Die

Thiere Andalusiens nach

dem Resultate einer Reise zusammengestellt, nebst den Beschreibungen von 249 neuen oder bis jetzt noch unbeschriebenen Gattungen und Arten.

Von

Wilhelm Gottlob Rosenhauer, Dr. der Philosophie und Medicin, Privatdocenten a. d. FriedrichAlexanders -Universität, Conservator am Naturalienkabinet daselbst, der physikal. med. Gesellschaft zu Erlangen, der naturforsch. Gesellschaften zu Nürnberg, Bamberg-, Altenburg, des zoologischmineralog. Vereins zu Regensburg, des entomologischen Vereins zu Stettin, des naturhistorischen Vereins „Lotos" zu Prag, der Gesellschaft für Medicin und Naturgesch. zu Brüssel, der entomol. Gesellsch. zu Paris, der Linne'schen Gesellsch. zu Lyon ordentl. oder correspond. Mitgliede.

Hit drei Kupfertafeln.

Erlangen, Verlag

von Theodor Blaesing.

1856.

Vorwort.

Mit dieser Schrift beabsichtige ich eine Uebersicht der mir bekannten Thiere Andalusiens, der siidlichsten Provinz Spa niens, zu verbffentlichen.

Das Material hiezu ist grbsstentheils

auf einer Reise im Jahre 1849 gesammelt worden. Fiir die Kenntniss der geographischen Verbreitung der Thiere bilden die Faunen der einzelnen Lander die Grundlage. Dergleichen Faunen sind, mit Sorgfalt und den nothwendigen Kenntnissen bearbeitet, immer als eine willkommene Erschei nung zu betrachten, besonders wenn sie noch wenig bekannte und geographisch merkwiirdige Provinzen behandeln.

Als ein

solches Land gilt Andalusien, das durch seine Lage als die siidlichste und fast westlichste Gegend des europäischen Conti

IV nents anzusehen ist.

Es bildet ein merkwiirdiges Tafelland,

das durch seine hohen Gebirgsziige, namentlich die gegen 11,200 Fuss hohe Sierra Nevada, die grossen ausgebrannten Hochebenen, die terrassirten Abhange, nur mit den gegenuber liegenden afrikanischen Gegenden zu vergleichen ist, und hochst wahrscheinlich fruher eine mit diesen zusammenhangende Lan dermasse gebildet hat. Dafur spricht ganz besonders die grosse Aehnlichkeit beider Lander hinsichtlich ihrer geognostischen Beschaffenheit, sowie der Flora und, wie ich beweisen werde, auch der Fauna.

Die hohen Gebirge,

vermischt mit sehr

fruchtbaren Thalern und Ebenen geben Andalusien neben seiner siidlichen Lage einen eigenthiimlichen Charakter und wir diir fen voraussetzen, dass auch die Flora und dieser entsprechend die Fauna eine merkwiirdige sein werde.

Dieses schone und

fruchtbare Land bietet uns eine hubsche Zahl siidlicher und selbst tropischer Pflanzen, so die Dattelpalme, das Zuckerrohr, die Caffe - und Baumwollenstaude ; die Cochenillen - Zucht wird mit Erfolg betrieben ; um die Stadte zeigen sich iippige Gärten und Anlagen, so z. B. um Malaga nicht weniger als 7000 Wein berge, die 30 Sorten Wein liefern. Fur die Thiere dagegen finden wir keine so giinstigen Verhaltnisse.

Es giebt in Andalusien eigentlich nur zwei Jah

reszeiten, eine nasse und eine trockne; vom October bis in den Februar regnet es sehr viel und Alles gedeiht iippig, vom Mai an verbrennt bei einer Wärme von 25 — 28° R. an den

Stellen, wo keine Bewässerung statt findet, alles Gras, der Boden zerspringt und die Gegend hat ein trauriges Ansehen. Der Himmel ist dabei stets wolkenlos, es herrschen starke, aus trocknende Winde und ein Gewitter gehbrt zu den Seltenheiten. Es ist ferner Mangel an Wald , den grbssten Theil des Landes bedeckt Haidekraut, die Gebirge und besonders die Kiisten sind felsig, kahl und wasserarm, die Thaler und unteren Gebirgstheile nur mit niederem Gebiisch bewachsen, welches oft noch zur Kohlenbereitung abgehauen wird, endlich brennt man auch noch haufig die Stoppelfelder ab. wodurch eine Menge kleiner Thiere zu Grunde gehen. — Wenn nach diesen Schil derungen Andalusien nicht sehr reich an Thieren sein kann, so enthalt es dagegen wieder manche um so interessantere. Seine Fauna gehbrt zur siidlichen Abtheilung der gemassigten europäischen, die wir auch eine Mittelmeer - Fauna nennen konnen.

Sie zeigt durch das Auftreten von vielen Arien,

deren eigentliche Heimath Afrika ist, und die gleichsam als vorgeschobene Posten der afrikanischen Thierwelt zu betrachten sind, einen zu dieser hinneigenden, und wegen der schwarzen Färbung vieler Arten ziemlich diistern Charakter. Mit Vorliebe hatte ich mich seit Jahren mit dem Studium der andalusischen Thiere beschaftigt und Hess dies Land im Jahr 1849 durch den fleissigen, geschickten und als tuchtiger Thierkenner bekannten C. Will, dermalen Präparator an der Universitat zu Miinchen , bereisen.

Ich habe zwar die Beob

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achtungen nicht selbst gemacht, allein sie wurden mit grosser Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt notirt und fast alle Thiere in natura mitgebracht, so dass fur die Richtigkeit der hier auf gefuhrten Arien kein Zweifel obwaltet.

Die Ausbeule war

eine ungemein giinstige, da ich ausser einer grossen Menge von Individuen, die bedeutende Zahl von beinahe 2000 Arten bekam. Ich habe meine Bemerkungen uber die meisten Thierklassen ausgedehnt, dabei aber nur das sicher Beobachtete aufgefuhrt, wesshalb ich um Entschuldigung bilte, wenn hie und da ein nicht gerade seltenes Thier fehlen sollte.

Mehr

war fur die kurze Dauer der Reise nicht wohl zu leisten. Es wurde vom 19. Februar bis in den September gesammelt, und zwar bis zum 12. März bei Cadiz, Xerez und S. Lucar, bis zum 24. desselben Monats bei Algeciras, bis zum 30. April bei Malaga , bis zum 3. Juni bei Cartama , Yunquera , Ronda und Algeciras, weiter bis zum 21. Juni bei Malaga, bis zum 24. Juli bei Granada und in der S. Nevada, die letzte Zeit endlich wieder bei Malaga.

Als die giinstigsten Gegenden

zeigten sich Algeciras und die Gebirge, und ich wiirde spa teren Reisenden rathen, die letzteren, in denen noch manches Neue zu entdecken sein wird, schon vom Mai an zu be suchen.

...

,

.

,

Das reiche Material habe ich nun nach langer und muh samer Arbeit bestimmt und geordnet.

Es wäre mir das nicht

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wohl mbglich gewesen, wenn ich mich nicht einer iiberaus freundlichen Untersliitzung und Hilfe von vielen anerkannten Zoologen hatte zu erfreuen gehabt, die mich theils durch ihre Kenntnisse beim Bestimmen der Arten , theils durch einen wahren Schatz von Literatur unterstutzten und denen ich hiemil den innigsten Dank darbringe. Es sind die Herren: Aube, Dohrn, Fairmaire, Fischer in Freiburg, Gerstaecker, Hartig, v. Heyden, Hofmann in Regensburg, Jekel in Paris, Koch in Niirnberg, Krbsmann in Hannover, Lichtenstein, Loew, Mayr in Pesth, Mulsant, Ratzeburg, Rossmaessler, Schimper in Strassburg, Schnei der, v. Siebold, der inzwischen verstorbene Soli er, Fr. Sturm, Willkomm und Zeller. Im Ganzen fuhre ich nachstehend 2709 Thiere fiir Andalusien auf, von denen 131 den Wirbelthieren, 2538 den Gliederund 40 den Weichthieren zukommen. Sehr wichtige Notizen und Zusatze habe ich in zwei Schriften gefunden, namlich in Waltl, Reise nach dem sudlichen Spanien, Passau 1834, und ganz besonders in Ram bur, Faune entomologique de l'Andalousie, Paris 1837, von welchem ausgezeichneten Werke leider nur einige Lieferungen erschienen sind. Ausserdem ist iiber die Fanua noch Einzelnes von Natterer, Bedeau, Graslin und Schimper bekannt geworden. — Die neuen oder bis jetzt noch unbeschriebenen Gattungen und Arten, 232 an der Zahl, finden sich hier sorgfallig beschrieben und ich habe in Noten

VIII noch 17 verwandte Arten beigefugt; endlich dem Buche drei fleissig und genau gearbeitete Kupfertafeln , wenig bekannte und neue Thiere enthaltend, beigegeben. Mbchte sich diese meine Arbeit auch der Anerkennung der sachverstandigen Leser zu erfreuen haben. Erlangen, im October 1856.

Rosenhauer.

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Hymenoptera. ■ Andalusien ist an Haulfliiglern nicht arm zu nennen, doch sind diese Thiere wie die Zweifliigler sehr fluchlig und desshalb schwierig zu bekommen. Waltl hat deren viele gesammelt und nicht weniger als 44 neue Arten entdeckt, welche von Klug sorgfaltig beschrieben wurden. Ich habe hier unter anderen die Ameisen neu verzeichnet und das Vorkommen der Gallwespen nachgewiesen. Einige Hautfliigler sind mir leider bis jetzt unbestimmbar geblieben und werde ich dieselben bei einer andern Gelegenheit nachtragen. Aussallend ist in Anda lusien die grosse Menge der meist auf der Erde lebenden Wespen- und Bienenartigen Haulflugler und Ameisen, namlich der Formicariae -, Apiariae, Mutillidae, Sphecidae, wahrend die Blatt- und Holzwespen und Ichneumoniden nur sparlich vertreten sind. Die Zahl der bis jetzt uberhaupt gesammelten Ar ten betragt 165. Tenthredinetae. Hylotoma rosae F. Bei Car lama, nicht haufig. Amasis laeta F. Von Waltl gefunden, wie die meisten folgenden Arten, denen keine Notiz beigefiigt ist. „ jucunda Klg. Dolerus eglanleriae F. Monophadnus. Eine mir unbekannte Art aus Andalusien. Allantus annulatus Klg. In Andalusien, selten. „ Eine mir unbekannte Art. Mit der vorigen. .Siricidae. Cephus tabidus F. Bei Algeciras, auf verschiedenen bliihenden Pflanzen; nicht selten. Ichneumonidae. Agathis umbellatarum Latr., caesa Klg. Ichneumon infractorius L. „ melanoceras Ratz. Bei Granada, selten. „ Eine Art fand Graslin haufig auf der Spitze der S. Nevada.

369 Cryptus cruentator Klg. Acoenites tristis Gr.

Nach Waltl p. 87.

Formic ariae. Atta capitata Latr. Eine schone Varietat fand sich haufig bei Malaga, Yunquera, Ronda und Algeciras. Formica opaca Nyl. Bei Granada, selten. Auch das Weibchen wurde gefunden. „ nigra Latr. Bei Malaga, haufig. „ marginata Latr. Es wurden von dieser Ameise in Andalusien Exemplare gesammelt, die entweder eine schone Varietat bilden, oder einer neuen Art angehoren. Oecophthora pusilla Heer. An verschiedenen Orten, z. B. bei Estepona, Ronda, Algeciras und ganz besonders bei und in Cadiz, unter Steinen im Freien und in den Hausern; haufig. Diese Thiere werden in den Hausern zur wahren Plage. Die Andalusier sichern werthvollere Sachen vor ihnen, indem sie ein Glas oder sonst dergleichen mitten in ein Wassergefass stellen und auf dieses jene Gegenslande legen. Auch stellen sie im Nothfalle die Beine der Tische in's Wasser und hangen die Esswaaren an Schniiren an die Decke. „ pallidula Nyl. Wurde an mehreren Orten gesammelt. Aphenogaster senilis Mayr. Bei Xerez, Malaga und in der Sierra de Ronda, unter Steinen haufig. Telramorium caespitum Lair. Bei Algeciras, sehr haufig. Cataglyphis viaticus F. Bei Granada, nicht selten. Crematogaster scutellaris Oliv. In Andalusien, nicht selten. Von Myrmeciden wurde ein Thier bei Cadiz gefunden, das eine neue Gattung und Art bildet. — Der Arbeiter ist braun, etwa IV3 Linien lang; das Weibchen schwarzbraun , fliigellos und 2y3 Linien lang. Ausserdem finden sich unter den andalusischen Ameisen nach der Ansicht des Herrn Prof. Mayr in Pesth noch zwei unbeschriebene Arten.

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Apiariae. Apis mellifica L. Bei Cartama und Malaga wurden Bienenstocke beobachtet. Dieselben standen 20 bis 30 Schritte vom Hause entfernt auf einem Stein. Die Bienen befanden sich vernachliissigt in einem ringformigen Stuck Korkeichenrinde, welches oben mit einem Brett oder gar nur mit einem Stein bedeckt war. Crocisa histrionica 11l. Bei Malaga, auf Blumen nicht selten. Melecta punctata F. Nomada angulicornis 11l. „ Vier mir unbekannte Arten habe ich aus Andalusien erhalten. Callicotoma. Auch von diesem Geschlecht bekam ich eine mir unbekannte Art. Anthidium sticticum F. , infuscatum Er. Anthophora (Megilla) personata 11l., scalaris 11l. „ 4-fasciata Coq., femorata Oliv. „ Eine mir unbekannte Art erhielt ich aus Andalusien. Ceratina albilabris F. Macrocera antennata F. Xylocopa violacea L. Ueberall haufig, fliegt meistens um die Hauser und diirre Baume. Ich besitze eine Zellenanlage in einem Stiick von einem diirren Bliithenstengel der Agave Americana. Die genannten Stengel werden haufig zu Dachsparren benutzt, welche von diesen Wespen gerne fur ihre Brut angebohrt werden. Hylaeus grandis 11l. Von mir in Mehrzahl gelunden. ,f cinctus F. Nach Waltl S. 87. Wird wahrscheinlich 6-cinctus heissen sollen. „ basizonus 11l. Nach Waltl. „ vulpinus F., fulvocinctus Kby. Nach Waltl S. 87. „ obsoletus 11l. Nach Waltl, leucozonius Schk. „ subauratus 11l., leucopezus 11l. Nach Waltl. „ scabiosae Rossi., virens Er. „ geminus Er., pullus Er. Colletes fodiens Kb. „ succincta Latr. ^ calendarum F., ligata 11l.

371 Andrena lugvbrit ill. Nach Waltl S. 87. „ thoracica F. , tricolor F. „ puber 11I., fuscosa 11l. „ nigriplantis 11l. Nach Waltl S. 87. „ fulvipes 11l. Nach Waltl S. 87. „ prttinosa Er. Waltl's Reise S. 104. „ exigua Er. „ occipitalis H. Schaff. Bei Granada, auf Blumen. Dichroa gibba L., ruficrus Er. Sfe/ts phaeoptera Kb. Osmia melanogaster Spin. Wahrscheinlich identisch mit notatus F. „ andrenoides Spin., aurulenta Panz. „ coerulescens L. , aewea F., corrusca Er. „ signata Er., rwft'/a Er. „ fulvohirta Latr. Bei Malaga. An dem mitgebrachten Thiere sass eine Meloe - Larve. » „ Aus Andalusien , mir unbekannt. Megachile. Wahrscheinlich apicalis Spin. Ein Nest an einem Stein bei Malaga gefunden. Eucera longicortiis F. Dasypoda scopipes 111. Nach Waltl S. 87. „ cingulata Er. Ryghium oculatum F. In Andalusien von mir gesammelt. Systropha spiralis 111. Panurgus ursinus 11l., wahrscheinlich identisch mit unicolor Spin. „ arctos 11l., lobatus ¥., ater Panz. „ venustus Er. Waltl's Reise S. 106. Prosopis variegata F.

Vespariae. Ceramius Fonscolombi F. Odynerus auctus Panz., dvplicatus Klg. Polistes Gallica F.

Nach Waltl S. 88.

Mutillidae. Mutilla lugubris F. „ Hungarica F. In Mehrzahl aus den unteren Gegenden Andalusiens erhalten. 24*

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Mutilla dorsalis N., litoralis Petagna, arenaria F. „ 9-guttata Klg., sabulosa Klg. , partita Klg. „ angulata N. , geminata N. „ pusilla Klg. Bei Malaga, auf der Erde gefunden, nicht sehr selten. „