Die etwas andere Aufgabe

Festschrift für Wilfried Herget

herausgegeben von Elvira Malitte, Karin Richter, Silvia Schöneburg und Rolf Sommer

Franzbecker

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Die etwas andere Aufgabe Festschrift für Wilfried Herget herausgegeben von Elvira Malitte, Karin Richter, Silvia Schöneburg und Rolf Sommer Koordination: Karin Richter Layout und Satz: Rolf Sommer Einband: Karin Richter und Rolf Sommer ISBN 978-3-88120-439-2 (ISBN alt 3-88120-439-3)

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© 2006 by Verlag Franzbecker, Hildesheim, Berlin

Die etwas andere Aufgabe Wilfried Herget zum 60. Geburtstag

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Inhalt Inhalt ................................................................................................................... 5 Vorwort: Die etwas andere Aufgabe: Prof. Dr. Wilfried Herget zum 60. Geburtstag Elvira Malitte, Karin Richter, Silvia Schöneburg, Rolf Sommer ............... 7 Eine ungewöhnliche Modellierungsaufgabe oder: Wie können reale Probleme des „Binding on demand“ gelöst werden? Inés Heinze, Manfred Klika, Henrik Meyer ............................................. 11 Funktionen und Medien — Anmerkungen zur Trias ihrer Beziehung Horst Hischer ........................................................................................... 25 JOHANN BERNOULLIs Brachistochrone — Die Geburt einer bedeutenden Idee Wolfgang Kroll ......................................................................................... 43 Zur Tradition etwas anderer Aufgaben Anselm Lambert ....................................................................................... 55 Fächerübergreifende Projektarbeit: Wer kann die gestohlenen Baupläne rekonstruieren? Elvira Malitte, Markus Pabst, Karin Richter, Silvia Schöneburg, Rolf Sommer ............................................................................................. 73 Deliciae mathematicae: Besondere Wege zur Mathematik durch „Erquickstunden“ mit historischen Knobelaufgaben Karin Richter, Silvia Schöneburg ............................................................. 91 Skizzen zur Geschichte des Mathematikunterrichts in Deutschland Kurt Richter ............................................................................................. 111 Von den Transversalen zurück zur Figur Hans Schupp ........................................................................................... 125 Dem Aliasing auf der Spur — Wie wir Neue Medien als Funktionen entdecken können Pia Selzer ................................................................................................ 139 Es geht nicht immer nur um Geld: Mathematik mit dem Lottoschein Bert Xylander .......................................................................................... 163

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Vorwort: Die etwas andere Aufgabe Wilfried Herget zum 60. Geburtstag „Aber ist es denn wirklich richtig, es unseren Schülerinnen und Schülern (und, natürlich, uns selbst) immer und überall so leicht wie nur irgend möglich zu machen? Bleiben dann nicht gerade nur die rechen-technischen Routineaufgaben übrig – und all die anderen, anspruchsvolleren und wirklich allgemein bildenden höheren Anforderungen und Fähigkeiten auf der Strecke?“1

Überlegungen, wie anspruchsvolle, offene, besondere Mathematikaufgaben zu lebendigem, erfolgreichem Mathematikunterricht beitragen können, führen – und dies nicht erst im Kontext aktueller Diskussionen um Bildungsstandards und mathematische Kompetenzen – in den Kernbereich mathematikdidaktischer Forschung. Mathematikdidaktik bedeutet Theorie und Praxis des Mathematikunterrichts, in Auslotung beider Orientierungen ebenso wie ihrer Vernetzung. So stellt sich ganz zentral die Frage: Welche Möglichkeiten bietet in diesem Spannungsfeld die Entwicklung veränderter Aufgabenstellungen, um Mathematikunterricht neu zu überdenken, um konstruktive, fundierte Vorschläge für den Unterricht zu entwickeln?

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Wilfried Herget [2006]: Die Geschichte der alten Schachtel. – Halle (Saale).

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Vorwort

In diese Diskussionen hat sich Wilfried Herget seit Jahren nachdrücklich eingebracht. „Geschlossene Aufgaben … allein reichen … nicht aus, wenn es nicht allein um Fertigkeiten gehen soll, sondern auch um nachhaltiges Verstehen, Begreifen, Argumentieren …“, so seine Überzeugung, die seine Forschungen, seine Beiträge zur aktuellen Entwicklung der Mathematikdidaktik und ganz besonders seine vielfältigen, ganz konkreten, etwas anderen Aufgabenvorschläge prägt.

Größtes Schoko-Ei SINT-NIKLAAS. Das größte Schokoladen-Osterei der Welt haben 26 Meister-Chocolatiers in Belgien geformt. Fast 2000 Kilogramm Vollmilchschokolade waren für die 8,32 Meter hohe und 6,39 Meter breite Sehenswürdigkeit nötig. 525 Stunden arbeiteten die Spezialisten an dem Ei. Aber: Essbar ist es nicht, weil es konserviert werden musste. Braunschweiger Zeitung, 26.3.2005

Wie dick ist wohl die Schokoladenschale gewesen?

Cornelsen Mathemeisterschaft 2006, Klasse 10

Reaktionen von Schülerinnen und Schülern wie die folgende auf derartige besonders fordernde Aufgaben belegen anschaulich, dass sie diesen Anforderungen durchaus gewachsen sind, sich mit ihnen auseinanderzusetzen verstehen, ja mehr noch: dass sie in der Lage sind, das Angebot der Aufgaben anzunehmen und aufzugreifen und ihren eigenen Weg zum aktiv lernenden Umgang mit mathematischen Problemen zu erarbeiten. „Uns fiel bei der Aufgabe auf, dass es keine strikte Schulaufgabe ist, wie man sie im Mathebuch finden kann. Wir fingen bei Null an und mussten uns erst einmal überlegen, mit welchen Hilfsmitteln wir uns der Lösung nähern könnten. Dabei haben wir uns nicht nur auf die Mathematik beschränkt, sondern auch auf unser Wissen aus der Physik und Allgemeinwissen angewendet.“

Vorwort

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Ein 60. Geburtstag ist wohl noch nicht der Zeitpunkt, Bilanz über ein wissenschaftliches Leben zu ziehen, sondern viel eher und sicher ganz im Sinn Wilfried Hergets Anlass, kurz Atem zu schöpfen, sich dann aber wieder ans Werk zu machen, den als wichtig und entscheidend erkannten Weg weiter zu beschreiten. „Ich gehe jedenfalls nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes. Wenigstens ab und an, hier und da mute ich meinen Aufgabenlösern (und, natürlich, mir) … auch einmal den etwas steinigen, naturbelassenen Pfad der mathematischen Modellierung zu. Meine Aufgabe dabei ist, dass die Lernenden (und, natürlich, ich) zwar ins Schnaufen kommen, aber nicht die Luft und nicht die Lust verlieren. Schließlich gelingt dies ja auch dem Sportlehrer …“2

Die Beiträge des vorliegenden Bandes – von allen Autorinnen und Autoren Wilfried Herget mit großer Freude gewidmet – greifen diese Idee der etwas anderen Aufgabe auf, belegen auf sehr unterschiedliche Weise die Kraft, die Wirkungsweise und die Bedeutsamkeit, die diesem Ansatz innewohnt. Arbeitsgruppe Didaktik der Mathematik des Instituts für Mathematik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Halle (Saale), im August 2006

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ebenda.

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Eine ungewöhnliche Modellierungsaufgabe oder: Wie können reale Probleme des „Binding on demand“ gelöst werden? von Inés Heinze, Leipzig Manfred Klika, Hildesheim Henrik Meyer, Hildesheim Herrn Prof. Dr. Wilfried Herget zum 60. Geburtstag gewidmet

1 Einleitung Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Mathematik kommt bei unserer „besonderen Aufgabe“ vergleichsweise etwas kurz. Diese Vorgehensweise ist hier gerechtfertigt, um mehr Raum für eine ausführlichere Darstellung der Modellierungsprozesse bei diesem realen Beispiel zu gewinnen. Insbesondere geht es uns um die Phasen der Aufstellung des Situationsmodells, des Realmodells und der Rückinterpretation der mathematischen Lösung in die Realität als zentrale Fragestellungen. Es soll aber auch verdeutlicht werden, dass bei diesem Problem Mathematik durchaus angewandt werden muss: • Wie groß sind in Abhängigkeit vom jeweiligen Format eines Buchblocks die Zuschnittteile einer Buchdecke, je nach gewähltem Realmodell? • Wie lässt sich die Dicke eines Buches in Abhängigkeit von seiner Seitenzahl sinnvoll abschätzen und welche Konsequenzen hat das für den Einband? • Welche Konsequenzen ergeben sich – rein rechnerisch – für die Lagerhaltung, wenn vierteilige Buchdecken durch sog. modifizierte dreiteilige ersetzt werden? • … Zunächst muss man sich ausgiebig mit der Sachsituation vertraut machen. Das ist typisch bei modernen realitätsbezogenen Aufgaben. Die Mathematisierungsmuster „drängen“ sich dann oft wie von selbst auf, hier weitgehend Verfahren aus der Kombinatorik und Geometrie.