Bratislava vor und nach dem Ersten Weltkrieg Aspekte und Kontexte

Vladimír Zvara Musik und Musiktheater in Pressburg / Pozsony / Bratislava vor und nach dem Ersten Weltkrieg Aspekte und Kontexte In der Geschichtsschr...
Author: Berndt Melsbach
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Vladimír Zvara Musik und Musiktheater in Pressburg / Pozsony / Bratislava vor und nach dem Ersten Weltkrieg Aspekte und Kontexte In der Geschichtsschreibung ist der Nachvollzug von Bruchlinien und Kontinuität historischer Prozesse von gleicher Wichtigkeit. In der Geschichte der Stadt Bratislava (Pressburg, Pozsony) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert begegnen wir mehreren einschneidenden Brüchen. Es handelt sich um primär politische Ereignisse, die jedoch erhebliche Konsequenzen auf das gesellschaftliche Leben und das kulturelle Geschehen hatten: der Österreichisch-Ungarische Ausgleich (1867), die Entstehung der Tschechoslowakischen Republik (1918–1919), der Zerfall der Tschechoslowakischen Republik und der Beginn des Zweiten Weltkriegs (1938, 1939), das Ende des Kriegs (1945) und der „Siegreiche Februar“ (die kommunistische Machtübernahme) in 1948. Wohl führt das Leben konkreter Menschen meistens quer durch solche geschichtlichen Brüche, um dadurch die Kontinuität der Geschichte zu gewährleisten. Doch für Bratislava des 20. Jahrhunderts trifft das, leider, nur begrenzt zu. In historisch kürzester Zeit kam es nämlich wiederholt zu – zumindest partiellem – „Bevölkerungsaustausch“. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen zahlreiche Zuwanderer in die Stadt – Slowaken und Tschechen. Die meisten Tschechen zogen 1938 wieder ab. Während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere in den Jahren 1942 und 1944, wurde der Großteil der Juden aus der Slowakei, also auch aus Bratislava in den fast sicheren Tod transportiert. 1945–1946 wurden viele Ungarn und Deutschen gezwungen, die Stadt zu verlassen, bzw. wurden aus ihr verjagt, 1948 folgten dann viele Nicht-Kommunisten. Gleichzeitig zogen Slowaken zu, in Zahlen, die die Zwischenkriegs-Zuwachsrate weit übertrafen. Mit dem Ergebnis, dass beide seit Jahrhunderten dominierenden Sprachen der Stadt – Deutsch und Ungarisch – ihr abhanden gekommen sind. Die ethnische Vielfalt von Bratislava versank in die Vergangenheit. Die deutsch-slowakisch-ungarische Dreisprachigkeit, in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen noch gang und gäbe, wurde nach dem zweiten Weltkrieg zu einer marginalen Erscheinung und überlebte nur in wenigen „Pressburger“ Familien. Für Historiker sind Brüche und Trennlinien leichter erfassbar und zuweilen attraktiver als Kontinuität. Bei der Suche nach einer geschichtlichen Orientierung und ihrer Auswertung sind nicht selten ideologische Schemen und teleologische Konstruktionen behilflich, die oft auch als das historische Bewusstsein lenkende Normen funktionieren. Für slowakische Musik- und Theaterhistoriker war und ist zum Teil bis heute die Sichtweise der „slowakischen Musik“ und des „slowakischen Theaters“ in ethnischer Auffassung maßgeblich.1 Von dieser Optik wird insbesondere der Markstein des Jahres 1918 unterstrichen und so manche existierende überethnische Kontinuität der kulturellen Entwicklung auf dem Gebiet der heutigen Slowakei verunklart. Wird aber für die Geschichte der Kultur mechanisch die Periodisierung der politischen Geschichte und dazu noch die teleologische Orientierung im Geiste einer konkreten nationalen Ideologie angewandt, so kommt es zur weitgehenden Selektion und Deformation des historischen Gedächtnisses. Besonders trifft dies für Bratislava und dessen Kulturgeschichte zu. Das Jahr 1918 (bzw. 1919) kann keinesfalls als das Jahr Null betrachtet werden. Die Operette, aus Wien kommend, bildete gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Kern des lokalen ungarischen Theaterrepertoires, überlebte den Umsturz und konnte auch noch in Zeiten des Slowakischen Staates (1939–1945) die Kasse des Slowakischen Nationaltheaters füllen. Das deutsche Schauspiel in Bratislava, dessen Tradition

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Das deuten auch schon die Titel von zwei großen Synthesen der 90er Jahre an: ELSCHEK, Oskár (Hrsg.): Dejiny slovenskej hudby od najstarších čias po súčasnosť (Geschichte der slowakischen Musik von den Anfängen bis zur Gegewart). Bratislava: ASCO Art & Science 1996; MISTRÍK, Miloš et al.: Slovenské divadlo v 20. storočí (Slowakisches Theater im 20. Jahrhundert). Bratislava: Veda 1999.

tief in die Vergangenheit zurückgreift, erreicht den qualitativen Höhepunkt paradoxer Weise in den 1920er und 1930er Jahren, indem es die Errungenschaften des modernen deutschen Theaters in vollendeter Form präsentiert und die Schöpfer der slowakischen Theatermoderne maßgeblich inspiriert. Ungeachtet aller politischer und kulturpolitischer Widersprüche und Konflikte erweisen sich diese Jahrzehnte auch als eine Zeit der Koexistenz und oft eines höchst inspirierenden Austausches von Alt-Pressburg und Bratislava. Es ist wichtig, auf diese Werte des kulturellen Vermächtnisses der Stadt, die aus national-ideologischen, bzw. auch aus „klassenpolitisch“ bedingten Gründen verdrängt wurden, zurückzugreifen. Zu den markantesten Beispielen gehört das Schaffen des hiesigen Vertreters der musikalischen Moderne Alexander Albrecht (1885– 1958), das wir erst seit kurzem neu entdecken, dank der dramaturgischen Tätigkeit von Vladimír Godár.2 Betrachtet man aber die Musik- und Theatergeschichte als Geschichte des Musik- und Theatergeschehens, stoßt man an erhebliche methodologische Probleme. Aus dem untersuchten Zeitabschnitt sind bis auf wenige Ausnahmen keine Tondokumente überliefert. Es gibt kaum Bildmaterial von Opern- und Operettenproduktionen vor 1918, und auch bei vorhandenen Photographien aus späterer Zeit (nicht allein aus Bratislava) handelt es sich entweder um Studioaufnahmen oder um Fotos, die zwar in authentischen Kostümen und Kulissen aufgenommen wurden, die aber nicht während der Vorstellungen entstanden sind und somit vom Bühnengeschehen, von der Schauspielkunst der Akteure, vom Stil und Atmosphäre der Inszenierungen nur wenig aussagen. Die Quellenlage ist fragmentarisch. Soweit es um schriftliche Quellenbasis geht, besteht diese aus Verträgen, Betriebs- und Amtskorrespondenz, Buchhaltung, Notenmaterial, Regiebüchern. Auch in diesem Fall ist die Situation hinsichtlich der Zeit vor 1918 sehr unerfreulich. Musikalische Veranstaltungen wurden größtenteils von privaten Agenturen organisiert, im Städtischen Theater spielten private Theatergesellschaften. Schriftliches Material, bzw. Archive dieser Veranstalter wurden nicht systematisch aufbewahrt, weder damals, noch später. Unter jenen Gesellschaften, die vor der Gründung des Slowakischen Nationaltheaters (1920) am Städtischen Theater wirkten, bildet der Nachlass des Theaterdirektors Ignácz Krecsányi eine positive Ausnahme, bewahrt in der Széchenyi Bibliothek in Budapest (Theaterabteilung). Erhalten sind auch Quellen über die Tätigkeit des Kirchenmusikvereins zu St. Martin.3 Die ausgiebigste Informationsquelle für heutige Forschungszwecke bietet daher die in Pressburg / Pozsony / Bratislava erscheinende zeitgenössische deutsche, ungarische und slowakische Presse,44 bzw. auch die Wiener und Budapester Presse, die gelegentlich über bedeutende Veranstaltungen in unserer Stadt informierte. Zeitungen und Zeitschriften jener Zeit brachten nicht nur Rezensionen über Veranstaltungen, sondern auch deren Ankündigungen, Essays und Betrachtungen über das kulturelle Leben der Stadt sowie Berichte von Tagungen der Stadtverwaltung (Berichte von Generalversammlungen des Munizipalrats und von Sitzungen der Theaterkommission, veröffentlicht in den Tagblättern Pressburger Zeitung und Westungarischer Grenzbote). Vom aktuellen Kulturleben erfahren wir aus der zeitgenössischen Presse mehr als uns dies die Presse unserer Gegenwart ermöglicht. Trotzdem ist auch diese Art von Quellen von begrenzter Aussagekraft, da das geschriebene Wort oftmals von persönlichen oder Gruppeninteressen und Ideologie beeinflusst wird. Es gilt, dass das geschriebene Wort die Realität zum Teil reflektiert und zum Teil erschafft. Auch Musik- und Theaterrezensionen sagen nicht selten

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Der Anregungen von Vladimír Godár ist zu verdanken, dass eine Reihe von Albrechts Werken wiederaufgeführt wurden – unter anderem im Rahmen des Festivals Epoché (2006) und der Musikfestspiele Bratislava 2008 und 2009. Kürzlich wurden Texte von Alexander Albrecht veröffentlicht: ALBRECHT, Alexander: Túžby a spomienky. Úvahy a retrospektívne pohľady skladateľa (Hrsg. Vladimír Godár). Bratislava: Hudobné centrum 2008. 3

Vgl. LENGOVÁ, Jana: Pressburger Kirchenmusikverein zu St. Martin (1833–1950). In: 16. Slovenski glasbeni dnevi / 16th Slovenian Musical Days 2001. Ob 300. obletnici ustanovitve Academiae philharmonicorum Labacensium in 100. obletnici rojstva skladatelja Blaža Arniča / At the 300th Anniversary of Academia Philharmonicorum Labacensium (Hrsg. Primož Kuret). Ljubljana: Festival Ljubljana 2002, S. 174–181. 4

Die bedeutendsten Zeitungen der drei Sprachgemeinschaften der Stadt waren die Pressburger Zeitung, Westungarischer Grenzbote, Pozsonyvidéki lapok, Nyugatmagyarországi hiradó und Národnie noviny.

mehr darüber aus, wie ihre Autoren die beschriebenen Veranstaltungen betrachteten, bzw. betrachten wollten, welche künstlerische und gesellschaftliche Bedeutung sie ihnen zuschrieben, als über die Veranstaltung selbst. Es ist bezeichnend, dass Jana Laslavíková, die das Theatergeschehen in Pressburg in den Jahren 1886–1920 ausführlich untersuchte, in ihren Arbeiten mehr über gesellschaftliche und politische Aspekte des Theaters berichtet als über das Theater als künstlerisches Phänomen.55 Andererseits sollten Musik- und Theaterhistoriker nicht auf ihre fachspezifischen Fragestellungen verzichten und über die Musik- und Theatergeschichte der Stadt nicht allein als über einen Teil allgemeinerer kultureller und gesellschaftlicher Prozesse berichten, sondern sie auch im engeren Sinn als Geschichte spezifischer und manchmal auch bedeutender künstlerischer Ereignisse beleuchten. *** Pressburg manifestierte sich bis ins 19. Jahrhundert vorwiegend als deutsche Stadt in Oberungarn, genauer gesagt: eine Stadt mit der Mehrzahl deutsch sprechender Bürger. Die deutschsprachigen Pressburger waren das dominierende Ethnikum, mit maßgeblicher Vertretung im Wirtschaftsleben der Stadt, als Besitzer von Immobilien, Weinbauer, Kaufleute und Handwerker. Auch die Stadtverwaltung war vorwiegend in ihren Händen. Der Aufstieg des ungarischen Nationalbewusstseins in den Reihen der Stadtbewohner tritt seit den 1840er Jahren ein, wobei die von der ungarischen Reformbewegung deklarierten Fortschritts- und Freiheitsideen eine bedeutende Rolle spielten. Im Revolutionsjahr 1848 profilierte sich der deutschsprechende Pressburger Bürger, der zugleich eifriger ungarischer Patriot und Kritiker des reaktionären Wiens war. Als nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich in 1867 in ganz Ungarn ein politischer Druck auf die Magyarisierung des öffentlichen Lebens erfolgte (in Pressburg ausschließlich zum Nachteil der deutschen Sprache, da die Position der zahlreichen slowakischen Stadtbewohner und der slowakischen Sprache im öffentlichen Leben und in der Kultur unbeträchtlich war), haben die deutschen Bürger demonstrativ ihren ungarischen Patriotismus bekundet, die Erweiterung der Rolle der ungarischen Sprache im Schulwesen, im Theater und allgemein im öffentlichen Leben unterstützt und in Volkszählungen in hohem Maß ihre deklarative ethnische Zugehörigkeit geändert.6 Die Beweggründe hierzu waren sicher verschieden: von politischer Überzeugung bis hin zur Berücksichtigung von Karrieren, ökonomischen Vorteilen und Hoffnungen auf eine bessere Zukunft der Kinder. Zeitgenössische Quellen deuten auch an, dass das Ziel des ostentativen Patriotismus der Deutschen in Ungarn auch eine Abwehr gegenüber dem Misstrauen der „antiWienerisch“ gestimmten Ungarn war. Gleichzeitig muss aber betont werden, dass die sozialen Unterschiede im Alltag viel mehr Bedeutung hatten als ethnisch-sprachliche Grenzen.7

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LASLAVÍKOVÁ, Jana: Keď lokálne neznamená provinčné. Mestské divadlo v Prešporku v rokoch 1886-1920: fakty a kontexty. In: Slovenská hudba, Jg. 33 (2007), Nr. 3–4, S. 439–465; LASLAVÍKOVÁ, Jana – ZVARA, Vladimír: „Naše publikum nerozbíja poháre od šampanského“. Poznámky k dejinám Mestského divadla v Prešporku v rokoch 1886–1920. In: Prezentácie – konfrontácie 2008. Zborník príspevkov z medzinárodnej konferencie (Hrsg. Miloslav Blahynka – Markéta Štefková). Bratislava: Divis Slovakia, 2008, S. 25–37; LASLAVÍKOVÁ, Jana: Mestské divadlo v Prešporku v rokoch 1886–1920. Dissertation (Filozofická fakulta Univerzity Komenského). Bratislava 2009. 6

Volkszählungen bieten folgende historische demographische Zahlenangaben für Pressburg / Bratislava:

1850/51: insgesamt 42 200 Einwohner – davon 74,6 % Deutsche, 17,9 % Slowaken, 7,4 % Ungarn. 1890: insgesamt 52 400 Einwohner – davon 59,9 % Deutsche, 19,9 % Ungarn, 16,6 % Slowaken. 1910: insgesamt 78 200 Einwohner – davon 42 % Deutsche, 40 % Ungarn, 17 % Slowaken. Vgl. FRANCOVÁ, Zuzana: Obyvatelia – etnická, sociálna a konfesijná skladba. In: Bratislava (Ročenka Mestského múzea), č. 10, Bratislava: Mestské múzeum, 1998, S. 17–38. 7

Zu dieser Problematik vgl. TANCER, Jozef – MANNOVÁ, Elena: Od uhorského patriotizmu k menšinovéhmu nacionalizmu. Zmeny povedomia Nemcov na Slovensku v 18. a 19. storočí. In: My a tí druhí v modernej spoločnosti. Konštrukcie a transformácie kolektívnych identít (Hrsg. Gabriela Kiliánová – Eva Kowalská – Eva Krekovičová). Bratislava: Veda 2009, besonders S. 357–361 und 373–379.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts haben auch ungarische Theatergesellschaften im alten Pressburger Städtischen Theater, das im Jahr 1776 von Graf Georg (György) Csáky erbaut wurde, ihr Glück versucht. Doch ging es eher um Episoden, im Vergleich zur kontinuierlichen Pflege des deutschen Theaters (ebenfalls auf der Basis von Theatergesellschaften, die sich das Stadttheater mieteten). Noch 1863 führt der Verfasser einer Zeitungsnachricht den Misserfolg der Vorstellungen der renommierten ungarischen Opern- und Schauspielgesellschaft von István Reszler im Städtischen Theater einerseits auf das verlockende Frühlingswetter und andererseits auf die Tatsache zurück, dass das Pressburger Publikum der ungarischen Sprache nicht mächtig sei.8 Um zwanzig Jahre später (1884–1886) wird an Stelle des alten Theaters das neue Stadttheater der Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer erbaut. Im Städtischen Theaterkomitee wird erregt über die Gliederung der Spielzeit und über Symbolik diskutiert.9 In der Frage der Gliederung der Spielzeit wird ein Kompromiss erzielt: Als Hauptsaison gilt weiterhin die deutsche Spielzeit, aber auch dem ungarischen Theater wird sein Anspruch im Voraus garantiert. Die ungarische Nationalidee siegt eindeutig in Sachen der Symbolik. Die Decke des Zuschauerraums im neuen Haus wird mit Szenen aus ungarischen historischen Dramen dekoriert, in den Nischen der Fassade erhalten drei Figuren des ungarischen künstlerischen Kanons ihren Platz: József Katona, Mihály Vörösmarty und Franz/Ferenc Liszt, ergänzt durch die europäischen Klassiker Johann Wolfgang von Goethe und William Shakespeare.10 Und die festliche Eröffnungsvorstellung in Anwesenheit des ungarischen Ministerpräsidenten Kálmán Tisza, deren Programm der RákóczyMarsch, ein dichterischer Prolog von Mór Jókai und die Nationaloper Bánk Bán von Ferenc Erkel bildeten, gestaltete sich zu einer wahren nationalen Manifestation.11 Unter dem Einfluss von Richtlinien aus Budapest, die nun bestimmen, dass der Minimalanteil der Vorstellungen in ungarischer Sprache an allen Theatern im Königreich ansteigen soll, ändert sich stufenweise auch die Proportion deutscher und ungarischer Vorstellungen im Pressburger Stadttheater. Nach der Eröffnung des neuen Hauses wurde ein Modell festgelegt, wonach der von Oktober bis Februar dauernde Teil der Spielzeit dem deutschen Theater zur Verfügung stand und nur von Februar bis April das ungarische Theater an die Reihe kam. 1902 war die Relation bereits umgekehrt: die Ungarn erhielten die attraktivere Winterspielzeit.12 Das Theater wurde langsam aber sicher zur Plattform des politischen Kampfes. Die Magyarisierung der Kultur stieß nämlich an die Anpassungsgrenzen der deutschsprachigen Pressburger, die mit der Einengung des Raumes für das deutsche Theater nicht einverstanden waren. Immer wieder werden ungarische Vorstellungen von Deutschen kritisiert, nicht primär aufgrund der ungarischen Sprache, sondern wegen ihrer – wie behauptet wurde – geringer Qualität. Für deutsche und ungarische Theatergesellschaften, die in dieser Zeit in Pressburg wirkten, war die Oper der traditionelle, publikumsattraktive, aber wirtschaftlich und personal anspruchsvollste Teil des Repertoires. Opernvorstellungen konzentrierten sich daher auf das Ende der Spielzeit, bzw. wurden mithilfe der aus Wien oder aus Budapest angereisten gastierenden Künstlern zustande gebracht.13 Das Opernrepertoire unterschied sich kaum vom üblichen Repertoire in anderen Städten der Region: italienisches melodramma, französische opéra comique und grand opéra, deutsche Oper, repräsentiert durch Mozarts Zauberflöte und Werke von Lortzing und Nicolai, aber auch den „romantischen“ Wagner (in den 70er Jahren wurden in Pressburg erstmals Lohengrin und Tannhäuser aufgeführt). Seit den 60er Jahren gewann die Operette zunehmend an Popularität und entwickelte sich zum Repertoire-Schwerpunkt der ungarischen Gesellschaften. Jana Laslavíková hat Dokumente gesammelt, die von beträchtlichen Unterschieden des

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Pressburger Zeitung, 12.5.1863; zit. nach: HOZA, Štefan: Opera na Slovensku, Bd. 1. Martin: Osveta 1953, S. 87. 9

Vgl. FABRICIUS, Otto von: Das neue Theater in Pressburg. Festschrift. Pressburg: Druckerei des Westungarischer Grenzbote 1886. 10

Vgl. BLAHOVÁ, Elena: Busty na priečelí historickej budovy Slovenského národného divadla. In: Bratislava (Zborník Mestského múzea), Nr. 17. Bratislava: Mestské múzeum 2005, S. 95–104. 11

Vgl. im Artikel Der Eröffnungstag des neuen Theaters. In: Pressburger Zeitung, 23.9.1886, S. 5.

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Vgl. LASLAVÍKOVÁ, Jana: Mestské divadlo v Prešporku v rokoch 1886–1920, Zit. in Anm. 5, S. 31.

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Vgl. ebenda, S. 34–36.

künstlerischen Niveaus der verschiedenen Direktionsären zeugen. Doch kann festgelegt werden, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Musiktheater in Pressburg keine Blütezeit beschert war. Auch der junge Bruno Walter, als Kapellmeister am Pressburger Stadttheater in der Spielzeit 1897−1898 tätig, hinterließ ein Zeugnis über das kleine Orchester, den nicht allzu guten Chor und über Anfänger-Solisten (wenn er auch die Atmosphäre im Theater und die Bereitschaft der Kollegen, an besseren künstlerischen Ergebnissen zu arbeiten, gelobt hat).14 Andererseits ist bekannt, dass so mancher Pressburger Bürger die Wiener Theater, die Hofoper inbegriffen, regelmäßig besuchte. Und von der Offenheit des Pressburger Publikums zeugt zum Beispiel auch der begeisterte Empfang der Brünner Oper, die 1902 und 1905 in Pressburg gastierte und Werke tschechischer Komponisten in Originalsprache zur Aufführung brachte. Am Rande sei bemerkt, dass Pressburg die Gastspiele der Brünner Oper – paradox und bezeichnend – einem DeutschPressburger, Gustav Mauthner, Kritiker des Tagblatts Westungarischer Grenzbote und Besitzer einer Konzertagentur, zu verdanken hatte.15 Noch an der Neige des 19. Jahrhunderts hatte Pressburg keine musikalischen Institutionen im modernen Sinn. Jedoch wirkten hier mehrere anerkannte private Musiklehrer16 und mehrere musikalische Vereine auf konfessioneller, nationaler oder professioneller Basis, die auch öffentliche Auftritte veranstalteten.17 In Orchesterkonzerten spielten Mitglieder des Theaterorchesters, das von den wechselnden Theaterdirektoren engagiert wurde und jeweils mehr oder minder aus den selben, in der Stadt ansässigen Musikern bestand. Neben dem Theaterorchester hatten auch Militärkapellen öffentliche Auftritte, hauptsächlich in Form von Promenadenkonzerten (einen besonders guten Ruf genoss die Kapelle des Zweiten Infanterieregiments des k. u. k. Heeres).18 Das Angebot wurde durch zahlreiche und beliebte Zigeunerkapellen ergänzt. Große, spektakuläre Produktionen – Aufführungen von Haydn- und Liszt-Oratorien, Beethovens Neunter Symphonie oder Verdis Requiem – fanden mit vereinten Kräften statt, wobei ethnische und konfessionelle Grenzen problemlos überschritten wurden. Produktionen dieser Art wurden in der Regel vom Kirchenmusikverein zu Sankt Martin koordiniert, der ununterbrochen von 1833 bis 1950 bestand und auch über ein eigenes Orchester verfügte. Die Dirigenten dieses Vereins gehörten zu den bedeutendsten Pressburger Komponisten des 19. Jahrhunderts: Joseph Kumlik, Karl Mayrberger und Joseph Thiard-Laforest. Der Kirchenmusikverein schuf auch Bedingungen für die Entstehung (bzw. die Erneuerung) der höheren Musikschule, der Pressburger Städtischen Orgel- und Musikschule (1906), deren Direktor gleichzeitig Dirigent des Kirchenmusikvereins und Professor am katholischen Gymnasium war (als erster wirkte in diesen Funktionen der Brucknerschüler Eugen Kossow). Vom Kirchenmusikverein wurde 1906 auch die Gründung des Städtischen Orchesters angeregt. Als Konzertveranstalter waren auch mehrere „Konzert-Direktionen“, d. h. Agenturen tätig, die Künstlergastspiele organisierten. Die Bilanz ist beeindruckend: In Pressburg gastierte das Meiningener Hoforchester unter der Leitung Hans von Bülows, das Münchner TonkünstlerOrchester, wiedeholt das Wiener Tonkünstler-Orchester, das Budapester Philharmonische Orchester und die „Böhmische Philharmonie“. In Pressburg konzertierten auch große Virtuosen:

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Vgl. W ALTER, Bruno: Téma s variacemi. Vzpomínky a úvahy. Praha: Státní hudební vydavatelství 1965, S. 114–120. 15

Näheres in: LASLAVÍKOVÁ, Jana: Ocenenie českej opery v Prešporku. Poznámky k hosťovaniu Národného divadla z Brna v prešporskom Mestskom divadle v rokoch 1902–1905. In: Česko-německé hudební vztahy v minulosti a současnosti (CD ROM; Hrsg. Lenka Přibylová). Ústí nad Labem: Univerzita Jana Evangelisty Purkyně 2008. 16

Nach dem Bulletin Pressburger Wegweiser für das Jahr 1885 waren hier als Musiklehrer vierzehn Personen tätig; vgl. LENGOVÁ, Jana: Hudba v období romantizmu a národno-emancipačných snáh (1830– 1918). In: Elschek, Oskár (Hrsg.): Dejiny slovenskej hudby od najstarších čias po súčasnosť, zit. in Anm. 1, S. 209. 17

Zu den bedeutendsten Gesangsvereinen gehörte die Liedertafel (seit 1847), der Typographenbund (seit 1872), der Toldy-Kör (Toldy Zirkel; seit 1874), der Pressburger Singverein (seit 1879), der Arbeiter Gesangsverein Einigheit (seit 1904) sowie mehrere Kirchenchöre. 18

Vgl. LENGOVÁ, Jana: Vojenská hudba a hudobný život Bratislavy v 19. storočí. In: Slovenská hudba, Jg. 19 (1993), Nr. 3–4, S. 458–480.

Franz Liszt, Clara Schumann, Anton Rubinstein, Joseph Joachim, Johannes Brahms, Camille Saint-Saëns, Pablo Casals. Andererseits brachte die Pressburger deutsche und ungarische Presse auch Berichte über zahlreiche künstlerisch problematische und dramaturgisch nicht glücklich konzipierte Konzerte. Auch hier galt, dass das Angebot der kulturellen Veranstaltungen in Pressburg en gros mit jenem von Wien und Budapest nicht zu vergleichen war. Viele Pressburger besuchten regelmäßig Konzerte in beiden Metropolen. *** 1919 betrat die tschechoslowakische Staatsmacht die Stadt und gab ihr auch einen neuen Namen (inspiriert durch ein Neuwort aus dem 19. Jahrhundert): Bratislava.19 Die Stadt erweiterte sich: war die Zahl der Einwohner im Jahr 1900 61 500, so erhöhte sie sich 1919 bereits auf 83 200 und 1930 sogar auf 123 800. Die Volkszählungen dokumentieren auch, dass sich auch die Proportionen der nationalen Zugehörigkeit der Einwohner rasch veränderten (auch wenn wir wissen, dass die Deklaration der nationalen Zugehörigkeit in Volkszählungen das Ergebnis verschiedenartig motivierter individueller Entscheidungen ist).20 Die deutsch- und ungarischsprachigen Bewohner von Bratislava gerieten in Opposition; Mit Bitterkeit verfolgten sie die politische Entwicklung und die gemeinsame Lage führte zu gegenseitiger Annäherung. Das tschechoslowakische Lager war um vieles uneiniger: Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Slowaken, insbesondere der Anhänger der Slowakischen Volkspartei (seit 1925 Hlinka Partei), beurteilte die Politik der Tschechen in der Slowakei als kolonialistisch und hielt die kämpferische Haltung gegenüber der Idee der tschechoslowakischen Nation und dem politischen Tschechoslowakismus als notwendig und angebracht. Der Positionskampf um den Charakter der Stadt projizierte sich klar auch in das Musik- und Theaterleben. Neu entstandene tschechoslowakische Kulturvereine und Assoziationen – namentlich der Kulturverband für die Slowakei (Osvetový zväz pre Slovensko) und der Slowakische Kunstverein (Umelecká beseda slovenská), beide seit 1922 – als auch das Slowakische Nationaltheater (seit 1920) werden aus Prag subventioniert. Andererseits gastieren in Bratislava auch renommierte Künstler aus Budapest mit (ebenfalls politisch motivierter) Unterstützung der Budapester Regierung. Resultat dieses wettstreitartigen Konkurrenzkampfes zwischen alten und neuen Organisatoren kultureller Veranstaltungen ist ein ungewöhnlich buntes Angebot für die Einwohner der Stadt: Mindestens zweimal pro Woche finden Konzerte klassischer Musik statt. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen konzertieren hier die Geiger Eugène Ysaӱe, Fritz Kreisler, Nathan Milstein, Jenő Hubay, die Pianisten Eugen d´Albert, Ernő von Dohnányi und Béla Bartók, Orchester wie die Wiener Philharmoniker (unter der Leitung von Felix Weingartner, Richard Strauss und Wilhelm Furtwängler), die Budapester Philharmonie mit Ernő von Dohnányi und András Komor oder die Tschechische Philharmonie mit Václav Talich (der später, in den Jahren 1949–1952 Chefdirigent der Slowakischen Philharmonie sein wird).21 Ungarische und deutsche Kulturvereine und Assoziationen hatten den Vorteil guter Kontakte zu Wien und Budapest, in ihrer Dramaturgie waren sie jedoch nicht immer abhängig von den in

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Vgl. HORVÁTH, Vladimír – RÁKOŠ, Elemír – W ATZKA Jozef (Hrsg.): Bratislava, hlavné mesto Slovenska (pripojenie Bratislavy k československej republike roku 1918–1919). Bratislava: Obzor 1977. 20

Aufgrund von Volkszählungen können folgende historische demographische Angaben angeführt werden:

1910: insgesamt 78 200 Einwohner – davon 42 % Deutsche , 40 % Ungarn, 17 % Slowaken. 1919 (August): insgesamt 83 200 Einwohner – davon 36,3 % Deutsche, 32,9 % tschechoslowakischer Nationalität, 29 % Ungarn, 1,8 % andere. 1930: insgesamt 123 800 Einwohner – davon 33 % Slowaken, 25 % Deutsche, 23 % Tschechen, 16 % Ungarn, 3,8 % Juden. Vgl. FRANCOVÁ, Zuzana: Obyvatelia – etnická, sociálna a konfesijná skladba, Zit. in Anm. 6. 21

Diesem Thema widmet sich die umfangreiche Arbeit: KURAJDOVÁ, Ema: Koncertný život Bratislavy v rokoch 1918–1938. Dissertation (Ústav hudobnej vedy SAV). Bratislava 2005.

diesen europäischen Metropolen geltenden Trends. Die systematisch erfolgenden Aufführungen der Werke Béla Bartóks durch den ungarischen Männerchor des Vereins Toldy-Kör in den 20er Jahren übertraf das Ausmaß des Interesses um Bartóks kompositorisches Schaffen seitens der Budapester Musikinstitutionen jener Zeit. Die tschechoslowakischen Konzertagenturen waren um die Marginalsierung der ungarischen und deutschen Konkurrenten mittels administrativer Maßnahmen bemüht, wobei ihnen auch einige Musikpublizisten behilflich waren. Man argumentierte unter anderem mit den Hinweis darauf, dass sich die „alten“ Agenturen auf den Import wertloser Kaffeehaus- und Nachtlokal-Kapellen aus Ungarn und Österreich konzentriert hätten.22 Diese Absicht einer Marginalisierung konnte binnen einiger Jahren in hohem Maß auch verwirklicht werden. Andererseits entstand 1926 der Bratislavaer Konzertverein (Bratislavský koncertný spolok), der Vertreter von tschechoslowakischen Institutionen, dem Kirchenmusikverein und von weiteren lokalen Musikvereinen ohne Unterschied auf ethnische Zugehörigkeit vereinte. In der Konzertsaison 1926/1927 gastierten in der Stadt im Rahmen der Abonnement-Konzerte des Bratislavaer Konzertvereins die Wiener Philharmoniker, die Tschechische Philharmonie, das Imre Waldbauer- und Jenő Kerpely-Quartett, das Ondříček-Quartett sowie das Tschechische Quartett. Auf dem Programm standen neben dem gängigen Repertoire auch Werke von Suk, Kodály, Bartók, Milhaud, und auch Werke des damaligen Direktors des Kirchenmusikvereins Alexander Albrecht. 1920 wurde das Slowakische Nationaltheater (Slovenské národné divadlo, SND) gegründet. Es entstand die Genossenschaft des SND, aufgrund eines Entschlusses der tschechoslowakischen Regierung. Betrieben wurde das Theater mit einer – schwankender – Subvention des Prager Ministeriums für Schulwesen und Nationalbildung, die meistens auch durch einen Beitrag der Stadt und des Gaus ergänzt wurde. An der Spitze des SND stand ein Direktor-Unternehmer, mit dem die Genossenschaft einen Vertrag abschloss; namentlich waren es Bedřich Jeřábek (1920–1922), Oskar Nedbal (1923–1928, 1929–1930), Václav Jiřikovský (1926–1939) Antonín Drašar (1931– 1938). Erst 1939, nach Entstehung der Slowakischen Republik, wurde das Theater verstaatlicht. Die Vorstellungen des SND fanden im ersten Jahrzehnt fast ausschließlich in tschechischer Sprache statt; erst 1932 entstand das selbständige slowakische Schauspielensemble des SND. Sie begegneten dem Boykott der deutsch-ungarischen Alt-Bewohner. Nur langsam und mit Schwierigkeiten konnte das eigene Publikum zustande kommen, wobei in den ersten Jahren nicht so sehr Slowaken das Stammpublikum bildeten als eher die tschechische Intelligenz und das tschechische Beamtentum in Bratislava). Trotzdem erzielte das SND in Verhandlungen mit dem Stadtrat über die Gliederung der Spielzeit immer größere Erfolge. Von der gleichmäßigen Aufteilung der zwölf Monate im Jahr 1921 – 4:4:4 – gelang die Gliederung im Jahr 1930 zu der Relation 10:1:1 (den Minderheiten blieben die Sommermonate zur Verfügung), wobei sich gleichzeitig das Modell stabilisierte, nachdem auch während der Spielzeit des SND für deutsche und ungarische Vorstellungen gewisse Wochentage reserviert wurden (deutscher Montag, ungarischer Dienstag). Natürlich spielten die Deutschen und Ungarn ohne staatliche Subvention, abgesehen von der Unterstützung des ungarischen Theaters seitens der ungarischen Regierung in Budapest. Das SND siegte, aber das Theater wurde wiederum zum Kampffeld zwischen Tschechoslowakisten und slowakischen Autonomisten. Diese Kämpfe reflektierten eine unglaubliche Mischung von edlem Idealismus, niedrigem politischen Kalkül und ausgesprochener Borniertheit, und nahmen mitunter tragische Züge an. Als Höhepunkt in diesem Sinn gilt der tragische Tod des Dirigenten, Komponisten und Direktoren des SND Oskar Nedbal. Gehetzt von der slowakischen autonomistischen Presse und von seinen tschechischen Gegnern (die ihm seine Wiener und ausländischen Erfolge vor 1918 nicht verzeihen konnten), von der Genossenschaft und dem Ministerium auf Gnade und Ungnade den finanziellen Problemen überlassen, in der Panik, für die Schulden vor Gericht zitiert zu werden, verübte Oskar Nedbal im Jahr 1930 Selbstmord.23

22 23

Vgl ebenda, S. 34 und 42–43.

Vgl. LAJCHA, Ladislav: Zápas o zmysel a podobu SND (1920–1938). In: Lajcha, Ladislav (Hrsg.): Dokumenty SND 1 (1920–1938). Zápas o zmysel a podobu SND. Bratislava: Divadelný ústav 2000, S. 40– 99.

Das SND war mit großen Aufgaben und Ambitionen beladen, aber der Staat erhöhte nur sehr zaghaft seine Subvention. Zum Beispiel erhielt im Jahr 1931 das Prager Nationaltheater 11 800 000 Kronen, während für das SND nur 2 300 000 Kronen übrig blieben (so wurden auch tschechische Provinztheater subventioniert). Dazu kämpfte das SND mit Publikumsmangel. AltPressburger besuchten das tschechoslowakische Theater nicht und Slowaken, die in den ersten Jahren der Republik nur zur Arbeit nach Bratislava kamen, hatten kaum Bedarf an Konzert- oder Theaterbesuchen, und kehrten sowieso zum Wochenende zu ihren Familien zurück, für die sie in der überfüllten Stadt noch keine entsprechende Unterkunft gefunden haben. Die national orientierten Studenten aus dem Studentenheim Svoradov demonstrierten gegen die Aufführungen deutscher und ungarischer Werke am SND, doch ihr Interesse am slowakischen Theater hielt sich in Grenzen. Als sie 1933 laut gegen die Aufführung der ungarischen Operette Ball im Hotel Savoy von Paul Abraham am SND protestierten, hat die Schriftstellerin Zuzka Zguriška ihnen zugerufen: „Demonstriert hier nicht, sondern besucht lieber slowakische Schauspiele, die vor Leere gähnen!“24 Die slowakische Theatergeschichte erschöpft sich aber bei weitem nicht mit der „Machtübernahme“ durch Tschechen und Slowaken und den nationalen Konflikten. Die neue, überwiegend slowakische Stad Bratislava erfuhr eine rasante Entwicklung, differenzierte und kultivierte sich. Oskar Nedbal pflegte Oper und Ballett auf internationalem Niveau, berühmte Gäste folgten seiner Einladung,25 aber er unterstützte auch den slowakischen künstlerischen Nachwuchs. Sein Neffe und Nachfolger in der Position des Opernchefs Karel Nedbal schuf in Zeiten der Wirtschaftskrise eine ausgesprochen progressive Dramaturgie, nicht nur im Sinn von Aufführungen moderner Werke und Novitäten (Janáček-Zyklus, Prokofiews Liebe zu den drei Orangen, 1931, Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk, 193526) sondern auch hinsichtlich der aktuellsten inszenatorischen Tendenzen (Regisseur František Šulc, Bühnenbildner František Tröster). Karel Nedbals ambitionierte Dramaturgie wurde vom Direktor Karel Drašar durch das Anfüllen der Theaterkasse mit Einnahmen von beliebten Operetten-Aufführungen ermöglicht; diese Dramaturgie wäre aber auch kaum denkbar gewesen ohne ein kultviertes, fortgeschrittenes Publikum. Die Nedbals und Drašar gewannen nach und nach das Interesse der duetsch- und ungarischsprachigen Pressburger, und zwar nicht nur mit Operetten- und Ballettvorstellungen, sondern auch dank des hohen Niveaus der Opernproduktionen und der hervorragenden gastierenden Solisten und Dirigenten, einschließlich berühmter Komponisten als Dirigenten eigener Werke am SND: Pietro Mascagni (Cavalleria rusticana, 1925) und Richard Strauss (Elektra, Rosenkavalier, 1929). Auch in der Konzertdramaturgie nahm der Anteil der Moderne zu, mit inbegriffen die Werke junger slowakischer Komponisten. Betätigung fanden zunehmend auch tschechische und slowakische professionelle Musiker. Das Theaterorchester trat seit 1923 regelmäßig unter dem Namen Bratislavaer Symphonie Orchester (Bratislavský symfonický orchester) auf und entwickelte sich in den 30er Jahren zum führenden Orchester der Stadt. Die Orchestervereinigung Slowakische Philharmonie, seit 1921 konzertierend, blieb durch die Tatsache der überwiegend aus Amateurmusikern bestehenden Mitgliedschaft begrenzt (die professionelle, staatlich finanzierte Slowakische Philharmonie entstand erst 1949). Dazu existierte seit 1929 und erweiterte sich permanent auch das Rundfunkorchester (Orchester des Radiojournals), anfangs mit nur 18 Mitgliedern. Beliebt waren nach wie vor Militärkapellen, einige sogar durch eine Streichergruppe ergänzt, die neben Konzerten auch in Kaffeehäusern und Restaurants aufspielten (dank der häufigen Rundfunkübertragungen erfreute sich in jenen Jahren der größten Popularität die Musik des 39. Infanterie-Aufklärungsregiments unter Kapellmeister Ján Langer27).

24

Ebenda, S. 135.

25

Vgl. BLAHO, Jaroslav: Hosťujúci zahraniční speváci na scéne Opery Slovenského národného divadla v rokoch 1920–1945. In: 100 rokov nového operného divadla v Bratislave. 1886–1986. Referáty prednesené na muzikologickej konferencii v rámci BHS 1986 (Hrsg. Katarína Horváthová), Bratislava: MDKO 1988, S. 72–78; BLAHOVÁ, Elena: Slovenské národné divadlo 1920–1995 (fakty – osobnosti – udalosti). Bratislava: Národné divadelné centrum 1996, S. 173–177. 26

Es war die erste Aufführung außerhalb der Grenzen der Sowjetunion.

27

Vgl. KURAJDOVÁ, Ema: Koncertný život Bratislavy v rokoch 1918–1938, zit. in Anm. 21, S. 66 und 118.

Die 20er und 30er Jahre brachten einen quantitativen und zunehmend auch qualitativen Aufschwung des Musik- und Theaterlebens in Bratislava und zugleich eine Entwicklung des slowakischen kunstliebenden Publikums. Das Projekt der slowakischen nationalen Kultur wurde durchgeführt – im Sinne einer Hochkultur urbanen Typs. Dieses Projekt wurde von seinen Protagonisten verschieden aufgefasst. Für manche war es vorwiegend ein politisches Projekt, eine Art kultureller Landnahme. Für andere, zum Beispiel für den Schriftsteller und damaligen hohen Beamten des Prager Ministeriums für Kultur und nationale Bildung Jaroslav Kvapil handelte es sich um ein aufrichtig gemeintes und tief empfundenes Ideal. Das Projekt wurde schrittweise umgesetzt, in den Bereichen Musik, Theater, Literatur sowie bildende Kunst. Und trotzdem wird noch in den 1960er Jahren eine „Besucherkrise“ in der Oper des SND zum Anlass von Überlegungen, ob es in Bratislava ein Publikum mit ausgeprägtem und dauerhaften Interesse für die Oper gäbe – wobei das Stadttheater vor dem ersten Weltkrieg, da die Stadt viel kleiner war, fast doppelt so viele Sitzplätze hatte28 und über Publikumsmangel nicht klagen konnte.29 Die slowakische künstlerische Moderne reifte unter tschechischem Einfluss heran – dem Einfluss der tschechischen Moderne, aber auch unter dem Einfluss tschechischer Anschauungen über die Wege und Ziele der slowakischen Kunst. Wie aber eingangs bereits bemerkt wurde, wuchs insbesondere das slowakische Schauspiel auch im engen Kontakt zur deutschen, bzw. österreichischen Moderne. Nach 1918 übertrug der große deutsche Regisseur Max Reinhardt einen Teil seiner Tätigkeit nach Wien und Schauspieler aus dem Kreis des Reinhardtschen Theaters in der Josefstadt (Reinhardt war dessen Direktor in den Jahren 1923–1938, danach übernahm sein Mitarbeiter Heinz Hilpert die Leitung) gastierten zwei Jahrzehnte lang regelmäßig in Bratislava. Vorstellungen mit Schauspielern wie Alexander Moissi, Max Pallenberg und den Geschwistern Thimig repräsentierten ein Niveau, das den Standard des tschechischen und natürlich auch des ungarischen Schauspiels in Bratislava weit übertraf. Nach 1933 haben noch dazu einige bedeutende deutsche Schauspieler, die das Hitler-Deutschland verließen, eine Übergangs- oder Gelegenheitstätigkeit am Städtischen Theater von Bratislava gefunden (Ernst Deutsch, Tilla Durieux, Albert und Elsa Bassermann, Fritz Kortner). Auch diesen Anregungen ist zu verdanken, dass das junge slowakische Schauspiel am SND sich in historisch kurzer Zeit ein bemerkenswertes Niveau und eine aktuelle künstlerische Orientierung erarbeitete – wir denken in erster Reihe an Inszenierungen von Ján Jamnický in den Kriegsjahren, als dieser Regisseur inmitten des braunen Meeres des damaligen Europa ein modernes slowakisches Schauspielensemble schuf, das an die Tendenzen der Avantgarde zwischen den beiden Weltkriegen anknüpfte (Max Reinhardt, Emil František Burian, Nikolai Ochlopkow).30 Die moderne Auffassung des Schauspieltheaters wurde auch an die Oper übertragen. Protagonisten einer Annäherung der Oper an aktuelle Theaterprinzipien waren in Bratislava die tschechischen Regisseure Bohuš Vilím und (besonders) Viktor Šulc. Ihre Bühnenbildner waren der Slowake Ľudovít Hradský, Schüler von Oskar Strnad und Anhänger Alfred Rollers, und der Tscheche František Tröster, der in Bratislava die Errungenschaften des Berliner Expressionismus durchsetzte. Der Prozess der Modernisierung von Operninszenierungen kann heute auch anhand von Texten des Opernkritikers Ivan Ballo, die ihrerseits zum Durchsetzen der modernen Kunst auf diesem Gebiet beitrugen, rekonstruiert werden. 1936, an der Schwelle der NS-Ära, die den modernistischen „Auswüchsen“ natürlich nicht wohlwollend zugeneigt sein sollte, wurde kam in Bratislava eine Operninszenierung zustande, die zu einem Beispiel engagierter Kunst wurde und durch die Reinheit der Form und der künstlerischen Idee eine durchschlagende, aktuelle Aussage

28

Zur Zeit der Eröffnung des neuen Theaters im Jahr 1886 wurde die Zahl der Sitzplätze mit 1167 angegeben; vgl. FABRICIUS, Otto von: Das neue Theater in Pressburg, zit. in Anm. 9, S. 2–3. Nach Umgestaltungen des Zuschauerraums in den Jahren 1949–1950 und 1969–1972 hat das Haus heute ein Kapazität von 611 Sitzplätzen. 29

Vgl. HRUŠKOVIC, Michal et al.: Návštevnosť Opery SND v Bratislave. Záverečná správa z výskumu. Bratislava: Výskumný ústav kultúry a verejnej mienky 1969, insbesondere S. 40–47 und 113–115. 30

Vgl. LAJCHA, Ladislav: O enkláve nemeckého divadla v Bratislave. In: Miscellanea theatralia. Sborník Adolfu Scherlovi k osmdesátinám (Hrsg. Eva Šormová – Michaela Kuklová). Praha: Divadelní ústav 2005, S. 401–412.

und einen Appell gegen Unfreiheit und Totalität vermittelte: die Inszenierung von Beethovens Fidelio aus der Werkstatt des Regisseurs Viktor Šulc und des Bühnenbildners František Tröster. Konzertpodien und Opernbühne riefen, natürlich, auch nach Werken slowakischer Komponisten. Schicksale und Schöpfungen von Komponisten slowakischer Herkunft, bzw. von jenen, die auf dem Gebiet Oberungarns tätig waren, wurden vom Verlauf der Geschichte beeinflusst und konnten nur schwer den Einklang mit dem zeitgenössischen Verständnis der slowakischen Musik finden.31 Ján Levoslav Bella (1843–1936), der bedeutendste slowakische Komponist des 19. Jahrhunderts, fand in Oberungarn kein angemessenes Betätigungsfeld und verbrachte den Großteil seines produktiven Lebens (1881–1921) in Siebenbürgen, als Regens chori in Hermannstadt. Der Komponist, der anschließend seit 1921 in Wien lebte, wurde von kompetenten Vertretern der tschechoslowakischen Kultur nur zaghaft und mit Vorbehalt zur Kenntnis genommen. Es ist Oskar Nedbals Großzügigkeit zu verdanken, dass die Uraufführung von Bellas Oper Wieland der Schmied auf der Bühne des SND im Jahr 1928 stattfand (Bella komponierte das Werk in den Jahren 1880–1890). Bald begann jedoch ein neues Zeitalter der Geschichte der slowakischen Musik. Ihr Protagonist, Alexander Moyzes (1906–1984), studierte Komposition bei Otakar Šín und bei Antonín Dvořáks Schüler Vítězslav Novák am Prager Konservatorium. Moyzes kam 1928 nach Bratislava und begann in seiner Eigenschaft als Musikpublizist das Musikleben in Bratislava als provinziell und ungenügend professionell zu kritisieren. Als Lehrer, Rundfunkredakteur und Komponist war er bemüht, das Musikleben in der Slowakei auf ein höheres Niveau zu heben. Neben Moyzes und seinen Altersgenossen Eugen Suchoň und Ján Cikker werden hervorragende Musiker der Stadt, Lehrer und Komponisten an den Rand des musikalischen Geschehens verdrängt, die Bratislava aus „Pressburger Zeiten“ geerbt hatte, vor allem Alexander Albrecht und Frico Kafenda.32 Die Kontinuität von Alt-Pressburg findet im Kirchenmusikverein (unter der Leitung von Alexander Albrecht) und in den kulturellen Vereinen der Nationalitäten statt. Im Konzertsaal der Redoute, im Nationaltheater und auf der Welle des Bratislavaer Rundfunks wurde nun hauptsächlich die neue slowakische Musikkultur ausgebaut. Die erste slowakische Symphonie ist die Erste von Alexander Moyzes, entstanden 1929. Die erste allgemein akzeptierte „slowakische Nationaloper“, Suchoňs Krútňava (Katrena), entstand 1941–1949 (nicht zufällig trägt die Oper, trotz ihrer volksmusikalischen Prägung, klare Merkmale der expressionistischen Theaterpoetik, die Suchoň in Opernvorstellungen des SND der 30er Jahre kennenlernte33). Moyzes, Suchoň und Cikker profilieren sich als Modernisten, soweit man ihr Schaffen an slowakischen Verhältnissen misst. Dass sie sich, wohl auch beeinflusst von den Verhältnissen, vom Schönbergschen Weg der Lockerung der Tonalität (der junge Suchoň) sowie vom Neoklassizismus und der Neuen Sachlichkeit (der junge Moyzes) abwandten, dass sie in der Beziehung zu volksmusikalischer Inspiration mehr an Vítězslav Novák als an Béla Bartók anknüpften, dass sie den Weg einer „gemäßigten Moderne“ wählten, was ihnen den heimischen Erfolg erleichtern sollte, aus einer Langzeit-Perspektive aber ihre Etablierung im Kontext der europäischen Musikgeschichte kaum ermöglicht hat – das ist ein eigenes Thema, dem wir uns an dieser Stelle nicht widmen können. ***

31

Vgl. HRČKOVÁ, Naďa: Tradícia, modernosť a slovenská hudobná kultúra 1918–1948. Bratislava: Litera 1996, insbesondere S. 139–140. 32

Alexander Moyzes hat viele Jahre später sein Bedauern darüber ausgesprochen, dass er und seine Generationsgefährten in den 30er Jahren die „alten Herren“, „Traditionalisten“ Bella, Albrecht und Kafenda unterschätzt hätten; vgl. ZELJENKA, Ilja: Rozhovory s Alexandrom Moyzesom (1984) (Hrsg. Vladimír Godár). Bratislava: Scriptorium Musicum 2003, S. 31–34. 33

Vgl. ZVARA, Vladimír: Realismus und nationale Mythen. Eugen Suchoňs Oper Krútňava im Wandel des nationalen Selbstverständnisses der Slowaken. In: Peter Csobádi – Gernot Gruber – Jürgen Kühnel – Ulrich Müller – Oswald Panagl – Franz Viktor Spechtler (Hrsg.): Politische Mythen und nationale Identitäten im (Musik-) Theater. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposions 2001. Anif/Salzburg: Verlag Ursula Müller-Speiser 2003, Bd. II, S. 771–775.

Es bleibt Tatsache, dass für Slowaken und Tschechen in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen die Frage einer wünschenswerten Bewahrung der Mehrsprachigkeit, der Pluralität kultureller Tradition und Kontinuität im Bezug zu Alt-Pressburg in Bratislava, die in den 20er Jahren noch präsent waren, nicht gestellt wurde. Die Zeit, da der Stadtrat noch sein altes Briefpapier mit dreisprachigem Briefkopf verwendete, da die Theatersaison in drei gleiche Teile gegliedert war und der Zeitungsverkäufer in Kaffeehäusern seine Ware mit dem Ausruf „Noviny – Zeitung – Újság“ angeboten hatte, war von nicht allzu langer Dauer. Die Erinnerung an die Zeit vor 1918, die Bitterkeit und das gegenseitige Misstrauen – all das war noch viel zu lebendig, und viel zu stark war die Überzeugung, dass vor allem die Durchsetzung der Identität und Kultur der eigenen nationalen Gemeinschaft wünschenswert war. Die erneute Verstärkung der Rechte der Deutschen nach 1938 erfolgte in einem völlig anderen Kontext und war machtpolitisch motiviert. Der nazistischen Karpatendeutschen Partei ging es nicht um ein Leben in gegenseitiger Harmonie, sondern um die Umsetzung der übergeordneten Rolle der Deutschen. Eintrittskarten für deutsche Theatervorstellungen wurden nicht im freien Verkauf angeboten, sogar Theaterkritiker der slowakischen Presse wurden nicht zugelassen. Der Zweite Weltkrieg hat dann das Ende der multiethnischen Stadt Bratislava vollendet: Nach dessen Abschluss hat für den Großteil der Slowaken nicht nur die ungarische, sondern auch die deutsche Sprache einen Beigeschmack der bitteren Vergangenheit bekommen, einer Vergangenheit, die es zu unterdrücken, zu verdrängen galt. Heute entdecken wir die anderssprachigen Traditionen unserer Hauptstadt als wertvolles historisches Erbe. Mit Sympathie und Nostalgie sprechen wir wieder den Namen „Prešporok“ aus, unter dem unsere Vorfahren vor 1919 die Stadt kannten. Wir bewundern Alexander Albrecht, den erstrangigen europäischen Komponisten, der zudem als Direktor des Kirchenmusikvereins in der Zwischenkriegszeit die politische und ethnische Toleranz im Namen der Kunst repräsentierte. Wir kehren zurück zum Vermächtnis der Pressburger Deutschen Gustav Mauthner und Eugen Hollý,34 als auch des Slowaken Ivan Ballo,35 zu jenen Publizisten, die das kulturelle Geschehen der Stadt kritisch und großzügig, ohne Rücksicht auf nationale und politische Grenzen kommentierten. Wir sind stolz auf die Beziehung Béla Bartóks zu unserer Stadt, in der er das Gymnasium besuchte (1893–1899) und wiederholt als Pianist Konzerte gab, und zu der ihn familiäre und freundschaftliche Bande knüpften.36 Auch die Büsten, die in den 30er Jahren vom Frontgiebel des Slowakischen Nationaltheaters beseitigt wurden, sind auf ihre Plätze zurückgekehrt.37 Und das musikalische Erbe der Zeit vor und nach dem ersten Weltkrieg erwacht langsam zum neuen Leben: die Musik von Alexander Albrecht, Štefan Németh-Šamorínsky und anderen vergessenen oder halbvergessenen Pressburger Komponisten. Es ist aber bezeichnend für unsere Zeit, dass diese Wiedererweckung des wertvollen Kulturerbes in keiner der „steinernen“ Musikinstitutionen ihr Zentrum hat, sondern im kleinen Konzertsaal des Palais Pálffy in der heutigen Zámocká Straße, in dem die Veranstaltungen der Musikvereinigungen Musica aeterna und Albrechtina stattfinden.38

34

Vgl. LAJCHA, Ladislav: O enkláve nemeckého divadla v Bratislave, zit. in Anm. 30, S. 403–404 und 407– 408. 35

Vgl. Ivan Ballo a Opera Slovenského národného divadla (Hrsg. Ladislav Lajcha). Bratislava: Národné divadelné centrum 1995. 36

Vgl. ČÍŽIK, Vladimír (Hrsg.): Bartóks Briefe in der Slowakei. Bratislava: Slovenské národné múzeum 1971.

37

Bis auf eine – Mihály Vörösmarty – die nicht erhalten ist. Vgl. BLAHOVÁ, Elena: Busty na priečelí historickej budovy Slovenského národného divadla, zit. in Anm. 10. 38

Dieser Text entstand im Rahmen eines von der Förderagentur des Bildungsministeriums der Slowakischen Republik und der Slowakischen Akademie der Wissenschaften VEGA unterstützten Projektes (Nr. 2/0143/11). Es stellt eine leicht überarbeitete Fassung von einem in slowakischer Sprache publizierten Beitrag dar: ZVARA, Vladimír: Hudba a hudobné divadlo v Bratislave pred prvou svetovou vojnou a po nej. Aspekty a súvislosti. In: Príspevky k vývoju hudobnej kultúry na Slovensku (Hrsg. Ľubomír Chalupka). Bratislava: Stimul 2009, S. 69−86.