintergrund dieser Haltung ist die Überzeugung, dass sich der christliche Glaube immer in konkretem Handeln widerzuspiegeln hat, woran sich auch die Art und Weise dieses Handelns messen lassen muss. So fordern die Autor*innen nicht nur demokratische Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Kirchen, ein konsequentes Eintreten für Gerechtigkeit („Schwerter zu Pflugscharen“, AG Soziale Situation 1993, 9) und eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Schuldgeschichte (z.B. Holze-Stäblein 1993), sondern sie nehmen die Kirchen auch in Bezug auf den Schwangerschaftskonflikt in die Pflicht: „Wir haben vom Evangelium des Alten und Neuen Testaments her die Aufgabe, Frauen in ihrer Not beizustehen, sie in ihrer Angst und Trauer zu begleiten.“ (Vika78

rInnenkonferenz 1990, 45) Kirche und Theologie haben dabei nicht nur die Aufgabe Seelsorge zu leisten, Trauerarbeit zu ermöglichen und liturgische Angebote zu schaffen, sondern die Autor*innen erwarten von ihnen im gleichem Maße Engagement in der rechtlichen, politischen und finanziellen Beratungsarbeit, die betroffene Frauen* unvoreingenommen unterstützt (z.B. Meyer-Wilmes-Müller und Rieger 1984). Eine politische und explizit gesellschaftskritische Perspektive wird ebenfalls für die theologischen Angebote als unerlässlich erachtet, um zur Schaffung gerechter Strukturen beitragen zu können: „Nur wenn diese gottesdienstlichen Formen nicht auf die individuelle Person der Frau konzentriert sind, sondern das strukturelle und persönliche Versagen aller direkt und indirekt Verantwortlichen im Blick haben, könnten sie den wirklichen Problemlagen gerecht werden.“ (Kuhlmann 1998, 277)

Für die Analysekategorie „Theologie und Kirche als politische Projekte“ lässt sich also zusammenfassen, dass alle Autor*innen – unabhängig vom Entstehungszeitpunkt und -kontext ihrer Texte – von einer politischen Perspektive auf Theologie und Kirche ausgehen, die konsequentes Reden und Handeln aller Christ*innen für eine gerechte Gesellschaft erwartet. Wesentliche Voraussetzung für einen solchen Veränderungsprozess ist aus meiner Sicht ebenfalls die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle innerhalb von Machtverhältnissen, wie sie von den Autor*innen in Bezug auf eine Aufarbeitung der kirchlichen Schuldgeschichte gefordert wird – eine Forderung, die die feministischen Theolog*innen auch an sich selbst richten müssen. Es kann nicht nur darum gehen, aus einer privilegierten Position „Hilfsangebote“ bereit zu stellen und dadurch die gesellschaftlichen Hierarchien im Wesentlichen unangetastet zu lassen. Es muss vielmehr auch danach gefragt werden, wie innerhalb feministischtheologischer Räume Privilegierungen abgegeben und Ermächtigungsstrukturen aufgebaut werden können, damit beispielsweise die Stimmen von Frauen* of Colour oder Trans*Personen gehört werden. 5.4 Der feministisch-theologische Diskurs als „kritisch-feministische“ Alternative? – Zusammenfassung der Analyseergebnisse Zentrales Anliegen meiner Auseinandersetzungen mit dem feministisch-theologischen Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch war erstens dessen – bislang im wissenschaftlichen Kontext noch nicht erfolgte – Aufarbeitung und Sichtbarmachung, zweitens eine machtkritische Analyse der Normierungen und Leerstellen innerhalb dieses Diskurses und drittens die Bewertung der „kritisch-feministischen“ Potenziale der feministisch-theologischen Bei79

träge als Alternative zu den konservativen Positionen der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Besondere Brisanz erhielt mein Forschungsinteresse durch das Spannungsfeld zwischen Feminismus und feministischen Bewegungen einerseits und christlicher Theologie, Kirchen und Traditionen andererseits, in dem sich feministische Theolog*innen bewegen und hinsichtlich beider Bezugsorte sie eine dissidentische und zugleich intervenierende Position einnehmen. Die Problematiken und Herausforderungen dieser spezifischen Ausgangssituation zeigten sich in besonderer Weise in den Auseinandersetzungen mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch, die zum einen von einer fast selbstverständlichen Solidarisierung feministischer Theolog*innen mit den Forderungen feministischer Bewegungen geprägt sind und zum anderen ein äußerst schwieriges und häufig gescheutes Ringen um eine differenzierte Position sichtbar werden lassen, deren Potenziale es zu nutzen und zu würdigen gilt. Vor dem Hintergrund diskurstheoretischer Überlegungen stützte ich meine Analyse des feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch auf insgesamt 16 von feministischen Theolog*innen zwischen 1971 und 2001 im deutsch-deutschen Kontext veröffentlichte Beiträge, die mehrheitlich als explizite Interventionen in die gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Debatten angelegt sind. Die mir für die Analyse zur Verfügung stehenden Texte konzentrieren sich insbesondere auf den Zeitraum Anfang der 1990er Jahre und die im Zuge der deutsch-deutschen „Vereinigung“ geführten Diskussionen um eine gesamtdeutsche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs und machen Leerstellen insbesondere die gesamten 1970er Jahre hindurch sowie Mitte der 1990er Jahre sichtbar. Sie sind außerdem gekennzeichnet von einer Unterrepräsentanz ostdeutscher sowie nicht-akademischer Perspektiven. Da der von mir untersuchte feministisch-theologische Diskurs durch meine Textauswahl ebenso wie von meinen persönlichen Erfahrungen, Vorlieben und Entscheidungen geprägt wird, gibt es zahlreiche Themen, Orte und Akteur*innen, die in meiner Analyse völlig unberücksichtigt bleiben. Mein eigenes machtvolles Mitwirken an der Konstruktion des feministisch-theologischen Diskurses versuchte ich insofern kritisch zu reflektieren, dass ich mit der genauen Dokumentation meiner Analyseschritte im Anhang dieser Arbeit sowie der Nutzung vieler Originalzitate aus den bearbeiteten Texten meine Vorgehensweise möglichst nachvollziehbar gestaltete. Die Inhalte des feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch, den ich aufgrund der Außenseiter*innen-Position feministischer Theolog*innen sowohl in feministischen als auch in kirchlichen Kontexten als dissidentisch bezeichne, lassen sich in zwölf zentrale Themen zusammenfassen. Einerseits ist der Diskurs über den gesamten Analy80

sezeitraum hinweg stark von einer Kritik an der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, an den gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen, am christlich tradierten Frauen*bild, den kirchlichen Entscheidungsstrukturen sowie dem widersprüchlichen kirchlichen Eintreten für den „Schutz des Lebens“ geprägt und darin kaum von säkularen feministischen Diskussionen zu unterscheiden. Geht es andererseits um den Entwurf feministischtheologischer Positionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch, wird die Verortung der Autor*innen als Theolog*innen bedeutsam: Obwohl sich ihre Forderungen in Bezug auf die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ebenfalls stark an denen der säkularen feministischen Bewegungen orientieren, begründen sie ihre Haltungen zum einen mit ihrer Glaubensüberzeugung an einen befreienden Gott jüdisch-christlicher Tradition und fordern zum anderen insbesondere die christlichen Kirchen zu politischem und sozialem Handeln auf. Trotz der kritischen Distanz der untersuchten Autor*innen zu den Strukturen und Positionen traditioneller christlicher Theologie und Kirchen sowie ihrer dissidentischen Verortung innerhalb feministischer Kontexte, wurden mit Hilfe der Anwendung von vier inhaltlich relevanten Analysekategorien ebenfalls machtvolle Normierungsprozesse und dadurch entstehende Leerstellen innerhalb des feministisch-theologischen Diskurses sichtbar. Die Texte verfestigen sowohl durch ihr Verständnis von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen als auch durch die von ihnen genutzten Gottesbilder eine zweigeschlechtliche, heterosexuelle Norm, die zudem „Frausein“ mit Mutterschaft gleichsetzt. Ein anhaltendes Sprechen_Schreiben aus einer weiblichen „Betroffenen-Perspektive“ sowie eine noch unzureichende Auseinandersetzung mit den problematischen Tendenzen der Konzepte von Autonomie und Selbstbestimmung führen gemeinsam mit einer nahezu fehlenden Reflexion der eigenen Privilegierungen zur häufig kritisierten Normierung einer gesunden, weißen, westdeutschen Akademiker*innenPerspektive. Gleichwohl sind mehrere der hier angemahnten Aspekte in den Texten bereits angedacht. So wird neben einer umfassenden Patriarchatskritik, einer durchweg politischen Perspektive auf theologisches und kirchliches Handeln sowie der Grundlegung relationaler Autonomie-Konzepte bereits mit dem zeitlich frühesten Analysetext die Idee einer intersektionalen Betrachtung von Geschlecht verfolgt. Innerhalb des Analysezeitraums kann zudem insgesamt eine Abnahme der Orientierung auf politische Interventionen festgestellt werden. Gleichzeitig gewinnt das Anliegen an Bedeutung, eine möglichst differenzierte Position zu formulieren, die sich gegen dualistische Konzepte wendet und Raum für Ambivalenzen schaffen will. Allerdings müssen geeignete Formen noch gefunden werden, um dieses „Dazwischensein“ sprechbar zu machen und feministische Praxis werden zu lassen. 81

Vor dem Hintergrund der zentralen inhaltlichen Aspekte des feministisch-theologischen Diskurses zum Thema Schwangerschaftsabbruch sowie dem Versuch, aus machtkritischer Perspektive eine erste Bewertung desselben vorzunehmen, kann ich die Beiträge feministischer Theolog*innen in den deutsch-deutschen Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 durchaus als „kritisch-feministische“ Alternative zu den mehrheitlich konservativen Positionen der beiden großen christlichen Kirchen bezeichnen, obwohl sie den Ansprüchen einer solchen Perspektive noch nicht gänzlich gerecht werden. Auch wenn in der Bearbeitung der Texte immer wieder die enge Verwobenheit des feministisch-theologischen Diskurses mit dem hegemonialen kirchlichen Diskurs, z.B. durch bewusst gewählte Selbstbezeichnungen, das Aufgreifen bestimmter Themen und Formulierungen oder das Vermeiden kritischer Punkte, erkennbar wurde, könnte die von den Autor*innen selbst vorgenommene Abgrenzung nicht deutlicher sein: „Wir fordern die christlichen Kirchen auf, sich nachdrücklich gegen die strafrechtliche Verfolgung von Schwangerschaftsabbrüchen auszusprechen. Wir bestreiten, dass die Äußerungen des Rats der EKD [Evangelischen Kirche in Deutschland; Einfügung S.W.] und der DBK [Deutschen Bischofskonferenz; Einfügung S.W.] von christlichen Inhalten geleitet sind. Diese Äußerungen treffen nicht die „fundamentalen Überzeugungen des christlichen Glaubens“, sondern sind Ausdruck einer fundamentalistischen Religion der Männerherrschaft.“ (Fachschaft Marburg 1991, 40) „Wir sind der Meinung, dass Par. 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden muss. Dass eine Regelung getroffen werden muss, die auf Selbstbestimmung der Frau beruht. Dass Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit das Leben in seiner Fülle entfaltet werden kann.“ (AG Soziale Situation 1993, 9)

Aus „kritisch-feministischer“ Perspektive gilt es diese Forderungen nicht nur wieder verstärkt öffentlich zu vertreten, sondern sie erneut an den eigenen feministisch-theologischen Ansprüchen in Bezug auf eine Befreiung aller zum Leben zu orientieren.

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6 Ausblick auf ein Weiterkämpfen in neuen Bündnissen Die feministischen Theolog*innen, deren Texte ich im Rahmen dieser Arbeit analysiert habe, lassen sich in den Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch im deutsch-deutschen Kontext zwischen 1971 und 2001 zusammenfassend als „Dissident*innen im Kampf gegen den § 218“ charakterisieren. Diese Bezeichnung bezieht sich zum einen auf ihre Außenseiter*innen-Position sowohl in feministischen als auch in kirchlichen Zusammenhängen, zum anderen auf die von ihnen in Bezug auf das Thema Schwangerschaftsabbruch vertretenen Perspektiven. Gegenüber den mehrheitlich konservativen Stellungnahmen der beiden großen christlichen Kirchen, die auf katholischer Seite eine rechtliche Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs kategorisch ablehnen bzw. auf evangelischer Seite die Einschränkung einer rechtlichen Freigabe durch eine verpflichtende Beratung wünschen, schließen sich die Autor*innen den Forderungen feministischer Bewegungen an, die vom Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Frauen* ausgehend eine ersatzlose Streichung des § 218 und eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (mindestens) innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate fordern. Im Unterschied zu den Akteur*innen feministischer Bewegungen begründen sie diese Haltung jedoch mit ihrer Orientierung auf ein befreiungstheologisches Gottesverständnis, das christliches Handeln am Einsatz für eine gerechte Gesellschaftsordnung ausrichtet und darin Theologie und Kirchen eine wichtige Rolle zuerkennt. Insgesamt sind die untersuchten Beiträge feministischer Theolog*innen einerseits von einer Kritik an patriarchalen – auch theologisch und kirchlich gestützten – Geschlechterverhältnissen geprägt, andererseits bemühen sie sich um den Entwurf feministischer Bewertungs- und Handlungsmöglichkeiten, die sich an einer differenzierten Perspektive auf die Konfliktsituationen betroffener Frauen* orientieren. Innerhalb des Untersuchungszeitraums nimmt dabei der politische Interventionscharakter der Beiträge ab, der insbesondere die Auseinandersetzungen in den 1980er und frühen 1990er Jahren geprägt hat. Außerdem verliert das Thema des Kampfes um das Recht auf einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch in feministisch-theologischen Kreisen insgesamt an Relevanz und wird zunehmend von Diskussionen neuer Möglichkeiten der Reproduktionstechnologie, der Präimplantations- sowie der Pränataldiagnostik und deren Auswirkungen abgelöst. Wenn auch mit weniger Vehemenz und deutlich seltener vorgetragen, bleiben die oben beschriebenen Positionen feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch jedoch innerhalb des Untersuchungszeitraums in den analysierten Texten nahezu unverändert. Einzig die rechtliche Verankerung der sogenannten Schwangerschaftskonfliktberatung wird zunehmend unterschiedlich bewertet. 83

Eine vergleichbare nachlassende Thematisierung wird ebenfalls von säkularen feministischen Aktivist*innen für den politischen und gesellschaftlichen Kontext festgestellt und kritisiert. Die Redner*innen der in der Einleitung dieser Arbeit beschriebenen Veranstaltung mit dem Titel „Keep your laws off my body“ konstatierten eine aktuelle „Sprachlosigkeit“ in Bezug auf das Thema Schwangerschaftsabbruch. Mögliche Gründe sahen sie in der Gewöhnung an die einen straffreien Schwangerschaftsabbruch garantierende verpflichtende Beratung, in visualisierenden Techniken der Schwangerschaftsvorsorge, die den Embryo in den Betrachtungsfokus rückten, in einer zunehmend individualistisch geprägten Gesellschaft und dem Fehlen von Räumen, die das Teilen von Erfahrungen ermöglichten. Selbstkritisch wurde ebenfalls der mangelnde Austausch innerhalb feministischer Bewegungen angemahnt, z.B. zwischen „alten“ und „jungen“ Aktivist*innen, zwischen Aktivist*innen aus Ost und West oder zwischen Aktivist*innen aus westeuropäischen Kontexten und Ländern des globalen Südens. Außerdem wurde danach gefragt, ob und wie (de-)konstruktivistische Perspektiven auf Geschlecht das Nachdenken über Körpererfahrungen verhinderten. Gefordert wurde demgegenüber eine erneute queer_feministische sowie gesellschaftliche Re_Politisierung des Themas Schwangerschaftsabbruch, die die aktuelle gesetzliche Regelung erneut als Ausdruck patriarchaler Herrschaft kritisiere (z.B. Diehl 2007) und sich für Verbesserungen in Bezug auf medizinische Aufklärung und den Zugang zu Verhütungsmitteln einsetze (z.B. Schulz 2012). Wesentliche Voraussetzung derartiger politischer Kampagnen seien dabei neue, vielfältige Bündnisse unterschiedlichster queer_feministischer Akteur*innen. Am Beispiel der Forderungen von LGBT*I*Q-Personen nach körperlicher und sexueller Selbstbestimmung wurde die Kritik an der heteronormativen Ausrichtung der früheren feministischen Thematisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aufgegriffen. Außerdem wurde diskutiert, wie die Auseinandersetzungen um globale reproduktionsmedizinische Ausbeutungsverhältnisse von intersektionalen und antirassistischen Perspektiven unterstützt werden könne. Vor dem Hintergrund der Forderung nach neuen Bündnissen möchte ich ebenfalls auf die „Sprachlosigkeit“ bzw. Nicht-Thematisierung in Bezug auf eine Auseinandersetzung mit Feministischen, geschlechterbewussten und queeren Theologien sowie ihrer Spiritualität und politischen Praxis innerhalb aktivistischer und wissenschaftlicher queer_feministischer Zusammenhänge hinweisen. Ulrike Auga nennt beispielsweise die Notwendigkeit einer verstärkten „Beschäftigung mit Geschlechterkonstruktionen in religiösen Symbolsystemen“ (2010, 236) innerhalb der Gender Studies und macht auf mögliche positive Impulse der historischkritischen Bibelexegese sowie dem feministisch-theologischen Festhalten am Befreiungsge84

danken aufmerksam (ebd., 236f.). Aus meiner Sicht können außerdem die vielfältigen Erfahrungen feministischer Theolog*innen in Bezug auf Seelsorge, körperbezogene Arbeit sowie die Gestaltung geschützter Sprach-Räume – nicht nur hinsichtlich des Themas Schwangerschaftsabbruch41 – herangezogen werden. Vielleicht können kirchliche Einrichtungen – insbesondere aus dem Kontext der (weltweiten) Ökumene – sogar Orte sein, die dabei helfen, kontroverse Diskussionen zu führen und gemeinsam differenzierte Positionen zu entwickeln, die nicht gezwungen sind, Ambivalenzen und Widersprüche auszublenden und sich gleichzeitig explizit als politische Interventionen verstehen. Denn wie meine Analyseergebnisse verdeutlichen, ist nicht nur von einer gemeinsamen Position queer_feministischer Aktivist*innen und feministischer Theolog*innen im Kampf gegen den § 218 auszugehen, sondern es bieten sich weitere Möglichkeiten produktiver Verknüpfungen – Claudia Rakel spricht von „strategischen Koalitionen“ (2003, 33). So sollten feministische Theolog*innen ebenfalls neue Ideen und Konzepte aus der Geschlechterforschung bzw. den Gender Studies sowie aus queer_feministischen Bewegungskontexten in ihren Arbeiten und ihrer spirituellen Praxis berücksichtigen. Die bereits von Andrea Bührmann (1995) in ihrer Analyse der Sexualitätsdebatte innerhalb der westdeutschen zweiten Frauenbewegung festgestellte und von mir in Bezug auf die Beiträge feministischer Theolog*innen zum Thema Schwangerschaftsabbruch ebenfalls kritisierte Normierung eines authentischen „Frauseins“ als Schwangere bzw. Mutter machen aus meiner Sicht eine dringende Auseinandersetzung mit (de-)konstruktivistischen, intersektionalen bzw. interdependenten und queeren Ansätzen innerhalb Feministischer Theologien notwendig, um über eine umfassende Reflexion eigener Privilegierungen und Diskriminierungen die Re_Produktion gewaltvoller Herrschaftsverhältnisse zu verhindern (z.B. Walz 2008). Ein herausragendes Beispiel findet sich bereits bei Marcella Althaus-Reid, die auf Grundlage einer solchen Verknüpfung das Bild einer „Queer God“ entwirft – „a God who was more than can be expressed, who exceeds all categories of definition and control“ (2004, 175). Einen konkreten Anlass für derartige neue Bündnisse könnte beispielsweise auch der jährlich in Berlin und anderen deutschen Städten stattfindende „Marsch für das Leben“ erklärter AbtreibungsgegnerInnen und selbsternannter LebensschützerInnen bieten, dessen Unterstützung die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz seit einer im Frühjahr diesen Jahres veröffentlichten Erklärung offiziell ablehnt (Asmus 2014). 41

Vorschläge für Heilungsrituale nach einem Schwangerschaftsabbruch finden sich beispielsweise bereits in Rosemary Radford Ruethers 1988 in der BRD veröffentlichen Arbeit „Unsere Wunden heilen, unsere Befreiung feiern – Rituale in der Frauenkirche“ (1988, 183f.) und werden z.B. bei Ursula Riedel-Pfäfflin und Julia Strecker in „Flügel trotz allem – Feministische Seelsorge und Beratung“ wieder aufgegriffen und um den Aspekt der Auswirkungen von pränataldiagnostischen Behandlungen ergänzt (1999 2, 249ff.).

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Dennoch gilt es in der politischen und kirchlichen Arbeit wie auch in wissenschaftlichen und theologischen Auseinandersetzungen an einer „kritisch-feministischen“ Perspektive festzuhalten, die die Ideen feministischer Wissenschaftskritik, diskurstheoretischer Ansätze und (de-) konstruktivistischer Konzepte ernst nimmt und diese in einer kontinuierlichen Reflexion des eigenen (Forschungs-)Handelns konkretisiert. Der von mir gewählte diskursanalytische Rahmen ermöglichte vor diesem Hintergrund eine kritische Auseinandersetzung mit dem dissidentischen Diskurs feministischer Theolog*innen, welcher in den hegemonialen kirchlichen Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch eingebettet ist. Die stark durch meine Entscheidungen als Forscherin geprägte Re_Konstruktion beider Diskurse möchte ich in diesem Zusammenhang ebenso hervorheben wie meinen gleichzeitigen Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit den Normierungen und Leerstellen, die durch den feministisch-theologischen Diskurs erzeugt werden. So kann ich beispielsweise die Frage nach feministisch-theologischen Positionen zum Thema Schwangerschaftsabbruch aus dem Kontext der DDR und ihrem späteren Verhältnis zu westdeutschen Perspektiven nur unzureichend beantworten. Einerseits muss ich davon ausgehen, die Vernachlässigung ostdeutscher Positionen durch meine Materialrecherche und Textauswahl stark beeinflusst zu haben, andererseits ermöglichte mir meine Analyse diese inhaltliche Kritik gleichzeitig an den feministisch-theologischen Diskurs selbst zu richten. Die vermeintliche Widersprüchlichkeit beider Aspekte verdeutlicht nicht nur die Unmöglichkeit, mich als Forscherin außerhalb der untersuchten Diskurse zu wähnen, sondern weist ebenfalls auf die stetige Gleichzeitigkeit von Macht und Widerstand innerhalb von Diskursen hin. Vor diesem Hintergrund sind sowohl eine umfängliche Aufarbeitung der Entstehung und Entwicklung Feministischer Theologien in der DDR als auch eine Ergänzung meiner Analyseergebnisse durch eine detaillierte Berücksichtigung vorhandener Archivbestände sowie das Führen von Interviews mit „Zeitzeug*innen“ als Forschungsdesiderate zu benennen. Neben dieser bereits in der Einleitung formulierten spezifischen Herausforderung der deutsch-deutschen Geschichte habe ich insbesondere das inter- bzw. transdisziplinäre Arbeiten als anspruchsvoll empfunden. Als Nicht-Theologin bin ich nicht nur in Bezug auf die Kontextualisierung und Auslegung der von den untersuchten Autor*innen herangezogenen biblischen Texte und kirchlichen Verlautbarungen an Grenzen gestoßen, sondern musste mich auch als Nicht-Juristin intensiv um ein Verständnis der gesetzlichen Regelungen und insbesondere des vielgestaltigen Gesetzgebungsprozesses bemühen. Diese Erfahrung hat mir die Wichtigkeit einer eindeutigen Benennung der Perspektive, aus der ich diese Arbeit verfasst habe – nämlich der einer feministisch positionierten theologischen Geschlechterforschung –, nochmals verdeutlicht. Mit dieser Verortung verbinde ich insbesondere das Anliegen, meine 86

Arbeit als politische Intervention sowohl in den hegemonialen kirchlichen Diskurs zum Thema Schwangerschaftsabbruch als auch in die dissidentischen Diskurse feministischer Theolog*innen sowie säkularer queer_feministischer Bewegungen zu verstehen. Aus diesem Grund habe ich versucht, der Erinnerung Siegfried Jägers zu folgen, „dass den Analyseergebnissen durchaus mit Träumen und Utopien begegnet werden kann und auch sollte“ (20126, 157). Diese sind für mich neue, vielfältige Bündnisse – nicht nur im Kampf gegen den § 218. Denn: „In den Träumen feministischer Befreiungstheologinnen gehören Maria Magdalena, mit ihrem Mut zum Grab zu gehen und zu weinen, Sophie Scholl und Rosa Luxemburg zusammen.“ (Sölle 2003, 21)

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Um den Arbeitskreis „Feministische Theologie“ als eigenständige Autor*innengruppe nennen zu können, weiche ich hier von meiner bisherigen Form der Literaturangabe ab. Der Text des Arbeitskreises wird im Beitrag von Angelika Engelmann in einem von Peer Pasternack herausgegebenen Sammelband wiedergegeben.

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In der Originalquelle ist der Vorname der Autor*in nur mit dem Kürzel „Ch.“ angegeben.

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44

In der Originalquelle ist der Vorname der Autor*in nur mit dem Kürzel „U.“ angegeben.

98

Anhang Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Anzahl der Fundstellen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den Ausgaben der „Schlangenbrut“ von 1983 bis 2013 ............................................................... 100 Tabelle 1: Textkorpus – Quellennachweise, Publikationsorte und Umfang der Analysetexte ........................................................................................................................... 101 Tabelle 2: Autor*innen – Charakterisierung bzgl. Herkunft, Konfession und Ausbildung/Werdegang .......................................................................................................... 103 Tabelle 3: Feministische-theologische Positionen zum Schwangerschaftsabbruch innerhalb der Analysetexte ..................................................................................................... 106 Tabelle 4: Zusammenfassung der zentralen inhaltlichen Themen der Analysetexte ............ 111 Tabelle 5: Auswertung des Textkorpus in Bezug auf die Analysekategorien ...................... 115

99

Abbildung 1: Anzahl der Fundstellen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in den Ausgaben der „Schlangenbrut“ von 1983 bis 2013

100

Tabelle 1: Textkorpus – Quellennachweise, Publikationsorte und Umfang der Analysetexte Autor*in

Titel

Jahr

Quelle

Dorothee Sölle

Für die Bejahung des Lebens – gegen die Bestrafung der Mutter.

1980

In: von Paczensky, Susanne (Hg.): Wir sind Feministischer Sammelband zur § 218keine Mörderinnen! – Streitschrift gegen eine Debatte, erster Teil bereits 1971 als 6 Seiten Einschüchterungskampagne. Reinbek bei Radiobeitrag im Südwestfunk Hamburg: Rowohlt Verlag, 93-98.

Hedwig Meyer-WilmesMüller und Renate Rieger

Frau und Kirche – Ein HerrSchaftsverhältnis.

1984

In: Schlangenbrut, 5, 6-15.

Feministisch-theologische Zeitschrift

10 Seiten

AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theologie“ der Barmen-Konferenz im Juni 1984

Barmen 1934-1984.

1984

In: Schlangenbrut, 6, 18-19.

Feministisch-theologische Zeitschrift

2 Seiten

1990

In: Engelmann, Angelika (1996): Feministische Theologie in der DDR. In: Pasternack, Peer (Hg.): Hochschule & Kirche. Theologie & Politik – Besichtigung eines Beziehungsgeflechts in der DDR. Berlin: Berliner Debatte Wissenschaftsverlag, 38-47.

Theologischer Sammelband, Beitrag zum Thema Feministische Theologie, anderweitige, umfangreiche Verbreitung und Veröffentlichung im April 1990

1 Seite

Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologiDie Resolution der Sommerunischen Sommeruniversität 1990 versität in Hofgeismar. Hofgeismar im August 1990

In: Schlangenbrut, 31, 25.

Feministisch-theologische Zeitschrift

1 Seite

VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg West

Diskussionsbeitrag zum Thema Schwangerschaftsabbruch.

In: Schlangenbrut, 31, 43-45.

Feministisch-theologische Zeitschrift

3 Seiten

Ellen Hoffmann, Susanne Kahl-Passoth und Rosemarie von Orlikowski

Stellungnahme zur gegenwärtigen Debatte um den Schwanger- 1990 schaftsabbruch.

In: Schlangenbrut, 31, 44.

Feministisch-theologische Zeitschrift

1 Seite

Fachschaft Evangelische Theologie Marburg

Resolution zum § 218.

In: Schlangenbrut, 32, 40.

Feministisch-theologische Zeitschrift

1 Seite

Arbeitskreis „Feministische Erklärung „Christinnen für die Theologie“ Beibehaltung von § 153“

1990

1991

Publikationsort

Umfang

101

Autor*in

Titel

Jahr

Quelle

Publikationsort

Umfang

Rose Wecker

Der Schwangerschaftskonflikt als Thema feministisch-theologischer Ethik. Ein Perspektivenwechsel.

1991

In: Schlangenbrut, 34, 21-23.

Feministisch-theologische Zeitschrift

3 Seiten

Dietlind Starke

Gruppe (strategische)?

1991

In: Das Netz, 4, 4-5.

Feministisch-theologische Zeitschrift, graue Literatur

2 Seiten

Oda-Gebbine HolzeStäblein

Vollmacht für das Leben.

1993

In: Forschungsprojekt zur Geschichte der Theologinnen, Göttingen (Hg.): Querdenken Sammelband zu feministisch-theologi– Beiträge zur feministisch-befreiungstheoloschen Themen, Vortrag auf dem Evan- 6 Seiten gischen Diskussion – Festschrift für Hannegelischer Kirchentag Ruhrgebiet 1991 lore Erhart zum 65. Geburtstag. Pfaffenweiler: Centaurus Verlagsgesellschaft, 371-376.

AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“

Leben ist unteilbar.

1993

In: Das Netz, 5, 8-9.

Feministische-theologische Zeitschrift, graue Literatur, bereits im Juni 1992 2 Seiten verfasst

Helga Kuhlmann

Schwangerschaftskonflikte im Zeitalter humangenetischer Diagnostik – Das Recht von 1998 Frauen auf selbstbestimmte Schwangerschaft und das Recht des/der „Anderen“.

In: Zeitschrift für Evangelische Ethik, 42, 266-280.

Fachzeitschrift für evangelische Ethik

15 Seiten

Annegret Laakmann

Wie 27 alte Männer ihren Schwangerenkonflikt lösen.

1999

In: Schlangenbrut, 66, 45.

Feministisch-theologische Zeitschrift

1 Seite

Ina Praetorius

Das Ungedachte: Zwei in Einer – Ein Essay zur Theologie der Schwangerschaft.

2000

In: Dies.: Zum Ende des Patriarchats – TheoEigener Sammelband zu feministischlogisch-politische Texte im Übergang. theologischen Themen Mainz: Matthias Grünewald Verlag, 29-34.

6 Seiten

Britta Baas

„Ohne Dich finde ich keinen Ort auf dieser Welt“ – Die kleine 2001 Geschichte einer Geburt und das Ungedachte: ‚Zwei in Einer‘.

In: Wege zum Menschen – Monatsschrift für Seelsorgezeitschrift, Heft zum Thema Seelsorge und Beratung, heilendes und soziaSchwangerschaftskonflikt les Handeln, 53, 265-269.

5 Seiten

102

Tabelle 2: Autor*innen – Charakterisierung bzgl. Herkunft, Konfession und Ausbildung/Werdegang Autor*in

Herkunft

Konfession

Ausbildung/Werdegang

Aktuelle/letzte Tätigkeit

Anmerkung: Aufgeführte Informationen, die ich nicht abschließend recherchieren bzw. überprüfen konnte, da keine weiteren Informationen vorlagen, sind kursiv gesetzt.

evangelisch

Studium der Theologie, Philosophie und Literaturwissenschaft in Köln, Freiburg und Göttingen, Promotion und Habilitation, Tätigkeit als Lehrerin und Schrift- Freie Schriftstellerin (gestorben) stellerin, Berufung ans Union Theological Seminary in New York als Professorin für systematische Theologie

katholisch

Studium der Theologie, Germanistik und Hauptdozentin für feministische TheoPädagogik in Münster, Tätigkeit als logie an der Katholischen Universität Lehrerin, Pastoralreferentin und wissenNijmegen in den Niederlanden schaftliche Mitarbeiterin, Promotion

katholisch

Studium der Theologie und Pädagogik, Tätigkeit als Trainerin und Dozentin

AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theologie“ BRD der Barmen-Konferenz im Juni 1984

ökumenisch

Diverse Student*innen der Theologie und Theolog*innen

Arbeitskreis „Feministische Theologie“

DDR

ökumenisch

Diverse Theologinnen aus der „ehemaligen“ DDR bzw. den ostdeutschen Bundesländern

Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen Sommeruniversität Hofgeismar im August 1990

DDR, BRD, Berlin/West, international

ökumenisch

Diverse Theologinnen aus Brasilien, Österreich, der Schweiz, der DDR, der BRD und Berlin/West

VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in BerlinBrandenburg West

Berlin/West

evangelisch

Diverse Vikar*innen der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg West

Dorothee Sölle

Hedwig Meyer-Wilmes-Müller

Renate Rieger

BRD, geboren 1929, gestorben 2003

BRD, geboren 1953

Berlin/West, geboren 1950

Selbstständige Institutsleiterin für Supervision, Coaching, Gruppenanalyse, Organisationsberatung, Fort- und Weiterbildung

103

Autor*in

Herkunft

Konfession

Ausbildung/Werdegang

Aktuelle/letzte Tätigkeit

Ellen Hoffmann

Berlin/West

evangelisch

Ausbildung/Werdegang mir nicht bekannt, 1990: Studienleiterin für Familien-Bildungsstätten-Arbeit in Berlin

mir nicht bekannt

Leiterin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (im Ruhestand) Studienleiterin für Frauenarbeit, evangelische Kirche Berlin (gestorben)

Susanne Kahl-Passoth

Berlin/West, geboren 1948

evangelisch

Studium der Theologie, Tätigkeit als Pfarrerin, Landesjugendpfarrerin und Leiterin der Evangelischen Frauen- und Familienarbeit in Potsdam

Rosemarie von Orlikowski

Berlin/West, geboren 1940, gestorben 2013

evangelisch

Studium der Theologie, Tätigkeit als Pfarrerin

Fachschaft Evangelische Theologie Marburg

BRD

evangelisch

Diverse Student*innen der evangelischen Theologie

Rose Wecker

BRD, geboren 1960

evangelisch

Studium der Theologie und Germanistik Vorsitzende des Fachausschusses Frauin Heidelberg und Berlin, Promotion, enfrage des Evangelischen KirchenkreiTätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeises Kleve terin und Lehrerin

Dietlind Starke

DDR, geboren Anfang der 1960er Jahre

evangelisch

Studium der Theologie

Oda-Gebbine Holze-Stäblein

BRD, geboren 1942 in Magdeburg, Vikariat in Mannheim evangelisch in den 1970er Jahren

Studium der Theologie, Tätigkeit als Landessuperintendentin für den SprenPfarrerin, Dozentin und Superintendengel (oberster kirchlicher Amtsbezirk) tin für den Kirchenkreis Burgdorf, SpreOstfriesland-Ems (im Ruhestand) cherin des „Wortes zum Sonntag“

AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“

DDR

ökumenisch

Diverse Theologinnen aus der „ehemaligen“ DDR bzw. den ostdeutschen Bundes-ländern

evangelisch

Studium der Theologie und Pädagogik in Bochum, Münster und Marburg, Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Promotion, Habilitation

Helga Kuhlmann

BRD, geboren 1957

Pfarrerin an der Lutherkirche im Kirchgemeindeverband Crimmitschau

Professorin für Systematische Theologie und Ökumene an der Universität Paderborn

104

Autor*in

Annegret Laakmann

Herkunft

BRD, geboren Mitte der 1940er Jahre

Konfession

Ausbildung/Werdegang

Aktuelle/letzte Tätigkeit

katholisch

Studium der Wirtschaftswissenschaften, Übernahme des familieneigenen Betriebs (Automatenstickerei), EngageKatholische Aktivistin ment u.a. bei „Maria von Magdala“, „Wir sind Kirche“, „Aktion Lila Stola“ und Vorsitzende von „Frauenwürde“

Ina Praetorius

BRD, geboren 1956

evangelisch

Studium der Germanistik und Theologie in Tübingen, Zürich und Heidelberg, Freie Autorin und Referentin Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Promotion

Britta Baas

BRD, geboren 1965

katholisch

Studium der Geschichte, Theologie und Germanistik in Münster, Tätigkeit als Journalistin

Redakteurin bei Publik-Forum.de

105

Tabelle 3: Feministische-theologische Positionen zum Schwangerschaftsabbruch innerhalb der Analysetexte Autor*in

Entstehungskontext

Theologischer Bezug

Rechtliche Regelung

Weitere Forderungen

1980

„Plädoyer einer Theologin“ als Intervention in die öffentlichen Diskussionen zur Strafrechtsreform Anfang der 1970er Jahre und Ergänzung nach Verabschiedung der Neuregelung in feministischem Kontext

Christliche Botschaft = „unendliche Bejahung des Lebens“, aber des Lebens „der schon Geborenen“; Tötungsverbot in Bezug auf Hass, Aggression, Ausbeutung, Zerstörung und Bereicherung, nicht hinsichtlich verantwortungsvoller Entscheidungen

Gegen eine uneingeschränkte Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs, für die Abschaffung des § 218, für eine Legalisierung in den ersten Monaten, für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen*

Verhütung als Aufgabe für alle, Beratungsverantwortung der Kirchen

1984

Formulierung eines ersten feministisch-theologischen Standpunktes zum Thema Schwangerschaftsabbruch mit einer Analyse frauenfeindlicher Theologie- und Kirchengeschichte (Veröffentlichung in der „Schlangenbrut“)

Christentum = Liebe und (politische) Befreiung aus Unterdrückung, Frei-Werden aus Zwängen, Macht- und Gewaltverhältnissen, auch bzgl. selbstbestimmter und befriedigender Sexualität

Für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen*

Selbstbestimmung von Familienplanung und Verhütung

AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theo1984 logie“ der Barmen-Konferenz im Juni 1984

Stellungnahme der feministisch-theologischen KonferenzAG zur Aktualisierung der Barmer Erklärung am aktuellen „Problem der Abtreibung“ als Intervention in die zunehmenden Diskussionen um eine Verschärfung des § 218 (Forderungen an Kirchen)

Evangelium = Befreiung, d.h. auch Befreiung von Rollenmus- Gegen eine Verschärfung des tern hin zu „vollem Mensch§ 218, für die ersatzlose Streisein“; „in Christus haben alle chung des § 218 Menschen die gleiche Würde“

Arbeitskreis „Feministische Theologie“

Stellungnahme von Mitgliedern des Arbeitskreises als Intervention in die öffentlichen Diskussionen um eine Einschränkung „wir als Christinnen“ des Rechts von Frauen* auf Schwangerschaftsabbruch (Sorge)

Dorothee Sölle

Hedwig Meyer-WilmesMüller und Renate Rieger

Jahr

1990

Gegen die Wiedereinführung des § 218, für die Beibehaltung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch

Aufklärung von Kindern und Jugendlichen, individuelle sozialgynäkologische Beratung von Frauen* für Frauen*, kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln, Erhalt und Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen

106

Autor*in

Jahr

Entstehungskontext

Theologischer Bezug

Rechtliche Regelung

Weitere Forderungen

Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen 1990 Sommeruniversität Hofgeismar im August 1990

Umfassende medizinische Aufklärung und Betreuung in allen Lebensaltern und an allen OrStellungnahme von Konferenz- Christliche Botschaft = „umfasten, sofortige Einstellung aller Gegen die bestehende Regelung teilnehmerinnen als Interventi- sende Befreiung hin zu einer bevölkerungspolitischen Maßdes Schwangerschaftsabbruchs on in die öffentlichen Diskussi- gerechten Welt“, d.h. auch Benahmen, Verbot von Herstelim Einigungsvertrag, für die onen um das Selbstbestimfreiung aus patriarchalen und lung und Export gesundheitsersatzlose Streichung des § 218, mungsrecht von Frauen* (Em- kolonialistischen Strukturen hin schädigender Medikamente, für eine Fristenregelung pörung) zu Selbstbestimmung Beendigung aller schädigenden Strukturanpassungsprogramme von IWF, Weltbank und Regierungen

VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in Ber- 1990 lin-Brandenburg West

Diskussionsbeitrag von TheologInnen als Intervention in die öffentlichen Diskussionen um das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* und die rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs („sehen uns genötigt“)

Ellen Hoffmann, Susanne Kahl-Passoth und Rosemarie von Orlikowski

Stellungnahme von „amtlichen“ Frauen* der evangelischen Kirche in Reaktion auf die gemeinsame Erklärung von katholi„Frauen der evangelischen scher und evangelischer Kirche Kirche“ in den öffentlichen Diskussionen um die (Neu-)Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Empörung, Distanzierung)

1990

„In der Bibel steht kein Wort zum Thema Schwangerschaftsabbruch.“; Auslegung von „Jesus und die Ehebrecherin“: Entscheidung bleibt bei der Frau*; aktualisierter SündeBegriff; biblische Verantwortung für Frauen* in Notsituationen

Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung, ArbeitszeitGegen eine strafrechtliche Ververkürzung, Wohnraum, Befolgung von Frauen*, für das treuungsplätze, kirchliches Selbstbestimmungsrecht von Engagement für Frauen* in Frauen* Konfliktsituationen (Not, Angst, Trauer)

Für eine Streichung der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetzbuch, für das „Tatortprinzip“ im Einigungsvertrag

Beratung aller Frauen* vor und nach einem Abbruch, begleitende Maßnahmen zum Leben mit Kindern, Anspruch auf Wohnraum und Betreuung

107

Autor*in

Fachschaft Evangelische Theologie Marburg

Rose Wecker

Dietlind Starke

Jahr

Entstehungskontext

Theologischer Bezug

Rechtliche Regelung

Weitere Forderungen

1991

Recht auf Beratung und Aufklärung von Frauen* und Männern bzgl. Sexualität, bedingungslose Stellungnahme von TheologieGewährung von Hilfsangeboten student*innen als Intervention im Schwangerschaftskonflikt, in die öffentlichen Diskussionen Christlicher Glaube achtet die Für die ersatzlose Streichung Hilfsangebote und Infrastruktur um die Regelung des Schwan- Gewissensfreiheit und stützt des § 218, für ein Grundrecht für ein Leben mit Kindern, Forgerschaftsabbruchs und als nicht bürgerliche Ideologie und von Frauen* auf selbstbestimm- derung eines offenen Diskurses Reaktion auf die gemeinsame patriarchale Herrschaftsauste Schwangerschaft, gegen über christliche Werte bzgl. Erklärung von katholischer und übung Beratungszwang Schwangerschaftskonflikten, evangelischer Kirche (FordeGen- und Reproduktionstechnorungen an Staat und Kirchen) logien, sexualethischen Fragen sowie patriarchalen Herrschaftsstrukturen in Kirche und Gesellschaft

1991

Entwurf einer feministischtheologischen Ethik als Intervention in die von Staat und insbesondere Kirche vertretenen Positionen in den öffentlichen Diskussionen zum Schwangerschaftskonflikt

1991

Aktionsplanungen durch die verbliebene AG „Soziale Situation von Frauen“ als Intervention in die anhaltenden öffentlichen Diskussionen zur gesetzli- „bewusst ChristInnen ansprechen Regelung des Schwanger- chen“ schaftsabbruchs im Anschluss an die Erklärung und Unterschriftenaktionen des Arbeitskreises

Christlich = feministische Kritik an unterdrückerischen Strukturen in Theologie und Kirche und gleichzeitig Neuformulierung von Theologie und Kirche als nicht an sich sexistisch und rassistisch

Forderung des Einbezugs der Erfahrungen und Perspektiven von Frauen* als Betroffene

Gegen die kirchliche Vereinnahmung zur Indikationslösung

108

Autor*in

Oda-Gebbine Holze-Stäblein

AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“

Helga Kuhlmann

Jahr

Entstehungskontext

Theologischer Bezug

Rechtliche Regelung

Weitere Forderungen

Referat auf der Kirchentagsveranstaltung „Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren – Frauen in Ost und West zum Schwangerschaftsabbruch“ 1991 als Intervention in die öffentlichen Diskussionen um eine gesamtdeutsche Neuregelung (feministisch-theologischer Sammelband)

Anspruch „auch ein Teil der Kirche zu sein“; Schwangerschaft als Schöpfungsmacht, Liebeserklärung und Geschenk Gottes; Nichtannehmen-Können als emanzipative Schuld, die vor Gott gebracht werden kann (vgl. Jesus und die Ehebrecherin); christlich = gutes Leben für alle

Für den Schutz des Lebens als staatliche Pflicht, für die ersatzlose Streichung des § 218, für ein Recht auf Begleitung und unvoreingenommene Beratung, für uneingeschränkte Selbstbestimmung

Kinder- und frauenfreundliche gesellschaftliche Bedingungen, kirchliche Trauerrituale für betroffene Frauen*, Weiterentwicklung von Verhütungsmitteln, Mitverantwortung von Männern

1993

Zweite Stellungnahme von Mitgliedern des Arbeitskreises als Intervention in die (Abschluss-)Verhandlungen um eine gesamtdeutsche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs

Konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung: Gerechtigkeit, Frieden und Leben sind unteilbar; kirchliche Duldung der Rüstungsförderung = „Theologie des Todes“; Frauen* und Männer sind verantwortliches Ebenbild Gottes, Entmündigung von Frauen* = Verneinung des Willen Gottes; Gott = „Freund des Lebens“ (qualitatives Verständnis), Grundlage für christliches Tun und Reden

Für die Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch, für eine gesetzliche Neuregelung, die auf dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen* beruht

Schaffung von Rahmenbedingungen, „damit das Leben in seiner Fülle entfaltet werden kann“

1998

Beitrag zum Thema Pränataldiagnostik als neue Dimension des Schwangerschaftskonflikts im Kontext feministischer und theologischer Bewertungen

Gott als Freund des Lebens aller; vergebender Gott; gesellschaftlicher Schuldzusammenhang; leiborientierte Theologie

Vorbehalte gegen eine strafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs, für die Ermöglichung einer selbstbestimmten Gewissensentscheidung

Ausweitung kirchlicher Beratungsangebote und liturgischer Formen, sozialpolitischer Einsatz gegen BeHindertenfeindlichkeit, Embryonenschutz

1993

109

Autor*in

Annegret Laakmann

Ina Praetorius

Britta Baas

Jahr

Entstehungskontext

Theologischer Bezug

Rechtliche Regelung

1999

Schlangenbrut-Kolumne in Reaktion auf den Beschluss der katholischen Bischofskonferenz, die Beratungsscheine mit einem einschränkenden Zusatz zu versehen, in den Diskussionen um den katholischen Verbleib in der Schwangerschaftskonfliktberatung

2000

Beitrag im politischen Kampf gegen patriarchalische Institutionen im Kontext des Schwangerschaftsabbruchs am Beispiel der aktuellen BeratungsscheinDebatte (eigener Sammelband zum Entwurf einer postpatriarchalischen christlichen Theologie und Ethik)

Gott hat sich im Menschwerden weiblicher Freiheit anvertraut, Gott kommt als „Zwei in EiFür eine Beratungspflicht (von ner“; unser aller Ursprung in Frau* zu Frau*, als „Keim eines weiblichem (Geist-)Körper; anderen Sprechens“) Frauen*-Beratung bei Maria und Elisabeth; Neudenken der Mutter Gottes-Verehrung

2001

Schilderung der eigenen Schwangerschafts- und Geburts-Erfahrung als Theologin im Kontext von Pränataldiagnostik in der Debatte um den katholischen Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung

Gott vertraut sich einer an, „die auch hätte nein sagen können“, überlässt die Entscheidung bewusst der Frau; kommt durch das „Dazwischensein“ in die Welt

Weitere Forderungen Uneingeschränkter Verbleib katholischer Beratungsstellen in der Schwangerschaftskonfliktberatung, Zulassung von katholischen Beratungsstellen nur unter Garantie einer ergebnisoffenen Beratung und Rechtssicherheit für die Betroffenen

Für die Notwendigkeit eines gesetzlichen Rahmens, um werdendes Leben zu schützen, für eine gesetzliche Regelung von Beratung im Schwangerschaftskonflikt

Stärkung der vertraulichen Frau*-zu-Frau*-Beratungssituation

110

Tabelle 4: Zusammenfassung der zentralen inhaltlichen Themen der Analysetexte Abschnitt

Thema

Aspekte -

Kritik an der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs

-

Kritik

Kritik an der Entwicklung der medizinischen Praxis und Forschung -

Kritik an der gesellschaftlichen Situation von Frauen* (mit Kindern) -

Nennungen

Kritik an der Unterordnung des Rechts auf Selbstverwirklichung von Frauen* unter das Recht auf Leben des Ungeborenen: § 218 als patriarchales Herrschaftsinstrument Kriminalisierung der Betroffenen durch die straffrechtliche Regelung Demütigung, Entmündigung und Fremdbestimmung von Betroffenen (auch im Falle einer obligatorischen Beratung) Hinweis auf die Unwirksamkeit der strafrechtlichen Regelung bzgl. einer Lösung des Schwangerschaftskonflikts (durch die Regelung entstehen vielmehr neue Konflikte) und bzgl. einer Verringerung der Abbruchzahlen (illegale Abbrüche nehmen sogar zu, ein ausreichender Schutz des „ungeborenen Lebens“ kann nicht gewährleistet werden) Soziale Auswirkungen der fehlenden Krankenkassen-Finanzierung

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 AG Barmen 1984 Arbeitskreis Fem. Theologie 1990 Fachschaft Marburg 1991 Holze-Stäblein 1993 AG Soziale Situation 1993 Baas 2001

Schwangerschaftsvorsorge und Reproduktionsmedizin als patriarchale Kontrollkonzepte über den Körper/die Entscheidungen von Frauen* Entfremdung durch Medikalisierung und Visualisierung Problematiken der Reproduktionsmedizin: Embryonenschutz, eugenische und beHindertenfeindliche Tendenzen, Spätabbrüche Recht auf Schwangerschaftsabbruch und Embryonenschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden Forderung einer differenzierten Positionierung, z.B. in Anlehnung an „Krüppelfrauen“: „Recht auf Abtreibung bei ungewollten Schwangerschaften bei gleichzeitiger Kritik der selektiven Abtreibungen“

Wecker 1991 Kuhlmann 1998 Praetorius 2000 Baas 2001

Hauptverantwortung für Reproduktionsarbeit Schlechte Arbeitsmarktchancen von Frauen* mit Kindern Prekäre Situation von Alleinerziehenden Unzureichende Betreuungsmöglichkeiten Gewalt gegen Frauen* Alleinverantwortung für Verhütung Misshandlungen und Missachtung von ungewollten Kindern Gleichzeitige BeHindertenfeindlichkeit und gesellschaftlicher Druck auf abtreibende Frauen* nach Pränataldiagnostik Kritik an der Missachtung von frauen- und sozialpolitischen Positionen im „Vereinigungsprozess“ und dessen Auswirkungen

Sölle 1980 VikarInnenkonferenz 1990 Hoffmann et al. 1990 Fachschaft Marburg 1991 Wecker 1991 Holze-Stäblein 1993 AG Soziale Situation 1993 Kuhlmann 1998

111

Abschnitt

Thema

Aspekte -

Hinweis auf die globale Dimension von reproduktiver Autonomie

-

-

Kritik am kirchlichen Androzentrismus und christlichen Frauen*bild

-

-

-

Kritik an kirchlichen Entscheidungsstrukturen und Einflussnahmen

-

Nennungen

Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht von Frauen* als „weltweites Netz der Unterdrückung“ Rassistische Prägung bevölkerungspolitischer Maßnahmen: „Gebärzwang“ weißer, bürgerlicher Frauen* vs. Zwangssterilisationen und Zwangsabbrüche bei Schwarzen Frauen*, Unterschichtsfrauen*, beHinderten Frauen*, Frauen* im globalen Süden

Sommeruniversität Hofgeismar 1990 Wecker 1991

Entlarvung kirchlicher Strukturen und theologischer Positionen als androzentrisch, die sich auf ein dualistisches und hierarchisches Gesellschaftskonzept stützen sowie patriarchale und koloniale Unterdrückungsstrukturen theologisch und kirchlich legitimieren Kritik am damit einhergehenden christlichen bzw. kirchlichen Frauen* bild und dessen gleichzeitiger klassistischer und rassistischer Prägung Weibliche Körper und Sexualität werden als per se sündhaft und deshalb schuldig verstanden, Diffamierung lustvoller Sexualität im Allgemeinen, Verbot außer-/vorehelicher und homosexueller Handlungen Notwendigkeit der Kontrolle weiblicher Sexualität und Reproduktion: Frau* als sexueller Besitz des Mannes und keusche Hausfrau/Mutter Ehe als kirchlich legitimiertes Herrschaftsverhältnis zur Kontrolle von Frauen*, Duldung von Sexualität ausschließlich zur Reproduktion Prägung christlicher Frauen* durch dieses Bild, was als massive Einschränkung ihrer Leben und damit auch Verhinderung einer differenzierten und konstruktiven Auseinandersetzung erlebt wird Feministische Forderungen stellen dieses gesamte Konstrukt in Frage, indem sie ein „Anderes“, ein „Dazwischen“ sichtbar machen

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 AG Barmen 1984 Sommeruniversität Hofgeismar 1990 Fachschaft Marburg 1991 AG Soziale Situation 1993 Praetorius 2000 Baas 2001

Kritik an der Nicht-Beteiligung von Frauen*: innerhalb kirchlicher Entscheidungsstrukturen (diese sind vielmehr undemokratisch und vereinnahmend), als Perspektive in theologischen und ethischen Positionierungen (woraus sich eine androzentrische Verzerrung ergibt), durch die Kontrolle ihrer Arbeit (z.B. in der Beratung) Kritik an kirchlichen Koalitionen in den Diskussionen um das Thema Schwangerschaftsabbruch: mit der katholischen Kirche (von evangelischer Seite), mit AbtreibungsgegnerInnen, mit konservativen gesellschaftlichen Kräften, als Machtmissbrauch zur politischen Einflussnahme

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 AG Barmen 1984 VikarInnenkonferenz 1990 Hoffmann et al. 1990 Fachschaft Marburg 1991 Wecker 1991 Starke 1991 Kuhlmann 1998 Laakmann 1999 Praetorius 2000

112

Abschnitt

Thema

Aspekte -

Kritik am widersprüchlichen kirchlichen Eintreten für den „Schutz des Lebens“

-

-

Der kirchliche Einsatz für den „Schutz des Lebens“ gilt nur für das „ungeborene, weiße, gesunde Leben“ und steht im Widerspruch: Zum Verbot von bzw. der Zurückhaltung in Bezug auf Verhütung Zu Versicherungen, die Entscheidung der Betroffenen im Schwangerschaftskonflikt zu respektieren Zu Forderungen nach der Autonomie des Gewissens als letzter verbindlicher Instanz in Entscheidungssituationen an anderer Stelle Zu keiner grundsätzlichen Ablehnung einer eugenischen Indikation Zum Einsatz für eine Geburteneinschränkung im globalen Süden Zur Erschwerung der Bestattung von zu kleinen, totgeborenen Kindern Zum fehlenden Eintreten für die Rechte/das Wohl geborener Kinder Zur unbedingten Stärkung der Elternposition (gegenüber dem Kind) in anderen politischen Auseinandersetzungen Zur Kürzung von sozialen Mitteln an anderer Stelle Zum unzureichenden Schutz der eigenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse bzgl. Arbeitsbedingungen und Anerkennung von Abschlüssen Zur Zurückhaltung in Bezug auf Flüchtlingspolitik und Abschiebung Zur fehlenden Verurteilung von Aufrüstung, Militarisierung und Krieg (sogar Unterstützung durch Gottesdienste, Segnungen und Seelsorge) Zur Verweigerung der Exkommunikation von (Nazi-)Kriegsverbrechern Zur laschen Position in Bezug auf die Verurteilung der ungerechten Wirtschaftsordnung und von Umweltzerstörung

Nennungen

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 AG Barmen 1984 Hoffmann et al. 1990 Fachschaft Marburg 1991 Starke 1991 AG Soziale Situation 1993

113

Abschnitt

Thema

Aspekte -

Charakterisierung Feministischer Theologien

-

Selbstverortung innerhalb feministischer Bewegungen Entwurf

Würdigung des besonderen Lebensverhältnisses „Schwangerschaft“

-

Formulierung feministisch-theologischer Positionen zum Schwangerschaftsabbruch

Nennungen

Kritik an patriarchalen und unterdrückerischen Strukturen von Theologie und Kirche Neuformulierung einer Theologie und Praxis, die von den Erfahrungen AG Barmen 1984 von Frauen* ausgeht Wecker 1991 Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit von Frauen*erfahrungen: Kontextualisierung, Parteilichkeit, Selbstreflexion Würdigung des gesellschaftlichen Veränderungspotenzials feministischer Bewegungen Unterstützung der Forderung nach Selbstbestimmung, insbesondere in Bezug auf den eigenen Körper, Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung Kritische Anfragen an das Selbstbestimmungs-Paradigma aus kapitalismuskritischer Perspektive sowie an die Trennung von Sexualität und Fortpflanzung aus technikkritischer Perspektive

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 VikarInnenkonferenz 1990 Wecker 1991 Holze-Stäblein 1993

(Schöpfungs-)Wunder Geprägt von Ambivalenzen (Schwangerschaft selbst und Abbrüche) Nie abgeschlossener Prozess Notwendige Neuformulierungen gegenüber patriarchaler Herrschaft und Kontrolle als „Zwei in Einer“, „Dazwischendenken“, „Dazwischenerfahren“, „Werdendes im Gewordenen“, „SelbständigUnselbständiges“ Erfordert besonderen Mut in der heutigen Gesellschaft

Sölle 1980 Meyer-Wilmes-Müller/Rieger 1984 Holze-Stäblein 1993 Praetorius 2000 Baas 2001

Vgl. Tabelle 3 im Anhang

Benennung gesellschaftlicher und kirchlicher Vgl. Tabelle 3 im Anhang Aufgaben im Schwangerschaftskonflikt

114

Tabelle 5: Auswertung des Textkorpus in Bezug auf die Analysekategorien Autor*in

Dorothee Sölle

Hedwig Meyer-WilmesMüller und Renate Rieger

AG „Barmen I und die Anfragen der Feministischen Theologie“ der Barmen-Konferenz im Juni 1984

Arbeitskreis „Feministische Theologie“

Jahr

Geschlecht und Geschlechterverhältnisse

Autonomie und Selbstbestimmung

1980

Befürchtung einer kapitalistischen PerspektivenverschieImplizite Heteronormativität, bung und Verdinglichung durch Kritik an einer patriarchalen ein einseitiges SelbstbestimGeschlechterordnung, Berück- mungs-Paradigma, Hinweis auf sichtigung von „Klasse“, die Grenzen von Autonomie an Selbstpositionierung als „Theo- unserem Geschaffensein und login“ der Natur, Kritik an einer rein individuellen Selbstverwirklichung

1984

Implizite Zweigeschlechtlichkeit, Nennung von HomosexuaSelbstbestimmung als Abwehr- Befreiungstheologisches Verlität, Kritik an einer patriarcharecht und Verantwortungsüber- ständnis, explizite Ergänzung len Geschlechterordnung, nahme von Sexualitäts-Aspekten Selbstpositionierung als „feministische Theologinnen“

1984

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Selbstpo- Selbstbestimmung als Wahlsitionierung als „feministische freiheit Theologinnen“ und „Frauen in der Kirche“

1990

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, OstWest-Perspektive wird mitgedacht, Selbstpositionierung als „Christinnen“

Selbstbestimmung als Voraussetzung für reale Gleichstellung

Gottesbild und Gottesbeziehung

Theologie und Kirche als politische Projekte

Befreiungstheologisches Verständnis, Jesus wendet sich gegen Hass, Aggression, Ausbeutung, Zerstörung und Bereicherung, Bezug auf jüdische Traditionen

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, dazu bedarf es demokratischer Mitbestimmungsstrukturen, Einsatz für die Schwächsten

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, Unterstützung für Personen in Not

Theologie und Kirche müssen Befreiungstheologisches Verzu gesellschaftspolitischen ständnis, Gottesebenbildlichkeit Fragen Stellung beziehen, konaller Menschen kret und parteilich sein

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen

115

Autor*in

Teilnehmerinnen der feministisch-befreiungstheologischen Sommeruniversität Hofgeismar im August 1990

VikarInnenkonferenz der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg West

Ellen Hoffmann, Susanne Kahl-Passoth und Rosemarie von Orlikowski

Fachschaft Evangelische Theologie Marburg

Jahr

Geschlecht und Geschlechterverhältnisse

Autonomie und Selbstbestimmung

Gottesbild und Gottesbeziehung

1990

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Berücksichtigung von „Race“, „Klasse“ und „globaler Herkunft“, Selbstbestimmung als Abwehr- Befreiungstheologisches VerVerweis auf die Verschränkung recht ständnis patriarchaler und kolonialer Herrschaft, Selbstpositionierung als „feministische Befreiungstheologinnen“ unter Nennung der Herkunftsländer

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen

1990

Implizite Zweigeschlechtlichkeit, Nennung von Homosexualität und vielfältigen intimen Beziehungen, Kritik an einer Selbstbestimmung als Abwehrpatriarchalen Geschlechterord- recht und Verantwortungsübernung, Selbstpositionierung als nahme „Frauen und Männer in der Kirche“ und „Theologinnen und Theologen“

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, gesellschaftlicher Schuldzusammenhang, Unterstützung für Personen in Not

1990

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, OstWest-Perspektive wird mitgedacht, Selbstpositionierung als „Frauen der evangelischen Kirche“

Selbstbestimmung als Verantwortungsübernahme

1991

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Berücksichtigung von ökologischen Aspekten

Theologie und Kirche müssen Christlicher Glaube wendet sich zu gesellschaftspolitischen Selbstbestimmung als Abwehr- gegen eine „fundamentalistiFragen Stellung beziehen, Berecht sche Religion der Männerherrreitstellung von Hilfs- und Beschaft“ ratungsangeboten

Befreiungstheologisches Verständnis, keine absoluten Urteile, Gerechtigkeit in konkreten Situationen, gesellschaftlicher Schuldzusammenhang, Bezug auf jüdische Traditionen

Theologie und Kirche als politische Projekte

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, dabei sind die Positionen aller Kirchenmitglieder zu berücksichtigen, Forderung demokratischer Mitbestimmungsstrukturen

116

Autor*in

Rose Wecker

Dietlind Starke

Oda-Gebbine Holze-Stäblein

Jahr

Geschlecht und Geschlechterverhältnisse

1991

Implizite Zweigeschlechtlichkeit, Nennung von „Zwangsheterosexualität“, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Kritik an einer nichtkontextualisierten männlichen Herrschaftsperspektive, Verweis auf konstruktivistische Ansätze, Berücksichtigung von „Race“, „Klasse“, „BeHinderung“, „globaler Herkunft“ und der Vielfalt von Frauen*, Selbstpositionierung als „feministische Theologin“

1991

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, OstWest-Perspektive wird mitgedacht, Selbstpositionierung als „Christinnen“

1993

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Verweis auf „soziale Rollen“, Berücksichtigung von ökologischen Aspekten, Verweis auf die Kontextualität und Vorläufigkeit der eigenen Position, Selbstpositionierung als „ein Teil der Kirche“

Autonomie und Selbstbestimmung

Gottesbild und Gottesbeziehung

Selbstbestimmung als Abwehrrecht, problematische Trennung von Sexualität und FortpflanBefreiungstheologische Perzung durch ein einseitiges spektive Selbstbestimmungs-Paradigma, das nun der Reproduktionsmedizin den Boden bereitet

Theologie und Kirche als politische Projekte

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, dabei sind die Positionen aller Kirchenmitglieder zu berücksichtigen

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, innerkirchliche Kritik muss möglich sein, Theologie und Kirche müssen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen

Befreiungstheologische Perspektive, Gottesebenbildlichkeit von Frauen*, Schwangerschaft Selbstbestimmung als Abwehrals „Berührung mit Göttlirecht chem“, Schwangerschaftsabbruch als „Schuld, die vor Gott gebracht werden kann“

Theologie und Kirche müssen sich mit ihrer eigenen Schuldgeschichte auseinandersetzen, Engagement in Bezug auf Trauerarbeit

117

Autor*in

AG „Soziale Situation von Frauen“ des Arbeitskreises „Feministische Theologie“

Helga Kuhlmann

Annegret Laakmann

Ina Praetorius

Jahr

Geschlecht und Geschlechterverhältnisse

Autonomie und Selbstbestimmung

Gottesbild und Gottesbeziehung

Theologie und Kirche als politische Projekte

1993

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Berücksichtigung von „BeHinderung“ Selbstbestimmung als Abwehrund „globaler Herkunft“, Ostrecht West-Perspektive wird mitgedacht, Kurzvorstellung des Arbeitskreises und Bezugnahme auf die erste Erklärung

Befreiungstheologische Perspektive, Gottesebenbildlichkeit von „Frau und Mann“, Gottesebenbildlichkeit als Verantwortlichkeit, Gott als Freund bzw. Freundin des Lebens (Sprachkritik)

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, dabei muss die christliche Botschaft im Handeln aller Christ*innen sichtbar werden

1998

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Kritik an absoluten Wahrheiten, Berücksichtigung von „BeHinderung“, Selbstpositionierung als „protestantische deutsche Theologin“

Gott als „Freund des Lebens ALLER“, als vergebender Gott, männliche Bezeichnungen, Verweis auf Gottes Liebe zu den Benachteiligten, Theologie der Leiblichkeit stärken

Theologie und Kirche müssen zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung beziehen, gesellschaftlicher Schuldzusammenhang, Bereitstellung von Beratungsangeboten, Engagement in Bezug auf liturgische Formen

1999

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung

2000

Implizite Heteronormativität, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Kritik an (umfassend gedachten) dualistischen und hierarchischen Gesellschafts- und Denksystemen, Kritik an „Rationalität“ als strukturierendes Prinzip, Berücksichtigung von „BeHinderung“

Zusammendenken von Selbstbestimmung als Abwehrrecht und dem „Recht des/der Anderen“, Bezugnahme auf die kontroversen innerfeministischen Diskussionen bzgl. Selbstbestimmung vs. technikkritische Perspektiven

Berücksichtigung der Positionen von allen Kirchenmitgliedern, Bereitstellung von Beratungsangeboten

Kritik an einem männlich gedachten Gott, gleichzeitig werSelbstbestimmung als Abwehr- den im Text ausschließlich recht und Neudenken jenseits männliche Gottesbezeichnunpatriarchaler und Gleichstelgen verwendet, Bezug auf Malungsstrukturen ria als „Mutter Gottes“ und Elisabeth, Gottes Menschwerdung durch eine Frau*

Bereitstellung von Beratungsangeboten

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Autor*in

Britta Baas

Jahr

Geschlecht und Geschlechterverhältnisse

2001

Implizite Heteronormativität, Schwangerschaft und Geburt als „ur-weibliche Erfahrung“, Kritik an einer patriarchalen Geschlechterordnung, Kritik an (umfassend gedachten) dualistischen und hierarchischen Gesellschafts- und Denksystemen, Berücksichtigung von „BeHinderung“ und der Vielfalt von Frauen*, Selbstpositionierung als „Frau, Journalistin und Theologin“

Autonomie und Selbstbestimmung

Zusammendenken von Selbstbestimmung als Abwehrrecht und dem „Recht des/der Anderen“, Verantwortungsübernahme durch die Beratung, Neudenken jenseits patriarchaler Strukturen

Gottesbild und Gottesbeziehung

Theologie und Kirche als politische Projekte

Gott wird im Text sowohl männlich gedacht als auch mit „er oder sie“ bezeichnet, Gott Bereitstellung von Beratungsals umfassendes „Dazwischen“, angeboten Bezug auf Maria als „Mutter Gottes“, Gottes Menschwerdung durch eine Frau*

119

Eidesstattliche Erklärung zur M.A.-Arbeit Ich erkläre ausdrücklich, dass es sich bei der von mir eingereichten schriftlichen Arbeit mit dem Titel „Dissident*innen im Kampf gegen den § 218 – Beiträge feministischer Theolog*innen in den deutsch-deutschen Diskussionen um den Schwangerschaftsabbruch zwischen 1971 und 2001 – Eine diskurstheoretische Analyse“ um eine von mir erstmalig, selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasste Arbeit handelt. Ich erkläre ausdrücklich, dass ich sämtliche in der oben genannten Arbeit verwendeten fremden Quellen, auch aus dem Internet (einschließlich Tabellen, Grafiken u. Ä.) als solche kenntlich gemacht habe. Insbesondere bestätige ich, dass ich ausnahmslos sowohl bei wörtlich übernommenen Aussagen bzw. unverändert übernommenen Tabellen, Grafiken u. Ä. (Zitaten) als auch bei in eigenen Worten wiedergegebenen Aussagen bzw. von mir abgewandelten Tabellen, Grafiken u. Ä. anderer Autor*innen (Paraphrasen) die Quelle angegeben habe. Mir ist bewusst, dass Verstöße gegen die Grundsätze der Selbstständigkeit als Täuschung betrachtet und entsprechend der fachspezifischen Prüfungsordnung und/oder der Allgemeinen Satzung für Studien- und Prüfungsangelegenheiten der HU (ASSP) bzw. der Fächerübergreifenden Satzung zur Regelung von Zulassung, Studium und Prüfung der Humboldt-Universität (ZSP-HU) geahndet werden. Berlin, den 22. September 2014

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