Demokratie in der Schule: Analyse, Alternativen, Ausblick

Besondere Lernleistung von Erik Rolf Tuchtfeld

Goethe-Gymnasium Kassel Prüferin: Dagmar Louran-Pergantis vorgelegt am 22. März 2013

Demokratie in der Schule: Analyse, Alternativen, Ausblick

Besondere Lernleistung von Erik Rolf Tuchtfeld

Goethe-Gymnasium Kassel

Prüferin: Dagmar Louran-Pergantis vorgelegt am 22. März 2013

Lizenzierung: Dieses Werk steht unter der CC-by-sa-Lizenz. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass die Arbeit weitergegeben und vervielfältigt werden kann, so lange dabei auf den Autor verwiesen wird. Sollte auf Grundlage dieser Arbeit eine weitere Arbeit geschaffen werden, muss diese außerdem unter eine vergleichbare Lizenz gestellt werden. Schriftarten: Von dieser Arbeit stehen zwei Fassungen zu Verfügung, beide sind inhaltlich komplett gleich. Die eine ist jedoch in Arial geschrieben, die andere in OpenDyslexic. OpenDyslexic ist eine Schriftart, die Legasthenikern das Lesen der Arbeit deutlich erleichtert. Verwendete Programme: Bei der Erstellung dieser Arbeit wurde ausschließlich freie Software verwendet. Im Wesentlichen waren das folgende Programme: Ubuntu - Betriebssystem Firefox - Internetbrowser LibreOffice Writer - Schreibprogramm Evince - PDF Dokument-Betrachter Impressum/Autor: Erik Tuchtfeld www.erik-tuchtfeld.de Kassel, im März 2013

Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort.........................................................................................................2 2. Schulische Demokratie..............................................................................4 2.1

Die Frage nach dem Sinn und Zweck innerschulischer

Demokratie....................................................................................................4 2.2

Verschiedene Formen von Demokratie in der Schule..................6

3. Analyse der gegenwärtige Situation.......................................................8 3.1

Regelsituation an hessischen Schulen............................................8

3.2

Exemplarische Analyse der Situation am Goethe-Gymnasium

Kassel............................................................................................................10 3.3

Regelsituation in anderen Bundesländern....................................14

4. Alternative Konzepte innerschulischer Demokratie..........................16 4.1

Beispiele demokratischer Konzepte an staatlichen Schulen....16

4.1.1

Feedback in der Schule – Fontane-Gymnasium Rangsdorf16

4.1.2

Schule als Staat – Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn

...................................................................................................................18 4.2

Konzepte von Gewerkschaften und Interessenvertretungen...19

4.3

Modellschulen mit besonderen Beteiligungsformen...................21

4.3.1

Ein Radikalmodell - Summerhill School..................................21

4.3.2

Ein Kompromiss – Odenwaldschule........................................24

5. Ausblick.......................................................................................................28 5.1

Aktuelle politische Entwicklungen.................................................28

5.2

Mögliche Veränderungen an Regelschulen...................................31

5.2.1

Aufwand/Nutzen-Vergleich möglicher Neuerungen.............31

6. Fazit.............................................................................................................33 Quellen- und Literaturverzeichnis...............................................................37 Anhang..............................................................................................................42 Selbstständigkeitserklärung.........................................................................76

1.

Vorwort

Demokratie, Mitbestimmung, Partizipation sind Schlagwörter, die mich spätestens seit der 10. Klasse, in der ich erstmals zum Schulsprecher gewählt wurde, ständig begleiten. In den vergangen vier Jahren bin ich vielen

verschiedenen

Menschen

begegnet,

die

aus

vollkommen

unterschiedlichen Motivationen, auch mit sehr unterschiedlichen Mitteln, versuchen, sich zu engagieren und Veränderungen zu bewirken. Von Schüler/innen, die einfach nur eine gelungene Abendveranstaltung an der eigenen Schule durchführen wollen, über Parkplatzprobleme vor den Schulen der Stadt Kassel bis zur Diskussion, ob G8 oder G9 das bessere System

sei,

bin

ich

auf

den

unterschiedlichen

Ebenen

von

Schülervertretung ganz unterschiedlichen Sachverhalten begegnet. Unabhängig von der spezifischen Thematik bemängeln Schüler/innen aber in der Regel, dass sie zu wenig Einflussmöglichkeiten hätten, dass sie

sich

nicht

ernst

genommen

fühlen

in

ihren

Wünschen

und

Vorschlägen. Auch ich selbst kenne dieses Gefühl gut und fand es deshalb

spannend,

mich

einmal

wirklich

intensiv

mit

der

Frage

auseinanderzusetzen, welchen Sinn und Zweck demokratische Elemente in der Schule überhaupt haben und welche unterschiedlichen Modelle es bezüglich der Partizipation von Schüler/innen gibt. Im Laufe des letzten Dreivierteljahres ist mir klar geworden, wie eindimensional ich schulische Demokratie bisher verstand. Demokratie bedeutet im Kontext der Schule vielmehr als nur die Frage, welche Entscheidungen von welchem Gremium getroffenen werden. Die Frage ist viel eher, inwieweit Schüler/innen ihre Alltagsumgebung mitgestalten können und die Möglichkeit haben, Bestehendes zu kritisieren sowie Veränderungen anzustoßen. Besonders danken möchte ich an dieser Stelle der Odenwaldschule für die Möglichkeit einer dreitägigen Hospitation. Ich habe mich sehr wohl dort gefühlt und hatte den Eindruck, dass mir mit großer Offenheit 2

begegnet wurde und jede meiner vielen Fragen versucht wurde zu beantworten. Danken möchte ich auch allen meinen Interviewpartnern, die sich viel Zeit für mich genommen haben, sowie den Freunden und Bekannten, von denen ich den einen oder anderen klugen Ratschlag bezüglich der Erstellung meiner Arbeit erhielt.

3

2.

Schulische Demokratie

2.1

Die Frage nach dem Sinn und Zweck innerschulischer Demokratie

Die Frage, warum in der Schule demokratische Elemente eine tragende Rolle spielen sollten, wird in der schulischen Praxis häufig kontrovers diskutiert. Eine oft vertretene Meinung ist, dass die Leitung einer Schule ausschließlich Fachpersonen obliegen sollte, die durch ihre Profession dafür ausgebildet sind, zu erkennen, was am besten für Schüler/innen sei. Dagegen werde ich im Folgenden verschiedene Aspekte, die den Sinn und Zweck demokratischer Elemente in der Schule unterstreichen, erläutern: Eines der Hauptargumente findet sich in der Aussage Gisela Behrmanns wieder: „Demokratie muss gelebt werden, um gelernt werden zu können!“.1 Die Gesellschaft eines freiheitlich-demokratischen Staates ist darauf angewiesen, dass die Bürger/innen das demokratische System zu schätzen wissen und es als Möglichkeit verstehen, Veränderungen anzustoßen. Gerade in Zeiten viel zitierter Politikverdrossenheit muss die Politik es sich als Aufgabe setzen, ein ganz besonderes Interesse an ihrem Handeln zu erzeugen. 2 In §2 Abs. 2 des hessischen Schulgesetzes ist dies wie folgt formuliert: „Die Schulen sollen die Schülerinnen und Schüler befähigen, in Anerkennung der Wertordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Hessen […] staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen und sowohl durch individuelles Handeln als auch durch die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen mit anderen zur demokratischen Gestaltung des Staates und einer gerechten und freien Gesellschaft beizutragen [...]“.

Dem folgend kann eine staatliche Lehranstalt ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen sein, wenn im Politikunterricht in einer Doppelstunde der Bundestag, und in einer 1

2

Himmelmann, Gerhard: Demokratie-Lernen – Eine Aufgabe moderner Schulen, in: Demokratie erfahrbar machen – demokratiepädagogische Beratung in der Schule, hrsg. vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM), Berlin-Brandenburg 2007, S. 19f. Vgl. ebd. S. 22 4

weiteren das System des Kumulierens und Panaschierens erklärt wird. Es reicht also nicht aus, nur Demokratietheorien zu vermitteln, vielmehr müssen junge Erwachsene im Laufe ihrer Kindheit und Jugend zu der Erkenntnis

gelangen,

dass

das

demokratische

System

ihnen

Möglichkeiten bietet, Veränderungen anzustoßen. 3 Die Annahme, eine geringe Wahlbeteiligung bei gleichzeitigem Wachstum extremistischer Positionen4

sei

auf

die

unpolitische

Haltung

junger

Menschen

zurückzuführen, ist laut Gerhard Himmelmann schlichtweg falsch. Ein junger

Neonazi

sei

sehr

wohl

politisch,

nur

sei

er

absolut

undemokratisch. Das Erlernen und Erleben von Demokratie ist also ein 5

elementarer Bestandteil der Extremismusprävention. Neben dieser politischen Dimension von schulischer Partizipation gibt es aber auch eine einfache pädagogische Begründung für die Etablierung demokratischer Elemente in der Schule: Schüler/innen, denen hohe Partizipationsmöglichkeiten geboten werden, zeigen im Vergleich zu anderen Schüler/innen ein ausgeprägteres Selbstbewusstsein und eine höhere Bereitschaft sowohl zum schulischen Lernen als auch zur Vorbereitung auf den späteren Beruf.6 Darüber hinaus ist aber auch die einfache, qualitative Begründung für Partizipation nicht zu vernachlässigen: Es ist zu festzustellen, dass nach Meinung aller meiner Interviewpartner die Beteiligung von Schüler/innen an Entscheidungsprozessen

zu einer

Steigerung der

Qualität

von

Entscheidungen führt.7 In diesem Zusammenhang ist Demokratie also deutlich mehr als eine Staatsform. Sie ist vielmehr als ein gesellschaftliches Modell zu sehen, welches

sich

widerspiegeln

in

jedem

kann.

Um

Aspekt dies

zu

des

alltäglichen

verstehen,

um

Miteinanders

Demokratie

als

Fundament des Alltages einer freiheitlich orientierten Gesellschaft 3 4 5 6 7

Vgl. Eikel, Angelika: Demokratische Partizipation in der Schule, hrsg. vom BLK-Programm „Demokratie lernen und leben“. Berlin 2006, S. 4ff. Vgl. Decker, Oliver; Kiess, Johannes; Brähler, Elmar: Die Mitte im Umbruch - Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, hrsg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung von: Melzer, Ralf, Berlin 2012, S. 114f. Vgl. Himmelmann, Demokratie-Lernen, S. 21 f. Vgl. Eikel, Demokratische Partizipation, S. 7 Vgl. Anhang: u.a. Interview mit Herrn Becklas, S. 35 f.; Interview mit Hr. Fohrmann S. 41; Interview mit Fr. Dr. Prof. Höhmann S. 51 5

anzuerkennen, muss Demokratie schon, vielleicht sogar ganz besonders, in jungen Jahren gelebt werden. Ziel ist es nicht, die institutionellen Elemente

einer

übertragen,

Staatsdemokratie

sondern

vielmehr,

eins-zu-eins

demokratische

auf

die

Prinzipien

Schule im

zu

Alltag

anzuwenden.8

2.2

Verschiedene Formen von Demokratie in der Schule

Die erste Ebene der Demokratie in der Schule ist die institutionelle Ebene. Diese Ebene zeigt, welche demokratischen Elementen in allen Schulen vertreten sind. Welche Konferenzen gibt es, wie sind diese besetzt? Zu welchen Sachverhalten müssen welche Gremien angehört werden? Wer hat welche Entscheidungsgewalt? Tatsächlich ist diese Ebene der schulischen Demokratie auch eine sehr wichtige, nicht zuletzt weil sie in Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben und deshalb konkret „greifbar“ ist. Sie ist aber nicht die einzige Ebene von Demokratie, die in der Schule von Belang ist. Die zweite, vielleicht noch wichtigere, ist die Ebene des alltäglichen Unterrichts und die Frage, welche Möglichkeiten zur Mitbestimmung den Schüler/innen hier geboten werden. Auf Seiten der institutionellen schulischen Demokratie lassen sich verschiedene

Konferenzen

Gesamtkonferenz

als

finden,

Konferenz

wie

der

zum

Lehrer/innen,

Beispiel

die

bei

die

der

Schülervertretung (SV) und der Elternbeirat nur eine beratende Stimme haben, die Fachkonferenz als kleineres, fachspezifisches Gremium der Lehrer/innen, in der die SV und der Elternbeirat die gleichen Rechte haben wie in der Gesamtkonferenz sowie die Schulkonferenz, in der Eltern, Schüler/innen sowie Lehrer/innen vertreten sind und die das höchste Entscheidungsgremium an hessischen Schulen darstellt. 9 Des Weiteren gibt es diverse anhörungs- und sogar zustimmungspflichtige Entscheidungen, welche demnach nach Antrag der Gesamtkonferenz von den Eltern bzw. der SV vor ihrem Inkrafttreten zunächst bestätigt werden müssen.10 8 Vgl. Himmelmann, Demokratie-Lernen, S. 20 f. 9 Vgl. Kapitel 3.1 Regelsituation an hessischen Schulen 10 Vgl. für die Eltern: Hessisches Schulgesetz: §110 Abs. 2 (gilt nach §122 Abs. 5 auch für 6

Auf der Ebene der einzelnen Klasse zeigen sich die demokratischen Elemente zumeist in der Konfliktlösung, aber auch in alltäglichen Entscheidungs- und Feedbackprozessen. Es stellt sich die Frage nach dem

Maß

Schüler/in

an

Selbstbestimmung,

ermöglicht.

Veränderungswünsche reagiert

wird

und

Wichtig der

ob

ist

welche

die

aber

darüber

Schüler/innen

bei

Konflikten

Lehrperson hinaus,

dem/der wie

auf

bezüglich

des

Unterrichts

innerhalb

der

Lerngruppe

Schüler/innen die Möglichkeit geboten wird, eine gemeinsame Lösung zu finden, oder ob diese durch die Lehrkraft vorgegeben wird. Mögliche Elemente um die Mitbestimmung der Schüler/innen zu fördern sind zum Beispiel strukturelle Feedbackangebote, die in Universitäten schon lange üblich sind und sich langsam aber sicher auch in Regelschulen immer größerer Beliebtheit erfreuen. Die Grundlage für Veränderungen sei zunächst ein angstfreies, offenes Verhältnis zwischen allen Beteiligten.11 Feedback bietet den Schüler/innen, aber auch den Lehrer/innen, die Möglichkeit,

Veränderungen

anzustoßen

oder

auf

Missstände

aufmerksam zu machen, die der jeweilig verantwortlichen Person sonst vielleicht gar nicht aufgefallen wären. Es besteht folglich die Möglichkeit einer direkten Einflussnahme auf die gegenwärtige Situation, die bei korrekter

Umsetzung

und

Auswertung

das

Verhältnis

und

Zusammenleben beider Parteien positiv beeinflussen kann. Feedback ist aber nicht nur als ein Instrument für die Zusammenarbeit zwischen Lehrperson und Schüler/in zu sehen, sondern auch Leitungsfeedback, durch das Kollegium an die Schulleitung, und Elternfeedback, in dem die Eltern die Gesamtsituation der Schule beurteilen, spielen laut Witt im schulischen Kontext eine wichtige Rolle.12 Ein weiteres, oft leider nur in jüngeren Jahrgängen genutztes Beispiel von Demokratie im Klassenraum ist der sogenannte Klassenrat. Hier wird den Schüler/innen im wöchentlichen Rhythmus eine Plattform geboten, Probleme zu besprechen, Verantwortung als Gesprächsleiter/in Schüler/innen) 11 Vgl. Schreiber, Dagmar; Kliewe, Anke; Witt, Katja: Es geht doch um die Kinder: Wenn Eltern und Schule gemeinsame Sache machen..., hrsg. von: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Berlin 2007, S. 9 f. 12 Vgl. Witt, Katja: Feedbackkultur als Strategie demokratischer Veränderung: Fontane-Gymnasium Rangsdorf, hrsg. von: BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“, Berlin 2006, S. 9 f. 7

zu

übernehmen,

administrative

Dinge

schülerinterne

Beschlüsse

Termine

Klassenratssitzungen,

der

Selbstverantwortung,

die

zu

selbst

fassen.13

zu

Diese

fest

kombiniert

Schüler/innen

organisieren

hier

und

eingerichteten

mit

einer

hohen

Schritt

für

Schritt

übernehmen können, führen dazu, dass sich diese ernst genommen fühlen und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden. Auch die Gleichberechtigung zwischen Schüler/innen und Lehrkraft in dieser Mitbestimmungsform, die sich zum Beispiel daran zeigt, dass auch die Lehrperson erst nach Meldung reden darf, zeigt den Schüler/innen die Ernsthaftigkeit dieser Methode.14

3.

Analyse der gegenwärtige Situation

3.1

Regelsituation an hessischen Schulen

Festgeschriebene demokratische Strukturen sind in Hessen nach dem Hessischen Schulgesetz bzw. der Konferenzverordnung nur auf der institutionellen Ebene in der Schule zu finden. Hierbei handelt es sich u. a. um Konferenzen, Anhörungsrechte und sogar zustimmungspflichtige Maßnahmen, wie beispielsweise die Verabschiedung einer Schulordnung, eines

Schulprogramms

oder

Grundsätze

für

Hausaufgaben

und

Klassenarbeiten. An

jeder

Beratungsdem/der

hessischen und

Schule

ist

Beschlussorgan.

Schulleiter/in

als

die

Schulkonferenz

Diese

setzt

Vorsitzende/n

sich

und

zur

das

höchste

zusammen einen

aus

Hälfte

Lehrer/innen, zur anderen Hälfte aus Schüler/innen sowie Eltern. Das Verhältnis

der

Stimmverteilung

von

Eltern

und

Schüler/innen

ist

abhängig von der Schulform. In der Grundschule stehen sämtliche Plätze den Eltern zu, bei Schulen, die bis zur Klasse 9 oder 10 beschulen, stehen 3/5 der Plätze den Eltern zu und bei Schulen mit einer Oberstufe werden die Plätze zwischen Schüler/innen sowie Eltern gleich verteilt. Die Mindestgröße einer Schulkonferenz beträgt 11 Personen, sofern 13 Vgl. Giese, Christian: Demokratie-Baustein „Klassenrat“, URL: http://blk-demokratie.de/fileadmin/public/dokumente/Bausteine/bausteine_komplett/Klassenr at.pdf [Stand: 30.01.2013], S. 1 14 Ebd. S. 4 f. 8

mehr als 5 Lehrkräfte an der Schule unterrichten. 15 Primäre Aufgabe der Schulkonferenz ist die „Beratung über alle wichtigen Angelegenheiten“ und die Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten.16 Die

Gesamtkonferenz

beschließt

die

pädagogische

und

fachliche

Ausgestaltung der Schule, sofern die Schulkonferenz nicht explizit zuständig

ist.17

Sie

besteht

aus

den

Lehrkräften

einer

Schule,

SV-Vertreter sowie Eltern haben aber das Recht, mit beratender Stimme teilzunehmen.18 Ferner gibt es Fachkonferenzen, die gemäß den Beschlüssen der Gesamt- und Schulkonferenz über weitere Einzelheiten entscheiden und sich aus den Lehrer/innen des jeweiligen Faches zusammensetzen.19 Trotz dieser festgeschriebenen Strukturen schätzt unter anderem das Institut

für

Qualitätsentwicklung

(IQ),

welches

im

Auftrag

des

Kultusministeriums (HKM) hessische Schulen evaluiert, die „Einbindung der Schülerinnen und Schüler […] und Hinführung an demokratische Prinzipien“ als kritisch ein.20 Anders sei es bei den Eltern, welche nach Möglichkeit aktiv an der Schule partizipieren und in die Gremienarbeit miteinbezogen würden.21 Landesschulsprecher Laurien Wüst stellt in dem Schulrundschreiben der Landesschülervertretung (LSV) Hessen zu Beginn dieses Schuljahres fest, die „Schule [sei] noch weit davon entfernt,

ein Ort

der

gelebten

Demokratie

zu sein“. 22

Auch

die

Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen bemängelt, dass derzeit die „demokratische Verfasstheit von Bildungseinrichtungen […]

einer

[falle]“. 15 16 17 18 19 20 21 22 23

zunehmenden

betriebsförmigen

Organisation

zum

Opfer

23

Vgl. Hessisches Schulgesetz: §131 Abs. 1 und 2 Hessisches Schulgesetz: §128 Vgl. Hessisches Schulgesetz: §138 Abs. 1 Vgl. für die Eltern: Hessisches Schulgesetz: §110 Abs. 6 (gilt nach §122 Abs. 5 auch für Schüler/innen) Vgl. Hessisches Schulgesetz: §134 Nieder, Tanja; Frühauf, Susanne: Bilanzbericht der Schulinspektion hrsg. von: Insitut für Qualitätsentwicklung (IQ), Wiesbaden, Oktober 2012, S. 21 Nieder: Bilanzbericht der Schulinspektion, S. 21 Vgl. Laurien Wüst: Vorwort, in: Schulrundschreiben August 2012, hrsg. von: Landesschülervertretung Hessen, Gießen, August 2012, S. 3 GEW Wiesbaden; „Wir wollen keine Kaiser-Wilhelm-Schule! „Es ist 5 vor 12“, URL: http://www.gew-wiesbaden.de/index.php? 9

Es zeigt sich also von Gewerkschaftsseite, aber auch von Seiten der HKM-eigenen

Evaluation

der

Schulen

Kritik

an

den

derzeitigen,

institutionellen demokratischen Strukturen in der Schule. Ein wenig anders sieht es bezogen auf die Mitbestimmungselemente im Unterricht

aus.

Diese

werden

zwar

nicht

durch

Gesetze

oder

Verordnungen vorgeschrieben, werden aber aktiv, zum Beispiel durch das

Projekt

„Gewaltprävention

und

Demokratielernen“,

durch

das

Hessische Kultusministerium gefördert. Auf der Webseite des Projektes heißt es, dass eine „demokratische Lern- und Schulkultur [...] ein wesentliches Qualitätsmerkmal einer guten Ganztagsschule“ sei. 24 Als erster Schritt für die Beteiligung von Schüler/innen wird der Klassenrat empfohlen. Die Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ und das Projekt „Gewaltpräventionen und Demokratielernen“ bieten beide verschiedene Fortbildungen zur Förderung der Beteiligung von Schüler/innen an.25 Es zeigt sich also ein deutlicher Unterschied zwischen den vom Kultusministerium Schüler/innen

offiziell

sowie

geförderten

Lehrer/innen

Projekten

als

Politik

und des

dem,

was

Ministeriums

wahrnehmen. Zwar unterstützt beziehungsweise initiiert das Ministerium teilweise Projekte, die explizit mehr Beteiligung von Schüler/innen fördern

und

fordern,

Landesschülervertretung aktueller

politischer

sowohl fühlen

sich

Entwicklungen

die

GEW

aber

insbesondere

in

ihren

als

auch auf

die Grund

Beteiligungsrechten

eingeschränkt.

3.2

Exemplarische Analyse der Situation am Goethe-Gymnasium Kassel

Das Kasseler Goethe-Gymnasium hat etwa 1200 Schüler/innen. Es liegt im Kasseler Stadtteil Wesertor und hat einen hohen Anteil von Schüler/innen mit Migrationshintergrund. Die Schwerpunkte der Schule id=296&tx_ttnews[backPid]=38&tx_ttnews[pointer]=2&tx_ttnews[tt_news]=2329&cHash=5e9 f9218df119b0367a582460fc4640a [Stand: 30.01.2013] 24 Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Hessen: Schüler/innenpartizipation, URL: http://www.hessen.ganztaegig-lernen.de/node/1161 [Stand: 30. 01. 2013] 25 Vgl. Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Hessen: Klassenrat, URL: http://www.hessen.ganztaegig-lernen.de/Die%20Serviceagentur/Formate/%20Unterst %C3%BCtzungsangebote/klassenrat [Stand: 30. 01. 2013] 10

liegen im sportlichen und bilingualen Bereich. Geleitet wird sie seit Sommer 2009 von Herrn Ludger Becklas, welcher vorher bereits als stellvertretender Schulleiter tätig war. Im Winter letzten Jahres wurde eine Petition der SV auf einen Online-Vertretungsplan abgelehnt. Dies führte zu großer Unzufriedenheit und dem Vorwurf, dass Schulleitung und Lehrerschaft die Beteiligung von Schüler/innen verhindern wollen. 26 Tatsächlich

ist

die

Beteiligung

schulischen

Arbeitsgremien,

von

wie

Schüler/innen

Ausschüssen

oder

und

Eltern

Komitees,

in

eine

äußerst seltene Ausnahme. In jüngerer Vergangenheit gab es keine Arbeitsgruppe, abgesehen von der Feedback-AG, an der Schüler/innen oder

Eltern

beteiligt

lehrerintern.

Da

waren.

die

Die

Arbeitsgruppen

Lehrer/innen

ständigen

sind

stattdessen

Kontakt

zu

den

Schüler/innen haben, erhofft die Schulleitung sich, dass diese die Stimmungen und Meinung der Schulgemeinde wiedergeben können. Aus diesem Grunde werden die Arbeitsgruppen in der Regel nicht von Mitgliedern

der

Schulleitung,

sondern

von

von

der

Schulleitung

beauftragten Lehrer/innen geleitet.27 Der

Schulleiter,

Herr

Becklas,

versteht

sich

als

ständiger

Ansprechpartner für Schüler- und Elternvertreter, aber nicht als Initiator von gegenseitigem Austausch. Der Einfluss der Interessengruppen ist deshalb stark von der Aktivität der jeweiligen Vorsitzenden abhängig. 28 Die eher passive Rolle des Schulleiters wird von den Schüler/innen als Desinteresse interpretiert.29 Da zu diesem Gefühl des Desinteresses auch noch Missgeschicke, wie die Nicht-Einladung von SV-Vertretern zu den

Interviews

mit

der

Schulinspektion

oder

verspätete

Sitzungseinladungen kommen, besteht auf Seiten der Schülervertretung das relativ starke Gefühl einer mangelnden Wertschätzung. 30 Eine deutlich andere Einschätzung der Kooperation mit der Schulleitung äußerte dagegen der Vorsitzende des Personalrates, Herr Fohrmann, der sich in der Zusammenarbeit mit der Schulleitung ernst genommen 26 Vgl. Hessische/Niedersächsische Allgemeine: Goethe-Gymnasium gegen Online-Plan, URL: http://www.hna.de/lokales/kassel/goethe-gymnasium-gegen-online-plan-1536312.html [Stand: 30. 01. 2013] 27 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 37 28 Vgl. ebd. S. 37 29 Vgl. Anhang: Interview mit Zora Meckbach, S. 49 30 Vgl. ebd. S. 49 11

fühlt und beispielsweise mit dem gesamten Personalrat mindestens einmal im Monat ein gemeinsames Gespräch mit dem Schulleiter führt.31 Auch die Sitzungen des Schulelternbeirats werden vom Schulleiter stets besucht.32 Der Schulleiter erachtet die Stellung der Schulkonferenz als höchstes beschlussfassendes Gremium an der Schule als falsch. Seiner Meinung nach solle diese Funktion der Gesamtkonferenz obliegen und die Schulkonferenz

lediglich

als

beratendes

Gremium

fungieren. 33

Der

Personalratsvorsitzende sieht die Schulkonferenz dagegen eher als Aufsichtsgremium, welches über ein Veto-Recht verfügen, Anträge aber nicht inhaltlich verändern können sollte.34 Eine gestaltende Funktion wünscht sich die Schülervertretung von der Schulkonferenz.

Ihrer

Meinung nach sollte diese mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden und eine Reformierung der Sitzverteilung zu Gunsten von Eltern und Schüler/innen hin zu einer Drittelparität stattfinden. 35 Seit dem Schuljahr 2011/12 führt das Goethe-Gymnasium nach einer einjährigen Pilotphase

flächendeckende Evaluationen durch. Diese

finden auf zwei Ebenen statt. Zum einen bekommt die Lehrperson Rückmeldungen von den Schüler/innen in Bezug auf den Unterricht, aber auch bezüglich des Klimas innerhalb der Lerngruppe, zum anderen bekommt

das

Lehrerkollegium

die

Möglichkeit,

die

Arbeit

der

Schulleitung zu bewerten. Zwar ist die Sinnhaftigkeit dieser Art und Weise des Feedbacks allgemein in der Schulgemeinde anerkannt, es zeigen sich aber Probleme bei der Umsetzung. Das Feedback wird nicht von allen Lehrer/innen durchgeführt und von einem noch kleineren Teil des Kollegiums dann auch ordentlich ausgewertet.36 Dies liegt wohl unter anderem

an

der

hohen

Belastung,

der

die

Lehrer/innen

generell

ausgesetzt sind und auf Grund derer der Raum für eine intensive und nachhaltige Auswertung des Feedbacks nicht gegeben ist.37 31 32 33 34 35 36 37

Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann, S. 41 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 37 Ebd. S. 38 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann, S. 43 Vgl. Anhang: Interview mit Zora Meckbach, S. 48 Vgl. ebd. S. 49 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann, S. 44 12

Neben der Möglichkeit zum strukturellen Feedback wandelt sich der Unterricht aber auch im Allgemeinen. Die sich verändernde Rolle des Lehrers/der Lehrerin hin zum/zur Berater/in und Moderator/in von Lernprozessen wird erkannt.38 Derzeit arbeitet das Lehrerkollegium deshalb an einer stärkeren Individualisierung des Unterrichts. Dies findet auch im Rahmen der Entwicklung des kompetenzorientierten Unterrichts statt.39 Die Klassenkonferenzen hätten laut Herrn Becklas den Charakter von Strafkonferenzen entwickelt. Dies wird sowohl von ihm als auch von Herrn Fohrmann als Problem angesehen.40 Der Personalratsvorsitzende wünscht sich eine effizientere, schnellere Möglichkeit bei aufkommenden Problemen und empfiehlt deshalb eine unmittelbare Konfliktbearbeitung durch den/die Klassenlehrer/in, der/die sich je nach eigenem Ermessen bei der Problembewältigung mit anderen Lehrer/innen beraten sollte. 41 Sowohl der Schulleiter als auch die stellvertretende Schulsprecherin legen

aber

Wert

darauf,

dass

Schüler/innen

und

Eltern

in

die

Entscheidungsfindung einer Klassenkonferenz einbezogen werden, um eine möglichst breite Sicht der Dinge zu erhalten. 42 In

der

Debatte

um

den

Online-Vertretungsplan

fühlt

sich

die

Schülervertretung von der Schulleitung allein gelassen und nicht ernst genommen.43

Dass

der

Wunsch

der

Schülerschaft

nach

einem

Online-Vertretungsplan tatsächlich so groß sei, wie es die damalige Petition

suggerierte,

wird

vom

Schulleiter

und

dem

Personalratsvorsitzenden angezweifelt. Entgegen einer in der damaligen Gesamtkonferenz getätigten Aussage hat die Schulleitung jedoch kein Interesse, weiter an diesem Thema zu arbeiten, da sich die Abneigung gegen das Projekt weiter verstärkt hat.44 Zusammenfassend

ist

eine

auffallende

Schnittmenge

bei

den

unterschiedlichen Einschätzungen der Partizipationsmöglichkeiten zu 38 39 40 41 42 43 44

Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 36 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann S. 41 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 38 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann, S 43 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 38 sowie Interview mit Zora Meckbach, S. 49 Vgl. Anhang: Interview mit Zora Meckbach, S. 50 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Becklas, S. 39 13

bemerken. Sowohl die stellvertretende Schulsprecherin als auch der Personalratsvorsitzende

schätzen

die

Schüler/innen

als

die

Personengruppe mit den schlechtesten Beteiligungsmöglichkeiten ein. 45 Dies spiegelt sich auch wider in der Aussage des Schulleiters, dass die höchste Entscheidungsgewalt an einer Schule nicht in den Händen der Schulkonferenz als Vertreterin der Schulgemeinde, sondern bei der Gesamtkonferenz als Gremium der Lehrer/innen liegen sollte.

3.3

Regelsituation in anderen Bundesländern

In den meisten Bundesländern existieren Schulkonferenzen, die von ihren Aufgaben und ihrer Zusammensetzung dem hessischen Modell stark ähneln. Unterschiede gibt es in der exakten Sitzverteilung sowie bei der Bezeichnung. Einzig im Land Sachsen-Anhalt wird ein vollständig anderes Konzept verwendet. Hier gibt es keine Schulkonferenz, sondern lediglich eine Gesamtkonferenz. Diese setzt sich zur einen Hälfte aus allen

Lehrer/innen

sowie

Vertretern

der

pädagogischen

Mitarbeiter/innen, zur anderen Hälfte jeweils zu einem Viertel aus Schüler/innen und zu einem weiteren Viertel aus Eltern, zusammen. Dieses

Gremium

ist

also

deutlich

größer

als

eine

gängige

Schulkonferenz. Da es die Gesamtkonferenz ersetzt, übernimmt es auch sämtliche Entscheidungsbefugnisse und hat deshalb deutlich mehr Kompetenzen als andere Schulkonferenzen.46 Während in Hessen die Eltern als Vertreter jüngerer Schüler/innen gelten

und

die

Schulkonferenz

deshalb

aus

der

Sichtweise

des

Gesetzgebers paritätisch besetzt ist, werden in anderen Bundesländern die Eltern als eigenständige Gruppe erkannt und die paritätische Besetzung der Schulkonferenz mündet in einer Drittelparität, bestehend aus Eltern, Schüler/innen und Lehrer/innen. Dies ist zum Beispiel in Berlin der Fall: Hier unterstützt aber noch eine außenstehende Person, zum Beispiel ein Wirtschaftsvertreter, die Schulkonferenz. Auch im sogenannten „Schulauschuss“ in Rheinland-Pfalz, der die Aufgaben einer

45 Vgl. Anhang: Interview mit Herrn Fohrmann, S. 43 sowie Interview mit Zora Meckbach, S. 48 46 Vgl. Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt: §29, Abs. 1 14

Schulkonferenz innehat, gibt es eine Drittelparität.47 In Bayern setzt sich das

sogenannte

„Schulforum“

aus

drei

Schüler/innen,

drei

Elternvertreter/innen sowie drei Lehrer/innen, von denen eine/r die/der Schuldirektor/in ist, zusammen. Dieses Schulforum hat aber eher eine beratende Funktion.48 Besondere Rechte bei der Schulleiterbesetzung hat die Schulkonferenz in Nordrhein-Westfalen. Dort werden die Bewerbungen für die Stelle als Schulleiter/in von der Schulaufsicht geprüft. Diese schlägt jedoch daraufhin der Schulkonferenz in der Regel mindestens zwei Kandidaten für den vakanten Posten vor. Die Wahl für eine/n Bewerber/in liegt dann bei der Schulkonferenz. Der Schulträger, in der Regel die jeweilige Stadt, die Gemeinde oder der zuständige Kreis, hat aber noch ein Veto-Recht.49 Ein Beispiel für ein überaus erfolgreiches Programm, um die Mitwirkung von Schüler/innen zu stärken, ist das sächsische Projekt „Mitwirkung mit Wirkung“, welches von der deutschen Kinder- und Jugendstiftung organisiert und vom sächsischen Staatsministerium für Kultus und Sport gefördert wird. Das Programm führt Seminare an einzelnen Schulen durch und versucht die SV-Arbeit zu stärken. Es macht sich hierbei das Multiplikatorenprinzip zu Nutze und bildet immer wieder interessierte Schüler/innen zu Moderatoren aus.50 In allen Bundesländern gibt es Schüler- und Elternvertretungen auf Landesebene, die das jeweilige Kultusministerium beraten. Je nach Bundesland kann es auch mehrere Landesschülervertretungen, für verschiedene Schulformen, geben. Auf Bundesebene wird sich um eine Zusammenarbeit der Landesschülervertretungen bemüht. Aktuell gibt es aber

kein

Gremium,

welches

die

Mehrheit

der

Landesschülervertretungen vertritt.51

47 Vgl. Schulgesetz für Berlin: §77, Abs. 1 bzw. Rheinland-pfälzisches Schulgesetz: §48, Abs. 4 48 Vgl. Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen: Art. 69, Abs. 2 49 Vgl. Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen: §61, Abs. 1, 2 und 4 50 Vgl. Mitwirkung mit Wirkung: Unsere Projektidee, URL: http://schuelermitwirkung.de/home/projektidee.html [Stand: 30.01.2013] 51 Vgl. Landesschülerrat Sachsen: Bundesschülerkonferenz, URL: http://lsr-sachsen.de/der-lsr/bsk/ [Stand: 30.01.2013] 15

4.

Alternative Konzepte innerschulischer Demokratie

4.1

Beispiele demokratischer Konzepte an staatlichen Schulen

4.1.1

Feedback in der Schule – Fontane-Gymnasium Rangsdorf

Die

meisten

Beispiele

von

Regelschulen

betreffen

direkt

Partizipationsmodellen das

an

staatlichen

Unterrichtsverhältnis

zwischen

Schüler/innen und Lehrer/innen. Das Fontane-Gymnasium Rangsdorf führte 2002 verschiedene Formen von Feedback ein, mit den Zielen, ein stärkeres

Interesse

der

Schüler/innen

an

schulinternen

Entscheidungsstrukturen zu bewirken, diesen Verantwortung für ihr schulisches Lernen zu übertragen, den Lehrer/innen Klarheit über gegebenenfalls benötigte Fortbildungen zu schaffen und das Schulklima insgesamt zu verbessern. Langfristig sollte sich ein 360°-Feedback durchsetzen, welches der Evaluation der gesamten Schule dient. Zu diesem

Zweck

führte

das

Fontane-Gymnasium

neben

dem

Schüler/innen-Lehrperson-Feedback auch ein Schulleitungsfeedback ein, welches von den Lehrer/innen durchgeführt wird, und installierte ein Elternfeedback, durch das die Eltern die Möglichkeit erhalten, die Qualität der Schule und der Kommunikation innerhalb der Schule zu bewerten.52 Der Erfolg dieses Modells ist prinzipiell stark von dem Problembewusstsein der Akteure innerhalb der Schulgemeinde und der daraus folgenden Motivation, diese Probleme zu benennen und zu lösen, abhängig. Das Feedback erfolgt anonym und freiwillig. Dies ist notwendig, um sowohl die Hemmschwellen auf Seiten der Schüler/innen, aber auch von Lehrer/innen abzubauen, als auch die Bereitschaft sicherzustellen, die

benannten

Schwächen

anzugehen.53

Nach

der

intensiven

Vorbereitung, zum Beispiel durch einen pädagogischen Tag, die Bildung einer

gemeinsamen

Arbeitsgemeinschaft/Steuergruppe

52 Vgl. Witt: Feedbackkultur als Strategie, S. 10 53 Vgl. ebd. S. 12 16

von

Schüler/innen, Eltern und Lehrer/innen sowie der Erstentwicklung eines Feedbackbogens wurde das Feedback testweise in der Jahrgangsstufe 7 durchgeführt.54

Im

Feedbackbögen

Regelfall

diese

von

wurde

dem/der

nach

dem

Ausfüllen

Lehrer/in gemeinsam

mit

der den

Schüler/innen ausgewertet und Zielvereinbarungen geschlossen. Sowohl Schüler/innen als auch Lehrer/innen bewerteten das Feedbackinstrument als

positiv.

Es

Schüler/innen

sei

und

Veränderungen

eine

Verbesserung

Lehrer/innen

würden

bewirkt

der

Beziehung

festzustellen werden.

Das

und

zwischen

tatsächliche

Verhältnis

zwischen

Lehrer/innen und Schüler/innen sei danach von Angst befreiter.

55

Bei der

Einführung des Schulleitungsfeedbacks wurde darauf geachtet, dass der Feedbackbogen den Schulleitungsmitgliedern vor der Durchführung der ersten

Feedbackrunde

vorgelegt

wurde,

so

dass

diese

ihn

gegebenenfalls erweitern bzw. ihrer Meinung nach irrelevante Fragen streichen konnten. Dies habe zu einer deutlich stärkeren Akzeptanz des Feedbacks bei der Schulleitung geführt. Nach einer schulleitungsinternen Auswertung gab es ein gemeinsames Gespräch zwischen Kollegium und Schulleitung,

in

dem

zukünftige

Veränderungen

besprochen

und

beschlossen wurden.56 Die Bereitschaft der Schulleitung, tatsächlich Veränderungen durchzuführen und die Offenheit gegenüber Feedback im Allgemeinen habe zu einem massiven Abbau von noch vorhandenen Widerständen

innerhalb

des

Lehrerkollegiums

geführt.57

Das

Elternfeedback, in dem die Eltern die Möglichkeit bekamen, der Schule webbasiert Rückmeldung zu geben, wurde nach umfangreicher Werbung, zum Beispiel bei Elternvertretern und Elternabenden, mit einem Rücklauf von 67% abgeschlossen58. Die Vielzahl von Angeboten, die der Schule von

den

Eltern

gemacht

wurden,

führten

zu

Einrichtung

einer

Datenbank, in der 36% der Eltern aktive Unterstützung in diversen Bereichen anbieten.59

54 55 56 57 58 59

Vgl. ebd. S. 16 Vgl. ebd. S. 24 Vgl. ebd. S. 19 Vgl. ebd. S. 23 Vgl. ebd. S. 22 Vgl. ebd. S. 26 17

4.1.2 Schule als Staat – Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn Ein dem Konzept nach ganz anderes Projekt des Demokratielernens wurde

inzwischen

an

mehreren

Schulen

in

ganz

Deutschland

durchgeführt. Anders als beim Feedback als Möglichkeit zur Partizipation in der Schule handelt es sich jedoch nicht um ein Element, welches flächendeckend in den alltäglichen Unterricht integriert wird,

sondern

um eine Projekt, welches meistens in einem Zeitraum von einer Woche durchgeführt wird. „Schule als Staat“ verwandelt die Schule in einen Staat mit unterschiedlichsten Elementen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Beispiel hierfür ist die Projektwoche des

Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums

Heilbronn,

welche

Ende

des

Schuljahres 2000 durchgeführt wurde. Im Zuge dieses Projektes werden verschiedene

Maßnahmen

getroffen,

um

Schüler/innen

Demokratie

näherzubringen. So wird beispielsweise die klassische hierarchische Struktur in der Schule aufgehoben, Lehrer/innen und Schüler/innen werden gleichberechtigte „Bürger“ der Schule. Außerdem wird das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik deutlich gemacht. Politische Entscheidungen wirken sich unmittelbar auf die Wirtschaft aus, welche wiederum alle Bürger betrifft, da jeder darauf angewiesen ist, für seinen

Lebensunterhalt

als

Unternehmer/in,

Angestellte/r

oder

Beamte/r aufzukommen60. Bei der Entwicklung eines Modells für „Schule als Staat“ müssen zunächst grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden. So ist zum Beispiel zu klären, ob nach basisidemokratischen Prinzipien gehandelt und auch Fehlentwicklungen freien Lauf gelassen wird, weil bei diesem Projekt entweder der Prozess das Ziel ist, oder aber der „schulische Staat“ nach wie vor lehrerzentriert agiert.61 Zu Beginn des Projektes ist eine Verfassung zu erstellen, welche den Rahmen des Miteinanders im „Staat Schule“ bildet und Grundlage für die spätere Rechtsprechung durch die Gerichte ist. Diese Verfassung manifestiert außerdem die Rechte und Pflichten eines jeden Bürgers 60 Vgl. Geiger, Martina, Sajak, Peter, Wedel, Martin: Elevia, … Man denkt fast an Utopia!, hrsg. von: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Heilbronn / Stuttgart 2001, S. 7 61 Vgl. ebd. S. 17 18

und ist damit entscheidend für die Art und Weise des Zusammenlebens im

selbst

kreierten

Staat.

Sowohl

die

Wahlen

als

auch

die

Verfassungsgebung sowie der Druck des Geldes und weiteres müssen in der Vorbereitungsphase in den Monaten vor der Durchführung des Projektes liegen. Da die vielen Kleinbetriebe das Fundament des Staates ausmachen, werden,

die

ermöglicht. große

muss

eine

umfangreiche

späteres,

Informationsarbeit

möglichst

reibungsloses

geleistet

Funktionieren

Das Projekt stieß am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums auf

62

positive

Resonanz,

vereinzelt

wurde

aber

auch

Negatives

festgestellt. Es wurden viele neue Bekanntschaften geschlossen und das Gemeinschaftsgefühl

an der

Schule

wurde deutlich

gestärkt,

welches eine nachhaltige Verbesserung des Schulklimas darstellt. Die große

Rolle

der

Wirtschaft

im

„Staat

Schule“

ist

aus

zweierlei

Blickwinkeln zu sehen. Zwar wurde vielen Schüler/innen die besondere Bedeutung der Wirtschaft in einem Staat und auch im Wirken von Demokratie erst in der Projektwoche deutlich, die Erkenntnis der großen

Bedeutung

von

Geld

war

aber

für

einige

auch

eine

Enttäuschung.63 Die, oft noch nicht wahlberechtigten, Schüler/innen erleben erstmals einen Wahlkampf, in dem es um jede ihrer Stimmen geht und ihn dem sie gezwungen sind zu versuchen, zwischen der tatsächlichen

Qualität

und

den

rhetorischen

Fähigkeiten

eines

Kandidaten zu unterscheiden.64 Als Kritikpunkt taucht allerdings die Frage

der

Nachhaltigkeit

der

Erfahrung

auf,

da

sich

langfristige

Veränderungen in den Verhaltensweisen der Schüler/innen und den Entscheidungsverfahren an der Schule nur eingeschränkt feststellen lassen. Es ist aber im Laufe des Prozesses eine deutliche Steigerung der Eigenverantwortung und Wahrnehmung der Selbstbestimmung auf Seiten der Schüler/innen zu bemerken.65

4.2

Konzepte von Gewerkschaften und Interessenvertretungen

Die 62 63 64 65

Landesschülervertretung

Hessen

verfolgt

Vgl. ebd. S. 18-21 Vgl. ebd. S. 67 Vgl. ebd. S. 69 Vgl. ebd. S. 70 19

das

Konzept

eines

Schulparlaments, welches zu einer grundsätzlichen Demokratisierung der hessischen Schulen beitragen soll. Ziel dieses Schulparlamentes sei es, dass Entscheidungen in der Schule immer von den unmittelbar Betroffenen gefällt werden sollen. Sobald eine Entscheidung mehr als eine Personengruppe betrifft, müsste diese dann konsequenterweise im Schulparlament getroffen werden. Dieses setzt sich zusammen aus Vertretern der Schüler/innen (30%), der Eltern (25%), der Lehrer/innen (30%)

sowie

der

Verwaltungskräfte

(15%).

Intern

sind

alle

Gruppierungen in Räten organisiert, die eigene Entscheidungen treffen bzw.

ihre

Delegierten

in

das

Schulparlament

entsenden.

Die

Stimmverteilung hätte zur Folge, dass Schüler/innen gemeinsam mit den Lehrer/innen

zwar

eine

absolute

Mehrheit

in

Bezug

auf

die

Stimmverteilung hätten, aber keine Zwei-Drittel-Mehrheit besäßen, die notwendig für grundsätzliche Entscheidungen wäre, wie zum Beispiel die Schulordnung oder das Schulprogramm. In einem Kompetenzplan gebe es

schließlich

die

Möglichkeit,

die

Zuständigkeiten

bei

einzelnen

Entscheidungen genauer zu definieren, so dass eine Personengruppe, die von einer bestimmten Entscheidung überhaupt nicht tangiert werde, über diese auch nicht mitbestimmen dürfe. Das Schulparlament solle außerdem nach dem Willen der Landesschülervertretung die Mitglieder der Schulleitung für einen Zeitraum von acht Jahren wählen. Die SV solle durch dieses Parlament eine Entwicklung von der „Partyorganisatorin“ zu einer Organisation vollziehen, in der Schüler/innen die Möglichkeit geboten werde, ihren Willen zu artikulieren und tatsächlichen Einfluss auf die Entwicklung der Schule zu nehmen.66 Auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen hat im November 2008 ein ähnliches Papier beschlossen, in dem sie sich für

eine

„demokratisch

verfasste

Entscheidungen

„dort

gefällt

grundsätzlichen

Entscheidungen

Schule“

werden, in

wo

einer

ausspricht, sie

solchen

in

der

wirken“ 67.

Alle

demokratisch

66 LSV Hessen: Ein neues Grundsatzprogramm für die Landesschülervertretung Hessen, in Schulrundschreiben Januar 2008, hrsg. von: Landesschülervertretung Hessen, Gießen Januar 2008, S. 9 f. 67 GEW Hessen: Selbstständige Schule – Für eine „demokratisch verfasste Schule“!, URL: http://www.gew-hessen.de/index.php?id=296&tx_ttnews[tt_news]=4007&cHash=f35553639f [Stand: 30.01.2013] 20

verfassten Schule sollten in einem Gremium gefällt werden, welches aus Eltern, Lehrer/innen, Mitarbeiter/innen sowie Schülervertreter/innen bestehe. Besonderen Wert legt die GEW in ihrem Positionspapier auf die Unabhängigkeit der Schulen, die selbst entscheiden sollten, was für sie am besten sei, aber nicht in Konkurrenz zueinander stünden, sondern in einem Verhältnis der Zusammenarbeit pflegen sollten. Auffallend ist, dass beide Interessenvertretungen die Einführung der selbstständigen Schule in ihrer aktuellen Form kritisieren und als eine Entdemokratisierung Schulleiters/der

der

Schule

Schulleiterin

ansehen,

weiter

da

gestärkt

die

und

Position die

des

zusätzliche

Entscheidungsgewalt nur in Teilen in die Hand der Schulgemeinde gelegt werde.

4.3 Die

Modellschulen mit besonderen Beteiligungsformen beiden

im

Folgenden

vorgestellten

Schulen

entstammen

der

reformpädagogischen Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit gründeten sich viele Landerziehungsheime, welche die bisherigen Erziehungsmethoden hervorgehoben

verändern

wurde

hierbei

oder die

aufheben

wollten.

ganzheitliche

Besonders

Erziehung.

Die

Schüler/innen sollten sich im Einklang mit der Natur, frei von äußeren Zwängen entwickeln und Lehrer/innen in einem freundschaftlichen Miteinander ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.68

4.3.1 Ein Radikalmodell - Summerhill School Die Summerhill School wurde 1921 von dem Pädagogen A. S. Neill im englischen Leiston gegründet. Die Schule zeichnet sich aus durch ihre selbstregulative, freie Erziehung. Neill ging davon aus, dass Verbrechen, Hass und Krieg sowie alles Negative auf der Welt, auf Unglücklichkeit zurückzuführen sei. Sein Ziel war es deshalb, in der Summerhill School Kinder zu glücklichen, freien Menschen zu erziehen.69 Neill betonte aber stets, dass Freiheit keine Zügellosigkeit sei. Freiheit sei vielmehr ein 68 Lietz, Hermann: Die Erziehungsgrundsätze des Deutschen Landerziehungsheims, in: Die deutsche Reformpädagogik, hrsg von: Wilhelm Flitner, München 1961, S. 74 69 Vgl. Neill, Alexander Sutherland: Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung, hrsg. von: Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1969, S. 20 21

Geben und Nehmen, die Freiheit des Einen dürfe nie die Freiheit des Anderen

beschneiden.

Es

gehe

also

keineswegs

darum,

den

Schüler/innen alle Rechte, sondern vielmehr darum, Schüler/innen und Erwachsenen die gleichen Rechte einzuräumen.70 Die Regulierung, der Freiheitsrechte wird in der Summerhill School stets von der gesamten Schulgemeinde

in

der

wöchentlich

tagenden

Schulversammlung

getroffen. In dieser Schulversammlung sitzen alle an der beteiligten

Personen,

Mitarbeiter/innen,

und

Lehrer/innen, besitzen

Schüler/innen

gleichberechtigt

sowie

eine

Schule weitere

Stimme.

Die

Stimme des/der Schulleiter/in zählt also genauso viel wie die Stimme eines jeden anderen Schulmitglieds. Die Versammlungen werden geleitet von

einem

Vorsitzenden/einer

Vorsitzenden,

der/die

von

der

Schulversammlung jede Woche neu gewählt wird. Die Person, die den Vorsitz innehat, kann Schüler/innen bei ordnungsstörendem Verhalten während

der

Sitzung

mit

Geldstrafen

belegen.

Der

Erfolg

einer

Schulversammlung hänge davon ab, wie führungsstark die jeweilige vorsitzende Person ist.71 Auch der/die Schulleiter/in hat das Recht, Anträge

in

die

Schulversammlung

einzubringen,

muss

aber

auch

akzeptieren, wenn diese mehrheitlich abgelehnt werden. Neben dieser gesetzgebenden Funktion bietet die Schulversammlung aber auch ein Forum, um Probleme zu besprechen, Ankündigungen zu machen oder zum Beispiel Ausschüsse zu organisieren, die sich dann genauer mit bestimmten

Themen,

vom

Abschlussball

bis

hin

zu

sportlichen

Aktivitäten, beschäftigen.72 Außerdem wird in der Schulversammlung aber auch das Fehlverhalten einzelner

Schüler/innen

angesprochen

und

im

diskutiert.

alltäglichen Die

Gemeinschaftsleben

Schulversammlung

kann

nach

Anhörung des Schülers/der Schülerin eine Strafe beschließen. So werden beispielsweise Diebstähle oft lediglich mit dem Ersatz des gestohlenen Gutes

bestraft,

„Tyrannei“

wird

dagegen

als

nicht

akzeptables

Verbrechen gegen die Gemeinschaft gesehen. 73 Ziel der Versammlung 70 Vgl. Neill, Alexander Sutherland: Das Prinzip Summerhill: Fragen und Antworten, hrsg. von: Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1971, S. 9 71 Vgl. Neill, Theorie und Praxis, S. 61 72 Vgl. ebd. S. 62 73 Vgl. ebd. S. 63 22

ist es aber stets, die Ursache eines Vergehens herauszufinden und diese zu beheben. Die Erfahrung ist deshalb auch, entgegen anderer Befürchtungen, dass die Bestrafungen weder besonders hart noch besonders sanft ausfallen, sondern in den meisten Fällen dem Vergehen angemessen sind.74 Dies spiegelt sich auch in der Akzeptanz der Schüler/innen bezüglich der Institution der Schulversammlung und der von ihr ausgesprochenen Bestrafungen wider. Sollte sich jedoch ein/e Schüler/in tatsächlich ungerecht behandelt fühlen, kann der Fall neu aufgerollt werden. Oft werden in der Berufungsverhandlung dann, basierend auf den weitergehenden Erläuterungen des Beschuldigten, mildere

Strafen

beschlossen,

da

das

Gefühl

einer

ungerechten

Behandlung oft auf einer tatsächlich ungerechten Behandlung beruht. 75 Freiheit in der Schule kann nach Auffassung des Summerhill Gründers Neill nur bestehen, wenn Schüler/innen ihr Zusammenleben selbst regulieren können. Allein das Vorhandensein einer übergeordneten Autorität führt bereits zu Unfreiheit der Kinder und Jugendlichen. Diesbezüglich seien die Auswirkungen eines liberalen, wohlwollenden Vorgesetzten sogar noch verheerender als die eines

autoritären, da

gegen die offene Härte des einen rebelliert werden kann, während die Unfreiheit, die durch den anderen erzeugt wird, abstrakt und schwer fassbar ist.76 Eine autoritäre Erziehung, in der die Erwachsenen den Kindern bzw. die Lehrer/innen den Schüler/innen ein Höchstmaß an Disziplin

und

Unterwerfung

abverlangen,

sei

zwar

aus

Sicht

der

Erwachsenen oft die einfachste Methode, um große Anstrengungen in der Erziehungen zu vermeiden, könne aber Kinder nie zu glücklichen Kindern werden lassen.77 Die Selbstregierung Summerhills hat aber auch einen sehr praktischen, pädagogischen Wert. Zum einen lernen die Schüler/innen

der

Summerhill

School

schon

früh

den

Wert

der

Demokratie und des Rechts auf Partizipation sowie die Fähigkeit des Argumentierens kennen, zum anderen sind aber auch die Gesetze, die von Schüler/innen für Schüler/innen gemacht werden, ganz anderer Natur als die Gesetze, die von Erwachsenen für Schüler/innen verfasst 74 75 76 77

Vgl. ebd. S. 65 f. Vgl. ebd. S. 64 f. Vgl. ebd. S. 67 Vgl. ebd. S. 67 f. 23

werden. Die Gesetze der Schüler/innen hätten einen unmittelbaren praktischen Wert und zielten auf die Regulierung alltäglicher Probleme ab, von denen sie direkt betroffen seien. Sie vernachlässigen damit abstrakte Entscheidungen, die oft nur von Erwachsenen als wichtig erachtet

würden,

tatsächlich

aber

nach

Meinung

Neills

nur

Äußerlichkeiten seien.78 Der Freiheitsgedanke der Schule führt konsequenterweise auch dazu, dass der

Besuch des Unterrichts freiwillig ist. Neill ist der Meinung,

dass Unterricht, zu dem die Schüler/innen gezwungen werden, die Schüler/innen nicht nachhaltig beim Lernen unterstützen kann. Vielmehr müsse

der

entstehen.

Wissensdurst Trotz

der

der

Schüler/innen

Freiwilligkeit

des

aus

eigenem

Unterrichts

Antrieb

besuchen

die

Schüler/innen, je älter sie werden, desto mehr, den Fachunterricht der Summerhill School und nehmen auch an den zentralen, von der Oxford Universität entwickelten Abschlussprüfungen teil und absolvieren diese meist überdurchschnittlich erfolgreich.79 Die Summerhill School ist folglich ein Plädoyer, Schüler/innen mehr Entscheidungsmöglichkeiten,

mehr

Freiheiten,

mehr

Verantwortung

einzuräumen. Oder, um es mit den Worten A. S. Neills zu sagen: „Es ist ein Trugschluß anzunehmen, Verantwortung sei eine Sache des Alters. Dieser Trugschluß legt das Leben der Jugend in die Hände schwächlicher alter

Männer,

die

wir

Staatsmänner

nennen,

aber

besser

als

1910

als

Statikmänner bezeichnen sollten.“80

4.3.2 Ein Kompromiss – Odenwaldschule Die

Odenwaldschule

Ober-Hambach

(OSO)

wurde

Landerziehungsheim im hessischen Heppenheim von Paul und Edith Geheeb gegründet und galt lange als eines der hervorragendsten reformpädagogischen Internate in Deutschland. Die Schüler/innen der Odenwaldschule bezahlen ein monatliches Schulgeld, etwa jeder Dritte wird jedoch von der Jugendhilfe finanziert. 81 Außerdem gibt es noch 78 79 80 81

Vgl. ebd. S. 70 Vgl. ebd. S. 99 Ebd. S. 156 Vgl. Anhang: Interview mit Fr. Höhmann, S. 54 24

mehrere Teil- und Vollstipendiaten an der OSO. Im Jahr 1998 erlangte die Odenwaldschule größere öffentliche Aufmerksamkeit auf Grund von Missbrauchsvorwürfen,

die

von

ehemaligen

Schüler/innen

erhoben

wurden. Eine umfangreiche Aufarbeitung begann erst im Jahr 2010 und wurde von der damaligen Schulleiterin Margarita Kaufmann initiiert. 82 Im Folgenden sollen aber nicht die Missbrauchsfälle im Vordergrund der Darstellungen

stehen,

sondern

vielmehr

die

besonderen

Beteiligungsmöglichkeiten für Schüler/innen an der Odenwaldschule. Bereits in §1, Abs. 1, der Satzung der Schülervertretung an der Odenwaldschule

ist

Selbstverantwortung demokratischen

festgehalten, und

zur

Mitwirkung

dass

politischen der

die

„Erziehung

Verantwortung

Schüler/innen

[…]

[dient]“. 83

zur einer Dieser

Grundsatz zieht sich durch das gesamte Leben an der Odenwaldschule. Das Entscheidungsgremium der Schüler/innen ist das Schülerparlament, dem drei Präsidenten vorstehen. Das Parlament entscheidet über Dinge, die ausschließlich die Schüler/innen betreffen, und finanziert sich durch einen Sozialfond, in den jede/r Schüler/in monatlich 1,50 € einzahlt. Wofür die Mittel dieses Sozialfonds verwendet werden, entscheidet das Schulparlament mit einer 2/3-Mehrheit. 84 Beispiele für eine Verwendung der Mittel sind die Kostenübernahme von Einkaufsfahrten für die Schüler/innen, der Besuch von Seminaren oder die Veranstaltung eigener Tagungen, wie dem SV-Wochenende. Das Parlament setzt sich zusammen aus zehn direkt gewählten Vertretern/innen und einem/r Vertreter/in jeder Familie85 an der Odenwaldschule. Oberstes Entscheidungsgremium an der Schule ist jedoch die allgemeine Konferenz bzw. der Trägerverein. Dieser hat zwar ein Veto-Recht, nutzt dieses

aber

Konferenz

nur setzt

in

außert

sich

seltenen

zusammen

Einzelfällen.

aus

sämtlichen

Die

allgemeine

Lehrer/innen,

82 Vgl. Odenwaldschule Ober-Hambach: Die besondere Verantwortung der Odenwaldschule, URL: http://www.odenwaldschule.de/verantwortung/die-verantwortung.html [Stand: 30.01.2013] 83 Odenwaldschule Ober-Hambach: Was aus unserer Schule wird, ist unsere gemeinsame Sache, URL: http://www.odenwaldschule.de/internat/schulgemeinde/gremien.html [Stand: 30.01.2013] 84 Vgl. Anhang: Interview mit den Parlamentariern, S. 58 85 Familie: Die Familien sind Einheiten, die sich altersgemischt aus mehreren Jungen und Mädchen zusammensetzen, meist gemeinsam in einem Haus wohnen und denen zwei Lehrer/innen (Familienoberhäupter) vorstehen. 25

pädagogischen Mitarbeiter/innen und Verwaltungskräften der Schule sowie bis zu 18 Schüler/innen, die alle gleich stimmberechtigt sind. Proportional gesehen beträgt der Anteil der Schüler/innen etwa 20% in der allgemeinen Konferenz.86 Dies entspricht in etwa dem Anteil der Schüler/innen in Schulkonferenzen von Schulen mit Oberstufe, dieser beträgt 25%. Auf Grund der Größe der Konferenz ist das Modell der Odenwaldschule jedoch eher mit der Gesamtkonferenz des Saarlandes, die in Kapitel 3.3 erläutert wurde, vergleichbar. Neben

der

Parlamentsarbeit

der

Schüler/innen

spielt

an

der

Odenwaldschule besonders die Ausschussarbeit eine wichtige Rolle, da die allermeisten schulischen Angelegenheiten, die später von der allgemeinen

Konferenz

Ausschüssen

beschlossen

besprochen

werden.

werden, In

vorher

jedem

intensiv

Ausschuss

in

sitzen

Schülervertreter, die Vorschläge einbringen können und sich oft lebhaft an den Diskussionen beteiligen. Dies führt dazu, dass die Schüler/innen in

der

Regel

allgemeinen

bereits

vor

Konferenz

der in

Diskussion den

in

der

entscheidenden

Entscheidungsfindungsprozess

eingebunden sind, diesen beeinflusst haben können und über die Sichtweisen der Lehrer/innen oder anderen Mitarbeiter/innen informiert sind. Diese Transparenz führt zu einem deutlich größeren Verständnis von

getroffenen

Entscheidungen

bei

den

Schüler/innen

der

Odenwaldschule.87 Beispiele für verschiedene Ausschüsse sind der Rechtsausschuss und der

Vertrauensausschuss.

schweren,

strafrechtlich

Der nicht

Rechtsausschuss relevanten

Fällen

wird

bei

minder

eingeschaltet.

Er

bemüht sich um die Vermittlung zwischen den Konfliktparteien und kann gemeinsam Konfliktlösung

mit

den

Familienoberhäuptern88

beschließen.

Die

Mitglieder

des

Maßnahmen

zur

Rechtsausschusses

werden von der Schülerschaft in einer Urwahl gewählt und setzen sich zusammen aus vier Lehrer/innen und vier Schüler/innen. Interessant ist 86 Vgl. Anhang: Interview mit Fr. Höhmann, S. 52 87 Vgl. Anhang: Interview mit den Parlamentariern, S. 58 88 Familienoberhäupter: Sind die Lehrer/innen, die der „Familie“ vorstehen. Seit den Missbrauchsfällen wird das Vier-Augen-Prinzip konsequent durchgeführt und es handelt sich immer um mindestens zwei Lehrer/innen. Mindestens eine der beiden Lehrpersonen wohnt in der Regel mit der Familie zusammen in einem Haus. Sie sind bei Konflikten die ersten Ansprechpartner für die Schüler/innen. 26

hierbei der einsichtsfördernde Aspekt, welcher sich zum Beispiel in der Erstellung sozialer Verträge zeigt. In diesen sozialen Verträgen schlägt der/die beschuldigte Schüler/in eine Maßnahme zur Wiedergutmachung vor, die je nach Art des Vergehens, von zusätzlichen Spül- und Aufräumdiensten über Aktivitäten mit jüngeren Schüler/innen bis zu dem Besuch einer externen Beratungsstelle reichen kann. Bei schweren oder wiederholten Vergehen oder falls sich die und

Rechtsausschuss

Konferenz,

nicht

vergleichbar

einig

mit

werden,

einer

wird

Familienoberhäupter eine

pädagogische

Klassenkonferenz

an

einer

Regelschule, einberufen. Diese kann weitere Maßnahmen, wie eine Probezeit, eine Art Bewährung mit Auflagen, beschließen oder sogar den Schulverweis bei der allgemeinen Konferenz beantragen. Neben den Mitgliedern des Rechtsausschusses, die mit jeweils einer Stimme an der pädagogischen Konferenz teilnehmen, sitzen auch die Mitglieder des Vertrauensausschusses in der pädagogischen Konferenz. Der

Vertrauensausschuss

setzt

sich

zusammen

aus

jeweils

drei

gewählten Vertreter/innen der Schülerschaft und Lehrerschaft. Er hat die Aufgabe, Streitigkeiten zu schlichten und als beratende Instanz bei der Lösung von Problemen zu fungieren. Außerdem sind sämtliche Mitglieder des Vertrauensausschusses ständige Vertrauenspersonen für die Schüler/innen, da sie zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Sie können außerdem die pädagogische Konferenz beraten. Die

Teekonferenz

unterrichtender Schülerschaft.

ist

eine

täglich

Lehrer/innen Hier

werden

sowie die

stattfindende der

Konferenz

aller

Konferenzdelegierten

Fehlzeiten

einzelner

der

Schüler/innen

verlesen und gegebenenfalls direkt vom Familienoberhaupt entschuldigt. Außerdem werden viele kleinere Bekanntmachungen vorgetragen. Die Anwesenheit der Schüler/innen bei jeder dieser Konferenzen führt zu einer ständigen Transparenz der Entwicklungen an der Schule. Bezogen

auf

das

Unterrichtsgeschehen

sind

die

Beteiligungsmöglichkeiten an der Odenwaldschule nicht außerordentlich ausgeprägt. Zwar gibt es viel selbstständiges Lernen, aber nicht in einem Umfang oder einer Art und Weise, die sich frappierend von der Herangehensweise

an

Regelschulen 27

unterscheiden

würde.

Bemerkenswert sind jedoch die Tertialsarbeiten, die jede/r Schüler/in der Oberstufe einmal pro Schuljahr anfertigen muss. Strukturelles Feedback wird derzeit an der Odenwaldschule eingeführt. Die Schule greift dabei auf emu zurück, ein Programm, welches zum Zwecke der Unterrichtsdiagnostik von der Universität Koblenz entwickelt wurde.89 Die

oben

aufgeführten

Aspekte

der

Schülerpartizipation

an

der

Odenwaldschule zeigen, dass ein Gegeneinander von Lehrer/innen und Schüler/innen mit klarer Frontenbildung, wie es zum Teil in Regelschulen zu

beobachten

ist,

an

der

Odenwaldschule

nicht

stattfindet.90

Schüler/innen fühlen sich mit ihren Anliegen ernst genommen und werden umfangreich in die Weiterentwicklung der Schule einbezogen. Einzige Ausnahme ist die Frage der Drogenpolitik, an der sich die Meinung bezüglich

von

Schüler/innen

des

restriktiven

und

Schulleitung

Vorgehens

der

bzw. Schule

Lehrerkollegium doch

deutlich

unterscheidet. Insgesamt ist die Odenwaldschule jedoch eine Schule, das zeigen die Ausschussarbeit, die Mitwirkungsrechte des Parlamentes und die Zufriedenheit der Schüler/innen mit ihren Beteiligungsrechten, in der alltägliche Partizipation gelebt wird.

5. 5.1 Der

Ausblick Aktuelle politische Entwicklungen hessischen

weniger

zur

Landesregierung

Förderung

der

wird

derzeit

vorgeworfen,

Partizipationsstrukturen

an

immer

hessischen

Schulen zu unternehmen beziehungsweise die Einflussmöglichkeiten von Schüler/innen sogar aktiv zu verringern. Insbesondere die Gestaltung der neu eingeführten selbstständigen Schule wird von Gewerkschaften und der Landesschülervertretung (LSV) scharf kritisiert. Nach Meinung der

GEW

werden

Entscheidungskompetenz

den

Schulleitern/innen

zugesprochen,

anstatt

immer die

mehr

vermehrte

Selbstständigkeit der Schulen in die Hände der gesamten Schulgemeinde 89 Weitere Erläuterungen: emu - Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung. Wurde im Auftrag der Kultusministerkonferenz von der Universität Koblenz entwickelt (http://www.unterrichtsdiagnostik.info) 90 Vgl. Anhang: Interview mit Hrn. Fechner, S. 57 sowie vgl. Anhang: Interview mit Fr. Höhmann, S. 52 28

zu legen.91 Insgesamt zeigt sich das Bild, dass sich der Schulleiter/die Schulleiterin

nach

Auffassung

des

Hessischen

Kultusministeriums

weniger als „Erster unter Gleichen“, sondern mehr „gestaltender Entscheider“

zu verstehen habe.92 Diese Entwicklung, die mit dem

Aufbau einer Führungsakademie durch das Kultusministerium einhergeht, sieht die GEW kritisch. Bezüglich der Führungsakademie selbst fordert sie sogar die sofortige Auflösung dieser Institution, da die angebotenen Fortbildungen allen Lehrer/innen zugänglich gemacht werden sollten. 93 Es lässt sich also eine intensive Diskussion zwischen der Gewerkschaft und

dem

Kultusministerium

über

die

Rolle

des

Schulleiter/der

Schulleiterin in der Schulgemeinde und seiner/ihrer Entscheidungsgewalt feststellen. Im November 2011 kam es zu einem Konflikt zwischen dem Hessischen Kultusministerium auf der einen und dem Hauptpersonalrat, der GEW, dem Landeselternbeirat und der LSV auf der anderen Seite. Anlass hierfür waren die Pläne der damaligen Kultusministerin, Dorothea Henzler, die Entlastungsstunden für Verbindungslehrer/innen an den Schulen in das Schuldeputat zu übertragen und nicht mehr explizit auszuweisen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Entlastungsstunden durch

die

gestrichen

Gesamtkonferenz

bzw.

den/die

Schulleiter/in

werden

Sehr

offensiv

warf

können.

der

hätten damalige

Landesschulsprecher, Kamyar Mansoori, der Ministerin vor, sie betreibe „Überwachung und Beschneidung der Mitbestimmungsorgane“. 94 Diese Maßnahme wurde in der Folge vom Kultusministerium aus dem Entwurf der Verordnung gestrichen. Erhalten blieb jedoch der Passus, der eine Kürzung

der

Entlastungsstunden

bei

Landesbeiräten,

91 Vgl. GEW Hessen: Titelthema: Mein Thema: Selbstständige Schule | Selbstständige Schulen brauchen Demokratie und Transparenz, URL: http://www.gew-hessen.de/index.php? id=296&tx_ttnews[tt_news]=4931&cHash=8c54fa2466558a031c49acd4d4b3a287 [Stand: 30.01.2013] 92 Nieder: Bilanzbericht der Schulinspektion, S. 19 f. 93 Vgl. GEW Hessen: Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Reform der Organisationsstruktur der Schulverwaltung ( SchVwOrgRG) vom 21. August 2012, URL: http://www.gew-hessen.de/index.php? id=296&tx_ttnews[tt_news]=4984&cHash=15ca4b03f5ee004fe6202688892f8a1f [Stand: 30.01.2013] 94 LSV Hessen: „Mitbestimmung nur solange der Regierung die Meinung passt“, URL: http://www.lsv-hessen.de/themen/pflichtstundenverordnung/382-13-november-2011-qmitbes timmung-nur-solange-der-regierung-die-meinung-passtq [Stand: 30. Januar 2013] 29

Verbindungslehrer/innen

auf

Landesebene,

vorsieht

und

die

Kassenverwaltung der Landesschülervertretung auslagert. Henzler sah darin eine Verbesserung der Situation der Landesschülervertretung, da diese sich nun vermehrt auf inhaltliche Arbeit konzentrieren könnte. 95 Der aktuelle Landesschulsprecher Wüst verurteilte die Pläne des Kultusministeriums jedoch nach wie vor als „Blockadepolitik […] [, bei der] es die Demokratie in unserem Lande schwer haben [wird], Menschen zu finden, die gestalten und verändern wollen“. 96 Unter

der

neuen

Kultusministerin

Nicola

Beer

scheinen

allerdings

Veränderungen in Bewegung gesetzt worden sein. So beteiligte sich diese sogar an einer Aktion der LSV, in der die diese, im Zuge einer Demonstration vor dem Kultusministerium, Bildungsthesen, die auch ein Mehr an Beteiligungsmöglichkeiten in der Schule forderten, an eine symbolische Tür hämmerte.97 Ob sich allerdings langfristige Änderungen in den kritischen Beziehungen zwischen Interessenvertretungen und Kultusministerium ergeben, wird sich erst in Zukunft zeigen. Im Jahr der Landtagswahl haben auch die Oppositionsparteien im hessischen Landtag diesen Zwist um die Einflussmöglichkeiten von Interessenvertretungen im System Schule bemerkt und betonen alle in ihren Konzepten, dass sie die Beteiligungsmöglichkeiten verbessern wollen.

Konkrete

Maßnahmen

werden

aber

nicht

vorgeschlagen.

Vielmehr heißt es eher allgemein, man wolle die „demokratische Verfasstheit der Schule stärken“. Zudem solle die Schulkonferenz mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden. 98 Lediglich „Die Linke“ spricht 95 Vgl. Hessisches Kultusministerium: Kultusministerin Dorothea Henzler weist Kritik des Landeselternbeirats zurück / „Entlastungsstunde für Verbindungslehrer wird nicht gestrichen“, URL: http://www.kultusministerium.hessen.de/irj/HKM_Internet? rid=HKM_15/HKM_Internet/nav/52e/52e07f78-a645-901b-e592-697ccf4e69f2,e25407cc-53 9f-5731-f012-f312b417c0cf,,,11111111-2222-3333-4444-100000005004%26_ic_uCon_zentr al=e25407cc-539f-5731-f012-f312b417c0cf %26overview=true.htm&uid=52e07f78-a645-901b-e592-697ccf4e69f2 [Stand: 30.01.2013] 96 LSV Hessen: Landesschülervertretung wehrt sich weiterhin gegen Angriffe auf ihre Handlungsfähigkeit, URL: http://www.lsv-hessen.de/news/pressemitteilungen/403-landesschuelervertretung-wehrt-sich -weiterhin-gegen-angriffe-auf-ihre-handlungsfaehigkeit [Stand: 30.01.2013] 97 Die Welt: Landesschülervertretung übergibt Bildungsthesen an Ministerin Beer, URL: http://www.welt.de/newsticker/news3/article106640574/Landesschuelervertretung-uebergibt -Bildungsthesen-an-Ministerin-Beer.html [Stand: 30.01.2013] 98 Bündnis 90 / Die Grünen Hessen: Ein neuer Aufbruch für Hessens Schulen, URL: http://www.gruene-hessen.de/partei/gremien-organisation/gruene-dokumente/landtagswahlp rogramm-2009/ein-neuer-aufbruch-fuer-hessens-schulen/ [Stand: 30.01.2013] 30

sich konkret dafür aus, Konferenzen in Zukunft drittelparitätisch zu gleichen Teilen mit Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern zu besetzen.99

5.2

Mögliche Veränderungen an Regelschulen

Eine Vielzahl der Elemente, die die Beteiligung von Personengruppen in Schulen stärken, lassen sich auch an Regelschulen implementieren. Mitbestimmungsmöglichkeiten Faktoren:

Zugang

repräsentative

zu

sind

elementar

Informationen,

abhängig

Urteilsvermögen

Interessenvertretung.100

Grundsätzlich

von

drei

sowie

eine

ist

zu

unterscheiden zwischen solchen Maßnahmen, die in den Schulalltag integriert werden sollten und solchen, die eher punktuell zu verstehen sind. Ständige Elemente sind beispielsweise der Klassenrat, die Wahl von Interessenvertretungen,

wie

Klassen-

und

Schulsprechern,

„Vertrauensgremien“, die bei Konflikten aktiv werden oder regelmäßige Feedbackinstrumente auf allen Ebenen.101 Punktuelle Maßnahmen sind dagegen unter anderem Projekte, wie zum Beispiel „Schule als Staat“ oder Zukunftswerkstätten für die eigene Schule.

5.2.1

Aufwand/Nutzen-Vergleich möglicher Neuerungen

Schulische Partizipation funktioniert grundsätzlich am besten, wenn Schüler/innen

unmittelbar

von

den

Folgen

betroffen

sind.

Der

naheliegendste Punkt ist deshalb eine von den Schüler/innen selbst bestimmte Regulierung des alltäglichen Miteinanders sowie das Lösen von Konflikten. Hier empfiehlt sich der Klassenrat, der als regulärer Bestandteil in den Stundenplan einfließen sollte. Der Arbeitsaufwand für den/die Lehrer/in ist zwar bei der Einführung des Klassenrates zunächst relativ hoch, er muss die Methode zu Beginn anleiten, grundsätzliche Verfahrensweisen

definieren

und

sich

gleichzeitig

aber

als

gleichberechtigtes Mitglied des Gremiums verstehen, nach einer Phase Vgl. SPD Hessen: Haus der Bildung. Chancen eröffnen – Perspektiven geben!, hrsg. von SPD Landtagsfraktion, Wiesbaden Juli 2007, S. 17 f. 99 Vgl. Die Linke Hessen: Bildung - Demokratische Prinzipien der Arbeit in der Gemeinschaftsschule, URL: http://www.die-linke-hessen.de/lv15/programm/programm/244-bildung?start=9 [Stand: 30.01.2013] 100 Vgl. Eikel, Demokratische Partizipation, S. 12 101 Vgl. Kap. 4.1.1: Feedback – Fontane-Gymnasium Rangsdorf 31

der Eingewöhnung kann er sich aber deutlich zurücknehmen und den Klassenrat

in

einer

begleitenden

Rolle

wahrnehmen.

Da

die

Auswirkungen der Beschlüsse des Klassenrates meist sofort sichtbar sind

ist

der

Nutzen

im

Lernprozess

demokratischer

Partizipation

immens.102 Es ist zwar festzustellen, dass der Klassenrat als Methode inzwischen

weitgehend

akzeptiert

ist,

er

jedoch

oft

nur

in

der

Unterstufe durchgeführt wird. Insbesondere aber in der Mittelstufe, in der es klassischerweise zu einer Häufung von Konflikten kommt, ist er ein Mittel der konstruktiven Konfliktlösung. Eine Vergrößerung der Schulkonferenz auf bis zu 25 Personen, dies entspricht einer Verdoppelung der Regelgröße, ist ohne weiteres durch entsprechende Anträge zu bewerkstelligen. Der Nutzen, den eine solche Maßnahme

hätte,

ist

durchaus

zu

hinterfragen.

Wenn

eine

Schulkonferenz es aber als ihre Aufgabe sieht, die Gesamtheit der Schulgemeinde

möglichst

Schlussfolgerung

repräsentativ

naheliegend,

dass

abzubilden,

mehr

ist

Vertreter/innen

die die

pluralistische Schulgemeinde auch besser abbilden können. Ausgehend von der Kritik, dass die Schulkonferenz ihrer repräsentativen Funktion nur unzureichend nachkomme, und unter Kenntnisnahme von Beispielen, in denen eine größere Anzahl von Interessenvertreter/innen in einer Konferenz zu einer größeren Zufriedenheit mit den Entscheidungen führe,

ist

die

Vergrößerung

der

Schulkonferenz

die

logische

Konsequenz.103 Dies gilt insbesondere unter Beachtung des Informationsund

Transparenzgedankens,

da

sich

Informationen,

sofern

mehr

Personen von ihnen Kenntnis haben, auch besser verbreiten. Regelmäßiges Feedback als Rückmeldeinstrument einzuführen ist mit großem

Aufwand

verbunden,

da

es

auf

Grund

der

Umkehr

der

klassischen Rollenstrukturen ein grundsätzliches Umdenken bei allen Personengruppen erfordert. Sich auf diesen Weg zu begeben, bedarf intensiver Vorbereitung, in die alle Beteiligten miteinbezogen werden müssen. Beim Einführen von Feedback in der Schule ergibt sich häufig die

Schwierigkeit,

dass

Feedback

nur

in Teilen

angenommen und

aufgearbeitet wird. Allerdings zeigen erfolgreiche Beispiele, dass gut 102 103

Vgl. Eikel, Demokratische Partizipation, S. 17 ff. Vgl. Anhang: Interview mit Fr. Höhmann, S. 51 32

durchgeführtes Feedback zu einer tatsächlichen Verbesserung der Beziehungen der beteiligten Personengruppen untereinander führen kann und nachhaltige Veränderungen angestoßen werden können.104 Das Einführen

von

Feedbackinstrumenten

ist

deshalb

für

Schulen

zu

empfehlen, welche sich selbst als „lernende Institutionen“ verstehen und in denen ein breiter Konsens herrscht, die Schule als ganzheitliches System

zu

begreifen,

welches

von

der

gesamten

Schulgemeinde

entwickelt werden sollte. Schülerfirmen, wie das Betreiben einer Cafeteria durch Schüler/innen, haben oft einen unmittelbaren Nutzen für das Schullleben, da sich diese Initiativen meist auf Grund von Unzufriedenheiten der Schüler/innen bilden und versuchen, diese mit Hilfe eigener Aktivitäten konstruktiv zu lösen. Der Aufwand, der hierbei für Lehrer/innen und Schulleitung anfällt,

kann

von

fast

keiner

Unterstützung,

einem

reinen

„Gewährenlassen“, bis zu einer umfassenden Förderung variieren und muss deshalb von Fall zu Fall angepasst werden. Grundsätzlich sind Schülerfirmen aber eine besondere, aktive Mitgestaltungsmethode für Schüler/innen und sollten als diese wahrgenommen werden. Dies gilt insbesondere auch für Schülerzeitungen, die sich von der Schulzeitung durch ihre Unabhängigkeit unterscheiden. Hier ist oft Unterstützung durch eine Lehrperson und die Schulleitung, insbesondere bei der Publikation, notwendig, doch sollte keine Einflussnahme stattfinden, sondern

vielmehr

die

kritische

Auseinandersetzung

auch

mit

der

eigenen Schule gefordert und gefördert werden. Die Folge dieser Maßnahme

ist

eine

Informationsorgan

von

Schüler/innen

für

Schüler/innen, in dem sie ihre Sichtweise darstellen und sich in der Ausübung ihrer Grundrechte, wie der Presse- und Meinungsfreiheit, erproben können.

6.

Fazit

Die Schule ist keine basisdemokratische Institution. Die hauptsächlichen Entscheidungsträger in einer Schule sind die Lehrer/innen und die Schulleitung, nicht aber die gesamte Schulgemeinde. Auf Grund ihres 104

Vgl. Witt: Feedbackkultur als Strategie, S. 23 ff. 33

jahrelangen Studiums wissen diese vielleicht auch am besten, was gut für

die

Schule

sei.

Kultusministerium repräsentativer Parlament

ist

Die

Einsetzung

beispielsweise

Demokratie.

den

Das

der eine

Volk

Ministerpräsidenten,

Schulleitung klassische

wählt

der

durch

das

Folgehandlung

das

Parlament,

das

ernennt

wiederum

die

Minister/innen und der/die Minister/in, beziehungsweise von ihm/ihr beauftragte Beamte, ernennen den/die Schulleiter/in. Dieses Beispiel soll

exemplarisch

verdeutlichen,

dass

die

Entscheidungsstrukturen

innerhalb der Schule also eine Folge demokratischer Prozesse, aber in sich nicht demokratisch aufgebaut sind. Bereits im hessischen Schulgesetz ist aber festgeschrieben, dass die Schule nicht nur die Aufgabe hat, Wissen zu vermitteln, sondern vielmehr den/die Schüler/in, den Jugendlichen, auf das Leben als mündigen

Bürger

vorbereiten

soll.

Bürger,

die

sich

aktiv

am

Gesellschaftsleben beteiligen, kann es aber nur dann geben, wenn diese den Wert und die Wirkung von Beteiligung einschätzen können. Dass diese Beteiligung insbesondere im System Schule sinnvoll ist, zeigen unter anderem die Eindrücke der Lehrer/innen und Schulleiter/innen in meinen Interviews, die alle der Meinung waren, dass sich durch die Beteiligung

von

Schüler/innen

und

Eltern

die

Qualität

von

Entscheidungen an der Schule verbessere, da sich die Vielschichtigkeit im

System

Schule

auch

in

den

Entscheidungsfindungsprozessen

widerspiegele. Wie am Beispiel der Odenwaldschule belegt, zeigen die Schüler/innen

aber

auch

eine

deutlich

größere

Zufriedenheit

und

Identifikation mit der Schule, wenn sie das Gefühl haben, diese auch gestalten zu können. Derzeit scheint es zwei gegensätzliche Entwicklungen bezüglich der Mitbestimmungsrechte von Schüler/innen im System Schule zu geben. Auf der einen Seite verkleinern sich die Einflussmöglichkeiten der Schüler/innen bei „politischen“, richtungsweisenden Entscheidungen. So werden zum Beispiel die Kompetenzen der Schulkonferenz trotz der Einführung der „selbstständigen Schule“ in Hessen nicht ausgebaut, Verbindungslehrerstunden sollten gekürzt werden, die Befugnisse der Schulleiter/innen steigen und auch die Landesschülervertretung fühlt 34

sich in ihrer Arbeit, wie oben dargelegt, behindert. Auf der anderen Seite

bekommen

die

Schüler/innen

Einflussmöglichkeiten.

Der

im

Unterricht

Unterricht

wird

immer

mehr

individualisiert,

Feedbackinstrumente für das konkrete Unterrichtsgeschehen werden eingeführt und Partizipationsmöglichkeiten wie der Klassenrat sind weitestgehend etabliert. Zwar sind letztere Entwicklungen erfreulich, dass man Schüler/innen aber nicht zutraut, auch wichtigere Entscheidungen zu beeinflussen, ist meines Erachtens bedauerlich. Der entscheidende Faktor für den Erfolg eines/einer Schülers/Schülerin ist die Zufriedenheit mit der eigenen Schule, der Wille, diese Schule zu besuchen und sich Wissen anzueignen. Zufrieden kann ein/e Schüler/in aber nur dann sein, insbesondere wenn er/sie zu einem selbstständigen Erwachsenen reifen soll, wenn er/sie sich ernst genommen fühlt und den Eindruck hat, an der Behebung von Missständen mitarbeiten und sein tägliches Umfeld, auch in der Schule, mitgestalten zu können. Noch vor dem Wunsch nach mehr direkten Einflussmöglichkeiten besteht aber der Wunsch nach Information. Schüler/innen haben das Verlangen, Vorgänge und Entscheidungen, die getroffen werden und die sie direkt betreffen, nachvollziehen zu können. Dies spiegelt sich auch in dem Erfolg der Piratenpartei, beispielsweise bei den Landtagswahlen in Berlin oder Nordrhein-Westfalen, wider, die neben der Netzpolitik vor allen Dingen

das

Thema

der

Transparenz

in

den

Mittelpunkt

ihrer

Öffentlichkeitsarbeit rückten und sich insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen großer Beliebtheit erfreute. Am Beispiel der Odenwaldschule zeigt sich ebenfalls, dass alleine durch das Herstellen eines gut funktionierenden Informationsflusses das Verständnis von Schüler/innen auch für schwierige Entscheidungen, und damit auch ihre Zufriedenheit mit der Schule, massiv steigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das System Schule weiter entwickeln

muss.

Wenn

die

Gesellschaft

Politikverdrossenheit

und

Extremismus begegnen will, müssen die Bürger von Anfang an in ihren, durch

den

Staat

bestimmten,

unmittelbaren

Lebensbereichen

mitbestimmen können. Auf diesen Weg ist die Schule ein wichtiger 35

Ansatzpunkt,

dass

haben

die

oben

genannten

Beispiele,

wie

die

Odenwaldschule, das Fontane-Gymnasium oder sogar die Summerhill School, die sich alle mit einer besonders aktiven Integration der Schüler/innen in Entscheidungsprozesse auszeichnen, oder der Erfolg einzelner Projekte, wie „Schule als Staat“, gezeigt. Schüler/innen müssen

Partizipationsmöglichkeiten

aufgezeigt

werden

um

ihr

Verständnis und ihre Wertschätzung der Demokratie zu stärken. Jede Schule

kann

selbst

die

Initiative

ergreifen

und

prüfen,

wo

sie

demokratische Kompetenzen fördern kann, vor allen Dingen muss aber die

Landesregierung

Maßnahmen

ergreifen,

damit

demokratische

Strukturen in der Schule nicht von dem Einsatz einzelner Personen abhängig sind, sondern als genauso wichtiges Element verstanden werden wie der tägliche Unterricht.

36

Quellen- und Literaturverzeichnis In den Fußnoten der vorliegenden Arbeit wird die Literatur jeweils bei der ersten Nennung mit Namen des Verfassers, Titel und Erscheinungsjahr genannt. Ab der zweiten Nennung erfolgt nur noch die Angabe eines Kurztitels. Der volle Titel ist dem nachstehenden Literaturverzeichnis zu entnehmen. Da viele meiner genutzten Quellen von Behörden, gemeinnützigen Vereinen oder Stiftungen herausgegeben wurden, sind einige meiner Printquellen auch in digitaler Form verfügbar. Sofern mir dies bekannt ist, ist die entsprechende Quelle auch verlinkt.

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39

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LSV Hessen: Landesschülervertretung wehrt sich weiterhin gegen Angriffe auf ihre Handlungsfähigkeit, URL: http://www.lsv-hessen.de/news/pressemitteilungen/403-landesschuel ervertretung-wehrt-sich-weiterhin-gegen-angriffe-auf-ihre-handlungsf aehigkeit. LSV Hessen: „Mitbestimmung nur solange der Regierung die Meinung passt“, URL: http://www.lsv-hessen.de/themen/pflichtstundenverordnung/382-13-n ovember-2011-qmitbestimmung-nur-solange-der-regierung-die-meinung -passtq. Landesschülerrat Sachsen: Bundesschülerkonferenz, URL: http://lsr-sachsen.de/der-lsr/bsk/. Mitwirkung mit Wirkung: Unsere Projektidee, URL: http://schuelermitwirkung.de/home/projektidee.html. Odenwaldschule Ober-Hambach: Die besondere Verantwortung der Odenwaldschule, URL: http://www.odenwaldschule.de/verantwortung/die-verantwortung.html . Odenwaldschule Ober-Hambach: Was aus unserer Schule wird, ist unsere gemeinsame Sache, URL: http://www.odenwaldschule.de/internat/schulgemeinde/gremien.html. Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Hessen: Schüler/innenpartizipation, URL: http://www.hessen.ganztaegig-lernen.de/node/1161. Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ Hessen: Klassenrat, URL: http://www.hessen.ganztaegig-lernen.de/Die %20Serviceagentur/Formate/%20Unterst %C3%BCtzungsangebote/klassenrat.

41

Anhang

42

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Hr. Becklas, Schulleiter am Goethe-Gymnasium Kassel autorisiert am 27. Januar 2013 Datum, Uhrzeit: Dienstag, 13. November 2012, 16:00 Uhr – 18:20 Uhr Ort: Schulleiterbüro im Goethe-Gymnasium Kassel Inhalt: Ich eröffne das Gespräch und bedanke mich bei Hrn. Becklas, dass er sich die Zeit nimmt für dieses Interview. Die erste Frage ist die Frage nach dem Sinn und Zweck von Beteiligung in der Schule. Hr. Becklas erläutert, dass die autoritäre Schule der Vergangenheit angehöre und heute so weder umsetzbar noch gewollt sei. Er erzählt eine kleine Anekdote, die ihm ein Kollege erzählte. Er betont, dass er nicht sicher wisse, ob sie wirklich geschehen sei, denke aber, dass man davon ausgehen könne: „Eine Abiturprüfung vor etwa 40-50 Jahren: Der Direktor fordert alle Lehrer, es gab damals nur männliche an dieser Schule, auf, in die Aula zu kommen. Während er eine Ansprache hält, stehen alle Lehrer stramm. Er geht die Reihe von Lehrern ab. Am Ende bleibt er stehen und meint: „Meine Herren. So kann die Abiturprüfung heute nicht stattfinden!“ und fordert alle auf, die Aula zu verlassen. Ratlosigkeit bei den Lehrern. Nach einer halben Stunde werden wieder alle Lehrer in die Aula gerufen, der Schulleiter geht sie ab

und

verkündet

erneut,

dass

die

Abiturprüfung

heute

nicht

stattfinden wird und sämtliche Lehrer die Aula wieder verlassen sollen. Am Ende stellte sich heraus, dass ein Lehrer farbige Socken trug. Erst als er dies geändert hatte, konnte die Abiturprüfung beginnen.“ Hr. Becklas führt aus, dass dieses Beispiel exemplarisch die autoritären Strukturen der damaligen Zeit zeige. Es gab damals wohl weder die Möglichkeit noch den Willen, gegen diese zu rebellieren. Heutzutage würde man dagegen derart autoritäre und hierarchische Strukturen möglicherweise nur noch in Einrichtungen wie der Bundeswehr oder der Polizei finden. Dass die Schule nicht mehr ein derart autokratisches System ist, findet Hr. Becklas gut. Dass man ein System wie das System Schule alleine führe, sei nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, meint Hr. 43

Becklas. Damit sich die Vielschichtigkeit im System Schule auch in der Leitung widerspiegele, müssten Entscheidungen und insbesondere die vorherigen Planungsphasen von verschiedenen Blickwinkeln, die durch Informationen und Hinweise entscheidend auf den Erfolg eines Projektes hinwirken, geprägt sein. Hierbei, so betont Hr. Becklas, sei insbesondere das Gespräch bzw. der Austausch zwischen Schulleitung und Interessenvertretungen elementar, damit man die Wirkung einzelner Entscheidungen besser abschätzen könne. Besonders Lehrer/innen seien durch ihren ständigen Kontakt mit Schüler/innen

und

durch

ihre

fachliche

Expertise

wichtige

Ansprechpartner. Da der Schulleiter selbst kaum noch unterrichte, sei er darauf angewiesen, durch den Kontakt zu Lehrer/innenn nicht die Nähe zum Schulalltag zu verlieren. Ich frage, ob die Meinungen bestimmter Interessenvertretungen stärker gewichtet werden oder ob zu bestimmten Interessenvertretungen ein intensiverer Kontakt gepflegt werden würde. Hr. Becklas verneint dies. Die Meinungen aller in der Schule beteiligten Gruppen seien gleich wichtig. Die Schulleitung sei aber die Entscheidungsträgerin in der Schule, da sie schließlich auch die Verantwortung trage. Als wichtigstes Organ nennt Hr. Becklas die Gesamtkonferenz, da die Lehrer/innen über die Zukunft einer Schule bestimmen sollten, da diese schließlich auch die längste Zeit an der Schule verbringen. Die Gesamtkonferenz, als Gesamtheit

aller

Lehrer/innen,

mache

die

Schule

aus,

nicht

der

Schulleiter alleine. Die Aufgabe des Schulleiters sei es vielmehr, bestimmte Dinge zu verstärken oder zu bremsen und die Schule auf diese

Art

und

Weise

zu

leiten.

Obwohl

die

Lehrer/innen

die

entscheidende Personengruppe in der Schule seien, seien die Blickwinkel anderer

Gruppierungen

Pluralismus,

der

sich

trotzdem in

einer

sehr

Schule

wichtig, findet,

da sich

nur

so

der

auch

in

den

Entscheidungen abbildet. Elternarbeit orientiere sich aber beispielsweise weniger an den komplexen Hintergründen bestimmter Entscheidungen, sondern an den Fakten des Moments. Auf die Frage, inwieweit es Beteiligungsmöglichkeiten für Schüler/innen auch im Unterricht gebe, antwortet Hr. Becklas, dass bereits diverse 44

Ansätze, gerade bei jüngeren Kollegen, zu erkennen seien, dass die vollständige Umsetzung aber noch deutlich länger dauern würde. Er gehe von etwa 10 Jahren aus. Man sei hier ganz am Anfang. Als er vor über 30 Jahren als Lehrer angefangen habe, sei Unterricht aber noch deutlich

lehrerzentrierter

gewesen.

In

der

Zukunft

seien

diese

lehrerzentrierten Bestandteile nur noch vereinzelt, bei bestimmten Themenblöcken, im Unterricht wiederzufinden. Generell sei die Lehrerin oder der Lehrer in Zukunft eher ein Begleiter und Berater. Dies erkenne man auch am heutigen Abitur, welches immer weniger input- und vielmehr outputorientiert sei. Die Schüler/innen müssen immer mehr eigenverantwortlich arbeiten, dies führe aber auch zu Hilflosigkeit bei einzelnen Schüler/innen. Er erkenne in Fünftklässlern jedes Jahr aufs Neue neugierige, offene Wesen. Diese Neugier gilt es in Zukunft weiter zu fördern und zu begleiten, damit jede/r Schüler/in erfolgreich durch die schwierige Zeit der Pubertät komme. Ich frage Hrn. Becklas, wie er die demokratischen Strukturen am Goethe-Gymnasium wahrnehme. Hr. Becklas persönlich nimmt ein sehr aktives Kollegium wahr. Die Gesamtkonferenzen werden zwar von der Schulleitung geleitet, viele Diskussions- und Abstimmungspunkte werden aber zuvor intensiv diskutiert, häufig auch über Bekanntmachungen vor der Konferenz. Es hätte in der Vergangenheit auch Situationen gegeben, in denen Schulleitung und Kollegium unterschiedlicher Ansichten gewesen wären und sich dann Kompromisse hätten bilden müssen. Die Schule sei deutlich weniger autokratisch als früher, ein Großteil der Arbeit finde in Ausschüssen statt. Dies führe dazu, dass die Schule von allen, nicht nur von Einzelpersonen, weiterentwickelt werde. Beispielhaft zeige sich dies auch in der Schulentwicklungsplanung. So wurde vor etwa anderthalb Jahren

beschlossen,

dass

das

Schulprogramm

einer

erneuten

Überarbeitung bedarf. Diese Aufgabe sei in die Hand von Kolleginnen und Kollegen gelegt worden, die viele Vorschläge sammelten und unter anderem an die Fachschaften zur weiteren Überarbeitung weiterleiteten. Die Arbeitsgruppe sei aber lehrerintern gewesen, Schüler/innen oder Eltern wurden nicht angesprochen und zur Mitarbeit gebeten. Die 45

Schulleitung habe diese Prozesse stets begleitet. Meistens werden Arbeitsgruppen nicht von Mitgliedern der Schulleitung geleitet, diese beauftragt aber bestimmte Lehrer/innen, die Arbeitsgruppen zu leiten. Die

Lehrer/innen

müssten

also

häufig

neben

Unterricht

und

Unterrichtsvorbereitung noch Mehrarbeit leisten, um eine gute Schule zu garantieren.

Die

Ressourcenfrage,

Schulleitung also

Entlastungsstunden

ob zur

entscheide

in

Lehrer/innenn Verfügung

diesem

für

Fall

bestimmte

gestellt

über

die

Aufgaben

werden.

Eine

Zusammenarbeit mit Schüler/innen und Eltern habe sich für diese Arbeitsgruppen aber noch nicht ergeben, sie beständen in der Regel aus Mitgliedern der Schulleitung und Lehrer/innenn. Es gebe aber die Idee, zum Beispiel die Steuergruppe der Schule wieder breiter aufzustellen. Im Allgemeinen sei die Zusammenarbeit von Schulleitung und Eltern bzw. Schüler/innen sehr personenabhängig. Sowohl bei der Elternarbeit als auch bei der SV habe es schon inaktive Zeiten gegeben, dies hänge davon ab, welche Person die jeweiligen Interessenvertretungen anführe. Die

Kooperation

habe

er

aber

stets

als

konstruktiv

empfunden.

Insbesondere bei der Elternarbeit zeige sich aber das Problem der Aktivität,

welches

vielleicht

an

fehlendem

Interesse

liege.

Die

Schulleitung nehme an allen Sitzungen des Schulelternbeirats teil und habe so auch die Möglichkeit, direkt auf Kritik zu reagieren. Auf Seiten der Eltern zeige sich ein mangelhafter Einsatz für die Schule, auf Nachfragen nach Unterstützung bei Veranstaltungen gebe es oft eine sehr geringe Resonanz. Dies hänge vielleicht auch mit dem Klientel zusammen, welches die Schule bediene. Ich frage Herrn Becklas, auf welche Art und Weise er die verschiedenen

Personengruppen an der

Schule in seine Schulleitungsaufgaben integriert. Herr Becklas erläutert, dass er einmal im Monat mit dem Personalrat ein Gespräch führe. Das Verhältnis mit dem Personalrat würde er als konstruktiv-kritisch beschreiben. Bei den Eltern gebe es Elternbriefe, diese dienen aber nur der einseitigen Information. Bei Elternsprechtagen käme es vor, dass Eltern sich auch an die Schulleitung wenden. Grundsätzlich gebe es allerdings meistens negative Rückmeldungen, da Eltern bei einem positiven Verlauf der Dinge keinen Grund für ein Gespräch sähen. 46

Ansonsten gebe es auch noch Gespräche mit dem Schulelternbeirat, aber keinen festen Rhythmus für diese, die Termine würden je nach Anliegen ausgemacht. Auch bei der SV würde man eher darauf warten, dass die SV mit bestimmten Problemen oder Fragestellungen auf die Schulleitung zukommt. Zwar gebe es auch Impulse von der Schulleitung in Richtung SV, diese müssten aber auch aufgenommen werden. Im Zuge dieser Erläuterungen spreche ich ihn auf die Schulkonferenz an. Herr

Becklas

führt

aus,

dass

er

es

für

falsch

hält,

dass

die

Schulkonferenz das höchste beschlussfähige Gremium an einer Schule sei. Die Lehrerschaft mache die Schule aus, deshalb sollten die Beschlüsse der Gesamtkonferenz auch bindend sein. Durch die geringe Größe der Schulkonferenz sitzen auch nur einzelne Vertreter in diesem Gremium, die nicht repräsentativ für die gesamte Schule stehen könnten. Es bestehe

die

Gefahr

des Missbrauchs durch

einzelne

Mitglieder, welche sich gegen die Beschlüsse der Gesamtkonferenz stellen könnten. Vielmehr solle die Schulkonferenz ein beratendes Gremium

für

die

Gesamtkonferenz

sein,

die

zwar

bei

vielen

Entscheidungen anzuhören sei, diesen aber nicht zustimmen müsste. Bei der Klassenkonferenz sei es schade, dass diese sich mehr zu einer „Strafkonferenz“ entwickelt habe und nicht mehr den Zweck der allgemeinen Beratung über die Dinge in einer Klasse erfülle. Es sei aber sehr sinnvoll, dass Eltern und Schüler/innen hier mit einbezogen würden und ihre Blickwinkel der Konferenz darstellen könnten. Wir wechseln das Thema und ich frage ihn nach den beiden Projekten aus

der

jüngsten

Vergangenheit,

durch

die

die

Beteiligung

von

Schüler/innen gefördert werden sollte bzw. durch die sie sich gezeigt hat, Feedback und der Antrag eines Online-Vertretungsplans. Zunächst geht Hr. Becklas auf Feedback ein. Dieses Projekt sei aus einem pädagogischen Tag entstanden und es habe sich eine dauerhaft aktive AG gebildet. Die Schulleitung hatte hierbei eine passive Rolle, da die AG gut funktioniere und Impulse deshalb nicht nötig seien. Die AG habe sich vielmehr immer mehr zum Selbstläufer entwickelt, dies hänge aber auch mit den engagierten Personen zusammen, aus denen sich die AG derzeit

47

zusammensetze. Die Schulleitung sei angetan von dem Projekt und unterstütze es auch so weit wie möglich. Feedback werde immer wichtiger, weil sich die Lehrerin bzw. der Lehrer der Zukunft als Berater und Begleiter verstehen soll und deshalb auf ständige Rückmeldungen angewiesen sei. Auch Feedback stehe aber erst am Anfang und müsse sich

noch

weiterentwickeln.

Ich

frage

Lehrerkollegium-Schulleitungs-Feedback.

insbesondere

Herr

Becklas

nach

dem

findet

dies

spannend. Es habe sich aber auch gezeigt, dass der Umgang mit den Ergebnissen schwierig war und er zum Beispiel seine Ergebnisse erst nur engsten Vertrauenspersonen gezeigt habe. Später habe er aber zum Beispiel zum Gespräch über seine Ergebnisse eingeladen und dabei den statistischen Teil auch öffentlich ausgelegt, den Teil des Freitextes habe er aber weiterhin vertraulich behandelt, da dort teilweise sehr persönliche Dinge zu finden waren. Die Nachhaltigkeit sehe er nur teilweise gegeben, zwar habe er versucht, einzelne Dinge später zu verändern, man sei aber schnell wieder in den Alltag übergegangen. Da die

Fragebögen

teilweise

Schulleitungsmitglieder

sehr

unpassend

unspezifisch waren,

sei

bzw. es

für

für

einzelne

die

Zukunft

wünschenswert, dass die Schulleitung stärker bei der Entwicklung der Fragebögen zum Schulleitungsfeedback einbezogen werden würde. Bei

dem

Antrag

bzw.

der

vorhergegangenen

Petition

auf

einen

Online-Vertretungsplan hatte Herr Becklas den Eindruck, dass dies durchaus von Teilen des Kollegiums forciert wurde. Auch die Petition von über 600 Unterschriften hätte wenig Aussagekraft, da viele wohl einfach unterschrieben, weil man ihnen etwas zum Unterschreiben hingehalten hätte. Trotz allem war die Ablehnung der Schulleitung inhaltlicher Natur. Es sei auch korrekt, dass das Versprechen, welches auf der Gesamtkonferenz gegeben wurde, dass man weiter an einem gemeinsamen Konzept arbeiten werde, nicht gehalten wurde. Dies hänge damit

zusammen,

dass

sich

die

ablehnende

Haltung

zu

einem

Online-Vertretungsplan noch weiter gefestigt habe und kein Verfahren gefunden wurde, das die Bedenken ausgeräumt hätte. Ich frage Herrn Becklas, welche Entwicklungen er für die Zukunft sieht oder sich wünscht. Er macht deutlich, dass die Hauptverantwortung für 48

die Schule die Schulleitung habe und auch weiterhin behalte. Er halte es deshalb

für

wichtig

und

möchte

es

auch

fortführen,

dass

schulleitungsintern, sofern es möglich ist, ein Konsensprinzip herrsche und dass bei getroffenen Entscheidungen diese Einigkeit auch nach außen

transportiert

werde.

Wichtig

ist

ihm

eine

offene

Haltung

seinerseits für Vorschläge, zum Beispiel von den Fachsprechern. Die Möglichkeiten für Beteiligung am Goethe-Gymnasium schätzt er als gut ein. Basisdemokratie sei jedoch im System Schule unmöglich, auch die Wahl von Schulleitungsmitgliedern durch die Schulgemeinde lehnt er ab, weil es sonst zur Frontenbildung und Lobbyismus kommen könnte. Daher sei es besser, die Schulleiterposition nach einer objektiven Auslese von außen zu besetzen. Der Schulleiter trägt die Verantwortung für die Schule und müsse deshalb auch stets die letzte Instanz in der schulinternen Hierarchie sein. Damit dies funktioniere, müsse sich aber auch jeder Schulleiter als Dienstleister seiner Schule verstehen und sich nie von eventuellen persönlichen Verletzungen leiten lassen. Ich bedanke mich bei Herrn Becklas für das umfangreiche Interview.

49

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Hrn. Fohrmann, Vorsitzender des Personalrates am Goethe-Gymnasium Kassel autorisiert am 20. März 2013 Datum, Uhrzeit: Dienstag, 04. Dezember 2012, 13:30 Uhr – 14:45 Uhr Ort: Cafeteria des Goethe-Gymnasiums Kassel, Wimmelgebäude Inhalt: Ich eröffne das Gespräch und bedanke mich bei Hrn. Fohrmann, dass er sich die Zeit nimmt für dieses Interview. Die erste Frage ist die Frage nach dem Sinn und Zweck von Beteiligung in der Schule. Hr. Fohrmann ist der Überzeugung, dass durch die Beteiligung von verschiedenen Personengruppen in der Schule die Identifikation mit der Schule gestärkt wird, Entscheidungen auf eine höhere Akzeptanz treffen und die Motivation eines jeden Einzelnen, die Schule zu verbessern, steigt. In der Schule gebe es viele verschiedene Rollen und Positionen und jeder sollte sich wohl fühlen. Zwar sei Schule auf jeden Fall ein hierarchisches System, dies sei auch vollkommen in Ordnung, wichtig sei jedoch, dass es Möglichkeiten gebe, zu partizipieren, wenn man das wolle. Damit Beteiligung funktioniere, müsse aber auch der Wille zur Beteiligung gegeben sein. Damit dies der Fall ist und zum Beispiel Lehrer/innen auch die zusätzliche Pflicht und Verantwortung auf sich nehmen, müssten die äußeren Umstände den Lehrer/innen zeitliche Räume schaffe, um sich zu engagieren. In

der

schulinternen

Aufgabenverteilung

sieht

Hr.

Fohrmann

die

Schulleitung als Verwalter, auch von Missständen, die durch äußere Umstände gegeben wären, und die Schüler/innen als Produkt der Schule, welches im Zentrum stehen muss. Deshalb versuche man auch, jede/n Schüler/in so individuell wie möglich zu behandeln. Hierbei sei zum Beispiel kompetenzorientiertes Lernen ein erster Schritt. Ich frage, ob der Personalrat sich von der Schulleitung wahr- und ernst genommen

fühle.

Hr.

Fohrmann

meint,

dass

die

Schulleitung

den

Personalrat auf jeden Fall ernst nehme. Die Schulleitung arbeite konzeptorientiert,

kann

aber

nicht

jede

Einzelsituation

permanent

präsent haben. Der Personalrat sei aber dafür zuständig, dass alle die gleiche,

gerechte

Behandlung

erhalten. 50

In

den

monatlichen

gemeinsamen Sitzungen zwischen Personalrat und Schulleitung finde man aber auch bei Problemen oft kreative, gemeinsame Lösungen. Die Beteiligungsrechte des Personalrats seien auf jeden Fall gegeben. In der Zusammenarbeit

mit

der

Schulleitung

zeigen

sich

aber

auch

Veränderungen in den letzten Jahren. So hatte der alte Schulleiter, Herr Gries, den Anspruch, alles zu wissen, was in der Schule passiert. Die Schulleitung sei im Allgemeinen deutlich stärker auf seine Person als Leiter fixiert gewesen, als es derzeit der Fall ist. Herr Gries habe auch mehr Energie in die Umsetzung eigener Projekte gesteckt, Herr Becklas gebe eher denen, die gestalten wollen, Möglichkeiten zur Gestaltung, anstatt selbst Projekte zu initiieren. Herr Fohrmann zieht den Vergleich mit

aktuellen

Fußballtrainern,

die

auch

ihre

Führungskompetenzen

angepasst haben. Auch er als Vorsteher der Fachschaft Englisch verstehe sich als Teamvorsteher. Die Schulleitung reagiere aber auf Widerstand und sei bereit, Kompromisse zu finden. Man könne aber auch nicht alles ewig diskutieren und es sei verständlich, dass nicht jede Entscheidung im Konsens getroffen werde. Als Schulleiter sei man verpflichtet, in erster Linie auf die Qualität an der Schule zu achten und deshalb kann es sein, dass man auch mal unbequeme Entscheidungen treffen muss. Für

Beförderungen

habe

der

Personalrat

aber

beispielsweise

ein

Vorschlagsrecht. Die Schule muss aber von dem Schulleiter geführt werden, so wie eine Klasse

vom Klassenlehrer geführt werden sollte.

Am Beispiel einer Klasse zeige sich aber auch, dass man über einzelne Schüler/innen

einen

guten

Informationsstand

besitzen

muss.

Schüleranliegen müssen respektiert werden, man muss sich aber auch die Frage stellen, ob alle die Möglichkeit zur Beteiligung hatten oder ob das

Anliegen

eigentlich

Personalratsarbeit Entscheidungen

müsste

und

der

nur man Arbeit

von

wenigen

zwischen des

der

ausging.

In

der

Transparenz

der

Personalrates

sowie

der

Vertraulichkeit bestimmter Gespräche und Beratungen abwägen. So seien zum Beispiel Empfehlungen für Beförderungen immer vertraulich zu behandeln, da sonst nur Unstimmigkeit innerhalb des Kollegiums gefördert werde. Es sei auch klar, dass der Personalrat nicht jede 51

Entscheidung der Schulleitung teile und nachvollziehen könne, dies liege aber daran, dass der Personalrat nur eine Sichtweise der Dinge darstelle. Der Schulleiter muss dagegen das Gesamtbild vor Augen haben und nach diesem entscheiden. Ich frage Hr. Fohrmann nach der genauen Zusammensetzung des Personalrates. Er erläutert mir, dass der Personalrat derzeit aus 2 Mitgliedern

des

Philologenverbandes

und

3

Mitgliedern

der

GEW

bestehe. Diese seien per Listenwahl vom gesamten Lehrerkollegium gewählt worden. Innerhalb des Personalrates werden Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip getroffen. Es sei aber nicht so, dass es zur Frontenbildung zwischen den Vertretern beider Listen käme, vielmehr sei es meistens ein vertrauliches und konstruktives Miteinander. Hr. Fohrmann geht auch davon aus, dass sich die Lehrer/innen mehrheitlich vom Personalrat gut vertreten fühlen. Es sei aber auch klar, dass man nie alle zufrieden stellen könne. Herr Fohrmann geht davon aus, dass der Personalrat ein stärkeres Gewicht als andere Personengruppen beim Schulleiter habe. Eltern seien nur zu bestimmten Zeitpunkten in der Schule und kennen so viele Hintergründe nicht. Außerdem hätte der Personalrat verglichen mit den anderen Interessenvertretungen eine ungewöhnlich hohe Legitimation. Sowohl bei Schülern/innen als auch bei Eltern sei es oft der Fall, dass die Eltern- und Schülervertreter/innen denen, die sie vertreten sollen, gar nicht bekannt seien. Es sei aber auch verständlich, dass ein Schulleiter tendenziell eher die Sichtweise und Argumentation anderer Lehrer/innen nachvollziehe, da er derselben Profession angehört und sich deshalb ihnen näher fühle. Herr Fohrmann findet es richtig, dass die Schulkonferenz das höchste Entscheidungsgremium ist, hält es aber für falsch, wenn in diesem Gremium Beschlüsse breit ausdiskutiert oder verändert werden. Er ist der

Meinung,

dass

Gesamtkonferenz

die

Schulkonferenz,

verändert

zu

anstatt

beschließen,

Beschlüsse

diese

vielmehr

der bei

Ablehnung an die Gesamtkonferenz zurücküberweisen müsste und die Veränderungen dort erst erneut beschlossen werden müssten. Es sei

52

aber

gut,

dass

ein

gemeinsames

Gremium

aller

Personengruppen

Beschlüsse nochmals absichere und so eine Art Aufsichtsfunktion innehat. Die Vorgehensweise bei der G8/G9-Debatte hält Hr. Fohrmann für gut, da es auf Grund der Anwendung der Methode „Weltcafé“ die Möglichkeit zu einer breiten Diskussion in der Gesamtkonferenz gab und auch Eltern und Schüler/innen in diese Diskussion eingebunden waren. Verändert werden müsste nach Ansicht von Herr Fohrmann aber auf jeden Fall die Klassenkonferenz. Er ist der Meinung, dass nicht alle Lehrer/innen über die Probleme einzelner Schüler/innen Bescheid wissen müssten,

die

Klassenlehrer

Verantwortung liegen,

der

Kolleg/innen

Maßnahmen

Änderung

des

dann

„Anklagebank“.

werde

Es

und

ihre

ein

dies

erfordern.

aber

viel

eher

immenser

Effektivität

konzentriert

Absprache

könnte,

Schulgesetzes vermitteln

vielmehr

nach

ergreifen

Klassenkonferenzen aufgebracht

sollte

sei

mit

Eltern

und

würde

aber

eine

Die das

derzeitigen Gefühl

Zeitaufwand

fraglich.

beim

Die

für Strafe,

einer diese die

ausgesprochen wird, sollte stets der/die Schüler/in helfen. Deshalb sei es wichtig, dass man sich mit dem Grund für sein Vergehen beschäftige und echtes Interesse an dem/r

Schüler/in zeige. Die Strafe muss

deshalb gemäß dem Schulrecht verhältnismäßig sein. Das Gleiche gelte für Zeugniskonferenzen. Oft werden hier Probleme angesprochen, die viel eher hätten geklärt werden müssten. Auch die Reaktion auf solche Probleme erfordere Zeit, ein kurzes Anheben oder Absenken einer Note aus Gründen, die man kurz vor den Sommerferien erfährt, sei keine angemessene Reaktion. Ich erläutere kurz das Modell eines Rechtsausschusses, der aus Schüler/innen und Lehrer/innen und Lehrern besteht, so wie es ihn zum Beispiel an der Odenwaldschule gibt. Hr. Fohrmann glaubt, dass diese Ausschüsse funktionieren können, aber auch

sehr

anstrengend

sind.

Oft

merke

man

auch

an

solchen

Modellschulen, dass auf Grund der intensiven Arbeit die Trennung von Schule und Privatem schwierig sei. Wir wechseln das Thema und gehen nun auf das neu initiierte Feedbackmodell am Goethe-Gymnasium ein. Herr Fohrmann glaubt, dass

53

dies engagierten Einsatz in der Umsetzung erfordere und sich noch die konkrete Frage nach dem Sinn und der Nachhaltigkeit stelle. Er betont, dass bei wichtigen Problemen anders gehandelt werden müsse und dass in diesen Fällen ein einmal jährlich stattfindendes Feedback keine Lösung darstellen könne. Vielmehr müsse dann der direkte, sofortige Kontakt gesucht werden. Auch für Feedback brauche man aber Zeit, um es sinnvoll durchzuführen. Diese Zeit sei im Schulalltag schwer zu finden. Feedback biete die Chance auf Veränderung, wenn man diese aber auch wirklich umsetzen will, erfordere es ein hohes Maß an Konzentration und Ausdauer, um nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Zum Online-Vertretungsplan kann Hr. Fohrmann nicht viel sagen, hält es aber für fraglich, ob wirklich alle Schüler/innen hinter dem Projekt standen. Insbesondere die Petition sei nicht das Ergebnis einer breiten Diskussion, sondern eine Momentaufnahme. Als Veränderungen wünscht sich Hr. Fohrmann ein Klassenzimmerprinzip wie zum Beispiel in England. Dort habe jede/r Lehrer/in einen eigenen Raum und die Schüler/innen kommen zum/r Lehrer/in, nicht der/die Lehrer/in zum/r Schüler/in. Dies führe auch dazu, dass die Lehrperson viel mehr in der Schule arbeiten könne. Auch Ganztagsschule muss aber beendet sein, wenn die Unterrichtszeit aus ist. Die Schule solle stärker als Lernort begriffen werden und nicht das eigene Zuhause ersetzen. Im Allgemeinen wünsche er sich, dass man wieder mehr Zeit für seine Arbeit erhalte und insbesondere in der Oberstufe die Hälfte der Klausuren gestrichen werde, da Schüler/innen und Lehrer/innen derzeit gar nicht zur Ruhe kämen, sondern nur von einer Klausur zur nächsten hetzen. Die Ergebnisse der beiden Klausuren würden sich oft sehr ähneln und durch die Vielzahl an Klausuren würden diese von den Schülern/innen fast nie angemessen nachbereitet werden. Außerdem solle der kompetenzorientierte Unterricht verstärkt eingesetzt werden. Zum Abschluss berichtet Herr Fohrmann noch von seinen Erfahrungen aus England. Dort gebe es zwar auch eine Schülervertretung, dieser „student

council“

sei

aber

nicht

so

formal

eingerichtet

wie

in

Deutschland. Im Allgemeinen sei vieles in England nicht so starr 54

geregelt. Der Kontakt zu den Schülern/innen sei aber enger. Die Schulleitung habe in englischen Schulen mehr Macht. Das höchste Entscheidungsgremium an einer englischen Schule sei das „board of governors“, welches mit Lehrer/innenn und Eltern, aber zum Beispiel auch

mit

Vertretern

der

lokalen

Wirtschaft

oder

anderer

Interessenvertretungen, besetzt sei. Schülervertreter gebe es aber in diesem Gremium nicht.

55

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Fr. Barbara Otten, Schulelternbeiratsvorsitzende am Goethe-Gymnasium Kassel autorisiert am 29. Januar 2013 Datum, Uhrzeit: 21. Dezember 2012, 17:30 Uhr – 19:00 Uhr Ort: CoffeeStore in der Kölnischen Straße Inhalt: Ich eröffne das Gespräch, bedanke mich bei Fr. Otten, dass sie Zeit gefunden hat, und umreiße meine besondere Lernleistung und den Hintergrund

dieses

Interviews.

Wir

kommen

zunächst

auf

den

grundsätzlichen Sinn und Zweck von Elternarbeit in der Schule zu sprechen. Fr. Otten stellt dar, dass zum Beispiel durch die Teilnahme an Konferenzen Transparenz gegeben sei und der Elternbeirat mehr aus dem Alltagsgeschäft der Schule erfahre. Die Schulleitung würde den Elternbeirat auch fördern. Zwar gebe es keine regelmäßigen Gespräche zwischen Elternbeirat und Schulleitung, diese nehme aber zum Beispiel an den Sitzungen des Schulelternbeirats teil. Elternbeiratsarbeit leide aber an dem oft geringen Interesse der Eltern, sich zu engagieren, was sich

Fr.

Otten

mit

dem

zusätzlichen

Zeitaufwand

erklärt,

der

insbesondere für berufstätige Eltern eine große Hürde darstelle. Bereits bei der Wahl zum Klassenelternbeirat gebe es oft wenige Kandidaten. Sie selbst beschreibt die Arbeit als interessant, aber auch zeitaufwendig. Sie habe aber das Gefühl, dass die Elternarbeit ernst genommen wird und Interventionen, zum Beispiel durch den Klassenelternbeirat bei Problemen innerhalb der Klasse, auch wirklich Veränderungen bewirken. Angesprochen

auf

die

Tätigkeitsbereiche

als

Klassenelternbeirat

beschreibt Fr .Otten, dass es Kontakt zum Klassenlehrer gebe und dass problembezogene Gespräche mit Fachlehrern in der Vergangenheit durchaus erfolgreich waren und Konsequenzen auf Grundlage dieser Gespräche

gezogen

wurden.

Auch

bei

Wandertagen

gebe

es

Bestrebungen, dass der Klassenelternbeirat unterstützend tätig werde. Die Gesamtkonferenz bewertet Fr. Otten als nützliches Gremium, um Informationen als Schulelternbeirat zu bekommen und Transparenz zu schaffen. Sie gibt der Gesamtkonferenz aber eher eine informative Funktion

und

sieht

sie

weniger

als 56

Gremium,

in

dem

der

Schulelternbeirat Entscheidungen der Schule beeinflusst. Positiv sei ihr deshalb die Diskussion um G8/G9 aufgefallen, in der auf Grund der neuen Diskussionsform (Weltcafé) aktiv nach der Meinung der Eltern gefragt wurde. Die Art und Weise, wie die Eltern in das Feedbackprojekt einbezogen wurden sei bisher einzigartig. Auch die Aktivität der Eltern, die viele Verbesserungsvorschläge gaben und eine intensive Diskussion anregten, sei außergewöhnlich. Die Eltern haben hierbei gemerkt, dass sie tatsächlichen Einfluss auf das weitere Verfahren hätten und konnten sich deshalb auch für das Projekt begeistern. Auf die Frage, ob sie glaubt, dass die Eltern aktiver würden, wenn die Schulleitung zum Beispiel Angebote gebe, in denen Eltern fachspezifisch in die Schule kämen und gemäß ihrer Profession bestimmte Angebote für die Schüler/innen zur Verfügung stellen, antwortet Fr. Otten, dass sie dies für möglich halte. Als die Schulleitung aber zum Beispiel Elternunterstützung für die Cafeteria suchte, gab es sehr wenig Rücklauf. Als Veränderungen für die Zukunft wünscht sich Fr. Otten einen besseren

Informationsfluss

und

Beteiligungsmöglichkeiten für Eltern.

57

ein

wenig

mehr

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Zora Meckbach, stellvertretemde Schulsprecherin am Goethe-Gymnasium Kassel autorisiert am 17. Januar 2013 Datum, Uhrzeit: 23. Dezember 2012, 13:00 Uhr – 14:30 Uhr Ort: Wohnort von Zora Meckbach Inhalt: Ich eröffne das Gespräch, bedanke mich bei Zora, dass sie Zeit gefunden hat und umreiße meine besondere Lernleistung und den Hintergrund dieses Interviews. In meiner ersten Frage frage ich Zora nach dem Sinn und Zweck, den sie in der Beteiligung von verschiedenen Personengruppen in Entscheidungsprozessen in der Schule, insbesondere bezogen auf die Beteiligung von Schülern/innen, sieht. Zora meint, dass Beteiligung gerade in der Schule sehr wichtig sei, da die Schule für die Schüler/innen

gemacht

Schüler/innen

gerne

sei

zur

und

Schule

gewährleistet gehen.

Das

sein

sollte,

Verhältnis

dass

zwischen

Schülern/innen und Lehrern/innen verbessere sich außerdem, wenn diese merken,

dass

engagieren.

Schüler/innen

Grundsätzlich

bereit

beteiligen

sind,

sich

für

Schüler/innen

die

Schule

sich

gerne

zu und

möchten sich in Prozesse einbringen. Zora ist der Überzeugung, dass die Qualität von getroffenen Entscheidungen auch tatsächlich steigt, wenn Schüler/innen partizipiert haben. Auf die Frage, ob sie den Eindruck habe,

dass

die

Schulleitung

unterschiedlich

gewichte

bei

der

Einbeziehung verschiedener Personengruppen, antwortet Zora, dass sie glaubt, dass die Schulleitung die Stimme der Eltern ernster nehme als die der Schüler/innen. Dies hänge damit zusammen, dass Eltern mehr Macht haben als Schüler/innen, da sie, insbesondere bei den jüngeren Schülern/innen, Schüler/innen

zum

Beispiel

besuchen.

Im

entscheiden, Lehrerkollegium

welche sei

Schule

dagegen

die eine

Lagerbildung festzustellen, bestimmte Teile haben dabei mehr Einfluss und werden von der Schulleitung ernster genommen. Die Schüler/innen hätten aber am wenigsten Einfluss, die Eltern seien die Personengruppe mit der stärksten Stimme. Angesprochen auf die demokratischen Strukturen meint Zora, dass die Schulkonferenz als höchstes Gremium sinnvoll sei, da alle 3 Parteien 58

vertreten seien und gemeinsam an einem Tisch sitzen. Sie halte es allerdings für notwendig, dass die Schulkonferenz reformiert werde und alle Parteien mit gleichen Stimmanteilen in der Konferenz sitzen. Die Argumentation,

dass

die

Eltern

als

Repräsentanten

jüngerer

Schüler/innen, die ihren Willen noch nicht selbst artikulieren können, in der Konferenz sitzen, teilt sie nicht. Eltern hätten eigene Interessen und eigene Blickwinkel, die sich von denen der Schüler/innen unterscheiden. Die SV, also die Schüler/innen, kenne die Realität der Schüler/innen selbst am besten. Neben der Umgestaltung der Anteile sollten die Rechte

der

Beispielsweise

Schulkonferenz sollte

die

auch

noch

Entscheidung

ausgeweitet

über

die

werden.

Gestaltung

von

Wandertagen und Klassenfahrten nicht der Gesamtkonferenz, sondern der Schulkonferenz obliegen. Innerhalb der Klasse hänge es stark vom Lehrer ab, ob Schüler/innen die Möglichkeit bekommen, den Unterricht mitzugestalten und zu verändern, wenn ihnen Dinge negativ auffallen. Für Klassenkonferenzen wünscht sie sich, dass neben SV-Vertretern auch noch eine Mitschülerin bzw. ein Mitschüler als Vertrauensperson mitkommen kann. Sie habe aber keinerlei persönlichen Erfahrungen mit Klassenkonferenzen und könne deshalb auch nur eingeschränkt eine Meinung dazu abgeben. Feedback

sei

zwar

eine

gute

Methode,

um

den

Unterricht

zu

beeinflussen, werde aber nur teilweise von Lehrern durchgeführt. Auch die Auswertung sei stark lehrerabhängig, so dass es nur in Einzelfällen zu Verbesserungen kommt. Auf die Frage, ob sich die Schülervertretung von der Schulleitung bzw. der Lehrerschaft ernst genommen fühle, differenziert Zora zwischen verschiedenen Fällen. Das „Weltcafé“, welches für die Debatte zwischen G8 und G9 eingerichtet wurde, sei ein gutes Beispiel gewesen, in dem sich Schüler/innen einbringen konnten und auch wahrgenommen wurden. Auf der anderen Seite fühle man sich aber auch oft von der Schulleitung weniger ernst genommen. Viele Vorschläge würden abgelehnt werden und eine Kompromissfindung gestalte sich oft schwierig. Anders als für bestimmte Teile der Lehrerschaft sei der Einfluss auf die Schulleitung

59

sehr beschränkt. Aktiv fördere die Schulleitung der Schülervertretung nicht. Die aktive Seite

müsse

stets

die

SV

sein.

Ein

Beispiel

hierfür

sei

die

Schulinspektion, bei der sich die SV selbst ins Spiel bringen musste, damit sie wahrgenommen wurde. Es handele sich zwar hierbei nicht um Böswilligkeit auf Seiten der Schulleitung, aber um Fahrlässigkeit. Es bestehe

der

Wunsch

der

SV,

stärker

von

der

Schulleitung

wahrgenommen zu werden und als Ansprechpartner auch gesucht zu werden. Auch bei Projekten gebe es wenig Unterstützung. Oft sei diese zwar nicht notwendig, aber da auch Nachfragen fehlen, stellt sich die Frage nach dem Interesse der Schulleitung an Projekten der SV. Ich

frage

nach

ihrer

Sicht

auf

das

Projekt

des

„Online-Vertretungsplans“, wie mit diesem umgegangen worden sei, aber

auch

welche

Schlussfolgerungen

auf

Grund

dessen

gezogen

wurden. Zora macht deutlich, dass die SV hier von der Haltung der Schulleitung auf der Gesamtkonferenz enttäuscht gewesen sei, da diese sich

zunächst

gesperrt

Kompromissbereitschaft

habe gezeigt

und habe.

auch

keinen

Man

habe

Willen

zur

sich

die

Kompromissbereitschaft erkämpfen müssen, doch sei insbesondere in der Konferenz der Eindruck entstanden, dass die Schulleitung ihre Machtposition ausnutze, um die Lehrer zu beeinflussen. Nachdem am Ende der Konferenz die Schulleitung geäußert habe, dass sie weiter an einem gemeinsamen Konzept für einen Online-Vertretungsplan arbeiten werde, sei es enttäuschend gewesen, dass Anfang des Schuljahres die Reaktion des Schulleiters auf die Konstituierung einer Arbeitsgruppe, die Frage gewesen sei, ob man dieses Thema nicht „begraben“ möchte. Die SV habe sich davon aber nicht abschrecken lassen und sei nun alleine wieder aktiv geworden. Als Veränderungen für die Zukunft wünscht sich Zora einen besseren Informationsfluss und dass sich sowohl die Verbindung zwischen SV und Schulleitung, aber auch zwischen Schülern/innen und Lehrern/innen verbessert. Schön wäre außerdem, wenn die Schulleitung noch deutlich stärker

auf

die

Schüler/innen

zugeht

60

und

mehr

Interesse

und

Aufmerksamkeit zeigt.

61

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Frau Prof. Dr. Höhmann, kommissarische Schulleiterin an der Odenwaldschule Ober-Hambach (OSO) autorisiert am 14. März 2013 Datum, Uhrzeit: 10. Dezember 2012, 19:00 Uhr – 20:30 Uhr Ort: Konferenzraum der Schulleitung der Odenwaldschule Inhalt: Ich eröffne das Gespräch und bedanke mich bei Fr. Höhmann, dass sie sich die Zeit nimmt für dieses Interview. Die erste Frage ist die Frage nach dem Sinn und Zweck von Beteiligung in der Schule. Fr. Höhmann führt

aus,

dass

in

ihrer

Erfahrung

Beteiligung

immer

als

Qualitätsverbesserung herausgestellt hat. Durch die verschiedenen Perspektiven, die man durch die Beteiligung diverser Personengruppen erhält,

seien

Entscheidungen

deutlich

differenzierter

und

dadurch

qualitativ hochwertiger. Die Besonderheiten bei der Odenwaldschule seien

die

institutionell

festgeschriebenen,

starken

Mitbestimmungsrechte von Schüler/innen. Diese sind zum Beispiel in der schulinternen Konferenzordnung festgeschrieben. An Regelschulen seien die Beteiligungsmöglichkeiten für Schüler/innen über die in den Erlassen bzw. im Schulgesetz geregelte SV-Arbeit oft vom Schulleiter abhängig, an der Odenwaldschule sei es möglich, dass die Schüler/innen großen Einfluss nehmen können. Beispielsweise sitzen in den sogenannten pädagogischen Konferenzen, die den Klassenkonferenzen in staatlichen Schulen entsprechen, als stimmberechtigte

Mitglieder

die

Mitglieder

des

Rechtsausschusses,

unter denen 4 Schüler/innen sind, und als beratende Mitglieder die Mitglieder des Vertrauensausschusses, der ebenfalls 4 Schüler/innen umfasst. In der allgemeinen Konferenz, die der Gesamtkonferenz an staatlichen Schulen entspricht, sitzen sogar bis zu 18 Schüler/innen. Diese große Zahl an Schüler/innen führe automatisch dazu, dass sich die Schüler/innen auch Gehör verschaffen und durch ihre Stimme und ihre Äußerungen Entscheidungen intensiv beeinflussen, Projekte gestalten und Initiativen einbringen können. Auch der pädagogische Tag finde zusammen

mit

Schülervertretern

statt. 62

Insgesamt

gehe

die

Schülerbeteiligung also sehr weit. Ihrer Erfahrung nach sei dies auch keine zu große Belastung oder Überforderung der Schüler/innen. Diese äußern sich in ihren Stellungnahmen in Konferenzen und Ausschüssen differenziert und wägen verschiedene Positionen ab. Dadurch dass Schüler/innen die Möglichkeit bekommen, schneller Kritik zu äußern bzw. den Prozess der Entscheidungsfindung insgesamt stärker begleiten und beeinflussen, sei die Akzeptanz der gefällten Entscheidungen bei den Schüler/innen verhältnismäßig hoch. Auf die Frage inwieweit sie in ihrer Position als Schulleiterin die Meinungen

unterschiedlicher

Interessengruppen

unterschiedlich

gewichte, antwortet Fr. Höhmann, dass zwischen Schüler/innen und Lehrer/innenn keine unterschiedliche Gewichtung stattfinde. Auf Grund der Internatssituation, seien aber die Eltern deutlich weniger in den Schulalltag integriert als an Regelschulen. Trotzdem findet mindestens einmal

im

Monat

ein

Treffen

zwischen

Schulleitung

und

Elternbeiratsvorsitzenden statt. Auch projektbezogen werden Eltern immer wieder eingeladen, um gemeinsame Projekte mit Schüler/innen und Eltern durchzuführen. Ein Beispiel sei das Plätzchenbacken in der Weihnachtszeit. Es sei aber eine Eigenschaft eines Internats, dass auch Erziehungsverantwortung der Eltern übernommen werde. Bezüglich der demokratischen

Strukturen

in

der

Odenwaldschule

erläutert

Fr.

Höhmann, dass eine sehr große Transparenz an der Odenwaldschule herrsche.

Abgesehen

von

Personalangelegenheiten,

bei

denen

Schüler/innen aus Datenschutzgründen nicht anwesend sein dürfen, abgesehen von den Mitgliedern des Rechtsausschusses, da diese über 18 sind und eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschrieben haben, werden

Schüler/innen

Odenwaldschule

eigentlich

unterrichtet

über

und

alle

können

Vorkommnisse Stellung

an

der

nehmen.

Die

Schüler/innen haben hier, beispielsweise in der Neubesetzung der Schulleiterposition, bewiesen.

Die

eine

sehr

Schüler/innen

ausgeprägte hatten

intuitive

Wahrnehmung

dementsprechend

bei

der

Schulleiterauswahl ebenso eine starke Stimme wie die Mitarbeiter/innen der zentralen Einrichtungen und die Lehrer/innen. Ansonsten seien die Schüler/innen eigentlich nur bei Sitzungen des therapeutischen Teams, 63

oder wenn zum Beispiel in einer Konferenz medizinische Gutachten behandelt werden, und bei den Sitzungen des Schulleitungsteams nicht beteiligt. Als Beispiele für schulweite demokratische Strukturen nennt Fr. Höhmann die allgemeine Konferenz, die aus etwa 15 Schüler/innen, 40 Lehrer/innenn und 10 nicht-pädagogischen Mitarbeiten bestehe. Ein Großteil der Projekte und Ideen werde aber in Ausschüssen vorbereitet und besprochen. Da auch in den Ausschüssen Schüler/innen beteiligt sind, führe dies zu einem ständigen konstruktiven Miteinander in der Arbeit von Schüler/innen und Lehrer/innenn auch bei Konflikten, ein unproduktives

Gegeneinander

sei

nur

bei

sehr

wenigen

Themen

festzustellen. Bezogen auf den Unterricht haben die Schüler/innen einen relativ großen Einfluss,

diesen

auch

mitzugestalten,

sie

können

Projektideen

einbringen, oder eigene Unterrichtseinheiten vorschlagen. Im Moment werde auch Feedback flächendeckend als Instrument eingeführt. Hierbei wird auf „emu“ (Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung) zurückgegriffen. Im Bereich des systematischen, schulweit verbindlichen Feedbacks befinde man sich allerdings noch im Anfangsstadium. Ein Beispiel für ein besonderes Projekt, welches gemeinsam von Schüler/innen und Lehrer/innenn vorangetrieben und umgesetzt wurde, sei das Baumhaus. Hierbei ging es um einen Neubau, für den eigentlich ein Baum hätte gefällt werden müssen. Da aber weder Lehrer/innen noch Schüler/innen dies wollten, setzte man sich zusammen und der Architekt zeichnete gemeinsam mit den Schüler/innen den Grundriss eines Haus, welcher Rücksicht auf den Baum nimmt, in dem es um den Baum herumgebaut wurden ist. Tatsächlich konnte so auch dessen Fällung verhindert werden. Auch die Sporthalle wurde gemeinsam mit dem Architekten von Schüler/innen und Lehrer/innenn entwickelt. Frontenbildung gebe es nur beim Thema Alkohol und Drogen. Hierbei sei ein geschichtlicher Lernprozess bei Schulleitung und Kollegium zu beobachten,

der

die,

sich

von

der

früheren

Haltung

deutlich

unterscheidende, heutige Null-Toleranz-Haltung bzgl. Drogen erklärt.

64

Schulleitung, aber auch Lehrerkollegium hätten hierbei eine deutlich konservativere Haltung als die Schüler/innen. Bezogen auf die jeweilige „Macht“ der Personengruppen ist noch erwähnenswert,

dass

die

Schulleitung

eine

Art

aufschiebendes

Veto-Recht besitzt: Wenn die allgemeine Konferenz einen Beschluss gegen den Willen der Schulleitung fällt, kann diese ein Veto einlegen, welches dazu führt, dass sich die allgemeine Konferenz in einer erneuten Sitzung nochmal mit dem Thema beschäftigen muss. Frau

Höhmann

hält

es

für

richtig,

dass

in

Klassenkonferenzen

Schüler/innen als Mitglieder von Ausschüssen mit Regeln und Verfahren beteiligt

sind,

nämlich

durch

die

Vertreter

des

Rechts-

und

Vertrauensausschusses. Wenn Schüler/innen sich gegenseitig bestrafen sollen, kommt es oft zu übertriebener Härte. Die Rollenunterschiede, die faktisch zwischen Schüler/innen und erwachsenen Personen bestehen, sollten nicht negiert werden, vielmehr müssten die Schüler/innen in diesem Punkt Entlastung erfahren. Auch das ist ein Lernprozess, den die Odenwaldschule in den letzten Jahren durchlaufen hat. Da in einer Klassenkonferenz aber das Klassenteam, der Klassenlehrer bzw. die Klassenlehrerin, das Familienoberhaupt (die Internatswohngrupenleitung), Schul- und Internatsleitung, Vertrauens- und Rechtsausschuss sitzen, seien die verschiedenen Perspektiven gut gewahrt. Die Lehrer/innen haben, auch auf Grund des Internatslebens, eine besondere Vorbildfunktion. Die Klassenkonferenz bemühe sich aber, immer Lösungen im Interesse aller Beteiligten zu beschließen. Deshalb wird zum Beispiel bei öffentlichen Konflikten auch auf eine öffentliche Entschuldigung hingearbeitet. Als Veränderungen an der Odenwaldschule wünscht sich Fr. Höhmann eine weitere Verbesserung des Informationsflusses, wenn es zum Beispiel um Einladungen und Tagesordnungen geht. Aus diesem Grund werde auch im Moment an der Verwaltungsstruktur gearbeitet, um diese effizienter

zu

gestalten.

Außerdem

muss

die

Wertschätzung

für

demokratische Strukturen weiter reifen. Engagement, das bei einigen Beteiligten, insbesondere bestimmten Gruppen von Schüler/innen, an 65

der Schule gar nicht vorhanden sei, muss geweckt werden und man muss

akzeptieren,

dass

demokratische

Systeme

nun

einmal

anstrengender als autokratische Systeme seien. Zum Abschluss weist Fr. Höhmann auf meine Nachfrage auch darauf hin, dass in der Odenwaldschule Schüler/innen aus allen gesellschaftlichen Schichten seien. 1/3 der Schüler/innen bekäme Unterstützung von Seiten

der

Schüler/innen

Jugendhilfe,

1/3

der

Schülerschaft

seien

volljährige

und 1/3 der Schülerschaft seien Mädchen. Diese Drittel

sind natürlich nicht zusammenzuzählen. Ich bedanke mich bei Fr. Höhmann für dieses Interview.

66

Gedächtnisprotokoll: Interview mit Herrn Matthias Fechner, Vertrauenslehrer und Mitglied des Rechtsausschusses an der Odenwaldschule Ober-Hambach (OSO) autorisiert am 29. Januar 2013 Ort: Konferenzraum der Odenwaldschule Datum, Uhrzeit: 12. Dezember 2012, 11:30 Uhr – 12:45 Uhr Inhalt: Ich eröffne das Gespräch, bedanke mich bei Hrn. Fechner, dass er Zeit gefunden hat und umreiße meine besondere Lernleistung und den Hintergrund dieses Interviews. Ich erläutere, dass es vor allen Dingen darum geht, festzustellen, welche demokratischen Elemente sich von Modellschulen auf Regelschulen übertragen lassen. Hr. Fechner erläutert, dass er es für fraglich hält, inwieweit sich Institutionen wie das Schulparlament, die gut in kleinen Schulen funktionieren können, auf große Schulen mit über tausend Schüler/innen übertragen lassen. Bei solch großen Schulen bestehe, anders als bei der Odenwaldschule, nicht mehr die direkte Nähe zwischen Parlamentariern und Schüler/innen und ein sehr kleiner Teil von Schüler/innen müsste die ungleich größere Menge von Schüler/innen repräsentieren. Bei der Odenwaldschule sei es dagegen so, dass auf etwa 180 Schüler/innen 20-30 Parlamentarier kommen, also ein prozentual deutlich höherer Anteil von Schüler/innen auch im Parlament vertreten ist, als das bei Regelschulen der Fall wäre. Durch die Größe der Odenwaldschule und ihren Internatscharakter sei eine ständige Kommunikation und ein Informationsfluss gegeben, was bei staatlichen Schulen nicht der Fall wäre. Die Odenwaldschule sei eine Art eigener Staat, welcher auch mit vollkommen anderen Problemen zu kämpfen, aber auch vollkommen andere Gestaltungsmöglichkeiten habe. Ich frage nach dem Rechtsausschuss, seinen genauen Aufgaben und seinem Sinn. Herr Fechner erklärt, dass der Rechtsausschuss sich hauptsächlich mit Problemen außerhalb des Unterrichtes beschäftige, also mit Problemen, die an Regelschulen, die keine Internate sind, gar nicht in den Aufgabenbereich der Schule fallen. Der Rechtsausschuss übernehme Aufgaben, die normalerweise von der Polizei ausgeführt werden würden. Diese seien aber nicht exekutiver Natur, es gehe vielmehr um Ermittlungsarbeit. Schwere Rechtsvergehen gehen jedoch 67

direkt an den Internatsleiter, der sie nach Prüfung an die Polizei weiterleiten soll. Auch bei sexuellen Vergehen wenden sich Schüler eher an

den

Vertrauensausschuss,

außerhalb

der

Schule

oder

die

den

Internatsleiter,

Polizei.

Die

Einrichtungen

Entscheidungen

über

Sanktionen werden allerdings nicht vom Rechtsausschuss, sondern von der Klassenkonferenz getroffen. Der Rechtsausschuss stimme zwar mit ab, ist aber nicht entscheidend. Trotzdem sei er notwendig, da er eine Schnittmenge

zwischen

Schüler/innen

und

Lehrer/innenn

darstellt.

Insbesondere die Schüler/innen seien viel besser untereinander vernetzt, so dass man auf diesem Wege an Informationen und Hintergründe gelange, die einem sonst als Lehrerin bzw. Lehrer verschlossen blieben. An Regelschulen hätte ein solcher Rechtsausschuss eine deutlich schwächere Position, da seine Kompetenzen, auf Grund der geringeren Kompetenzen der Schulen im Allgemeinen, deutlich weniger weitgehend wären. Auch könnte er in seiner Arbeit bei weitem nicht so flexibel reagieren, wie das im Internat der Fall ist. Spontane Sitzungen oder die große Nähe seien nicht gegeben und würden die Arbeit deutlich erschweren. Die

Frage,

ob

es

eine

Frontenbildung

zwischen

den

einzelnen

Personengruppen an der Odenwaldschule gebe, verneint Herr Fechner deutlich. Zwar sei letztendlich der Wille der Lehrerschaft entscheidend, es sei aber nie ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander in der Arbeit in Konferenzen. Auf die Frage, ob die Schulleitung auch Entscheidungen gegen den Willen der Schüler/innen durchsetzt, antwortet er, dass es tendenziell so sei, dass die Schulleitung oft die etwas liberale Haltung der Schüler/innen in Konferenzen teile und eher das Kollegium ein wenig strenger sei. Dies begründe sich unter anderem in dem gemeinsamen Leben in einem Internat, in dem zum Beispiel einer vorbildliche Haltung der älteren Schüler/innen erwartet werde. Auch in der allgemeinen Konferenz gebe es keine Frontenbildung. Die stärkere Möglichkeit der Partizipation

der

Schüler/innen

habe

er

stets

als

Bereicherung

empfunden. Auffallend sei hierbei, dass die Schüler/innen in den meisten Fällen sehr differenziert argumentieren und mehrere Seiten abwägen. Bezogen auf den Unterricht und die Möglichkeit der Schüler/innen, den 68

Unterrichtsverlauf zu beeinflussen, antwortet Hr. Fechner, dass er nicht davon

ausgehe,

dass

es

stärkere

Partizipationsmöglichkeiten

für

Schüler/innen gebe als an anderen Schulen. Auf die Frage, ob er denn glaube, dass es Personengruppen gebe, die sich nicht ausreichend repräsentiert oder beteiligt fühlen, erwidert Hr. Fechner, dass es problematisch sei, dass neue Schüler/innen zu Beginn oft nicht die demokratischen Strukturen an der Odenwaldschule kennen und deshalb die Gefahr bestehe, dass diese in Entscheidungsfindungsprozessen übergangen werden. Grundsätzlich sei die Bekanntheit des Parlamentes und auch des Rechtsausschusses unter den Schüler/innen aber groß. Etwas geringer sei leider die Bekanntheit des Vertrauensausschusses. Innerhalb der Odenwaldschule käme es auch nicht zu Machtkämpfen von einzelnen Gruppen, die starke Beteiligung von allen Personengruppen führe

zum

einen

zu

einem

größeren

Verständnis

von

sachlichen

Begründungen auf Schülerseite, zum anderen auch zu einer höheren Akzeptanz von solchen Entscheidungen. Ich frage ihn nach möglichen Gründen für die geringe Wahlbeteiligung der Odenwaldschüler bei den Parlamentswahlen. Er findet diese nicht überraschend und begründet sie damit, dass Schüler/innen oft nur für wenige Jahre an die Schule kommen, bei dem Beginn ihrer Schullaufbahn an der Odenwaldschule aber mit anderen Sorgen aus ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben, wie schwierige Elternhäuser, Drogenprobleme und Ähnliches. Um sich aber aktiv zu engagieren oder auch nur für Wahlen und Möglichkeiten der Beteiligung einzusetzen, benötige man einen klaren Kopf, der nicht von anderen, schwereren Problemen abgelenkt werde. Es gebe aber trotzdem eine hohe Identifikation der Schüler/innen mit der Schule, da sie für viele auch ein vorher nicht gekannter Schutzraum werde. Auf

die

Frage,

ob

die

Schüler/innen

denn

ihr

Mehr

an

Partizipationsmöglichkeiten, ihr Mehr an Macht zu schätzen wüssten, antwortet Hr. Fechner, dass das auf jeden Fall so sei. Schüler/innen würden

außerdem

ihre

Partizipationsmöglichkeiten

sehr

effektiv

schützen. Er betont aber auch, dass keine Personengruppe an der Odenwaldschule Machtteilung

so

Schule groß,

alleinige dass

Macht

keine

habe.

Vielmehr

Personengruppe 69

sei

die

Alleingänge

durchsetzen

könnte,

sondern

immer

auf

breitere

Zustimmung

angewiesen sei. Dies gelte selbst für die Schulleitung. Auf die Frage, ob er es für richtig hält, dass in den Klassenkonferenzen die Schüler/innen zwar durch die Mitglieder des Rechtsausschusses vertreten sind, bei weitem aber nicht mit der starken Stimme, die sie in anderen Konferenzen oder Ausschüssen haben, antwortet Hr. Fechner, dass er dies für richtig hält, weil wegweisende Beschlüsse für den/die jeweilige/n Schüler/in getroffen werden. Er sieht außerdem die Gefahr einer

Überforderung

der

Schüler/innen,

wenn

diese

über

ihre

gegenseitige Zukunft entscheiden müssen. Als Veränderungen an der Schule wünscht sich Hr. Fechner eine noch stärkere

Transparenz

von

Entscheidungen

und

eine

weitere

Verbesserung des Informationsflusses. Diese sei zwar bereits sehr gut, aber noch nicht perfekt. Ich danke Herrn Fechner für das Gespräch und wünsche ihm weiterhin viel Erfolg bei der Arbeit an der Odenwaldschule.

70

Gedächtnisprotokoll: Gespräch mit diversen Vertretern des Parlaments (unter anderem den drei Präsidenten) an der Odenwaldschule Ober-Hambach (OSO) autorisiert am 21. Februar 2013 Datum, Uhrzeit: 10. Dezember 2012, 15:00 Uhr – 16:15 Uhr Ort: Konferenzraum der Odenwaldschule Inhalt: Ich eröffne das Gespräch, bedanke mich bei den Parlamentariern, dass sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen und umreiße meine besondere Lernleistung sowie den Hintergrund dieses Gesprächs. Im Vorfeld des gemeinsamen

Gesprächs

mit

den

Parlamentariern

hatte

ich

die

Möglichkeit, an einer Parlamentssitzung teilzunehmen, und nehme nun Bezug auf einzelne Dinge, die mir aufgefallen sind. Zunächst sind mir die Berichte aus den Ausschüssen aufgefallen und ich frage nach, was es mit diesen konkret auf sich hat. Mir wird erläutert, dass ein Großteil der parlamentarischen Arbeit in Ausschüssen stattfinde, die gemeinsam aus Lehrern/innen

und

Schülern/innen

gebildet

würden,

in

denen

Entscheidungsfindungsprozesse stattfinden und dementsprechend auch viele Diskussionen inhaltlicher Natur geführt werden. Die Vertreter für sämtliche Ausschüsse würden vom Parlament gewählt werden, wählbar sind

ausschließlich

Parlamentarier.

Finanzieren

würden

sich

die

Aktivitäten und Projekte des Parlaments durch einen Sozialfond, in den jeder Schüler monatlich 1,50 € einzahlt. Das Parlament kann aus den Geldern

dieses

Sozialfonds

dann

die

Übernahme

diverser

Kosten

beschließen, diese benötigen aber immer eine 2/3- Mehrheit. Das Parlament setzt sich zusammen aus 10 Parlamentariern, die über Listen gewählt werden, und jeweils einen Parlamentarier pro Familie. Da die Anzahl an Familien an der OSO variiere, variiere auch die Größe des Parlaments geringfügig. Es sei hierbei auffallend, dass sehr wenige Unter- und Mittelstüfler sich für Parlamentsposten bewerben und die Wahlbeteiligung im Allgemeinen eher gering sei, oft geschehen die Wahlen aber auch unter hohem Zeitdruck und sind mit relativ großen Aufwand verbunden. Auch in der Oberstufe engagiert sich nur etwa die Hälfte der Schüler, viele übernehmen aber so viel Verantwortung, dass 71

sie mehrere Posten besetzen. Die Schüler haben die Möglichkeit, beim gemeinsamen

Familienfrühstück

die

von

ihrer

Familie

entsendeten

Parlamentarier nach neuen Informationen zu fragen. Besonders wichtige Dinge werden bei den Mahlzeiten aber auch noch extra von den Präsidenten des Parlaments verkündet. Das Parlament führt außerdem Parlamentswochenenden durch, an denen inhaltlich gearbeitet wird und sich Ziele und Projekte für das kommende Schuljahr gesetzt werden. Meist werden Entscheidungen des Parlaments auch von den anderen Gremien,

wie

der

allgemeinen

Konferenz

oder

dem

Trägerverein,

mitgetragen. Die Beteiligungsrechte in der allgemeinen Konferenz sind relativ hoch. 15 Schüler sowie die drei Parlamentspräsidenten sind stimmberechtigt.

Auch

die

vom

Parlament

entwickelten

Konzepte

werden meist von der allgemeinen Konferenz positiv aufgenommen. Ein Beispiel

für

einen

Konfliktfall

sei

die

geplante

Abschaffung

des

Veto-Rechts des Parlaments gewesen. Das Parlament habe daraufhin eine Demonstration aller Schüler organisiert, die zur Folge hatte, dass die geplante Abschaffung nicht durchgeführt wurde, so dass das Schülerparlament wie die Schulleitung ein aufschiebendes Veto-Recht hat, welches die allgemeine Konferenz zwingen kann, Beschlüsse erneut zu behandeln und ggf. erneut zu fassen. In der Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat gebe es einzelne Treffen zwischen den Präsidenten des Parlament, die aber auch bei allen Elternbeiratssitzungen anwesend sind. Es besteht außerdem aktiver Email-Kontakt. Ich spreche das Parlament auf mögliche Gründe für die geringe Wahlbeteiligung und dem geringen Interesse insbesondere jüngerer Schüler/innen am Parlament an. Diverse Gründe werden mir genannt: •

Identifikationsproblem

mit

dem

Parlament/

der

OSO

im

Allgemeinen •

„Arbeit bringt nichts“-Einstellung vieler Schüler/innen bzgl. des Parlaments

72



Angst vor Verantwortung



ein „verdrehtes Weltbild“ → Entscheidungen seien oft komplexer, als

es

von

außen

aussieht.

Kompromisse

müssen

gefunden

werden. Veränderungen brauchen Zeit, gehen nicht von heute auf morgen.

Das Parlament versucht die Probleme und Ansichten zu bekämpfen, indem

es

zum

Beispiel

Transparenz

schaffe.

Alle

Sitzungen

sind

grundsätzlich öffentlich. Die Präsidenten seien auch dem größten Teil der Schulgemeinde bekannt. Bei Unzufriedenheit gebe es außerdem die Möglichkeit

für

Misstrauensvoten.

Diese

werde

auch

gelegentlich

genutzt. Es sei aber auch eine Spaltung zwischen Externen und Internen zu beobachten, da sich Externe kaum engagieren. So gibt es zum Beispiel Sitze im Parlament, die für Externe reserviert sind und nicht besetzt wurden, da sich keine Externe finden, die diese Möglichkeit zur Partizipation nutzen wollen. Im Anschluss an das Gespräch bekomme ich noch zwei Fragebögen von einem Abiturienten der OSO überreicht, der eine Facharbeit schreibt, in der er sich mit der Fragestellung beschäftigt, ob es an der OSO ein demokratisches System gebe (befinden sich im Anhang).

Nachtrag vom 30. Januar 2013: Bei

der

Autorisierung

des

Protokolls

hat

sich

erfreulicherweise

herausgestellt, dass inzwischen wieder mehr Externe zur Mitarbeit motiviert werden konnten und die Sitze der Externen im Parlament nun besetzt sind.

73

Fotos von der Odenwaldschule

Wurden aus der Internetfassung aus Datenschutzgründen entfernt.

74

Artikel im Newsletter der Odenwaldschule über meinen Besuch:

75

Selbstständigkeitserklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt anderen Quellen entnommen wurden, mit genauen Quellenangaben kenntlich gemacht habe.

Ort, Datum

Erik Tuchtfeld

76