Das Geheimnis der Wirklichkeit

Kurt Hübner zum 90. Geburtstag

Bearbeitet von Stefan Ahrens, Thomas Bargatzky, Klaus Berger, Dieter Borchmeyer, Monika Fick, Rüdiger Görner, Gerd G. Grau, Stephan Grätzel, Antonia Groll, Markus von Hänsel-Hohenhausen, Volker Kapp, Ilya (Ilia) Kasavin (Kassavine), Friedrich Wilhelm Korff, Alexei N. Krouglov, Hans Lenk, Hermann Lübbe, Katharina Mommsen, Wolfgang W. Müller, Toshiro Nakasai, Teodor Iljitsch Oiserman, Uwe Henrik Peters, Otto Pöggeler, Caterina Salabè, Werner Theobald, Ludvik E. Václavek, Ruprecht Wimmer, Alois Wolf, Herbert Zeman

1. Auflage 2011. Buch. 456 S. Hardcover ISBN 978 3 495 48474 6 Format (B x L): 13,9 x 21,4 cm Gewicht: 641 g

Weitere Fachgebiete > Philosophie, Wissenschaftstheorie, Informationswissenschaft > Philosophie: Allgemeines > Westliche Philosophie: 20./21. Jahrhundert

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Volker Kapp / Werner Theobald (Hg.) Das Geheimnis der Wirklichkeit

VERLAG KARL ALBER

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Volker Kapp Werner Theobald (Hg.)

Das Geheimnis der Wirklichkeit Kurt Hübner zum 90. Geburtstag

Verlag Karl Alber Freiburg / München

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Gedruckt mit Unterstützung des Präsidenten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Originalausgabe © VERLAG KARL ALBER in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011 Alle Rechte vorbehalten www.verlag-alber.de Satz: SatzWeise, Föhren Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei) Printed on acid-free paper Printed in Germany ISBN 978-3-495-48474-6

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Inhalt

Volker Kapp / Werner Theobald Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

1. Glaube und Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Hans Lenk Anthropologisches zu Glaube und Denken. Zu Kurt Hübners Beitrag im Konzert einiger theologischer Denker

15

Gerd-Günther Grau Von der absoluten Religion zu einer skeptischen Religiosität. Kierkegaard – Nietzsche – Kant . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Monika Fick Mehrheit der Welten, Vielfalt der Kulturen und der eine Gott? Lessing, Leibniz und die »anthropozentrische Wende« . . . . . .

49

Hermann Lübbe Freiheit und Pluralisierung der Religion. Kulturelle und rechtsphilosophische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . .

72

Stefan Ahrens »Drei Wellen der Modernität« und »Drei Wellen der Enthellenisierung« – Anmerkungen zur Modernekritik von Leo Strauss und Joseph Ratzinger . . . . . . . . . . . . . . . .

90

Klaus Berger Die Folgen des 2. Vaticanums für die Exegese

. . . . . . . . . . 104 5

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Inhalt

2. Glaube und Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Wolfgang W. Müller Gedanken zu einer geistigen Verwandtschaft. Oder: Was haben Kurt Hübner und Hans Urs von Balthasar gemeinsam?

115

Ruprecht Wimmer Einer der »drei Gewaltigen«. Die Gestalt Luthers im Spätwerk Thomas Manns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

130

Dieter Borchmeyer Thomas Mann und der Papst

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Ludvik E. Václavek Bertha von Suttner und ihr Pazifismus . . . . . . . . . . . . . .

158

3. Religion – Mythos – Kunst . . . . . . . . . . . . . . . 163 Katharina Mommsen Zu einem Altersspruch Goethes über Wissenschaft, Kunst und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165

Stephan Grätzel Daseinsschuld und Versöhnung . . . . . . . . . . . . . . . . .

183

Thomas Bargatzky ›Wir haben keine Religion, wir haben den Tenno‹. Über Mythos, Religion und ›Religion‹ . . . . . . . . . . . . . .

195

Rüdiger Görner Mythos und Musik. Versuch einer Verhältnisbestimmung . . . . .

211

Antonia Groll Wissenschaft, Religion, Mythos: Wirklichkeitsdimensionen bei Kurt Hübner und die Erfahrung »absoluter« Wahrheit . . . . . .

220

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Inhalt

Herbert Zeman Die gläubige Schau des Künstlers – Franz Schmidts (1874–1939) Vollendung . . . . . . . . . . . . .

234

4. Literatur – Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Alois Wolf La douce France – Grundlage und Entfaltungsraum neuer literarischer »Wirklichkeiten« im Mittelalter . . . . . . . . . . . Caterina Salabè Memoria e oblio alle origini della letteratura europea

253

. . . . . . 292

Volker Kapp Zwei Seiten des Napoleon-Mythos: Chateaubriand und Stendhal als Deuter Napoleons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

305

Friedrich Wilhelm Korff Geheimnis der Nacht. Gedanken zu Vergils »Landmann im Winter« 325

5. Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Otto Pöggeler Geschichte – Philosophie – Dogmatik . . . . . . . . . . . . . .

331

Theodor Oizerman Über den Sinn der Frage »Was ist Philosophie?« . . . . . . . . .

337

Ilya Kasavin Das historische apriori als erkenntnistheoretisches Problem . . .

346

Alexei N. Krouglov Leo Tolstoi und die Syllogistik. Die Logik Kiesewetters in der Erzählung Der Tod des Iwan Ilijtsch . . . . . . . . . . . . . . . .

356

7

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Inhalt

Nobert Hinske Noch einmal abseits der Trampelpfade

. . . . . . . . . . . . . 369

6. Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Toshiro Nakasai Folk Psychology and the Problem of Other Minds . . . . . . . .

377

Uwe Henrik Peters Gedanken zur Wirklichkeit psychischer Krankheit und über Beziehungen zur Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . .

390

Werner Theobald Menschenbild und Menschenwürde als Grundprobleme der Bioethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

402

Markus von Hänsel-Hohenhausen Vom Elektron zur Heiligen Dreifaltigkeit Gottes. Die Einheitlichkeit der einursächlichen dualen Welt in der Drei-Säulen-Analogie von Axiom und Dogma und die Katholizität des Wissbaren – Gotteserweis . . . . . . . . . . .

410

Verzeichnis der Veröffentlichungen von Kurt Hübner 1953–2011 .

433

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

»Kurt Hübner«, schrieb Dieter Borchmeyer einmal über seinen Freund, »ist 1921 in Prag geboren, und selten ist ein Philosoph derart durch die Stätte seiner Geburt – durch die einzigartige intellektuelle und ästhetische Vielfalt dieser Stadt am Beginn des vorigen Jahrhunderts – geprägt worden wie er.« Der Philosoph gilt ihm als »einer der letzten Universalisten der Philosophie und Wissenschaftstheorie, der mit gleicher Kompetenz über Natur- und Kunstwissenschaften, Einstein wie Goethe, das mosaische Gesetz wie die Genom-Entzifferung zu urteilen vermag« (DIE ZEIT 46/2001). In der Tat: Die Breite und Tiefe des Hübnerschen Œuvres stehen relativ einzigartig da in einer immer mehr an Spezialisierung und thematischen Verengung ausgerichteten Philosophie, und Kurt Hübner selbst gilt daher (zu Recht) als einer der renommiertesten deutschen Philosophen der Gegenwart – nicht nur national, sondern auch international. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt (u. a. ins Englische, Italienische, Spanische, Japanische und Russische) und zählen – nicht zuletzt, weil sie weit über die Philosophie als Disziplin hinaus wirkten – zu den »bedeutenden denkerischen Entwürfen unserer Zeit« (Joseph Kardinal Ratzinger über Hübners Hauptwerk Glaube und Denken). Das Gesamtwerk Kurt Hübners kreist um die Grenzen der wissenschaftlichen Vernunft, der in Religion, Mythos und Kunst gleichwertige Erkenntniswelten gegenübertreten. Wie nur wenige Philosophen der fortgeschrittenen Moderne hat er Brücken zwischen allen bedeutenden Wissensbereichen geschlagen, nicht nur innerhalb der Geisteswissenschaft, sondern auch zwischen Philosophie und Naturwissenschaft, vor allem der Physik, mit der er sich viele Jahre seines Lebens professionell beschäftigt hat. Aus diesen Studien gingen 1963 die Beiträge zur Philosophie der Physik hervor. Hübners – vor allem außerhalb des deutschen Sprachraums – nach wie vor wohl einflussreichstes Buch ist die Kritik der wissenschaft9

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Vorwort

lichen Vernunft (1978), die in den mehr als dreißig Jahren seit ihrer Erstveröffentlichung immer neue Auflagen und Übersetzungen erfahren hat. Als kritische Auseinandersetzung mit der neopositivistischen Wissenschaftstheorie und anschlussfähig an die moderne Paradigmentheorie mündete sie in Die Wahrheit des Mythos (1985), einen der wesentlichsten philosophischen Beiträge zur Mythos-Forschung seit Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Der Mythos ist für Hübner wie die Wissenschaft ein Erfahrungssystem, ein Mittel der systematischen Erklärung und Ordnung der Dinge mit einer der wissenschaftlichen gleichwertigen Ontologie und Rationalität. Vor dem Hintergrund derselben bestreitet er den Absolutheitsanspruch der wissenschaftlichen Vernunft. Wie diese einst angetreten ist, die Welt zu »entzaubern«, d. h. sie ihrer mythischen Qualitäten zu entkleiden, so dient Hübner der Nachweis der Rationalität des Mythischen dazu, die wissenschaftliche Vernunft zu »entzaubern«, ihre vermeintliche Zuständigkeit für alle Bereiche des Lebens in Frage zu stellen. Die Wissenschaft, so die Grundeinsicht Hübners, geht von ontologischen wie normativen Voraussetzungen aus, die sich ihrerseits nicht wieder rational begründen lassen, sondern in vorrationalen Voraussetzungen, in einer Art historischer Faktizität gründen, die durch eine bestimmte »Systemmenge« beherrscht wird, deren Wandel selbst nicht streng determinierbar ist. Hübner betont – im Gegensatz zu Hegel – die Kontingenz in der Geschichte. Dadurch unterscheidet er sich radikal vom aufklärerischen Rationalismus, der die wissenschaftliche Ontologie, insbesondere diejenige der Naturwissenschaft, für einen Ausdruck absolut notwendiger Vernunfteinsichten hält. Von diesen Prämissen ist auch Hübners 1991 erschienenes Buch Das Nationale. Verdrängtes, Unvermeidliches, Erstrebenswertes bestimmt, das sich auf das Gebiet der politischen Theorie begibt. Es steht in der Tradition aristotelisch-politischen Denkens, das anstelle einer abstrakten Staats-Metaphysik von den konkreten Lebenszusammenhängen der Menschen ausgeht, dem Faktum einer historisch gewachsenen Kulturgemeinschaft, die sich im Identitätsbewusstsein einer Nation manifestiert (zu welchem sich auch – im Sinne einer Supranationalidee – die europäische Völkergemeinschaft heranbilden kann). Es folgte 1994 Die zweite Schöpfung, eine Philosophie der bildenden Kunst und Musik, die sich gegen die Theorie des ästhetischen Scheins sowie gegen die nach der Beweisführung Hübners falsche Alternative der Nachahmungs- und Ausdrucksästhetik richtet. Kunst ist 10

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Vorwort

für Hübner vielmehr »Übertritt in eine andere, für sich bestehende Welt- und Wirklichkeitsdimension«, die nur in der Kunst selbst erscheint, nicht aus der vorkünstlerischen Realität ableitbar ist. Das Opus magnum Glaube und Denken (2001) rundet Hübners Lebenswerk mit einer wissenschaftstheoretischen Begründung des jüdisch-christlichen Offenbarungsglaubens ab, die den Rahmen der traditionellen Metaphysik radikal sprengt. Religiöse Offenbarung und wissenschaftliche Vernunft werden von Hübner zwei verschiedenen, erkenntnistheoretisch gleichberechtigten »Dimensionen der Wirklichkeit« zugeordnet. Die Kategorien und Strukturen des Offenbarungsglaubens entfaltet Hübner von der Schöpfungsidee über die Erbsünden-, Erlösungs- und Gnadenlehre bis zum trinitarischen Gottesbegriff und konfrontiert sie mit den Denkstrukturen der modernen Naturwissenschaft, insbesondere mit der physikalischen Kosmologie und der biologischen Evolutionstheorie. Die in die christliche Glaubenswelt integrierten Denkformen des Mythos werden von Hübner als Aussagesysteme nicht weniger ernst genommen als diejenigen der Physik und Biologie, und sie werden von ihm gegen ihre Widersacher in den eigenen Reihen der Theologen verteidigt, die ihnen durch »Entmythologisierung« den Garaus machen (wollen). Es sind im wesentlichen diese späten religionsphilosophischen Überlegungen – ihren Abschluss finden sie in den beiden letzten Büchern Hübners: Das Christentum im Wettstreit der Weltreligionen (2003) und Irrwege und Wege der Theologie in die Moderne (2006) –, denen die vorliegende Festschrift gewidmet ist (während das »frühe« und mittlere Werk Hübners bereits Gegenstand der 1986 von Hans Lenk herausgegebenen Festschrift Zur Kritik der wissenschaftlichen Rationalität gewesen ist). In ihnen kulminiert, tritt systematisch endgültig klar hervor der Grundgedanke der Hübnerschen Philosophie, wonach die Wirklichkeit unendlich tief ist, nur aspekthaft erfahrbar in ihren verschiedenen (gleichwertigen) Dimensionen, die sie – auch und gerade – im wissenschaftlichen Zeitalter wieder als das ausweisen, was sie für das philosophische Bewusstsein immer schon war: ein Geheimnis. Ein Geheimnis, dessen Kenntnis davor bewahrt, einer unangemessen »absoluten« Wissenschaftsgläubigkeit (samt all ihrer Konsequenzen) zu verfallen – ein Geheimnis, dessen Sinn und Bedeutung erst in der Transzendenz gelüftet werden wird. Die vorliegende Festschrift Das Geheimnis der Wirklichkeit versammelt, dem Gedanken der Multidimensionalität der Wirklichkeit 11

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Vorwort

entsprechend, Beiträge aus den verschiedensten Disziplinen und Ländern. Sie versammelt aber auch Beiträge aus unterschiedlichen Generationen – nicht zuletzt, um zu dokumentieren, wie wegweisend die Philosophie Kurt Hübners auch für die Zukunft sein dürfte. Volker Kapp Werner Theobald

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