Alternativen zu Hieb- und Stichaufgaben

Dr. Hubert Weller Lahnau Alternativen zu Hieb- und Stichaufgaben Neue Aufgaben für Lineare Algebra / Analytische Geometrie " .... und hart im Raume ...
Author: Agnes Solberg
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Dr. Hubert Weller Lahnau

Alternativen zu Hieb- und Stichaufgaben Neue Aufgaben für Lineare Algebra / Analytische Geometrie

" .... und hart im Raume stoßen sich die Sachen!" Dieses Zitat von Schiller verdeutlicht die etwas eigenwillige Bezeichnung "Hieb- und Stichaufgaben" für die Lagebeziehungen von Punkten, Geraden und Ebenen im Raum, deren Untersuchung im traditionellen Geometrieunterricht der Oberstufe einen beträchtlichen Zeitumfang beansprucht. Wir wollten mit diesem Workshop Alternativen aufzeigen, die den Geometrieunterricht lebendiger, anwendungsbezogener und (vielleicht) auch interessanter werden lassen. Und wir wollten zeigen, inwieweit Computeralgebrasysteme (Derive und TI-92) unser Anliegen unterstützen können. In der Zeitschrift mathematiklehren zeigt Kroll (1996) einige Probleme des Geometrieunterrichts auf: • Rechnerische Disziplinen erscheinen ungleich wichtiger als geometrische Inhalte. • Räumliche Inhalte garantieren noch nicht, dass Raumvorstellung geschult wird. • Schulbuchautoren bleiben häufig zwischen den Buchdeckeln, raumgeometrische Aktivitäten müssen gefördert werden. Andelfinger kritisiert schon 1988, dass räumliche Geometrie in der Regel ein Lernen von Vokabeln, Arithmetik und Algebra ist. Als Antwort auf diese Kritikpunkte steht für uns ausser Frage, dass die Papier- und Bleistift-Aufgaben in zwei Richtungen ergänzt werden müssen: 1. Am Anfang eines Kurses in der Analytischen Geometrie steht die "händische" Beschäftigung mit räumlichen Gebilden.Die Herstellung von Modellen (evtl. im Rahmen eines Projekttages) erscheint uns auch für Leistungskursschüler unerläßlich. 2. Die Nutzung eines Computeralgebrasystems wie z.B. Derive oder der TI-92 ist eine große Bereicherung und ermöglicht eine Beschäftigung mit den mathematischen Grundlagen der Computergraphik. Dies ist eine nicht zu unterschätzende Motivation für die Schüler.

Ein Struktogramm verdeutlicht unser Vorgehen.

Zunächst wird das räumliche 3D-Objekt in der üblichen Weise als 2D-Bild zeichnerisch dargestellt. Nach Festlegung eines Koordinatensystems haben wir die Möglichkeit das Objekt durch 3D-Koordinaten zu erfassen und algebraisch zu beschreiben ( z.B. als Punktlisten). Bei der Untersuchung von Abbildungen im Raum wird der PC unerläßlich. Zunächst jedoch ist die Frage interessanter, wie bekommt man das 3D-Objekt als 2D-Bild auf den Bildschirm des Computers, d.h., welche Koordinatentransformation ist dazu nötig? Offensichtlich gibt es dabei mehrere Möglichkeiten, also mehrere Projektionsarten (Kavalierprojektion, Militärprojektion, Isometrische Projektion...). Hier arbeiten wir mit geeigneten Projektionsmatrizen, um unsere 3D-Punktlisten auf 2D-Listen zu transformieren. Eine Graphik auf dem Bildschirm bildet den Abschluss. Die Untersuchung von Abbildungen in der Ebene (von Spiegelungen und Drehstreckungen zu "selbsterfundenen" Abbildungen und ästhetisch ansprechender Computergraphik ) ist dank Matrizenkalkül und PC einfach zu realisieren. Am Anfang der Beschäftigung mit linearen Abbildungen ist es sicher sinnvoll, zunächst die Verhältnisse in der Ebene zu untersuchen. (Schon Felix Klein hat dafür plädiert, keine starre Trennung von räumlicher und ebener Geometrie vorzunehmen.) Die Übertragung der Ergebnisse in den 3D-Raum ist einfach und erlaubt es, 3D-Abbildungen (z.B. Bewegungen im Raum) im Unterricht zu untersuchen.

Die Pyramide und der Schatten Die erste Aufgabe - sozusagen Fingerübungen beschäftigt sich mit der Pyramide und ihrem Schatten (Kenntnisse über Ebenen- und Geradengleichungen seien hier vorausgesetzt.). • • •

Eine quadratische Pyramide steht neben einem Podest. Die Sonne scheint und wirft einen Schatten der Pyramide auf die Stufe. Die Richtung der Sonnenstrahlen ist gegeben.

Problem: Wie sieht der Schatten auf der Stufe aus?

Der Sonnenstrahl durch die Spitze wird als Gerade aufgefasst und ihre Gleichung bestimmt. Alle benötigten Punkte werden als Schnittpunkte von Geraden und Ebenen berechnet. In diesem Stadium wird das 2D-Bild parallel zur Rechnung mit Bleistift und Lineal geueichnet. Später kann das Bild auch auf dem Bildschirm erzeugt werden.

Darstellung einer Pyramide auf dem Bildschirm Für die weitere Arbeit wollen wir zum leichteren Zeichnen der geometrischen Objekte das karierte Papier nutzen (die Punkte können durch Abzählen an den Kästchen eingezeichnet werden):

Im Koordinatensystem ist eine Pyramide mit quadratischer Grundfläche gegeben (Kantenlänge 4, Höhe 3.5). Der Eckpunkt A hat die Koordinaten A = [ 6 , 3 , 1 ]. 1. Bestimme die Koordinaten der übrigen Eckpunkte. 2. Zeichne die Pyramide. 1. Um diese Pyramide auf ein Blatt Papier zu zeichnen haben wir die 3D-Koordinaten auf 2D-Koordinaten transformiert. Diese „neuen“ Koordinaten kann man sofort ablesen, wenn man ein x/y-Koordinatensystem über die Zeichnung legt. Zum Beispiel gilt für den oben gezeichneten Punkt P : [ 5 , 6 , 3 ] → [ 3.5 , 1.75 ] Entsprechend wird der Pyramidenpunkt A transformiert: [ 6 , 3 , 1 ] → [ 0 , -0.5 ] Bestimme zu allen Eckpunkten der Pyramide die zugehörigen 2D-Punkte. Wie heißen die 2D-Koordinaten zu [ 150 , 200 , 75 ] ? Suche Regeln zur Berechnung der Koordinaten. 2. Die oben gefundenen Transformationsgleichungen (oder Abbildungsgleichungen) können in Matrizenschreibweise dargestellt werden.  − 0.5 − 0.25 [x1 , x 2 , x 3 ] ∗  1 0  = [x,y]   1   0 Die mittlere Matrix heißt Projektionsmatrix.

Zur Übung: Berechne das Bild der Pyramidenspitze E über Matrizenmultiplikation und überprüfe das Ergebnis an der Zeichnung. 3. Unsere Pyramide kann jetzt auf dem Bildschirm dargestellt werden. Dazu mußt du

folgende Schritte durchführen (die Technischen Hinweise sollten beachtet werden): • Gib die 3D-Eckpunkte in den Rechner ein. • Je zwei aufeinanderfolgende Punkte werden später durch einen Streckenzug verbunden. Es muss also eine Punktliste in sinnvoller Reihenfolge erstellt werden, so dass ein geschlossener Streckenzug entsteht („zeichnen ohne den Stift abzusetzen“). Die Liste wird unter „pyra“ abgespeichert. • Gib die Projektionsmatrix ein und speichere sie unter „proj“. • Was liefert das Matrizenprodukt pyra∗proj ? • Das Zeichenprogramm „matplot“ (siehe Technische Hinweise) verbindet die berechneten Punkte in der gegebenen Reihenfolge.

Eine weitere Aufgabe beschäftigt sich mit dem "Innenleben" eines Würfels: Im Koordinatensystem ist ein Würfel der Kantenlänge 4 dargestellt. Der Eckpunkt A hat die Koordinaten A = [ 4 , 3 , 0.5 ] 1. Bestimme die Koordinaten der anderen Eckpunkte. 2. Wenn man die Mittelpunkte der Seitenflächen (Koordinaten?) mit den benachbarten Mittelpunkten verbindet, entsteht ein schöner, regelmäßiger Körper. Zeichne! 3. Stelle diesen Körper auf dem Bildschirm dar. Lösung: Es entsteht ein Oktaeder.

Projektionen Die mit der Matrix proj beschriebene Art der Darstellung nennt man Kavalierprojektion, ein Begriff aus dem mittelalterlichen Militärwesen. In der Praxis sind auch andere Projektionsarten üblich, z. B. benutzt man die Militärprojektion häufig in der Architektur, auch isometrische und dimetrische Projektionen werden verwendet. 1. Betrachte noch einmal die Kavalierprojektion und bestimme die Bilder der 3dimensionalen Einheitsvektoren [1,0,0] → [?,?] [0,1,0] → [?,?] [0,0,1] → [?,?] Was fällt dir auf? 2. Bestimme mit Hilfe der folgenden Abbildungen die Projektionsmatrizen für Militärprojektion, isometrische und dimetrische Projektion.

1

1 0.5 120°

α 90°

1

1

α

α α

1

β=97.18° α

0.5

1 1

Miltärprojektion

Isometrie

Dimetrie

3. Wähle einen beliebigen Körper und stelle ihn in verschiedenen Projektionen dar. Beschreibe die Besonderheiten der jeweiligen Darstellung.

Welche Projektion könnte für welchen Zweck geeignet sein? Lösung: 1.: Die Bilder der Einheitsvektoren stehen in den Zeilen der Projektionsmatrix. 2.: Wir bestimmen die jeweiligen Bilder der Einheitsvektoren und setzten diese zur Projektionsmatrix zusammen: Militärprojektion  − cos(30°) − sin(30°)     cos(60°) − sin(60°)  → mi,  0 0.5  

Isometrische Projektion  − cos(30°) − sin(30°)     cos(30°) − sin(30°)  →iso,   0 1  

Dimetrische Projektion  −0.5cos(41, 4°) −0.5sin(41, 4°)    − sin(7, 2°)  →di  cos(7, 2°)   0 1  

Hier ein Turm in den vier Projektionsarten (Schülerarbeit).

Für das Kapitel

Lineare Abbildungen mit Matrizen in der Ebene müssen wir folgendes wissen: 1)

a b Eine Abbildung in der Ebene kann durch eine Matrix der Form   beschrieben c d  werden.  1 2 Beispiel: [ 3 , 2 ] ⋅   =[3,8]  0 1 Das heißt, der Punkt (3|2) wird auf den Punkt (3|8) abgebildet.

2)

Eine Figur muss nicht mehr punktweise abgebildet werden - Punktlisten erleichtern die Arbeit! Beispiel: haus:={P1, P2, P3,......P1} stellt die Liste eines geschlossenen Streckenzuges dar. a b haus ⋅   = Punktliste des Bildes c d 

P3 P2

3)

Die Hintereinanderausführung mehrere Abbildungen lässt sich durch eine Abbildung ersetzen. Dazu werden die Abbildungsmatrizen miteinander multipliziert.

4)

Die Bilder der Einheitsvektoren stehen in den Zeilen der Matrix. Damit lässt sich die Matrix einer Abbildung aus den Bildern der Einheitsvektoren bestimmen.

P1

Welche elementargeometrischen Abbildungen werden durch Matrizen  a b der Form A =   beschrieben? − b a 

Arbeitsaufrag: a) Klassifiziere die entstehenden Abbildungen. b) Wir wollen jetzt die durch eine Matrix beschriebene Abbildung noch anschaulicher machen, indem wir eine Bildfolge herstellen:  1 k Erzeuge mit der Matrix   eine Reihe von Bildern und veranschauliche so die − k 1 

 1 2 geometrische Abbildung, die zur Matrix   gehört. −2 1 Zunächst musst du dir eine Figur ausdenken, die abgebildet werden soll. Was erhält man für k = 0 ?

c) Erzeuge weitere Bildfolgen ("Schöne Bilder") oder stelle einen "Film" her.

Beispiel:

Homogene Koordinaten Viele der elementargeometrischen Abbildungen können wir mit 2x2-Matrizen bearbeiten, nämlich alle, die den Nullpunkt als Fixpunkt besitzen. Probleme bereiten uns jedoch Verschiebungen, Spiegelungen an Achsen, die nicht durch (0|0) verlaufen und Drehungen um andere Drehzentren. Es wäre wünschenswert, auch diese mit dem mächtigen Werkzeug „Matrizen“ beschreiben zu können, zumal die Matrizenmultiplikation in jedem CAS verfügbar ist. Dazu arbeiten wir mit einem Trick – mit homogenen Koordinaten. Unsere 2D-Arbeitsebene wird dabei in den 3D-Raum eingebettet. Dies geschieht folgendermaßen: Wir hängen einfach an jeden Punkt unserer Punktliste eine 1 als dritte Koordinate, d.h. aus [ x1 x 2 ] wird [ x1 x 2 1] und unsere Abbildungsmatrix A wird erweitert zu A3D

 a b 0 = c d 0 . 0 0 1

r Wenn wir nun eine Verschiebung mit dem Vektor v = [v1 wir als Abbildungsmatrix  1 0 0 V(v1,v2) =  0 1 0 .  v1 v 2 1

v 2 ] durchführen wollen, wählen

Arbeitsauftrag:

1. Verschiebe eine geeignete Figur (2D-Punktliste) um 11 Einheiten nach links und 2 Einheiten nach oben. 2. Wir wollen untersuchen, durch welche Ersatzabbildung die Hintereinanderausführung einer Drehung um den Nullpunkt um 45° und einer Drehung um das Drehzentrum [6,0] um 120° beschrieben wird. • Führe beide Abbildungen mit CABRI oder EUKLID durch. Welche Vermutung hast du hinsichtlich der Art der Abbildung? • Bearbeite das Problem mit Matrizen. Hat die Abbildung einen Fixpunkt? Kannst du die Vermutung hinsichtlich der Art der Abbildung bestätigen? Lösung:

1.

In der Ebene wird die gegebene Figur wie bisher gezeichnet, danach wird an jeden Punkt der Punktliste die 1 als 3.Koordinate angehängt und die Figur wird durch Multiplikation mit V(-11,2) verschoben. Zum Zeichnen werden in der Punktliste jeweils nur die erste und die zweite Koordinate benötigt.

2. Die Abbildungen werden zunächst geometrisch konstruiert (DGS). Das Drehzentrum für die Gesamtabbildung ist der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten der Verbindungsstrecken von Orginal- zu Bildpunkt.

Rechnerisch gehen wir folgendermaßen vor: Bei der Punktliste ha wird jeweils die 3. Koordinate 1 ergänzt, dann unter dem Namen haho abgespeichert. Die Matrix dreh(α) wird eingegeben:  cos(α) sin(α) 0 dreh(α) =  − sin(α) cos(α) 0  0 0 1

Die gesuchte Abbildung berechnet sich aus: haho ⋅ dreh(45) ⋅V(-6,0) ⋅ dreh(120) ⋅ V(6,0)

Nach der Drehung um den Nullpunkt wird das Zentrum in den Nullpunkt verschoben, gedreht und anschließend wieder zurück verschoben.

Die Bestimmung des Drehzentrums (Welcher Punkt ist ein Fixpunkt bei dieser Abbildung? Ein Gleichungssystem muss gelöst werden) ergibt [4.84, -2.01]. Den Drehwinkel von 165° berechnet man über das erste Element der neuen Matrix.

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