Agile Organisation einfach anders arbeiten

Agile Organisation – einfach anders arbeiten Inhalt 2  Agile Organisation – wozu braucht man denn sowas?!  4 Über das Konzept dieser Broschüre  6 ...
Author: Swen Lorentz
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Agile Organisation – einfach anders arbeiten

Inhalt 2  Agile Organisation – wozu braucht man denn sowas?!  4 Über das Konzept dieser Broschüre  6  Arbeiten 4.0, New Work, agile ­Organisation, Scrum – worum geht’s hier überhaupt? 9 Von der Bürofabrik zur agilen Organisation  14 Agile Transformation Framework  17 Agile Produktentwicklung  21 Agiles Arbeiten im Team  28 Agile Coaching Framework  32 Agile Organisation – der Beginn einer langen Reise  

Agile Organisation – wozu braucht man denn sowas?! Seit einigen Jahren boomen Begriffe wie Arbeiten 4.0, Industrie 4.0, New Work, agiles Arbeiten und agile Organisation – doch was steckt dahinter und wer braucht das eigentlich? Ist es die sprichwörtliche »Sau die durch das Dorf getrieben wird« oder eine ernsthafte Veränderung der Arbeitswelt, mit der man sich als Geschäftsführer oder Führungskraft lieber früher als später befassen sollte? Diese Fragestellung begegnet uns in Gesprächen oft. Deshalb soll Ihnen unsere Broschüre eine erste Orientierung im Dschungel der Begriffe und Konzepte geben. Tipps und Tricks helfen Ihnen selbst aktiv zu werden – mit oder ohne unsere Hilfe. Am Ende können Sie eine valide Entscheidung darüber fällen, ob Sie eine Agile Organisation brauchen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein oder ob Sie einfach weitermachen können wie bisher. Die Entscheidung liegt bei Ihnen!

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Über das Konzept dieser Broschüre Bei dieser Broschüre haben wir uns derselben Arbeitsweisen bedient, die wir auch unseren Kunden näherbringen. Think Big – start small!

Anstatt Monate lang darüber zu brüten, wie die tollste Broschüre der Welt aus­ sehen könnte und was alles darin stehen müsste, haben wir genau anders­herum angefangen. Was ist das Minimum, das in einer Broschüre über die Arbeit in einer agilen Organisation stehen müsste, damit sie einen echten Mehrwert für den Leser bringt? Das Ergebnis liegt Ihnen hier in Form eines sogenanntes MVP vor – einem ­»Minimal Viable Product«. Es ist die kleinstmögliche Version unserer Broschüre, der eigentliche Kern dieses Produktes. Im agilen Kontext nennt man dies auch einen »inkrementeller Entwurf«– also die Skizze für den ersten vollfunktions­ fähige Prototypen einer Idee oder eines Features. Sieht vielleicht nicht schön aus, funktioniert aber und ist erweiterungsfähig. Wir haben uns vorgenom­ men in den nächsten Monaten wie bei einer Zwiebel den Inhalt der Broschüre Schicht um Schicht zu erweitern. Sie dürfen also gemeinsam mit uns gespannt sein, ­w ohin uns diese Reise noch führen wird!

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Arbeiten 4.0, New Work, agile ­Organisation, Scrum – worum geht’s hier überhaupt? Letztlich umschreiben diese Begriffe ähnliche oder sogar identische Konzepte. Schon seit der Einführung industrieller Arbeit gab es nicht nur Befürworter, sondern auch Kritiker dieser Produktionsmethoden, da sie aus Sicht der Betei­ ligten oft mit einer Einschränkung der Entscheidungsfreiheit einhergingen. Inzwischen stehen statt der Fabrikarbeiter auch gut ausgebildete Wissensarbei­ ter an einem virtuellen Fließband und versuchen nach zentral vorgegebenen Prozessen in strikter Arbeitsteilung ihre Arbeit zu erledigen. Doch in einem hochkomplexen Umfeld sind die Arbeitsweisen solch einer Bürofabrik nicht zielführend. Denn wenn Lösungswege nicht mehr klar ersichtlich und Prozesse wiederholbar sind, dann müssen permanent neue und intelligentere Wege gefunden werden um die Aufgaben erfolgreich zu meistern. Die Erkenntnis, dass die Organisationsblaupause der Aufbau- und Ablauforgani­ sation nicht für alle Unternehmen und Einsatzzwecke passt, ist zwar nicht neu. Jedoch konnten sich alternative Organisations- und Arbeitskonzepte bisher auf Dauer nicht durchsetzen. Unter dem Stichwort »Humanisierung der Arbeit« und »(teilautonome) Gruppenarbeit« gab es zwar bereits in den siebziger und achtziger Jahren des 6

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20. Jahrhunderts erste Versuche strenge Arbeitsteilung und hierarchische Strukturen in Unternehmen aufzuheben. Diese fortschrittlichen Ideen wur­ den jedoch – genauso wie Ihr Vorbild Lean-Management – nur vereinzelt umgesetzt.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig, weshalb wir nur die wichtigsten anreißen möchten: Die Fehleinschätzung darüber, wie stark Sozialisation, Kultur und Aus­ bildung Menschen prägen und wie lange es dauert, diese Barrieren dauerhaft zu überwinden, führte meist nach wenigen Jahren dazu, dass die enthusiastisch begonnenen Veränderungsvorhaben langsam aber sicher an Unterstützung verloren und schließlich ganz zum Erliegen kamen. Unter neuem Namen erleben diese Konzepte von Selbstorganisation und Eigenverantwortung, flachen Hierarchien und lernender Organisation derzeit eine Renaissance. Der Auslöser ist hierbei vor allem die immer stärkere Vernet­ zung von weltweiten Märkten und gesellschaftlichen Veränderungen in Folge von Globalisierung und Digitalisierung. Das überholte Konzept der detaillierten Jahresplanung, das noch aus Zeiten lokaler, abgeschotteter und regulierter Märkte stammt, greift heutzutage ebenso nicht mehr wie arbeitsteiliges Arbei­ ten in funktionalen Silos. Wenn also von Arbeiten 4.0, New Work, agiler Organisation, Scrum und agilem Arbeiten die Rede ist, wird damit größtenteils auf eine auf das digitale Zeitalter angepasste Variante des Lean Managements zurück gegriffen.

Von der Bürofabrik zur agilen Organisation 8

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Erfolgreich in dynamischen Märkten agieren

Wenn der Wettbewerb immer härter zu werden scheint und die Geschwindig­ keit mit der neue, bessere oder billigere Produkte auf den Markt kommen fort­ während zunimmt, kann man auf Globalisierung und Digitalisierung schimpfen. Ob es jedoch Erfolg verspricht, sich die Schutzwälle abgeschotteter, lokaler Märkte zurückzuwünschen, ist fraglich. Eine bessere Strategie besteht darin zu ergründen, warum das eigene Unternehmen nicht den Takt bei der Verän­ derungsgeschwindigkeit vorgibt. Erfolgreich ist, wessen Organisationsstruktur flexibel genug aufgestellt ist um schnell auf Marktveränderungen reagieren zu können. Das Erfolgsrezept der Industrialisierung, zentrale Kontrolle und die Ver­ teilung der Arbeitsprozesse auf funktionale Silos, hilft Ihnen dabei nicht mehr. Arbeitsteilige Strukturen, welche für die serielle Massenproduktion gedacht waren und dort gut funktionierten, haben sich bis heute gehalten, obwohl der Hauptanteil der deutschen Wirtschaftsleistung inzwischen durch Wissensarbeit und nicht mehr am Fließband erwirtschaftet wird. Das Resultat sind Bürofa­ briken – aber wie sinnvoll ist arbeitsteilige Wissensarbeit? Um in übersättigten Märkten schnell reagieren zu können, ist ein fluideres System notwendig. Viele Unternehmen haben dies bereits erkannt, in der Umsetzung jedoch die alten Prinzipien von zentraler Kontrolle und Arbeitstei­ lung beibehalten. Diese Art von Umstrukturierung führt meist nie zu wirklichen Verbesserungen, sondern verstärkt durch lokale Optimierungen den Frust und Stillstand in der Organisation. Wer also wirklich etwas verändern möchte sollte zunächst verstehen, was mit einer agilen, lernenden Organisation gemeint ist und was Wertschöpfung im Lean Management mit agilem Arbeiten zu tun hat.

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Nähe zum Markt heiSSt auch Nähe zum Kunden

Wer schnell auf Marktveränderungen reagieren möchte sollte vor allem eines im Blick behalten: Den Kunden. In vielen großen Unternehmen gewinnt man den Eindruck, der Kunde sei nur notwendiges Übel und die Organisation ist vornehmlich mit der Optimierung der inneren Effizienz beschäftigt. Bei kleinen Unternehmen hingegen trifft man oft auf das Phänomen, dass Kunde und Unternehmen eine verhängnisvolle Symbiose eingehen, d.h. das aus falsch verstandenem Dienstleistungsgedanken nahezu jeder Wunsch des Kunden erfüllt wird. Nach unserer Erfahrung macht hier die richtige Mischung den Erfolg aus! Um überhaupt in der Lage zu sein Kundenwünsche zu erkennen und schnell bedienen zu können, hat sich das Mantra des Lean-Startup bewährt: Build, measure, learn. Auf Deutsch: Bauen, messen und daraus lernen. Lean Startup bedient sich dabei sowohl des Pull-Prinzips von Lean als auch dem schnellen Feedback-Zyklus agiler Produktentwicklungsmethoden wie Scrum und eXtreme Programming. In dem Kunde und Kundenfeedback integraler Bestandteil des Entwicklungszy­ klus sind, stellt man sicher, dass man nicht das beste Produkt aus eigener Sicht, sondern für die Kunden entwickelt und dennoch eigene wirtschaftliche Interes­ sen wie Entwicklungs-, Produktions- und Betriebskosten im Auge behält. Übertragen auf die gesamte Organisation bedeutet dies, dass die Strukturen darauf ausgelegt sein müssen, nicht allein internen Interessen Rechenschaft zu tragen, sondern vor allem durch kontinuierliche Verbesserung eine schnellst­ mögliche Bearbeitung des Kundenanliegens zu gewährleisten.

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Der Weg zur agilen Organisation

Erfahrungsgemäß stellen schon einfache Umstrukturierungen traditionell arbeitende Unternehmen vor große Herausforderungen. Die agile Transfor­ mation ist dabei die Königsdisziplin, da kaum ein Stein auf dem anderen bleibt: Werte, Strukturen und Kultur die bisher das Rückgrat der Organisation aus­ machten werden in Frage gestellt und verändern sich. Während in arbeitstei­ ligen Organisationen die Optimierungsbemühungen auf Effizienz und Kosten­ reduktion ausgelegt sind, strebt die agile Organisation nach Effektivität.

Basierend auf diesen Prinzipien haben wir als Werkzeug für die ­Transformation Ihres Unternehmens das Agile Transformation Framework entwickelt, mit ­dessen Hilfe Sie allein oder durch uns unterstützt Ihr Unternehmen in eine agile, lernende Organisation verwandeln können!

Lean Management ist dabei Grundlage und Vorbild der agilen Denk- und Ar­ beitsweise und wurde schon Mitte des 20. Jahrhunderts bei Toyota entwickelt. Binnen weniger Jahrzehnte schaffte man es so von einem lokalen, asiatischen Anbieter zum Weltmarktführer im Automobilbau aufzusteigen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Lean-Erfolgsprinzipien einfach zu verstehen aber schwer umzusetzen sind. Wer es gewohnt ist arbeitsteilig nach Befehl und Gehorsam zu handeln, dem wird viel abverlangt, wenn er in Zukunft seine Organisation nach agilen Prinzipien ausrichten soll: Das Ziel ist die Erzeugung von Wert für den Kunden

Erreicht wird dies durch Respekt gegenüber Kunden und Mitarbeitern, das Ver­ meiden von Verschwendung, den Flow-Prinzipien der Produktentwicklung und kontinuierlicher Verbesserung innerhalb einer lernenden Organisation. Die vorrangige Aufgabe von Geschäftsführung und Führungskräften ist daher die Mitarbeiter zu befähigen und dabei zu unterstützen, diese Ziele zu erreichen.

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Agile Transformation Framework

1 Klarheit über das Ziel zu gewinnen steht bei einer Veränderung an erster Stelle. Wir zeigen Ihnen daher zum Einstieg ausgewählte Filmdokumentationen, die Ihnen einen ersten Eindruck davon geben, was mit einem »agilen Unternehmen« wirklich gemeint ist und dass es sich um keine Utopie handelt, sondern bereits Wirklichkeit ist. Das Gesehene wird im Anschluss gemein­ samen reflektiert, um zu den richtigen Erkenntnissen zu gelangen.

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2 Mit einer Agile Safari ermöglichen wir es Ihnen agile Unternehmen zu besuchen, um einen Eindruck aus erster Hand zu erhalten. Sie können erleben und begreifen, wie diese Unternehmen ihre Aufgaben auch ohne di­ cke Prozesshandbücher oder überbordende Bürokratie meistern.

3 Anschließend organisieren wir für Sie eine Zukunftskonferenz, in der Sie Ihre Ziel­ vorstellung für die agile Transformation Ihres Unternehmens erarbeiten. Die komplette Belegschaft definiert die ersten Schritte des gemeinsamen Weges zur agilen Organisation.

Als Agile Reiseführer begleiten wir Sie und stellen sicher, dass der gemeinsame Ausflug zum nachhaltigen Erlebnis wird.

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4 Im Agile Dojo vermitteln wir Ihnen Wissen, stärken Ihre Fähigkeiten und üben gemeinsam Praktiken ein, durch die die gewünschte Veränderung nach und nach Wirklichkeit wird. Wir helfen Ihnen dabei, das Vereinbarte umzusetzen, so dass aus einer starren Struktur Schritt für Schritt eine lernende Organisation wird.

5 Die ursprünglichen Ziele der Zukunfts­ konferenz überprüfen wir gemeinsam durch regelmäßige Folgekonferenzen. Welche Etappenziele wurden bereits erreicht? Wo müssen Kurskorrekturen vorgenommen werden? Welche neuen Erkenntnisse wurden auf dem Weg gewonnen? Wir unterstützen Sie bei der Beantwortung dieser Fragen und geben Ihnen damit Instrumente an die Hand, mit denen Sie selbstständig den Weg zur agilen Organisation weitergehen können.

Agile Produktentwicklung 16

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Produktentwicklung ist Annahmen-Validierung

Neue Produkte zu entwickeln erfordert Mut. Denn niemand kann mit Be­ stimmtheit sagen, was funktionieren wird. Das Risiko, dass ein Produkt nicht so gut ankommt wie gedacht, ist immer vorhanden und macht es schwer, hohe Entwicklungsaufwände zu rechtfertigen. Auch das erforderliche Maß an Qualität zu treffen, ist eine Herausforderung in der Produktentwicklung. Denn Qualität hat Ihren Preis, was mitunter die Chancen auf dem Markt senkt. Die Lösung ist nicht der perfekte Plan – es sei denn, Sie können Hellsehen. Stattdessen ist man sich bei der agilen Produktentwicklung darüber im Klaren, dass man lediglich mit Annahmen arbeitet, die regelmäßig validiert werden müssen. Annahmen darüber was der Kunde wünscht, was er braucht und wofür er bereit ist Geld auszugeben. Ebenso Annahmen darüber, wie die bestmög­ liche Umsetzung dieses Kundenwunsches aussieht und mit welchen Mitteln man dabei am besten ins Ziel gelangt. werden jede Menge Hypothesen auf­ gestellt – im Wesentlichen darüber, was der Kunde sich wünscht und was ihm besonders wichtig ist. Diese einfache Erkenntnis führt zu der Überzeugung, dass in der Produktent­ wicklung das allerwichtigste ist, Annahmen regelmäßig zu validieren. Und zwar möglichst schnell. So wirkt man dem Dilemma entgehen, dass monatelange konzentriert an einem Produkt gearbeitet wird, dass der Markt am Ende gar nicht braucht. Genau das ist der Grundgedanke von Lean Startup: in einem risikoreichen Unterfangen muss Feedback herausgefordert werden. Anstatt den Markt nur aus der Ferne zu beobachten, werden Kunden und Nutzer früh und regel­ mäßig eingebunden, am besten indem sie das Produkt tatsächlich nutzen. 18

Produktentwicklung ist also als eine fortlaufende Aneinanderreihung von kleinen Experimenten zu verstehen. Die Experimente so zu gestalten, dass der Erkenntnisgewinn maximiert wird, ist das richtige Mittel, um mit der Unsicher­ heit umzugehen. Scrum ist einfach zu verstehen, aber schwer zu meistern

Agiles Arbeiten basiert auf der gleichen Erkenntnis. Bei Scrum ist jeder Sprint als eine Experimentierphase zu verstehen, die mit einer Validierung der neuen Produktversion abgeschlossen wird. Kontinuierliches Lernen und Produktver­ besserung werden so ermöglicht. Klingt einfach – oder? Vorsicht: Scrum ist einfach zu verstehen, aber schwer zu meistern. Matching the Concepts – Neues Wissen wird anhand des alten interpretiert

Leider ist die halbherzige Umsetzung von Scrum eher die Regel anstatt die Ausnahme. Ein Grund dafür ist die menschliche Neigung, bereits b ­ estehende Konzepte anzupassen anstatt radikal neue zuzulassen. Unser Gehirn sucht permanent nach Assoziationen zu bereits Bekanntem, um sich daraus Neues zu erklären. Um dieser Falle zu entgehen, verfolgen wir den Ansatz, dass wir agiles Arbeiten zuallererst erfahrbar machen. Auf diesem Erlebnis können wir als Coaches aufbauen, um ein richtiges Grundverständnis für Scrum zu schaffen, bei dem das neue und nicht das alte Wissen prägend ist. Unsere neue Workshop-Reihe »The Agile Experience« haben wir genau aus die­ sem Grund entwickelt – natürlich indem wir selbst agile Methoden angewendet 19

haben. Das Modul »Agile Produktentwicklung mit Scrum« findet in einer agilen Umgebung statt und bietet den Teilnehmern damit Eindrücke aus erster Hand. Inhaltlich kombinieren wir die besten Ansätze, die sich in der kreativen Produkt­ entwicklung bewährt haben. Praktiken können interaktiv erlernt und erlebt werden, so dass Sie nach dem Workshop das Erlernte schnell anwenden und selbst aktiv werden können.

Agiles Arbeiten im Team 20

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Vom Sachbearbeiter zum agilen Teammitglied

In einer agilen Organisation findet die Mehrheit Arbeitsprozesse im komplexen Umfeld statt, da dadurch der höchste Wertschöpfungsgrad erreicht wird und man danach strebt, einfache Tätigkeiten zu automatisieren. Dadurch bedingt kommt der Arbeit in interdisziplinären Teams, anders als bei arbeitsteiligen Organisationsformen, eine zentrale Bedeutung zu. Das Produkt und selbstorga­ nisierte Teams bilden die zwei zentralen Rollen der agilen Produktentwicklung. Erfahrungsgemäß entstehen genau an dieser Stelle die größten Probleme: Während in einem arbeitsteilig geprägten Umfeld ein Team oder Arbeitsgruppe eher als eine Organisationseinheit verstanden wird, in der der Teamleiter den Informationsfluss in das Team hinein und von ihm weg steuert, Arbeitsschritte einzelnen Teammitgliedern zuweist und deren Abarbeitung überprüft, wird im agilen Kontext der Begriff »Team« vollkommen anders verstanden. Ein Team besteht hier aus maximal neun Personen die zum Teil unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, aber an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Während in arbeitsteiligen Organisationen sich so eine Gruppe eher als Zweckgemeinschaft versteht und gerne in Einzel- oder Zweier-Büros Ihrer Sachbearbeiter-Tätigkeit nachgeht, spricht man bei agilen Teams von einer Sinngemeinschaft, die ein gemeinsames Ziel verfolgt und den regelmäßigen Austausch sucht, daher auch in offenen Gemeinschaftsbüros arbeitet. Durch die gemeinsame Arbeitsfläche wird das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt und schnelle Kommunikation gefördert. Denn anders als bei einfachen Tätigkeiten steht bei der agilen Teamarbeit nicht Effizienz, also eine möglichst hohe Anzahl von Arbeitsergebnissen, sondern Effektivität im Vordergrund, also die Bewältigung komplexer Aufgaben durch die bestmögliche Lösung.

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Bedingt durch diesen Paradigmenwechsel wird eine Neubewertung der bisheri­ gen Team-Zusammenstellung nach folgenden Kriterien notwendig: „„ Fachliche

Fähigkeiten Fähigkeiten „„ Teamrolle & Arbeitspräferenzen „„ Soziale

In den meisten Fällen wird sich nach Jahrelangem arbeitsteiligen Arbeiten ein Defizit bei den fachlichen und sozialen Fähigkeiten aufgebaut haben. Das heißt die vermeintlichen Effizienzgewinne durch Arbeitsteilung, zentral vorgeschrie­ benen Arbeitsprozessen und geringem Fortbildungsbudget haben zu einem Defizit bei den Teammitgliedern geführt, welches im Laufe des Aufbaus eines agilen Teams wieder ausgeglichen werden muss. Gleichzeitig wird erfahrungs­ gemäß schnell klar, dass in der bisherigen Konstellation in den meisten Fällen nicht weitergearbeitet werden kann. Denn im arbeitsteiligen Umfeld fallen individuelle Teamrollen und Arbeitspräferenzen oft nicht ins Gewicht, da meist keine gemeinsame Arbeit als Team stattfindet. Die Folge davon sind in aller Regel die »5 Dysfunktionen eines Teams« (Patrick Lencioni): 1. Gemeinsame Ergebnisse sind unwichtig 2. Verantwortung wird nicht eingefordert 3. Kein Bekenntnis zu getroffenen Entscheidungen 4. Angst vor Konflikten 5. Fehlendes Vertrauen Bei der agilen Teamarbeit müssen daher auch diese Defizite ausgeglichen werden, was am besten mit einer initialen Selbsteinschätzung der individuellen Teamrolle und Arbeitspräferenzen beginnt und mit einer selbstorganisierten Neuformierung der Teams (»Selfdesigning Teamworkshop«) fortgesetzt wird. 23

Teamrollen

Das aus unserer Sicht am besten passende Erklärungsmodell für Teamrollen hat Meredith Belbin entwickelt. Er kam in seinen Untersuchungen zu dem gleichen Schluss wie die Initiatoren des agilen Manifestes: Teams arbeiten dann e ­ ffektiv zusammen, wenn sie aus einer Vielzahl heterogener Persönlichkeits- und Rollen­typen bestehen. Belbin gliederte sein Teamrollen-Konzept in drei Haupt­ orientierungen und jeweils drei dazugehörige Teamrollen: „„ Handlungsorientierung:

Macher, Umsetzer, Perfektionist „„ Kommunikationsorientierung: Koordinator, Teamarbeiter, Wegbereiter „„ Wissensorientierung: Neuerer, Beobachter, Spezialist Unserer Erfahrung nach gibt es oft eine nicht unerhebliche Differenz zwischen der organisatorischen Rolle eines Teammitglieds und seiner eigentlichen Team­ rolle. Durch eine Selbsteinschätzung mit Hilfe des Belbin-Fragebogens und anschließendem Feedback durch unabhängige Beobachter ist es für Teammit­ glieder möglich, mehr über die eigenen Stärken, Schwächen und Arbeitspräfe­ renzen zu erfahren und so im Rahmen einer selbstorganisierter Neuformierung die richtige Zusammensetzung eines Teams zu wählen, anstatt sich wie bisher auf formale Rollenbeschreibungen zurück zu ziehen und die Persönlichkeit weitestgehend auszublenden. Teamphasen

Bruce Tuckman entwickelte bereits 1965 Teamphasenmodell, welches wir auf­ grund eigener Erfahrungen als sehr stimmig einschätzen. Nach dem TuckmanModell durchlaufen Teams fünf Phasen, die sich allerdings in der Realität mitunter nur schwer voneinander abgrenzen lassen und deren einzelne Dauer nicht genau vorhersagbar ist. Unstrittig ist hingegen, dass die Phasen nicht 24

übersprungen werden können und eine Veränderung der Teamkonstellation den Teamentwicklungsprozess von neuem beginnen lässt. Forming (Testphase): In der ersten Phase findet ein langsames Kennenlernen statt, welches durch Vorsicht und Höflichkeit geprägt ist. Die Kommunikation unter den Teammitgliedern ist wenig intensiv während jeder versucht seine Aufgabe und Rolle im Team zu finden. Storming (Nahkampfphase): In der sog. Nahkampfphase finden die ersten Konflikte und Rivalitäten statt. Diese Phase ist von entscheidender Bedeutung, damit aus ein Team mit hohem Reifegrad entstehen kann. Norming (Organisierungsphase): In der Normierungsphase entwickelt das Team gemeinsame Ziele und Werte, Regeln und Verhaltensweisen. An die Stelle von eigenen Interessen tritt ein Wir-Gefühl. Aus der Zweckgemeinschaft wird eine Sinngemeinschaft, wodurch auftretende Konflikte konstruktiv gelöst werden. Performing (Arbeitsphase): In der vierten Phase erreicht das Team seine volle Leistungsfähigkeit. Es ist in der Lage gemeinsam ein Ziel zu verfolgen und komplexe Aufgabenstellungen zu meistern. Der größte Gewinn für Team und Organisation entsteht durch die Förderung der Aufrechterhaltung dieser Phase und der Vermeidung von Störungen, bspw. die partielle oder endgültige Verän­ derung der Teamzusammensetzung. Transforming (Trennungs- und Transferphase): In der letzten Phase blickt das Team gemeinsam zurück und zieht Bilanz: Die gewonnen Erkenntnisse über den eigenen Teamprozess können nun im Sinne der lernenden Organisation sowohl von den Teammitgliedern selbst als auch durch die Organisation genutzt werden.

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Agile Teamentwicklung

Neben der Entwicklung der Organisation bildet die Teamentwicklung den zwei­ ten Arbeitsschwerpunkt des agilen Coaches. Daher haben wir aufgrund unserer Erfahrung das Agile Coaching Framework (ACF) entwickelt, mit dessen Hilfe Auftragsklärung, Standort-Bestimmung, Team-Entwicklung und die Initiierung von Selbstorganisation und selbstgesteuertem Lernen im Team strukturiert vorgenommen werden können. Es kann sowohl von Führungskräften und Teams selbständig genutzt werden als auch als Grundlage für die Zusammenarbeit mit uns dienen. Wichtig ist in beiden Fällen, dass dem Lernen im wahrsten Sinne des Wortes Raum gegeben wird: Sowohl die richtige Umgebung, die richtigen Themen als auch das richtige Maß an ungestörter Zeit für das gemeinsame Lernen begrün­ det den Erfolg von Teamentwicklungsmaßnahmen. Unsere Erfahrung auf diesem Gebiet haben wir daher in unsere eigenen Kon­ zepte des Agile Dojo und des Agile Lab einfließen lassen. Gerne unterstützen wir Sie dabei, ein eigenes Dojo oder Lab einzurichten.

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Agile coaching framework Der Erfolg eines Coachings ist maßgeblich davon abhängig, dass Coach und Coachees das gleiche Verständnis von der Ausgangssituation und dem ange­ strebten Ziel haben. Veraenderungskraft versteht sich in diesem Zusammen­ hang als Wegbereiter und Wegbegleiter, der zusammen mit den Coachees die ersten Schritte auf dem Weg der Veränderung geht. Das von uns entwickelte Agile Coaching Framework (ACF) dient dabei beiden Seiten als Leitplanke, um der gemeinsamen Reise eine Struktur zu geben, mit deren Hilfe das gewünschte Ziel erreicht werden kann.

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1 Auftragsklärung

Für uns ist es besonders wichtig, zunächst einander kennen zu lernen. Deshalb begin­ nen wir jeden Coaching­Auftrag mit einem persönlichen Gespräch, in dem wir gemein­ sam mit dem Auftraggeber Klarheit darüber erhalten, was die Ausgangslage und Ziel­ setzung für die Beauftragung ist. Daneben gibt es auch weiche Faktoren, die ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen: Sind sich Auftraggeber, Coach und Coachees sympa­ thisch und der Überzeugung, den richtigen Partner gefunden zu haben? Um diese Frage ehrlich beantworten zu können, müssen wir einander authentisch kennen lernen. Nur so können wir beurteilen, ob wir zueinander passen.

2 Diagnose

In der Diagnose­Phase wollen wir Sie und Ihre Organisation bei der täglichen Arbeit erleben – ohne Businesstheater oder dop­ pelten Boden. Wir verbringen bei Ihnen ein oder zwei Werktage als stille Beobachter im Rahmen einer Hospitation. Damit wir uns ein unverfälschtes Bild machen können, ist es für uns entscheidend, dass wir bei Ihnen willkom­ men sind. Nur dann sind wir in der Lage, Ihre aktuelle Arbeitsweise und Teamdynamik zu verstehen, um daraus die richtigen Arbeits­ hypothesen abzuleiten.

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3 Auftragsdesign

4 Gemeinsames Lernen

5 Abschluss

Aus einer fundierten Diagnose entsteht ein passendes Auftragsdesign. Auf der Grund­ lage unserer Beobachtungen und Ihrer Wün­ sche entwickeln wir gemeinsam mit Ihnen einen Plan, der passend zu Ihren Anliegen eine ausgewogene Abfolge von Trainingsund Coachingmaßnahmen enthält.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgt im Agile Dojo. Dort vermitteln wir Ihnen Wissen, stärken Ihre Fähigkeiten und üben gemeinsam Praktiken ein, um die gesetzten Ziele zu erreichen. So helfen wir Ihnen dabei, die gewünschte Veränderung selbstorgani­ siert und eigenverantwortlich umzusetzen.

Zum Abschluss des Auftrages ist es uns besonders wichtig, gegenseitig offenes und ehrliches Feedback zu geben und zu erhal­ ten, um gemeinsam daraus lernen zu können. Zum Abschied geben wir Ihnen noch ein paar Aufgaben mit auf den Weg, damit Sie die eingeschlagene Reise eigenständig fortfüh­ ren können.

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Agile Organisation – der Beginn einer langen Reise Sie haben nun einen ersten Überblick darüber erhalten, was eine agile Organi­ sation ist und wie man agil arbeitet. Wir freuen uns, wenn Ihr Interesse geweckt wurde und Sie nun die ersten Schritte auf dem Weg der Veraenderung unter­ nehmen wollen. Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass dies lediglich der Beginn einer langen Reise ist. Gerne begleiten wir Sie ein Stück auf Ihrem Weg und teilen unser Wissen mit Ihnen. Nehmen Sie mit uns für ein erstes, unverbindliches ­Gespräch Kontakt auf!

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