Der Terminator: Eine Figur - viele Ansichten

Medien Markus Stegmann Der Terminator: Eine Figur - viele Ansichten Ein Überblick über die literarischen Zuschreibungen für den Terminator, in James...
Author: Paula Brodbeck
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Medien

Markus Stegmann

Der Terminator: Eine Figur - viele Ansichten Ein Überblick über die literarischen Zuschreibungen für den Terminator, in James Camerons Terminator 2

Essay

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Einführung Der Terminator ist aus der Geschichte des Kinos nicht mehr wegzudenken. 1984 hatte er seinen ersten Auftritt in James Cameron The Terminator. Sieben Jahre später mimte Arnold Schwarzenegger im Sequel Terminator 2: Judgement Day erneut die Kampfmaschine aus der Zukunft. Auch für diesen Film zeichnete sich James Cameron verantwortlich. Der T800, so seine Typbezeichnung, wird von John Connor, der den Anführer der menschlichen Resistance im Kampf gegen die Maschinen darstellt, aus der Zukunft des Jahres 2029 in die Gegenwart des Jahres 1994 geschickt, um den noch jungen John Connor vor dem T1000 zu schützen. Dieser Terminator ist wiederum im Auftrag der Maschinen durch die Zeit gereist, um Connor zu töten und somit den Krieg für die Roboter zu entscheiden.

Terminatoren Die Kampfmaschinen werden in den Filmen als Cyborgs bezeichnet. Dieser Begriff wurde 1960 von Manfred E. Clynes und Nathan S. Kline kreiert. Er stellt eine Verbindung der Worte „kybernetisch“ und „Organismus“ dar und wurde in Verbindung mit NASA-Forschungen erdacht, die sich mit Veränderungen am menschlichen Körper befassten, die das Ziel hatten diesen überlebensfähig für extraterrestrische Umwelten zu machen.1 Cyborg bezeichnet somit einen technisch aufgerüsteten Menschen. Dass den Terminatoren des Films eigentlich kein Organismus zu Grunde liegt und sie daher als Roboter bezeichnet werden müssten, soll in diesem Essay ausgeblendet werden. In der Literatur ist mit dieser Begriffsbestimmung noch längst nicht alles gesagt. Verschiedene Autoren finden und untersuchen diverse Ansätze. Insbesondere Arnold Schwarzenegger als T800, steht dabei im Mittelpunkt des Interesses. Dieses Essay soll einen Überblick über die Analysen geben und versucht am Ende zu einem Resumee zu gelangen, welches Bild am sinnvollsten erscheint, oder ob es sich doch lediglich um einen Actionhelden handelt. Dazu liegt der Schwerpunkt auf dem zweiten Teil der Trilogie. Um Dinge besser veranschaulichen zu können, werden jedoch auch Details aus den anderen beiden Filmen genannt. Im Fokus steht außerdem der T800, also Arnold Schwarzenegger, doch auch hier sollen andere Terminatoren, insbesondere der T1000, zur Sprache kommen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten besser

1 Vgl. Cornea (2007): S. 123

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zu verdeutlichen. Um den Rahmen nicht zu sprengen, wird eine Auswahl von drei Theorien vorgestellt.

Theorien CHRISTINE CORNEA Nach Cornea ist der Cyborg der 80er Jahre eine Weiterentwicklung des Action- bzw. Antihelden des Kinos der 70er. Deren „coole“ Männlichkeit wurde buchstäblich in den kalten Stahlkörper der Cyborgs eingesetzt. Die Mensch-Maschine-Kombination borgt sich außerdem ihre Superkräfte von amerikanischen Comichelden, wie Captain America oder Superman. Sie sieht im hypermaskulinen Körper des einsamen und wortkargen Kämpfers ein abwehrendes Zeichen einer Männlichkeit, die sich in der Krise befindet. Diese Männlichkeit hängt noch den Resten einer alten Genderauffassung nach.2 Dieser Vergangenheitsbezug der Körperpolitik des Terminators, spiegelt sich noch stärker in weiteren Bildern wieder. Der T800-Terminator wird meist mit Industriemaschinen assoziiert und kaum mit modernen Technologien. Im ersten Teil The Terminator beispielsweise, sieht man eine Traumsequenz von Kyle3. Auf dem Nachbargrundstück sind Bagger, Bohrer und Hebemaschinen im Einsatz. Die Szene wechselt in die Zukunft, in der ganz ähnliche Maschinen, darunter auch Terminatoren, dabei sind, Menschen zu jagen und zu töten. Weiterhin wird im ersten und zweiten Teil der Terminator jeweils in einer Fabrik zerstört. Diese Verbindung der eigentlich futuristischen Maschine, mit Industrieanlagen aus dem 20. Jahrhundert, steht für eine visuelle Präsentation des Kampfroboters als altmodische Anomalie. Als veraltete Männlichkeit, sieht sich der T800 mit einer kybernetischen Welt konfrontiert, die kommunikativere und flüssigere Subjekte, wie seine Gegenspieler T1000 und TX (aus dem dritten Teil Terminator: Rise of the Machines, 2003) benötigt.4 Georg Seeßlen führt dazu den Begriff der „Fordschen Maschine“ an.5 Auch am Verhalten des Kampfroboters erkennt man, was Cornea meint. Der T800 spricht kaum und wenn, dann monoton. Zudem bewegt er sich ungelenk und mechanisch. Der Terminator bleibt in seinen Verhaltensweisen, auch über die Sequels hinweg, gleich, indessen sich die Welt um ihn herum verändert. Während also die Zeitleiste voranschreitet, bleibt das Wesen aus der 2 3 4 5

Vgl. Cornea (2007): S. 121 Kyle Reese wurde im ersten Teil von den Rebellen in die Vergangenheit geschickt, um Sarah Connor, John Connors zukünftige Mutter, vor dem Terminator zu schützen. Vgl. Cornea (2007): S. 124 f. Seeßlen (2003): S. 528

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Zukunft stehen. Auch wenn er im zweiten Teil etwas „weicher“ oder „softer“ agiert, behält er dennoch seinen maskulinen Körper und sein übermäßig gewalttätiges und machoartiges Verhalten. Die Konsistenz der mechanischen und hypermaskulinen Form scheint in diesen Gesellschaften notwendig zu sein. Cornea vermutet, dass der Terminator auf irgendeine Art beruhigend auf das sich verändernde Amerika einwirkt.

THOMAS OBERENDER Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgt Thomas Oberender. Er erkennt eine Verbindung zum Jahrmarkttheater oder „teatro dell´arte“. „Es liegt der Reiz des populären Theaters wie auch des Science Fiction-Films nicht in der literarischen Qualität verborgen, sondern in seiner sinnlichen Erscheinungsform, dem trickreichen Spiel, der Unterhaltung, Überraschung und dem offensichtlich kunstvoll – keineswegs illusionistisch – „Gemachten“.“6 Viele Motive aus Terminator 2 entstammen diesem Ursprung. Beispielsweise verkehren beide Terminatoren „(...) wie ihre Ahnen des Jahrmarkts – in einem gewissen Sinne die Wirklichkeit“.7 Der „böse“ Terminator erscheint als guter Polizist oder Wärter, indem er sie berührt kann er ihre Form annehmen. Dadurch erhält er Zugang und Unterstützung. Die Folge davon ist, dass es keine sicheren Räume mehr gibt und kein wirklicher Schutz mehr möglich ist. Dagegen kleidet sich der „gute“ Terminator als Rocker. „(...) [D]ie Wirklichkeit innerhalb der Wirklichkeit [wird] verkehrt, und somit wird auf eine verkehrte Wirklichkeit hingewiesen.“8 In Anlehnung an das Harlekinprinzip ist es möglich, die Kampfmaschinen als Gegensätze zu sehen. Auf der einen Seite steht der T1000. Er ist modern, unzivilisiert, sittenlos und dieser Auftritt markiert ihn als das „Andere“. Bereits im 18. Jahrhundert reagierten Besucher mit Abscheu auf solcherart Figuren. „Das wohl Bestürzendste für sie war die Ambivalenz in einem Menschen; die Erfahrung, daß der Mensch „Zweierlei Gestalt in einer Person beherbergen konnte (...). Diese „so jählinge Veränderung in den Gemütsbewegungen eines Menschen, ohne die geringste äußerliche Ursache“ sahen die schlauen Aufklärer in nichts anderem begründet, „als in der Einbildungskraft der Rasenden“.“9 Der T1000 lässt sich nicht fassen, nicht definieren und nicht auf einen Nenner bringen. Er 6 7 8 9

Oberender (1993): S. 10 Ebd.: S. 11 Ebd.: S. 11 Ebd.: S. 12