Deliberative Demokratie in der Diskussion

Claudia Landwehr I Rainer Schmalz-Bruns (Hrsg.) Deliberative Demokratie in der Diskussion Herausforderungen, Bewährungsproben, Kritik Schriftenreih...
Author: Elvira Sauer
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Claudia Landwehr I Rainer Schmalz-Bruns (Hrsg.)

Deliberative Demokratie in der Diskussion

Herausforderungen, Bewährungsproben, Kritik

Schriftenreihe der Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft Herausgegeben von Prof. Dr. Karsten Fischer Prof. Dr. lna Kerner Band 28

0

Nomos

Inhalt

Claudia Landwehr und Rainer Schmatz-Eruns Einleitung

7

Teil] : Normative Grundlagen deliberativer Politik

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:/ /dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8487-1543-5 {Print) ISBN 978-3-8452-5712-9 {ePDF)

Daniel Gaus Von der Kritik liberaler Demokratie zur Analyse deliberativer Systeme

29

Andreas Niederberger Inklusion durch Rationalität oder Rationalität durch Inklusion?

67

Erik 0. Eriksen Gründe als Explanans: Über Deliberation und das Problem der Unbestimmtheit

103

Martin Ehefing Deliberation zu ( epistemischer) Konziliation

141

Teil 2: Empirische Deliberationsforschung und normative Demokratie

1. Auflage 2014 ©Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2014. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten . Ged·ruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Dieter Fuchs Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

169

Frank Nullmeier und Tanja Pritzlaff Deliberative Praktiken: Zur praktikentheoretischen Fundierung deliberativer Politik

203

Claudia Ritzi und Gary S. Schaal Legitimitätsgenerierung im deliberativen und repräsentativen Paradigma: Komplementär oder kompetitiv?

239

Einleitung

Teil 3: Pluralismus und Dissens Jan Achim Richter Der Umgang mit religiösen Überzeugungen als Bewährungsprobe für die deliberative Demokratie Manon Westphal Jenseits des Konsens-Ideals : Deliberation in der agonalen Demokratie Markus Linden Die politische Repräsentation schwacher Interessen bei Jürgen Habermas DirkJörke Die populistische Herausforderung der Demokratietheorie

Claudia Landwehr und Rainer Schmalz-Bruns 273

305

339

369

Teil 4: Deliberative Grundlagen postnationaler Politik? Jürgen Neyer Das Recht auf Rechtfertigung und das Gerechtigkeitsdefizit der Europäischen Union Nicole Deitelhoff und Thorsten Thiel Keine Widerrede? Opposition und Deliberation in der überstaatlichen Politik Über die Autoren und Autorinnen

395

421 451

Vor nunmehr knapp fünfzehn Jahren attestierte James Bobman der deliberativen Demokratietheorie mit der Diagnose des "Coming of Age" in gewiss auch performativer Absicht eine produktive Entfaltung ihres konstitutiven, im öffentlichen Vernunftgebrauch verankerten Ideals demokratischer Legitimität hin zu einer nunmehr vollständigen Theorie der Demokratie (Bohman 1998: 401). Er hatte vor allem drei Desiderate im Auge, deren Einlösung jenen Reifegrad ermöglichen sollte, der es erlaubte, sich zwischen den falschen Alternativen (Bohman 1998: 423) einer im Namen des politischen Realismus zu vollziehenden, vollständigen Adaptation an das liberale Modell der repräsentativen Demokratie einerseits und der bloß utopischen Projektion eines höchst anspruchsvollen moralischen wie epistemischen Ideals vernünftiger Selbstgesetzgebung andererseits hindurchzubewegen. Unter der Voraussetzung nämlich, so die damals von ihm zum Ausdruck gebrachte Überzeugung, dass man sich, so wie es Habermas in "Faktizität und Geltung" bereits vorgezeichnet hatte, auf die praktische wie institutionelle Bearbeitung jener für das Ideal selber konstitutiven Spannungen zwischen moralischen und epistemischen Aspekten, zwischen einer im argumentativen Modus auf Gründe abstellenden Praxis der Meinungs- und Willensbildung und dem Ideal gleicher politischer Freiheit (vgl. neuerdings: Saffon und Urbinati 2013) einlasse, sollte die deliberative Demokratie als Medium der Selbstreflexion einer partizipatorischen, bürgerschaftliehen Praxis ihre zugleich kritische, oppositionelle wie konstruktive Kraft erhalten können (Bohman 1998 : 423). Zweifellos, blickt man heute auf diese ins Prognostische gewendete Diagnose zurück, wird man auf den ersten Blick kaum umhinkommen, diese Erwartungen zu bestätigen, indem man konstatieren kann, dass mittlerweile Vertreter wie Kritiker des deliberativen Modells kaum umhinkommen, ihm einen dominanten Status innerhalb der demokratietheoretischen Diskussion zuzuschreiben. Beobachter scheinen um die Feststellung, dass sich das Modell deliberativer Demokratie im Laufe der Zeit als beste Antwort auf die vielfältig diagnostizierten Krisen der repräsentativen Demokratie erwiesen hat (vgl. Besson/Marti 2006, Mansbridge et al. 2010, Lafont 2014, Grönlund/Bächtiger/Setälä 2014) kaum herumzukommen.

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion Dieter Fuchs

1.

Einleitung 1

Die empirische Deliberationsforschung hat seit Beginn der 2000er Jahre einen eminenten Aufschwung erfahren (Bächtiger/Wyss 2013: 156), so dass inzwischen die empirischen Studien die theoretischen Arbeiten zahlenmäßig weit übertreffen (Thompson 2008: 498). Die deliberative Theorie ist eine normative Theorie, und das wirft die Frage auf, welchen Stellenwert die empirische Deliberationsforschung überhaupt haben kann (Schaal/Ritzi 2009 : 8). Man kann argumentieren, dass sie als normative Theorie nicht realistisch sein muss, weil sie eine kritische Funktion gegenüber der politischen Realität hat. Die meisten deliberativen Theoretiker gestehen aber zu, dass man empirisch nachweisen muss, dass Deliberation auch in der wirklichen Welt möglich sei, wenn man nicht in dem Bereich der Utopie verbleiben will (Thompson 2008: 499; Landwehr 2012 : 360). In ihren Überblicksartikeln nehmen Dennis F. Thompson (2008) und Diana C. Mutz (2008) eine sehr skeptische Einschätzung des Standes der Deliberationsforschung vor. Thompson (2008: 499) bringt das prägnant zum Ausdruck: "The general conclusion of surveys of the empirical research so far is that taken together the findings are mixed or inconclusive". Als Gründe für diesen Zustand führt Thompson (2008 : 500 f.) zum einen die unterschiedlichen und sehr selektiven Deliberationsbegriffe der verschiedenen empirischen Studien und zum anderen unangemessene Anpassungen des Deliberationsbegriffs an die Restriktionen der empirischen Forschung an. Sowohl Thompson (2008: 501 f.) als auch Mutz (2008 : 522- 524) sehen als notwendige Bedingung eines Fortschrittes der empirischen Forschung, dass der Deliberationsbegriff analytisch klar ist und De-

Ich danke Nina Guerin und Claudia Ritzi für die kritische Lektüre dieses Beitrages und konstruktive Kommentare.

Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Iiberation von einer bloßen Diskussion abgrenzt. Diese Bedingungen werden nach Meinung beider Autoren von der empirischen Deliberationsforschung nicht oder unzureichend erfüllt. Die Schwachstelle der empirischen Deliberationsforschung liegt demnach vor allem in der Konzeptualisierung und Messung von Deliberation. Eine deutlich positivere Einschätzung der empirischen Deliberationsforsclmng nehmen neuere Überblicksstudien vor, und zwar die Monographie von Jürg Steiner (2012) und der kürzlich publizierte Beitrag von Andre Bächtiger und Dominik Wyss (2013). Letztere konzentrieren sich bei ihrer "systematischen Übersicht" (Bächtiger/Wyss 2013: 163) vor allem auf die Voraussetzungen und Ergebnisse von Deliberation und vernachlässigen die von Thompson und Mutz gestellte kritische Frage, inwieweit sich die empirischen Studien überhaupt auf einen Deliberationsbegriff stützen, der zum einen theoretisch begründet und zum anderen theoriekonform und nach methodischen Standards operationalisiert ist. Die nachfolgende Analyse hat zwei Zielsetzungen: Erstens soll eine kritische Diskussion der systematischen Übersicht der empirischen Deliberationsforschung von Bächtiger und Wyss (2013) vorgenommen werden. Dabei soll die These plausibilisiert werden, dass diese Übersicht zu stark zu Gunsten des Paradigmas der deliberativen Demokratie und einer eher affirmativen Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit von Deliberation ausgefallen ist. Zweitens -und das bildet den Schwerpunkt der Analysesoll eine kritische Diskussion des Discourse Quality Index (DQI) erfolgen (Steiner et al. 2004; Bächtiger 2005; Bächtiger et al. 201 0; Bächtiger/Pedrini/Ryser 201 0), bei dem es sich zweifelsohne um die bislang elaborierteste Konzeptualisierung und Messung von Deliberation handelt. Wenn in der empirischen Deliberationsforschung eine gewisse Verbindlichkeit über die Konzeptualisierung und Messung von Deliberation erzielt werden soll, dann mü~ ste sie aus diesem Grunde auch an den DQI anknüpfen und es müssten Überlegungen angestellt werden, wie dieser weiterentwickelt werden könnte. Auf diese Weise kann eine kumulative Forschung ermöglicht werden, wie sie beispielsweise schon bei der Konzeptualisierung und Messung von Demokratie stattgefunden hat (siehe dazu Collier!Levitsky 1997; Lauth 2004; Pickel/Pickel2006; Munck 2009; Roller 2014). Bevor auf die beiden genannten Fragestellungen eingegangen wird, soll ein Modell der empirischen Deliberationsforschung umrissen werden, in dem die wichtigsten Fragestellungen dieser Forschungsrichtung lokalisiert werden können und auf die sich die Bestandsaufnahmen von Steiner (2012) sowie Bächtiger und Wyss (2013) auch weitgehend beziehen. 170

2.

Ein Modell der empirischen Deliberationsforschung

Die Theorie der deliberativen Demokratie ist eine normative Theorie, einflussreiche Vertreter definieren diese vor allem über ideale Kriterien (Coben 1989; Habermas 1981 , 1992). Als eine solche normative und ideale Theorie ist sie empirisch nicht testbar. Was aber ist empirisch testbar? Diese Frage beantwortet Mutz in ihrer grundlegenden Studie "Is Deliberative Democracy a Falsifiable Theory?" mit den beiden folgenden Argumenten: The whole reason deliberative democracy is normati vely desirable is because it is thought to produce tangible benefits for democratic citizens and societies (Mutz 2008: 523); The key difference is that, in normative political theory, the activity described as deliberation is assumed to have certain beneficial outcomes, and in empirical research, it is hypothesized to have those same desirable outcomes (Mutz 2008: 524).

Die normativ gewünschten Outcomes von Deliberationen, die diesen aber gleichzeitig zugeschrieben werden, werden in der empirischen Forschupg also als Hypothesen begriffen, die auch falsifiziert werden können. Diese Argumentation von Mutz hat zumindest drei lmplikationen: Erstens muss zwischen Deliberation und ihren Outcomes systematisch unterschieden werden, das impliziert u.a., dass Outcomes nicht bereits Bestandteil der Definition von Deliberation sein dürfen. Zweitens muss Deliberation konzeptualisiert und gemessen werden. Über den von Mutz (2008) beschriebenen Stellenwert von Deliberation als Determinante für gewünschte Outcomes hinaus, besitzt die Konzeptualisierung und O Messung von Deliberation eine eigenständige Bedeutung. Sie ermöglicht, empirisch festzustellen, ob und inwieweit eine Diskussion tatsächlich eine Deliberation ist. Solche empirischen Analysen können Aufschluss darüber geben, ob Deliberation überhaupt möglich ist oder sie ein utopisches Konstrukt bleibt. Drittens müssen bestimmte Outcomes als Effekte von Deliberation postuliert werden und es müssen begründete Vermutungen darüber angestellt werden, warum Deliberation diese Effekte hat.

171

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Schaubild 1: Ein Modell der empirischen De1iberationsforschung


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In Schaubild 1 (siehe S. 172) werden einige dieser Implikationen in Form eines Modells der empirischen Deliberationsforschung graphisch dargestellt und durch weitere Faktoren ergänzt. Die Pfeile sind mit einer Ausnahme als Kausalpfeile zu interpretieren und können mit Hypothesen über die damit postulierten Effekte verknüpft werden. Die Ausnahme besteht in dem Pfeil von "Konzeptualisierung und Messung von Deliberation" auf "Deliberationen x, y, z". Erst auf der Grundlage der Konzeptualisierung und Messung von Deliberation kann überhaupt festgestellt wer-den, ob und inwieweit ein konkretes Gespräch oder eine konkrete Diskussion eine Deliberation ist. Und erst wenn das festgestellt wird, ist eine Analyse der Effekte - normativ gewünschte Konsequenzen und weitergehende systemische Konsequenzen - von Deliberation sinnvoll. In Anlehnung an Thompson (2008) werden in diesem Modell auch "empirical conditions" von Deliberation berücksichtigt, die in der Terminologie von Modellen als Determinanten bezeichnet werden. Außerdem wird zwischen Bedingungen auf der Makro- und Mikroebene unterschieden, die im Folgenden kurz erläutert werden. Institutionelle und kulturelle Bedingungen sind auf der Makroebene angesiedelt. Ein Beispiel für "institutionelle Bedingungen" sind Formen der liberalen Demokratie wie Mehrheits- und Konsensusdemokratie. Die Studien von Steiner et al. (2004) und Bächtiger (2005) haben gezeigt, dass mit diesen Formen unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten verbunden sind, dass parlamentarische Debatten als Deliberationen begriffen werden können. Was die "kulturellen Bedingungen" anbetrifft, so sind mir keine empirischen Studien bekannt, die deren Effekt analysieren. Ich kann dabei nur auf Jürgen Habermas (1992) rekurrieren, der theoretisch annimmt, dass eine aufgeklärte liberale Kultur eines Landes eine Voraussetzung dafür ist, dass öffentliche Deliberationen stattfinden können. Das Ausmaß, in dem eine solche Kultur in einem Land existiert, kann als Variable spezifiziert werden, die die Wahrscheinlichkeit von gelingenden Deliberationen beeinflusst. Die Determinanten auf der Mikroebene "Wertorientierungen der Teilnehmer" an einer Deliberation und "kognitive und rhetorische Fähigkeiten der Teilnehmer" haben nach der Modellannahme einen Einfluss darauf, inwieweit sich diese Teilnehmer im Sinne deliberativer Standards verhalten können und faktisch verhalten. Nach gesicherten Befunden der empirischen Partizipationsforschung determinieren beide Faktoren das Partizipationsverhalten, deshalb kann plausibler Weise angenommen werden, dass dies auch für das deliberative Verhalten gilt. Claudia Landwehr (2012) hat in ihrem Überblick über Theorien der deliberativen Demokratie herausgearbeitet, welche kognitiven und rhetorischen Fähigkeiten man den Teil173

Dieter Fuchs

nehmern an einer Deliberation zurechnen muss. Diese theoretische Zurechnung kann auch als kausale Hypothese formuliert werden: Je ausgeprägter die kognitiven und rhetorischen Fähigkelten der Teilnehmer sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich auch im Sinne deliberativer Normen verhalten.Worauf bezieht sich der Modellterm "Andere Faktoren"? Falls man davon ausgehen" kann, dass bestimmte Diskussionen tatsächlich Deliberationen sind, kann man grundsätzlich testen - sofern die entsprechenden empjrischen Informationen vorliegen - , inwieweit sie die normativ gewünschten Outcomes auch erzeugen. Das ist das , was Mutz (2008), wie bereits erläutert, als den wesentlichen Beitrag der empirischen Deliberationsforschung ansieht. Wenn man empirisch einen signifikanten Effekt von Deliberation auf diese Outcomes ermittelt, dann müssen nach den etablierten Regeln von Modellspezifikationen und -testungen auch Kontrollvariablen eingeführt werden, die hier als "Andere Faktoren" bezeichnet werden. Mit der Schätzung der Effekte dieser Kontrollvariablen soll ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem empirisch ermittelten Effekt von Deliberation auf bestimmte Outcomes nicht um "spurios correlations" handelt. Mit dem in Schaubild 1 dargestellten Modell der empirischen Deliberationsforschung soll der Kontext umrissen werden, in den spezifische Fragestellungen eingebettet sind und ihren Stellenwert gewinnen. In der nachfolgenden Analyse gehe ich vor allem auf den Aspekt der Konzeptualisierung und Messung von Deliberation ein (der in Schaubild 1 fett markiert ist), weil dieser meines Erachtens ein kritisches Problem der bisherigen empirischen Deliberationsforschung darstellt und davon alle weitergehenden empirischen Deliberationsanalysen abhängen. Vorangestellt wird aber eine kritische Diskussion einer Bestandsaufnahme der empirischen Deliberationsforschung, die sich auf verschiedene Teile dieses Modells bezieht und einen sinnvollen Kontext für den spezifischen Aspekt der Konzeptualisierung und Messung von Deliberation darstellt.

3.

Bestandsaufnahme der empirischen Deliberationsforschung

In den letzten Jahren sind mehrere Bestandaufnahmen der empirischen Deliberationsforschung vorgelegt worden (Schaal/Ritzi 2009; Steiner 2012; Bächtiger/Wyss 2013). Bei meiner kritischen Diskussion konzentriere ich mich weitgehend auf Bächtiger und Wyss (2013), weil sie den letzten Stand der empirischen Deliberationsforschung berücksichtigen, ihre Bestandsaufnahme systematisch anband eines Analysemodells durchge1"7A

Empirische Deliberationsf orschung - eine kritische Diskussion

führt wird und Bächtiger selbst wichtige Beiträge zur empirischen Deliberationsforschung geleistet hat. Die Bestandsaufnahme von Bächtiger und Wyss (2013: 158) greift das grundlegende Problem der Möglichkeit von Deliberation in der wirklichen Welt auf und stellt die Frage, "ob Deliberation überhaupt eine empirische Handlungslogik sein kann (und auch sein soll)". Die Autoren bringen selbst die "schwerwiegenden Einwände" vor, die von Politikwissenschaftlern und Sozialpsychologen erhoben werden (Bächtiger/Wyss 2013: 158). Viele Politikwissenschaftler argumentieren aus einer systemischen Perspektive, dass es in der Politik um Interessendurchsetzung und um die Gewinnung und Erhaltung von Macht gehe und dass dies die Möglichkeit von Deliberation erheblich einschränke. Viele Sozialpsychologen argumentieren aus einer" individuellen Perspektive, dass die kognitiven und normativen Voraussetzungen der Bürger zur Deliberation nicht gegeben seien. Mit diesen beiden Einwänden bürden sich die beiden Autoren eine erhebliche Beweislast auf: Sie postulieren, dass Deliberation tatsächlich eine empirische Handlungslogik sein kann. Wie sieht ihre Argumentationsstrategie aus? Ich möchte nicht den gesamten Artikel rekonstruieren und diskutieren, sondern lediglich auf zwei Weichenstellungen eingehen. Die erste Weichenstellung ist die Bezugnahme auf die angelsächsische Diskussion, die nach den Autoren "erheblich pragmatischer verlaufen" ist als die Diskussion in Deutschland und Europa (Bächtiger/Wyss 2013: 159). Die zweite Weichenstellung ist die Fokussierung der Bestandsaufnahme auf die Deliberation in der Zivilgesellschaft. In der Zivilgesellschaft sind die Restriktionen für Deliberation geringer als in der politischen Sphäre und dementsprechend die Wahrscheinlichkeit von Deliberation als empirische Handlungslogik entsprechend größer. Die Pragmatik der angelsächsischen Diskussion besteht vor allem in einer stärkeren Anpassung des deliberativen Modells an die Realität, die paradigmatisch von Jane Mansbridge in Kooperation mit einer ganzen Reihe prominenter Theoretiker herausgearbeitet wird (Mansbridge et al. 2010). Sie stellen dem klassischen und normativ sehr anspruchsvollen Deliberationsbegriff einen erweiterten und realistischen gegenüber. Die Erweiterungen bestehen darin, dass auch Eigeninteresse, Macht, Bargairring und Storytelling als eine Form der Begründung in den Deliberationsbegriff integriert werden. Dass dadurch ein realistischer Deliberationsbegriff gewonnen und die "empirische Übersetzung von Deliberation ungemein erleichtert" wird (Bächtiger/Wyss 2013: 160), ist zunächst einmal sehr plausibel. Auf diese Weise wird aber auch ein kritisches Problem noch einmal ver175

Dieter Fuchs

schärft, auf das zum einen Mutz und zum anderen Thompson bereits hingewiesen haben. Mutz (2008: 526) stellt fest: "lf the deliberative umbrella is too broad, then it is not clear how deliberative theory can be differentiated from any of dozens of other theories." Thompson (2008: 502) formuliert es folgendermaßen: "lf the concept is too broad - if it includes every form of political talk [ ... ] - the conclusions will have ,uncertain bearing' on deliberative theory." Bächtiger und Wyss (2013: 160 f.) greifen diese Konzeptualisierung eines realistischen Deliberationsbegriffs auf: [Der] Einbezug von bargaining-Logiken in Deliberation machen die strikte Trennung zwischen strategischem und kommunikativem Handeln endgültig hinfällig [ ... ] das Vorkommen von bargaining-Techniken [kann] kein Grund [sein], Verhandlungsprozesse als normativ minderwertig zu taxieren.

Sie halten dann abschließend fest, dass empirische Übersetzungen des philosophischen Konstrukts von Deliberation zunächst gut beraten sind, Verständigungsorientierung nicht gegen strategisches Handeln auszuspielen (Bächtiger/ Wyss 2013 : 161).

Dass es in der Realität Bargaining als Form der Konfliktregelung gibt und diese im Bereich der Politik vermutlich sogar dominiert, ist völlig unbestritten - aber darum geht es gar nicht. Es geht vielmehr um den Nachweis, dass Deliberation in der realen Welt möglich ist, dass Deliberation eine empirische Handlungslogik sein kann und sich darin eben von Bargaining unterscheidet. Die Theorie der deliberativen Demokratie verbindet mit Deliberation starke Erwartungen über die Effekte von Deliberation. Damit stellt sich die Frage, ob durch einen solchen realistischen Delibetationsbegriff die intendierten Wirkungen ebenfalls zu erzielen sind. Zugespitzt könnte man formulieren, dass ein solch erweiterter Deliberationsbegriff sein kritisches Potential verliert, da er sich von der existierenden politischen Wirklichkeit kaum unterscheidet. Eine weitere Realitätsanpassung besteht darin, dass man die Kriterien von Deliberation als regulative Ideale begreift, die in der Realität niemals erreicht werden können (Bächtiger/Wyss 2013: 160). Die darin enthaltene Vorstellung eines Kontinuums von Idealität und Realität ist durchaus plausibel, sie muss aber durch einen Schwellenwert ergänzt werden, ab dem ein solches Kriterium eben nicht mehr Deliberation ist. Ein gutes Beispiel dafür ist die Diskussion über den Demokratiebegriff Dahl (1989, 1998) formuliert einerseits ideale Kriterien von Demokratie, aber andererseits auch reale Kriterien, die ein politisches System erfüllen muss, damit es überhaupt als eine Demokratie bezeichnet werden kann. Diese realen Kriterien bilden eine Schwelle, und was unterhalb dieser Schwelle liegt, ist entweder eine defekte Demokratie oder sogar eine Autokratie. Ange176

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

wendet auf den Deliberationsbegriff bedeutet dies, dass man an der Vorstellung von regulativen Idealen festhalten kann, diese aber um Schwellenwerte ergänzen muss, ab denen nicht mehr Deliberation vorliegt, sondern Bargaining oder Diskussion. Bächtiger und Wyss (2013: 170) ziehen als ein Resümee ihrer Bestandsaufnahme der Deliberation in der politischen Sphäre, dass "Deliberation in der Politik stets den Zwängen des Machterhalts und der Repräsentation ausgesetzt ist" und schließen daran die Erwartung an, dass "in den weniger strategischen Kontexten von Bürgerversammlungen die Chance erheblich größer [ist], dass es zu einem Sich-Einlassen auf Argumentationen und Überzeugungsmomenten kommen kann". Im Anschluss nehmen sie deshalb eine Bestandsaufnahme der empirischen Deliberationsforschung im Bereich der Zivilgesellschaft vor. Darin besteht die zweite Weichenstellung der Analyse, bei der demonstriert werden soll, dass Deliberation als empirische Handlungslogik möglich sei. Bei der Diskussion über Deliberation in der Zivilgesellschaft gehen sie aber auf diese Frage kaum ein, sondern erörtern vor allem die Voraussetzungen und die Ergebnisse der Deliberation. Bei der Frage der Voraussetzungen beziehen sie sich auf die These, dass die Bürger gar nicht daran interessiert seien, an Deliberation teilzunehmen. Als empirische Argumente gegen diese These werden Befunde von Luskin et al. (2002) und yon Neblo et al. (2010) angeführt, wonach die durchschnittliche Partizipationsrate an deliberative polls (DPs) von James S. Fishkin (1995, 2009) rund 30 Prozent beträgt. In der Studie von Neblo et al. (2010: 575) werden eine Serie von Feldexperimenten durchgeführt, "in which random samples of citizens from 13 congressional districts were affered an opportunity to participate in an online deliberative forum with their member of congres~ to discuss immigration policy". 65 Prozent äußerten eine grundsätzliche Bereitschaft, daran teilzunehmen UI;ld davon nahmen 34 Prozent tatsächlich teil. Ob man ein derartiges Interesse an einer Diskussion mit Kongressabgeordneten über ein bestimmtes Thema als Deliberation bezeichnen kann, sei dahin gestellt, aber die faktische Beteiligung daran ist nicht sonderlich hoch. Weder aus der durchschnittlichen Partizipationsrate an den DPs noch aus der Beteiligung an dem "deliberative forum " mit dem Kongressmitglied kann überzeugend gefolgert werden, dass die Bürger interessiert seien, an Deliberation teilzunehmen. Interessanterweise klammem Bächtiger und Wyss diese Frage letztlich aus und erörtern den Aspekt der soziodemographischen Zusammensetzung der Teilnehmer an DPs. Sie zitieren die Studie von Luskin et al. (2002), die feststellt, dass die soziodemographischen Merkmale der Teilnehmer an diesen DPs "nicht 177

Dieter Fuchs

allzu weit vom Bevölkerungsdurchschnitt sind" (Bächtiger/Wyss 2013 : 171). Daraus ziehen sie dann die Schlussfolgerung: "Diese Resultate widersprechen pessimistischen Thesen, wonach Deliberation eine exklusive Veranstaltung für Gebildete und anderweitig privilegierte Bürger ist." (Bächtiger/Wyss 2013: 171) Eine exklusive Veranstaltung für gebildete und privilegierte Bürger sind Deliberationen und deliberationsähnliche Diskussionen sicherlich nicht; aber die Frage ist nicht die der Exklusivität, sondern die der Überrepräsentation. Wenn es gesicherte Ergebnisse der empirischen Partizipationsforschung gibt, dann bestehen diese in zweierlei: Zum einen ist die Bereitschaft der Bürger, sich an politischen Handlungen zu beteiligen, die einigen Aufwand erfordern, nicht sehr ausgeprägt; zum anderen sind diejenigen, die sich daran beteiligen, hinsichtlich ihrer soziodemographischen Merkmale verzerrt. Das wird in der epochalen Studie Voice and Equality klar zum Ausdruck gebracht: As expressed through political participation, the voices of citizens may be loud and clear, but they are decidedly not equal. The voices of certain people - and people with certain politically relevant characteristics - are more resonant in participatory input [ ... ]. The voices of the well-educated and the well-heeled - and therefore, of those with other politically relevant characteristics that are associated with economic and educational privilege - sound more loudly. (Verba/Schlozrnan/ Brady 1995: 511 f.)

Dass dies auch gegenwärtig in mehreren westlichen Demokratien noch der Fall ist, zeigen eine Vielzahl von vergleichenden Studien (u.a. Dalton 2013: Kapitel 3). Wieso diese Befunde der empirisch~n Partizipationsforschung für deliberative Beteiligung, die hinsichtlich der kognitiven Voraussetzungen und des zu erbringenden Aufwandes besonders anspruchsvoll ist, nicht gelten sollen, ist kaum nachzuvollziehen und wird mit den von Bächtiger und Wyss (2013) präsentierten Ergebnissen meines Erachtens auch nicht gezeigt. Bei seiner Bestandsaufnahme der empirischen Ergebnisse zu "Citizen participation in deliberation" kommt Jürg Steiner auch zu einer ganz anderen Schlussfolgerung: The most striking result of the ernpirical section of this chapter is that citizens participate very unevenly in deliberation of political issues. It is not surprising that we arrive at this result, but for the normative debate about deliberation it is important to know on a firm ernpirical basis that under quite different conditions there is great inequality in deliberative participation. (Steiner 2012: 49)

Es wurde bereits festgestellt, dass Mutz (2008: 524) als eine der wichtigsten Aufgaben der empirischen Deliberationsforschung den Nachweis an178

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

sieht, dass Deliberationen auch die normativ gewünschten Ergebnisse haben. Diesen Aspekt greifen Bächtiger und Wyss (2013) in ihrer Bestandsaufnahme auf. Sie beziehen sich dabei vor allem auf Ergebnisse von DPs. Danach gibt es als Folgen solcher DPs sowohl signifikante Meinungsänderungen als auch signifikante Wissensgewinne (Bächtiger/Wyss 2013: 22 f.) . Ob Meinungsänderungen und Wissensgewinne per se die von der Theorie der deliberativen Demokratie normativ gewünschten Ergebnisse sind, kann bezweifelt werden. Meinungsänderungen und Wissensgewinne sollen zu einer Verbesserung der politischen Präferenzen führen, und diese bezieht sich vor allem darauf, dass die Präferenztransformationen zu einer stärkeren Gemeinwohlorientierung führt, die letztlich durch die Kraft des besseren Argumentes bewirkt wird. Das wird in den meisten empirischen Studien über die Effekte von Deliberationen kaum berücksichtigt. Dementsprechend kommt Steiner (2012: 43) bei seiner Durchsicht der empirischen Ergebnisse zum "force of better argument in deliberation" zu dem folgenden Resümee: There are very few ernpirical studies in the Iiterature about the force of the bet(er argument, and from the existing studies it is difficult to establish whether positions are indeed cbanged by the force of the better argument or for strategic reasons.

Wenn man dieses Problem aber einmal ausklammert und unterstellt, dass die DPs gewünschte Resultate erzeugen, dann .stellen sich dennoch einige Probleme, die Bächtiger und Wyss wiederum selbst artikulieren. Bei den DPs bekommen die Teilnehmer umfangreiche Informationen über das zur Debatte stehende Thema und können Experten befragen. Darüber hinaus gewährleistet ein Moderator, dass die Diskussion auch thematisch fokussiert erfolgt und dass keiner der Teilnehmer die Diskussion dominiert. Zusätzlich werden die Teilnehmer über die deliberativen Normen der Begründung der eigenen Auffassung und den Respekt gegenüber den anderen in Kenntnis gesetzt. Aufgrund dieser Strukturierung der DPs wird unterstellt, dass die Diskussionen deliberativ sind und sich somit eine empirische Analyse des deliberativen Prozesses erübrigt. Bächtiger und Wyss (2013: 173) bezeichnen diese DPs als ein ,,package treatment (bestehend aus Informationsmaterial, Expertenbefragung und Diskussionsprozess)", das nicht erlaubt "die kausalen Effekte der einzelnen Komponenten genauer zu bestimmen". Es ist also nicht klar, wie diese Meinungsänderungen zustande gekommen sind und ob dabei der deliberative Prozess eine Rolle gespielt hat. Trotz dieser von den Autoren selbst festgestellten Problematik, kommen sie zu der folgenden bilanzierenden Schlussfolgerung: "Obwohl Bürgerdeliberation noch einige Rätsel birgt, funktioniert sie unter unterstüt179

-Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

zenden institutionellen Bedingungen doch viel besser, als die stärksten Kritiker vermutet haben." (Bächtiger/Wyss 2013: 173) Außerdem können die Bürger unter "günstigen institutionellen Bedingungen" deliberieren, wobei sich dann auch "normativ wünschbare Ergebnisse (wie höhere epistemische Qualität oder breiter abgestützte Kompromisse) einstellen" (Bächtiger/Wyss 2013: 155). Hinsichtlich dieser Schlussfolgerungen stellen sich drei Fragen: Erstens werden ja nach Bächtiger und Wyss selbst die deliberativen Prozesse bei den DPs nicht eigens analysiert und die Strukturierung der DPs gewissermaßen mit Deliberationen gleichgesetzt. Zweitens besteht die "höhere epistemische Qualität" vor allem in dem Wissensgewinn der Teilnehmer der Deliberation, und das ist angesichts der Bereitstellung von Informationen und der Möglichkeit von Expertenbefragungen in den DPs relativ trivial. Drittens können die Strukturierungen von DPs kaum als Institutionen im Sinne eines sozialwissenschaftliehen Institutionenbegriffs verstanden werden. Es bleibt völlig offen, inwieweit diese Strukturierungen der DPs tatsächlich institutionalisiert werden können und auf diese Weise zu einem auf Dauer gestellten Merkmal eines demokratischen Systems werden, das über solch artifizielle Konstruktionen wie DPs hinausgeht. Vor dem Hintergrund der kritischen Diskussion der Bestandsaufnahme der empirischen Deliberationsforschung von Bächtiger und Wyss (2013 : 174) scheint mir ihre Bilanzierung meines Erachtens kaum abgestützt zu sein: Die Bilanz unseres Durchgangs durch die empirische Deliberationsforschung fallt sicherlich gemischt, aber letztlich durchaus hoffnungsvoll aus: Es gibt Spuren von Deliberation sowohl in der Politik wie in der Zivilgesellschaft, die auch normativ wünschbare Ergebnisse zeitigt. Zentral erwiesen sich dabei institutionelle Parameter[ ... ].

Vor allem die Frage der Messung von Deliberation bleibt offen. Bächtiger und Wyss (2013: 165) bemerken diesbezüglich: "Eine der großen Herausforderungen der empirischen Deliberationsforschung besteht darin, das philosophische Konstrukt der Deliberation messbar zu machen." Das wird in ihrer Bestandsaufnahme aber kaum thematisiert, sondern es erfolgt lediglich der Verweis auf den Discourse Quality Index (DQI). Allerdings haben die in der Bestandsaufnahme zitierten empirischen Studien der Deliberation in der Zivilgesellschaft den DQI nicht verwendet. Zum Abschluss meiner kritischen Diskussion der Bestandsaufnahme der empirischen Deliberationsforschung von Bächtiger und Wyss (2013), die in zwei wichtigen Aspekten von der von Steiner (2013) ergänzt wurde, möchte ich die wichtigsten Schlussfolgerungen noch einmal festhalten: 180

Erstens gibt es empirisch fundierte Zweifel, ob ein nennenswerter Anteil von Bürgern sich an Deliberationen oder deliberationsähnlichen Diskussionen beteiligen will und kann. Zweitens kann die empirische Demonstration der Möglichkeit von Deliberation als empirische Handlungslogik entweder nicht oder nur in Spuren erfolgen. Drittens wird in den meisten empirischen Studien zu Deliberation in der Zivilgesellschaft entweder keine explizite Definition und Operationalisierung von Deliberation vorgenommen oder nur eine unzureichende. Damit entfallt aber die Voraussetzung, dass die normativ gewünschten Folgen von Deliberation - und das ist nach Mutz (2008) die wichtigste Aufgabe der empirischen Deliberationsforschung - angemessen analysiert werden können. Wenn man nach Bächtiger und Wyss (2013: 165) als "eine der großen Herausforderungen der empirischen Deliberationsforschung" ansieht, "das philosophische Konstrukt der Deliberation messbar zu machen", dann ist eine kritische Diskussion des DQI, der meines Erachtens diese Herausforderung am besten aufgreift, sinnvoll, um damit mögliche Ansatzpunkte einer Weiterentwicklung des Messinstrumentes zu gewinnen.

4.

Zur Konzeptualisierung und Messung von Deliberation durch den Discourse Quality Index (DQI)

Der DQI ist von einer Gruppe von Wissenschaftlern entwickelt worden und existiert inzwischen in verschiedenen Versionen (Steiner et al. 2004; Bächtiger 2005 ; Bächtiger et al. 2010; Bächtiger/Pedrini/Ryser 2012). Der DQI ist eindeutig das systematischste und differenzierteste Messinstrument zur Erfassung von Deliberation. Es gibt eine längere Diskussion über diesen Index, die unter anderem von seinen Autoren selbst geführt wird und sowohl Modifikationen als auch Verbesserungen zur Folge hatte. Ich möchte im Folgenden eine Evaluation des DQI nach Kriterien vornehmen, die in der methodologischen Literatur entwickelt worden sind. Es handelt sich dabei um ideale Kriterien, denen demzufolge kein Messinstrument völlig genügen kann. Eine kritische Evaluation des DQI anband dieser Standards ist aber aus zwei Gründen dennoch sinnvoll: Erstens gibt sie genauere Aufschlüsse darüber, was mit dem DQI erfasst wird und was nicht, zweitens bietet sie Ansatzpunkte zur Verbesserung des Messinstrumentes. Die Evaluation erfolgt entlang der drei Herausforderungen "conceptualization, measurement and aggregation", die sich nach Munck (2009: 14) bei der Entwicklung jedes sozialwissenschaftliehen Messinstruments stel181

Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Jen. Unter den verschiedenen Varianten des DQI stütze ich mich auf die von Steiner (2012), die von ihm selbst als "Newest Version" bezeichnet wird, und auf eine Version von Bächtiger/Pedrini/Ryser (2010). Steiner unterscheidet die folgenden Merkmale von Deliberation: Nature of speech act, participation (length of time), participation (constraints), respect (foul language), respect (respectful language), respect (listening), Ievel of justification of arguments, content of justifications of arguments (own group ), content of justification of arguments (other groups), content of justification of arguments (common goods), content of justification of arguments (abstract principles), force of better argument, stories (Steiner 2012: 268271). Und Bächtiger/Pedrini!Ryser postulieren acht Merkmale von Deliberation: Typ I Standards: (1) Partizipationsgleichheit, (2) Begründungsrationalität, (3) Gemeinwohlorientierung, (4) Respekt und Zustimmung, (5) Interaktivität, (6) Konstruktive Politik; Typ II Standards: (7) Story-telling, (8) Deliberatives Verhandeln (Bächtiger/Pedrini!Ryser 2010: 197-201) . . Bei beiden Varianten sind die Messskalen der einzelnen Merkmale unterschiedlich, sie variieren von zwei bis sechs Skalenpunkten.

4.1

Schaubild 2: Die logische Struktur eines sozialwissenschaftliehen Konzeptes (nach Munck 2009)

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183

-Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Die oberste Ebene stellt die Bezeichnung des Konzeptes dar (C), und das ist in unserem Falle Deliberation. Dieses Konzept wird durch eine Menge von Attributen (Al-A3) definiert, das die zweite Ebene konstituiert. Die dritte Ebene sind verschiedene Komponenten von Attributen (Ll- L6), die messbar sein sollen und somit den Übergang zur Empirie darstellen. Munck (2009 : 21) bezeichnet diese als "leaves" des "conceptual tree". Von diesen Komponenten unterscheiden sich die konkreten Indikatoren mit den jeweiligen Skalen, durch die die Messoperationenerfolgen (XlX6).2 Die konzeptuelle Struktur ist hierarchisch nach Abstraktionsebenen aufgebaut und ~ie jeweils niedrigere Ebene sollte aus der jeweils höheren Ebene logisch konsistent abgeleitet werden. Das bedeutet, dass die De~ni­ tion des Konzeptes durch Attribute von strategischer Bedeutung ist. Evaluative Standards Die erste Aufgabe bei der Herausforderung der "conceptualization" besteht nach Munck (2009: 15) in der "identification of attributes". Dazu spezifiziert Munck (2009: 15) zwei evaluative Standards: • Vermeide eine maximalistische Definition (die Einbeziehung von theoretisch irrelevanten Attributen) und eine minimalistische Definition (die Exklusion von theoretisch relevanten Attributen). 3 • Spezifiziere das Konzept in einer vertikalen Struktur und vermeide die Probleme der Redundanz und der "conflation". Redundanz bedeutet eine Mehrfacherfassung desselben Attributes und Conflation4 eine fehlerhafte oder doppelte Zuordnung einer Komponente zu Attributen. Ich möchte an dieser Stelle einige evaluative Standards von Gary Goertz (2006: 35, 39, 51-53) hinzufügen, die die beiden von Munck sinnvoll ergänzen und differenzieren: • Analysiere explizit den negativen Pol des Konzeptes. • Spezifiziere und theoretisiere die Grauzone zwischen beiden Polen.

2 3 4

184

Bei einem konkreten Konzept kann die Anzahl der Attribute, Komponenten und Indikatoren natürlich größer oder kleiner sein als in diesem Beispiel. Siehe dazu das Schaubild 2. Ich verwende im Folgenden den englischen Begriff, da es meines Erachtens keine adäquate deutsche Übersetzung gibt.



Expliziere die formalen Beziehungen zwischen den Attributen und zwischen den Komponenten. H
I"""

Empirische Deliberationsf orschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

hen, wie Deliberation durch die Zuordnung von Attributen definiert werden kann. Das lässt sich dann wiederum auf den DQI kritisch beziehen.

Die Attribute von Deliberation Der erste evaluative Standard von Munck (2009 : 15) der Vermeidung einer maximalistischen und einer minimalistischen Definition ist zwar eine wichtige Leitlinie, er lässt aber offen, wie bei der der Definition eines Konzeptes konkret vorgegangen werden kann. Dass ein Autor einfach eine Defmition vornimmt und dafür in der wissenschaftlichen Diskussion eine mehr oder weniger große Verbindlichkeit beansprucht, ist wenig aussichtsreich. Es ist also notwendig, sich an den bisher vorliegenden Definitionen zu orientieren. Dabei besteht aber das Problem, dass Deliberation wie praktisch jedes sozialwissenschaftliche und auch philosophische Konzept - eines der "essentially contested concepts" (Gallie 1956) ist und es deshalb eine Vielzahl von Definition gibt, die sich zum Teil stark unterscheiden. Ich ziehe deshalb eine "guideline for concept analysis" von Giovanni Sartori (1984) heran, um eine zu willkürliche Entscheidung für eine Deliberationsdefinition zu vermeiden: "In reconstructing a concept, first collect a representative set of definitions; second, extract their characteristics; and third, construct matrixes that organize such characteristics meaningfully." Wie wählt man aber den "representative set of definitions" aus? Ich kann mich dabei auf drei Überblicksartikel stützen, in denen die relevante Literatur gesichtet und bestimmte Attribute von Deliberation identifiziert werden, die nach der Auffassung der Autoren dieser Überblicksartikel in den meisten Definition von Deliberation enthalten sind. Es handelt sich dabei um die Beiträge von Mausbridge et al. (2010), Thompson (2008) und Landwehr (2012). In Tabelle 1 sind die Attribute zusammengestellt, die in den drei Aufsätzen jeweils genannt werden. Da bei Mausbridge et al. (2010) die größte Menge angegeben ist, werden sie in der Tabelle zu5 erst aufgeführt und dienen als Folie für die beiden anderen Studien.

5

186

Mansbridge et al. (20 I0) unterscheiden zwischen einem klassischen und einem erweiterten Begriff von Deliberation. In Tabelle 1 sind nur die Attribute der klassischen Definition enthalten; auf die Erweiterung wird an späterer Stelle meiner Analyse eingegangen.

Fast alle Definitionen, auf die sich in den drei Überblicksartikeln bezogen wird, sind auf der philosophischen Ebene der normativen Theorie der deliberativen Demokratie angesiedelt. Sie werden nicht aus der Perspektive eines sozialwissenschaftliehen Begriffs entwickelt, der empirische Forschung steuern kann . Um einem solchen sozialwissenschaftliehen Begriff von Deliberation etwas näher zu kommen, sind in Tabelle 1 solche Attribute ausgeschlossen worden, die in den drei Studien zwar genannt werden, die aber Voraussetzungen oder Konsequenzen (Outcomes) von Deliberation darstellen. Tabelle 1: Attribute von Deliberation in relevanten Studien Mausbridge et al. (2010)*

Thompson (2008)

Landwehr (2012)

Austausch von Argumenten

X

X

X

Verallgemeinerbarkeit/ Gemeinwohlorientierung/ Unparteilichkeit der Argumente

X

X

X

Gleichheit der Beteiligung

X

X

X

Wechselseitiger Respekt

X

X

Zwanglosigkeit

X

Wahrhaftigkeit

X

Konstruktives Verhalten

X

X

X

* Classic deliberation Da die Attribute von Thompson (2008) und Landwehr (2012) Teilmengen der von Mausbridge et al. (2010) genannten Attribute sind und das Verständnis dieser Attribute bei allen Autoren - mit einer Ausnahme - vergleichbar ist, gehe ich davon aus, dass mit den Attributen von Mausbridge et al. (2010) das Spektrum umrissen ist, das zur Definition von Deliberation in Frage kommt. Die Ausnahme besteht in der Art von Argumenten, die in einer Deliberation zulässig sind. Während Mausbridge et al. dabei auf die Orientierung am "common good" rekurrieren, zieht Landwehr die etwas zurückhaltender Bezeichnung "Verallgemeinerbarkeit" bzw. "Über187

Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Man ist bei der Entwicklung eines sozialwissenschaftliehen Deiiberati- . onsbegriffs nicht auf die Dignität der Theorie von Habermas angewiesen, sondern kann sich auf die Attribute stützen, die relativ übereinstimmend in bisherigen Deliberationsdefinitionen identifiziert worden sind (vgl. Tabelle 1). Wie die in Tabelle 2 (siehe S. 186) zusammengestellte Zuordnung der Standards der beiden Versionen des DQI zu diesen Attributen zeigt, kann der DQI Typ 1 problemlos an diese Definitionen angeschlossen werden und von daher seine konzeptuelle Fundierung gewinnen. Der DQI Typ I enthält lediglich ein Attribut, das nicht bereits in der Zusammenstellung der Tabelle I enthalten ist, und zwar die "Begründungsrationalität". Dieser Standard abstrahiert von einer inhaltlichen Qualifikation der Argumente im Sinne von besseren und schlechteren Argumenten und bezieht sich formal auf die Qualität der Begründung eines Argumentes wie z.B. "~b Redner eine Relation zwischen Gründen und Konklusion herstellen" (Bächtiger/Pedrini!Ryser 20 I 0: 198). Sowohl Munck (2009) als auch Goertz (2006) postulieren eine hierarchische Organisation eines sozialwissenschaftliehen Konzeptes, bei der die jeweils niedrigere Ebene aus der jeweils höheren Ebene stringent abgeleitet werden sollte; das dient der konzeptuellen Präzisierung. Eine solche Strukturierung wird in keiner Version des DQI vorgenommen. Die theoretischen Attribute und die messbaren Komponenten fallen beim DQI zusammen. Damit entfällt das Problem der "conflation" (Munck 2009: 15), d.h. der. fehlerhaften oder doppelten Zuordnung einer Komponente zu Attributen. Was sich aber nicht erübrigt, ist das Problem der Redundanz. Das trifft vor allem auf die Version von Steiner (2012) zu, der drei Standards von "respect" und vier Standards von "content of j ustification" postuliert (vgl. Tabelle A 1). Das wirft zwangsläufig Probleme bei der Aggregation der Messungen auf, die im nachfolgenden Abschnitt erörtert werden.

tragbarkeit" heran. Eine weitere Alternative wäre "Unparteilichkeit" (Habermans 1992; Mausbridge et al. 2010), die sich meines Erachtens aber mit V erallgemeinerbarkeit stark überschneidet, da partikulare Argumente per se nicht verallgemeinerbar sind. Die vorab spezifizierten evaluativen Standards sind auf diese Matrix von Attributen nicht umstandslos anwendbar, da sie nicht im Kontext einer sozialwissenschaftliehen Debatte mit einer empirischen Orientierung entwickelt wurden. Sie sind aber dennoch sinnvoll, weil sie zum einen Ansatzpunkte für die Entwicklung eines sozialwissenschaftliehen Deliberationskonzepts darstellen und zum anderen ein Problem lösen, das sich beim DQI stellt.

Die Konzeptualisierung beim DQI In jüngeren Publikationen zum DQI werden zwei Typen unterschieden, der eine ist durch Typ 1 Standards definiert und der andere durch Typ 2 6 Standards (Bächtiger et al. 2010; Bächtiger/Pedrini/Ryser 2010). Da der DQI Typ 2 alle Merkmale von Typ 1 enthält, diesen aber etwas erweitert, gehe ich zunächst auf Typ 1 ein. Der Typ 1 Deliberation basiert nach seinen Konstrukteuren (Steiner et al. 2004) auf der Theorie von Habermas. Allerdings ist mir keine Definition von Habermas bekannt, die als Ausgangspunkt zu einer Deduktion von Attributen verwendet werden kann. Dies ist der Grund dafür, dass Steiner et al. (2004) und später Steiner (2012) zur Definition des DQI ganz verschiedene und verstreute Stellen aus dem Oeuvre von Habermas zitieren, die zum Teil sehr abstrakt und in unterschiedlichen inhaltlichen Kontexten formuliert worden sind. Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass Habermas (1992: 369-371) bei seiner relativ konkretesten und zusammenhängenden Bestimmung von Deliberation auf die Kriterien von Joshua Cohen (1989) rekurriert. Als Grundlage einer systematischen Strukturierung eines sozialwissenschaftlichen Konzeptes (vgl. Schaubild 2) bietet sich die Theorie von Habermas meines Erachtens nicht an. Sie ist eher der weitere Bezugsrahmen einer Theorie der deliberativen Theorie, für die ein abstrakter Begriff von Deliberation ausreicht und seinen Stellenwert gewinnt.

6

1S8

Diese Unterscheidung von Typ 1 und Typ 2 entspricht ungefahr der zwischen "classic deliberation" und "expansion of the classical ideal" von Mausbridge et al. (2010).

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189

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Tabelle 2: Attribute/Komponenten beim Discourse Quality Index (DQI)* Bächtiger/ Pedrini/Ryser (2010)

Steiner (2012) DQI Typ 1

X

Austausch von Argumenten Verallgemeinerbarkeit/ Gemeinwohlorientierung/ Unparteilichkeit der Argumente

(Interaktivität) X

X

(Verallgemeinerbarkeit)

(Gemeinwohlorientierung)

Gleichheit der Beteiligung Wechselseitiger Respekt

X X

X

X

X

(Kraft des besseren Arguments)

(Konstruktive Politik)

Zwanglosigkeit Wahrhaftigkeit Konstruktives Verhalten

·--- ---------------------------- -- ------------- ---------- --- --- ------------------X X

Begründungsrationalität

(Niveau der Rechtfertigung der Argumente)

(Begründungsrationalität)

DQI Typ 2

Geschichten erzählen Deliberatives Verhandeln

X

X

(Stories)

(Story-telling) X

* In Klammem unter X sind die Bezeichnungen der Standards aufgeführt, die in den beiden DQI-Versionen nicht identisch sind.

Was demgegenüber in äer Version von Steiner fehlt, ist zum einen der systematische Austausch von Argumenten zwischen den Teilnehmern und die Gleichheit der Beteiligung an der Deliberation. Beide werden in allen drei Überblicksartikeln als Attribut von Deliberation gesehen (vgl. Tabelle 1). Im Unterschied zur Version von Steiner werden beide Attribute in derjenigen von Bächtiger/Pedrini/Ryser (2010) berücksichtigt (vgl. Tabelle 2). Beim Standard "Partizipationsgleichheit" zitieren sie Thompson (2008: 527): "Equal participation requires that no one person or advantaged group completely dominate the reason-giving process, even if the deliberators are not strictly equal in power and prestige." (Bächtiger/Pedrini/Ryser 2010: 197) Beim systematischen Austausch von Argumenten, den sie als "Interaktivität" spezifizieren, halten sie fest: "Interessanterweise hat dieses zentrale Element deliberativen Handeins bei der empirischen Messung von Deliberation wenig Beachtung gefunden." (Bächtiger/Pedrini/ Ryser 2010: 199) Die DQI-Version der drei Autoren berücksichtigt also im Unterschied zu der von Steiner diese beiden zentralen Attribute und ist zudem erheblich sparsamer, da sie beim Inhalt der Rechtfertigung von Argumenten lediglich einen Standard spezifiziert ("Gemeinwohlorientierung") und Respekt ebenfalls nur durch einen Standard abgedeckt wird (vgl. Tabellen Al und A2). Das Problem der Redundanz wird auf diese Weise erheblich reduziert. Insgesamt scheint mir die Version von Bächter/Pedrini/Ryser (20 10) durchdachter und konsistenter zu sein als die von Steiner, auch wenn Steiner (2012: 268) seit).e als "neueste · Version" bezeichnet. Ich beschränke meine weitere Erörterung der Konzeptualisierung von Deliberation durch den DQI deshalb im Folgenden auf Bächtiger/Pedrini/Ryser. Eine grundlegende Frage auf der Konzeptualisierungsebene bleibt auch für diesen DQI offen: Sind alle sechs Standards von Typ 1 jeweils einzelne Attribute von Deliberation und nur von Deliberation und teilweise nicht auch von politischer Diskussion? Oder wird Deliberation erst durch eine AND-Verbindung von zwei, mehreren oder allen Standards definiert? Bei dem DQI 2 werden zwei zusätzliche deliberative Standards eingeführt, und zwar "story-telling" und "deliberative Verhandlungen" (vgl. Tabelle 2). Damit sollen zwei Kritikpunkte am klassischen Ideal von Deliberation aufgegriffen und ähnlich wie bei Mausbridge et al. (20 10) eine Erweiterung dieses klassischen Ideals vorgenommen werden. Der eine Kritikpunkt besteht darin, dass es alternative Formen der Rechtfertigung einer Position zu einer strittigen Frage gibt als die der rationalen Argumentation mit Gründen. Die Rechtfertigung kann auch mit "persönlichen Erfahrungen und Geschichten" (Bächtiger/Pedrini/Ryser 2010: 201) erfol191

190

-Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

gen. Wenn man diese alternative Form der Rechtfertigung nicht berücksichtigt, besteht nach Bächtiger et al. (20 10: 53) die Gefahr, dass bestimmte Gruppen der Bevölkerung marginalisiert werden. Diese alternative Form der Rechtfertigung wird als "story-telling" bezeichnet (s. dazu auch Polletta/Lee 2006 und Stromer-Galley 2007). Beim zweiten Einwand wird unterstellt, dass das klassische Ideal der Deliberation der Realität der heutigen Demokratien nicht angemessen ist. Diese beruht auf der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Meinungen und Interessen, die auch Verbandfungen (bargaining) zur Regelung von Konflikten benötigen (Mansbridge et al. 2010). Um diesem Tatbestand iu entsprechen, inkorporieren Mausbridge et al. (2010: 69) eine sogenannte "deliberative negotiation" in das erweiterte Konzept der Deliberation. Beim DQI Typ2 wird das "deliberatives Verhandeln" genannt (vgl. Tabelle 2). Deliberatives Verhandeln unterscheidet sich von nicht-deliberativem Verhandeln durch den V erzieht auf Drohungen und Sanktionen sowie durch "deliberative constraints" wie wechselseitige Begründungen, wechselseitiger Respekt und Reziprozität (Mansbridge et al. 2010). Mit diesen Einschränkungen bleibt aber praktisch nichts übrig, was Verhandlungen ausmacht. Man kann bei dieser Bestimmung auf die Einbeziehung dieses Attributs verzichten oder man berücksichtigt tatsächlich Verhandlungen. Das aber würde bedeuten, dass Deliberation konzeptuell sehr unscharf wird. Diese Erweiterungen des Deliberationsbegriffs zielen auf eine größere Realitätsnähe ab, als dies bei dem klassischen Ideal der Fall ist. Dabei besteht aber die Gefahr, dass die Grenze zum "negativen Pol" (Goertz 2006) 7 und d.h. zur politischen Diskussion , die immer schon in liberalen Demokratien stattfindet, verwischt wird. In der Terminologie von Munck (2009) und Goertz (2006, 2009) wird damit die Intension des Konzeptes so erweitert, dass ein "conceptual stretching" vorliegt. Wenn nach Cohen (2007) und Thompson (2008) die Definition von Deliberation zu breit ist und auch politische Diskussion mit einbezieht, dann können die empirischen Befunde, die auf der Grundlage dieses breiten Deliberationsbegriffs generiert werden, auch nicht sinnvoll auf die normative Theorie der deliberativen Demokratie rückbezogen werden. Das Problem des "conceptual Stretching" wird von Bächtiger et al. (2010: 53) selbst gesehen und auch in Bächtiger/Pedrini!Ryser (2010: 200-201) thematisiert. In der letztgenann-

7

192

Oder zu Verhandlungen (bargaining).

ten Publikation wird es aber unter Bezug auf ein Zitat von Neblo (2007) als nicht gravierend erachtet: Most arguments for admitting testimony, story-telling and the like begin from concrete questions of institutionalization in which "a11 else" is expressly unequal. And here, Habermas explicitly countenances moving away from the abstract ideal to accommodate the realities of human psychology, institutional design, and patten:is of social inequality [ ... ] Indeed, this question of alternative forms might be the most fruitful yet for empirical research. While it is apparent !hat deliberators do vary wiedely in their ability (and perhaps inclination) to hew to canonical argumentative forms, it is not clear how effective and under what conditions incorporating altemate forms into actual deliberative practices serves the goals of doing so. (Neblo 2007: 533).

Dass Neblo nach Bächtiger/Pedrini/Ryser (20 10: 200) in diesem Zitat "überzeugend argumentiert", kann ich absolut nicht nachvollziehen. Es gibt eine andere Strategie, die deliberativen Standards so zu spezifizieren, dass es in der Realität auch Fälle gibt, die diesen Standards entsprechen, ohne diese Erweiterungen vorzunehmen. Auf diese gehe ich in dem nachfolgenden Abschnitt ein.

4.2

Messung und Aggregation

Das wichtigste Evaluationskriterium bei der Herausforderung der Messung ist die Validität der Indikatoren (Munck 2009: 15). Diese lässt sich durch die folgende Frage formulieren: Inwieweit sind die ausgewählten Indikatoren valide Messungen des theoretischen Konzepts? Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, dass zwischen der Beobachtungsebene der Indikatoren und der theoretischen Ebene des Konzeptes unterschieden wird und dass der Bezug der Indikatoren zu den Konzepten theoretisiert oder zumindest expliziert wird (Goertz 2006: 85). Die oben genannte Frage kann für den DQI nicht beantwortet werden, da die Ebenen der Attribute, der Komponenten der Attribute und der Indikatoren praktisch zusammenfallen. Es kann dann lediglich argumentiert werden, dass die Standards des DQI und die mit ihnen verkoppelten Messungen (vgl. Tabelle A2) valide Messungen des Konstruktes "Deliberation" sind. Das Konstrukt wird aber nicht unabhängig von den Standards definiert, sondern durch diese Standards. Aus diesem Grund ist die Validitätsfrage für den DQI meines Erachtens nicht zu beantworten. Bevor ich auf die Aggregationsproblematik eingehe, möchte ich die konkrete Messung der deliberativen Standards durch den DQI (vgl. Tabelle A2) erörtern. Bei vier der acht deliberativen Standards werden bei 193

Dieter Fuchs

Bächtiger/Pedrini/Ryser ordinale Messskalen (von 0 bis maximal 4) spezifiziert. Damit sind offenbar drei Annahmen verbunden: Erstens, dass alle diese Standards valide Attribute von Deliberation sind; zweitens, dass der Skalenpunkt null bedeutet, dass keine Deliberation vorliegt; und drittens, dass die Skalenpunkte ab einschließlich eins eine bessere Deliberation erfassen. Diese Skalierung hat den großen Vorteil, dass man die Standards nicht mehr als Ideale begreift. Wenn die Intension eines Konzeptes sich nur auf ideale Attribute stützt, dann ist die Extension gleich null (Goertz 2006, 2009), und das heißt, dass damit kein realer Fall erfasst wird. Dann aber würde eine empirische Forschung qbsolet sein. Durch die beim DQI erfolgende Skalierung der deliberativen Standards kann dieses Problem vermieden werden. Die noch zu lösende Aufgabe des DQI wäre nach qoertz (2006: 62-65) die Theoretisierung oder zumindest eine explizite Plausibilisierung der spezifizierten Skalen im Hinblick auf die zu messenden theoretischen Konstrukte. Die Herausforderung der Aggregation bezieht sich auf das Problem, wie die verschiedenen Indikatoren kombiniert werden können, um höhere Ebenen der konzeptuellen Struktur zu erfassen. Bezogen auf die im Schaubild 2 definierte konzeptuelle Struktur lassen sich drei Aggregationsebenen unterscheiden. Die erste bezieht sich auf die Komponenten, die zweite auf die Ebene der Attribute und die höchste Ebene auf das Konzept, und das ist unserem Falle das Konzept der Deliberation. Eine derartige Aggregation von Indikatoren auf höhere konzeptuelle Ebenen ist aber ausgesprochen voraussetzungsvolL Sie erfordert die Klärung der Frage, wie die Gewichtung zwischen den Indikatoren und den Komponenten aussehen soll (Goertz 2006 : 50). Diese Voraussetzung ist ausgesprochen schwierig einzulösen und deshalb vermeidet zum Beispiel David Beetharn (1994, 2004) in der empirischen Demokratieforschung ausdrücklich solche Aggregationen. Der Verzicht auf eine Aggregation hat aber den Nachteil, dass eine zusammenfassende Beurteilung eines politischen Systems als Demokratie und ein Vergleich zwischen Demokratien nicht möglich ist. In der empirischen Deliberationsforschung wäre eine entsprechende Strategie, auf einen Index zu verzichten und die Attribute jeweils einzeln zu analysieren und empirisch festzustellen, inwieweit sie bei einer faktischen Diskussion gegeben sind und deshalb als Deliberation begriffen werden können. Bei dieser Strategie setzt man aber voraus, dass alle Attribute gleichermaßen ein konstitutives Merkmal von Deliberation sind und die Messung jedes Attributes eine valide Messung von Deliberation ist. Das kann meines Erachtens bezweifelt werden: Ist Interaktivität ohne Rechtfertigung noch Deliberation? Ist Rechtfertigung ohne ein ge194

Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

wisses Ausmaß an Gleichheit noch Deliberation? Und ist Respekt nicht auch eine Erwartung, die man an jede Diskussion richtet? Ich möchte diese Zweifel durch den Vorschlag einer konzeptuellen Struktur von Deliberation aufgreifen, der auf dem DQI 1 nach Bächtiger/ Pedrini/Ryser (20 I 0) aufbaut. Der in Schaubild 3 (siehe S. 196) präsentierte Vorschlag basiert auf zwei Prämissen: Erstens, dass lediglich die Attribute des DQI I - Austausch von Argumenten, Rechtfertigung, Respekt und Gleichheit - berücksichtigt werden, um das Problem des conceptual Stretching zu vermeiden und um einen Deliberationsbegriff zu gewinnen, von dem man auch plausiblerweise annehmen kann, dass er die normativ gewünschten Effekte erzeugt. Zweitens, dass alle vier Attribute zusammengenommen als definierende Merkmale von Deliberation betrachtet werden und zwischen ihnen nach der Logik von Goertz (2006) eine ANDVerknüpfung vorliegt. Dieser Vorschlag könnte ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Weiterentwicklung der Diskussion um die Konzeptualisierung und Messung von Deliberation sein, der am DQI ansetzt. Was sind nach der kritischen Evaluation des DQI mit den Kriterien von Munck (2009) und Goertz (2006) die wichtigsten Desiderate zu seiner Weiterentwicklung? Erstens eine hierarchische Organisation des Konzeptes bzw. die Entwicklung eines "conceptual tree". Dies ermöglicht eine analytisch schärfere Beziehung zwischen theoretischen Konstrukten und messbaren Komponenten. Zweitens eine explizite Festlegung von validen Attributen des Konzeptes und des Verhältnisses dieser Attribute zueinander: Stehen sie in einer AND- oder in einer OR-Beziehung? Drittens eine Klärung der Gewichtung der Indikatoren durch die Festlegung der Skalenpunkte. Das dürfte vermutlich auf eine gleiche Anzahl von Skalenpunkte hinauslaufen, sofern die theoretischen Attribute alle gleichermaßen notwendig zur Definition von Deliberation sind. Viertens ist sowohl hinsichtlich der theoretischen Attribute als auch der Messungen eine möglichst klare Abgrenzung zu Diskussion und zu Bargaining notwendig.

195

Empirische Deliberationsforschung - eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs

Schaubild 3: Eine konzeptuelle Struktur der Deliberation (ein Vorschlag aufGrundJage des DQI nach Bächtiger/Pedrini!Ryser 2010)

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( x bezeichnet eine AND-Verknüpfung, +eine OR-Verknüpfung)

Und bezogen auf die empirische Deliberationsforschung zieht Thompson (2008: 499) die Schlussfolgerung, dass deren Befunde wenig schlüssig seien. Als einen maßgeblichen Grund für diesen bislang wenig fruchtbaren Dialog sehen sowohl Mutz (2008) als auch Thompson (2008) das Fehlen eines Konzeptes von Deliberation an, das analytisch klar ist, den normativen Ansprüchen der Theorie genügt und die empirische Forschung steuern kann. Die Frage ist, was sich seit dem Zeitpunkt der beiden Überblicksartikel von Mutz (2008) und Thompson (2008) geändert hat und ob die Theoretiker und empirischen Forscher nicht mehr aneinander vorbeireden. Wenn man die neueren Bestandsaufnahmen der empirischen Deliberationsforschung von Steiner (2012) und vor allem von Bächtiger und Wyss (2013) als Maßstab nimmt, dann haben sich Theoretiker und empirische Forscher bis zu einem gewissen Grade aufeinander zubewegt, das aber in einer etwas paradoxen Weise. Von der theoretischen Seite ist eine Erweiterung des klassischen Deliberationsbegriffs vorgenommen worden, um den Deliberationsbegriff realistischer zu machen (Mansbridge et al. 201 0) .. Auf der Grundlage eines solchen realistischeren Deliberationsbegriffs ist nach Bächtiger und Wyss (2013: 160) eine Operationalisierung zum Zwecke empirischer Analysen natürlich leichter und der DQI (Type 2 Deliberation) hat Merkmale dieses realistischen Deliberationsbegriffs integriert. Das damit verbundene Problem wurde in einem anderen Aufsatz von Bächtiger et al. bemerkenswert klar benannt: The rapid proliferation of the term deliberation involves the danger of concept Stretching. In many cases it is not clear whether some commentators on deliberative democracy merely refer to any kind of comrnunication, or to deliberation in the sense of systematically weighting rational argurnents. Some references to deliberation appear to involve nothing more systematical than merely talking. (Bächtiger et al. 2010: 33)

Und an späterer Stelle desselben Aufsatzes: 196

197

...-Empirische Deliberationsforschung- eine kritische Diskussion

Dieter Fuchs One danger isthat almost every communicative act may qualify as ,deliberative' (at least in function), leading to the problern of cöncept stretching. Rhetorics, storytelling, humor, or even threats may indeed be part and parcel of inclusive and successful deliberative processes involving preference transformation. Type I scholars would cantend that these forms of communication are legitimate objects of (or inputs to) deliberation, but should not be conceptually confused with deliberation proper. (Bächtiger et al. 2010 : 48)

Die empirische Deliberationsforschung steht also vor dem Dilemma, entweder einen Deliberationsbegriff zu wählen, der normativ so anspruchsvoll ist, dass er empirisch kaum aufgefunden werden kann. Oder einen Deliberationsbegriff zu formulieren, der realistisch und empiriefahig ist, der aber mit dem Problem des conceptual stretching behaftet ist und von bloßer Diskussion und Bargaining kaum unterschieden werden kann. Dieses Dilemma wird in dem Überblicksaufsatz zur empirischen Deliberationsforschung von Bächtiger und Wyss (2013) weitgehend ausgeklammert. Es werden dort Studien zu Voraussetzungen und Ergebnissen von Deliberation erörtert, bei denen mehr oder weniger unterstellt wird, dass diese einen angemessenen Deliberationsbegriff haben. Die Frage der Konzeptualisierung und Messung von Deliberation ist also ein "blind spot" dieser Bestandsaufnahme. Systematisch aufgegriffen wird dieses Dilemma aber in einer anderen Studie (Bächtiger et al. 2010: 53), in der "blind spots" sowohl des klassischen Deliberationsbegriffs (Typ 1 Deliberation) und des realistischen Deliberationsbegriffs (Typ 2 Deliberation) herausgearbeitet werden. Neben meiner kritischen Diskussion der Konzeptualisierung und Messung durch den DQI stellt diese Analyse meines Erachtens einen weiteren Ansatzpunkt zur Weiterentwicklung des DQI dar. Bächtiger et al. (2010) diskutieren die Frage, ob die Wahl zwischen einem der beiden Deliberationstypen vermieden werden kann und schlagen eine Synthese vor. Diese beruht letztlich in einer Sequenzialisierung einer Diskussion. Das bedeutet beispielsweise, dass die Debatten bei politischen Entscheidungsprozessen so in Sequenzen unterteilt werden, dass die einzelnen Sequenzen unterschiedlichen normativen Kriterien genügen können und dass "einzelne Sequenzen Spuren von rationalem Diskurs aufweisen, während die ganze Debatte diesen Standard nicht durchgängig erreichen muss" (Bächtiger/Pedrini/Ryser 2010: 212). Bei dieser Lösung bleiben zumindest drei Fragen offen: Erstens, ob eine derartige Sequenzialisierung auch auf eine Diskussion in der Zivilgesellschaft anwendbar ist, zweitens inwieweit die Ergebnisse dieses sequenzialisierten Diskussionsprozesses überhaupt auf Deliberation zurückgeführt werden können und 198

drittens, in wieweit die Identifikation von Deliberation an irgendeinem Punkt des Diskussionsprozesses den normativen Ansprüchen von Deliberation entspricht. Ist die Ermittlung von "Spuren von Deliberation" (Bächtiger/Wyss 2013: 174) ausreichend, um Deliberation als eine empirische Handlungslogik demonstrieren zu können? Ich möchte meine kritische Diskussion mit einer meines Erachtens diskussionswürdigen Frage abschließen: Gibt es möglicherweise eine für die empirische Deliberationsforschung kaum überschreitbare Grenze, weil die Einwände von Politikwissenschaftlern, dass Politik in Interessenkonflikten und Machtprozessen besteht, und die Einwände von Sozialpsychologen, dass die kognitiven und motivationalen Voraussetzungen zur Deliberation bei den Bürgern kaum erfüllt sind, doch zutreffend sind?

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