April 2011

KVJS Newsletter Soziales 2. Ausgabe März/April 2011 Wesentliche Änderungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwö...
Author: Manfred Bösch
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KVJS Newsletter Soziales 2. Ausgabe März/April 2011

Wesentliche Änderungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches SozialgesetzBuch vom 24.03.2011 (BGBl. I Nr.12 v. 29.03.2011, S. 453 ff.)

Durch das o.g. Gesetz wird insbesondere das 3. Kapitel SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) im systematischen Aufbau verändert. Neu sind die Begriffe Regelbedarf und Regelbedarfsstufe. Der Begriff Regelsatz bleibt zwar bestehen, bezeichnet aber künftig nur noch die zu zahlende Leistung. Die Neuerungen im Detail: 1. § 10 Abs. 1 SGB XII, Leistungsformen: Durch die Neufassung von Abs. 3 wird klargestellt, dass sich durch die Möglichkeit, Leistungen in Form von Gutscheinen zu erbringen nichts an dem grundsätzlichen Vorrang von Geldleistungen ändert. 2. § 11 Abs. 3 SGB XII, Beratung und Unterstützung, Aktivierung: Durch die Ergänzung des Abs. 3 wird klargestellt, dass zum Umfang der von den Trägern der Sozialhilfe zu leistenden Beratung für Leistungsberechtigte, erfor derlichenfalls auch die Beratung für einen wirtschaftlichen Umgang mit dem über den Regelsatz zur Verfügung gestellten monatlichen Pauschalbetrag zählt. Bei der Ausgabenplanung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass neben den regelmäßig anfallenden auch unregelmäßig anfallende Ausgaben berücksichtigt werden müssen. 3. Einfügung des Ersten Abschnitts Die Neustrukturierung des 3. Kapitels führt zu einer Zusammenfassung der Vorschriften zu Leistungsberechtigten, der die Leistungshöhe bestimmenden Regelbedarfe und die zu zahlenden Regelsätze. 3.1 § 27 SGB XII, Leistungsberechtigte In § 27 wird eine Vorschrift übe die Leistungsberechtigten nach dem 3. Kapitel vorangestellt und konkretisiert die Vorschrift des § 19 Abs. 1. In Abs. 1 wird als zentrale Anspruchsvoraussetzung die Hilfebedürftigkeit benannt.

Abs. 2 definiert die Hilfebedürftigkeit weitergehend. Zu den eigenen Mitteln zählen Einko mmen und Vermögen sowie vorrangige Sozialleistungen (bei erwerbsfähigen Personen Le istungen nach SGB II). 3.2 § 27a SGB XII, Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze In § 27a werden Inhalte zur Abgrenzung des notwendigen Lebensunterhalts, dem Grundsatz der Gewährung von Regelsätzen sowie die abweichende Regelsatzfestsetzung aus den früheren §§ 27 und 28 übernommen und entsprechend dem sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 ergebenden Änderungsbedarf weiterentwickelt. Abs. 1 definiert den zur Gewährleistung des Existenzminimums notwendigen Lebensunte rhalt auf Grundlage des § 27. Es folgt die Erweiterung um Bedarfe für Bildung für Schülerinnen und Schüler sowie für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben für Kinder und J ugendliche. Abs. 2 führt den neuen Begriff des Regelbedarfs ein, der an die Stelle des Begriffs des Regelsatzes tritt. Die Regelbedarfe werden nach wie vor bei Kindern und Jugendlichen nach dem Alter differenziert, bei Erwachsenen danach, ob sie a lleinlebend bzw. alleinerziehend sind oder mit anderen Erwachsenen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Zur Abdeckung der Regelbedarfe sind nach Abs. 3 Regelsätze zu zahlen. Der Begriff Regelsatz beschränkt sich danach auf die zu zahlende Leistung und somit nicht mehr auf die Z usammensetzung und Ermittlung der Leistungshöhe. Neu ist auch der Hinweis auf die Pauschalierung der Regelsätze, welche sowohl die laufenden als auch die in unregelmäßigen Abständen anfallenden Bedarfe umfasst. Absatz 4 enthält die Ausnahmen von der Zahlung von Regelsätzen (bisher § 28 Abs. 1 Satz 2). Weiterhin werden Fälle geregelt, in denen die Leistungsberechtigung nur für Teile des Monats bestehen. Satz 3 übernimmt die bisherige Regelung des § 28 Abs. 5. 3.3 § 27b SGB XII, Notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen Die Neustrukturierung des 3. Kapitels mit der Zusammenfassung des notwendigen Leb ensunterhalts, sowie der Regelbedarfe und Regelsätze im 1. Abschnitt führt zur Einbeziehung der bislang in § 35 Abs. 1 und 2 enthaltenen Bestimmung des notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen. Die bisher in § 35 Abs. 3 und 4 enthaltenen Vorschriften zur Gewährung von Darlehen werden zusammen mit den übrigen Vorschriften zur Darlehensgewährung im 5. Abschnitt (§ 37) zusammengefasst. 3.4 § 28 SGB XII, Ermittlung der Regelbedarfe Die Vorschrift beinhaltet die Ermittlung der neuen Regelbedarfe. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 ergibt sich, dass die bisherige Regelsatzbeme s-

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sung nicht mehr durch eine Verordnung (Regelsatzverordnung) erfolgen kann, sondern in einem Gesetz zu erfolgen hat. Nach Abs. 1 erfolgt die Ermittlung der Reg elbedarfe daher im Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Deshalb enthalten die folgenden Absätze 2 bis 4 die Grundsätze für die Ermittlung der Regelbedarfe, nicht aber deren konkrete Ermittlung. Die Regelbedarfe sind nach Abs. 1 neu zu ermitteln, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Dies sind aktuell die Ergebnisse der EVS 2008. Nachdem es keinen Eckregelsatz mehr gibt, aus dem die Regelsätze für andere Personen abgeleitet werden, müssen diesbezügliche Sonderauswertungen vom BMAS beim Statistischen Bundesamt in Auftrag gegeben werden. Die Regelbedarfsstufen sind jeweils gesondert zu ermitteln. Die Regelbedarfsstufe 1 ersetzt für alleinlebende und alleinerziehende Leistungsberechtigte den bisherigen Eckregelsatz. 3.5 § 28a SGB XII, Fortschreibung der Regelbedarfsstufen: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 10.02.2010 die bisherige Fortschreibung der Regelsätze mit der Veränderungsrate des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Laut Abs. 2 wird dem Fortschreibungsmechanismus ein Mischindex zugrunde gelegt. Dieser berücksichtigt sowohl die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise als auch der Nettolöhne und Nettogehälter je Beschäftigten im Vorjahr. 3.6 § 29 SGB XII, Festsetzung und Fortschreibung der Regelsätze Werden die Regelbedarfsstufen nach § 28 vom Bundesgesetzgeber neu ermittelt oder nach § 28a fortgeschrieben, gelten sie nach Abs. 1 als Regelsätze, sofern die Länder von der Möglichkeit der abweichenden Regelsatzfestsetzung keinen Gebrauch machen. 4. Einfügung des Zweiten Abschnitts Die Neustrukturierung des 3. Kapitels führt zu einer Zusammenfassung der Vorschriften über die zusätzlichen Bedarfe, also der Mehrbedarfe nach § 30, der einmaligen Bedarfe nach § 31, die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung nach § 32 und der Beiträge für die Vorsorge nach § 33. 4.1 § 30 SGB XII, Mehrbedarf Es wurden die Kosten für dezentral erzeugtes Warmwasser aufgenommen. 4.2 § 31 SGB XII, Einmalige Bedarfe

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Durch die Neufassung von § 31 Abs. 1 Nr. 3 wird der bisherige Bedarf für mehrtägige Klassenfahrten (künftig in § 34), durch einen einmaligen Bedarf für die Anschaffung (Eigenanteile) und Reparaturen von orthopädischen Schuhen und therapeutischen Geräten usw. ersetzt. Diese Ausgaben wurden bisher bei der Regelsatzberechnung berücksichtigt. 5. Einfügung des Dritten Abschnitts Im Rahmen der Neustrukturierung des 3. Kapitels werden die neu einzuführenden Bedarfe für Bildung und Teilhabe als neuer Dritter Abschnitt mit den §§ 34 und 34a eingefügt.

5.1 § 34 SGB XII, Bedarfe für Bildung und Teilhabe Abs. 2 regelt, dass im Unterschied zum früheren Recht nicht nur mehrtägige Klassenfahrten sonder auch eintägige Schulausflüge (auch Ausflüge in KiTa´s) als Bedarf anerkannt. Weiterhin nicht mit umfasst Taschengeld für die Ausflüge, das ist weiterhin vom Regelsatz zu bestreiten. Absatz 4 regelt, dass die erforderlichen und tatsächlichen Schülerbeförderungskosten übernommen werden. Absatz 5 berücksichtigt, dass auch außerschulische Lernförderung vom Anspruch auf Sich erung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfasst sein kann. In der Regel ist sie nur kurzzeitig notwendig, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben. Schulische Angebote haben den Vorrang vor außerschulischer. Absatz 6 gewährt einen systematisch als Mehrbedarf einzuordnenden Bedarf für Schülerinnen und Schüler, die an einer in schulischer Verantwortung angebotenen Mittagsverpflegung teilnehmen, die gemeinschaftlich ausgegeben und eingenommen wird. Entsprechendes gilt für Kinder, die eine KiTa besuchen. Mit der Vorschrift wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das Schulmittagessen im Regelfall höhere Kosten verursacht, als im Regelbedarf für die Mittagsverpflegung enthalten sind. Diese sollen ausgeglichen werden. Dabei wird berücksichtigt, dass das Schulmittagessen konzeptionell nicht allein dem Zweck der Nahrung saufnahme dient, sondern daneben auch eine sozialintegrative Funktion besitzt. 5.2 § 34a SGB XII, Erbringung der Leistungen für Bildung und Teilhabe In Absatz 1 wird klargestellt, dass die Bedarfe im Sinne des § 34 Abs. 2 und 4 bis 7 nur auf Antrag erbracht werden; wobei eine mündlich Erklärung, dass ein entsprechender Bedarf besteht ausreichend ist. Absatz 2 besagt, dass die Leistungen gem. § 34 Absatz 2 und 5 bis 7 insbesondere durch personalisierte Gutschein zu erbringen ist. Alternativ können Kostenübernahmeerklärungen, mit denen die Leistungen direkt an den Anbieter überwiesen werden, abgegeben werden. Die Gültigkeitsdauer der Gutscheine ist für eine angemessene Dauer zu befristen. Die Leistungen gelten mit der Ausgabe der Gutscheine als erbracht, die Sicherstellung eines entsprechenden Angebotes fällt nicht in die Verantwortlichkeit des Lei-

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stungsträgers. Lediglich die Bedarfe für die Schülerbeförderung (Absatz 4) sowie der Bedarf für die persönliche Schulausstattung (Absatz 5) wird als Geldleistung erbracht. 6. Einfügung des Vierten Abschnitts Als Folge der Neustrukturierung des 3. Kapitels werden die Vorschriften für Bedarfe zur Sicherung von Unterkunft und Heizung als neuer Vierter Abschnitt mit den §§ 35 und 36 eingeordnet.

6.1 § 35a SGB XII, Satzung Durch § 35a gilt eine nach den §§ 22a bis 22c SGB II erlassene Satzung zur Bestimmung der Höhe der Kosten von Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch für das SGB XII. Dadurch wird gewährleistet, dass es keine Unterschiede hinsichtlich der Höhe der als angemessen anzusehenden Kosten für Unterkunft und Heizung gibt. Dies ist insbesondere in sogenannten Mischbedarfsgemeinschaften (Haushalte, in denen sowohl SGB II als auch SGB XII Bezieher leben) von Bedeutung. 7. Einfügung des Fünften und Sechsten Abschnitts Als Folge der Neustrukturierung der Vorschriften des 3. Kapitels bilden die Vorschriften für die Gewährung von Darlehen sowie von ergänzenden Darlehen mit den §§ 37 und 38 einen eigenen Abschnitt. Die bisherigen §§ 36 und 39 werden zum neuen Sechsten A bschnitt mit den §§ 39 und 39 a zusammengefasst. 8. § 116a SGB XII, Rücknahme von Verwaltungsakten Nach dieser neu eingefügten Regelung gilt § 44 Abs. 4 Satz 1 des SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes) mit der Ma ßgabe, dass an die Stelle des Zeitraums von 4 Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Diese Regelung hat zur Folge, dass die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers z.B. im Falle einer rechtswidrigen Vorentha ltung einer Sozialhilfeleistung für die Vergangenheit nur noch für längstens 1 Jahr statt bisher 4 Jahre besteht.

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