9.10 Die Distanzleiter Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

9.10 Die Distanzleiter 2.12.2015 Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid 1 Sternparallaxen 1833 1837 1838 Henderson: α Cen: π = 3/4˝ ...
Author: Wolfgang Scholz
1 downloads 1 Views 3MB Size
9.10 Die Distanzleiter

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

1

Sternparallaxen 1833 1837 1838

Henderson: α Cen: π = 3/4˝ (hat aber später als Bessel publiziert) Struve: Wega: π = 1/8˝ Bessel: 61 Cyg: π = 1/3˝

ESA Satellit Hipparcos 1989-1993: Sternparallaxen von etwa 100’000 Sternen (Resultate ca. 1996 publiziert Gute Distanzen bis ca. d=250 pc; 1/250  4 milli-Bogensekunden (mas) (Genauigkeit 1 Mia. Lj, entdeckt werden. Weil das Licht dieser Galaxien Milliarden Jahre unterwegs war, sehen wir Galaxien wie sie früher ausgesehen haben:  Teleskope sind Zeitmaschinen Die Grafik zeigt die Beziehung zwischen Rotverschiebung und Zurückblick-Zeit relativ zum Alter des Universiums. Eine Galaxie bei einer Rotverschiebung z=2.0 entspricht einem Stadium als das Universum etwa 4x jünger war als heute. Z=6.4 entspricht etwa den entferntesten Galaxien die man kennt.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

9

HDF

Hubble Deep Field HDF war 1995 die erste sehr tiefe Beobachtung von Galaxien im “frühen” Universum Feld: 2.5’ x 2.5’ (3x10-8 des Himmels)

~3000 Objekte (~20 Sterne) Das Licht der entferntesten Objekte wurde „nur“

2-5 Mia Jahre nach dem Urknall ausgesandt!

Nächste Seite: Ausschnitt unten rechts

z=0.68 z=1.24

z=2.80

z=0.50

z=0.76

z=1.06 z=1.01

Galaxienzählraten Die Anzahl Galaxien pro Raumwinkel erlaubt Rückschlüsse über die Eigenschaften der Galaxien im frühen Universum. Im HDF werden etwa 10x mehr Galaxien gezählt (Punkte) verglichen mit der erwarteten Anzahl von Galaxien mit gleicher Dichte und Helligkeit wie im lokalen Universum (Linie).

Galaxienzählraten für Galaxien im HDF (für alle Galaxientypen Ga (a) und spezielle Typen (b,c,d); aus Abraham et al. 1996, (MNRAS 279, L47)

Die Erklärung ist, dass die Galaxien früher statistisch heller waren, und deshalb besser sichtbar sind. Der Ueberschuss ist am deutlichsten bei den Galaxien mit unregelmässiger Struktur, die gerade wegen einem Verschmelzungsprozess (Kollision) eine mit erhöhte Sternentstehungsrate und damit Leuchtkraft haben. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

12

Eigenschaften der Galaxien im HDF z=1-4 (2-5 Mia Jahre nach dem Urknall)

• • • •

kleine Ausdehnung < 10 kpc ( 100 LMilchstrasse, punktförmige Quelle bei grosser Rotverschiebung z>0.2. QSO mit Radioemission werden Quasare genannt. • Radio-Galaxien: Galaxien mit ausgedehneten (>10 kpc) Radioquellen hervorgerufen durch die Synchrotronstrahlung von energetischen Elektronen (z.B. Vir A). • Diese Objekte sind typischerweise auch als energetische Röntgenquellen und starke IRQuellen sichtbar. Bild: Aktive Galaxie M87 (Vir A), die zentrale Galaxie im Virgo Galaxienhaufen. Dies ist eine Radiogalaxie mit einem Jet der auch im sichtbaren Licht beobachtbar ist. Die Masse des Zentralen Schwarzen Lochs ist etwa 109 Msun. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

15

Energiequelle von AGNs Wie lässt sich die enorm helle, punktförmige Lichtquelle von AGNs erklären, die eine Leuchtkraft von 1011 – 1015 Lsun emittieren kann? Ein massereiches Schwarzes Loch, M=106-109 Msun, das Masse verschluckt, kann soviel Energie erzeugen. Nehmen wir an, die abgestrahlte Energie (z.B. 1014 Lsun) ist gleich der pro Zeiteinheit frei werdenden potentiellen Energie der ins Schwarze Loch fallenden Masse 𝑀𝑀̇ = dM/dt, gerechnet von r = ∞ bis zum Schwarzschildradius rS : 𝑟𝑟𝑠𝑠 ∆𝐸𝐸𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝 𝑀𝑀𝑀𝑀̇ 𝑀𝑀𝑀𝑀̇ 𝐿𝐿 = = − � 𝐺𝐺 2 𝑑𝑑𝑑𝑑 = 𝐺𝐺 ∆𝑡𝑡 𝑟𝑟 𝑟𝑟𝑠𝑠 ∞ Mit 𝑟𝑟𝑆𝑆 = 2𝑀𝑀𝑀𝑀 ⁄𝑐𝑐 2 ist der benötigte Masseneinfall für L = 1014 Lsun 𝑟𝑟𝑆𝑆 𝐿𝐿̇ 2𝐿𝐿 ̇ 𝑀𝑀 = = 2 = 2.2 1026 𝑔𝑔⁄𝑠𝑠 = 3.5 𝑀𝑀𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠 /𝑦𝑦𝑦𝑦 𝐺𝐺𝐺𝐺 𝑐𝑐 Natürlich kann nicht die gesamte gewonnen potentielle Energie in Strahlungsenergie verwandelt werden, die Rechnung gibt aber eine gute Idee von der Grössenordnung. Die Energie eines hellen Quasars kann also erklärt werden, falls das zentrale schwarze Loch einige Sonnenmassen pro Jahr verschluckt.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

16

Modellvorstellung eines AGN Bei AGN ist eine Akkretionsscheibe um ein massives schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie die Quelle der grossen Energieemission. Die verschiedenen Erscheinungsformen resultieren aufgrund der verschiednen Sehrichtungen auf das Zentrum. Wenn die Staubscheibe den direkten Blick versperrt, dann fehlen die inneren Komponenten. Die Akkretionsrate bestimmt die Aktivität.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

17

9.10 Masse eines Galaxienhaufens a) Virialtheorem für Galaxienhaufen 2 Ekin + Epot = 0 Für reguläre (relaxierte) Haufen (Galaxien & Kugelsternhaufen) Ekin = Σ 1/2 Mv2 Epot = Σ GM2/R Gemessen wird nur eine der v-Komponenten (Sehrichtung, d.h. radial) statistische Gleichverteilung der Komponenten man findet, dass die Geschwindigkeiten viel zu gross sind für die „sichtbare“ Massen der Galaxien (M/L-Verhältnis)  Dunkle Materie

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

18

b) Modellierung der Abbildung eines Objektes im Hintergrund durch Gravitations-Lichtablenkung eines Galaxien Haufens

Der Galaxienhaufen im Vordergrund wirkt als Linse Modellierung der Massenverteilung der Galaxienlinse  dunkle Materie

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

19

9.11 Dunkle Materie Zwei Hauptklassen der Kandidaten der dunklen Materie: • Baryonen • nicht-baryonische Teilchen

a) Baryonische dunkle Materie • normale Materie, d.h. das Urgemisch von ca. 90% H und ca. 10% He. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Teilchen als atomares oder ionisiertes Gas vorkommen, denn sie würden zu stark strahlen und wären beobachtbar Möglichkeiten: • braune Zwerge (`Sterne', die nicht massiv genug sind um H zu fusionieren, M < 0.08 M) • planetenartige Gebilde (M ~0.001 M) • alte und kalte weisse Zwerge (0.1-0.6 M) • schwarze Löcher  Gemeinsam werden sie Massive Astrophysical Compact Halo Objects = MACHOs genannt. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

20

Zwei Hauptklassen der Kandidaten der dunklen Materie: • Baryonen • nicht-baryonische Teilchen

a) Baryonische dunkle Materie normale Materie, d.h. das Urgemisch von ca. 90% H und ca. 10% He. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Teilchen als atomares oder ionisiertes Gas vorkommen, denn sie würden zu stark strahlen und wären beobachtbar (höchstens molekularer Wasserstoff wäre noch möglich). Möglichkeiten: • braune Zwerge (`Sterne', die nicht massiv genug sind um H zu fusionieren, M < 0.08 M) • planetenartige Gebilde (M ~0.001 M) • alte und kalte weisse Zwerge (0.1-0.6 M) • schwarze Löcher  Gemeinsam werden sie Massive Astrophysical Compact Halo Objects = MACHOs genannt. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

21

Suche nach baryonischer dunkler Materie Zwei Hauptklassen der Kandidaten der dunklen Materie: • Baryonen • nicht-baryonische Teilchen

a) Baryonische dunkle Materie normale Materie, d.h. das Urgemisch von ca. 90% H und ca. 10% He. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Teilchen als atomares oder ionisiertes Gas vorkommen, denn sie würden zu stark strahlen und wären beobachtbar (höchstens molekularer Wasserstoff wäre noch möglich). Möglichkeiten: • braune Zwerge (`Sterne', die nicht massiv genug sind um H zu fusionieren, M < 0.08 M) • planetenartige Gebilde (M ~0.001 M) • alte und kalte weisse Zwerge (0.1-0.6 M) • schwarze Löcher  Gemeinsam werden sie Massive Astrophysical Compact Halo Objects = MACHOs genannt. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

22

„MACHO“ und „EROS“ Projekte Zwei Projekte haben MACHOS in der Milchstrasse gesucht: • Gegen das Galaktische Zentrum • Gegen die LMC und SMC Arbeitsprinzip: Wenn ein unsichtbares Objekt mit Masse sich vor einem Hintergrundstern durch bewegt wird durch die Gravitationslinsenwirkung der dunklen Masse der Hintergrundstern für kurze Zeit heller. Zwei Gruppen photometrierten eine grosse Anzahl Sterne jede Nacht in zwei Farben (MACHO und EROS Kollaborationen). seit 1993: viele Ereignisse vor allem in Richtung galaktisches Zentrum. Hauptresultat (publiziert 2007): MACHOs mit Massen im Bereich 10-7 und 10-2 M machen weniger als 8 % der gesamten dunklen Materie aus. Generell: MACHOS sind als Hauptbestandteil der dunklen Materie im GalaxienHalo ausgeschlossen.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

23

b) Nicht-baryonische dunkle Materie Sammelbegriff WIMPs: Weakly Interacting Massive Particles. Sie müssen eine Masse besitzen und höchstens mit sehr kleinem Querschnitt mit Photonen wechselwirken. Beispiele: • Neutrini mit endlicher Masse: bestätigt! – aber eine gute Abschätzung wieviel Neutrini zur dunklen Materie beitragen ist noch ausstehend • Axionen (Teilchen, die eingeführt wurden, um Probleme mit der CP-Symmetrie in der starken Wechselwirkung zu bereinigen. Ihre Wechselwirkung mit normaler Materie hängt vom Spinzustand ab) • Supersymmetrie (SUSY) Teilchen: SUSY vereinigt alle Kräfte und postuliert eine Symmetrie zwischen den elementarsten Bosonen und Fermionen. Zu jedem elementaren Fermion ein Boson, und umgekehrt.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

24

9.12 Haufen und Superhaufen Verteilung von Galaxien ist nicht gleichförmig  Haufen von Galaxien Die Verteilung der Galaxien-Haufen ist nicht gleichförmig  Superhaufen Reguläre Galaxien H. - Sphärisch sym. - verdichteter Zentral-Bereich - 1000 Galaxien - fast nur E und S0 - cD‘s im Zentralbereich - nicht häufig Bsp: Coma Haufen

Irreguläre Galaxien H. - Amorph - kein eigentliches Zentrum - 20 - 1000 Galaxien - alle Typen - cD selten - typisch Bsp: lokale Gruppe, Virgo Haufen

Superhaufen: Grössere Dichte von Galaxien Haufen als im Durchschnitt keine klar isolierte und abgegrenzte Gebilde  grossräumige Struktur

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

25

9.13 Grossräumige Struktur im Universum Superhafen bilden eine grossräumige Struktur. Sie ist ähnlich aufgebaut wie ein „Schwamm“: Es gibt „Wände und Löcher“.

2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

26

Simulierte Verteilung der Materie im Universum

Links: Die heutige Verteilung der dunklen Materie in einem scheibenförmigen Schnitt durch eine Simulation eines flachen Universums mit einer kosmologischen Konstanten. Rechts: Die heutige Verteilung der Galaxien in derselben Scheibe wie links. Galaxien sind mit farbigen Kreisen dargestellt. 2.12.2015

Astronomie 9. Kapitel: Galaxien Teil 2 H.M. Schmid

27