Die Maxwell-Boltzmann-Verteilung Sebastian Meiss 25. Oktober 2008 Mit der Maxwell-Boltzmann-Verteilung kann man Aussagen u ¨ber die Energie- bzw. Geschwindigkeitsverteilung von Teilchen in einem System beschreiben. Wir wollen hier das ideale Gas betrachten und ben¨otigen zun¨achst folgenden Satz Boltzmannscher Verteilungssatz Sei ein System mit i Zust¨anden und den dazugeh¨origen Energien Ei gegeben, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Teilchen des Systems im Zustand i befindet, zu beschreiben durch Ei

Pi = gi · e− kT

Wobei Pi die Wahrscheinlichkeit ist, gi das sog. statistische Gewicht des Zustandes, k die Boltzmannkonstante und T die Temperatur.

Diese Betrachtung ist diskret, das heißt, man nimmt endliche viele (zB. 10) Zust¨ande an und verteilt die Teilchen darauf, als ob man sie in Kisten einsortiert. Da wir in einem Gas aber bezogen auf die Geschwindigkeit keine diskreten Niveaus haben, sondern einen ¨ fließenden Ubergang, m¨ ussen wir das System differentiell betrachten und schließlich zu einer Wahrscheinlichkeitsverteilung gelangen(Boltzmann-Verteilung). Eindimensionale Betrachtung in x-Richtung Zun¨achst einmal nehmen wir nun zur Betrachtung ein ideales Gas mit n Molek¨ ulen. Sei weiterhin der Anteil der Gasmolek¨ ule, die eine Geschwindigkeit vx besitzen (Betrachtung nur in x-Richtung!) gleich ni . So k¨onnen wir auch sofort als molare Beziehung mit N und Ni formulieren Ei

2 mvx

Ni = N · e− kT = N · e− 2kT

Die zweite Gleichung ergibt sich aus dem Einsetzen der kinetischen Energie E = 12 mvx2 . Betrachte ich dies nun differentiell (also auf einen sehr kleinen Ausschnitt bezogen (erinnern wir uns an die Herleitung der ersten Ableitung)) so ergibt sich (mit A als unbekanntem Vorfaktor) 2 mvx dN = A · N · e− 2kT dvx

1

Normiere ich nun, indem ich durch N teile und forme um, so kommen wir zu 2 mvx dN = A · e− 2kT dvx N

Da wir nun normiert haben, das heißt von dem Absolutbetrag von N unabh¨angig sind, k¨onnen wir folgende Aussage machen: Z ∞ dN =1 −∞ N Wenn wir u ¨ber den gesamten Bereich integrieren, muss am Ende 1 rauskommen, da wir alle Teilchen erfasst haben m¨ ussen. Setze ein und erhalte Z ∞ 2 mvx Ae− 2kT dvx = 1 −∞

Ich suche nun den Vorfaktor A, da ich zu folgendem Ergebnis kommen m¨ochte: • Ich habe einen Term f¨ ur

dN . N

• Ich m¨ochte die Wahrscheinlichkeitsverteilung f¨ ur die Geschwindigkeiten auftragen. • F¨ ur die Wahrscheinlichkeitsdichten gilt dN 1 · N dvx

f (vx ) =

Das ist super, aber ich kenne A noch nicht. Also kann ich f (vx ) noch nicht bilden. A muss ich bestimmen mit Hilfe der Integralbeziehung Z ∞ 2 mvx Ae− 2kT dvx = 1 −∞

indem ich aufl¨ose

1

A= R ∞

2 mvx

e− 2kT dvx −∞

Ich wende nun die Integration durch Substitution an, ich substituiere z2 = r ⇒ z = vx

mvx2 2kT

m dz ⇒ = 2kT dvx

r

und setze ein, dann steht da A = R∞ −∞

1 √1

m 2kT

2

e−z2 dz

m 2kT

Konstantes vor das Integral A= Das hintere Integral ergibt sich zu (Formelsammlung).



1 R∞

√1

−∞

m 2kT

e−z2 dz

π, das muss man an dieser Stelle mal hinnehmen

A=

1 √1

m 2kT



π

So und jetzt ist es nur noch Bruchrechnen A=

1 √ 1m

1 1 √ = 1 ·√ = √ π π m

2kT

r

1 m ·√ 2kT π

2kT

r ⇒A=

m 2πkT

Nun kann ich f (vx ) angeben als f (vx ) =

2 2 mvx mvx dN 1 1 = A · e− 2kT dvx · = A · e− 2kT · N dvx dvx

Mit A folgt dann r

m − mvx2 e 2kT 2πkT Dies ist die eindimensionale Verteilungsfunktion. f (vx ) =

Abbildung 1: Eindimensionale Verteilungsfunktion eines idealen Gases f¨ ur T1 < T2

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Weiter zur dreidimensionalen Betrachtung Die Berechnung der Dichtefunktion im Dreidimensionalen ist ungleich komplexer als im Eindimensionalen, da sich die Geschwindigkeit hier in drei Komponenten (x,y,z) zerlegen l¨asst. Es sei hier nur der Weg beschrieben, wie man zur Dichtefunktion gelangt. Zun¨achst einmal betrachtet man die Geschwindigkeit nicht mehr in kartesischen, sondern in Kugelkoordinaten(Polarkoordinaten, siehe PDF). Integriert man nun u ¨ber die Winkel der Polarkoordinaten, gelangt man schließlich zu der Verteilungsfunktion f h m i 23 mv 2 · v 2 · e− 2kT f (v) = 4π 2πkT Diese Kurve kann f¨ ur kleine v und große v interpretiert werden. Bei kleinen v u ¨berwiegt 2 der Term v , f geht also gegen 0 und gleicht einer Parabel. Bei großen v u ¨berwiegt die ¨ Exponentialfunktion, f n¨ahert sich also dieser an. Mit diesen Uberlegungen ist es nun leicht, den Graphen von f zu verstehen

Abbildung 2: Dreidimensionale Verteilungsfunktion eines idealen Gases f¨ ur T1 < T2

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Berechnen markanter Punkte Drei Punkte an diesem Graphen sind von besonderer Bedeutung: • Die Durchschnittgeschwindigkeit vavr • Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit vM P • Die mittlere quadratische Geschwindigkeit vRM S Um die mittleren Geschwindigkeiten zu finden, wendet man die allgemeine Form zur Mittelwertfindung an: n X p¯ = pi f (pi ) i=1

Das ist die diskrete Betrachtung, wir summieren u ¨ber alle x, daher Z ∞ p(x)f (x)dx p¯ = −∞

Wir k¨onnen also die mittleren Geschwindigkeiten ermitteln als Z ∞ vavr =< v >= vf (v)dv 0

und

√ vRM S =

mit 2

< v2 >



Z

v 2 f (v)dv

< v >= 0

Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit entspricht dem Maximum der Kurve. Dieses kann durch Nullsetzen der ersten Ableitung bestimmt werden. Berechne nun als Beispiel hier vRM S : Z ∞ 2 < v >= v 2 f (v)dv 0

2

Z



mv 2

v 2 · v 2 · e− 2kT dv 0 h m i 32 Z ∞ mv 2 = 4π v 2 · v 2 · e− 2kT dv 2πkT 0 h m i 32 Z ∞ mv 2 = 4π v 4 · e− 2kT dv 2πkT 0

=

Die ur ein Integral der Form p πFormelsammlung liefert nun das Ergebnis f¨ 3 wobei 8 a5 m a= 2kT

5

R

2

x4 e−ax zu

2

= < v2 > = = = =

h m i 32 4π 2πkT h m i 32 4π 2πkT h m i 32 4π 2πkT h m i 32 4π 2πkT h m i 32 4π 2πkT

Z



Z0 ∞

mv 2

v 4 · e− 2kT dv 2

v 4 · e−av dv 0 s 3 π · ¡ m ¢5 8 2kT h 3 m i− 52 √ · · π 8 2kT · ¸5 2kT 2 3 √ · · π m 8

Zur Aufl¨osung der Exponenten kann man das nun unter eine Wurzel schreiben und k¨ urzen s ³ m ´3 µ 2kT ¶5 3 2 ⇒< v >= · 4π ·π · 8 2πkT m r 4k 2 T 2 3 ⇒< v 2 >= · 4π 8 m2 π 2 Ziehe nun die Wurzel 3 2kT ⇒< v 2 >= · 4π 8 mπ 3kT 3RT ⇒< v 2 >= = m M am Ende mit molarer Masse eingesetzt (dann wird k zu R (Boltzmann- nach allg. Gaskonstante) Jetzt kann ich vRM S bestimmen √ vRM S = < v 2 > r 3RT ⇒ vRM S = M Ohne Herleitung geben wir nun die restlichen Formeln an, va vr geht analog zu vRM S und vM P wird mittels Ableiten und Nullsetzen bestimmt: r 8RT vavr = πM r 2RT vM P = M Zwischen den Geschwindigkeiten gilt stets das Verh¨altnis vRM S : vavr : vM P = 1 : 0, 92 : 0, 82

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Interpretation des Graphen Man kann den Graphen der Verteilungsfunktion noch weiter interpretieren. Wichtig ist zun¨achst eines: Nicht nur die Temperatur bestimmt das Aussehen des Graphen, sondern genauso die Masse der Teilchen. Das bedeutet, dass nat¨ urlich bei gleicher Temperatur schwere Teilchen deutlich langsamer sind als leichte Teilchen. Auch eine energetische Betrachtung ist m¨oglich. Fasst man die Aktivierungsenergie einer Reaktion als n¨otige Geschwindigkeit der Gasteilchen auf, so ist unmittelbar zu erkennen, dass bei einer h¨oheren Temperatur ein gr¨oßerer Anteil Gasmolek¨ ule die n¨otige Energie besitzt.

Abbildung 3: Dreidimensionale Verteilungsfunktion eines idealen Gases, energetische Betrachtung f¨ ur T1 < T2 W¨ahrend bei T1 nur wenige Teilchen die n¨otige Energie haben (roter Bereich) ist der Bereich bei T2 wesentlich gr¨oßer (blau schraffiert).

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