Burnout wenn Stress krankmacht

Burnout – wenn Stress krankmacht Wie Betroffene, Kollegen und Arbeitgeber vorsorgen und helfen können… A. Lingg, Rankweil Eine neue Krankheit? •  ...
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Burnout – wenn Stress krankmacht Wie Betroffene, Kollegen und Arbeitgeber vorsorgen und helfen können…

A. Lingg, Rankweil

Eine neue Krankheit?

•  oder Erschöpfungsdepression schöngeredet? •  eine „Mode“? •  Die Erfindung einer neuen Krankheit? •  Noch keine offizielle Diagnose •  „Neurasthenie“, „Chronisches Müdigkeitssyndrom“, „Psychovegetativer Erschöpfungszustand“

Bernhard v. Clairvaux an seinen Schüler, den neu gewählten Papst Eugen den III. anno 1145 „Gefahren der Überbeschäftigung” „Wenn du dein ganzes Leben und Erleben in das Tätigsein verlegst und für die Besinnung keinen Raum mehr lässt, soll ich dich da loben? Darin lob ich dich nicht. Wenn du ganz und gar für alle da sein willst,...lobe ich deine Menschenliebe, aber nur wenn sie umfassend ist. Wie aber kann sie umfassend sein, wenn du selbst ausgeschlossen bist? Wenn also alle Menschen dich beanspruchen, dann sei auch du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Alle schöpfen aus dir, wie aus einem öffentlichen Brunnen. Nur du selbst willst abseits stehen und Durst leiden?

Wie lange noch schenkst du allen andern deine Aufmerksamkeit, nur nicht dir selbst? Bist du dir selbst ein Fremder? Bist du nicht jedem fremd, wenn du dir selber fremd bist? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, zu wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst! Ich sage nicht, tu das dauernd, tu das oft. Aber ich sage, tu das immer wieder einmal. Wie du dir für alle andern Zeit nimmst, so nimm sie auch für dich selbst, allenfalls nach den andern… Verlass dich nicht zu sehr auf deine derzeitige innere Verfassung! Nichts ist der Seele so tief verwurzelt, dass es durch Vernachlässigung und den Lauf der Zeit nicht verloren gehen könnte... Wo bist du jemals frei, wo ungestört, wo gehörst du dir selbst? Überall Lärm und Unruhe, überall drückt dich das Joch deiner Knechtschaft!”...

Verbreitung

•  S. Kaspar: jeder 5. Österreicher…das wären 700.000?? •  Arbeitsmediziner: 5-7% - Gefährdet wohl das Mehrfache •  WHO: „eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts“ •  Rössler, Mannheim: „Nur jeder 10., der es behauptet…“ •  Hauptgrund für IV-Pensionierung z.B. von Lehrern in D (36% Depression, 16% Burnout)

Wer betroffen? •  Zunächst Helferberufe ( v. a. Intensivschwestern) •  FREUDENBERGER 1974: „Zustand der Erschöpfung, die als Folge exzessiver Anforderungen an persönliche Energie, Kraft und Einsatzbereitschaft entsteht…“ •  MASLACH 1976: erstes Messinstrument entwickelt •  „Managerkrankheit“ – „Karoshi“ : Tod durch Überarbeitung •  Heute: Alle Berufe, auch Hausfrauen, Schüler, (Rentner)

Stadien •  •  •  •  •  •  •  •  •  •  •  • 

Idealistische Begeisterung Verstärkter Einsatz Vernachlässigung eigener Bedürfnisse Verleugnung von Konflikten Umdeutung von Werten Verleugnung von Problemen Rückzug aus der Umwelt Verflachung des Lebens Depersonalisation Innere Leere Schwere Depression Zusammenbruch

Der ganze Mensch betroffen…

•  Körperlich: Chron. Müdigkeit, psychosomatische Leiden Immunabwehr geschwächt •  Emotional: innere Leere, Reizbarkeit, Depression •  Geistig: Leistung und Kreativität sinken, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche •  Sozial: Rückzug, Gefühl ausgesaugt zu werden

Folgen des Burnout •  Verflachung der Freizeitaktivitäten •  Vermehrter Alkohol / Nikotinkonsum •  Abusus / Gewöhnung an Stimulantien, Tranquilizer •  Gestörtes Essverhalten, Libido-/ Potenzschwäche •  Beziehungs- / familiäre Konflikte •  Häufiger Arbeitsplatzwechsel / Berufsausstieg •  Häufiger Krankenstand •  Todessehnsucht / Suizid

Was führt zum BURNOUT?

•  Arbeitsbelastung –  Disstress oder „gegen den Wind segeln“

•  Persönlichkeit –  Typ-A-Persönlichkeit, (gehetzt, ausgeprägter Konkurrenzdruck, versteckte Feindseligkeit), Perfektionist, Pessimist –  Schlechtes Selbstmanagement –  (Workaholic)

•  „Übriges“ Leben - Lebensstil –  Freizeit – freie Zeit?

Etwas über Stress… fight or flight Herausforderung -> Zwischenhirn -> vegetatives Nervensystem reagiert reflexartig -> Sympathikus und Parasympathikus aktiviert Sympathikus -> NNM schüttet Adrenalin und NA aus Parasympathikus -> Acetylcholin (hemmt Verdauung und Sex) Hypothalamus -> Stresshormonachse -> CRH und Vasopressin ->Hypophyse -> ACTH ->NNR -> Kortisol ->Erfolgsorgane Rückkoppelung schützt vor Erschöpfung...

Dauerstress - Stressdepression •  Kortisol- und Adrenalinproduktion stoppt nicht: „fight“ ohne „flight“ (Abreagieren) •  Oxytozin („Glücks/Liebeshormon“) hätte Anti-Stresseffekt... ist Gegenspieler zu Vasopressin (ADH) •  Fehlregulation der Stresshormonachse > Fettanreicherung, Insulinresistenz, Bluthochdruck •  Dysbalance des Sympathikus/Parasympathikus-Systems > Tachycardie, verminderte Herzfrequenz-Variabilität > Höheres Arteriosklerose-Risiko

Folgen heute nachweisbar – reversibel?

Mit Bildgebung - PET - nachgewiesen: •  •  •  • 

Volumen des Hippokampus vermindert Gyrus dentatus besonders geschrumpft Präfrontaler Kortex geringer aktiv Amygdala überaktiv Jedoch reversibel!

•  Antidepressiva neuroprotektiv! •  Psychotherapie hat ähnlichen Effekt! (Furmark 2002)

Was tun? - früheres Stadium •  Sich dem Problem stellen, es (sich und anderen) zugeben •  Verdrängung, Rationalisierung abbauen, Kränkung auffangen •  Selbstmanagement •  Konflikte in Beziehung / Familie angehen •  Entspannungsübungen •  Ausgleich in freier Zeit durch Zeit zum Ausruhen wie auch Aktivitäten •  Vermeiden von Alkohol- und anderem Abusus wie auch Reizüberlastung (C.Spiele, TV) •  Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung

Was tun? - fortgeschrittenes Stadium •  Professionelle Hilfe suchen •  Hausärztliche Untersuchung, auch zum Ausschluss anderer Ursachen bzw. zur Behandlung von Folgekrankheiten •  Nötigenfalls Überweisung zum Facharzt oder Psychotherapeuten, Vermittlung Coaching •  Behandlung der Schlafstörung, Antidepressiva •  Physikalische Maßnahmen, v. a. aufbauendes Ausdauertraining Regelmäßiges Laufen •  Entspannungsübungen •  Lebenshygienische Beratung –  Zeit und Raum zum Ausruhen –  Ausgleich durch Sport, Musik, Hobbys –  Gesunde Distanz zur Arbeit finden

Was tun? - am Arbeitsplatz •  Für ein Klima sorgen, dass kein „Versteckspiel“ notwenig ist • 

Betroffene bei Verdacht in geeigneter Form ansprechen

•  Stressoren am Arbeitsplatz erkennen –  Quantitative Überforderung –  Qualitative Überforderung durch Informationsflut oder Komplexität, Organisationsmängel, Bürokratie –  Unterforderung, isoliertes Arbeiten –  Schlechtes Betriebsklima, fehlende Anerkennung –  Konkurrenzdruck –  Angst vor Arbeitsplatzverlust •  Arbeitnehmerschutz auch hinsichtlich psychosozialer Belastungen

Gesetzlicher, sozialpolitischer Rahmen

•  Arbeitnehmerschutz –  Arbeitssicherheit: große Erfolge –  Gesundheitsschutz: schwieriger, noch Nachholbedarf –  v. a. was Psychohygiene betrifft •  Arbeitgeberschutz? •  Sozialgesetzgebung und gesellschaftliches Klima von hoher Tragweite – s. Bsp.

Eigene Erfahrungen •  Abwehrmechanismen halten lange –  Bagatellisieren, Verdrängen, Außenprojektion, Rationalisieren •  Frühwarnzeichen werden übersehen –  v. a. Schlafstörungen •  Reine „Auszeit“ meist zu wenig •  Gesundung dauert – Monate bis Jahre •  Dauerschäden („Psychasthenie“) nicht selten •  Manch eine(r) danach „im Leben anders unterwegs“

„Do, what´s good for you or you`re not good for anybody…“ BILLY JOEL („James“)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit !