Branchenportrait. Die Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung

Branchenportrait Die Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel Ergebnisse einer Unternehmensbefragung Inhaltsverzeichnis Die Gesundheitswirts...
Author: Julia Kaiser
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Branchenportrait Die Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel

Ergebnisse einer Unternehmensbefragung

Inhaltsverzeichnis Die Gesundheitswirtschaft – Erster und zweiter Gesundheitsmarkt __________________________ 2 Die Gesundheit als Wachstumsmotor __________________________________________________ 3

Die Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel ______________________________________ 4

Die Branchen im Überblick:

Gesundheits- und Sozialwesen _______________________________________________________ 5

Gesundheitsindustrie _______________________________________________________________ 6

Handel ___________________________________________________________________________ 8 Dienstleistungen __________________________________________________________________ 10

Netzwerk _______________________________________________________________________ 11

Ausblick ________________________________________________________________________ 11

Herausgeber:

Industrie- und Handelskammer zu Kiel Bergstraße 2 | Haus der Wirtschaft 24103 Kiel Telefon 0431 5194-0 Telefax 0431 5194-234 www.ihk-schleswig-holstein.de Redaktion:

Thomas Rotsch Telefon 04121 4877-34 [email protected] Fotos: bilderbox.de Stand: November 2013

Die Gesundheitswirtschaft

Mehr als Apotheken, Praxen und Krankenpflege …

Nach der Definition der ersten Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft (2005) umfasst die Gesundheitswirtschaft „die Erstellung und Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen, die der Bewahrung und Wiederherstellung von Gesundheit dienen.“

Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Gesundheitswirtschaft lässt sich die Branche nicht nur nach Gütern und Dienstleistungen abgrenzen1 (Abb. 1), sondern auch nach Funktionen: Der Kernbereich beinhaltet das klassische Gesundheitswesen, dessen Leistungen von den privaten und gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Hierzu zählen die ambulante und stationäre Versorgung mit Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Arztpraxen, Altenpflege(heimen) sowie Apotheken. Das Wachstumspotenzial der Gesundheitswirtschaft wird insbesondere bei Betrachtung der erweiterten Wertschöpfungskette deutlich: Eng verbunden mit dem Kernbereich ist der Vorleistungs- und Zulieferbereich, der die pharmazeutische Industrie, Medizintechnik, Biotechnologie, das Gesundheitshandwerk sowie den Groß- und Einzelhandel mit medizinischen, pharmazeuti1 Die Branchenzuteilung orientiert sich an der im Jahr 2008 neu gegliederten Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes.

schen und orthopädischen Erzeugnissen umfasst. Zur erweiterten Gesundheitswirtschaft werden gesundheitsrelevante Teilbranchen wie etwa Sport, Fitness, Wellness, Ernährung, Tourismus, Freizeit und betreutes Wohnen gerechnet.

Erster und zweiter Gesundheitsmarkt

Mit zunehmenden Synergien zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen dieser Querschnittsbranche verlieren sektorale Abgrenzungen an Kontur, so dass sich die Branche zugleich in einen ersten und zweiten Gesundheitsmarkt differenzieren lässt. Ausschlaggebend für die

Marktzugehörigkeit eines Wirtschaftszweigs ist der Kostenträger seiner Dienstleistungen oder Produkte.

Somit werden zum ersten Gesundheitsmarkt alle Einrichtungen und Unternehmen gerechnet, deren Produkte über die gesetzliche und private Kranken- und Pflegeversicherung finanziert werden. Dazu zählt nicht nur der Kern-, sondern auch der Vorleistungs- und Zulieferbereich, deren Kunden meist dem solidarisch finanzierten Gesundheits- und Sozialwesen angehören. Der zweite Gesundheitsmarkt umfasst hingegen die privat gezahlten gesundheitsbezogenen

Abb. 1: Die Segmente der Gesundheitswirtschaft (Quelle: IAT, Jahrbuch 2001/2002, Gelsenkirchen 2002)

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Aktuelle Situation Güter und Dienstleistungen. Die hohen Wachstumsraten, die dieser Markt erkennen lässt, beruhen insbesondere auf einer höheren Flexibilität der Gesundheitsdienstleister der Bereiche Wellness, Fitness, Prävention, Kosmetik und Gesundheitstourismus, die aufgrund der privaten, kassenunabhängigen Finanzierung stärker auf individuelle Wünsche der Kunden eingehen können. Diese Entwicklung zeigt sich auch im Bezirk der Industrie- und Handelskammer zu Kiel, wo mittlerweile 26 Prozent der Unternehmen ihren Umsatz durch Selbstzahler generieren und nach den Krankenkassen (41 Prozent) zu den zweithäufigsten Kostenträgern zählen. Sollten Leistungskürzungen durch die Krankenkassen zunehmen, dürfte sich dieser Trend fortsetzen.

Die Gesundheit als Wachstumsmotor

Die Gesundheitswirtschaft ist eine bundesweit boomende Branche, die mittlerweile zu den größten Wirtschaftszweigen in Deutschland zählt und ihre stärksten Wachstumsimpulse aus dem demographischen Wandel erfährt. Dies trifft auch für Schleswig-Holstein zu, wobei die Regionen von dieser Veränderung unterschiedlich betroffen sind: Während Agglomerationen eine positive Bevölkerungsbilanz aufweisen, haben insbesondere die zentrenfernen, ländlichen Räume die höchsten Bevölkerungsrückgänge zu verzeichnen. Doch trotz positiver Wanderungssalden in einigen Teilräumen, die in der Regel auf Zuwanderungen zu-

Abb. 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Branchen 2008 und 2012 im Bezirk der IHK zu Kiel (Quelle: Statistikamt Nord; Eigene Grafik)

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Gesamter IHK-Bezirk rückzuführen sind, ist insgesamt mit einer kontinuierlichen Zunahme der über 65-Jährigen zu rechnen. Dabei wird es Chance und Herausforderung zugleich sein, gesundheitsbezogene Produkte und Dienstleistungen für die ältere Bevölkerung zu entwickeln und in den ländlichen Räumen bereitzustellen. Denn mit dem wachsenden Anteil älterer Menschen wird nicht nur die Nachfrage nach präventiven und kurativen Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit steigen, sondern auch der Bedarf an medizinischer Versorgung. Daher werden sowohl die Leistungen des ersten als auch des zweiten Gesundheitsmarktes zukünftig verstärkt gefragt sein. Diese Nachfrage wird nicht ausschließlich im privaten Lebensbereich bestehen, in dem individuelles Wohlbefinden und ein gesundheitsbewusster Lebensstil zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch Unternehmen stehen angesichts der Anhebung des Renteneintrittsalters und des spürbaren Fachkräftemangels vor der Frage, inwieweit eine betriebliche Gesundheitsförderung einen Beitrag zum

Alle im Branchenportrait aufgeführten Beschäftigtenzahlen stammen aus den Beschäftigungsstatistiken 2008 und 2012 des Statistikamts Nord. Partiell auftretende, starke Abnahmen der Beschäftigtenzahlen sind primär auf innerbetriebliche Umstrukturierungen und Fusionen zurückzuführen (etwa im Bereich Forschung und Entwicklung).

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Abb. 3: Zusammensetzung der Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel (Quelle: Eigene Grafik) Erhalt der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter leisten und die Arbeitgeberattraktivität erhöhen kann. Aber nicht nur die Binnennachfrage wird die Entwicklung der beiden Märkte befördern. Viele andere Industrienationen sind von einer ähnlichen Bevölkerungsentwicklung und ihren Folgen betroffen, so dass neue Produkte aus der Biotechnologie, Medizintechnik und Pharmazeutik – „Made in SchleswigHolstein“ – sowohl im europäischen als auch außereuropäischen Ausland neue Absatzmärkte finden werden. Dies trifft auch auf Versorgungsmodelle der Altenpflege zu, da in manchen Ländern (zum Beispiel Indien) der Bedarf an altersmedizinischem Know-how groß ist.

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Die Gesundheitswirtschaft im Bezirk der IHK zu Kiel

Schleswig-Holstein besitzt eine dynamisch wachsende Gesundheitswirtschaft und liegt mit einem Beschäftigtenanteil von 18,4 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt (15 Prozent). Dieser anhaltende Trend zeigt sich auch im Bezirk der IHK zu Kiel mit den Kreisen Pinneberg, Steinburg, Plön und RendsburgEckernförde sowie den kreisfreien Städten Neumünster und Kiel: Im Zeitraum von 2008 bis 2012 stieg die Zahl der Beschäftigten von 64.474 auf 70.552 Personen (Abb. 2).2 Im IHK-Bezirk sind damit 19,9 Prozent aller Beschäftigten in der Gesundheitswirtschaft tätig.

Branchen der Gesundheitswirtschaft Die 2013 von der Industrieund Handelskammer zu Kiel in ihrem Bezirk durchgeführte Unternehmensbefragung in der Gesundheitswirtschaft ermittelte rund 1000 im Handelsregister eingetragene Unternehmen, davon sind 780 dem Kern-, Vorleistungs- und Zulieferbereich zugehörig, weitere 222 sind der erweiterten Gesundheitswirtschaft zuzuordnen. Diese Unternehmen wurden nach ihren Produktions- bzw. Dienstleistungsschwerpunkten sowie branchenspezifischen Entwicklungen und Herausforderungen befragt. Weitere Fragen zielten auf die Personalentwicklung und Erwartungen im Exportgeschäft.

ansässig, 199 in Kiel und 161 im Kreis Rendsburg-Eckernförde. In den Kreisen Steinburg, Plön und Neumünster befinden sich hingegen durchschnittlich 65 Unternehmen.

Die Ergebnisse zeigen teilweise große regionale Unterschiede im Unternehmensbesatz, in der Branchenausprägung und den Beschäftigtenzahlen: Mit 221 Betrieben sind die meisten Unternehmen der Gesundheitswirtschaft im Kreis Pinneberg

Gesundheitsund Sozialwesen Der größte Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entfällt im Bezirk der IHK zu Kiel mit insgesamt 49.883 Beschäftigten (2012) auf den Kern-

Anders als im nordwestlichen Schleswig-Holstein, wo Unternehmen der erweiterten Gesundheitswirtschaft besonders stark vertreten sind (etwa Gesundheitstourismus), liegt der Schwerpunkt im Bezirk der IHK zu Kiel mit insgesamt 520 Unternehmen im Vorleistungs- und Zulieferbereich (Abb. 3).

Die Branchen im Überblick

bereich. In allen Kreisen und kreisfreien Städten zählen Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken, Alten- und Pflegeheime zu den größten Arbeitgebern.

Kiel, Neumünster, Kreis Plön Die Stadt Kiel sticht insbesondere durch ihr umfangreiches Angebot an medizinischen Versorgungs- und Forschungseinrichtungen hervor: Mit dem Universitätsklinikum SchleswigHolstein (UKSH) besitzt die Landeshauptstadt eines der größten europäischen Zentren für medizinische Versorgung und deckt das gesamte Leistungsspektrum der Medizin ab. Die Medizinische Fakultät der Christian-AlbrechtsUniversität (CAU) sichert nicht nur den ärztlichen Nachwuchs, sondern verbindet zugleich Grundlagenforschung mit klinischer Forschung und ist somit ein Teil des interdisziplinären Exzellenzclusters „Entzündungsforschung“. Zu dessen Trägerinstitutionen zählen neben dem UKSH und der CAU die Universität zu Lübeck, die Muthesisus Kunsthochschule in Kiel, das Forschungszentrum Borstel sowie das Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön. Die Vernetzung findet aber auch zwischen den schleswig-holsteinischen Kliniken statt: Das Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK) in Neumünster ist ein akademisches Lehrkrankenhaus, das eng mit den medizinischen Fakultäten der CAU zusammenarbeitet und dadurch nicht zu-

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Branchen: Gesundheits- und Sozialwesen letzt die medizinische Versorgung Neumünsters und des mittelholsteinischen Umlandes sichert. Zu den Schwerpunkten des FEK zählen die Frührehabilitation bei Demenz und Altersmedizin. Eine Kooperation besteht ebenfalls zwischen dem UKSH und der Klinik Preetz im Kreis Plön, wodurch Patienten in Preetz den Zugang zu universitärer Medizin erleichtert wird.

Unterelberegion In Pinneberg und Elmshorn haben sich Kompetenzzentren mit medizinischer Schwerpunktversorgung entwickelt, deren Know-how durch ein spezialisiertes Leistungsportfolio zum Teil weit in die Metropolregion Hamburg hineinreicht. Regionale Strahlkraft besitzen auch die Konzepte medizinischer Versorgungs- und Gesundheitszentren, die durch die Bündelung verschiedener Gesundheitsakteure (zum Beispiel Apotheker, Mediziner, Physiotherapeuten und Orthopädietechniker) mehrere Leistungen an einem Ort erbringen können. Gerade für die ältere Bevölkerung in strukturschwachen ländlichen Räumen stellt sich dadurch nicht nur eine Verkürzung der Wege ein sondern auch die Möglichkeit einer gleichzeitigen Inanspruchnahme unterschiedlicher medizinischer Leistungen. Breit gefächert ist auch das medizinische Angebot im Klinikum Itzehoe, das als Koope-

rationspartner des Klinikverbunds Schleswig-Holstein mit den Experten unterschiedlicher Fachbereiche in fünf weiteren Krankenhäusern direkt verknüpft ist.

Kreis Rendsburg-Eckernförde Der Kreis Rendsburg-Eckernförde weist durch sein ausgeprägtes Netz aus Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen im regionalen Vergleich einen sehr hohen Beschäftigtenanteil auf. Begünstigend wirkt dabei der vielfältige Naturraum des Kreises, der mit seinen Seen, Wäldern und Stränden ideale Voraussetzungen für die Förderung der Gesundheit bietet. Insbesondere die Küstengemeinden Damp und Schönberg haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Standort entwickelt, an dem Gesundheit und Tourismus miteinander verbunden werden.

Trends und Herausforderungen Für 73 Prozent der befragten ambulanten Pflegedienste stellen die sich mit zunehmendem Alter ändernden Wohnbedürfnisse ein wachsendes Betätigungsfeld dar: Medizinische Versorgung, häusliche Pflege, Einkaufsmöglichkeiten und barrierefreies Wohnen bieten Unternehmen der ambulanten und stationären Versorgung, der Immobilienwirtschaft sowie der Gesundheitsindustrie gemeinsame Ansätze für die Entwicklung altersgerechter Produkte

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und innovativer Versorgungskonzepte (etwa Telemedizin). Über die Kreisgrenzen hinweg gaben 63 Prozent der Unternehmen des Kernbereichs an, aufgrund der Zunahme altersbedingter Erkrankungen große Schwierigkeiten in der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte der Gesundheits- und Sozialberufe zu haben. Bereits seit 2008 führt das schnelle Beschäftigtenwachstum dieses Sektors mit etwa 18 Prozent zu spürbaren Engpässen in der Verfügbarkeit von Fachkräften, deren Gewinnung zudem von den Budgetdeckelungen der Sozialleistungsträger erschwert wird.

Gesundheitsindustrie

Rund 100 Industrieunternehmen der Branchen Medizintechnik, Elektromedizin, Pharmazie und

Branchen: Gesundheitsindustrie

Biotechnologie machen den Bezirk der IHK zu Kiel zu einem innovationsstarken Life ScienceStandort. Bedingt durch die Anziehungskraft der Metropolregion Hamburg bzw. der medizinischen Angebotsvielfalt der Landeshauptstadt lassen sich industrielle Schwerpunkte in der Unterelberegion sowie in Kiel ausmachen.

Kiel Die Stadt Kiel zeichnet sich durch eine breit gefächerte Forschungs- und Hochschullandschaft aus. Mit dem Universi-

tätsklinikum Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität sowie zahlreichen Forschungsnetzwerken bietet die Landeshauptstadt ideale Voraussetzungen für enge Kooperationen zwischen Industrie und Wissenschaft. Mit elf Forschungs- und Entwicklungsunternehmen in den Bereichen Medizin und Biotechnologie ist Kiel der größte Standort für Forschung und Entwicklung im IHK-Bezirk. Zu den Impulsgebern für die Wissenschaft zählen 23 Unternehmen der Medizintechnik und der Pharmazie.

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Unterelberegion Zu den Kernkompetenzen der Unternehmen in der Unterelberegion zählen die Herstellung von pharmazeutischen Grundstoffen und Arzneimitteln sowie elektromedizinischen und medizintechnischen Apparaten und Materialien. Mit insgesamt 42 Unternehmen ist die Gesundheitsindustrie in keinem anderen Kreis so stark und vielfältig ausgeprägt wie im Pinneberger Kreisgebiet. Durch die Verzahnung von Forschung und Entwicklung haben sich in den Kreisen Pinneberg und Steinburg zum Teil weltmarktführende Großunternehmen etablieren können, die zugleich Ausdruck der Attraktivität des Wirtschaftsraums Unterelbe sind, insbesondere für exportorientierte Unternehmen. Dazu zählen allein an der Unterelbe mehr als 50 Prozent der Unternehmen des produzierenden Gewerbes, von denen jedes Zweite einen Exportanteil von mehr als 73 Prozent besitzt. Durch die Nähe zum internationalen Handelsund Logistikzentrum Hamburg kann die weltweit gestiegene Nachfrage nach deutschen Medizintechnik- und Pharmaprodukten schnell bedient werden. Die Exportaktivitäten konzentrieren sich nicht nur auf europäische und nordamerikanische Absatzmärkte, sondern zunehmend auch auf wachstumsstarke (Schwellen)Länder im Mittleren und Fernen Osten sowie in Südamerika. Die für die Herstellung medizinischer Produkte benötigten Materialien werden viel-

Branchen: Handel fach aus Deutschland, Asien, den USA und der Schweiz bezogen, pharmazeutische Grundstoffe meist aus Indien und Japan.

Neumünster Die hohe Dichte an international ausgerichteten Medizingeräteherstellern macht Neumünster zu einem der bedeutendsten Standorte für Medizintechnik in Schleswig-Holstein. Das vielfältige Produktspektrum reicht von Bestrahlungstherapiegeräten über knochenchirurgische Implantate bis hin zu Apparaten und Materialien für den Laborbedarf. Eine lange Tradition hat in Neumünster auch die Herstellung orthopädischer Hilfsmittel, mit denen neue Maßstäbe in der Funktionalität und dem Design orthopädischer Produkte geschaffen wurden.

Kreise Rendsburg-Eckernförde und Plön Auch abseits der großen Verkehrsachsen und Agglomerationsräume des IHK-Bezirks wächst die Gesundheitswirtschaft: Obgleich die Kreise Plön und Rendsburg-Eckernförde einen vergleichsweise schwach ausgeprägten Vorleistungs- und Zulieferbereich aufweisen, dienen sie hochinnovativen produzierenden Unternehmen mit Schwerpunkten in der Dentaltechnik, Biopharmazeutik, Orthopädie und computergestützten Chirurgie teilweise seit mehreren Jahrzehnten als Standort für die Entwicklung und Herstellung ihrer Produkte.

Trends und Herausforderungen Ob in Ballungsgebieten oder im ländlichen Raum: Für 62 Prozent der produzierenden Unternehmen stellt der zunehmende Mangel an Fachkräften, insbesondere an Hochschulabsolventen der Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, die größte Herausforderung der nächsten Jahre dar. Umso wichtiger ist es, die Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter zu erhalten, weshalb 62,5 Prozent der Umfrageteilnehmer flexible Arbeitszeitmodelle eingerichtet haben. Zur Senkung des Krankenstands und zur Steigerung der Mitarbeitermotivation wird von 75 Prozent der Unternehmen eine betriebliche Gesundheitsförderung favorisiert, wobei vorwiegend Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern gesundheitsfördernde Maßnahmen kontinuierlich umsetzen. Ein hohes Geschäftsrisiko sehen 55 Prozent der Branchenvertreter in den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen, die die Produkte verteuern und zu Mehrkosten bei den Endkunden führen können. Als nicht minder problematisch werden vor allem die steigende Zahl von Rechtsverordnungen und die Verfahrensdauer bei Produktzulassungen eingeschätzt, was für 43 Prozent der Unternehmen dieser traditionell exportstarken Branche eine Gefährdung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit darstellt.

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Handel

Handelsvermittlung, Großhandel und Einzelhandel (einschließlich der Apotheken) zählen mit einem Beschäftigtenzuwachs von 12,4 Prozent zwischen 2008 und 2012 zu den am stärksten wachsenden Sektoren im IHKBezirk. Räumlich betrachtet ist dieses Wachstum allerdings sehr ungleichmäßig verteilt, da Ballungsräume den Warenverkehren meist beschaffungsseitige und absatzorientierte Standortvorteile bieten. Kreis Pinneberg Hamburg hat als Zentrum des multimodalen Güterverkehrs in Norddeutschland eine große Anziehungskraft auf Unternehmen des Zulieferbereichs, so

Branchen: Handel dass zugleich der gesamte Agglomerationsgürtel Hamburgs ein attraktiver Standort für Großhändler und Handelsvermittler ist. Im Kreis Pinneberg sind insgesamt 50 Unternehmen im Großhandel und der Handelsvermittlung tätig, die die gesamte Bandbreite (dental)medizinischer, pharmazeutischer, orthopädischer und elektromedizinischer Produkte vertreiben bzw. vermitteln, wobei ein deutlicher Schwerpunkt im Pharma-Bereich festzustellen ist. Aber auch Einzelhändler profitieren von der Lage im Hamburger Umland, das aufgrund seiner Bevölkerungsdichte ein hohes Potenzial an Kunden für gesundheitsbezogene Produkte besitzt. Zum Einzelhandel zählen neben Sanitätshäusern knapp 60 Apotheken, die im Kreis Pinneberg die Versorgung mit Arzneimitteln gewährleisten, so viele wie in keinem anderen Kreis der IHK

zu Kiel. Ebenfalls signifikant ist der Beschäftigtenanteil aller Handelsbereiche, der von 2008 bis 2012 mit insgesamt 37 Prozent überdurchschnittlich stark gestiegen ist.

Kiel Da Städte im Gegensatz zum ländlichen Raum ein höheres Kundenpotenzial besitzen, zeigt die Landeshauptstadt mit insgesamt 62 Apotheken eine für Städte typisch hohe Apothekendichte. Sanitätshäuser, Hörgeräteakustiker, Orthopädietechniker und Versandhändler mit pharmazeutischen Erzeugnissen vervollständigen den gesundheitsbezogenen Einzelhandel in Kiel, der im bezirksweiten Vergleich das stärkste Beschäftigungswachstum aufweist.

Neumünster Ein deutliches Beschäftigungswachstum weist mit 13 Prozent nur noch das Oberzentrum Neumünster auf, wo der Großhandel besonders stark präsent ist. Durch die zentrale Lage in Schleswig-Holstein ist Neumünster nicht nur das Tor zur Metropolregion Hamburg, sondern fungiert zugleich als Versorgungszentrum mit medizinischen und orthopädischen Artikeln für den angrenzenden ländlichen Raum der Kreise Plön, Rendsburg-Eckernförde und Segeberg. Auch über das Umland hinaus entwickelt sich Neumünster zunehmend zu einem der bedeutendsten Logistikstandorte für Gesundheitsprodukte in Schleswig-Holstein.

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Kreise Steinburg, RendsburgEckernförde und Plön Während in den dünn besiedelten Kreisen RendsburgEckernförde und Plön eine leichte Zunahme der Beschäftigten im Einzelhandel mit Gesundheitsprodukten festzustellen ist, bleibt im Kreis Steinburg die entsprechende Zahl unverändert, was auch auf die schwierige existenzielle Situation kleiner Apotheken im ländlichen Raum sowie auf die teils ferne Lage zu den Hauptverkehrsachsen zurückgeführt werden kann.

Trends und Herausforderungen Nahezu alle befragten Apotheken und Sanitätshäuser zählen den Kostendruck im Gesundheitswesen, die behördlichen Auflagen und die durch das Vergaberecht bedingten umfangreichen Ausschreibungsverfahren zu den größten Erschwernissen ihrer Tätigkeit. Eine nicht zu unterschätzende Entwicklung ist für 32 Prozent der Unternehmer der zunehmende Online-Handel: Dieser ermöglicht Versandhändlern aufgrund ihrer größeren Sortimentstiefe, Bestellungen der Kunden – oft innerhalb von 24 Stunden – zu niedrigeren Preisen abzuwickeln, als stationären Einzelhändlern. Etwas entspannter wird die Fachkräftesituation gesehen: 23 Prozent der Händler schätzen den Mangel an Nachwuchskräften als geringes Geschäftsrisiko ein, obgleich Apotheken ihre zukünftige Personalsituation kritischer beurteilen.

Branchen: Dienstleistungen Gesundheitsdienstleister dem zweiten Gesundheitsmarkt zuzuordnen. Gemessen am Beschäftigungswachstum, das in den letzten fünf Jahren um fast 12 Prozent gestiegen ist, gewinnen auch die gesundheitsbezogenen Dienstleistungen im IHK-Bezirk an Bedeutung, die allerdings primär in Ballungsräumen anzutreffen sind.

Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, wollen Apotheken ihr Beratungs- und Serviceangebot für spezielle Zielgruppen ausweiten, um sich somit vom Versandhandel besser abgrenzen zu können. Das Interesse an branchenübergreifenden Kooperationen ist im Handel mit knapp 6 Prozent vergleichsweise gering ausgeprägt. Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit mit

Ärzten bekundete vor allem der Sanitätshandel.

Dienstleistungen

Der Dienstleistungssektor (ohne Einbeziehung der Anbieter des Gesundheits- und Sozialwesens) wird auch als erweiterte Gesundheitswirtschaft bezeichnet. Aufgrund des hohen Anteils selbstzahlender Kunden sind

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Kreise und kreisfreie Städte Die ländlichen Regionen des IHK-Bezirks weisen eine geringe Dichte an Gesundheitsdienstleistern auf. Anders verhält es sich in den bevölkerungsstarken Räumen Kiel und Kreis Pinneberg, wo die Teilbranchen des Dienstleistungsbereichs aufgrund der hohen Konzentration an potenziellen Kunden in einer großen Bandbreite vertreten sind. Ob Laboratorien, Fitnessstudios, Unternehmensberater oder Seniorenbetreuung – alle Dienstleistungen, die das Wohlbefinden und die Gesundheitsförderung zum Ziel haben, tragen zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung in Stadt und Land bei und können durch Kooperationen gemeinsame Angebote entwickeln und vermarkten.

Trends und Herausforderungen Laut einer Studie der Roland Berger Strategy Consultants GmbH (2007) gibt jeder Erwachsene im Jahr durchschnittlich 900 Euro für Vorsorgeuntersuchungen, alternative Medizin, Wellness, Kosmetik, Sport

Netzwerke und gesunde Ernährung aus. Diese zunehmende Bereitschaft resultiert aus einem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein, das den Bedarf an gesundheitsbezogenen Dienstleistungen wachsen lässt und die treibende Kraft des zweiten Gesundheitsmarktes bleiben wird. Daher weisen Gesundheitsdienstleister innerhalb der gesamten Dienstleistungsbranche auch die höchsten Investitionspläne auf.3 Dies wird nicht nur zu einer Verschärfung des Wettbewerbs führen, sondern auch die Erschließung neuer Marktnischen befördern. Um die Chancen dieses Wachstumsmarktes noch besser zu nutzen, können sich bislang rund zehn Prozent der Unternehmen vorstellen, Kooperationen einzugehen. Das größte Interesse signalisieren Gesundheitsdienstleister an einer Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten.

Netzwerke

Bereits heute zeichnen sich mit steigender Tendenz Kooperationen zwischen Unternehmen der Gesundheitswirtschaft zur Optimierung der Wertschöpfungsketten und der Patientenversorgung ab. Neben den Klinikumszusammenschlüssen Krebszentrum Nord und dem TraumaNetzwerk SchleswigHolstein bestehen auch Netzwerke zur stärkeren Branchen3 Deutscher Industrie- und Handelskammertag (Hg.): Dienstleistungsreport 2011, Berlin 2011, S. 36.

verzahnung. So hat sich beispielsweise das norddeutsche Netzwerk Life Science Nord e. V. zum Ziel gesetzt, Synergien durch Wissenstransfer und Kooperationen in den Branchen Medizintechnik, Biotechnologie und Pharma herzustellen. Plattformen zur Vernetzung bietet auch die IHK SchleswigHolstein: Seit fünf Jahren lädt sie gemeinsam mit der Handelskammer Hamburg zum Branchenforum Gesundheitswirtschaft ein, um den Austausch der Unternehmen des ersten und zweiten Gesundheitsmarkts zu befördern.

Ausblick

Die demographische Entwicklung ist eine der wichtigsten Einflussfaktoren für die Zukunft der Gesundheitswirtschaft. Die wachsende Zahl älterer Menschen wird den Versorgungs-

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bedarf vor allem in ambulanten und stationären Versorgungseinrichtungen anwachsen lassen, insbesondere in der Altenpflege. Dadurch werden zugleich Wachstumsimpulse im Vorleistungs- und Zulieferbereich ausgelöst, so dass auch dort mit einem weiteren Wachstum zu rechnen sein wird. Demnach ist davon auszugehen, dass die Gesundheitswirtschaft auch in den nächsten Jahren ein kräftiger Beschäftigungsmotor bleiben wird. Entscheidend ist dabei auch eine Auswahl an Ausbildungs- sowie Weiterbildungsmöglichkeiten in der Region, um die Beschäftigungspotenziale nutzen zu können. Mit Erhöhung der Lebensarbeitszeit stellt sich branchenübergreifend die Frage nach der Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiter. Während sich dadurch Gesundheitsberatern ein weites Betätigungsfeld eröffnet, können

Ausblick

Abb. 4: Herausforderungen für die zukünftige Entwicklung der Unternehmen im Bezirk der IHK zu Kiel (Quelle: Eigene Grafik) Firmen, in denen die betriebliche Gesundheitsförderung ein Teil der Unternehmenskultur ist, durch gesundheitsfördernde Maßnahmen nicht nur den Krankenstand senken, sondern auch die Mitarbeitermotivation stärken, was letztlich auch die Arbeitgeberattraktivität erhöhen kann.

Gesundheitsangeboten mit Naturerlebnissen kann die Attraktivität des Gesundheitstourismus für Urlauber sowohl an der Küste als auch im Binnenland erhöht werden. Branchenübergreifend lautet folglich die Devise, Kompetenzen zu vernetzen und Kooperationen zu initiieren,

Ein weiterer Zukunftstrend wird neben dem Zusammenwachsen einzelner Teilbranchen innerhalb eines Sektors (etwa Medizintechnik und Biotechnologie oder Physiotherapie und Fitness) auch die sektorenübergreifende Zusammenarbeit an gemeinsamen Schnittstellen des ersten und zweiten Gesundheitsmarkts sein, zum Beispiel im Gesundheitstourismus. Insbesondere durch eine stärkere Verbindung von

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über die Sektorengrenzen hinweg. Dies wird sich nicht nur zu einem Standort- und Wettbewerbsvorteil für die beteiligten Akteure entwickeln, sondern auch einen Beitrag zur Prosperität und Attraktivität der Region leisten.

Standortpolitik

Existenzgründung und Unternehmensförderung Aus- und Weiterbildung Innovation und Umwelt

International

Recht und Steuern

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