Der Wiederaufbau der Katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg und im Bistum Trier

1 Erik Schneider Der Wiederaufbau der Katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg und im Bistum Trier Facharbeit in Geschichte Max-Planck-Gymnas...
Author: Hedwig Bruhn
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Erik Schneider

Der Wiederaufbau der Katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg und im Bistum Trier

Facharbeit in Geschichte Max-Planck-Gymnasium Trier im Schuljahr 2004/2005

Trier 2005

2

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis............................................................................................................................1 1. Einleitung ....................................................................................................................................4 2. Die katholische Jugendverbandsarbeit in der Weimarer Republik und im Dritten Reich ..........5 2.1 Weimarer Zeit .......................................................................................................................6 2.2 Katholische Jugend im Nationalsozialismus.........................................................................7 3. Wiederaufbau der katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg auf Bundesebene...........9 3.1 Allgemeine Situation der Kirchen in Deutschland nach dem Niedergang des Dritten Reiches ......................................................................................................................................10 3.2 Aufbau der Katholischen Jugend auf Bundesebene ............................................................11 3.2.1 Diskussionen über die Organisationsstruktur...............................................................11 3.2.2 Die Bundesordnung des BDKJ ....................................................................................15 3.2.2.1 Grundsätze des Aufbaues ......................................................................................16 3.2.2.2 Grundsätze der Gemeinschaft ...............................................................................17 3.2.2.3 Grundsätze der Führung ........................................................................................17 3.2.2.4 Organe des Bundes................................................................................................18 3.2.2.5 Würdigung.............................................................................................................19 3.2.3 Die Jahre des Aufbaues von 1947- 1952......................................................................19 3.2.3.1 Grundlinien der Jugendpastoral ............................................................................20 3.2.3.2 Pädagogische Grundlinien.....................................................................................21 3.2.3.3 Mädchen und Frauenarbeit....................................................................................22 3.2.3.4 Gesellschaftspolitische Aktivitäten .......................................................................22 3.2.3.5 Die Zeitschriften....................................................................................................24 3.3 Zusammenfassung...............................................................................................................24 4. Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 im Bistum Trier ........................................25 4.1 Die allgemeine religiöse Situation in den Nachkriegsjahren im Bistum Trier ...................25 4.2 Wiederaufbau der Katholischen Jugend..............................................................................26 4.2.1 Die ersten Schritte ........................................................................................................27 4.2.2 Weisung zur Jugendseelsorge vom 1. Oktober 1946 ...................................................30 4.2.2.1 Die allgemeine Pfarrjugendseelsorge....................................................................30 4.2.2.2 Die jugendliche Lebensgemeinschaft („Die Katholische Jugend“) ......................31 4.2.2.3 Grundsätze im Einzelnen ......................................................................................32 4.2.3 Umsetzung der Weisung zur Jugendseelsorge .............................................................34 4.2.4 Die Diözesantage..........................................................................................................36

3 4.2.5 Die Bekenntnistage ......................................................................................................38 4.3 Die katholische Jugendarbeit auf Dekanats- und Pfarrebene..............................................39 5. Schlussüberlegungen .................................................................................................................47 6. Quellen- und Literaturverzeichnis.............................................................................................49 6.1 Quellenverzeichnis ..............................................................................................................49 6.1.1 Archive .........................................................................................................................49 6.1.1.1 Bistumsarchiv Trier...............................................................................................49 6.1.1.2 Archiv des BDKJ Diözese Trier............................................................................49 6.1.2 Sonstige gedruckte Quellen..........................................................................................49 6.2 Literatur ...............................................................................................................................49 7. Bildanhang ................................................................................................................................51

4 1. Einleitung Heutzutage ist die Zukunft der katholischen Kirche ein heiß diskutiertes Thema. Schafft es die Kirche eine Kehrtwendung zu vollziehen oder wird sich die Kirche in wenigen Jahrzehnten in der Diaspora finden, ist dabei eine häufig gestellte Frage. Dabei finden die Diskussionen nicht nur innerkirchlich statt, sondern sie werden auch in die breite Öffentlichkeit getragen. Eine zentrale Rolle für das Fortbestehen der katholischen Kirche in Deutschland spielt dabei die Mobilisierung der Jugendlichen. Diese werden in einigen Jahren die Träger der Gesellschaft und auch der Kirche sein, aus diesem Grunde sind sie so enorm wichtig. Gelingt es der katholischen Kirche nicht, die Jugend für die aktive kirchliche Mitarbeit zu gewinnen, so wird dies weitreichende Folgen für die katholische Kirche haben. Genau dies ist in den heutigen Tagen das große Problem der katholischen Kirche. Vielerorts gelingt es ihr nicht, die Jugendlichen zu erreichen, die völlig frei von eingrenzenden Pflichten sein wollen und sich nicht in das starre, von Lehrsätzen geprägte System der katholischen Kirche integrieren lassen wollen. Wenn man also die heutigen Diskussionen vor Augen hat, so ist es interessant, einmal einen Blick in die Geschichte zu werfen, um zu sehen, wie das Verhältnis zwischen Kirche und Jugend früher ausgesehen hat. Dafür eignet sich besonders die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, da dessen Ende einen starken Einschnitt in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts darstellt, an dem sich außerordentlich viel geändert hat. Langsam, aber sicher weicht auch diese Zeit aus den Köpfen der Menschen, da die Generation, die den Krieg und die Nachkriegszeit noch erlebt hat, nicht mehr allzu lange leben wird. Fast 60 Jahre sind seitdem mittlerweile vergangen, genügend Abstand also, um das Verhältnis Kirche-Jugend von damals näher zu untersuchen. Waren sie eng miteinander verbunden oder gab es nur lose Kontakte? Ziel meiner Arbeit ist es also, einen Überblick zu geben über das Verhältnis zwischen Kirche und Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg. Es sollen die kirchlichen Bemühungen zum Vorschein gebracht werden, die Katholische Jugend wieder aufzubauen. Dabei sollen sowohl organisatorische Aspekte beleuchtet werden als auch die Jugendarbeit in den einzelnen Pfarreien. Mit dieser Arbeit soll eine Basis gelegt werden für das Verständnis der katholischen Jugendarbeit, da die Strukturen von damals nicht unbedeutend für die heutige Zeit sind. Um die Wiederaufbauarbeiten der katholischen Kirche besser beleuchten zu können, wendet sich diese Arbeit neben der Beschreibung der bundesdeutschen Situation auch speziell den Wiederaufbauarbeiten im Bistum Trier zu. Die Analyse des Wiederaufbaus der Katholischen Jugend im Bistum Trier soll also eine Art Fallbeispiel sein. Die nächste Frage stellt sich hinsichtlich des aktuellen Forschungsstandes zu diesem Thema. Generell kann dieser als eher dürftig bezeichnet werden. Nur sehr wenige Forscher haben sich mit dem Wiederaufbau der Katholischen Jugend auf Bundesebene beschäftigt. Zu nennen wären

5 da vor allem die Studien von Martin Lechner und Martin Schwab. Schwab ist der einzige Autor, der bis dato diesem Thema eine umfassende Studie gewidmet hat. Lechners Arbeit bezieht sich weniger auf die Organisation und die Strukturen, sondern er konzentriert sich vielmehr auf die inhaltlichen Leitideen. Dadurch ergänzt sein Buch Schwabs Ausführungen. Für das Bistum Trier sieht der Forschungsstand noch schlechter aus. Es liegt ein informativer Überblicksartikel von Heinz Feilzer in Band 5 der Geschichte des Bistums Trier vor, in dem Feilzer auf begrenztem Raum auch die Grundzüge der Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg behandelt. Ansonsten muss das Thema als unbearbeitet gelten. Dieser Forschungsstand macht es daher nötig, den Wiederaufbau der Katholischen Jugend im Bistum Trier hauptsächlich direkt aus den Quellen zu erarbeiten. Als wichtigste Quellen werden publizistische Quellen aus dem Bistum genutzt. Auf Archivmaterialien konnte teilweise zurückgegriffen werden. Zentrale Quellenbestände sind in den in Frage kommenden Archiven (Bistumsarchiv Trier; Archiv des BDKJ Trier) allerdings nur als unverzeichneter Bestand vorhanden. Außerdem scheint die Überlieferung nach eigener Einsichtnahme und nach Auskunft der betreffenden Archive für die hier behandelte Zeit sehr lückenhaft zu sein. So bilden also für die Untersuchung des Wiederaufbaus der Katholischen Jugend auf Bundesebene hauptsächlich Bücher die Quellengrundlage, für die Analyse des gleichen Themas im Bistum Trier damalige gedruckte Quellen und Archivalien. Grundsätzlich wäre es möglich, auch Zeitzeugen zu befragen. Dies ist jedoch eine eigenständige und sehr aufwendige methodische Vorgehensweise, die im Rahmen dieses Projektes nicht zu bewerkstelligen ist. Nun gilt es auf die zeitliche Abgrenzung des Themas einzugehen. Ich habe bewusst nur die Jahre 1945-1952 untersucht, da diese die entscheidenden Jahre für die katholische Jugendarbeit bis zum Ende des Jahrhunderts und auch bis heute darstellen. Zwischen 1945 und 1952 findet der Wiederaufbau statt und auch die Umsetzung der ausgearbeiteten Strukturen ist schon in diesem Zeitraum bewerkstelligt worden. Die Jahre nach 1952 führten das in dem eben genannten Zeitraum Begonnene weiter, legten aber keine völlig neue Struktur fest. Da also der Grundstein der katholischen Jugendarbeit bis heute in den Jahren 1945-1952 gelegt wurde und dieser aufgezeigt werden soll, beschränken sich meine Ausführungen auf die oben genannten Jahre.

2. Die katholische Jugendverbandsarbeit in der Weimarer Republik und im Dritten Reich Um den Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 besser verstehen zu können, bedarf es einer kurzen Wiedergabe der wichtigsten Entwicklungen in der Weimarer Republik und der NSZeit.

6 2.1 Weimarer Zeit Die Jahre der Weimarer Republik stellen allgemein eine blühende Epoche des katholischen Jugendverbandswesens dar, die geprägt sind von einer zeitgemäßen „Umgestaltung fast der gesamten Jugendseelsorge in Deutschland“1. Zu nennen wären beispielsweise die Liturgische Bewegung, die Bibelbewegung oder die laienapostolische Bewegung. Nach außen hin präsentierte sich das Jugendverbandswesen durch begeistert aufgenommene Großveranstaltungen und rund 1,5 Millionen Mitglieder, die sich in mehr oder weniger großen Jugendverbänden organisierten. Dabei gab es neben den beiden großen Jugendverbänden des Katholischen Jungmännerverbandes (400.000 Mitglieder) und des Zentralverbandes der katholischen Jungfrauenvereinigungen Deutschlands (800.000 Mitglieder) auch mehrere kleine Jugendbünde wie zum Beispiel die Kreuzfahrer. Bedeutung erlangte ebenso der Bund Neudeutschland, der sich aus Gymnasiasten zusammensetzte.2 Charakteristisch ist dabei die zum größten Teil fehlende Einheit beziehungsweise die fehlende „Zusammenarbeit der katholischen Jugendverbände“. 3 Die einzelnen Jugendverbände wollten unabhängig sein und verfolgten eigene Interessen, wohingegen sie eine größere Geschlossenheit der Jugendverbände ablehnten. Ein weiteres Merkmal der katholischen Jugendbünde war außerdem der große Einfluss von Priestern.4 Trotz des bleibend großen Einflusses der Priester ergab sich eine wachsende Tendenz zu größerer Selbstverantwortung der Jugendlichen als Ausdruck der veränderten Jugendpastoral.5 Die Entwicklung in der Diözese Trier verlief parallel zur gesamtdeutschen Entwicklung. Auch hier erlangte die Jugendseelsorge große Bedeutung und die Jahre der Weimarer Republik stellten gleichsam eine Blütezeit kirchlicher Jugendpastoral dar. Die Bedeutung der Jugendseelsorge spiegelt sich in den Beschlüssen der Diözesansynode von 1931 (u.a. offenere Begegnung zwischen Jungen und Mädchen, Gruppen- und Jungführerprinzip) wider. Wenigstens von Zeit zu Zeit, wird darin beschlossen, soll die Jugend der Pfarrei als Pfarrjugend in Erscheinung treten. 6

1

Heinz Feilzer, Jugendpastoral: Seelsorge an und mit jungen Menschen, in: Bernhard Schneider/ Martin Persch

(Hrsg.), Beharrung und Erneuerung 1881-1981 (Geschichte des Bistums Trier Bd. 5), Trier 2004, 414-443, hier S. 421 (Feilzer bezieht sich hier auf Franz Henrich, Die Bünde katholischer Jugendbewegung, München 1968). 2

Vgl. Martin Schwab, Kirche leben und Gesellschaft gestalten. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend

(BDKJ) in der Bundesrepublik Deutschland und der Diözese Würzburg 1947-1989, Würzburg 1997, hier 25. 3

Ebd.

4

Vgl. ebd., 25.

5

Siehe zur katholischen Jugend in der Weimarer Republik Paul Hastenteufel, Katholische Jugend in ihrer Zeit, Bd.

II: 1919-1932, Bamberg 1989. 6

Vgl. Feilzer (wie Anm. 1), 422.

7 2.2 Katholische Jugend im Nationalsozialismus Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zeigte sich ein deutlich verändertes Bild der Jugendorganisationen.7 Nur in den ersten Jahren des NS-Regimes konnten die katholischen Jugendverbände ihren Einfluss ansatzweise beibehalten, doch schon bald begann die Verdrängung aus dem öffentlichen Leben, die dann in dem Verbot und der Zerschlagung der Jugendverbände gipfelte. Die Jugendlichen leisteten Widerstand gegen die Gleichschaltung und den Alleinanspruch der nationalsozialistischen Jugendorganisationen. Der Widerspruch verband sie und ließ die katholischen Jugendverbände im eigenen Existenzkampf zusammenrücken. Dies wurde besonders im Jahre 1936 deutlich, welches besondere Beachtung verdient. Nach einer Reihe von verschiedenen Ereignissen beschlossen die deutschen Bischöfe eine Neuordnung der Jugendpastoral vorzunehmen.8 Die Fuldaer Bischofskonferenz einigte sich auf die Erstellung allgemeiner Richtlinien für die Jugendseelsorge, die veröffentlicht wurden und fortan die verpflichtende Grundlage für die Jugendseelsorge bis zum Ende des NS-Regimes bildeten. Da diese Richtlinien für den Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 eine bedeutende Rolle spielten, bedürfen sie einer genaueren Analyse. Laut Richtlinien hat die Jugend „einen Anspruch auf eine solche, ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechende Seelsorge wie auch auf jugendliche Lebensgemeinschaften innerhalb der Gesamtseelsorge“.9 Haupterziehungsziel ist neben den Grundzielen, die darin bestehen, den Menschen auf das ewige Leben vorzubereiten und zu einem wahren Christen zu formen, die Bildung. Der Leitgedanke bei der Ausführung ist dabei der Gemeinschaftsgedanke. Die Jugendarbeit gehört zu den „wichtigsten Dienstobliegenheiten des Pfarrers und aller seiner Hilfsgeistlichen“. 10 Der Jugendseelsorge wird hiermit eine zentrale Bedeutung beigemessen. Zur Unterstützung des Pfarrers ist die Mitarbeit von Jugendlichen unabdinglich. Die Begründung dessen ist dabei beachtenswert, denn es wird gesagt, „Weihe und Kraft empfängt diese Mitarbeit aus den heiligen Sakramenten der Taufe und der Firmung (Allgemeines Priestertum)“.11 Die Ausübung der kirchlichen Jugendarbeit soll in zwei Formen stattfinden, die auch nach 1945 eine große Rolle spielen: Erstens in Form der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge, die sich darum bemüht möglichst viele Jugendliche ins kirchliche Leben einzubinden, zweitens in Form der jugendlichen Lebensge-

7

Zur Entwicklung der katholischen Jugend in der NS-Zeit siehe insbesondere Georg Pahlke, Trotz Verbot nicht tot.

Katholische Jugend in ihrer Zeit, Bd. III: 1933-1945, Paderborn 1995. 8

Vgl. dazu Feilzer (wie Anm. 1), 425 sowie Pahlke (wie Anm. 7), 221-225.

9

Kirchlicher Amtsanzeiger für die Diözese Trier 1946, Nr. 207, 119.

10

Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr. 207, 120.

11

Ebd.

8 meinschaften, die darauf aus sind, „eine Kernschar religiös zu vertiefen und für besondere apostolische Aufgaben zu bereiten“.12 Diese beiden Formen genießen dabei den gleichen Rang, das heißt die gleiche Bedeutung. Wie die allgemeine Pfarrjugendseelsorge verwirklicht sein soll, klärt sich im Folgenden. Unter anderem soll die Gestaltung des Gottesdienstes der Jugend angepasst werden und das liturgische Leben durch Gemeinschaftsmessen der Jugend gepflegt werden. Des Weiteren soll das eucharistische Leben gefördert werden durch regelmäßige Jugendandachten und gelegentlich stattfindende Feierstunden der Jugend. Außerdem sollen Heimabende im Pfarr- oder Jugendheim zur Begegnung dienen, genauso wie die Mitarbeit auf sämtlichen Gebieten des Pfarrlebens erwünscht ist. Diese äußert sich beispielsweise in der Ausübung des Amtes des Messdieners. Zuletzt sollen auch ganze Jugendwochen oder Exerzitien veranstaltet werden. Die Aufgaben der jugendlichen Lebensgemeinschaften, der Kernscharen, unterscheiden sich deutlich von denen der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge. Hauptziel ist es, aus den Jugendlichen der Kernscharen junge Menschen zu formen, die dann bei der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge als Unterstützung dienen sollen. Aufgrund dessen ist es die Aufgabe der Kernschar, Jugendliche und Kinder laienkatechetisch zu unterrichten. Diese sollen auf eine echte katholische Ehe und Familie vorbereitet werden. Die Richtlinien von 1936 sind gekennzeichnet durch einen völlig neuen Gedanken, den Einheitsgedanken, der in Opposition steht zu der Vielfalt beziehungsweise der Zersplitterung der Jugendverbände in der Weimarer Republik. Dieses Prinzip der Einheit wurde „zum maßgebenden Sammlungs- und Strukturprinzip kirchlicher Jugendpastoral“ in der Zeit bis 1945. 13 Ab 1936 wurden in den einzelnen Bistümern bischöfliche Jugendämter eingerichtet, welche die Aufgaben der Leistungs- und Bildungsarbeit übernahmen.14 Ab 1938 leitete ein bischöflicher Dreierrat um den Mainzer Bischof Dr. Albert Stohr die katholische Jugendseelsorge. 15 Als Rückzugsmöglichkeit und Schutzraum diente dabei die Feier der Eucharistie, in der Kraft zum Überleben und Widerstand gesammelt wurde. Die Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern rückten zunehmend in den Hintergrund. Bei all diesen Veränderungen spielten Vertreter des Bistums Trier eine wichtige Rolle. Prägende Gestalten in der Zeit der Unterdrückung durch den Nationalsozialismus waren vor allem der

12

Ebd.

13

Feilzer (wie Anm. 1), 426.

14

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 26.

15

Vgl. ebd.

9 Trierer Bischof Bornewasser16 und der 1934 ins Amt des Diözesanpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands im Bistum Trier berufene Johannes Müller, der die leitende Figur der Jugendarbeit darstellte.17 Dessen Verhaftung vom 12. Juli 1935, nach Rückkehr von einer Romwallfahrt, durch die Geheime Staatspolizei und die am 7. Dezember desselben Jahres unerwartete Freilassung stellten einen der Anlässe der Ausarbeitung der Richtlinien von 1936 dar .18 Einen nicht unerheblichen Anteil an der Erstellung der Richtlinien hatte zudem der 1935 zum Generalvikar Triers ernannte Heinrich von Meurers 19, der erkannte, dass die „Jugendseelsorge intensiver in die Obhut der Verwaltung und den Schutz der Pfarreien zu nehmen“ ist und dass „neue spirituelle und liturgische Akzente zu setzen“ sind.20 Die Richtlinien von 1936 wurden schon am 4. April desselben Jahres von Bischof Bornewasser unterschrieben und hatten fortan auch Geltung im Bistum Trier. Die folgenden Jahre in Trier bis 1945 lassen sich in einigen kurzen Worten zusammenfassen. 1937 wurde das Bischöfliche Jugendseelsorgeamt für das Bistum Trier eingerichtet, das sich in ein Bischöfliches Jugendamt der Männer sowie in ein Bischöfliches Jugendamt der Frauen aufteilt. Noch im selben Jahr wurde der Katholische Jungmännerverband durch die Staatspolizeistelle Trier aufgelöst, doch die Richtlinien von 1936 wurden weiterhin befolgt. Es wurden eine Reihe von Jugendgottesdiensten iniziiert, wobei die Jugendkomplet besondere Bedeutung erlangte. Des Weiteren erfreuten sich vor allem die 1936 zum ersten Mal stattfindenden Jugendbekenntnistage großer Begeisterung, welche die Nachkriegszeit überdauerten und bis 1967 stattfanden. 1942 wurde der nie vor öffentlicher Kritik scheuende Johannes Müller gerade deswegen ausgewiesen, er hielt sich jedoch in einigen Verstecken auf und kehrte nach Kriegsende nach Trier zurück.

3. Wiederaufbau der katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg auf Bundesebene Mit der Beschreibung der katholischen Jugendarbeit in der Weimarer Republik und im Dritten Reich ist die Basis gelegt worden für die Untersuchung des Wiederaufbaus der katholischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Untersuchung soll nun geschehen.

16

Zur Person Bornewasser vgl. Martin Persch, Die Bischöfe, in: Bernhard Schneider / Martin Persch (Hrsg.), Behar-

rung und Erneuerung 1881-1981 (Geschichte des Bistums Trier Bd. 5), Trier 2004, 34-72, hier 48-56. 17

Zu Müller vgl. insgesamt Feilzer (wie Anm. 1), 422-434.

18

Vgl. ebd. 424, 425.

19

Zu Heinrich von Meurers vgl. Martin Persch, Die Bistumsverwaltung, in: Schneider / Persch, Beharrung und

Erneuerung, 73-103, hier bes. 91-93. 20

Feilzer, Kundschafter 25, zitiert nach Feilzer (wie Anm. 1), 425.

10 3.1 Allgemeine Situation der Kirchen in Deutschland nach dem Niedergang des Dritten Reiches Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Auflösung des Dritten Reiches waren die evangelische und die katholische Kirche die einzigen deutschen Großorganisationen, die noch bestanden.21 Die katholische Kirche hatte gegen den Nationalsozialismus angekämpft und leistete nun Mitarbeit bei der Verfolgung von Nationalsozialisten. Aufgrund dieser Tatsache genoss sie hohes Ansehen bei den westlichen Besatzungsmächten und spielte eine wichtige Rolle bei der Organisation des öffentlichen Lebens und der Verwaltung.22 Die Kirche sah sich vor enorme Probleme gestellt. Die aus dem Krieg resultierenden riesigen Zerstörungen, die Verluste in der Bevölkerung und die moralischen Verletzungen stellten einige von diesen dar. So war sowohl die Zukunft Deutschlands als auch die zukünftige Stellung der Kirche ungewiss. Es gab riesige Mengen von nach Deutschland kommenden Flüchtlingen und Vertriebenen. 23 Genauso wie die künftige Stellung der Kirche war auch die Zukunft der Jugend ungewiss. Für die Jugend war die Zeit unmittelbar nach dem Krieg nicht minder problematisch, wenn nicht sogar noch schwerer zu ertragen als für die Kirche. Die Jugendlichen sahen sich häufig konfrontiert mit toten Vätern, gelegentlich auch mit dem Tod beider Eltern oder mit dem eines Bruders oder einer Schwester. Die Lebensumstände der Jugendlichen in der Trümmerlandschaft, welche die Heimat darstellte, waren also an Dramatik fast nur von der des Krieges zu überbieten. Die Berufausbildung häufig abgebrochen, waren sie zum Großteil ihrer Jugend beraubt worden. Vorläufig stand das Überleben und damit das Suchen nach Lebensmitteln, Arbeit und Wohnung im Mittelpunkt. Die Jugendlichen hatten ihre Ideale verloren und wussten nicht, woran sie sich nach Ende der nationalsozialistischen Propaganda orientieren sollten. Es fragt sich nun, wie die Empfänglichkeit oder genereller formuliert die Einstellung der Jugendlichen hinsichtlich der Kirche war. Schließlich gab es viele jugendliche Flüchtlinge, die zu integrieren waren und außerdem stellte sich die Frage, wie es mit den ehemaligen Mitgliedern nationalsozialistischer Gruppen wie beispielsweise der Hitlerjugend weitergehen sollte. Generell lässt sich sagen, dass die religiöse Empfänglichkeit der Jugendlichen in den ersten Jahren nach dem Krieg groß und ihre Einstellung zur Kirche positiv war.24 Besonderen Zuspruch bei den Jugendlichen fanden dabei vor allem Jugendwallfahrten und religiöse Jugendkundgebungen.25 So konstatierte der spätere erste

21

Vgl. Erwin Gatz, Deutschland, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Kirche und Katholizismus seit 1945 Bd. 1, 53-158, hier 60.

22

Vgl. ebd.

23

Vgl. ebd. 61.

24

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), hier 14.

25

Vgl. ebd.

11 Bundespräses des BDKJ, Wolker, 1947 „Die Irrlehren des Nationalsozialismus scheinen nicht so sehr in Geist und Blut katholischer Jugend eingedrungen zu sein“, ebenso wie „ Die Offenheit für das Religiöse ist allgemein vorhanden, wo lebendige Seelsorge am Werk ist“ .26 Er meinte jedoch auch, dass es schwierig werden würde, ins Innerste der Jugendlichen vorzustoßen. Nach Beschreibung der allgemeinen Umstände nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist nun zu untersuchen, wie die katholische Jugendarbeit im Einzelnen vonstatten ging. 3.2 Aufbau der Katholischen Jugend auf Bundesebene Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann eine neue Zeit für die Katholische Jugend. Schon unmittelbar nach dem 8. Mai 1945 schlossen sich in vielen Orten Deutschlands schnell wieder katholische Jugendgruppen zusammen.27 Dies geschah unter großer Anteilnahme und Begeisterung. Zu klären war zunächst, in welcher Form dieser Aufbau geschehen sollte. 3.2.1 Diskussionen über die Organisationsstruktur Es lässt sich sagen, dass sich nach dem Krieg drei Möglichkeiten für den Wiederaufbau der katholischen Jugendarbeit ergaben. Als erstes zu nennen wäre die Wiederherstellung des Verbandswesens der Weimarer Republik vor 1933 mit seinen vielen einzelnen Verbänden. Ein zweites Konzept bestand in der Fortführung der Jugendarbeit der NS-Zeit mit den Richtlinien von 1936 und die dritte und letzte Option sah einen Kompromiss zwischen dem Konzept vor 1933 und dem nach 1936 vor.28 Folge aus diesen drei verschiedenen Möglichkeiten war die Entstehung einer Konkurrenzsituation zwischen den wiedererstarkenden Verbänden aus der Zeit vor 1936 und der sich im Krieg bewährten und gefestigten Jugendarbeit der Pfarreien. 29 Es standen sich also die Prinzipien der Vielfalt und der Einheit gegenüber. Interessenvertreter fand das Prinzip der Einheit vor allem in den Gruppen der Jugendseelsorger und Laienführer, wohingegen das Prinzip der Vielfalt vor allem bei den von den katholischen Verbänden beeinflussten Erwachsenen und Priestern Zuspruch erhielt.30 Diese Gruppe war kleiner, aber widerstandsstark. Es stellte sich also die Frage, welches Prinzip die Überhand gewinnen würde. Ihren ersten Niederschlag fand die Diskussion auf dem Treffen der westdeutschen Bischöfe in Werl vom 4. bis 6. Juni 1945. „Die Standesseelsorge soll auf Grundlage und nach den Richtlinien der Katholischen 26

Wolker, Überblick, 3, zitiert nach Schwab, 15.

27

Siehe Schwab, 26.

28

Vgl. ebd.

29

Vgl. Martin Lechner, Pastoraltheologie der Jugend. Geschichtliche, theologische und kairologische Bestimmung

der Jugendpastoral einer evangelisierenden Kirche, München 1992, hier 122. 30

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 26.

12 Aktion neu aufgebaut werden. Die früheren großen Verbände mit ihren Verbandszentralen und Generalpräsides sollen nicht wieder aufleben“.31 Die Bischöfe erinnern hier an ein von Papst Pius XI. 1923 entwickeltes Konzept, das der spätere Papst Pius XII. seit 1928 in Deutschland öffentlich propagierte.32 Der Trierer Bischof Bornewasser definierte die „Katholische Aktion“ 1929 als die „organisierte Mitarbeit der katholischen Laien an der Durchdringung des persönlichen, des Familien- und des gesellschaftlichen Lebens mit katholischen Grundsätzen“ sowie als „Mitarbeit der Laien am hierarchischen Apostolat“.33 Noch deutlicher lässt sich die Hinwendung zum Prinzip der Einheit anhand der am 4. und 5. Juli von den deutschen Bischöfen in Altenberg bei Köln verabschiedeten „Richtlinien für die kirchliche Jugendarbeit“ erkennen. „Inhalt und Form der kirchlichen Jugendarbeit der letzten Jahre geben auch für die Zukunft die Grundlage für die Gestaltung der Jugendseelsorge ab“ 34, heißt es im ersten Punkt. Vertieft wird dieser Punkt mit dem Entschluss, die Arbeit nicht auf dem Boden von Verbänden, „sondern auf die im Wesen der Kirche gelegene Ordnung (Diözese, Dekanat, Pfarrei)“ aufzubauen.35 Hiermit wird also das Festhalten am Prinzip der Einheit beschlossen. Hauptträger für den Aufbau sind dabei die Diözese, das Dekanat und die Pfarrei (kirchenorganisches Prinzip). Die weiteren Entschlüsse lassen sich in kurzen Worten wiedergeben. Der Zusammenschluss der Jugend soll nicht nach den Kriterien der berufsständischen Ordnung oder der sozialen Gliederung verwirklicht werden. Des Weiteren soll das Jugendwerk der Kirche hauptsächlich durch das Jugendopfer finanziert werden, das bei dem einmal im Monat stattfindenden Jugendsonntag von den Jugendlichen gespendet wird. Weitere Bedeutung wird dem Entschluss zuteil, eine überdiözesane Stelle einzurichten, welche die Jugendarbeit auf Bundesebene steuern soll. Dabei wird sowohl das Herausgeben von Zeitschriften festgelegt als auch das Tragen von Bannern beibehalten. Über die Art und das Aussehen des Banners sollte später entschieden werden. Bei Betrachtung der Richtlinien von Altenberg lässt sich also sagen, dass diese einen ersten Grundstein für die spätere Bildung des BDKJ bildeten. Ludwig Wolker, der frühere Generalpräses des Jungmännerverbandes und nun wieder als Seelsorger tätig, war dabei die Leitfigur der Jugendseelsorger in den ersten Nachkriegsjahren und zudem einer der Befürworter der Einheit

31 32

Stasiewski/Volk, Akten VI, 517 zitiert nach Schwab 27. Vgl. auch Gatz, Deutschland, 72. Vgl. Bernhard Schneider, Kirchliches Leben, Frömmigkeit und Seelsorge im gesellschaftlichen Wandel, in:

Schneider / Persch, Beharrung und Erneuerung, 263-387, hier 376. 33

Ebd., 377.

34

Aus: Ludwig Volk (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe Bd. VI: 1943-1945, Mainz 1985.

35

Ebd.

13 der katholischen Jugendarbeit.36 Am 1. November wurde der ehemals so wichtige Bund Neudeutschland wieder gegründet. Kurz darauf wurden die Bestimmungen von Altenberg weitergeführt beim Treffen vom 6. bis 8. November 1945 in Bonn-Pützchen, bei dem die Bischöfe der Kölner und Paderborner Kirchenprovinz die „Richtlinien für die kirchliche Jugendseelsorge und Jugendorganisation“ verabschiedeten.37 Diese lassen sich im Wesentlichen als Vertiefung und Erweiterung der Richtlinien von Altenberg charakterisieren. So waren wiederum die Bestimmungen bezüglich der Verwirklichung der Einheit beim Aufbau der katholischen Jugendarbeit die wichtigsten Aspekte. Wie schon in den Richtlinien von Altenberg festgehalten worden war, sollte der Aufbau der katholischen Jugendseelsorge nach den Bischöflichen Richtlinien von 1936 vonstatten gehen .38 Mit deren Überarbeitung beschäftigte sich die Bischofskonferenz in Fulda. Demnach bleibt die allgemeine kirchliche Jugendseelsorge „eine vordringliche Seelsorgeaufgabe des Pfarrklerus in allen Gemeinden. Sie richtet sich grundsätzlich an die gesamte Jugend der Pfarrei“.39 Die „Katholische Jugend“ wird gebildet von der Mannes- und der Frauenjugend. Die „Katholische Jugend“ sollte eine Einheit bilden, dennoch wird jedem die Freiheit gegeben, sich in Gruppen wie beispielsweise Neudeutschland zusammenzuschließen. Diesen soll Freiraum gegeben werden, sie sind aber nach Möglichkeit pfarrlich zu gliedern. Grundprinzip blieb, wie schon in Altenberg entschieden, der Aufbau nach Diözese und Pfarrei. Um bei der Vielseitigkeit der Jugendarbeit aber die Einheit gewährleisten zu können, wurde entschieden, dass eine einheitliche Leitung geschaffen werden sollte, die sich in der Diözese in der Gründung eines Bischöflichen Jugendamtes vollzog. Für ihre überdiözesanen Aufgaben bezüglich der Jugendseelsorge und der Jugendorganisation bekam sie mit dem Haus Altenberg einen Sitz und damit eine Hauptstelle. Um die Interessen der „Katholischen Jugend“ nach außen hin gegenüber der Militärregierung und den deutschen Verwaltungsstellen vertreten zu können, wurde ein einheitliches Vorgehen beschlossen. Nach der Konferenz wurde Wolker als Leiter für die männliche Jugend und Prälat Hermann Klens als Leiter für die weibliche Jugend beauftragt. 40 Gesamtleiter der Hauptstelle war dabei Wolker. Zusammenfassend für das Jahr 1945 lässt sich also konstatieren, dass dieses Jahr Wegbereiter für die katholische Jugendarbeit war und eine vorentscheidende Rolle für spätere Richtlinien spielte. Es wurde deutlich, dass die zukünftige Jugendarbeit durch einen Kompromiss zwischen der Vielfalt der Weimarer Republik und der Einheit der NS-Zeit

36

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 27.

37

Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr.208, 121. Zu dieser Konferenz siehe auch Gatz, Deutschland, 73.

38

Vgl. ebd.

39

Ebd.

40

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 29.

14 durchzuführen sein würde.41 Dennoch blieb das folgende Jahr geprägt von den Streitigkeiten der Anhänger einer zentralen kirchlichen Jugendorganisation mit den Verfechtern der Vielfalt der katholischen Jugendarbeit.42 Wichtigstes Ereignis war dabei die vom 29. April bis 3. Mai 1946 in Bad Soden-Salmünster stattfindende Hauptkonferenz für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation.43 Grundsätzlich wurden die Beschlüsse von Bonn- Pützchen bestätigt, jedoch wurden einige Mängel oder Schwierigkeiten bei der Durchführung der Beschlüsse, wie zum Beispiel die Überbetonung des kirchenorganischen Prinzips, erkannt.44 Näher einzugehen ist auf die Vereinbarung der Katholischen Jugend mit der Deutschen Kolpingsfamilie vom 2. Mai, die bisher noch nicht behandelt worden ist. Die Deutsche Kolpingsfamilie erkennt den kirchenorganischen Aufbau der katholischen Jugend und deren Zusammenfassung in der „Katholischen Jugend“ an, sie bleibt jedoch ein von den Bischöfen anerkannter selbständiger Verband. 45 Anhand dieses Beschlusses lässt sich noch einmal der Kompromiss zwischen den Prinzipien der Einheit und der Vielfalt verdeutlichen. Die katholische Jugendarbeit soll zentriert stattfinden, es können sich jedoch auch selbständige Verbände bilden, die der „Katholischen Jugend“ untergliedert sind. So ist die Jungmannschaft der Deutschen Kolpingsfamilie „als eine Gliederung dem Ganzen der „Katholischen Jugend“ eingeordnet in die Diözese, Dekanat und Pfarrei“. 46 Die Kolpingsfamilie beteiligt sich als Mitträger auch an der Hauptstelle der „Katholischen Jugend“ in Altenberg. Auf Bistumsebene ist die Deutsche Kolpingsfamilie Mitglied des Bischöflichen Jugendamtes und ordnet sich in das gesellschaftliche Leben in der Pfarrei und ihrer Jugend ein. Besondere Aufgaben der Deutschen Kolpingsfamilie für die „Katholische Jugend“ sind dabei die Berufsertüchtigung, die Wanderfürsorge und das Hospiz- und Herbergswesen.47 In der Folgezeit der Hauptkonferenz von Bad Soden-Salmünster gründeten sich viele ehemalige Verbände wieder.48 Auch für diese Gründungen wurden Kompromisse zwischen Einheit und Vielfalt ausgehandelt. Das folgende Jahr 1947 wurde zum Jahr der Entscheidung für den Aufbau einer Organisationsstruktur der katholischen Jugend.49 Die von Wolker in Zusammenarbeit mit anderen Jugendseelsorgern geplanten Hauptkonferenzen der Führerschaft vom 24.- 28.3. 1947 in Harde41

Vgl. ebd., 30.

42

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 123.

43

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 32.

44

Vgl. ebd.

45

Vgl. Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr. 209, 122.

46

Ebd.

47

Vgl. ebd.

48

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 33.

49

Vgl. ebd.

15 hausen (Diözese Paderborn) und der Katholischen Jugendseelsorge und Jugendorganisation vom 23.- 26.4. 1947 in Fürstenried (Erzdiözese München- Freising) gelten dabei im Allgemeinen als die zwei Gründungsdaten des „Bundes der Deutschen Katholischen Jugend“ (BDKJ).50 Auf der Auftaktkonferenz der Führerschaft in Hardehausen wurde eine Bundesführung gewählt und es wurden Leitsätze zur Ordnung des Bundes ausgesprochen.51 Teilnehmer der Hauptkonferenz in Hardehausen waren Laienführer und -führerinnen aus allen deutschen Diözesen.52 Auf der Hauptkonferenz in München-Fürstenried wurden die Entscheidungen von Hardehausen bestätigt und die Leitsätze endgültig beschlossen.53 Nach heftigen Diskussionen einigte man sich, wie es sich schon in den beiden Jahren zuvor angedeutet hatte, auf einen Kompromiss zwischen Einheit und Vielfalt. Dieser bestand in der Einteilung des BDKJ in Stamm und Gliederungen. 54 Zum Stamm, der 90% der Mitglieder umfasste, gehörten alle Jugendlichen einer Pfarrei, die Gliederungen setzten sich dagegen aus den einzelnen Verbänden zusammen. 55 Nachdem in der ersten Hauptversammlung des Bundes vom 24. bis 28. November 1947 die Bundesordnung in einstimmigem Beschluss verabschiedet worden war, trat diese mit der Verkündung in der zweiten Hauptversammlung 1948 in Kraft. Da diese fortan die Basis der katholischen Jugendarbeit darstellte und von zentraler Relevanz war, bedarf es einer eingehenden Analyse derselben. 3.2.2 Die Bundesordnung des BDKJ Bevor der Aufbau und die Struktur des Bundes erläutert wird, soll zunächst auf die vorausgehende Präambel eingegangen werden. Es wird zunächst erklärt, dass sich die Gruppen und Gemeinschaften katholischer Mannes- und Frauenjugend aller Stämme und Stände zum „Bund der Katholischen Jugend“ zusammengeschlossen haben.56 Gebildet wurde der Bund von dem erwähnten Stamm und den Gliederungen. Folgende Ziele werden als grundlegend erklärt: „Not zu wenden in opferbereiter Tat, Ordnung zu bauen in selbstlosem Dienst, Freiheit zu gewinnen in Recht und Bindung, Frieden zu wirken in der Gemeinschaft der Völker, 50

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 123.

51

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 33.

52

Vgl. ebd.

53

Vgl. BDKJ Journal 1/97, 50 Jahre BDKJ, 2.

54

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 34.

55

Vgl. ebd.

56

Vgl. Beilage zum KAA 1948, Ausgabe 17 vom 15.8.1948, 1.

16 Christus zu tragen in Volk und Zeit“.57 Des Weiteren wird beschlossen, eine feste Ordnung einzuführen, die verpflichtend ist für alle Glieder und Gemeinschaften des BDKJ. Auffällig ist dabei, dass die Ordnung nur eine zeitbedingte ist, die sich neuen Entwicklungen nicht verschließt. Hierin zeigt sich die außerordentliche Modernität der katholischen Jugendarbeit, sie soll mit der Zeit gehen und sich den wandelnden Wünschen der Jugendlichen anpassen. Die Bundesordnung sieht demnach folgendermaßen aus. „Der Bund der Katholischen Jugend“ wird definiert als „ die Körperschaft katholischer Mannesjugend und Frauenjugend der deutschen Bistümer, die sich, in wohlgeordneter Einheit, in den pfarrlichen Stammgruppen, in den Marianischen Kongregationen und in den Gliederungen katholischer Bünde und Verbände zu gemeinsamen Ziel und Werk zusammengeschlossen haben“.58 Leitwort des BDKJ ist dabei: „Es lebe Christus in deutscher Jugend“. Neben den bereits genannten Zielen des Bundes ist es außerdem, auf die Jugendlichen bezogen, der Wille des Bundes, die Jugendlichen zu katholischen Menschen zu formen, die zu ihren beruflichen und familiären Aufgaben sowie zur apostolischen Tat am Reiche Christi erzogen werden sollen. Zentrale Bedeutung genießt dabei der zu verwirklichende Dienst der „Katholischen Aktion“. Aufgabenbereiche der Jugendverbände sollen sowohl das Recht und Leben der Jugend sein, als auch die Schaffung einer neuen sozialen Ordnung und die Mitarbeit am Frieden der Völker. 3.2.2.1 Grundsätze des Aufbaues Oberste Leitidee des Aufbaues ist das kirchenorganische Prinzip. Der BDKJ soll demnach aufgebaut werden in Pfarrei, Dekanat und Diözese. Der Bund ist unterteilt in Mannes- und Frauenjugend, die voneinander getrennt sind, jedoch mit zunehmendem Alter zusammenarbeiten sollen, und zwar im Gottesdienst, in Führungs- und Aktionsaufgaben sowie im gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Die jugendlichen Mitglieder des BDKJ sind in drei Altersstufen untergliedert. Die 10- bis 14- Jährigen bilden die Jungschar beziehungsweise die Frohschar, die 14- bis 18Jährigen kommen zusammen in der Jungenschaft und den Mädchen und die 18- bis 25- jährigen Mitglieder gehören der Jungmannschaft beziehungsweise der Frauenjugend an. In den Artikeln 12-15 wird nun endgültig die Rolle von Stamm und Gliederungen geklärt, die zusammen den Bund bilden. Der Stamm besteht aus den pfarrlichen und diözesanen Gruppen der Mannes- und Frauenjugend. Sein Aufbau, seine Führung und seine Satzung sind die des Bundes. So entsprechen auch die Organe des Stammes völlig denen des Bundes, ausgenommen die Vertreter der Gliederungen. Die Gliederungen sind hingegen selbstständige Gemeinschaften, die im Gegensatz zum Stamm einen eigenen Aufbau, eine eigene Führung und eigene Satzungen besitzen. Nur für 57

Ebd.

58

Ebd.

17 die gemeinsamen Aufgaben ordnen sie sich dem Bund mit dessen Aufbau, Führung und Satzung ein. Als bestehende Gliederungen werden dabei unter anderem die Kolpingsjugend, Neudeutschland, der Verband der Marianischen Kongregationen studierender Jugend, die Christliche Arbeiter-Jugend (CAJ), wie auch die Gemeinschaft St. Georg (Pfadfinder) genannt. Gemeinsam sollen Stamm und Gliederungen die geistigen und wirtschaftlichen Aufgaben auf Diözesanebene und in der Hauptstelle tragen. Wie sich bereits vorher angedeutet hatte, bilden der Dom und das Haus zu Altenberg die zentrale Hauptstelle des BDKJ. Mitglied des Bundes kann jeder mit dem Eintritt in Stamm oder Gliederungen werden. Oberste Gültigkeit ist dabei die Gleichberechtigung unter den Mitgliedern. Verpflichtend für jedes Mitglied ist der Bundesbeitrag, das Führen des Bundesausweises und das Tragen des Bundeszeichens. 3.2.2.2 Grundsätze der Gemeinschaft Oberstes Gemeinschaftsprinzip des BDKJ ist die Bindung in Freiheit. Dieses Gemeinschaftsleben ist ausgerichtet auf das Ganze. „Das Ganze geht vor dem Teil“ 59, heißt es dementsprechend im Artikel 18 der Bundesordnung. Die außerordentliche Bedeutung der eben erwähnten Freiheit manifestiert sich in Artikel 19. „Die Freiheit der Persönlichkeit und die Freiheit der Gemeinschaft soll in allem geachtet und gefördert werden“, heißt es darin. Neben der Freiheit sind die Gebote der Gottes- und Nächstenliebe Grundsätze des gemeinschaftlichen Lebens des Bundes. Dies wird verdeutlicht in dem Ausdruck, die Ehre Gottes in der Liebe Gottes sei das Hochziel der Erziehung und des Lebens des BDKJ. 3.2.2.3 Grundsätze der Führung Erster Grundsatz der Führung im Bund ist „das Zusammenwirken von Priesterführung und Laienführung“.60 Dabei wird eine Aufgabentrennung zwischen den Priestern und den Laienführern vollzogen. Dem Priester obliegt die Aufgabe der religiösen Erziehung der Jugend, wohingegen für das Leben und die Aktion des Bundes die Führung beim Laienführer liegt, allerdings unter Mitwirkung und seelsorglicher Verantwortung des Priesters. Der Priester dient also vor allem als Seelsorger und Berater der Jugendlichen. Die priesterlichen Führer werden von der Kirche bestimmt, im Gegensatz dazu werden die Jungführer von den Jugendlichen im Einverständnis mit der geistigen Führung gewählt. Das Laienführertum wird also gebildet von den Jungführern, deren Höchstalter bei 30 Jahren liegt. Diesem Grundsatz ist eine wichtige Bedeutung zuzumessen. Die Jugendlichen sollen von jungen Erwachsenen geführt werden, die leichter eine engere Verbindung zu den Jugendlichen knüpfen können. Hier lässt sich also wiederum der Versuch wiederfinden, die katholische Jugendarbeit stark an den Interessen der Jugendlichen zu orientie59

Beilage zum KAA 1948 Ausgabe 17 vom 15.8.1948, 2.

60

Ebd.

18 ren, um eine effiziente Jugendarbeit leisten zu können. Die herausgehobene Position des Laienführertums lässt sich auch an der Tatsache festmachen, dass die Laienführer sowohl die Vertretung des Bundes in Jugendringen und in der Öffentlichkeit, als auch die Leitung von Versammlungen und Veranstaltungen, übernehmen. 3.2.2.4 Organe des Bundes Die Bundesführung setzt sich zusammen aus dem Bundesführer und der Bundesführerin, die von der Jahreskonferenz der Jungführerschaft für zwei Jahre gewählt werden. Die geistlichen Leiter des Bundes sind die beiden Leiter der Mannesjugend- und der Frauenjugendseelsorge. Vertreter des deutschen Episkopats sind die beiden bischöflichen Referenten für Jugendseelsorge. Als weiteres Organ ist die Jahreskonferenz der Jungführerschaft festgeschrieben. Ihr gehören an: die Bundesführung, die Diözesanjugendführer (-innen), die bestimmten Laienführer der Gliederungen und die Laienreferenten der Hauptstelle. Die Jahreskonferenz der Jungführerschaft ist das Parlament der Jugendlichen, dessen Auftrag die Beratung der gemeinsamen Aufgaben des Bundes wie auch die Beratung der allgemeinen Aufgaben der deutschen Jugend. Zu den Leitungsgremien zählt auch die Hauptversammlung. Sie wird gebildet von der Bundesführung, den beiden Referenten und den von den Jahreskonferenzen gewählten Mitgliedern der Führerschaft. Der Hauptversammlung „obliegt die Entscheidung über die Aufgabenstellung, die geistige und organisatorische Linienführung, die Verwaltung und Wirtschaftsführung im Bund“.61 Der BDKJ sollte über eine zentrale Anlauf- und Arbeitsstelle verfügen: die Hauptstelle des Bundes. Diese wird geleitet von der Bundesführung. Ihre Verpflichtung ist die Initiative sowie die Durchführung der gemeinsamen Aufgaben des Bundes nach den von der Hauptversammlung und den Jahreskonferenzen ausgearbeiteten Beschlüssen. Die Hauptstelle steht in enger Verbindung mit der Hauptstelle für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation, dem Haus Altenberg. Die weiteren Organe des BDKJ sind die Jahreskonferenz der Jugendseelsorger, der Verein „Haus Altenberg E.V.“ als Rechtsträger und die Geschäftsordnung. Auf Bistumsebene gelten für den Aufbau, die Gemeinschaft und die Führung die gleichen Grundsätze wie auf Bundesebene.62 Im Dekanat umfasst der Bund die pfarrlichen Gruppen des Stammes und der Gliederungen und zudem überpfarrliche Gruppen im Gebiet des Dekanats. In der Pfarrgemeinde umfasst der Bund alle Gruppen der Katholischen Jugend der Pfarrei, das heißt sowohl sämtliche Altersgruppen des Stammes als auch die Gruppen der Gliederungen. 61

Beilage zum KAA 1948 Ausgabe 17 vom 15.8.1948, 3.

62

Vgl. dazu Kapitel 4.2..

19 Zur symbolischen Präsentation nach außen und zur Stiftung eines Gemeinschaftsbewusstseins werden das Bundesbanner, das Bundeszeichen, das Bundesgebet und die Bundesweihe eingeführt. Das Bundesbanner ist das Christusbanner. Es soll ein Symbol für die Einheit des Bundes darstellen.63 Das Bundeszeichen ist das Silberkreuz, dabei hat die Jungschar ihr eigenes Jungscharkreuz. Das Bundesgebet ist der Angelus und geweiht wird der Bund zum Schluss der Gloria Dei im Königtum Christi. Die Schutzpatronin des Bundes ist die Gottesmutter Maria. Der organisatorische Aufbau wurde abgeschlossen mit der Wahl des Bundesvorstandes. Gewählt wurden als Bundesführerin Dr. Ludgera Kerstholt und als Bundesführer Josef Rommerskirchen.64 Das Amt der Bundespräsides übernahmen Hermann Klens und Ludwig Wolker, die beide fortan als Leiter der Bischöflichen Hauptstelle für Katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation Haus Altenberg tätig waren.65 Stellvertretender BDKJ-Bundesführer war Oskar Neisinger.66 3.2.2.5 Würdigung Nach eingehender Betrachtung und Untersuchung der Bundesordnung des BDKJ wird ersichtlich, dass diese den Versuch darstellte, einen Mittelweg zwischen den Vertretern des Verbandswesens vor 1933 und den Befürwortern der katholischen Jugendarbeit der NS- Zeit zu finden. Dies kann man am Beispiel von Stamm und Gliederungen erkennen. Während der Stamm am Einheitsgedanken orientiert ist, machen sich die Gliederungen für eine größtmögliche Vielfalt stark. Auf den ersten Blick scheint es, als hätten die Vertreter der Einheit bei diesem Kompromiss eine etwas stärkere Rolle, zumal die Bischöfe durchaus ein Interesse an einer kirchenamtlich besser zu lenkenden einheitlichen Jugendorganisation zeigten. Dennoch ist zu beachten, dass doch erstaunlich viele Gruppen und Verbände als Gliederungen dem Bund eingeordnet waren. Somit war das Spannungsverhältnis zwischen den Befürwortern des Einheitsgedankens und denen des Vielfaltgedankens keineswegs endgültig beseitigt, sondern es sorgte immer wieder für Zündstoff. 3.2.3 Die Jahre des Aufbaues von 1947- 1952 Nach Analyse der Bundesordnung des BDKJ gilt es zu untersuchen, wie diese in den folgenden Jahren bis 1952 umgesetzt wurde. Dabei sind mehrere Aspekte zu unterscheiden.

63

Vgl. Beilage zum KAA 1948 Ausgabe 17 vom 15.8.1948, 4.

64

Vgl. BDKJ Journal 1/97, 50 Jahre BDKJ, 4.

65

Vgl. ebd.

66

Zu Neisinger bietet Schwab die biographischen Grunddaten: Siehe Schwab, S. 83f.

20 3.2.3.1 Grundlinien der Jugendpastoral Mittelpunkt des BDKJ war der Glaube.67 Generell lässt sich sagen, dass das missionarische Seelsorgekonzept eine Hauptbedeutung bei der katholischen Jugendarbeit des BDKJ innehatte.68 Grundziel der Jugendpastoral war es dabei, „den jungen Menschen fähig zu machen, dass er mündiger Christ wird, das heißt, nicht nur konstitutionelles, sondern auch tätiges Glied der Kirche zu sein“.69 Alle Jugendlichen sollten also aktiv in der Kirche mitarbeiten und sich eine eigene persönliche Beziehung zu Christus aufbauen. So stellte der BDKJ in seinen Anfangsjahren den Hauptträger der kirchlichen Jugendpastoral dar.70 Die Jugendpastoral war grundsätzlich untergliedert in Glaubens-, Lebens- und Apostolatsschule.71 Grundlage waren die Lebensgemeinschaften des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend. Die Glaubensschule sollte die Gruppenmitglieder in den Kerngruppen religiös vertiefen und apostolisch schulen.72 Das Ziel der religiösen Erziehung war schon in der Bundesordnung des BDKJ artikuliert worden. Die Jugendgemeinschaft sollte „zu ihren Aufgaben in Familie und Beruf, in Kirche und Volk sich heranbilden und in apostolischer Tat dem Reiche Christi dienen“. 73 Vermittelt wurden die pastoralen Grundsätze vor allem bei Heimabenden, Jugendpredigten, Bibelgesprächen und Einkehrtagen sowie Jugendmessen und persönlichen Gebeten.74 Ziel der Lebensschule war es, die Jugendlichen auf die späteren Aufgaben in Ehe, Familie, Beruf und Politik vorzubereiten. Außerdem strebte man die Formung der jungen Katholiken zu christlichen Persönlichkeiten an.75 Die Apostolatsschule sollte „in jungen Menschen ein Bewusstsein für die Weltverantwortung des Christen wecken und sie schrittweise zur sozialen Verantwortung in Kirche und Staat befähigen“.76 Konkret bedeutet dies, dass die katholischen Jugendlichen zu Menschen herangebildet werden sollten, die in der Kirche mitarbeiten und die Gesellschaft christlich gestalten sollten. Darunter fiel auch die Sozialfürsorge.

67

Siehe Schwab (wie Anm. 2), 45.

68

Vgl. Lechner (wie Anm. 29), 125.

69

Schäfer, Jugendseelsorge, 412, zitiert nach Lechner, 126.

70

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 46.

71

Vgl. ebd.

72

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 126.

73

Beilage zum KAA 1948 Ausgabe 17 vom 15.8.1948, 1.

74

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 127.

75

Vgl. ebd.

76

Vgl. ebd.

21 Missionarische Ausrichtung der Gliedgemeinschaften des BDKJ Auch die einzelnen Jugendverbände des BDKJ richteten ihre Hauptarbeit auf die missionarische Seelsorge aus.77 Führend in diesem Punkt waren dabei die Christliche Arbeiterjugend (CAJ) und die Katholische Landjugendbewegung. Generell lässt sich demnach also konstatieren, dass das pastorale Wirken der katholischen Jugendverbände von außerordentlicher Bedeutung ist und nicht unterschätzt werden darf. Bezogen auf die Seelsorge der nichtorganisierten Jugend war es das Ziel, diese nichtorganisierten Jugendlichen Christus näher zu bringen.78 Glaubensverkündigung Die Glaubensverkündung stellte einen zentralen Pfeiler der katholischen Jugendarbeit dar. Glaubensverkündung meint die Vertiefung des religiösen Lebens der Jugendlichen. Zentrale Bedeutung wurde dabei dem kirchlichen Religionsunterricht in den Schulen beigemessen.79 Auf den Inhalt bezogen standen vor allem die Themenbereiche Gott, Christus und Kirche im Mittelpunkt des Interesses.80 Eine weitere wichtige Bedeutung für die Glaubensverkündung spielten Veranstaltungen wie beispielsweise Jugendpredigten, religiöse Jugendwochen, Jugendexerzitien und Jugendeinkehrtage.81 Herausragend aus den religiösen Bildungsveranstaltungen waren jedoch die so genannten Bekenntnistage, die alljährlich stattfanden und Massenveranstaltungen waren. Eine letzte Art der Glaubensverkündung war das Schriftapostolat, welches sämtliche kirchliche Schriften umfasste. 3.2.3.2 Pädagogische Grundlinien Analog zur katholischen Jugendpastoral war der Glaube auch der Mittelpunkt der kirchlichen Erziehung. Die Pädagogik lässt sich in zwei Teilbereiche untergliedern, die soziale Erziehung und die Erziehung zum Apostolat. Die allgemeine Jugendseelsorge hatte das Ziel, die Jugendlichen sozial zu erziehen. Es ging darum, Christen für das Leben in der Familie und Nachbarschaft sowie für das Leben in Beruf und Gesellschaft zu formen.82 Bei der Umsetzung der Ideen und Ziele spielten häufig offene Begegnungsformen auf den drei Ebenen der Pfarrei, des Dekanats und der Diözese eine wichtige Rolle. Man intensivierte die Bemühungen gezielt, um auch nicht organisierte Jugendliche zu erreichen.

77

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 128.

78

Vgl. ebd., 137.

79

Vgl. ebd., 138.

80

Vgl. ebd.

81

Vgl. ebd., 139.

82

Siehe Lechner (wie Anm. 29), 141.

22 Weitere Anlässe für die Erziehung waren gemeinschaftliche Jugendveranstaltungen wie Diskussionsrunden, Erholungs- und Ferienfreizeiten. Diese Veranstaltungen sollten den katholischen Glauben der jungen Menschen stärken.83 Gesellschaftskritische Elemente fehlten hingegen.84 Der Apostolatsgedanke ist charakteristisch sowohl für die Erziehung der katholischen Jugendlichen als auch für die katholische Jugendpastoral im Allgemeinen. Man zielte vor allem „auf ein apostolisches und soziales Bewusstsein, auf Sensibilität für die Not von Kindern ohne Eltern, von Jugendlichen ohne Heimat, von kranken und alten Menschen“.85 Außerdem sollte die Bereitschaft zur Ausbreitung des Christentums verstärkt werden. Ein Beispiel für die Sensibilisierung der jungen Christen für die sozialen Dienste ist das bis heute immer noch praktizierte Freiwillige Soziale Jahr. 3.2.3.3 Mädchen und Frauenarbeit Beim Betrachten der Erziehung von Männern und Frauen lässt sich feststellen, dass deutliche Unterschiede vorhanden waren.86 Typische feminine Eigenschaften wurden in Innerlichkeit, Emotionalität, Pflegen und Schützen und Güte und Geduld gesehen. Die Gottesmutter Maria diente dabei als Vorbild. Die Erziehung der Mädchen war mehr an Religiosität orientiert und sittlich strenger.87 Ausgerichtet war die Erziehung sowohl auf die Rolle der Mutter und Hausfrau als auch auf die Rolle der alleinlebenden berufstätigen Frau. Die Mädchen sollten also auf Ehe und Familie auf der einen Seite sowie auch auf den Beruf auf der anderen Seite vorbereitet werden. Die Vorbereitung auf den Beruf scheint aber doch zweitrangig zu sein. Der Lebensweg als alleinstehende berufstätige Frau wurde eher als Notlösung angesehen. Generell lässt sich sagen, dass die Ausübung der Erziehung vor allem von den Jungführern geleistet wurde, an die zum Teil enorm hohe Ansprüche gestellt wurden.88 Schon in den 50er Jahren wurde Kritik laut an der Ausbildung der teilweise überforderten Jungführer. 3.2.3.4 Gesellschaftspolitische Aktivitäten Das Themenfeld Gesellschaftspolitische Aktivitäten beinhaltet die Vertretungsaufgaben des BDKJ im Deutschen Bundes Jugend Ring (DBJR) oder im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sowie die jugendpolitische Arbeit, die sozialen Aktionen und schließlich Stellung-

83

Vgl. ebd.

84

Vgl. Schwab (wie Anm. 2), 52.

85

Lechner (wie Anm. 29), 141.

86

Siehe Schwab (wie Anm. 2), 74.

87

Vgl ebd.

88

Vgl. ebd., 54.

23 nahmen zur öffentlichen Politik.89 Vertretungsaufgaben und allgemeinpolitische Stellungnahmen wurden hauptsächlich von der BDKJ-Bundesführung wahrgenommen.90 Der Schwerpunkt der Vertretungsaufgaben lag dabei in der Arbeit im DBJR, an dessen Gründung 1949 der BDKJ hohen Anteil hatte. Man wollte sich auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Grundrechte jugendpolitisch engagieren und die Demokratie verteidigen. 91 Geprägt war die Arbeit im DBJR von einer Zusammenarbeit, die auf dem Einheitsprinzip beruhte und nicht auf der in der NS-Zeit vorhandenen Zersplitterung.92 Besonders auffällig bei der Arbeit im DBJR waren dabei die kritischen Äußerungen des BDKJ bezogen auf die sozialistische Jugend.93 Generell kann man sagen, dass der BDKJ versuchte, über den DBJR jugendpolitisch Einfluss auszuüben. Ein Beispiel hierfür ist die 1952 bundesweit beschlossene Aktion zur Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. International gesehen versuchte der BDKJ von Beginn an Kontakte zu knüpfen, um die Völkerverständigung zu verbessern. So wurden beispielsweise die Mannes- und Frauenjugend Mitglieder der beiden Weltbünde der katholischen Jugend.94 Charakteristisch für die gesellschaftspolitischen Aktivitäten des BDKJ war außerdem ein strenger Antikommunismus, der in der Anfangszeit jedwede Ostkontakte verbot.95 Parteipolitisch war trotz keiner festen Bindung die CDU/CSU die politische Heimat.96 Die Frage der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland war wegen ihrer langen Dauer und der Heftigkeit der Auseinandersetzung die bedeutendste politische Streitfrage in der frühen Geschichte des BDKJ.97 Nach anfänglicher Zurückhaltung befürwortete die Bundesführung des BDKJ seit Anfang 1951 prinzipiell die Wiederbewaffnung.98 Auf der Vollversammlung des DBJR vom 25. bis 27. April 1952 bejahte der Bundesvorsitzende Rommerskirchen stellvertretend für den BDKJ die Wiederbewaffnung im europäischen Rahmen. 99 Er erklärte, es könne

89

Vgl. ebd., 59.

90

Vgl. ebd., 60.

91

Vgl. ebd.

92

Vgl. ebd., 61.

93

Vgl. ebd.

94

Vgl. ebd., 62.

95

Vgl. ebd., 63.

96

Vgl. ebd., 65.

97

Vgl. zu den gesamten Diskussionen um dieses Thema in der Jugend Schwab, 65-70. Allgemein zur Wiederbe-

waffnungsdebatte A. Doering-Manteuffel, Katholizismus und Wiederbewaffnung, Mainz 1981. 98

Vgl. ebd., 66.

99

Vgl. ebd., 67.

24 nur in Solidarität mit den anderen europäischen Staaten Sicherheit geben. Die Wiederbewaffnung solle nur dazu dienen, Kriege zu verhindern. Nur unter Protesten nahm die Basis die Entscheidung der Bundesführung an. Am 1. und 2. August genehmigte der Bundesführungsrat die Erklärung von Elmstein und somit war das Thema Wiederbewaffnung endgültig abgeschlossen.100 3.2.3.5 Die Zeitschriften Zeitschriften des BDKJ waren der „Fährmann“, die „Wacht“, „Michael“ und „Brunnen“ sowie der „Jungführer“ beziehungsweise die „Jungführerin“, „Der Sämann“, „Der Pflug“ und „Am Scheidewege“.101 Generell lässt sich konstatieren, dass der BDKJ um auflagestarke Zeitschriften bemüht war,dass es aber wegen der materiell unsicheren Lage Schwierigkeiten gab. 102 Die Zeitschriften „entsprechen den pastoralen und pädagogischen Linien des Bundes und sind im religiösen Bereich normativ-deduktiv und in der politischen Bildung sozial-integrativ aufgebaut“.103 In den Anfangsjahren befanden sich die Zeitschriften aufgrund einer zu niedrigen Abonnentenzahl in der Krise. Mitverantwortlich dafür war auch die Zersplitterung der Zeitschriften, die Wolker immer wieder kritisierte.104 Es gelang jedoch nicht, diese Probleme durch Zusammenlegungen von Zeitschriften zu beheben. 3.3 Zusammenfassung Der Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 bis circa 1952 war sehr erfolgreich, da große Mitgliedszahlen im BDKJ erreicht wurden (knapp eine Millionen Mitglieder).105 Die Anfänge der 50er Jahre stellen eine Blütezeit der katholischen Jugendarbeit und Jugendseelsorge dar. Kennzeichnend für den Wiederaufbau ist das Suchen nach einem Mittelweg zwischen der katholischen Jugendarbeit der Weimarer Republik mit der verbandlichen Vielfalt und der einheitsorientierten Jugendarbeit der NS-Zeit. Somit stellt der BDKJ einen Kompromiss zwischen diesen beiden Varianten dar. Der Einheitsgedanke scheint eine etwas größere Bedeutung zu besitzen, doch die eigenständigen Verbände bemühten sich, ihren Einfluss immer wieder zu verstärken. Man kann also folgern, dass trotz des Kompromissvorschlages Konfliktpotenzial für

100

Vgl. ebd., 68.

101

BDKJ Journal 1/97, 50 Jahre BDKJ, 3.

102

Siehe Schwab (wie Anm. 2), 70.

103

Ebd., 9.

104

Vgl. ebd., 71.

105

Vgl. ebd., 80.

25 weitere Reibereien zwischen den Vertretern des Einheitsgedankens und den auf Vielfalt pochenden Gliederungen gegeben war. Charakteristisch für den BDKJ war seine Kirchentreue und daraus folgend eine ausgeprägte kirchenhierarchische Ordnung. Auf pastoraler und pädagogischer Ebene wurde eine persönliche Beziehung zu Christus angestrebt. Die Jugendlichen sollten in ihrem Glauben gestärkt werden , diesen verbreiten und dem Reiche Gottes dienen. Zudem sollten die Jugendlichen geschult werden für ihr späteres Leben in Gesellschaft und Familie. Dabei fehlten häufig eine Konfrontation mit dem aktuellen gesellschaftlichen Leben genauso wie gesellschaftskritische Aspekte. Bei der Jugendpastoral und der Pädagogik spielte wie insgesamt bei der Arbeit des BDKJ der Priester eine entscheidende Bedeutung, der stark unterstützt wurde von den Jungführern und Jungführerinnen.

4. Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 im Bistum Trier Nachdem nun der Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 auf Bundesebene behandelt worden ist, gilt es nun, diesen Wiederaufbau der katholischen Jugend nach 1945 im Bistum Trier zu untersuchen. Dazu bedarf es zunächst einer Schilderung der allgemeinen religiösen Situation in den Nachkriegsjahren im Bistum Trier. 4.1 Die allgemeine religiöse Situation in den Nachkriegsjahren im Bistum Trier Um die Entwicklungen bezüglich des Wiederaufbaues der katholischen Jugend im Bistum Trier nach dem Zweiten Weltkrieg besser nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, kurz auf die allgemeine religiöse Situation im Bistum Trier nach 1945 einzugehen. Zentralen Stellenwert für die Beschreibung des kirchlich-religiösen Lebens im Bistum Trier nach 1945 besitzen die Zahlen des Messbesuches. In den ersten Nachkriegsjahren blieb der Messbesuch nahezu konstant zum Messbesuch vor dem Krieg (1938: 63,1%; 1948: 61,5%), doch für die 50er Jahre lassen sich schon zurückgehende Zahlen messen, die zwar nicht stark, aber stetig zurückgingen.106 Die Anzahl der Messbesucher blieb also in den unmittelbaren Nachkriegsjahren in etwa konstant, was ein Beleg für die hohe Kirchlichkeit ist. Interessant ist außerdem der Vergleich des jährlichen Kommunionsempfanges im Bistum Trier mit dem bundesdeutschen Durchschnitt. Hier lagen die Trierer Werte deutlich über den Durchschnittswerten des Bundes, wobei der Abstand nach dem Krieg sich sogar noch vergrößerte. 107 In Bezug auf Gesamtdeutschland scheint also in Trier die Kirchlichkeit größer gewesen zu sein. Ein weiteres Indiz für die in Trier konstant gebliebene religiöse Empfänglichkeit ist die Anzahl der 106

Vgl. ebd., 281.

107

Vgl. ebd., 294.

26 kirchlichen Eheschließungen von Katholiken, die auf einem nahezu gleichen Niveau blieb, verglichen mit der Anzahl von vor dem Krieg.108 Zuletzt seien die Zahlen zum Kirchenaustritt im Vergleich mit den Kirchenrückkehrerzahlen erwähnt. In den ersten Nachkriegsjahren ist ein Anstieg der Rückkehrer in die Kirche zu verzeichnen.109 Trotz dieser positiven Entwicklung ist zu beachten, dass von der Masse der in der NS-Zeit aus der Kirche Ausgetretenen nur etwa ein Drittel wieder in die Kirche zurückkehrte. In den Nachkriegsjahren beschäftigten die Menschen jedoch nicht nur religiöse oder materielle Dinge, sondern es kristallisierten sich auch neue Freizeitaktivitäten heraus. In den Vordergrund rückten dabei vor allem Freizeitangebote wie Kino, Radio und (später) Fernsehen sowie Theater und Tanz.110 Zu nennen wären außerdem noch anderweitige Veranstaltungen von diversen Vereinen. Der sonst zum Kirchgang genutzte Sonntag wurde nun zur Ausübung der oben genannten Freizeitaktivitäten gebraucht. Diese als Tanz- und Vergnügungssucht beschriebene neue Einstellung vieler Mitglieder der Gesellschaft wurde zunehmend zu einem Hindernis für die Jugendseelsorge. Sie wurde in kirchlichen Kreisen als Ausdruck einer religiös-sittlichen Krise bezeichnet.111 Zur Vergnügungssucht hinzu kam der aufstrebende Sport.112 Dieser wurde zum Problem für die kirchliche Seelsorge, weil häufig Sportveranstaltungen mit Gottesdiensten kollidierten. Hierbei soll jedoch erwähnt werden, dass die Kirche grundsätzlich nicht gegen den Sport war. Vielmehr sollten Gottesdienste und Sportveranstaltungen aufeinander abgestimmt werden. Insgesamt kann man also sagen, dass unter anderem bei diesen Freizeitaktivitäten die Ursachen für das Fernbleiben von kirchlichen Veranstaltungen zu finden wären. 4.2 Wiederaufbau der Katholischen Jugend Nach dem Ende des Krieges und damit auch nach dem Ende der NS-Herrschaft beziehungsweise NS-Unterdrückung vollzog sich der Wiederaufbau der Katholischen Jugend im Bistum Trier in der heiß ersehnten Freiheit.113 Diese Freiheit zum Handeln war die notwendige Voraussetzung dafür, einen Neuanfang zu starten. „Er vollzog sich in einem neuen demokratischen und kirchenfreundlichen Umfeld und in einem pastoralen Gesamtklima, das im Nachhinein als „missionarische Seelsorgebewegung“ identifiziert wurde“.114 108

Vgl. ebd., 300.

109

Vgl. ebd., 316.

110

Vgl. Schneider, Kirchliches Leben (wie Anm. 32), 273.

111

Vgl. ebd., 275.

112

Vgl. ebd., 276.

113

Vgl. Feilzer (wie Anm. 1), 431.

114

Vgl. ebd.

27 4.2.1 Die ersten Schritte Einen ersten nennenswerten Schritt zum Wiederaufbau stellte dabei die Wiederernennung Johannes Müllers als Diözesanseelsorger am 1. Mai 1945 dar.115 Er war auch in den ersten Nachkriegsjahren zusammen mit dem Trierer Bischof Bornewasser eine der führenden Figuren. Wie auf Bundesebene bereits erläutert, stellte sich auch für das Bistum Trier die Frage nach dem zu verwendenden Modell für den Wiederaufbau der Katholischen Jugend. Dabei standen sich ebenfalls das auf dem Prinzip der Vielfalt gründende katholische Vereinsleben von vor 1933 und die auf der Einheit basierende Jugendarbeit der NS-Zeit gegenüber. Erstmals Stellung dazu nahm der Trierer Bischof Franz Rudolph am Fest Peter und Paul am 29. Juni 1945.116 In dieser Stellungnahme erteilte er die Anweisung, die großen überdiözesanen Verbände aus der Zeit der Weimarer Republik nicht wieder zu errichten oder neu zu gründen. 117 Statt dessen sei die von Papst Pius XI. geforderte Katholische Aktion einzuführen. Die Gemeindemitglieder sollten in vier Lebensstände gegliedert werden: Männer, Frauen, Jungmänner und Jungfrauen. In bestimmten Fällen sollten jedoch innerhalb der Lebensstände Gruppen gesammelt werden. Anhand dieser Weisung des Trierer Bischofs lässt sich erkennen, dass unmittelbar nach Ende des Krieges der Trend weg ging von den großen, eigenständigen Organisationen und Verbänden und hin zu der durch die Katholische Aktion verwirklichten Weiterführung des Prinzips der Einheit, welches in der NSZeit bestimmend gewesen war. So wurde im Juli 1945 auch die 1936 in Trier entstandene Tradition der Bekenntnistage weitergeführt.118 An diesem ersten Bekenntnistag nach Ende des Krieges richtete sich der Trierer Bischof an die Jugendlichen und rief sie dazu auf, am Aufbau eines Reiches der Freiheit teilzunehmen. Die Jungen und Mädchen sollen mithelfen durch Gesinnung und Tat.119 Dies bedeutete, dass sie Gottes Wort hören, lesen und befolgen sowie selbst verbreiten sollten. Hier lassen sich erste Hinweise darauf finden, wie sich Bornewasser die Jugendpastoral für die Zukunft vorstellte. Die Jugendlichen sollten unter anderem den Mitmenschen helfen und in kleinem, begrenztem Maße missionarisch tätig sein. Man kann erkennen, dass schon in den ersten zwei, drei Monaten nach dem Krieg Grundideen für den Wiederaufbau der Katholischen Jugend in Trier vorhanden waren, die allerdings noch nicht allzu sehr spezifiziert waren. Konkretere Formen nahmen diese Ideen nach der Konferenz der Diözesanjugendseelsorger vom 11. bis

115

Vgl. ebd.

116

Vgl. Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1945, Nr. 3, 6.

117

Vgl. ebd.

118

Vgl. Paulinus, Trierer Bistumsblatt, 1945, Nr. 1, 7.

119

Vgl. ebd.

28 13. September 1945 an.120 Die Vereinbarungen der Konferenz sollten auch für das Bistum Trier übernommen werden. Als Diözesanjugendseelsorger nahm Johannes Müller zu den Vereinbarungen und damit zur Katholischen Jugend im Bistum Trier Stellung. Die Zeiten der Zersplitterung der katholischen Verbände aus der Weimarer Zeit sollten endgültig Geschichte sein, stattdessen sollte die Katholische Jugend in Einheit aufgebaut werden und zentral organisiert sein.121 Es solle aber eine „weiträumige“ Einheit sein, „in der Platz ist für Bewegung, Freiheit und Differenzierung der Jugend“.122 Anhand dieser Äußerungen lässt sich feststellen, dass der Wiederaufbau der Katholischen Jugend im Bistum Trier parallel zum Aufbau auf Bundesebene auf der Basis der Einheit konzipiert werden sollte. Dabei sollte der Aufbau wie auf Bundesebene nach dem kirchenorganischen Prinzip (Gliederung nach Pfarrei, Dekanat, Diözese) vonstatten gehen, das jedoch nicht zu streng gefasst werden sollte. Schon hier wurde ebenfalls die Einteilung in die allgemeine Pfarrjugendseelsorge und die Jugendgemeinschaften beschlossen. Insgesamt lässt sich also sagen, dass kurz nach Ende des Krieges das Hauptinteresse darin besteht, die Bischöflichen Richtlinien von 1936 im Wesentlichen aufrechtzuerhalten und sie weiterhin als Grundlage für die katholische Jugendarbeit zu verwenden. In den darauf folgenden Monaten Ende 1945 und am Anfang des Jahres 1946 waren die Bestrebungen zum Wiederaufbau der Katholischen Jugend geprägt von vielen kleinen Schritten. Neben ersten Treffen und Schulungstagen, auf denen eine fruchtbare Verbindung von Priestern und der jugendlichen Führung beschlossen wurde, sind dabei hauptsächlich die Konferenzen der Führerschaft in den drei Städten Trier, Koblenz und Saarbrücken erwähnenswert.123 Dort wurde noch einmal die Wichtigkeit des Zusammenschlusses der Jugendlichen in Gemeinschaften erklärt.124 Sichtbar wurden die kleinen Schritte in der Öffentlichkeit vor allem mit den großen Werksausstellungen der „Katholischen Jugend“ in Koblenz und Kirchen sowie einer Adventsfeier in der Trierer Domkrypta und einem an mehreren Orten im Bistum aufgeführten Weihnachtsspiel.125 Auf pastoral-praktischer Ebene sei besonders den ersten Marienwallfahrten seit neun Jahren im Mai 1936 Beachtung geschenkt. Insgesamt über 15000 Jungen und Mädchen pilgerten in der ganzen Diözese zu den Marienwallfahrtsorten.126 Dazu gehörten Klausen für die Trierer Jugend, Blieskastel für die Jungen und Mädchen aus Saarbrücken, dem Sulzbach- und dem Bliestal, Bornhofen, Maria Martental, Marienstatt, 120

Vgl. Paulinus, 1945, Nr. 5, 7.

121

Vgl. ebd.

122

Vgl. ebd.

123

Siehe Paulinus, 1946, Nr. 11/12, 7.

124

Vgl. ebd.

125

Vgl. ebd.

126

Vgl. den Bericht „Marienlob der Katholischen Jugend des Bistums Trier“, in: Paulinus 72 (1946), Nr. 19/20, 7.

29 Schönstatt, Ramersbach, Barweiler, Pützfeld und Spabrücken.127 Im Vordergrund standen dabei das gemeinsame Singen und Beten, das sich großem Zuspruch seitens der teilnehmenden Jugendlichen erfreute.128 Zu erwähnen sind auch das Großzeltlager der männlichen Jugend am Gillenfelder Maar vom 17.-26. August 1946 und das erste Mädchentreffen der Katholischen Jugend des Bistums Trier vom 8.-11. August 1946 in Bullay, an denen sich die Stimmung des Aufbruchs noch einmal festmachen lässt.129 Es ist wirklich bemerkenswert, wie ausgeprägt der Gemeinschaftswille und die Bereitschaft zur Mithilfe am Aufbau der Katholischen Jugend und zum Dienst Gottes war. Dies lässt sich an dem Beschluss verdeutlichen, den die Mädchen zum Ende des Treffens in Bullay fassten: „... wir wollen, dass Reich Gottes werde in unserer Jugend, in unserem Volk, wollen es verteidigen gegen eine antichristliche Weltanschauung“.130 Dieses Zitat zeigt beispielhaft die tiefe innere Entschlossenheit der Jugendlichen, die Mitmenschen wieder zurück zu Gott zu führen und alle früheren antichristlichen Stimmungen zu bekämpfen. Man wollte also auch den noch immer vorhandenen, ehemaligen Nationalsozialisten entgegentreten. Auf der Leitungs- und Planungsebene war 1946 der erste Diözesantag der katholischen Jugend des Bistums nach dem Krieg vom 21.-23. Juni das Schlüsselereignis.131 Dieser fand im Saal des Bischof-Korum-Hauses statt. Im Mittelpunkt des Interesses stand die Suche nach „pastoralen Grundlinien und ersten Bausteinen für eine künftige ortskirchliche Rahmenordnung der Jugendpastoral“.132 Auf dem Diözesantag wurden damit gleichsam auch die bisherigen Ansätze noch einmal im Ganzen analysiert und auf den Punkt gebracht. Der Diözesantag stellt damit den vorletzten Schritt zum endgültigen Wiederaufbau der Katholischen Jugend im Bistum Trier dar. Hauptakteure bei der Ausarbeitung der Grundzüge für den Aufbau der Katholischen Jugend waren im Wesentlichen der Diözesanjugendseelsorger Johannes Müller und die Jugendlichen.133 Es wurde beschlossen, dass die neue Jugendarbeit zeit-, jugend- und lebensnah sein solle. Daran lässt sich erkennen, dass auch im Bistum der Modernitätsgedanke für den Wiederaufbau der katholischen Jugend von hoher Bedeutung war. Des Weiteren wurde beschlossen, die „Katholische Jugend“ auf der Grundlage der Vereine und Bünde nach dem Einheitsprinzip aufzubauen.134 Eine Wiedereinführung der früheren Jugendverbände der 127

Zu den Wallfahrtsorten siehe Bischöfliches Generalvikariat Trier (Hrsg.), In Gottes Namen unterwegs, Wallfahr-

ten im Bistum Trier, Trier 1987. 128

Vgl. Paulinus 72 (1946), Nr. 19/20, 7.Ebd.

129

Vgl. Paulinus, 1946, Nr. 29, 2.

130

Ebd.

131

Vgl. Feilzer (wie Anm. 1), 431, 432.

132

Ebd.

133

Vgl. Paulinus 1946, Nr. 21/22, 7.

134

Vgl. ebd.

30 ne Wiedereinführung der früheren Jugendverbände der Weimarer Republik wurde, obwohl ihnen viel zu verdanken sei, ausgeschlossen. Hinter der neuen „Katholischen Jugend“ sollten erfahrene Mitarbeiter und gereifte Persönlichkeiten stehen, doch sollte trotzdem die Jugend ihren Weg so weit wie möglich alleine gehen.135 Man sah vor, die katholische Jugendarbeit hauptsächlich auf zwei Grundpfeilern zu errichten, die da heißen Jugendseelsorge und Jugendgemeinschaft. Die Jugendseelsorge sollte schwerpunktmäßig die Aufgabe des Priesters sein, wohingegen die Jugendgemeinschaft von den Jugendlichen selbst geformt werden durfte. Hauptschwerpunkte der Jugendarbeit wurden auf Sport, Spiel, Sang und Fahrt gelegt.136 Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Stadtjugend nicht explizit von der Landjugend getrennt sein solle. Diese genannten entscheidenden Ergebnisse des ersten Diözesantages gingen mit ein in die vom Trierer Bischof Bornewasser am 1. Oktober 1946 erlassene „Weisung zur Jugendseelsorge“, welche die endgültigen Strukturen für den Wiederaufbau der katholischen Jugend im Bistum Trier festlegte. 4.2.2 Weisung zur Jugendseelsorge vom 1. Oktober 1946 In der Präambel der Weisung werden zunächst die im April 1936 vom deutschen Episkopat herausgegebenen „Richtlinien für die katholische Jugendseelsorge“ für alle Pfarreien der Diözese Trier verpflichtend grundgelegt.137 Die Jugendarbeit soll zu den wichtigsten Dienstobliegenheiten des Pfarrers zählen.138 Die Jugendarbeit soll in Zukunft in zwei Formen vonstatten gehen, die identisch mit denen von 1936 sind. Ø Die allgemeine Pfarrjugendseelsorge: Diese hat das Ziel, „möglichst alle Jugendlichen zum bewussten, frohen Leben mit der Kirche zu führen“.139 Sie ist also an der Masse der Jugendlichen orientiert. Ø Die jugendliche Lebensgemeinschaft: Diese verfolgt das Ziel, „eine Kernschar religiös zu vertiefen und für besondere apostolische Aufgaben zu bereiten“. 140 Sie ist also auf eine hochqualitative Schulung einzelner weniger angelegt, mit dem Ziel eine kirchliche Elite für später zu formen. 4.2.2.1 Die allgemeine Pfarrjugendseelsorge Die allgemeine Pfarrjugendseelsorge soll auf der selben Ebene wie bisher weitergeführt werden. Hauptverantwortlich ist dabei der Priester, der sowohl als Priester als auch als Lehrer und Hirte 135

Vgl. ebd.

136

Vgl. ebd.

137

Siehe Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr. 206, 116.

138

Vgl. ebd.

139

Ebd.

140

Ebd.

31 seinen Dienst wahrnimmt. Maßgeblich unterstützt wird er von Junghelfern beziehungsweise Junghelferinnen, die diverse Aufgaben wie beispielsweise Vorbeter oder Sänger im Gottesdienst oder Mitarbeit in der Pfarrkaritas und der Bücherei ausüben. Die allgemeine Pfarrjugendseelsorge soll nicht straff organisiert, sondern offen sein und so zu verschiedenen Veranstaltungen einladen. Sie dient dabei wie die früheren großen Verbände als Massenorganisation, die möglichst viele Jugendliche einer Pfarrei umfassen soll. Die organisierten und auszutragenden Veranstaltungen sollen den Vorstellungen und der Mentalität der Jugendlichen entgegenkommen, um eine maximale Anzahl der Jugendlichen zu erreichen. Vorraussetzung dafür ist eine gute persönliche Beziehung des Seelsorgers zu den Jugendlichen. Im Folgenden ist kurz auf die einzelnen speziellen Aufgaben der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge einzugehen. Zuerst wäre da der Jugendgottesdienst zu nennen. Einmal im Monat soll eine gemeinschaftliche Jugendmesse mit gemeinschaftlicher Kommunion stattfinden. Außerdem wird eine einmal wöchentliche Jugendgemeinschaftsmesse angestrebt, die auf einem Werktag liegen soll. Zuletzt besteht ebenfalls die Idee, gegebenenfalls auch eine wöchentliche oder monatliche Deutsche Komplet zu halten. Neben der Austragung von verschiedenen Jugendgottesdiensten ist es die Aufgabe der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge, den Glauben zu verkünden. Dies soll in monatlichen Jugendpredigten sowie wöchentlicher Katechese geschehen.141 Außerdem liegt es an der Pfarrjugendseelsorge, durch Hausbesuche seitens des Priesters oder der Junghelfer (innen) eine persönliche Verbindung mit den Jugendlichen zu knüpfen. Vierte und damit zugleich letzte Aufgabe der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge ist das Austragen von Veranstaltungen, wie zum Beispiel Feierstunden, Exerzitien, Wallfahrten oder Jugendkurse. Zudem sollen auch für die ganze Pfarrei gedachte Veranstaltungen wie beispielsweise gemeinsame Abende oder Bildungsvorträge stattfinden. 4.2.2.2 Die jugendliche Lebensgemeinschaft („Die Katholische Jugend“) Die jugendlichen Lebensgemeinschaften sollen nach freiem Willen der Jugendlichen gebildet werden. Im Gegensatz zur allgemeinen Pfarrjugendseelsorge ist hier neben dem Priester auch die Jugend selbst der Hauptträger. Aufgaben der jugendlichen Lebensgemeinschaft sind die christliche Persönlichkeitsbildung, die Mitarbeit in der allgemeinen Pfarrjugendseelsorge durch „kulturelle, soziale und karitative Leistung, sowie Vorbereitung auf die „Katholische Aktion“. 142 Äquivalent zur Pfarrjugendseelsorge soll auch hier die Organisation so gering wie möglich sein. Hiermit versuchte man also, den Jugendlichen einen größtmöglichen Freiraum zur Entfaltung ihrer Interessen und ihrer Kreativität zu geben und nicht durch zu großes Eingreifen seitens der Kirche die Jugendlichen zu sehr in eine Richtung zu drängen. Dabei sollten die jugendlichen 141

Zur Umsetzung der Empfehlungen vgl. Kapitel 4.3..

142

Ebd.

32 Lebensgemeinschaften nach zwei Leitgedanken neu aufgebaut werden. Der erste davon ist der Gedanke der Einheit. Dieser Gedanke soll verwirklicht werden, um eine größtmögliche Kraft zu besitzen und damit das Apostolat an der nicht kirchlich organisierten Jugend Deutschlands effizient ausüben zu können. Zweiter Leitgedanke ist die Eingliederung in den Aufbau von Kirche, Bistum und Pfarrei (kirchenorganischer Aufbau). Damit der Dienst an Gottes Reich erfüllt werden kann, müssen die jugendlichen Lebensgemeinschaften in die Kirche integriert sein. Bestehen sollen die Jugendgemeinschaften fortan unter dem Titel „Die Katholische Jugend“. Diese bildet die neue Jugendorganisation und folgt den ehemaligen katholischen Jugendverbänden. In bestimmten Fällen dürfen bisher selbständige Verbände der „Katholischen Jugend“ eingeordnet werden.143 4.2.2.3 Grundsätze im Einzelnen Ø Freiwilligkeit: Das Prinzip der Freiwilligkeit wird als Grundvoraussetzung für jede lebendige Jugendgemeinschaft angesehen. Freiwillig soll sowohl die Gemeinschaft als Ganzes als auch die Wahl einer bestimmten Gruppe oder Gliederung sein.144 Dabei sollen sich die Jugendlichen bei Interesse und Bedürfnis selbst zusammenschließen. Ø Priesterliche Führung: Der geistliche Führer der „Katholischen Jugend“ soll der Pfarrjugendseelsorger, das heißt der Pfarrer oder Kaplan, sein, auf dessen Schultern die Gesamtverantwortung liegt. Aufgaben des Pfarrjugendseelsorgers sind die Eingliederung der „Katholischen Jugend“ in die Pfarrgemeinde, die Wahrung der pfarrlichen Einheit und die Anleitung zum Apostolat an der übrigen Pfarrjugend. Ihm obliegt die oberste Entscheidungsgewalt. Trotzdem soll er den Jungführern und Jungführerinnen ausreichend Platz zur eigenen Tätigkeit lassen. Das bedeutet, dass auch die Führung und Gestaltung des Lebens in der Gemeinschaft hauptsächlich von den Jungführern und Jungführerinnen getragen werden sollen. Ø Jungführertum: Die Jungführer beziehungsweise Jungführerinnen sollen gemäß den Grundsätzen der „Katholischen Aktion“ unter der Oberleitung des Pfarrjugendseelsorgers eine herausragende Führungsposition einnehmen. Ihr Aufgabenbereich ist dabei um einiges größer und komplexer als der des Junghelfers. Das Mindestalter der ins Amt gewählten und vom Pfarrjugendseelsorger bestätigten Jungführer und Jungführerinnen beträgt siebzehn, das maximale Alter dreißig Jahre. Um ihren Führungsdienst bestmöglich ausüben zu können, liegt in der guten Ausbildung der Jungführer(-innen) ein Hauptanlie-

143

Vgl. Kirchlicher Amtsanzeiger Trier1946, Nr. 206, 117.

144

Vgl. ebd.

33 gen. Diese Ausbildung geht auf den drei Ebenen der Pfarrei, des Dekanats und des Bistums vonstatten. Ø Gruppe: Damit die Persönlichkeitsbildung erfolgreich sein kann, muss die Anzahl der Mitglieder einer Gruppe begrenzt sein. Die Richtzahl für die Mitglieder einer Gruppe liegt bei fünfzehn. Wie viele Gruppen es auf dem Boden einer Pfarrei gibt, ist demnach abhängig von ihrer Größe. Dabei wird eine Mindestzahl von sechs Gruppen in einer Pfarrei festgesetzt. Die Gruppen sind nach dem Kriterium Alter untergliedert. Die 10- bis 14Jährigen bilden die Jungschar, die eine Art Vorstufe zur späteren Jugendgemeinschaft darstellt. Die zweite Gruppe besteht aus den 14- bis 18- Jährigen, deren Hauptziel die Persönlichkeitsbildung ist. Die letzte Gruppe setzt sich zusammen aus den 18- bis 25Jährigen, die dann wiederum abgelöst wird vom Arbeitskreis. 145 Ihr Schwerpunkt liegt bei der Lebensschule junger Christen. Alle drei altersbedingten Gruppen sind jeweils noch einmal in getrennte Gruppen für Jungen und Mädchen unterteilt. Die Trennung der Geschlechter bleibt also auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges bestehen, wobei bestimmte Veranstaltungen wie beispielsweise das öffentliche Gotteslob gemeinsame Veranstaltungen sind. Auch mit zunehmendem Alter weicht die strikte Trennung zwischen Jungen und Mädchen auf. Ø Lebensgemeinschaft: Die jugendliche Lebensgemeinschaft soll ein „Jugendreich der Freude“ sein und dazu eine Lebensschule für die jugendlichen Christen. 146 Die Erziehung ist dabei auf die Schwerpunkte Kirche, Familie, Beruf und Volk ausgerichtet.147 Mittel dazu sind unter anderem das Wandern, das Zusammensein und das Spiel. Damit soll die Erziehungs- und Bildungsarbeit der früheren Verbände fortgeführt werden. Ø Organisation: Die in Einheit aufgebaute „Katholische Jugend“ ist nach dem kirchenorganischen Prinzip organisiert. In der Pfarrei wird die „Katholische Jugend“ geführt von dem Pfarrjugendseelsorger zusammen mit dem Pfarrjugendführer und der Pfarrjugendführerin. Auf Dekanatsebene hat der vom Bischof ernannte Dekanatsjugendseelsorger die Führung inne, gemeinsam mit den von den Pfarrjugendführern(-innen) gewählten Dekanatsjugendführern (-innen). Im Bistum übt der Diözesanjugendseelsorger die Führung aus in Verbindung mit dem Diözesanjugendführer und der Diözesanjugendführerin. Auf überdiözesaner Ebene übernimmt die Hauptstelle in Altenberg die Aufgaben der Jugendseelsorge und Jugendorganisation. 145

Zur Arbeit in den Gruppen für Schulentlassene vgl. Kapitel 4.3..

146

Siehe hierzu und zum Folgendem Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr. 206, 118.

147

Vgl. ebd.

34 Ø Jugendopfer: Die Jugendlichen sind dazu aufgerufen, in den Jugendgemeinschaftsmessen in den Pfarreien ein persönliches Opfer für das Jugendwerk der Kirche zu spenden. Verteilt wird dies mit je einem Drittel auf Bistum, Dekanat und Pfarrei. Ø Ausweis: Die Jugendlichen, die in der „Katholischen Jugend“ Mitglied sind, erhalten einen Ausweis. Alle Gruppen, die aus Mitgliedern mit Ausweisen bestehen, müssen nach den Richtlinien der „Katholischen Jugend“ aufgebaut sein. Die Mitglieder der Jungscharen haben eigene Ausweise. Ø Abzeichen: Das Silberkreuz ist das Abzeichen der „Katholischen Jugend“. Es wird den Mitgliedern verliehen, die sich in der Mitarbeit bewährt haben. Ø Banner: Einheitliches Führungsbanner der „Katholischen Jugend“ ist das Christusbanner. Dabei können Frauenjugend und Gliederungen eigene Banner haben. Ø Gliederungen: Nach Zustimmung des Bischofs ist es Jugendlichen erlaubt, innerhalb der „Katholischen Jugend“ Gliederungen zu bilden. Diese sind der „Katholischen Jugend“ auf ihren drei Ebenen untergeordnet. Besondere Bedeutung wird dabei den Marianischen Kongregationen, der Kolpingsfamilie und dem Sport eingeräumt. Die Marianische Kongregation wird für alle Gruppen der Pfarrjugend empfohlen. Dabei ist ein Eintritt erst nach einer längeren Vorbereitungs- und Prüfungszeit möglich. Für die Einordnung der Kolpingsfamilie gilt das auf Bundesebene verabschiedete und bereits erwähnte Abkommen. Den Jugendlichen wird außerdem empfohlen, sich in Sportvereinen zu betätigen, wenn dies ihre Pflichten in der „Katholischen Jugend“ nicht beeinträchtigt. 4.2.3 Umsetzung der Weisung zur Jugendseelsorge Bei der Veröffentlichung der Weisung zur Jugendseelsorge vom 1. Oktober 1946 wurde ein Hirtenwort des Trierer Bischofs Bornewasser beigelegt, in dem er alle Priester zu froher und verantwortungsbewusster Jugendarbeit aufruft und seinen oberhirtlichen Segen für die Jugendarbeit gibt.148 Er erinnert an die bisherigen Stationen zum Wiederaufbau und fasst sie zusammen und er appelliert an alle Mitbrüder, in jeder Pfarrei die neuen Richtlinien und Grundsätze geltend zu machen, sei sie auch noch so klein. Der Trierer Bischof versuchte mit diesem Hirtenwort die Menschen von den neuen Richtlinien zu überzeugen und diese möglichst schnell an die Leute zu bringen. Mit der Weisung zur Jugendseelsorge wurde der entscheidende Grundstein gelegt für den Wiederaufbau der „Katholischen Jugend“ im Bistum Trier. Sie wurde de facto mit den Richtlinien wieder eingeführt. Somit stellen die Richtlinien einen vorläufigen Endpunkt der Bemühungen zum Wiederaufbau der „Katholischen Jugend“ dar. Das Ziel des Wiederaufbaus ist 148

Vgl. Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1946, Nr. 205, 115.

35 formal erreicht worden. Nun galt es in den folgenden Jahren die Richtlinien in den Pfarreien des Bistums Trier umzusetzen und die „Katholische Jugend“ auch lebendig werden zu lassen. Beim Vergleich der Richtlinien für das Bistum Trier vom Oktober 1946 mit der knapp eineinhalb Jahre später endgültig verabschiedeten Bundesordnung des BDKJ fällt auf, dass deutliche Parallelen vorhanden sind. Beispiel dafür sind unter anderem die beiden Hauptpunkte bezogen auf die Organisationsstruktur, das heißt der Aufbau nach dem Prinzip der Einheit und dem kirchenorganischen Prinzip. Es lassen sich jedoch auch erstaunlich viele Gemeinsamkeiten in Details festmachen. Insofern kann man also sagen, dass es Anhaltspunkte für einen Einfluss der Trierer Richtlinien auf die Ausarbeitung der Bundesordnung des BDKJ gibt. Inwieweit tatsächlich direkt auf die Trierer Vorlage zurück gegriffen wurde, bedürfte näherer Untersuchungen. Im Folgenden soll nun geklärt werden, wie die Umsetzung der Richtlinien im Bistum Trier vollzogen worden ist. Dabei ist sowohl die Umsetzung der Richtlinien auf Bistumsebene als auch auf Dekanatsbeziehungsweise Pfarrebene zu untersuchen. Bevor diese jedoch näher erläutert werden, soll zunächst noch kurz auf die wichtigsten weiteren Eckpfeiler der organisatorischen Entwicklung eingegangen werden. Ein besonders wichtiges Ereignis stellt dabei die Übernahme der Bundesordnung des BDKJ im August 1948 dar. Dies geschieht mit einem Bischofswort des Trierer Bischofs Rudolf Bornewasser im Kirchlichen Amtsanzeiger vom 13. August 1948, in dem er die Bundesordnung des BDKJ als „bindend für alle Seelsorger“ des Bistums Trier erklärt.149 Kurz darauf wurden Verordnungen des Bischöflichen Generalvikariates zur Jugendseelsorge verabschiedet, die hauptsächlich Anregungen und Vorschläge hinsichtlich des Materials für Gruppenstunden etc. enthalten sowie noch einmal auf das eingeführte Monatsopfer der Jugend hinweisen.150 Zu nennen wäre außerdem die ebenfalls im August 1948 stattgefundene Gründung des „Förderwerk St. Michael“, das zur Unterstützung der katholischen Jugendarbeit sowohl in der Kirche, als auch in der Öffentlichkeit gegründet wurde.151 Letzter zu nennender Punkt ist die Anerkennung des BDKJ auch im Saarland. Im Dezember 1950 wurde die „Ordnung des Bundes der Katholischen Jugend im Bistum Trier“ von dem zum Bistum Trier gehörenden Teil des Saarlandes übernommen.152

149

Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1948, Nr. 217-221, 138.

150

Siehe Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1948, Nr. 270-273, 165-167.

151

Vgl. Paulinus, 1948, Nr. 8, 6.

152

Vgl. Bistumsarchiv Trier, HA2, Jugendseelsorge, unverzeichneter Bestand.

36 4.2.4 Die Diözesantage Generell lässt sich feststellen, dass sich die Katholische Jugend im Bistum Trier in den Jahren nach der förmlichen organisatorischen Gründung bis Anfang der 50er Jahre auf Diözesanebene vor allem bei Großereignissen der Öffentlichkeit zeigte und präsentierte. 153 Dazu gehören insbesondere die Diözesantage und die Bekenntnistage. Der erste Diözesantag der katholischen Jugend des Bistums Trier nach der Weisung zur Jugendseelsorge vom 1. Oktober 1946 fand vom 6. bis 14. Juli 1947 unter dem Leitspruch „Die auf den Herrn hoffen, erneuern ihre Kraft“ in Trier statt.154 Der Diözesantag wurde mit Begeisterung aufgenommen und fand die Anerkennung sowohl von den Teilnehmern, als auch von breiten Schichten der Trierer Bevölkerung.155 Der Diözesantag war „Arbeitstagung, Kundgebung, Erlebnis, Bekenntnis und Sendung“.156 Es wurde demnach also an der inneren Formung der katholischen Jugend gearbeitet, zugleich beschäftigte man sich aber auch mit „religiösen, kulturellen und sozialen“ Problemen im jugendlichen Umfeld.157 Herausragend war dabei vor allem die Ansprache Wolkers vor der Porta Nigra vor 8000 Menschen. Der nächste der im Jahresrhythmus stattfindenden Diözesantage wurde vom 9. bis 11. April 1948 unter dem Leitmotto „Verherrlicht Gott in eurem Leibe“ ausgetragen. Auch in diesen drei Tagen fanden sich wie schon im Jahr zuvor Tausende von Jugendlichen beispielsweise zum Pontifikalamt oder einer Predigt des Diözeanjugendseelsorgers Bokler aus Limburg im Trierer Dom zusammen.158 Was sich schon im Jahr davor angedeutet hatte, bestätigte sich hier noch einmal. Die Jugendlichen waren begeisterungsfähig für die Arbeit in der Katholischen Jugend, doch gerade deshalb bedurfte es eines sorgfältig ausgearbeiteten Planes, um diese Massen an Jugend nicht nur für den Moment, sondern über Jahre hinweg für die Katholische Jugend zu mobilisieren und zu begeistern. Dies wird auch anhand einer Stellungnahme I. K. ’s (Ignaz Kessler) zum Diözesantag im Paulinus ersichtlich.159 Er sieht die Jugend als „in der Masse bereit, in einer guten Minderheit entschlossen und in ihrem besten Teil befähigt“ für die Aufgaben der katholischen Jugend, doch er weist gleichsam auch darauf hin, dass die Katholische Jugend erst ein kleinen Schritt ihres

153

Siehe Feilzer (wie Anm. 1), 433.

154

Vgl. Paulinus, 1947, Nr. 13, 2-5.

155

Vgl. Paulinus, 1947, Nr. 15, 7.

156

Ebd.

157

Ebd.

158

Vgl. Paulinus, 1948, Nr. 5, 7. Zu Bokler siehe Schwab (wie Anm. 2), 40 Anm. 127.

159

Vgl. ebd. Zu Kessler vgl. Paulinus, 2004, Nr. 24.

37 Weges bestritten habe und dass „große graduelle Unterschiede“ bestünden.160 Das bedeutet also, dass zwar betreffend der Entwicklung der katholischen Jugend generell Anlass zur Hoffnung bestand, es aber dennoch noch einiger Arbeit bedurfte, diese Organisation in ihrem Inneren zu festigen und damit auf längere Sicht als Massenorganisation im Bistum Trier zu etablieren. Im Jahr 1949 gab es zwei Diözesantage. Vom 26. bis 29.5. fand sich zunächst die Frauenjugend des Bistums in Trier zusammen, später vom 30. September bis zum 2. Oktober trafen sich dann die Männer an gleicher Stelle. Beim Diözesantag der Frauenjugend wurden vor allem folgende Fragen aufgeworfen: „Wo stehen wir? Und wo wollen wir hin?“.161 Dazu wurden Arbeitskreise errichtet, die sich mit vielfältigen Themen wie beispielsweise dem Thema „Christus in notleidenden Brüdern“ auseinander setzten.162 Unzweifelhafter Höhepunkt der Diözesantage von 1947 bis 1952 war aber wohl der Diözesantag der Mannesjugend vom 30.9. – 2.10.1949, der gleichzeitig auch das letzte Treffen auf Bistumsebene darstellt, an dem der Diözesanjugendseelsorger Johannes Müller beteiligt war.163 Dieser arbeitete fortan im überdiözesanen Zentrum des BDKJ in Altenberg.164 Dieser Diözesantag war neben der Diskussion in Arbeitsgruppen geprägt durch die mehrfachen Ansprachen von Johannes Müller, der zur Nächstenliebe und zur Katholischen Aktion aufrief, und von dem stellvertretendem Bundesführer des BDKJ, Oskar Neisinger, der die aktuelle Situation der Katholischen Jugend beleuchtete. 165 Gerade an dessen Reden kann man sich ein gutes Bild von der Katholischen Jugend machen, das wiederum I. K. (Ignaz Kessler) im Paulinus auf den Punkt bringt. Die Zahl von mehreren tausend Teilnehmern vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck, große Massen an Jugendlichen seien beteiligt, doch nach genauerem Betrachten muss man feststellen, dass die Zahl der Teilnehmer in Relation zum Potential der Jugendlichen eigentlich gering war. Diejenigen, die am Diözesantag teilnahmen, taten dies mit großer Anteilnahme. Doch das war nur ein geringe Gruppe verglichen mit der Zahl von Jugendlichen, die theoretisch am Diözesantag hätten teilnehmen können. Hier zeigt sich also noch einmal verstärkt das Bild, das auch schon im Vorjahr in Ansätzen zu erkennen gewesen war. Die Katholische Jugend befand sich erst im Stadium des Aufbruchs und es waren erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um wirklich große Massen an Jugendlichen in die Katholische Jugend zu integrieren. Auch die folgenden Diözesantage blieben durch dieses Charakteristikum

160

Ebd.

161

Paulinus, 1949, Nr. 24, 6.

162

Ebd.

163

Siehe Feilzer (wie Anm. 1), 434.

164

In Altenberg übernahm Müller die geistliche Führung des Stamms. Siehe Feilzer (wie Anm. 1), 434 Anm. 154.

165

Vgl. Paulinus, 1949, Nr. 42, 6, 7.

38 geprägt. 1950 fand der Diözesantag vom 30. Juni bis zum 2. Juli am Deutschen Eck in Koblenz statt.166 Leitwort war dabei „Zucht, Freude, Gottes Ehre“.167 Die Diözesanführung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend des Bistums Trier mit Gertrud Bollig und Gerd Caspers an der Spitze wurde dabei wiedergewählt. Der unter dem Leitwort „Heimat – Volk – Staat“ ausgetragene Diözesantag 1952 in Trier bestätigte noch einmal die Tradition der vorhergegangenen Diözesantage und bedarf deshalb keiner näheren Beschreibung.168 4.2.5 Die Bekenntnistage Wie die Diözesantage, so sind auch die Bekenntnistage alljährlich stattfindende Großereignisse diözesaner Jugendarbeit. In den Jahren nach der Weisung zur Jugendseelsorge vom Oktober 1946 fanden sie im Sommer am Dreifaltigkeitssonntag statt. Der erste Bekenntnistag am Dreifaltigkeitssonntag 1947 wurde unter dem Motto „Ihr sollt mir Zeugen sein“ veranstaltet. 169 Auch die folgenden Mottos wie 1948 „Verherrlicht Gott in eurem Leibe“ oder 1950 „Christus unser Friede“ tendieren inhaltlich in die gleiche Richtung.170 Schon anhand dieser Leitworte kann man erkennen, dass die Bekenntnistage von ihrer Motivation her, das heißt also hinsichtlich ihrer Absichten, ähnlichen Charakter aufweisen wie die Diözesantage. Die Katholische Jugend sollte die noch vom Krieg her nachwirkenden Probleme endgültig überwinden und in eine gesicherte Zukunft auf kirchlich gelenkten Bahnen gehen. Dementsprechend wurde bei den Bekenntnistagen gezielt versucht, „jene breite Masse junger Menschen anzurufen, die weder von der kirchlichen Jugendseelsorge noch von der Arbeit der Katholischen Jugendorganisationen erfasst werden“.171 Dieses Ziel konnte bei den Bekenntnistagen besser erreicht werden als bei den Diözesantagen, da im Gegensatz zu diesen der Bekenntnistag nicht nur an einer zentralen Stelle stattfand, sondern auch in den einzelnen Dekanaten. Somit konnte dort die „Katholische Jugend“ leichter das Interesse der bisher nicht erreichten Menge an Jugendlichen wecken. Eine Eigenart der Bekenntnistage ist auch das schon von ihrer Gründung her datierende Bekenntnis der Treue der Jugend zur Kirche. Außerdem sollte die Jugend mit den Bekenntnistagen ein Zeugnis gegenüber der Gesellschaft zur Verbundenheit mit der Kirche ablegen. Diözesantage und Bekenntnistage sind also von ihrer Botschaft her ähnlich, doch haben beide ihre spezifischen Eigenarten.

166

Siehe Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1950, Nr. 140-142, 78.

167

Paulinus, 1950, Nr. 28, 8.

168

Siehe Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1952, Nr. 195-196, 86.

169

Siehe Paulinus, 1947, Nr. 5/6, 7.

170

Vgl. Paulinus, 1950, Nr. 24, 13.

171

Kirchlicher Amtsanzeiger Trier 1948, Nr. 123-124, 65.

39 Nach Betrachtung der Diözesantage und der Bekenntnistage könnte der Eindruck entstehen, die katholische Jugendarbeit auf Diözesanebene im Bistum Trier zeige sich nur bei alljährlichen Großveranstaltungen und es gäbe keine kontinuierliche Arbeit. Dem ist aber nicht so. So wie der BDKJ es auf Bundesebene mit der Errichtung der Leitstelle in Form des Hauses Altenberg vorgemacht hatte, so bekam auch die Katholische Jugend des Bistums Trier mit der Marienburg bei Bullay ab 1950 ein Heim. Seine Bedeutung ist nicht zu unterschätzen, gerade aufgrund ihrer vielfältigen Verwendungszwecke. „Sie soll der Ort sein, wo frohes Jungen- und Mädchenleben in Spiel und Tanz, in Gesang und Musik, in Fahrt und Lager sich entfaltet“, wurde beispielsweise im Paulinus geurteilt.172 Zudem sollte die Marienburg unter anderem auch als Veranstaltungsort für Exerzitien und Einkehrtage dienen.173 1952 fand dann die Instandsetzung der Marienburg als Jugendburg mit ihrer Einsegnung einen endgültigen Abschluss.174 Zum Schluss der Analyse der katholischen Jugendarbeit auf der Diözesanebene des Bistums Trier stellt sich die Frage, wie diese in wenigen Worten zu beurteilen ist. Hilfe bieten dazu zwei Briefe des Diözesanjugendseelsorgers Johannes Müller an eine Liesel Jäckel beziehungsweise Liesel Schwarz vom 16. November 1948, in denen er die Jugendarbeit als durch ein ständiges „Auf und Ab“ geprägt kennzeichnet.175 Er kritisiert gleichsam die Tatsache, dass es den Menschen an Ausdauer zur Mitarbeit in der katholischen Jugend fehle. 176 Dies verstärkt noch einmal das Bild, das sich sowohl bei den Diözesantagen als auch bei den Bekenntnistagen schon gezeigt hatte. Es bestand ein großes Potential an für die Katholische Jugend zu begeisternden Jugendlichen. Dieses Potenzial dauerhaft zu sichern, das war die wichtigste und teils auch sehr mühsame Arbeit der Verantwortlichen für die katholische Jugendarbeit des Bistums Trier. Ob überhaupt und inwieweit dieses Bild eventuell auf die katholische Jugendarbeit auf Dekanats- und Pfarrebene im Bistum Trier zu übertragen ist, dies gilt es im Folgenden zu untersuchen. 4.3 Die katholische Jugendarbeit auf Dekanats- und Pfarrebene Die Frage, ob die katholische Jugendarbeit auf Dekanats- beziehungsweise Pfarrebene im Bistum Trier erfolgreich war, wirft zunächst ein Forschungs- und Quellenproblem auf. Arbeiten zu diesem Thema sind nicht vorhanden und das Archiv des BDKJ wie des Bischöflichen Generalvikariates erlauben im aktuellen Zustand keinen systematischen Einblick. Als Ausweg bieten sich

172

Paulinus, 1950, Nr. 20, 8.

173

Vgl. ebd.

174

Vgl. Paulinus, 1952, Nr. 16, 11.

175

Vgl. Archiv des BDKJ- Diözese Trier, Ordner Briefwechsel (unverzeichneter Bestand).

176

Vgl. ebd.

40 die bischöflichen Visitationen und die bei diesen Visitationen entstandenen Visitationsfragebögen der Jahre 1948 bis 1952 an. In den Fragebögen wird unter anderem auch die Thematik der Jugendseelsorge beleuchtet.177 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf 21 Dekanate, verteilt über das gesamte Bistum, d.h. auf rund ein Drittel der Dekanate des Bistums. In ihnen lebten aber nicht weniger als 47% der Katholiken des Bistums Trier. Zur Erklärung der folgenden Tabellen: In den Visitationsbögen wurden drei Aspekte untersucht: Die Durchführung einer monatlichen Jugendpredigt sowie das Vorhandensein der Jungschar beziehungsweise das einer Jugendgemeinschaft für Schulentlassene. Dabei sind die Angaben der Visitationsbögen in vier Kategorien zu unterteilen. Jeder der drei Punkte kann in einer Pfarrei vorhanden sein oder nicht. In manchen Fällen aber sind beispielsweise nur Ansätze einer Jungschar feststellbar oder es existiert zwar eine Mädchengemeinschaft für Schulentlassene, aber keine für Jungen. Solche und ähnliche Fälle sind in die Kategorie halb eingeordnet. Manchmal finden sich allerdings in den Angaben zu einer bestimmten Pfarrei in den Visitationsbögen keine Angaben. Aufgrund dessen gibt es eine vierte Kategorie mit der Bezeichnung „kein Eintrag“.

Jugendpredigt (monatl.) (Sortierung nach Spalte 2) Dekanat

ja in %

halb

Nein

kein Eintrag

Saarburg

13,3

60

26,7

0

Bernkastel

22,2

55,5

22,2

0

Dillingen

30,43

21,74

43,48

4,35

Bitburg

30,77

23,08

46,15

0

Wittlich

33,33

8,33

41,67

16,67

Prüm

40

25

35

0

Ahrweiler

44,4

27,7

27,7

0

Saarlouis

46,7

33,3

20

0

Hermeskeil

53,33

46,67

0

0

Trier

55,56

5,56

38,88

0

Ehrang

58,33

8,33

33,33

0

St. Wendel

62,5

20,83

16,67

0

Saarbrücken

63,64

13,64

18,18

4,54

Simmern

69,23

7,69

7,69

15,39

Birkenfeld

75

0

12,5

12,5

Engers

76,92

0

15,38

7,7

177

Vgl. Bistumsarchiv Trier Abt. 40 Nr. 470-529.

41 St. Goar

80

6,7

13,3

0

Adenau

81,25

6,25

12,5

0

Kreuznach

81,82

4,55

13,63

0

Koblenz

82,35

11,76

5,89

0

Ottweiler

92,86

7,14

0

0

Jungschar (Sortierung nach Spalte 2) Dekanat

ja

halb

Nein

kein Eintrag

Adenau

6,65

6,65

86,7

0

Wittlich

8,33

8,33

50

33,33

Prüm

10

10

75

5

Saarburg

20

6,67

33,33

0

Ehrang

25,08

8,53

66,67

0

Hermeskeil

26,67

0

73,33

0

Bernkastel

27,77

11,11

55,56

5,56

Bitburg

30,7

0

61,6

7,7

Ahrweiler

33,33

11,11

55,56

0

St. Wendel

38,46

7,69

23,08

30,77

Kreuznach

45,45

4,55

40,91

9,09

Birkenfeld

50

0

25

25

St. Goar

58,33

0

29,17

12,5

Saarlouis

60

6,67

0

33,33

Dillingen

60,87

8,7

26,09

4,35

Engers

61,54

15,34

23,08

0

Saarbrücken

63,64

0

27,27

9,09

Simmern

66,7

0

33,3

0

Ottweiler

85,71

0

14,29

0

Trier

94,44

0

5,56

0

Koblenz

100

0

0

0

Jugendgemeinschaft für Schulentlassene (Sortierung nach Spalte 2) Dekanat

ja

halb

nein

kein Eintrag

Prüm

20

10

55

15

Bitburg

38,5

15,3

38,5

7,7

Wittlich

41,67

8,33

50

0

Saarburg

46,77

20

33,33

0

Bernkastel

50

5,56

44,44

0

Hermeskeil

53,33

13,33

33,33

0

Engers

53,85

23,08

7,69

15,38

42 Ahrweiler

55,56

11,11

22,22

11,11

Adenau

56,25

0

43,75

0

Ehrang

58,33

0

41,67

0

St. Wendel

69,24

0

15,38

15,38

Dillingen

73,91

4,35

17,39

4,35

Ottweiler

78,58

7,14

7,14

7,14

Kreuznach

81,81

4,55

4,55

9,09

Koblenz

82,35

5,89

0

11,76

Saarbrücken

86,36

0

4,55

9,09

Saarlouis

86,6

6,7

6,7

0

Simmern

86,6

0

6,7

6,7

Birkenfeld

87,5

0

0

12,5

St. Goar

87,5

0

8,33

4,17

Trier

100

0

0

0

Die wichtigsten Ergebnisse aus diesen Tabellen lassen sich in den folgenden Diagrammen abbilden.

Monatliche Jugendpredigt in den Pfarreien im Bistum Trier (VA 1948-1952)

3% 21%

ja in % halb nein 57% 19%

kein Eintrag

43

Vorhandensein von Jungschargruppen in den Pfarreien des Bistums Trier (VA 1948-1952)

7%

47%

ja in % halb nein kein Eintrag

41%

5%

Jugendgemeinschaften für Schulentlassene in den Pfarreien des Bistums Trier (VA 1948-1952)

6% 21% ja in % halb nein kein Eintrag 6%

67%

Anhand der oben dargestellten Diagramme kann man nun auch ein Bild der katholischen Jugendarbeit im Bistum Trier in den Dekanaten und den Pfarreien entwerfen. Generell lässt sich ein großes Bemühen der Verantwortlichen für die katholische Jugendarbeit erkennen, nicht nur auf diözesaner Ebene, sondern auch gezielt in den Pfarreien Jugendarbeit zu betreiben. Resultat

44 der Bemühungen ist ein recht erfreuliches Ergebnis, das sich in den Diagrammen zeigt. Das Vorhandensein einer monatlichen Jugendpredigt, einer Jungschar und einer Jugendgemeinschaft für Schulentlassene reicht von etwas weniger als der Hälfte bis zu etwa zwei Drittel. Dies kann durchaus positiv gewertet werden, bedenkt man die zum Teil doch nicht einfachen Bedingungen zum Aufbau einer Katholischen Jugend, die noch vom Zweiten Weltkrieg her resultierten. Dennoch sollte man sich nicht zu einem vorschnellen, rein positiven Urteil verleiten lassen. Dafür sind die Prozentsätze der Pfarreien, in denen keine monatliche Jugendpredigt, Jungschar, oder Jugendgemeinschaft für Schulentlassene vorhanden waren, zu hoch. Offensichtlich gab es doch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen der katholischen Jugendarbeit hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit. So scheint es deutlich einfacher gewesen zu sein, eine monatliche Jugendpredigt abzuhalten als den Fortbestand einer Jungschar oder einer Jugendgemeinschaft für Schulentlassene zu sichern. Dabei scheint vor allen Dingen der Aufbau einer Jungschar in den Pfarreien enorme Schwierigkeiten bereitet zu haben. Dies kann man an dem Diagramm erkennen, das zeigt, dass 41,21% der ausgewerteten Pfarreien keine Jungschar besaßen. Diese Tatsache könnte man darauf zurückführen, dass die dauerhafte Aufrechterhaltung der Jungschar im Vergleich zu der einer monatlichen Jugendpredigt oder einer Jugendgemeinschaft für Schulentlassene eines wesentlich größeren organisatorischen Aufwandes bedurfte, da in der Jungschar eine intensivere Betreuung erfolgt und die Treffen regelmäßiger stattfanden. Diese Unterschiede zwischen Jugendpredigt, Jungschar und Jugendgemeinschaft für Schulentlassene gilt es nun auch im Vergleich der einzelnen Dekanate differenziert zu untersuchen. Anhand der obigen Tabellen lassen sich auch hier gravierende Unterschiede festmachen. So gehören beispielsweise Dekanate wie Bitburg, Prüm oder Wittlich in allen drei Kategorien zu den Dekanaten mit der niedrigsten Prozentzahl, wohingegen Dekanate wie Trier, Koblenz oder Ottweiler zumindest in zwei von drei Kategorien an der Spitze liegen. Was ist der Grund für diese deutlichen Unterschiede? Diese Frage lässt sich sehr gut anhand der gerade genannten Dekanate beantworten. Der entscheidende Punkt für den Unterschied zwischen den Dekanaten Bitburg, Prüm und Wittlich auf der einen beziehungsweise den Dekanaten Trier, Koblenz und Ottweiler auf der anderen Seite liegt in der Tatsache, dass die ersten drei Dekanate durch einen ländlichen Charakter geprägt waren, die anderen drei Dekanate hingegen städtischen Charakter aufwiesen. Bitburg, Prüm und Wittlich liegen alle in der Eifel und bestanden aus ländlich geprägten und von ihrer Einwohnerzahl her kleineren Dörfern. Die relativ kleine Größe der Dörfer und damit der einzelnen Pfarreien hatte zur Folge, dass es schwer war, überhaupt neue Gruppen der Katholischen Jugend zu gründen. Dies ist schon mal ein Grund für die Unterschiede. Ein weiterer Grund liegt in der Bedeutung der Tradition. Im Gegensatz zu den städtischen Dekanaten lebten hier

45 nach dem Zweiten Weltkrieg viele traditionsbewusste Menschen, die fast alle Katholiken waren und noch einen starken Bezug zur Kirche besaßen. Die Folge dessen ist, dass hier gar nicht die Notwendigkeit gesehen wurde, die katholischen Jugendlichen in die Katholische Jugend einzubinden, da ähnliche Gemeinschaften noch bestanden oder überhaupt eine förmliche Organisation entbehrlich erschien. Voraussetzung hierfür war auch, dass die ländlichen Regionen durch den Krieg nicht so stark zerstört worden waren wie Städte und so die Jugendgemeinschaften den Krieg überdauerten. Letzter zu nennender Punkt zur Erklärung, warum in diesen Dekanaten Organisationsformen der Katholischen Jugend nicht so verbreitet waren wie in den städtischen Dekanaten, ist, dass die Jugendlichen auf dem Land im Vergleich zu denen in der Stadt in ihrer Freizeit in der häuslichen Arbeit, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft, wesentlich stärker eingebunden waren. So fehlte die Zeit für Treffen der Katholischen Jugend. Die städtischen Dekanate waren also wesentlich mehr vom Krieg betroffen, insofern bestand hier tatsächlich die unbedingte Notwendigkeit, die Jugendlichen in die neue Katholische Jugend zu integrieren. Zudem waren die Pfarreien in diesen Dekanaten wesentlich größer, sodass eine zentrale Gruppenbildung vonnöten war und gleichzeitig eine ausreichende Anzahl katholischer Jugendlicher vorhanden war. Wie sieht also nun das Fazit für die katholische Jugendarbeit in den Dekanaten und Pfarreien des Bistums Trier von 1947-1952 aus? Zusammenfassend kann man sagen, dass die katholische Jugendarbeit in den Dekanaten und Pfarreien des Bistums Trier in den Jahren 1947-1952 sich etabliert hat und mehr und mehr Jugendliche begeisterte. Im Großteil der Pfarreien war die Katholische Jugend organisiert oder befand sich zumindest im Aufbau. Dennoch stieß die Katholische Jugend bei der Mitgliedergewinnung auf erhebliche Schwierigkeiten, auf die in den Schlusskonferenzen der Visitationen hingewiesen wurde. Diese Probleme werden in der Schlusskonferenz des Dekanates Adenau auf den Punkt gebracht. „Ein großes Hindernis in der religiösen Führung [...] der Jugend ist in der übertriebenen Vergnügungssucht zu sehen das gleiche gilt auch vom Sport, Kino, Tanzveranstaltungen usw.“.178 Die Jugendlichen versuchten die während des Krieges nicht möglichen Vergnügungen nun auszuleben, was sich wie oben geschrieben in Kinobesuchen und Tanzveranstaltungen äußerte. Häufig kollidierten Treffen der katholischen Jugend mit Sportveranstaltungen; deshalb war es das Ziel der kirchlichen Verantwortlichen, einen Kompromiss zu finden zwischen diesen beiden Tätigkeiten, um die terminlichen Überschneidungen zu vermeiden. Weitere hervorzuhebende Ziele für die Zukunft waren vor allem die monatliche gemeinsame Kommunion, die tiefere Unterrichtung der Jugendlichen

178

BATr Abt. 40, Nr. 483, Bl. 155r (Dekanat Adenau).

46 in Glaubensstunden und die Jugendpredigt.179 Dabei wurde vor allem der Jungmännerseelsorge zentrale Bedeutung eingeräumt. Generell wird man sagen können, dass die Jugend für die katholische Kirche von großer Bedeutung war und dem Wiederaufbau einer Katholischen Jugend große Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Gleichermaßen scheint nicht nur im Bistum Trier, aber doch eben auch dort, die Kirche für die Jugend ein wichtiger Bezugspunkt zur Gestaltung ihres Lebens gewesen zu sein.

179

Vgl. BATr Abt. 40, Nr. 485, Bl. 123r (Dekanat Ehrang).

47 5. Schlussüberlegungen Der Blick zurück auf das Verhältnis der katholischen Kirche zur Jugend in den Jahren 19451952 auf bundesdeutscher Ebene und im Bistum Trier hat gezeigt, wie sehr dieses einen speziellen, zeitspezifischen Charakter aufweist. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich abschließend die heutige Beziehung zwischen der Kirche und der Jugend vor Augen führt. In den Jahren 1945-1952 war die katholische Kirche sehr eng mit der Jugend verbunden, ohne sie jedoch zu dominieren und einzuschränken. Die katholische Jugendarbeit genoss einen sehr hohen Stellenwert in der katholischen Kirche und auch darüber hinaus, was sich in der führenden Rolle des BDKJ im DBJR widerspiegelte. Gerade auch aufgrund der sehr intensiven Bemühungen um den Wiederaufbau der Katholischen Jugend verlief dieser so erfolgreich. Die Katholische Jugend konnte sich in den Nachkriegsjahren praktisch überall etablieren und wurde zu einer Massenorganisation mit fast 1 Million Mitglieder. Dies ist eine außerordentlich hohe Zahl, bedenkt man die Situation der Jugendlichen und die Lage der katholischen Kirche nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Jugendlichen hatten eigentlich alle ihre eigenen Probleme und dazu kam die Vergnügungslust, doch trotzdem gelang es, viele Jugendliche für die Katholische Jugend zu gewinnen. Es stellt sich nun die Frage, worauf dieser Erfolg beim Wiederaufbau der Katholischen Jugend zurückzuführen ist? Sicherlich spielt bei der Beantwortung dieser Frage die Position der katholischen Kirche in der NS-Zeit eine Rolle. Die Kirche und gerade auch die Verantwortlichen für die katholische Jugendarbeit hatten sich vehement gegen die Nationalsozialisten gestellt und versucht sie zu bekämpfen. Exemplarisch sei dafür auf die bereits behandelte Arbeit von Johannes Müller in Trier hingewiesen. Wegen ihrer Arbeit gegen die Nationalsozialisten bot sich die katholische Kirche also nach dem Zweiten Weltkrieg dazu an, ein Grundpfeiler für die Arbeit mit den Jugendlichen zu werden, die zum Teil noch von der Zeit in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen wie beispielsweise der Hitlerjugend geprägt waren. Zentralen Stellenwert beim Wiederaufbau der Katholischen Jugend besaß jedoch der verwirklichte Einheitsgedanke. Dieses Einheitsprinzip war die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Wiederaufbau der Katholischen Jugend nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Jugendlichen waren in den unmittelbaren Nachkriegsjahren auf der Suche nach sich selbst und auf der Suche nach einer Heimat, einem Platz, an dem sie Geborgenheit, Hoffnung und Gemeinschaft fanden. All dies fanden die Jugendlichen häufig in der Katholischen Jugend. Dank des Einheitsgedankens war die Katholische Jugend eben keine zersplitterte Organisation, sondern eine große, zusammenhängende Gemeinschaft, die den Jugendlichen Halt bot. Nicht übersehen sollte man außerdem die enorme Modernität der katholischen Jugendarbeit. Es wurde immer versucht, mit der Zeit zu gehen, indem man die Katholische Jugend den Bedürfnissen der Jugendlichen anpasste und nicht anders-

48 herum. Man versuchte, den Jugendlichen genug Freiraum für anderweitige Aktivitäten wie zum Beispiel dem Sport zu geben. Die Modernität zeigt sich auch daran, dass die Jugendlichen innerhalb der Katholischen Jugend eine große Rolle spielten. Dem Priester oblag zwar die oberste Führung der Jugendlichen, doch konnten vor allem die Jungführer und Jungführerinnen die Arbeit in den einzelnen Gruppen stark mitgestalten oder gar alleine übernehmen. Trotz dieser enormen Modernität zeigt sich in diesem Punkt auch ein negativer Aspekt, der Anfang bis Mitte der fünfziger Jahre begann. Die Jungführer und Jungführerinnen waren teilweise nicht hinreichend für ihre führenden Stellungen ausgebildet und außerdem entstanden immer häufiger Konflikte zwischen Priestern und Laien, da die Priester sich in ihrer Autorität bedroht fanden. Diese Konflikte beeinflussten die katholische Jugendarbeit negativ und waren ein Grund für den beginnenden Abwärtstrend der Katholischen Jugend Ende der fünfziger beziehungsweise der sechziger Jahre. Auffällig beim Betrachten der katholischen Jugendarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist außerdem, dass diese vornehmlich in zwei Formen stattfand. Einmal wurden die Jugendlichen in Kleingruppen organisiert, was häufig direkt in den einzelnen Pfarreien geschah und zweitens trat die Katholische Jugend bei ihren großen Massenveranstaltungen wie beispielsweise den Diözesantagen in Erscheinung. Inhaltlich gesehen war die katholische Jugendarbeit stark an religiösen Fragen orientiert, insbesondere die Erziehung zum gläubigen Christen stand dabei im Mittelpunkt. Dennoch wurde auch auf gesellschaftspolitische Themen eingegangen, wenn auch weniger intensiv. Dabei fehlten jedoch häufig gesellschaftskritische Aspekte. Nach meinen eigenen Quellen spielte auch die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit keine allzu beachtenswerte Rolle. Insgesamt fällt das Fazit für den Wiederaufbau der Katholischen Jugend in den Jahren 1945-1952 dennoch positiv aus, wenn auch mit wenigen negativen Gesichtspunkten.

49

6. Quellen- und Literaturverzeichnis 6.1 Quellenverzeichnis 6.1.1 Archive 6.1.1.1 Bistumsarchiv Trier Abt. 40 Visitationsberichte HA2, Jugendseelsorge, unverzeichneter Bestand 6.1.1.2 Archiv des BDKJ Diözese Trier Ordner Briefwechsel (unverzeichneter Bestand) 6.1.2 Sonstige gedruckte Quellen Kirchlicher Amtsanzeiger für die Diözese Trier Paulinus Trierer Bistumsblatt 6.2 Literatur BDKJ Journal (1997) Heft 1: 50 Jahre BDKJ. FEILZER, Heinz, Jugendpastoral: Seelsorge an und mit jungen Menschen, in: Schneider/ Persch, Beharrung und Erneuerung, 414-443. GATZ, Erwin, Deutschland, in: Erwin Gatz (Hrsg.), Kirche und Katholizismus seit 1945 Bd. 1, 53-158. GATZ, Erwin (Hrsg.), Kirche und Katholizismus seit 1945 Bd. 1. LECHNER, Martin, Pastoraltheologie der Jugend. Geschichtliche, theologische und kairologische Bestimmung der Jugendpastoral einer evangelisierenden Kirche, München 1992. HASTENTEUFEL, Paul, Katholische Jugend in ihrer Zeit, Bd. II: 1919-1932, Bamberg 1989. PAHLKE, Georg, Trotz Verbot nicht tot. Katholische Jugend in ihrer Zeit, Bd. III: 1933-1945, Paderborn 1995. PERSCH, Martin, Die Bischöfe, in: Schneider / Persch, Beharrung und Erneuerung, 34-72. PERSCH, Martin, Die Bistumsverwaltung, in: Schneider / Persch, Beharrung und Erneuerung, 73-103. SCHNEIDER, Bernhard / Persch, Martin (Hrsg.), Beharrung und Erneuerung 1881-1981 (Geschichte des Bistums Trier Bd. 5), Trier 2004. SCHNEIDER, Bernhard, Kirchliches Leben, Frömmigkeit und Seelsorge im gesellschaftlichen Wandel, in: Schneider / Persch, Beharrung und Erneuerung, 263-387.

50 SCHWAB, Martin, Kirche leben und Gesellschaft gestalten. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Bundesrepublik Deutschland und der Diözese Würzburg 19471989, Würzburg 1997. VOLK, Ludwig (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Bd. VI: 1943-1945, Mainz 1985.

51

7. Bildanhang

Diözesantag 1946 in der Abteikirche St. Matthias Trier180

180

Paulinus, 1947, Nr. 13, 5.

52

Bildmontage vom Diözesantag 1947181

Die Bilder auf den folgenden Seiten stammen aus dem Privatarchiv von Prof. Dr. Heinz Feilzer

181

Paulinus, 1947, Nr. 15, 8.

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